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Biographische Muster in deutschen
Politisierungsprozessen
Busse, Stefan; Ehses, Christiane; Zech, Rainer
Veröffentlichungsversion / Published Version
Zeitschriftenartikel / journal article
Empfohlene Zitierung / Suggested Citation:
Busse, S., Ehses, C., & Zech, R. (1999). Biographische Muster in deutschen Politisierungsprozessen. Journal für
Psychologie, 7(3), 10-31. https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:0168-ssoar-28685
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Erinnerung, Geschichte, Identität 2. FrankfurtIM.:
Suhrkamp Taschenbuch Wissenschaft, 12-32
STRAUB,
JÜRGEN
(1 998b): Geschichte erzählen, Geschichte bilden. Grundzüge einer narrativen Psychologie historischer Sinnbildung. In: Straub, J.
(Hrsg.).Erzählung, Identität und historisches Bewußtsein. Die psychologische Konstruktion von Zeit und
Geschichte. Erinnerung, Geschichte, Identität 2. FrankfurtIM.: Suhrkamp Taschenbuch Wissenschaft, 81-170
WEHLER,
HANS-ULRICH
(Hrsg.) (1974): Geschichte
und Psychoanalyse FrankfurtIM, Berlin, Wien
WIRTH, HANS-JÜRGEN
(Hrsg.) (1997): Geschichte ist
ein Teil von uns - Geschichtsbewußtseinund politische
Identität. Schwerpunktthema. Psychosozial 67, 20, 1
Biographische Muster in deutschen Politisierungsprozessen
Stefan Busse, Christiane Ehses, Rainer Zech
Zusammenfassung
Der vorliegende Aufsatz beschäftigt sich anhand autobiographischer Fallrekonstruktionen im deutsch-deutschen Vergleich mit der
Frage individueller Politisierungsprozesse. Es
wird hierbei das Verfahren der KollektivenAutobiographie-Forschung angewandt, bei
dem sich die Forschenden selbst zu Erforschten machen und in einem metasubjektiven
Verständigungsrahmen methodisch kontrolliert ihre Biographien rekonstruieren. Die Ergebnisse zeigen auf, daß die Subjekte sich
mittels spezifischer biographischer Muster
durch die jeweiligen Verhältnisse hindurchgearbeitet haben und hierbei - listig und erfindungsreich - sowohl ihr Muster realisierten
als auch die Verhältnisse reproduzierten. Biographische Muster sind diejenigen psychischen Strukturen, die den Subjekten ihre Autopoesis und auch ihre gesellschaftliche Viabilität, also den Anschluß an die eigene LebensgeschichteIBiographie als auch an die je
konkreten historischen Gesellschaftsbedingungen sichern. Die rekonstruierten ost- und
westdeutschen Autobiographien geben somit
Auskunft über individuelle PolitisierungsmuSter als auch typische gesellschaftliche Politikräume und -Praxen in der alten BRD und der
ehemaligen DDR.
DERAUSGANGSPUNKT:
VERSUCH
EINER DEUTSCHDEUTSCHEN SELBSTERFORSCHUNG
In der Aufarbeitung der deutschen Geschichte besonders in bezug auf dieses
Jahrhundert wird immer noch mit kruden
Unterscheidungen gearbeitet zwischen
Tätern und Opfern, übermächtigen Verhältnissen und ausgelieferten Subjekten, autoritätsabhängigen Ossis und demokratiefähigen Wessis. Noch immer besteht das Problem, sowohl in der allgemeinen wie auch
der speziellen wissenschaftlichen Öffentlichkeit, wie die gesellschaftliche Struktur
und die Struktur der Subjekte respektive die
))große Geschichte(( und die ))kleinen Geschichten(( ineinandergreifen. Das Individuelle ist das Gesellschaftliche, schreibt der
Philosoph Lucien Seve. Psychologisch
bleibt allerdings die Frage nach dem ))Funktionsmechanismusu.
Wir zeigen in diesem Aufsatz im deutschdeutschen Vergleich, wie sich im Handeln
der Subjekte jeweils ein spezifisches biographisches Muster realisiert, mit dem sich
das Subjekt aktiv, wenn auch nicht zwingend bewußt in die gesellschaftlichen Verhältnisse einbaut, um sich in diesen zu verorten und seine Handlungsfähigkeit zu gewinnen bzw. abzusichern, wie dieses Mu-
Ster durch die konkreten Verhältnisse eingefärbt wird und wie sich die gesellschaftlichen Verhältnisse über die Eigentätigkeit
der Subjekte reproduzieren.
Die theoretischen Überlegungen und empirischen Ergebnisse entstammen einem
Projekt ))Kollektiver-Autobiographie-Forschung((, welches wir zwischen 1992 und
1997 ausgehend von einer eher zufälligen
Begegnung zwischen ost- und westdeutschen Sozialforscherinnen und Sozialforschern entwickelt und durchgeführt haben
(vgl. Bussenech 1995, Zech 1995, Busse/
Zech 1999).Getragen von anfänglich euphorischer Neugier, uns gegenseitig die eigenen
Verhältnisse plausibel zu machen, entstand
die Idee, am eigenen Fall, also anhand unserer eigenen Geschichten den unterschiedlichen politischen Sozialisationsbedingungen in Ost und West nachzugehen.
Dabei wollten wir im Unterschied zu den
vielerorts zur psychologischen, soziologischen bzw. politologischen Aufarbeitung
der DDR-Geschichte begonnenen Projekten bewußt vier Dinge anders akzentuieren:
Erstens sollte die westdeutsche Dimension
gleichberechtigt und symmetrisch in die
Untersuchung vergleichend einbezogen
werden. Zweitens sollte die privilegierte
Distanz der Forschenden insofern aufgegeben werden, als nicht immer nur über ))die
anderem reflektiert und vermeintlich objektive Aussagen über diese gemacht werden
sollten. Stattdessen wollten die Forschenden sich selbst zum Gegenstand ihrer Forschung machen. Drittens wollten wir entsprechend unserem interdisziplinären Forschungskollektiv den psychologischen, soziologischen wie politologischen Blick
gleichermaßen auf das empirisch ungeteilte
Subjekt richten, und viertens wollten wir
schließlich durch die Selbstanwendung unseres theoretischen Wissens und methodischen Inventars nicht nur Vergangenes aufklären, sondern auch gegenwärtige Handlungsfähigkeit erweitern.
Von all dem kann in diesem Rahmen nur
andeutungsweise berichtet werden; vor
allem können auch die methodischen Implikationen eines solchen Projektes ~ K o l lektiver-Autobiographie-Forschung((, in der
die dialogische Forschungsstruktur eines
diskursiven und rekonstruierenden Forschungsparadigmas durch die faktische,
wenn auch methodisch kontrollierte, Identität von Forschenden und Forschungsobjekt quasi auf die Spitze getrieben wird,
nur am Rande erwähnt werden (zur Methodologie und Methode der ))Kollektiven-Autobiographie-Forschung(( vgl. Zech 1988
und zu einem weiteren Anwendungsfall vgl.
Angermüller & Zech 1991; ein im Forschungssetting ähnliches Verfahren findet
man bei Mruck & Mey 1998 beschrieben).
Im Zentrum soll indessen ein Teil der inhaltlichen Einsichten und Ergebnisse unseres
Projektes stehen.
Zu ihnen gehört vor allem eine Verschiebung des Ausgangsfokus unserer Frageperspektive selbst. Anfänglich schien es uns
selbstverständlich, bezogen auf die jeweiligen historischen Ausschnitte DDR- und
bundesrepublikanischer Realität, denen wir
biographisch ausgesetzt waren, den unterschiedlichen gesellschaftlich geprägten Politisierungsstrategien nachzugehen, mittels
derer wir in je unsere Verhältnisse hinein sozialisiert wurden bzw. uns aktiv in sie hineinentwickelt haben. Ausgehend von der
Selbstzuschreibung, daß wir in unseren jeweiligen Verhältnissen zu den kritisch-reflexiven und politisch aufgeklärten Vertreterinnen und Vertretern unserer Generationen
zählen, erwarteten wir im Vergleich Erhellendes über die politisch gesetzten Handlungs- und Entwicklungsmöglichkeiten je eigener und allgemeiner Subjektentwicklung.
Dabei ging es uns nicht in einer quasi abgehobenen politologischen Perspektive um
die Verhältnisse an sich, um die Strukturen
politischer Handlungsräume in Ost und West
als solche, sondern um die Strukturierung
biographisch unmittelbar erfahrener, durchschrittener wie durchlittener individueller
Handlungs- und Entwicklungsräume, wie
wir diese erlebt, verarbeitet, genutzt, über-
und unterschätzt, vielleicht auch erweitert
hatten. Die Aufmerksamkeit richtete sich
auf die Frage, in welcher Weise sich Handlungsbedingungen in die Subjekte einschrieben und wie die Subjekte umgekehrt
sich diese Verhältnisse aneigneten und sie
realisierten. Im Durchgang durch das empirische Material der erzählten, aufgezeichneten und transkribierten autobiographischen
(Lebens-)Geschichten konturierte sich die
Einsicht, daß der Eigenanteil des jeweiligen
Subjekts an der eigenen Geschichte und
Situation größer oder weniger quantitativ
ausgedrückt: entscheidender und damit biographiebildender, das heißt im genannten
Sinne geschichtsproduzierender war, als ursprünglich angenommen.
Dies ließ sich aufgrund des empirisch konstatierbaren Umstandes vermuten, daß
sich auch innerhalb der ostdeutschen und
westdeutschen Teilgruppen biographische
Logiken rekonstruieren ließen, die sich einerseits sehr voneinander unterschieden,
obgleich sie sich in den vermeintlich selben
Verhältnissen herausgebildet hatten, und die
andererseits jeweils eine erstaunliche Persistenz und Konstanz den sich wandelnden
gesellschaftlichen Anforderungsstrukturen
gegenüber aufwiesen. Wir haben dies provisorisch als biographisches Muster gegengezeichnet und damit unseren Fokus stärker auf das handelnde Subjekt verschoben.
Diese biographischen Muster faßten wir als
kreative Leistungen der Subjekte auf, sich
wechselnden Anforderungen gegenüber in
einer inneren Identitätsbalance zu halten
bzw. unterschiedlichen Anforderungen gegenüber handlungsfähig zu bleiben. Doch
ehe dies in Kap. 3 theoretisch stärker skizziert wird, wenden wir uns zunächst dem
empirischen Material zu.
DASEMPIRISCHE MATERIAL:
VIERFÄLLE
Ausgangspunkt der weiteren Analyse sind
vier von zehn autobiographischen Interviews, die in den Jahren 1992193 erhoben
wurden. Erzählstimulus der Narrationen war
die Frage, wann und wie biographisch das
Politische bzw. die politisch-gesellschaftlichen Verhältnisse der DDR respektive der
BRD in der Wahrnehmung der Protagonisten1Erzähler in der eigenen Lebensgeschichte aufgetaucht sind. Die Erzählenden
sind Vertreterinnen und Vertreter unterschiedlicher Kohorten der Geburtsjahrgänge von 1947 bis 1963, jeweils in Ost und
West zwei Frauen und zwei Männer; sie
entstammen einem vergleichbaren intellektuellen Hochschulmilieu. Dies sind wichtige
Indizes bezüglich der Verallgemeinerbarkeit
der Daten. Eine quantitative Häufigkeitsverallgemeinerung wurde daher nicht angestrebt; vielmehr ging es im Sinne struktureller ))Möglichkeitsverallgemeinerung<c um
die Herausarbeitung des Typischen im Einzelnen (vgl. Holzkamp 1983, 545 ff., Zech
1988, 212 ff.), wenngleich es uns hier ob
der geringen Fallzahl noch nicht um eine
Typenverdichtung geht. Die folgenden Fälle
werden als Falltheorien präsentiert, die in
Erweiterung des methodischen Verfahrens
bei Zech (1988, 179ff.) das Ergebnis eines
fünfschrittigen Auswertungsprocederes
sind - (1) sequentielle Auswertung der
transkribierten Interviews in einer OstWest-Auswertungsgruppe unter Beteiligung der autobiographischen Erzählerinnen
bzw. Erzähler, (2) auf dieser Basis Verfassung eines lnterpretationstextes der Fallgeschichte durch die jeweils Betroffenen, (3)
Theoretisierung des Falls anhand gefundener und fallübergreifender Kategorien in einer Ost-West-Teilauswertungsgruppe unter
Beteiligung der Protagonistinnen bzw. Protagonisten, (4) textliche Verdichtung und
Verschriftlichung der Theoretisierung im zirkulären Kreuzverfahren zwischen den ProtagonistenIAutoren und den anderen Projektmitgliedern, formulieren einer Falltheorie,
(5) vergleichende Analyse der Fälle und Fallkontrastierung im Plenum der gesamten
Forschungsgruppe mit Fokussierung auf
die theoretische Forschungsfrage (Politisierung der Subjekte).
Im folgenden stellen wir exemplarisch vier
verdichtete Falltheorien (Ergebnis des vier-
ten Schrittes) vor, um anschließend den
theoretischen Referenzrahmen zu skizzieren und schließlich verallgemeinerte Schlußfolgerungen (fünfter Schritt) zu ziehen.
Vernünftiger Opportunismus oder ohnmächtige Vernunft
Der Protagonist, Jg. 57, beschreibt sich aus
einem bürgerlichen, nichtpolitischen Elternhaus kommend. Der Vater ist zwar in der
Partei, allerdings nicht aktiv, jedoch im
Grundsatz einverständig mit den Verhältnissen. Die Mutter ist alltagskulturell eher
westlich orientiert. Von ihr ))erbt(( er ein
abstraktes humanistisches Gerechtigkeitsideal; vom Vater den Pragmatismus, sich
anzupassen. Die Welt wird als vernünftig
angesehen, wenigstens vernunftszugänglich. Daraus entsteht für den Protagonisten
die Figur eines vernünftigen Opportunismus, mittels dessen er versucht, Gerechtigkeitsideal und Anpassungsnotwendigkeiten
auszubalancieren. Doch die Grenze zwischen idealer Gerechtigkeit und Vernunft
auf der einen Seite und der unvollkommenen, unordentlichen Welt, die angst macht,
auf der anderen Seite wird immer wieder
durch ))die Macht(( bedroht, sei es in der
Form von Erzieherinnen und Lehrern oder
durch den Einmarsch der Warschauer-PaktTruppen in die Tschechoslowakei. Die innere Balance wird dann ge- oder zerstört,
wenn die Macht als total erlebt und das
Subjekt sich ihr ausgeliefert fühlt. Hier ))Passieren(( dem Protagonisten dann Übersprungshandlungen, er ))flippt(caus. Die Folgen lehren jedoch immer wieder, daß offener Widerstand neuerliche Ohnmachtserfahrungen evoziert. Willkür, Demütigungen
und weitere Ungerechtigkeiten, denen sich
der Protagonist hilflos ausgeliefert sieht,
sind der Preis des Aufruhrs gegen Ungerechtigkeit. Verinnerlicht werden diese Erfahrungen als Erlebnis doppelter Ohnmacht. Das Wissen um die Überlegenheit
der eigenen Moral gegenüber der der
))dummen Mächtigem kann diese Grenzerfahrungen nur unzureichend als Sieg
umdeuten. An diesen Stellen entsteht intellektueller Ordnungsbedarf. Wenn Ideal und
Realerfahrung kollidieren, lernt der Protagonist, sich auf die Seite der ldee zu schlagen. In der so entstehenden Distanz können Widersprüche wenigstens im Kopf austariert werden. Pragmatische Nähe und geistige Distanz gewähren Schutz in einer unwägbaren und doppeldeutigen Welt.
Die Nähe zum System der DDR stellt der
Protagonist als Student durch die Beschäftigung mit dem Marxismus her, die Distanz
dadurch, daß er diesen auch in kritischwestlicher Lesart rezipiert. Intellektualität
erhebt ihn so über die Verhältnisse. Dialektik heißt dieser Trick, Widersprüche aus der
Welt zu eskamotieren. Über diesen ))Coup((
gelingt es ihm, die innere Balance auf Dauer
zu behalten, ohne sich über ungesteuerte
Widerstandshandlungen ausagieren zu
müssen. Kritisch-reflektierter Marxismus
wird als Annäherung an die Autorität und
zugleich als Schutz vor deren Zugriffe genutzt. Reale Konfrontationen versucht der
Protagonist immer wieder zu vermeiden,
Widerstand findet allein in theoretischen
Diskussionen seinen Platz. Kommilitonen,
die sich unvernünftig, will heißen: offen gegen das System exponieren, können nur
mit der eingeschränkten Solidarität des Protagonisten rechnen. Denn: Der Klügere gibt
nach, und Klug-Sein soll vor zu großer Verstrickung retten. Der Protagonist versucht,
der dummen Macht nach ))oben((ins Reich
des Geistes zu entkommen. Doch die theoretische Nähe zum System fordert zugleich
auch ihren Preis, denn sie ist real Annäherung. Als Assistent an der Universität
sieht sich der Protagonist so genötigt, der
Partei beizutreten, denn er hat gegen diese
Konsequenz kein vernünftiges Gegenargument. Wenn auch nicht seine Identifikation, so stellt der Protagonist dem System
doch seine Kompetenz zur Verfügung: als
kritischer sozialistischer Intellektueller. Der
kritische Marxist will den Mächtigen sogar
zu ihrer eigenen ldee zurückverhelfen, ihnen ihre eigentliche Mission wieder erklä-
ren, und wird so zum Missionar der Missionare. Die Distanz muß aber auch innerhalb
der Partei wiederhergestellt werden. Der
Protagonist arbeitet hier mit der Unterscheidung zwischen dummen Funktionären
und vernünftigen Leuten. Unter seinesgleichen wird intellektuelles Muskelspiel zum
selbstbezüglichen Dialog ohne praktische
Konsequenz. Doch dieses Muster hat auch
seinen Preis, statt in Handlung fließt die
Energie in die Aufrechterhaltung der Balance zwischen vernünftigem Opportunismus und ohnmächtiger Vernunft. Jedoch
wird aus dem intelligenten ))Coup((, sich
mittels Dialektik durch die Verhältnisse hindurchzufädeln, immer mehr ein Instrument
der Selbstkasteiung, durch das sich das
Subjekt seines Widerstandes beraubt. Die
angeeignete Theorie, die als ))Überdruckventil(( Entlastung verschaffen soll, führt in
die Selbstlähmung, zur ))Flucht in den
Kopf<(. Phantasien dadaistischer Aktionen
sind das letzte Moment von Rebellion gegen die ))dumme Macht((.Aber auch diese
bleiben unausgelebt.
So bringt die Wende zunächst auch keine
Befreiung. Nach kurzer Euphorie befindet
sich der Protagonist in einem Zustand reflektierter Desorientierung. Zunächst sind
Lähmung und Depression die Folge, die
Welt gerät erneut in Unordnung, da die einfache Zuordnung von Dummheit und Macht
nicht mehr zu stimmen scheint. Der übermächtige Westen ist klüger gebaut, er ist
eine neue Bedrohung. Auch hier greift der
Protagonist wieder auf sein bekanntes Modell zurück: den kritischen Intellektuellen,
der sich analytisch und handlungslos auf
Distanz hält. Er arbeitet jetzt kritisch auf als
linksintellektueller Wissenschaftler gegen
den Mainstream mit sezierendem Blick auf
politisches und gesellschaftliches Zeitgeschehen.
Zwischen Ernsthaftigkeit und koketter
Distanz
Seine Pubertät und Schulzeit, realhistorisch
Ende der 60er Jahre, erzählt der Protagonist
(Jg. 51) als spielerischen Übergang des Bürgersohns in die antibürgerliche Welt der
68er-Kultur. Er greift aber nur deren kulturelle Insignien, schulterlanges Haar und Parka,
nicht ihre politischen Implemente auf und
begibt sich lustvoll in den kulturellen Sumpf.
Die Rebellion, der Widerstand, ist nicht politisch motiviert; die Studentenbewegung
kennt er aus dem Fernseher, den Einmarsch in die Tschechoslowakei erlebt er
zwar beängstigend, aber als fernes Ereignis. Auch die ersten Demonstrationsteilnahmen werden mehr wegen des Nervenkitzels und dem Dabeisein-Wollen gesucht.
Dieses Dabeisein-Wollen kann mit dem
Übergang in die Universität kontinuierlich
weitergelebt werden. Hinzu kommt jedoch,
daß die Universität ein mit vor allem linken
politischen Angeboten aufgeladener und
von politischen Gruppierungen strukturierter Raum ist. Hier ist der Protagonist aktiv,
er engagiert sich, nimmt an konkreten politischen Aktionen teil, integriert sich und
wird integriert, bis er unmerklich in diesen
Apparat ))solangsam reingerutschtu ist. Ohne eindeutig politische Motive handelt er
politisch. Doch zunehmend nimmt er den
Raum antibürgerlicher Gegenwelt auch in
dessen Polarisierungen wahr und gerät in
dessen Kraftfeld zwischen der linken Bürgerlichkeit der kitschigen Weihnachtsfeste
und der spießigen Revolutionsrhetorik der
maoistischen K-Gruppen und dem antiautoritären Habitus der Roten Zellen, zwischen
dem strukturellen Zwang des politischen
Apparates und den basisnahen Aktionen
der Studenten.
Er entscheidet sich für die neutralere Mitte,
den eher traditionalistischen SHB, denn hier
sind seine Aktivitätsmöglichkeiten am
größten. Als Wortführer der antiautoritären
Fraktion kann er gegen die Traditionalisten
putschen und Politik mit Lust machen. Er
wird Funktionär des AStA; hier kann er
gestalten, Einfluß nehmen auf die Durchsetzung studentischer Interessen. Eine weitere politische Karriere lehnt er jedoch ab,
obwohl er als Aktivist bekannt ist und um-
worben wird. Doch er will studentische Basisarbeit machen. Ist seine Distanz zur abstrakten Apparate-Politik eindeutig, so
bleibt sein Bezug zur konkret-pragmatisch
politischen Arbeit trotzdem ambivalent. Er
oszilliert zwischen Ernsthaftigkeit und koketter Distanz. Diese halbverschämte
Selbstdistanzierung zum eigenen politischen Handeln, seine ironisierende Selbstdenunzierung verweist nunmehr auf den
Widerspruch im Subjekt zwischen bürgerlicher Ernsthaftigkeit der eigentlichen Politik
und dem bohemehaften Spaßmotiv des Antibürgers. Der Widerspruch Lust undIoder
Politik Iäßt den Protagonisten auf der Handlungsebene nach dem idealen Ort der Bewegung suchen, an dem der Widerspruch
lebbar scheint. Aber es ist nicht wirklich eine aktiv intendierte Suche; es ist ein Schlittern durch die politischen Gelegenheitsstrukturen, denn es ))ergabsich immer eins
aus dem Nächstencc, nicht dem Vorherigen!
Er tut also das Naheliegende und Nahegelegte.
Was jedoch im Handeln noch austarierbar
scheint, führt im Denken zu einem Identitätsproblem. Die marxistische Ideologie
gibt eine andere Polarisierung vor: progressive Arbeiterklasse versus reaktionäres
Bürgertum. D.h., der Bürgersohn, der antibürgerlich und progressiv sein will, ist ein
Paradox. Er gehört nicht dazu, sondern ist
auf seiten der Reaktion. Deshalb studiert
der Protagonist systematisch die >)heiligen
Schriftencc und versucht nachzuweisen, als
bürgerlicher Intellektueller doch zur Arbeiterklasse zu gehören, sofern er der guten
Sache dient. So beginnt er, sich als zugehörig zu denken und zu interpretieren. Aber
diese Lösung ist nur eine im Kopf, denn die
Spannung zwischen Dazugehören-Müssen/
Wollen und Sich-fremd-Fühlen bleibt. Das
führt auf der politischen Handlungsebene
nochmals zu einer Ausweichbewegung, sie
heißt Eintritt in die SPD. Aber auch dies
bleibt eine Stippvisite.
Die eigentliche Lösung des Widerspruchs
ist für den Protagonisten nur durch einen
inszenierten Bruch mit dieser Welt möglich;
er wechselt radikal die Stadt, das Milieu, die
Freunde. Nach einer Zeit völliger politischer
Abstinenz und Vereinzelung ohne schlechtem Gewissen reüssiert er nochmals als
Parteimitglied einer linken SPD-Abspaltung.
Aber auch dieser parteipolitische Wiederholungszwang bleibt nur Episode.
Einen neuen Ort findet der Protagonist Anfang der 80er Jahre in der Friedensinitiative.
Zwar wird auch dieses Politikfeld vom
Zeitgeist nahegelegt, er widmet sich ihm
aber mit viel Spaß, Freude und sehr viel Engagement und auch wieder mit dem Ziel,
die abstrakten Debatten auf das pragmatisch Machbare und Lustvolle hin zu destruieren. Systematische Theoriearbeit in einem Forschungsprojekt zur politischen
Handlungsfähigkeit im Rahmen seiner mittlerweile übernommenen beruflichen Tätigkeit an der Universität dient nicht mehr der
ideologischen Legitimation politischen Handeln~,sondern einer theoretischen Begründung pragmatisch-kommunikativer Politik
mit legitimem subjektiven Profit. Das Neue
ist das Alte in neuer Form.
Das profitable Opfer
Die Protagonistin (Jg. 48) verankert als
Nachkriegskind ihre Subjektgeschichte genealogisch in der Chronologie der eigenen
bäuerlichen Familie, die sowohl zur NS-Zeit
als auch während der frühen DDR-Jahre ein
distanziertes und zugleich identifiziertes
Verhältnis zum jeweiligen System hat. Die
Idee des Systems wird bejaht, dessen Auswüchse werden jedoch abgelehnt; sie werden intrafamiliär durch Treue zur eigenen
humanistischen Grundhaltung, durch kleine
politische Vergehen, durch heimlichen Widerstand und ironische Distanz kompensiert
und auf diese Weise subjektiv erträglich
gehalten. Bei politischen Irritationen greift
die Protagonistin auf dieses Muster zurück.
Ihr idealer Ort wird der der differenzierenden, alles verstehenden Beobachterin, die
nicht positionierend handelt, sondern kogni-
tiv auch gegen das eigene Gefühl ausgleicht.
Die Schul- und Jugendzeit werden als problemlos geschildert, da die Protagonistin
die politischen Ereignisse, z.B. den Mauerbau, nur wie durch ein Fenster, aus der Beobachterrolle wahrnimmt. Die Zumutungen
des Systems kann sie sich durch ironische
Distanz zu den uneigentlichen politischen
Ritualen vom Halse halten. Ein Auslandsstudium in Polen bringt das bunte Leben
und politische Aktivität; Kultur und Politik
fallen hier zusammen. Die DDR ragt in dieses vitale, pralle Leben hin und wieder als
böser Schatten hinein und wird hier erst als
problematisch erfahren. In der Ferne kann
problemlos eine ))innere Kündigung(( von
den als unzumutbar empfundenen politischen Aufträgen und Anforderungen vollzogen und zugleich eine tiefere ldentifikation
mit der ))eigentlichen((Idee des Sozialismus
hergestellt werden. Den realen Vertretern
des politischen Systems der DDR begegnet
sie mit Ekel und Distanz.
Erst der Rückgang in die DDR wird subjektiv zum Problem, denn die DDR gehört für
sie zu den Auswüchsen eines als übergreifend imaginierten guten Systems. Die erfahrenen Widersprüche und Zumutungen
kann die Protagonistin nur mit Hilfe ihres
Differenzierungsmusters ertragen und ausbalancieren. Dieses Muster wird durch eine
Orientierung auf ))gleichgesinnte Differenzierte(( erweitert und stabilisiert. Das
schafft zwar innere Entlastung, aber auch
Selbstekel, weil so nichts wirklich bewegt
oder geändert werden kann.
Bewegungsfreiheit scheint erst durch die
intensive Beziehung zu einem kämpferischen Lebensgefährten, ihrem späteren
Ehemann, wieder möglich zu werden, welcher selbst hochidentifiziert und zugleich an
exponierter Stelle im System kritisch gegen
bestehende Mängel und Auswüchse streitet. Durch ihn kann sie sich im System neu
verankern und die lose ldentifikation mit
den Verhältnissen neu binden. An seiner
Seite partizipiert sie an Kampf, Vision und
dem Geschmack der Weltrevolution, ohne
selbst an vorderster Front stehen zu müssen. Die Beziehung zum Ehemann und der
mit Unbehagenvollzogene Eintritt in die Partei
werden zur Eintrittskarte, sich z.B. als Reisekader in der Welt zu bewegen. Durch die
gemeinsamen Reisen nach Lateinamerika
wird die sinnstiftende, aber gänzlich überfordernde Vision einer Weltrevolution kompensatorisch aufrechterhalten; das Paar
tummelt sich im Krieg; die direkten Gefahren können von der Protagonistin als unmittelbar energetisierend erlebt werden, sie
sind der Ersatz für das Erdulden der Auswüchse des Systems daheim.
Die Beziehung des Paares selbst gerät jedoch zu einer fatalen und symbiotischen
Verquickung von Privatem und Politischem.
Er schlägt die notwendigen und zugleich
vergeblichen Schlachten und kehrt verwundet und geschlagen heim; sie leckt ihm die
Wunden, stützt und pflegt den gesundheitlich hochgefährdeten Revolutionär, mit dem
die große Sache weiterlebt oder stirbt. Die
Protagonistin erlebt die Verantwortung für
die Welt als Zuständigkeit für die Gesundheit des anderen, und sie deckt seine problematischen Verquickungen in das politische System.
Sein Überleben, sein Körper, wird so zum
politischen Fetisch, über den sie sich an die
politischen Auseinandersetzungen ankoppelt. Sie opfert sich für den geschundenen
Revolutionär und partizipiert zugleich über
dessen Leid an der ))eigentlichen(( Sache.
Sie profitiert aber auch von seinem Prestige
und seinen Privilegien. Sein Leid ist ihr
Beitrag für die Sache und zugleich der schonungserheischende Grund, nicht selbst in
die Verantwortung genommen zu werden.
Die Schuld für ihr politisches Nichthandeln
wird durch dieses Opfer getilgt. So ist die
Protagonistin moralisch doppelt gebunden,
an die Sache und an den kranken Partner,
und vor direkter Verantwortung geschützt.
Aus diesem passive Beteiligung ermöglichenden Schutz- und Schonraum ist eine
Falle, aus ursprünglicher Bewegungserwei-
terung sind Bewegungslosigkeit und
Selbstlähmung geworden.
Erst mit dem Tod des Ehemannes und dem
nahezu zeitgleichen Ende des Sozialismus
in der DDR brechen alle Bezugssysteme für
die Protagonistin zusammen. Einer Phase
der Erstarrung folgt das Erleben von Befreiung, denn für das neue, feindliche System
trägt die Protagonistin überhaupt keine
Verantwortung mehr. Hier muß sie sich
nicht mehr einspannen lassen, kann sich innerlich völlig distanzieren. Die Idee des neuen Systems wird verneint, die Vorteile werden jedoch ausgeschöpft.
Auf der Suche nach Sinn(lichkeit1
Die Protagonistin (Jg. 63) reflektiert ihre Politisierungsgeschichte vor allem mit Blick
auf ihre studentische Sozialisation in einem
marxistischen Verband.
Die Frage, wie sie selbst politisch geworden ist, beantwortet sie sich aus einem biographischen Motiv der Abkoppelung vom
einst idealisierten Vater heraus. Der Konflikt
mit der Vatergeneration, der Vater erfährt eine radikale Entzauberung aufgrund seiner
unreflektierten Erinnerungen bezogen auf
die NS-Zeit und auf die Kriegsgefangenschaft, wird als mobilisierender Ausgangspunkt für provozierende Suchbewegungen
im gegenkulturellen Raum angeordnet. Dieses Eintrittsmotiv der schrittweisen Entidealisierung wird zum Leitmotiv der biographischen Konstruktion. Die Protagonistin
durchwandert zunächst während ihrer
Schulzeit die Alternativbewegungen (Umwelt- und Friedensinitiativen) und macht
hierbei unterschiedliche Politikerfahrungen,
die sie differenziert in trockene, ernsthafte
Politik einerseits und lustvolle, aber unernste, will heißen: nicht richtige Politik andererseits. Für ihr Studium entscheidet sie
sich für eine Universitätsstadt mit linkem
Ruf. Hier verortet sie sich bald in der marxistischen Studentenszene und bewegt sich
in sie immer stärker selbstfesselnde und
instrumentalisierende Praxen des Studentenverbandes MSB Spartakus. Die Anzie-
hungskraft geht wieder von idealisierten
Männern aus, diesmal sind es die linken
))Politväterc(,die der staunenden Studienanfängerin nachts in den Kneipen die Welt erklären. Sie genießt ihr Umworbenwerden
als ))Edelsympathisantin((und die damit verbundene soziale Anerkennung sowie das
Gefühl von Besonderheit in Abgrenzung
zum normalen Studentendasein. Die Erfahrungen der Politik aus ihrer Schulzeit erscheinen ihr rückwirkend als ))ProvinzposSen((. Demgegenüber steht das bedeutungsaufgeladene Sinnangebot der marxistischen Verbände, wenngleich sich deren
Kampagnenpolitik ihr als eher phantasielos
vermittelt. Die ))verbotene Sprache((, die
die Protagonistin fasziniert und die ihr als
Instrument der Befreiung dienen soll, wird
zum Vehikel der Selbstdisziplinierung, welche schließlich entfremdete und selbstverleugnende Formen annimmt. Schon der
Eintritt in den Verband wird mit verantwortungsvoller Schwere aufgeladen. Das Kokettieren endet mit dem Eintritt: Hier hört
der Spaß auf; Politik wird zur Pflicht. Die
Protagonistin durchlebt und durchleidet
mehrere Stationen des Politfunktionärinnendaseins, die sie auch als Exklusion, als
Abgeschnittensein vom ))Rest der Welt((,
erfährt. Sie versinkt in sinnentleerter nRödelarbeit((. Die verordnete, angeleitete Politik wird unwillig ausgeführt und ist leidbesetzt. In der Gesamtbewegung folgen dem
Gefühl der Entsinnlichung und (Selbst)Entfremdung mehrere Phasen der sukzessiven
Demontage. Die Protagonistin schleicht
sich auf leisen Sohlen aus dem Räderwerk
der Funktionärspolitik im Verband hinaus,
um sich danach in anderen politischen Feldern der Hochschule zu profilieren. Auch in
den neuen Politikfeldern der Fachschafts-,
Gremien- und Frauenpolitik werden einerseits Exponierung als ))Besondere(( und
zugleich Integration über Anerkennung zu
erreichen versucht. Die Frauenpolitik ermöglicht vorübergehend eine Wiedergewinnung des Körperlichen und Sinnlichen
nach den körperlosen politischen Praxen im
MSB. Die Protagonistin schwankt allerdings
dabei zwischen der Kritik an der moralischen, bedeutungsüberladenen und überregulierten Politik im Verband einerseits und
der Abgrenzung gegenüber der als distanzlos und unmittelbar erfahrenen Politik der
feministischen Frauen andererseits. Beides
scheint ihr unerträglich. Sie rettet sich aus
dieser für sie nicht aufzulösenden Ambivalenz über das Studium feministischer Theorie, mittels derer nun auch die vormals rezipierte marxistische Theorie als ))verknotet((
demontiert wird. In der rückwärtigen Abarbeitung bleibt von der einst als Befreiungsmodell aufgeladenen kommunistischen
Weltanschauung nichts mehr übrig: Die politische Praxis wird als entfremdet enttarnt,
die Theorie als abstrakt, subjektnegierend
und sinnesfeindlich gesichtet, und schließlich werden aus den zuvor idealisierten linken Männern ))selbstverknotete Welterklärungsmarxistencc. Dieses schrittweise demontierende Muster von Idealisierung und
Entidealisierung wiederholt die Anfangsbewegung der Entidealisierung des Vaters.
Die mit dem Muster verbundene doppelte
Selbsterhöhung zuerst durch ein Anschmiegen an das Ideal, dann durch dessen
Sturz hat aber auch etwas Entsinnlichendes, weil die Selbstentwicklung nicht über
das Eigene, sondern über die Projektionsfläche des Fremden verläuft. Am Ende
bleibt die Protagonistin dann doch in der
Fußangel des Ideologischen verfangen,
wenn sie ihre Entfernung von dieser Politik
nur als Entpolitisierung begreift und Sinn
nur als ideologisch vermittelt in einem kommunistischen Gesamtansatz denken kann.
Der von ihr eingeforderte Subjektbezug als
))Sinnfür mich(( kann von ihr selbst nicht als
Befreiung wahrgenommen werden. Auf die
verbotene Sprache mit ihren niederdrükkenden Bedeutungsangebotenfolgt Sprachlosigkeit.
SUBJEKT
UND BIOGRAPHIE
Zunächst gaben wir in verdichteter Form
die Fallgeschichten wieder, die bereits kol-
lektive lnterpretationsprodukte darstellen.
Sie sind biographische Konstrukte oder besser: Konstruktionen 2. Ordnung. Unser Augenmerk lag zunächst auf keiner kategorialen Zergliederung des Textes bzw. in der
Subsumtion von Textpassagen unter Kategorien, sondern es ging uns darum, die
Figur, die Gestalt des autobiographischen
Textes zu erfassen. Ehe wir jedoch unter
verschiedenen inhaltlichen Gesichtspunkten in der Interpretation fortschreiten, müssen wir noch klären, von welchen theoretischen Orten aus wir dies tun. In der soziologischen Biographieforschungwird seit geraumer Zeit (vgl. Leitner 1982, Hahn 1988,
Corsten 1994, Nassehi 1994, Rosenthal
1993) und jüngst auch in der psychologischen Biographieforschung (vgl. Straub
1993, 1998, zur Übersicht die Beiträge des
letzten Heftes dieses Journals) um die adäquate methodologische und erkenntnistheoretische Fassung der Differenz zwischen Biographie als Leben und Lebensbeschreibung gerungen. Wie ordnen sich
unsere Vorstellungen zum ))biographischen
Muster(( hier ein?
Wir nehmen damit zunächst in der hier
gebotenen Kürze die eingangs gemachten
Bemerkungen zu unserem theoretischen
Forschungsfokus wieder auf.
Subjekttheoretisches: Muster biographischen Handelns
Wir haben über Politisierungsgeschichten
geforscht und nach Mustern gesucht, die
sich im Prozeß der politischen Sozialisation
von lndividuen unter bestimmten Verhältnissen herausbilden. So dachten wir. Je Iänger wir uns aber mit dem biographischen
Material beschäftigten und je genauer wir
es analysierten, desto stärker verdichtete
sich der Eindruck, daß es weniger die politischen Verhältnisse sind, die den lndividuen
ein bestimmtes Muster aufprägen, als die
Subjekte, die im Vollzug ihres Lebens in den
verschiedensten gesellschaftlichen Verhältnissen ihr biographisches Muster realisieren. Diesen Blick wirft z.B. auch Paul Parin
(vgl. 1992) in seiner psychoanalytischen
Deutung des politischen Engagements auf
die Subjekte. Politikwahrnehmungsmuster
sind seiner Ansicht nach immer geprägt
durch (früh-)kindliche Konflikte. Erst die
Analyse dieser Konfliktstruktur entschlüsselt daher, wieso unterschiedliche Personen z.6. die Ereignisse in der Tschechoslowakei mit euphorischer Grundstimmung
oder dem Gefühl depressiver Lähmung
wahrnehmen. Seine Theorie geht also davon aus, daß sowohl die kognitive Wahrnehmung als auch die emotionale Bewertung der Realität bestimmt sind durch die
Wiederholung des biographischen Grundkonfliktes. Einflüsse des politischen Raumes bleiben bei ihm aber unbeleuchtet.
Uns interessiert dagegen der wechselseitige Prozeß der Besetzung der Individuen
durch die Verhältnisse sowie der selektiven
Wahrnehmung und subjektiven Konstruktion der Verhältnisse durch die Individuen.
Wie ist das Verhältnis von lndividuum und
Gesellschaft also konkret zu fassen, wenn
man sich nicht mit der einfachen Behauptung einer Dialektik der Beantwortung dieser Frage entziehen will?
»Man orientiert sich zwangsläufig an der
eigenen Bewußtseinsgeschichte, wie eigenartig diese auch verlaufen sein mag;
und schon die Bestimmtheit des gerade
aktuellen Erlebens stellt sicher, daß in
Differenz zu ihm nicht beliebige Erwartungen gebildet werden können. Dafür stehen
dann sozial standardisierte Typen zur Verfügung, an die man sich in einer Art Groborientierung halten kann.(( (Luhmann 1991,
363).Wir können also für psychische Systeme zu jedem beliebigen anderen Zeitpunkt festhalten, daß sie gezwungen sind,
zunächst ihre eigene Autopoiesis sicherzustellen. Systeme knüpfen immer stärker an
die Struktur und die Logik ihrer eigenen
Operationen an als an die Erwartungen ihrer
Umwelt. Letzteren gegenüber müssen sie
viabel sein - mehr nicht. Solange hier keine
lebensbedrohlichen Diskrepanzen vorfindbar sind, können sich Systeme sehr weit
von den konkreten Anforderungen ihrer
Umwelt emanzipieren.
Subjektive Muster sind so eine Struktur.
Wie immer sie individualbiographisch entstanden sein mögen, sie sind relativ stabil
gegenüber den jeweils konkreten Anforderungen der jeweils konkreten gesellschaftlichen Verhältnisse. Oder besser formuliert:
Sie sind fluide genug, um sich unter den
unterschiedlichsten Bedingungen realisieren zu lassen, ohne ihre Grundstruktur aufgeben zu müssen. Veränderte Verhältnisse
liefern lediglich neues historisches Material,
das listig und unendlich erfindungsreich
zum alten Muster gewebt werden kann. ))In
diesem Sinne wird Subjektivität als Kreativität begriffen. Nicht innerer Zwang und
mentale Vorschriften, sondern ein sich
selbst konstituierendes System von Bedeutungen sichert die Identität der Person im
Durchgang durch die verschiedenen Positionen im sozialen Raum und im Wechsel
der biographischen Zustände. Der Begriff
der Lebenskonstruktion sucht nach dem
Kern dieser generativen Struktur, nach den
))endlichen Mitteln(( der Selbstkonstitution,
nach reversiblen biographischen Mustern in
der Irreversibilität des Lebenslaufs.(( (Bude
1998, 250).
Wie verarbeiten Subjekte nun Geschichte in
ihren Geschichten, wie taucht Gesellschaft
in der individuellen Lebensgeschichte auf?
Zunächst einmal als Material der Beschreibung bzw. als Beschriebenes, dann subjektstrukturell in der konkret-historischen Fassung des subjektiven Musters! Dieses ist
ein ))Dazwischen((, eine Form, in der das
lndividuum sich in den Verhältnissen realisiert.
Auf der Seite der Gesellschaft finden wir,
um mit Haug zu sprechen, protoideologisches Material (vgl. 1987, IIff.), das zum
))wirklichen individuellen Leben(( umgeformt werden muß. Das Gesellschaftliche
bildet den Pol, das ))Baumaterial((,an dem
biographische Strukturen sich erproben und
welches sie für die Reproduktion ihrer Subjektstruktur modellieren. Der gesellschaftli-
che Raum ist nicht nur Projektionsfläche,
vielmehr bieten sich hier unterschiedliche,
aber nicht beliebig viele kulturelle Angebotsformen für die Subjekte. So spiegeln
Gesellschaftsstrukturen sich subjektiv gebrochen im Individuum wider, wird die persönliche Struktur aufgeladen und formiert
durch die jeweiligen politischen Verhältnisse, wie die biographisch erworbenen
Grundmuster umgekehrt auch auf die Art
und Weise der Politisierung Einfluß nehmen. Wir können deshalb durch das je Individuelle hindurch auch Aussagen über
real-historische Verhältnisse machen.
Auf der Seite des Individuums liegen die
Bedürfnisse, sagen wir allgemein: die nach
dem richtigen Leben. Mit dem gesellschaftlichen ))Baumaterial((als bereitgestellte objektive Bedeutungen gestalten die Individuen unter Rückgriff auf ihre Bedürftigkeiten
und ihre bisherige Subjektgeschichte ihren
persönlichen Sinn (vgl. Leontjew 1982,
144ff.). Subjektive Muster sind dabei keine
freien Erfindungen, aber auch nicht nur die
Verdoppelung von Vorgefundenem. Sie sind
eine kreative Gestaltungsleistung der Individuen, die jedoch auf doppelte Weise in
ihrer Gestaltungsfreiheit eingeschränkt
sind: einmal durch die in ihren gesellschaftlichen Handlungsräumen objektiv nur vorhandenen Elemente und zum anderen
durch die Notwendigkeit der Anknüpfung
und Fortsetzung der bisherigen Biographie,
in der bestimmte objektiv mögliche Alternativen schon subjektiv keine mehr sind. Der
Vermittlungsprozeß zwischen individueller
und gesellschaftlicher Notwendigkeit muß
))passen((,d.h. in Passung sein.
Dennoch beschreiben sich die Protagonisten bzw. die Protagonistinnen in allen Erzählungen in einer fragilen und immer wieder herzustellenden Balance aus gesellschaftlicher lntegration und dem Versuch,
ihre persönliche Autonomie zu sichern, zu
erhalten oder wiederherzustellen. Das
Spannungsverhältnis von Autonomie(bestreben) und Ver- bzw. Gebundenheit (vgl.
Leu & Krappmann 1999) scheint daher in
allen Fällen auf, fällt aber nicht mit der Systemgrenze zwischen Individuum und Gesellschaft bzw. zwischen Individual- und Gesellschaftsgeschichte zusammen. Das ist
eine subjekt- und sozialisationstheoretisch
oft wiederholte Selbsttäuschung des handelnden Subjektes, die Handlungseinschränkungen primär external zu attribuieren. Denn Autonomie gewinnt das Subjekt nicht schlechthin in Distanz zu gesellschaftlichen Anforderungen und verliert sie
nicht notgedrungen durch soziale Integration. Beides: Zugewinn und Verlust von
Handlungsautonomie sind durch gesellschaftliche lntegration realisiert. Das Problem ist die lebbare undloder zugemutete
Balance zwischen beidem. Hinzu kommt jedoch auch die relative Festgelegtheit und
mitunter Ge- und Befangenheit in der eigenen biographisch erworbenen Subjektlogik,
die Autonomie einschränkt und die gerade
auch bestimmte gesellschaftlich an sich
mögliche Handlungsoptionen gar nicht erst
in dem subjektiven Handlungshorizont aufscheinen Iäßt. Biographie als Geschichte
von Selbstfestlegungen markiert so nicht
nur die soziologisch konstatierbare biographisch fortlaufende Einschränkung objektiver Wahl- und Handlungsmöglichkeiten,
sondern auch die psychologisch zu konstatierende subjektive Wahrnehmungsakzentuierung und -einschränkung des objektiven
Handlungsfeldes. Nicht nur gesellschaftliche Handlungszumutungen, sondern die
Subjekte selbst stehen sich bei der Realisierung möglicher Handlungsautonomie
mitunter im Wege. Das biographisch erworbene subjektive Muster ist so gesehen die
generative Struktur zwischen objektiven
und subjektiven Handlungsmöglichkeiten
resp. zwischen objektiver Festgelegtheit
und subjektiver Selbstfestlegung. Es ist eine geronnene Problemlösung der immer
wieder herzustellenden Balance von Autonomie und Ge-/Verbundenheit.
Bedeutet dies ein Gefangensein im eigenen
Muster? Ja und Nein. Gemäß dem Diktum,
daß das Subjekt die oben skizzierte An-
schlußfähigkeit in seinem alltäglichen biographischen Handeln realisieren muß, kann
es weder die gesellschaftliche Handlungslogik noch die eigene Subjektlogik überspringen: Es ist festgelegt, weil es nur im
Rahmen seines Musters, nie außerhalb
handeln kann. Dies ist kein prinzipielles
Manko, sondern notwendig, weil es Identität sichert. Aber das Subjekt kann sich dazu verhalten, mithin dazu reflexive Autonomie gewinnen. Das Subjekt steht nicht nur
den gesellschaftlichen Verhältnissen gegenüber in einer prinzipiell doppelten Möglichkeitsbeziehung (vgl. Holzkamp 1983),
sondern auch sich selbst; es kann sich
sowohl zu den objektiv als auch zu den subjektiv bedingten Handlungsoptionen bewußt verhalten. Es ist somit seiner objektiven Determiniertheit psychologisch immer
eine Nasenlänge voraus!
Das geschieht in der Regel jedoch nur,
wenn biographische Handlungsroutinen
unterbrochen oder problematisch werden,
wenn das biographische Muster nicht mehr
zwischen objektiven Handlungsnotwendigkeiten und subjektiven Handlungsmöglichkeiten - passend - vermitteln kann. Dann
kommt es zu Handlungskrisen und Störungen des Musters. Hier besteht die Chance,
nicht die Zwangsläufigkeit einer Reorganisation des Musters, die dem Subjekt erneut
oder sogar erweitert Handlungsfähigkeit sichert. Aber womit kann das Subjekt auf Störungen biographischer Handlungsroutinen,
auf Lebenskrisen und Musterirritationen
reagieren? Nur mit Hilfe seines Musters.
Das scheint paradox, ergibt sich aber
zwangsläufig aus dem oben Gesagten;
auch eine mögliche Modifikation, Reorganisation und im Extrem ein Wechsel des biographischen Musters muß im doppelten Sinne anschlußfähig sein, an das eigene Muster und an die Verhältnisse, soll es nicht zu
einem Identitätsbruch kommen. Dies ist ein
Fakt, den jede Veränderungsbemühung
subjektiver Strukturen, sei sie pädagogischer oder therapeutischer Art, beherzigen
muß; Veränderung ist nur im Rahmen der
»Zone der nächsten Entwicklunge( (Vygotski) möglich. Das schließt die Möglichkeit der
paradoxen Verdoppelung gerade dysfunktionaler Muster im Rahmen von Veränderungsbemühungen ein. So schreiben Metakommunikationen nicht selten auf reflexiver
Ebene gerade jene kommunikativen Störungen und Pathologien fort, die sie durchbrechen und beheben wollen. Dennoch ist hier
zugleich der einzige Ort von Freiheit und
möglicher (Selbst-)Veränderung, da das
Subjekt nicht deterministisch auf sich und
seine objektiven Handlungsmöglichkeiten
festgeschrieben ist.
Eine solche Situation ist auch die des autobiographischen Erzählens. Was vermag sie?
Ist sie die Präsentation, Explizierung, Reflexion oder Fortschreibung des biographischen Musters?
Biographietheoretisches: Muster autobiographischer Selbstbeschreibung
Wir haben bislang so getan, als wären Biographie als Lebenslauf und Biographie als
dessen Beschreibung, produziert im Rahmen autobiographischen Erzählens, identisch bzw. als würden wir beides nicht unterscheiden. Was ist das Problem? Im soziologischen Biographiediskurs wird seit geraumer Zeit der naive Abbildrealismus zwischen Text und dem ))wahren Lebencc, ausgehend von Schützes postulierter Homologierelation zwischen Erzähl- und Handlungsstruktur (vgl. Schütze 1982, 1984), aber
auch die von Bourdieu den biographischen
Beschreibungen unterstellte nbiographische Illusioncc (vgl. Bourdieu 1990) vehement kritisiert (vgl. Nassehi 1994). Die entsprechenden psychologischen Diskussionen, vor allem im Rahmen der Rezeption
der narrativen Psychologie (vgl. Straub
1998, Bruner 1997,1999, Brockmeier 19991,
verweisen auf die identitätsstiftende und
-produzierende Relevanz autobiographischer Erzählungen und weisen ebenfalls die
unterstellte Abbildungsfunktion biographischer Erzählungen bezüglich dahinterstehender oder sich darin ausdrückender Sub-
jekt- undIoder Identitätsstrukturen zurück.
Statt dessen wird unter Bemühung weitreichender und differenzierter erkenntnis- und
systemtheoretischer, sprachphilosophischer,
erzähltheoretischer und auch psychologischer Argumente für die Würdigung der
Biographie als ))Ort biographischer Kommunikation(( plädiert. Im Hier und Jetzt des
biographischen Erzählens wird das erst konstituiert, worüber die biographische Beschreibung Auskunft gibt, hier wird eine
neue Wirklichkeit hervorgebracht und keine
alte einfach verdoppelnd abgebildet, Identität narrativ erzeugt und entworfen und keine vorgängige ausgedrückt (vgl. Kraus
1996, Bamberg 1999). Der Protagonist der
eigenen Lebensgeschichte verliert so gesehen in dem Maße an Gewicht, wie der Autor der Selbstbeschreibung an Bedeutung
gewinnt. Das Subjekt ist nicht nur Autor seiner Selbstbeschreibung, sondern selbst eine Beschreibung, eigentlich ein Text. So formuliert Nassehi die Radikalität dieses Gedankens in aller Konsequenz zu Ende: ))Entscheidend ist ..., daß nicht die befragte Person einen Text wiedergibt, sondern daß
letztlich der kommunizierte Text die Person
konstituiert(( (Nassehi 1994, 59).
Dies ist eine wichtige Perspektivenerweiterung für eine soziologische wie psychologische lnterpretation von Biographien, sie
als Selbstbeschreibungen bzw. Selbstnarrationen zu fassen. Sie erweitert den Blick für
die Eigendynamik der Tätigkeit des biographischen Erzählens als Selbstvergewisserung und auch Selbstkonstruktion von Identität. Die biographische Beschreibung ist
der Ort, an dem das Subjekt zum ordnenden und zentrierenden Mittelpunkt wird.
Aber: ))Die erlebte Lebensgeschichte birgt
selbst schon einen Zusammenhang in sich,
da das Leben aufgrund ... eines mit sich
selbst identischen Subjekts, auch als zusammenhängend erfahren wird(( und in der
sich das Subjekt in Permanenz konstruiert,
ent- und verwirft. Dieser Selbstentwurf geschieht nicht erst in der expliziten Erzählsituation, sondern bereits in der immer nur
kurzzeitig versetzten rückwärtigen Bewertung und lnterpretation des eigenen bereits
vollzogenen Handelns. Insofern resultiert
»die Geordnetheit der lebensgeschichtlichen Selbstpräsentationen ... sowohl aus
der Gestalthaftigkeit des bisher gelebten
Lebens(( (i.S. einer primären Konstruktion,
d. Verf.) als auch aus der Gestalthaftigkeit
der Zuwendung in der Gegenwart des
Erzählens 0.S. einer sekundären Konstruktion, d. Verf.) (Rosenthal 1994, 133). Das
ursprüngliche biographische Geschehen ist
bereits ein Ort der konstruierenden und interpretierenden Sinngebung und Bedeutungszuweisung und nicht erst der spätere
erinnernde Rückblick. Hier generieren sich
Subjektstrukturen, Gestalten oder, wie wir
es oben genannt haben, biographische Muster, die dann in der biographischen Narration (im autobiographischen Interview) fortgesponnen oder reflexiv gebrochen werden.
Um die Argumentation an dieser Stelle abzukürzen, sei unsere Position in zwei Thesen zusammengefaßt:
1. Auch in der biographischen Kommunikation als ))operativen Ort der Biographie((
(Nassehi) stellt der Autor Anschluß an sein
bisheriges Leben, an sein biographisches
Muster her. Etwas anderes hat er nicht zur
Verfügung. Nur: In der Produktion des Textes dokumentiert, drückt sich das Leben
oder das Selbst nicht einfach aus; es wird
fortgeschrieben, bzw. es schreibt sich fort.
Seine Geschichte zu erzählen, ist eine
Handlungsanforderung wie andere auch,
die das Subjekt bewältigt, indem es sein
bisheriges Muster fortschreibt, erprobt und
unter der Maßgabe der Sicherung doppelter
Anschlußfähigkeit (S.O.) gegebenenfalls modifiziert. Hier hat der Protagonist als Autor
die Möglichkeit auch zu experimentellen
Neuordnungen und Entwürfen seiner Geschichte, um die eigene Identität und Handlungsfähigkeit zu sichern. Das Leben hat immer bereits stattgefunden, wenn es beschrieben wird; aber in der Beschreibung
und der veränderten Wiederbeschreibung
gewinnt das Subjekt Distanz und Handlungsspielraum. Wie handlungsmächtig solche Entwürfe sind, zeigt sich aber erst im
Leben, also erst nach dem biographischen
Interview. Dabei ist es in der Tat sekundär,
wie wahr die Geschichten, wie phantastisch und inszeniert die Selbstkonstruktionen sind, auch eine Lebenslüge hat die
Funktion, in welch restriktiver und eingeschränkter Form auch immer, eigene Handlungsfähigkeit aufrechtzuerhalten. Dies ist
sozusagen kein Problem, solange die Verhältnisse das zulassen und die generierten
Muster viabel sind. Insofern interessieren
uns biographische Texte als Fortschreibungen biographischer Muster, in welcher
Form des Um- und Neuschreibens auch immer.
2. Die Realität, über die in autobiographischen Texten berichtet wird, erscheint als
Realität der Biographie. Realität erschließt
sich uns über die Beschreibung durch die
Subjekte; über eine andere Realität verfügen wir nicht. Die Lebensbeschreibung ist
das Leben in der einzigen Form, in der es
dem Individuum psychisch und kommunikativ zugänglich ist! Das ist ein altes Problem der Psychologie, nicht erst der narrativen Psychologie. Der Zugang zu Psychischem ist nur in dieser vermittelten Form
möglich. Wir unterstellen die prinzipielle Referenzfähigkeit autobiographischer Texte,
die dreistellige Referenz von Erzähl-/Textstruktur zur Subjekt-, zur Gesellschafts- und
zur situativen Struktur des Erzählens. Der
Text protokolliert diese Strukturen nicht einfach, aber er verweist auf sie. Vielleicht
wäre hier von einer Isomorphie zwischen
den Strukturebenen zu sprechen und nicht
von einer Homologie, wie sie Schütze postuliert hat. Vielleicht ist an dieser Stelle
auch die ))Realitätsfiktionc((Brockmeier) bei
der Rezeption und Interpretation autobiographischer Texte in der Tat eine notwendige Unterstellung, denn worauf sollte sich
Textinterpretationsonst beziehen, wenn sie
nicht nur reine Textbeschreibung sein will?
Im folgenden werden wir uns ausgehend
von diesem Verständnis unseren Fallgeschichten wieder zuwenden. Wir werden
gemäß unserer spezifischen Fragestellung
nach der Politisierung in Ost und West erstens nach Struktur und Funktion der biographischen Politisierungsmuster fragen,
zweitens nach der Wahrnehmung politischer Praxen und den korrespondierenden,
realen, politischen Handlungsräumen und
drittens nach dem Erzählmodus der biographischen Erzählerinnen und Erzähler.
POLITISCHEMUSTERBIOGRAPHIEN
ODER MuSTER IN DEUTSCHEN BIOGRAPHIEN?
Die Muster, ihre Gewinne und Kosten
Fragen wir zunächst nach den rekonstruierten biographischen Mustern. Die Beispiele
weisen spezifische biographische Grundstrukturen auf, die die lndividuen in unterschiedlichen Handlungsfeldern reproduzieren und weiterspinnen. Die dargestellten
Fallrekonstruktionen zeigen exemplarisch
als Auseinandersetzung der lndividuen mit
der Welt, wie diese das Grundproblem von
Autonomie und Verbundenheit für sich zu
lösen suchen, ihre Bedürfnisse nach Sinn,
Glück und Anerkennung realisieren und sich
dabei auf je eigene Weise in den Verhältnissen bewegen, um subjektiven Nutzen daraus zu gewinnen oder zumindest Schaden
von sich abzuwenden. In allen Fallgeschichten werden als Kehrseite dieser
Subjektbewegungen aber auch die Kosten
deutlich, die die lndividuen zum Teil bagatellisieren, zum Teil aber auch als Leiden
zum Ausdruck bringen. In den Biographien
zeigen sich die je individuellen Muster als
Lösungsversuche, sich die eigenen Lebensfragen zu beantworten.
Der ostdeutsche Protagonist fädelt sich mit
opportunistischer Vernunft durch die Verhältnisse, nachdem sein Glaube an den
Sieg von vernünftiger Gerechtigkeit mit den
ungerechten und willkürlichen Machtverhältnissen mehrfach kollidiert. Seine lebensgeschichtlich bestimmende Trias von
Macht, Gerechtigkeit und Vernunft versucht
er, ))dialektisch(( mit vernünftigem Oppor-
tunismus und ohnmächtiger Vernunft auszubalancieren, indem er sich mit kluger Vernunft von den dummen Mächtigen kritisch
fernhält und sich ihnen zugleich mit ihrer
Vernunft (dem theoretischen Marxismus)
verbunden zeigt, sich als Kluger der Macht
entzieht und sich damit zugleich unentbehrlich macht. Der Nutzen dieses durchgängigen Musters liegt gleichermaßen in der Distanz und Nähe zur Macht, die Kosten liegen in der zirkulären Hineinbewegung in die
Gespinste der Abhängigkeit und der damit
verbundenen Handlungslähmung.
In der westdeutschen männlichen Biographie gelingt es hingegen dem Subjekt, sich
spielerischer durch die Strukturen zu bewegen und hierbei in den Genuß von spaßbetonten ))Events(c zu kommen. Aber auch
dieser Profit hat eine dunkle Rückseite, die
als nernsteu Frage nach einem sinnvollen
Leben immer wieder durchscheint und
bagatellisiert bzw. entnannt werden muß. In
der Erzählung blitzen Momente von Ernsthaftigkeit auf, die die andere Seite der koketten Distanzbewegungen bilden. Zwischen diesen Polen springt das Subjekt hin
und her: Mal neigt sich die Waage zum
Ernsten, Schweren und Ideologischen und
zwingt zu Umdeutungen und Verbiegungen, mal kann dann wieder unernst-kokett
die Bedeutung politischen Handelns gebrochen werden, allerdings mit der Gefahrenseite von Einflußlosigkeit und Beliebigkeit,
weil jenseits der Lust keine Kriterien mehr
gelten. Auch hier bleiben die Pole, die den
Antrieb für die Subjektbewegungen bilden,
in der Gesamtbiographie konstant und werden lediglich an unterschiedlichen Orten
ausprobiert.
Die ostdeutsche Protagonistin baut ihr Muster um die Konstruktion des Opfers auf
und dies in einem doppelten Sinn: Die Opferfigur konnotiert als aktives Moment ein
Sich-Aufopfern und als passives Moment
ein Opferdasein in den Verhältnissen. Diese
Stilisierung birgt als Kostenseite eine passivierende Lähmung in sich. Die Nutzenseite
zeigt sich darin, daß es der Protagonistin
mit dieser Struktur gelingt, Privilegien zu
genießen, also in der ))erstenReihe((zu partizipieren, ohne die Verantwortung aus dieser Frontstellung heraus übernehmen zu
müssen. Entverantwortete und deshalb
schuldunbelastete Partizipation ist das
Kunststück, das über das Webmuster von
Opfer(n) und Distanz gegenüber dem jeweiligen gesellschaftlichen Handlungsraum gelingt. Daß in der Erzählung dennoch das
Leid gegenüber dem Nutzen überwiegt, ist
der trotz aller Distanz gegenüber der DDR
hohen Identifizierung mit der Idee des Weltsozialismus geschuldet. Diese verhindert einen Genuß ohne Reue, wie er einem vergleichbaren westdeutschen Typus sicherlich leichter möglich wäre.
In der Bewegung der westdeutschen Protagonistin wiederholt sich als Pendelschlag
das Muster der Idealisierung und der darauf
folgenden schrittweisen Entidealisierung.
Die Energie wird offensichtlich hier in diverse Objektbeziehungen (seien es Personen
oder Ideen) gesetzt, die zunächst mit Bedeutung aufgeladen werden, um sich dann
sukzessive von ihnen zu emanzipieren. Diese steinbruchartige ))Emanzipation((gelingt
nur über die Demontage des Objekts, sei es
die marxistische Theorie oder seien es die
damit verknüpften Vaterfiguren. Das Oszillieren zwischen ldealisierung und Entidealisierung erfolgt, einem Wiederholungszwang gleich, in unterschiedlichen Handlungsfeldern und Szenen. Aus dieser Bewegung scheint das Subjekt die Energie zu
schöpfen, immer wieder neue Räume zu
beschreiten. ldealisierungen und Entidealisierungen arbeiten mit Projektionen, die
mehr auf das eigene Ich reagieren als auf
das Gegenüber. Insofern lesen sich diese
Bewegungen auch als Abarbeitung am
eigenen Selbst. In die Bewegung von
ldealisierung und Entidealisierung eingebaut sind Bedürfnisse nach Exponierung,
nach Anerkennung und nach sozialer Integration. Die Erhöhung des Selbst findet dabei zweimal statt: zum einen durch das Anschmiegen ans Ideal, was die Erhöhung
über andere Studierende ermöglicht, zum
anderen durch die Erhöhung über das Ideal
durch dessen Entidealisierung. Diese Bewegung erscheint in der Autobiographie
aber nicht blind, sondern wird bereits
selbstironisch distanziert beschrieben. Die
Kostenseite ist eine Entsinnlichung, weil die
Gestaltung der Biographie nicht über den
Bezug auf das Eigene, sondern über die
Projektion auf das Fremde erfolgt.
Die beiden weiblichen Biographien zeigen
über die Ost-West-Differenz in einigen
Punkten Überschneidungen, z.B. indem das
eigene Tun mit Leid und Verantwortung aufgeladen wird. Auch weben sich im Vergleich zu den beiden männlichen Subjektgeschichten die Politisierungsprozesse der
Frauen ungleich stärker um konkrete (meist
männliche) Personen, an die Delegationen
erfolgen, die umsorgt, idealisiert oder entheroisiert werden. So erscheint das Politische immer auch interaktiv vermittelt. Die
Politisierungsbeschreibungen der beiden
männlichen Protagonisten hingegen werden von einem als autonom behaupteten
Subjektstandpunkt geliefert, von dem aus
Handlungsfelder und theoretische Referenzen angeeignet werden. In den weiblichen
Konstruktionen werden politische Praxen
mit dem Körperlichen bzw. Sinnlichen verknüpft, entweder positiv als vitaler Selbstbezug oder negativ als Mangel, als Entsinnlichung und Auszehrung. In der Ost-Biographie ist der zu pflegende Körper des Partners unmittelbarer Austragungsort der Partizipation am großen Weltgeschehen. In der
West-Biographie sind der Verlust des Sinnlichen und die Bemühung um die Wiedergewinnung von ))Sinnlichkeit im Sinncc das
Themenfeld, um das die Politisierung kreist.
Im Gegensatz dazu sind die männlichen
Konstruktionen ost-west-übergreifend auf
die Theorie, den Geist selbst hin orientiert,
ohne dieses Spannungsfeld zu problematisieren.
Politische Praxen und Handlungsräume
Fragen wir weiter nach unterschiedlichen
Logiken der soziokulturellen, politischen
und gesellschaftlichen Handlungsbedingungen, in denen sich die Protagonisten biographisch verorten. In den Erzählungen werden Handlungsbedingungenals Räume aufgebaut, die unterschiedliche Wege freigeben, andere versperren, in denen man flaniert, pendelt, sich abarbeitet oder sich in
immer kleineren hermetischen Kreisen in
den Stillstand bewegt. Auch die Anordnungen der Räume verweisen auf unterschiedliche Gesellschaften: Die Ost-Protagonistin
und der Ost-Protagonist bauen die Welt in
einer bipolaren Innen-Außen-Logik auf: Entweder man ist draußen oder man ist im Innenraum, der mit der Macht und ihrem Zentrum, der SED, gleichgesetzt wird. Ist man
drinnen, gibt es keinen Weg mehr nach
außen. Es interessieren folgerichtig dann
nur noch die Binnenstrukturen; der Versuch
richtet sich darauf, mit anderen Verbündeten ein ))Außen((im ))Innen((zu bilden und
sich dort als parteizugehörige Oppositionelle zu verorten. In den West-Erzählungen
werden plurale Räume vorgeführt, das Individuum kann sich entscheiden, welche es
aufsucht, und es kann diese auch wieder
verlassen. Die Handlungsräume ermöglichen hier ein Pendeln, ein Ein- oder Aussteigen, wobei Übergänge auf undramatische Weise realisiert werden können (vgl.
Zech 1995, 97). So werden in diesen Erzählungen auch viele Unterräume betreten,
ohne daß ein einzelner den Universalanspruch des Politischen vertreten könnte.
Das Politische erfährt in den biographischen
Konstruktionen der DDR-Gesellschaft keine
weiteren Differenzierungen; dort, wo man
sich ihr ausliefert, ist die Politik mit Schwere, Sinn, Bedeutung, transzendentalem Auftrag und Verantwortung aufgeladen. In den
westlichen Biographien werden Unterscheidungen getroffen: zwischen Spaßpolitik
und seriöser Gremienpolitik, zwischen abstrakter und eher konkret handlungsorientierter bzw. basisorientierter Politik, zwischen ideologischer, moralisierender und
subjektbezogener Politik, zwischen entsinn-
lichten und körpernahen politischen Praxen.
Die plurale Angebotsstruktur im westdeutschen soziokulturellen Raum birgt aber deshalb kaum weniger Ideologisches als die
DDR-Gesellschaft mit ihrem universalen Politikverständnis. Schließlich reproduzieren
die scheinbar selbstbestimmten, kreativen
Bewegungen der Protagonistinnen und Protagonisten in den westdeutschen Erzählungen als Spiegelphänomen auch die Logik
der bürgerlich-kapitalistischen Außenwelt
sowohl in ihrer Marktförmigkeit als auch in
all ihren unerbittlichen Über-lch-~umutungen an die Selbstformung. Diese sind gezwungen, permanente Integrations- und
Vermittlungsleistungen des Raumparadoxes
zu vollbringen: Das Aufbegehren gegen den
kleinbürgerlichen Ordnungs- und Stumpfsinn der Elterngeneration wird entweder
strukturell, wenngleich inhaltlich konträr
fortgeführt in den Zwängen von hochideologisierten Verbandspolitiken oder gerät und
gerinnt in das Fahrwasser schicker ))linker((
Bürgerlichkeit.
In den ostdeutschen Erzählungen gibt es
diesen inszenierten Bruch mit der Elterngeneration nicht. Auch sind Orientierungsleistungen einfacher zu bewältigen, weil keine
Überfülle von Handlungsoptionen bzw. Teilräumen existiert. Hier wird aber die Zumutung einer Zwangsfusionierung von Widersprüchlichkeiten zu einer geschlossenen
Identität an die Subjekte gerichtet. Diese
müssen ihre disparaten Anteile zu einem
Guß legieren. Die DDR produzierte einen
strukturellen Zwang zu Vereindeutigungen
auf der Subjektseite. Ambivalenzen sind viel
schwerer als in der BRD zu ertragen, weil
sie zu den eindeutigen Ordnungen der offiziellen Ideologie und Politik in Widerspruch
traten (vgl. Zech 1995, 101). Übrig bleiben
Phantasien regressiver Fluchten, z.B. in den
Dadaismus bzw. in exotische Fremde. In
der DDR-Gesellschaft herrschte die Unerbittlichkeit sozialistisch-kommunistischer
Großphantasien mit ihren egalisierenden
parteipolitischen Apparaten vor, welche
ihren Kampf um Abweichung, Standfestig-
keit, Eigentlichkeit und Textwahrheit führten. Ihre Instanzen arbeiteten mit bürgerlich-protestantischen Leittugenden wie
Treue, Aufrichtigkeit und Enthaltsamkeit
und produzierten damit den Schuld- und
Schamboden für individuelles Nichtgenügen. Zugleich boten sie als Quasi-Religion
die karthartische Befreiung aus dieser Not
durch Bindung an die ))gute Sache((, die
aber fatalerweise auch wiederum der Klebstoff ist, der ein schuldentlastetes ))Entkommen(( verhindert.
Schließlich zeitigen politische Handlungen
auch unterschiedliche Wirkungen in den jeweiligen öffentlichen Räumen. So können
politisch intendierte Handlungen im gesellschaftlichen Raum unbemerkt verpuffen,
nicht politisch intendierte Handlungen hingegen aufgrund politischer Aufladungen
auch politische Effekte hervorbringen. Die
ost- und westdeutschen Fallkonstruktionen
verweisen auf die generelle Tendenz, daß in
der DDR Nicht-Politisches sehr schnell politisch interpretiert wird und umgekehrt in
der BRD politisch intendierte und mit viel
Aufwand vollzogene Handlungen als unpolitisch qualifiziert werden und wirkungslos
bleiben. Im Osten kann dies zu einer subjektiven Überschätzung der Wirkungen eigenen Tuns führen, im Westen besteht für
die Subjekte der Preis in der Beliebigkeit
und der Einflußlosigkeit ihrer Praxen. Weiterhin lassen sich zwei unterschiedliche Politisierungsbewegungen feststellen: Im
Osten ging es häufig eher um die Frage,
wie der Politik zu entkommen ist, im Westen dagegen darum, wo und wie man sie
aufsuchen muß, wenn man sich beteiligen
wollte (vgl. Zech 1995, 97ff.).
Auffällig ist, daß Fremdpolitisierung im Westen oft als Entpolitisierung betrieben wird.
Ziel ist es, Politik den herrschenden Instanzen zu reservieren, außerparlamentarische
Räume politikfrei zu halten, die Ideologie
der unpolitischen Privatsphäre zu nähren.
Auch im Osten wird im Effekt Entpolitisierung produziert, aber weil die Fremdpolitisierung aller Lebensbereiche durch Partei-
und Staatsinstanzen zu aufdringlich ist und
Schutzbewegungen der Subjekte hervorbringt. Unbewußte Politisierung für herrschende lnteressen durch bewußte Entpolitisierung der Subjekte im Westen, unbeabsichtigte Entpolitisierung der Subjekte gegenüber den herrschenden lnteressen
durch Überpolitisierung im Osten, könnte
man also sagen (vgl. Ehses & Zech 1997,
182). Sowohl im Westen als auch im Osten
werden die Individuen immer wieder formiert, holt sie die Bürgerlichkeit im Antibürgerlichen, das Ideologische im Kritischen,
die Gefangenheit selbst in der Distanz wieder ein. Politisierung, als ideologische praktiziert, produziert in Ost und West eingebildete individuelle Handlungsfähigkeiten.
Textstrukturen und Erzählmodi
Betrachten wir schließlich die Text- und
Erzählstrukturen. Sie stehen mindestens in
einem dreifachen Verweisungszusammenhang zu den jeweiligen biographischen Mustern, zu den konkreten gesellschaftlichen
Kontexten und der aktualhistorischen Erzählsituation, in der die autobiographischen
Interviews erhoben wurden.
1. Erzählstrukturen als Spiegelung und Fortführung biographischer Selbstkonstruktionen bzw. Muster
Der ostdeutsche Dialektiker präsentiert seine Geschichte als reflektierte Metaerzählung; aus einer leitmotivisch eingeführten
widersprüchlichen Keimzelle (aus Vernunft,
Gerechtigkeit und Macht) wird die Genese
seines Musters als dialektische Selbstbewegung inszeniert. Szenen (im engeren
Sinne Erzählungen) werden nur als Belege
für die Selbstbegründung verwendet, gewissermaßen als ))Beweismaterial((für das
vorgestellte Muster. Als Autor gewinnt er
so auch im Erzählen die kluge und reflektierte Distanz zur eigenen Geschichte; diese
geschlossene Gestalt und übergreifende
Kohärenz ist der Erzähler sich, d.h. seinem
Muster, schuldig.
Auch die ostdeutsche Erzählerin baut ihre
Erzählung dramaturgisch wie ein griechi-
sches Schauspiel auf: mit einer Ouvertüre,
heiteren Akten, in denen jedoch das Verhängnis schon seinen Schatten vorauswirft,
dramatischer Zuspitzung, Erstarrung und
karthartischer Befreiung. Auch diese Erzählung ist - wie beim Ostprotagonisten - immer wieder durchsetzt von Reflexionen und
Begründungen.
Der flanierende männliche West-Erzähler
verzichtet hingegen auf jeglichen erzählerischen Gesamtentwurf. So, wie er von Raum
zu Raum, mal als Ethnologe, mal als gestaltender Akteur, spaziert, sind auch die Szenen und Episoden nur assoziativ und wenig
begründend miteinander verbunden. Die
Logik dieser Erzählung speist sich nicht aus
einem sinnstiftenden Topos, sondern aus
der zufälligen Chronologie der Ereignisse,
aus einer Geschichte von Kontingenzen, bei
denen sich ))einsaus dem nächstem ergab.
Dennoch verdeckt dies nur die latente Dramatik seiner Lebensgeschichte, die als undramatisch inszeniert wird.
Szenisch angereichert präsentiert sich auch
die Erzählung der westdeutschen Autorin,
wenngleich sie ihr Leitmotiv der Idealisierung/Entidealisierung am Beispiel des Vaters zu Beginn einführt. Ihre Konstruktion
wirkt abgeschlossen, und - gemäß des biographischen Musters - gründlich durchgearbeitet. Dennoch ist der Grundton heiter und
selbstironisch, ist der erzählten Schwere
und Anstrengung erzählerische Leichtigkeit
entgegenstellt. Die Figur von Idealisierung
und Entidealisierung korrespondiert so in
der Erzählhaltung mit dem Unernst dieser
selbstironischen Distanz zu ehemaligen
Idealen, Ansprüchen und Irrtümern.
Es wird deutlich: Die Erzähl- und Textkonstruktion schreibt im Sinne des ))Spiegelphänomens(c die Semantik der biographischen Muster im Erzählen immer auch fort;
die Erzähler tun im Erzählen auch das, was
sie beschreiben. Auch wenn sie ihr Muster
(wie vor allem die Ostdeutschen) im Erzählen schon kommentieren, durchbrechen
tun sie es nicht.
2. Erzählstrukturen als Spiegelung politischer Praxen und gesellschaftlicher Handlungsräume
Die erzählten Texte verweisen durch die
Subjektbewegungen hindurch auf unterschiedliche gesellschaftliche Semantiken in
der DDR und der BRD. Die ostdeutschen
Erzählungen koppeln an einem Gesamttopos, einer umhüllenden Metaerzählung
an und spinnen sich hier ein. In der BRD
fehlte dieser Überwurf; statt der großen
Metaerzählung können hier nur kleine Geschichten erzählt werden, die sich ohne verbindende Logik, ohne ein sinnstiftendes
Band aneinanderreihen. Hier äußert sich in
den Erzählungen ein Gegensatzpaar von
Transzendenz und Immanenz: Die Ost-Erzählungen leben aus der Erfüllung einer
transzendentalen Idee oder Mission; der
Preis für die sinnstiftende Vision ist eine defizitäre und uneigentliche Realität, die dieser imaginierten Welt nie standhalten kann.
Orientiert auf diesen Topos ist auch jede
noch so engagierte Leistung eines Individuums nicht gut genug. Die West-Erzählungen müssen ohne übergreifenden Sinn auskommen. Sie suchen sich immanente Bezugspunkte, verankern Ziele pragmatisch
ins Diesseits. Es geht dann vor allem um
bewegtes und weniger um erfülltes Leben.
In den Ost-Geschichten sind die Ziele zentral, die Art und Weise des Handelns verschwindet dahinter. Westbeschreibungen
haben eine Mittel-Präferenz, hier steht die
Qualität des Tuns im Vordergrund. (vgl.
Zech 1995, 96).
Während die Ost-Erzählungen sehr viel
Begründungsaufwand bei wenig Handlung
produzieren, also eher nlageorientiert(csind,
sind die West-Erzählungen eher nhandlungsorientiertcc (vgl. Kuhl 1983) und wenig
interessiert an begründenden Reflexionen.
Dies verweist auf unterschiedliche gesellschaftliche Sinnangebote, die auf der DDRSeite stärker hermeneutisch angelegt waren und mehr nach Motiven als nach realen
Effekten fragten und auf der BRD-Seite
stärker auf das praktische Tun und seine
Wirkungen ausgerichtet waren. Bei der
BRD-Gesellschaft ging es weniger um das
Entziffern eines geheimnisvollen ))Dahinter((, während die DDR-Gesellschaft eloquente Bedeutungshöfe um jegliches minimalistisches Tun legte. Insofern erscheint in
den Erzählungen die BRD-Gesellschaft als
die im Vergleich zum Arbeiterstaat eigentlich ))zupackendere((Gesellschaft; die DDRGesellschaft verlangte nkopflastigerec(
Selbstbegründungstheorien. Dieser gesellschaftlich nahegelegte ))Habitus(( schlägt
auch im Duktus der Erzählungen durch: In
den Ost-Konstruktionen ist dieser eher tragisch und wenig gebrochen, in denen des
Westens ist er ironisch; dort, wo es ernst
wird, wird die Ernsthaftigkeit verschämt
heruntergespielt.
Der bipolaren Drinnen-Draußen-Raumlogik
in der Erzählanlage der Ost-Interviews entsprechend werden auch soziale Integrationsleistungen als Einsatz der ganzen
Person, als nEntwederJoder-Anforderungen(c abgebildet. In den West-Biographien
ist eine Teilidentifizierung möglich, wenngleich dies den Anforderungen der dort
agierenden marxistischen Verbände widersprach. Deshalb tauchen in den WestErzählungen vergleichbare Identifikationsschwierigkeiten auf, wenn von dem eigenen Engagement in marxistischen Organisationen und deren Politikanlage bzw.
ldeologieangebot berichtet wird. Die OstBiographien entwerfen sich in der Kontinuität zum eigenen Elternhaus, das eigene
Muster wird genetisch begründet, man erbt
den väterlichen Pragmatismus und den
mütterlichen Gerechtigkeitssinn, bzw. es
wird aus der Familiengeschichte heraus
erklärt und einverständig weitergewebt. Die
westlichen Konstruktionen begründen sich
im Gegensatz dazu über den Bruch zum
Elternhaus bzw. dessen Traditionen, welcher dann Energien zur Eroberung gegenkultureller Räume und zu politisch rebellierenden Praxen freisetzte. Während die Er-
zählungen im Osten also den Motor zur Entfaltung der Persönlichkeitsstruktur in der
genealogischen Kontinuität verankern, speisen die West-Texte umgekehrt die Triebfeder für ihren (Selbst-)Entwurf aus der Diskontinuität. Im Westen korrespondiert diese Anordnung in den Subjektgeschichten
mit einer gesamtgesellschaftlichen Rebellion gegen die Elterngeneration der Kriegsund Nachkriegszeit durch die 68er-Generation. In der DDR hat es diesen gesellschaftlichen Generationenkampf in dieser
Weise nicht gegeben. Soziokulturelle Modernisierungs- und Emanzipationsprozesse
sind ruhiger und gesellschaftlich harmonischer verlaufen; sie mußten nicht gegen
das von der Elterngeneration besetzte
))Establishment((erstritten werden. So sind
die Texte nicht nur Fortschreibungen eines
biographischen Musters, sondern tragen
eben auch die Texturen gesellschaftlicher
Handlungs- und lnterpretationslogik in sich.
3. Erzählstruktur als Spiegelung von ErzählSituation und -kontext
Die autobiographischen Interviews wurden
Anfang der 90er Jahre erhoben, in einer Zeit,
als die ostdeutschen Protagonisten noch relativ unmittelbar von dem historischen
Bruch der Wende, von der Ambivalenz von
Befreiung und Entmündigung, von dem
Zwang nach Neuorientierung und -verOrtung
und vor allem vom Diskurs der Aufarbeitung
betroffen waren. Dies mag vor allem erklären, warum die ostdeutschen Texte weniger erzähl- als begründungs-, weniger beschreibungs- als argumentationsorientiert
sind. Der Versuch und die Not, sich selbst
verständlich zu werden und sich den anderen, vor allem den Westdeutschen, verständlich zu machen (vgl. Busse & Zech 1999),
Iäßt die Ost-Erzähler in ihren Texten anheben und eine Gesamtfigur ausholend über
die Gesamtgeschichte bis zum Ende hin
spannen. Offensichtlich sind sie um eine
))gute Gestalt(( und um Verständnis bemüht. Die Erzählungen drängen nach Abschluß, münden selbst in eine historische
zu Ende gehende Zeit und sind durch das
Wissen und das unmittelbare Erleben von
diesem Ende her konstruiert.
Die westdeutschen Erzählerinnen und Erzähler sind in einer vergleichsweise anderen historischen Erzählsituation; diese korrespondiert mit keinem übergreifenden historischen Kontinuitätsbruch. So sind sie
eher Kommentierungen zu einer vergangenen Gegenwart als zu einer gegenwärtigen
Vergangenheit. Sie präsentieren ihre spezifischen Themen und Muster wiederholend in
einer Abfolge szenischer Miniaturen; das
Alte erscheint hier immer wieder bis auf
weiteres in neuer Form. Dennoch tun auch
sie kund von der subjektiven Bedeutsamkeit politischer Veränderungen, von den
Erosionen eigener ideologischer Orientierungen, vom eigenen Leid an den politischen Verhältnissen und vom Selbstzweifel
um das richtige politische Handeln. Nur ist
dies im Unterschied zu den Ost-Geschichten der latente Nebentext, der kaum in offene Reflexion und Selbstbefragung mündet.
Die historische Erzählsituation ist eben eine
andere.
NUTZEN
FUR DIE GEGENWART
Ausgangspunkt unserer Kollektiven-Autobiographie-Forschung war das lnteresse an
einem historischen Vergleich von Politisierungsbedingungen und -Prozessen in der
alten BRD und der DDR. Deutsche Ost und
Deutsche West gesellschaftlich zwangsvereinigt wollten sich wechselseitig intersubjektiv über ihr Gewordensein verständigen.
Schon dieses lnteresse verweist auf mehr
als auf Vergangenheitsaufarbeitung. Es
zeigt die Notwendigkeit und das Bedürfnis,
die gesellschaftliche Vereinigung auch personal zu vollziehen, sich ihr nicht nur auszuliefern, sondern sich bewußt zu ihr zu verhalten. Dies ist nun aber beileibe kein Akt
ausschließlicher Interpersonalität, sondern
selbst wieder ein Prozeß gesellschaftlicher
Integration, denn über die Erforschung von
Subjektgeschichten trat Gesellschaftliches
hervor. Fragten wir doch danach, wie die
Individuen sich die Verhältnisse bauten und
sich darin einbauten als Anwältin der
Schutzlosen, als selbsternannter Beauftragter in historischer Mission, als Oppositioneller aus Prinzip, als Aufklärer der Mächtigen, als hilfloses Opfer, als Spaßguerilla, als
erlebnisorientierte Pendlerin, als umworbene Edelsympathisantin, als utilitaristischer
Pragmatiker oder als Jeanne d'Arc.
In diesen Mustern realisierten sich einerseits gesellschaftlich nahegelegte ideologische Angebote. Andererseits wiesen die
biographischen Muster auch über die nhistorischeu Ausgangsfrage hinaus. Zeigte
sich doch, daß die Verhältnisse wechseln
konnten, die Muster allerdings erhalten blieben. Die Reflexion über deren Licht- und
Schattenseiten, über deren Gewinn und deren Kosten sollte deshalb zugleich dazu
führen, die gegenwärtige Handlungsfähigkeit der Beteiligten zu erweitern, die Kosten
der je eigenen Muster zu minimieren bzw.
den Nutzen zu erhöhen. Denn Vergangenheit ist natürlich immer eine Form von Gegenwärtigkeit; sie ist nur als gegenwärtige,
autobiographisch konstruierte Vergangenheit zugänglich. Vergangenheitsbearbeitung
macht daher nur insofern Sinn, als sie auf
Gegenwartsbewältigung zielt. Der Impuls,
die Wirkung der Verhältnisse in den Subjekten aufzuklären, führte auch dazu, daß die
Subjekte sich über sich selbst aufklärten,
eben weil Gesellschaftsgeschichte und
Subjektgeschichte zwei Seiten einer Medaille sind und nicht zwei unterschiedliche
Dinge. Das eigentliche Ziel Kollektiver-Autobiographie-Forschung liegt deshalb auch
nicht darin zu entdecken, wie es wirklich
war, sondern zu erfinden, wie es sein könnte. Nur als Beitrag zur Gegenwart der nun
gemeinsamen deutschen Demokratie und
zur Erweiterung individueller Verfügung
über die subjektiv relevanten gesellschaftlichen Lebensbedingungen ist biographische
Vergangenheitsbefragungvon Nutzen.
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