Für dieses Buch hat der Autor drei ältere Artikel überarbeitet, ergänzt und zu einer Sinneinheit zusammengestellt, der es um das im Titel ausgedrückte Verhältnis zwischen dem historischen und dem literarischen Israel der biblischen...
moreFür dieses Buch hat der Autor drei ältere Artikel überarbeitet, ergänzt und zu einer Sinneinheit zusammengestellt, der es um das im Titel ausgedrückte Verhältnis zwischen dem historischen und dem literarischen Israel der biblischen Tradition geht. Das Besondere des flüssig geschriebenen Buches ist es, dass den ersten beiden «klassischen» Teilen, in denen die Profan-und Religionsgeschichte Israels und Judas (1-78) einerseits und die biblische Literaturgeschichte (79-180) andererseits abgehandelt werden, ein dritter Teil folgt (auf den sich diese Rezension konzentriert), der danach fragt, «unter welchen historischen und soziologischen Bedingungen und auf welche Weise das Alte Testament zur autoritativen Leitüberlieferung, d.h. zur heiligen Schrift und zum Kanon des Judentums wie des Christentums geworden ist» (XII). Zu diesem Zweck stellt uns der Autor unter der Überschrift «Jüdische Archive» (181-274), in origineller und dankenswerter Verdichtung vieler Fakten, ausgehend von archäologisch erhobenem Material, fünf Orte der biblischen Literaturüberlieferung vor: Elephantine, Qumran, Garizim, Jerusalem und Alexandria. Die Faktenlage der fünf Orte könnte freilich unterschiedlicher kaum sein. 1. Elephantine. Dokumentiert in Briefen, Verträgen, Namenslisten und Mitteilungen ist um 400 v. Chr. eine judäische Garnisonsgemeinde in Südägypten, deren Judentum «das israelitisch-judäische, vor-biblische ‹Heidentum›» repräsentiert und damit «genau dem entsprachen, was Gesetz und Propheten in der biblischen Literatur verbieten» (195). Der Grund dafür: «Die Hebräische Bibel und das biblische Judentum waren selbst in persischer Zeit noch die Ausnahme und nicht die Regel» (196). Der Kontakt zwischen den Judäern von Elephantine und den Autoritäten von Samaria und Jerusalem erscheint als ebenso selbstverständlich wie deren Akzeptanz der religiösen Ausdrucksformen der elephantinischen JudäerInnen. Der Befund von Elephantine ist umso kostbarer, als es das einzige der fünf «Archive» ist, das historisch verwertbares Material für die Rekonstruktion der Gemeinde liefert. 2. Qumran. Aus den berühmten Textfunden von Qumran, die zwischen 250 und 150 n. Chr. geschrieben worden sind, erfahren wir dagegen kaum etwas über die bis heute umstrittene Identität der Menschen, die sie hinterlassen haben, dafür liegen hier nach Kratz die ältesten Dokumente einer Gemeinschaft vor, die «das biblische Judentum» (204) repräsentiert, genauer ein «fortgeschrittenes, radikalisiertes Stadium» desselben (221). Das Spektrum der von ihnen abgeschriebenen Texte ist weiter als das des biblischen Kanons. Vieles deutet in Richtung der Essener.