Summary
She
A consciously modern depiction of working women in East Germany – labourers and managers in a garment factory talk about relationships and family planning, raising children and career qualifications, women’s rights and equality in the socialist (meritocratic) society. In conversations with a doctor, the women also have a chance to voice their personal concerns, as well as their feelings about the birth control pill, a subject that caused a stir at the time.
Source: 69. Internationale Filmfestspiele Berlin (Catalogue)
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Schnitt. Der Nähmaschinen-Lärm in der Industriehalle wird von Lautsprecher-Durchsagen der Leitung noch übertönt. An der Seite des Parteisekretärs spricht die junge Akademikerin mit den Arbeiterinnen. Unter den 1.300 Beschäftigten beträgt der Frauenanteil 90 Prozent, unter den dreißig Meistern 85 Prozent. Die fortschreitende Maschinisierung und Technisierung der Textilproduktion unter den Bedingungen der DDR-Planwirtschaft erfordere eine ständige Anpassung der Ausbildung sowie eine permanente Weiterqualifizierung der Frauen. Was ihrer Persönlichkeitsentwicklung zugutekomme, aber eine exakte Familienplanung voraussetze.
Schnitt. Ein neuer Erdenbürger schreit sich in die Welt. Kinder halten die Ehe zusammen, sagt Gisela Otto. Und propagiert ganz im staatlichen Sinne einerseits das Modell der bürgerlichen Familie, andererseits das Ziel einer modernen, sexuell aufgeschlossenen und selbstbewussten Frau, die durch die Pille selbst bestimmt, wann ihr Kinderwunsch erfüllt wird. „Wenn der Kopf klar ist, arbeiten die Hände besser“: Die Gynäkologin vermittelt das Idealbild einer berufstätigen Frau und Mutter, die durch das staatliche Krippen- und Hortangebot in der Lage ist, rasch wieder in ihren Beruf zurückzukehren.
Schnitt. Der Gatte einer Näherin bei der Hausarbeit. In Gesprächen mit dem Betriebsleiter, dem Produktionsleiter und der sehr rührigen, geradezu mütterlichen Vorsitzenden der Betriebsgewerkschaftsleitung (BGL), die sich auch um Wohnungen für junge Kolleginnen kümmert, offenbart sich der vollzogene Generationswechsel im sozialistischen Deutschland: Dass der Mann im Bedarfsfall die Hausarbeit übernimmt, bleibt weiterhin ein hehres Ziel. Aber bei der Karriereplanung hat er der Frau nicht hineinzureden. Und bei der Kindererziehung hilft der Staat.
Die am 19. Februar 1971 als Vorfilm in den DDR-Kinos angelaufene 30-minütige Dokumentation „Sie“ ist bei der XIII. Int. Leipziger Dokumentar- und Kurzfilmwoche Ende November 1970 mit der „Silbernen Taube“ ausgezeichnet worden. Mit einem sehr poppigen Grafik-Intro bewusst modern gestaltet zieht sich wie ein Roter Faden das Gedicht „Das andere Geschlecht“ von Heinz Kahlau durch den Film, rezitiert von Armin Müller-Stahl zur Musik von Kirill Cibulka: „Es wäre schön, wenn junge, kluge Fraun, / die sich und später wieder uns vertraun, / die Männerwerke endlich fertig baun. / Und wenn ihr Lächeln dann noch gütig ist.“ Jeanpaul Goergen, Kurator der Reihe „Berlin.Dokument“ im Berliner Zeughauskino, stellte „Sie“ Mitte Juli 2020 als dezidiert politischen Film vor, der systemimmanent die schöpferische Kraft und berufliche Qualifizierung der Frauen propagiert. Und die Gynäkologin Gisela Otto als Symbolfigur der modernen, berufstätigen und dabei durchaus auch sinnlichen DDR-Frau herausstellt.
Pitt Herrmann