Auskünfte in Blindenschrift

DDR 1982/1983 TV-Spielfilm

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Heinz17herne
Heinz17herne
Als die Krankenschwester Marta aus dem Urlaub zurückkehrt, kümmert sie sich intensiv um einen neuen Patienten, der offenbar frisch an beiden derzeit noch mit dicken Verbänden geschlossenen Augen operiert worden ist. Schnitt. Die Wissenschaftlerin Anna Möller ist vor zehn Jahren nach einem Verkehrsunfall erblindet. Inzwischen kommt sie nicht nur in der eigenen Wohnung gut zurecht, hat die Bildhauerei als Hobby entdeckt und engagiert sich in der Blindenfürsorge.

Schnitt. Marion Siebenkorn wäscht sich gerade die Haare, als der Berliner Rundfunk vom Beginn der Leipziger Frühjahrsmesse berichtet. Sie fiebert einem Termin bei der Ärztin im Krankenhaus, in das ihr Gatte Gernot nach einem Arbeitsunfall eingeliefert wurde, entgegen. Und verlässt nach dem Gespräch weinend deren Büro: Die Kunst der Ärzte hat nach einer Netzhautablösung ihre Grenze erreicht, Gernot wird für immer blind sein.

Zeitsprung. Anna Möller vom Blindenverband bespricht mit Gernot Siebenkorn alle Hilfsangebote, zu denen auch ein Blindenhund gehört. Als Geschenk hat sie eine Armbanduhr mitgebracht, deren Zeigerstand ertastet werden kann. Noch will sich Gernot nicht mit seinem Schicksal abfinden, wehrt alle Hilfsangebote ab. Anna beruhigt seine Ehefrau Marion, die bereit ist, wieder arbeiten zu gehen: Es brauche Geduld auf allen Seiten, die Hauptsache sei, die innere Ruhe wiederzufinden.

Als Erwin Kampe, sein bester Freund, mit Sekt und Präsentkorb der Brigade vorbeischaut, kommen bei Gernot schreckliche Erinnerungen an die Havarie im Wohnungsbau-Kombinat (WBK) hoch: Gerade als eine Kindergartengruppe die Baustelle passiert, bricht ein Podestbalken ein und begräbt ihn unter sich. Laut Erwin, der unweit der Siebenkornschen Wohnung einen Bauhof leitet, nicht der erste Unfall dieser Art mit Betonteilen, die im Südwerk hergestellt worden sind.

Allmählich findet sich Gernot mit Annas Hilfe im Alltag zurecht, lernt mit dem Tastsinn zu lesen, ist aber gerade im hauptstädtischen Leben noch sehr schreckhaft: Durch die Erblindung ist auch der Gehörsinn viel ausgeprägter als zuvor. So nimmt er Geräusche und Gespräche vom benachbarten Bauhof wahr, die ihm zu denken geben. Sechs Monate nach seinem Unfall hat es erneut Probleme mit Podestbalken gegeben, sodass nun die Polizei ermittelt.

Der Materialökonom und der Leiter der nur TKO genannten Technischen Kontroll-Organisation erkennen nach dem Einsatz eines neu entwickelten, gewaltig dimensionierten Röntgenapparates die Ursache: die Bewehrungsstücke der zerborstenen Balken waren zu kurz gegossen für die vorgesehene Belastung. Für Oberleutnant Jürgen Hübner ein klarer Fall von Pfusch bei der Herstellung.

Doch wo liegt die Schwachstelle? Hübner und Leutnant Michael „Micha“ Schimpf konferieren einerseits mit dem Bauleiter und der Betriebsschutzfrau des WBK sowie andererseits mit dem Werkleiter und dem Transportleiter des Herstellers: Nur einwandfreie und entsprechend gekennzeichnete Betonteile haben das Südwerk verlassen und sind auf verschiedenen Bauhöfen des WBK zwischengelagert worden.

Wie sich erst jetzt herausstellt, haben die schadhaften Balken keine entsprechende Kennzeichnung. Wie sind sie in die Materiallager gekommen und wo sind die Originalteile verbaut worden? Jürgen Hübner platzt förmlich der Kragen, als sich herausstellt, dass in jüngerer Zeit Baumaterialien und Heizungsanlagen im Wert von 40.000 Mark aus den WBK-Außenlagern abhandengekommen sind. Nun befragt er mit Gernot Siebenkorn das erste Opfer der kriminellen Unterschlagung, um den sich sein alter Kumpel Erwin geradezu rührend kümmert. Er hat auch Marion einen Job als Näherin besorgt…

Der „Polizeiruf 110“-Krimi ist stark auf das Opfer Gernot Siebenkorn zugeschnitten, dem Dieter Mann, Star-Schauspieler des Deutschen Theaters Berlin und von 1984 bis 1991 auch Intendant „der“ DDR-Staatsbühne, mit sehr sparsamer Gestik und Mimik ein nachhaltig beeindruckendes Gesicht verleiht auf dem mühsamen Weg von schierer Verzweiflung zu neuem Lebensmut.

Szenarist war der studierte Journalist Jens Bahre (1945 bis 2007), in der DDR als Autor von Kinderbüchern und Romanen bekannt. Von seinen acht Kriminalromanen, so geht eine weitverbreitete Mär, wurde „Auskünfte in Blindenschrift“ 1982 von der Defa fürs Fernsehen verfilmt. Ein Roman dieses Titels ist jedoch nicht nachweisbar. Offenbar hat Bahre aus seinem Szenarium später den Roman „Der blinde Zeuge“ geschrieben, der 1987 im Mitteldeutschen Verlag in Halle/Saale herausgekommen ist.

Pitt Herrmann

Credits

Regie

Schnitt

Darsteller

Alle Credits

Regie

Regie-Assistenz

Dramaturgie

Kamera-Assistenz

Requisite

Kostüme

Schnitt

Ton-Assistenz

Darsteller

Dreharbeiten

    • 20.04.1982 - 20.07.1982: Berlin/DDR und Umgebung; Defa-Studios Potsdam-Babelsberg
Länge:
90 min
Format:
35mm, 1:1,33
Bild/Ton:
Orwocolor, Mono
Aufführung:

Uraufführung (DD): 02.01.1983, DDR-TV

Titel

  • Reihentitel (DD DE) Polizeiruf 110
  • Originaltitel (DD) Auskünfte in Blindenschrift

Fassungen

Original

Länge:
90 min
Format:
35mm, 1:1,33
Bild/Ton:
Orwocolor, Mono
Aufführung:

Uraufführung (DD): 02.01.1983, DDR-TV