Ko n r a d T h e i s s Ve r l a g D a r m s t a d t
N a c h r i c hte n a u s N i e d e r s a c h s e n s U rg e s c h i c hte 8 5 , 2 0 1 6 , 1 93 –2 0 0
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Der Burgstall „Burg“ im Steinhuder Meer –
Nachtrag
Timm Weski
Zusammenfassung Auf einer Karte des Steinhuder Meers, die Jean Philippe d’Etienne im Auftrag von Graf Wilhelm von Schaumburg-Lippe zeichnete, ist vor dem Nordufer eine kleine Insel mit einem Lusthaus verzeichnet.
Da auf dieser Karte die Inselfestung Wilhelmstein noch nicht eingetragen ist, fertigte d’Etienne den Plan 1761 im
Rahmen der Vorarbeiten zur Errichtung der künstlichen Insel an. Die Insel, die zum Aufschütten des Wilhelmsteins
abgetragen wurde, war ursprünglich Teil einer Landzunge, wurde aber durch Ufererosion im 18. Jahrhundert oder
vielleicht auch schon früher, zur Insel reduziert. Damit liefert sie einen Beweis für die beträchtliche Verschiebung
der Uferlinie durch die Einwirkung von Wellen und Eis. Gleichzeitig wird dadurch auch die These über die Entstehung der Untiefe „Burg“, einem ehemaligen Burgstall, vor Wunstorf-Steinhude, Region Hannover, unterstützt.
Schlüsselwörter Steinhuder Meer, 18. Jahrhundert, historische Karte, Ufererosion
The former Castle „Burg“ in the Steinhuder Meer – Supplement
Abstract On a map of the Steinhuder Meer, made by Jean Philippe d’Etienne, who was in the service of Count
Wilhelm of Schaumburg-Lippe, a small island with a summer house is marked. As the fortress Wilhelmstein is missing on this map, it was drawn by Etienne in 1761 when he was planning the construction of the artificial island. The
island, which was demolished to gain material for the building of the Wilhelmstein, had been part of a promontory,
but it was reduced to an island by shore erosion in the 18th century or even earlier. Thus it is a proof for the change
of the shore line by the action of waves and ice in a relatively short time. It also supports the assumption about the
origin of the shoal “Burg”, a former castle, off the village of Wunstorf-Steinhude, Region Hannover.
Keywords Steinhuder Meer, 18th century, historic map, shore erosion
Einleitung
Bei der Diskussion über die Ufererosion, die dazu
führte, dass der Burgstall „Burg“ heute etwa 200 m
vor dem Dorf Steinhude unter Wasser liegt, wurde auch auf vergleichbare Prozesse am Nordufer
verwiesen. Dabei liefert eine heute nicht mehr erhaltene Kiesinsel vor Mardorf das eindrücklichste
Beispiel (Heine / Weski 2014, 168). In einer nicht
näher datierten, aber jedenfalls vor 1688 entstandenen Urkunde heißt es: „… der Steinberg so an
dem mardorffischen Lande gelegen von dem Meer
abgewaschen und lege das wenige so von den Stein-
berg überblieben, iezo fast eines halben morgens
lang in dem meer“ (Ochwadt 1967, 50). Obwohl
die neuentstandene Insel direkt vor dem zum Kurfürstentum Hannover gehörenden Nordufer lag,
ließ Graf Wilhelm von Schaumburg-Lippe 1752 ein
kleines Lusthaus darauf errichten. Zuvor hatte sich
ein Entenfang darauf befunden. Ein Jahr später beschwerten sich die Mardorfer über diesen Bau, da
die Insel jetzt eingezäunt wäre und sie ihr Vieh dort
nicht mehr weiden lassen könnten (Ochwadt 1967,
84 – 86). Schon 1762 musste die Insel mit Kies auf-
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geschüttet werden, um Schäden, die durch Wasser
und Eis verursacht waren, zu beseitigen (Ochwadt
1967, 94). Im September 1764 berichtete der Kammerrat J. H. Lüchtemeyer, dass Bauern Steine aus
dem verfallenen Lusthaus gestohlen hätten: „Daß
Waagenspuhr ging zweymahl um die Insell herum.
Von der Insell ab habe dies Waagenspuhr bis vor
das Hannöversche Dorf Mardorp verfolget, alwo
der Steinwaage in den ordinären Weg, so ins Dorf
gehet, Weiter ins Dorf gefahren war“ (Ochwadt
1967, 91– 92). 1766 wurde die Insel vollständig abgetragen, um Material zum Aufschütten des Wilhelmsteins zu gewinnen (Ochwadt 1967, 84; 94). Da die
Bauern im 18. Jahrhundert ihr Vieh auf der Insel
weiden ließen und zum Steinraub ein Ochsenkarren die Insel erreichen konnte, muss sich zwischen
der Insel und dem Ufer fester Sandgrund befunden
haben. Offensichtlich war es für das uferweidegewöhnte Vieh kein Problem, durch das Wasser bis
zur Insel zu gelangen. Die Lage dieser Insel war
nicht mehr zu ermitteln, da sie zu einem Zeitpunkt
abgetragen wurde, bevor genaue Karten vom Steinhuder Meer angefertigt wurden.
Erst nach der Veröffentlichung über den
Burgstall „Burg“ wurde eine Karte bekannt, auf
der die Kiesinsel mit dem Lusthaus eingezeichnet
ist (Abb. 1) und die es ermöglicht, bessere Aussagen
über den Umfang der Ufererosion zu gewinnen1.
Diese undatierte und unsignierte Karte soll laut
Findbuch des Niedersächsischen Landesarchivs,
Standort Bückeburg, 1769 bzw. vor 1770 von Jean
Philippe d’Etienne gezeichnet worden sein. Die Autorenschaft Etiennes trifft mit großer Wahrscheinlichkeit zu, wie der Vergleich der Handschrift auf
anderen Karten von ihm zeigt, die sich deutlich von
der Praetoris‘ unterscheidet 2. Die beiden Offiziere
waren zum damaligen Zeitpunkt die einzigen in
schaumburg-lippischen Diensten, die über die notwendigen kartographischen Kenntnisse verfügten3.
1 Den Hinweis auf diese Karte und auf die Manöverkarte
von 1771 verdanke ich Inge Bührmann (Hagenburg), die sie
im Zuge ihrer Recherchen zum Bau des Wilhelmsteins im Niedersächsischen Landesarchiv – Standort Bückeburg entdeckt
hatte.
2 Freundl. Mitt. Dr. Stefan Brüdermann (NLA, Standort Bückeburg; E-Mail 24. März 2016).
3 Freundl. Mitt. Inge Bührmann (Hagenburg; E-Mail 23. März
2016).
Der Burgstall „Burg“ im Steinhuder Meer – Nachtrag
Jean Philippe d’Etienne und die Karte
vom Steinhuder Meer
Jean Philippe d’Etienne (1725 –1798) trat mit 17 Jahren in die französische Armee ein und hatte im Siebenjährigen Krieg den Dienstgrad eines Leutnants
erreicht. Nach einer Verwundung am 25. Juli 1757
traf er in Braunschweig Graf Wilhelm von Schaumburg-Lippe, der ihm anbot, in seine Streitkräfte
überzutreten (Bonorden 1992, 2). Bei dieser Aufforderung muss man bedenken, dass Graf Wilhelm
als kurhannoverscher Generalfeldzeugmeister und
Kommandeur der gesamten Artillerie des preußischen, braunschweigischen, hannoverschen / britischem Heeres diente (Ochwadt 1967, 473), das sich
zu der Zeit mit Frankreich, Österreich und Russland
im Krieg befand. Die weitere Überlieferung ist in der
Literatur widersprüchlich (Bührmann / Sommer
2008, 107). Jedenfalls soll d’Etienne noch bis zum
16. März 1761 dem französischen Heer angehört haben (Bührmann / Sommer 2008, 105). Das Patent
als schaumburg-lippischer Ingenieur-Leutnant datiert auf den 1. April 1761 (Bonorden 1992, 2). Am
11. November des gleichen Jahres erhielt er die Order, im Steinhuder Meer eine künstliche Insel mit
einer Festung, den Wilhelmstein bzw. die Wilhelms
Inseln, zu bauen (Bührmann / Sommer 2008, 105).
d’Etienne folgte Ende Mai 1762 Graf Wilhelm nach
Portugal, wo er das portugiesische Heer reorganisierte und maßgeblich am Bau des „Fort(e) de (la) Lippe“
(Nossa Senhora da Graça) bei Elvas, gegenüber der
spanischen Festung Badajoz beteiligt war (Ochwadt
1967, 144; Bonorden 1992, 6; Bührmann / Sommer
2008, 105; Steinwascher 2008, 279). Nach seiner Rückkehr nach Bückeburg erhielt er 1764 den
Auftrag, die Arbeiten am Wilhemstein, dessen Aufschüttung seit 1761 bereits im Gang war, abzuschließen (Bonorden 1992, 6).
Es ist fraglich, ob die Karte vom Steinhuder
Meer tatsächlich erst 1769 gezeichnet wurde, denn
auf ihr fehlt der bereits 1767 fertig gestellte Wilhelmstein. Stattdessen ist aber die 1766 abgetragene Kiesinsel mit dem Sommerhaus verzeichnet. Die Karte
weist einige Fehler und Auslassungen auf, auch ist
sie nicht genordet. Vergleicht man den Verlauf des
Nord- und Südufers mit der genordeten Karte von
1770 (Praetorius 1770), so ergibt sich, dass die Karte etwa 25° gegen den Uhrzeigersinn gedreht werden
muss, damit sie nach den Himmelsrichtungen ausgerichtet ist. Allerdings zeigt auch die Praetorius-Karte trotz vieler Details in einigen Punkten Ungenau-
Timm We ski
Abb. 1 Steinhuder Meer. Die Kiesinsel mit dem Lusthaus befindet sich vor dem Nordufer, südlich von Mardorf (Karte: d’EtiEnnE o. J.).
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Abb. 2 Steinhuder Meer. Peillinien von der Kiesinsel zu den
Kirchen von Mardorf, Rehburg und Steinhude sowie zum Schloss
Hagenburg (Karte: d’EtiEnnE o. J.).
igkeiten. So soll es sich bei den schwachen Strichen,
die meist rechtwinklig zum Nordufer verlaufen, um
Reusenreihen handeln (Ochwadt 1967, 389). Diese
Linien sind aber nur dort eingezeichnet und fehlen
im restlichen Uferbereich, obwohl sich auch dort
Fanganlagen befunden haben, wie aus der Karte
der Fischerpachtbezirke hervorgeht (Diersche /
Rohrssen 1993, 51). Auf der Karte sind keine
Schilffelder eingetragen, so dass Ochwadt auf weitgehend schilffreie Ufer schloss (Ochwadt 1967, 363).
Auf einer nur zwei Jahre älteren Karte (Praetorius
1768) sind aber ausgedehnte Schilffelder vor Steinhude und Großenheidorn zu sehen (Heine / Weski
2014, 147 Abb. 3).
Auf der Etienne-Karte (Abb. 1) sind verschiedene Kirchtürme und Windmühlen gezeichnet worden, die vermutlich als Peilmarken zur Positionsbestimmung auf dem See dienten. Diese Landmarken
sind auch auf der Panoramaansicht des südlichen
und westlichen Seeufers eingetragen, die von Kleinheidorn bis nach Rehburg reicht und zur Manöverkarte aus dem Jahr 1771 gehört. Jedoch stimmt auf
der Etienne-Karte weder die Entfernung der Kirche
von Bergkirchen zu den beiden nordwestlich gelegenen Mühlen noch deren Verhältnis zueinander mit
der Karte von 1770 oder der Panoramaansicht von
1771 überein (Praetorius 1770; 1771). Von der Einmündung des Hagenburger Kanals in das Steinhu-
Der Burgstall „Burg“ im Steinhuder Meer – Nachtrag
der Meer peilt Schloss Hagenburg etwa in 175°. Auf
der Etienne-Karte beträgt, unter Berücksichtigung
der Orientierung der Karte, diese Richtung eher
210°. Zusätzlich ist der Verlauf des Kanals sehr viel
geschwungener dargestellt, als er auf der Praetorius-Karte von 1770 verläuft. Auch endet der Kanal
nicht unmittelbar vor dem heutigen Schloss Hagenburg, sondern deutlich westlich davon. Über den
Zeitpunkt des Baus des heutigen Hagenburger Kanals werden in der Literatur keine Daten genannt.
Meist wird vermutet, das Kanalbett wäre im Zusammenhang mit der Errichtung der Inselfestung angelegt worden (Witte / Witte 2009, 67). Es existierte
aber schon vorher ein Graben zwischen Hagenburg
und dem Meer, der von den Steinhuder Fischern im
Rahmen ihrer Dienstpflicht gereinigt werden musste (Ochwadt 1967, 64). Die Lage dieses Grabens
ist nicht überliefert. Möglicherweise war er schiffbar, denn 1750 wird von einem „überaus artigen
Lust-Schiff“ berichtet, mit dem Graf Wilhelm das
Steinhuder Meer befuhr (Ernsting 1750, 53). Zusätzlich hat Graf Wilhelm erstmals 1757(?) Überlegungen über eine Festung im Steinhuder angestellt
(Ochwadt 1967, 88; 1977, 463). Deshalb ist es möglich, dass der Hagenburger Kanal als erster Schritt
dazu schon vor 1761 ausgehoben wurde. Weiterhin
fehlt auf der Etienne-Karte der Ort Winzlar, und
die Kirche von Rehburg ist auf dem linken Ufer
des Meerbaches eingetragen, obwohl die Anlage
auf dem rechten liegt. Auch verläuft der Meerbach
nicht mehr oder weniger gradlinig mit Meandern
zwischen seinem Beginn am See bis nach Rehburg,
sondern macht etwa auf der Hälfte einen deutlichen
Knick.
Auf der Etienne-Karte sind, mit Ausnahme des
nördlichen, an das Kurfürstentum Hannover grenzenden Teil des Sees, an verschiedenen Stellen Zahlen, vermutlich Tiefenangaben, angegeben, die auf
anderen, fast zeitgleichen Karten fehlen (d’Etienne
o. J. b; 1766). Allerdings sind weder die Höhe des
Wasserstands zur Zeit der Messung, noch die verwendete Maßeinheit – Schaumburgischer Fuß à
0,29 m, Calenbergischer Fuß à 0,291 m oder Pariser
Fuß à 0,325 m (Ochwadt 1967, 400) – bekannt, so
dass die Angaben nur bedingt mit modernen Karten
verglichen werden können (Hübotter / Ochwadt
1967; Freizeitkarte 1979)4. Die Zahlenreihe in der
4 Die derzeit im Handel erhältliche „Meerkarte – Steinhuder
Meer“ ist für wissenschaftliche Fragen nicht geeignet, da die
Tiefenzone von 0,5–1,00 m mit dem Raster für die maximale
Wassertiefe dargestellt ist.
Timm We ski
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Abb. 3 Steinhuder Meer. Ausschnitt aus der Karte von 1770. Der Fleck vor dem Nordufer markiert wohl die ehemalige Kiesinsel (Karte:
ochwadt 1967, Beil.).
Mitte deckt sich nur teilweise mit einem Streifen tieferen Wassers, den sogenannten „Deipen“, in dem
Tiefen von bis zu 2,75 m erreicht werden können,
während sonst der See durchschnittlich 1,5 m tief
ist. Ungewöhnlich ist aber, dass am Südwestufer,
vor dem Hagenburger Kanal, Werte von 9 –12 Fuß
vorhanden sein sollen. In diesem Bereich lagert sich
die Treibmudde ab, so dass heute dort die Tiefe bei
etwa 1 m liegt. Vom Südwestufer liegen keine modernen Beobachtungen vor.5 Eine Bohrung westlich des Wilhelmsteins ergab Sandboden in 2,10 m
Tiefe, über dem sich eine 1 m starke Muddeablagerung befand (LBEG 1976, GE 118). Ähnliche Werte
ergab eine Bohrsäule nordwestlich von Steinhude
(LBEG 1976, GE 38). Es wurde im 18. Jahrhundert
also möglicherweise nicht die Wassertiefe, sondern
die Tiefe des anstehenden, tragfähigen Sandgrundes gemessen, der für die Gründung des Wilhelmsteins von größter Bedeutung ist. So ist nicht auszuschließen, dass die Karte für die Planung des
Wilhelmsteins gezeichnet wurde. Da Graf Wilhelm
die Order zum Bau der Festung im November 1761
gab, musste schon vorher die Lage der geplanten
Festung bestimmt worden sein. Daher ist die Karte
wahrscheinlich zwischen dem Eintritt Etiennes in
das schaumburg-lippische Heer und der Anordnung
zum Bau des Wilhelmsteins entstanden.
5 Die farbige Karte mit Wasser und Schlammtiefen von 1847
(NLA BU, S 1, B 10255) ist aus konservatorischen Gründen zur
Zeit nicht zugänglich. Die s.-w. Reproduktion reicht für eine
detaillierte Beurteilung leider nicht aus.
Rekonstruktion der Lage der Kiesinsel
Die Position der Kiesinsel lässt sich wegen der genannten Fehler nur bedingt bestimmen. Hinzu kommen noch die anderen bei alten Karten üblichen
Faktoren wie Papierschrumpfung oder Schwierigkeiten Längenmaße genau zu nehmen. Aber die
Kirchtürme und Windmühlen bieten die Möglichkeit, die Lage der Kiesinsel von der Etienne-Karte
auf andere zu übertragen. Allerdings ergeben sich
aus der Größe der Zeichnungen der Peilmarken
Unterschiede bei den Winkelmessungen. Daher
können die Winkel immer nur als Näherungswerte
verstanden werden. Von der Kiesinsel aus beträgt
der Winkel zwischen der Kirche von Mardorf und
der von Rehburg etwa 70°. Der gleiche Winkel ergibt sich zwischen der Kirche von Rehburg und der
von Bergkirchen. Von letzterer und dem Schloss
Hagenburg liegt ein Wert von 25° vor. Zwischen
diesem Gebäude und der Kirche von Steinhude
sind 40° zu messen (Abb. 2). Überträgt man diese
Winkel auf die Praetorius-Karte von 1770, so befindet sich in der Nähe ein runder Fleck, Bei diesem könnte es sich allerdings auch um eine Verschmutzung handeln (Abb. 3), da die Insel nur auf
den Aufnahmen zur Karte genannt wird (Ochwadt
1967, 51). Wiederholt man die Winkelmessungen
von diesem Fleck zu den gleichen Landmarken, so
ergeben sich relativ ähnliche Werte (65°, 65°, 35°
und 40°; Abb. 4). Daher kann davon ausgegangen
werden, dass der Fleck tatsächlich die Position der
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Der Burgstall „Burg“ im Steinhuder Meer – Nachtrag
Abb. 4 Steinhuder Meer.
Peillinien von der vermuteten Lage der ehemaligen
Kiesinsel zu den Kirchen von
Mardorf, Rehburg und Steinhude sowie zum Schloss
Hagenburg (Karte: ochwadt
1967, Beil.).
ehemaligen Kiesinsel angeben soll. Damit bestätigt
sich die an anderer Stelle gemachte Vermutung von
Ochwadt, dass die ehemalige Kiesinsel doch auf der
Karte von 1770 eingetragen sei (Ochwadt 1967,
389). Auch die Kompasspeilung von 330° von der
Kiesinsel zur Kirche von Mardorf, die auf beiden
Karten gleich ist, unterstützt diese These. Auf der
Karte mit der letzten Vermessung der Wassertiefen
des Steinhuder Meeres springt in diesem Bereich
die 1 m Tiefenline vor (Freizeitkarte 1979), während
sich nordöstlich davon eine Zone tieferen Wassers
befindet. Daher kann die ehemalige Kiesinsel dort
vermutet werden. Der Abstand der Lotlinien, auf
denen diese Karte beruht, betrug 100 bis 150 m
und die Tiefenlinien gehen auf Interpolationen zwischen diesen Messungen zurück (Heine / Weski
2014, 155). Deshalb zeichnen sich, genauso wie der
Burgstall „Burg“ vor Steinhude (Heine / Weski
2014, 172 Abb. 28), kleinere Abweichungen nicht ab.
Da in diesem Teil des Sees seit vielen Jahren das Befahren des Uferbereich aus Naturschutzgründen untersagt ist, liegen auch keine Berichte von Seglern
über einen Flachwasserbereich vor. Deshalb muss
offen bleiben, ob die ehemalige Insel noch als Untie-
fe vorhanden ist, oder ob sie bei der Materialentnahme – vielleicht mit Bohrspaten für das Graben unter
Wasser (Ochwadt, o. J., 13) – soweit wie möglich
abgegraben bzw. zusätzlich durch Strömungen und
Eisgang vollständig abgetragen wurde.
Schluss
Die Insel, vermutlich ein ehemaliger Moränenhügel, findet ihre Fortsetzung am Nordufer im „Steinberg“ (vgl. Abb. 3). Allerdings kann es sich beim
„Steinberg“ nur um eine schwache Erhebung gehandelt haben, die heute im Gelände nicht mehr als
markante Landmarke auszumachen ist. Die Kiesinsel liegt an einer Stelle im See, an der die westliche Verlandungszone der Meerbachniederung in
das sandige Nordufer übergeht. Obwohl auch das
Nordufer der Erosion ausgesetzt ist (Heine / Weski
2014, 168), könnte sich zwischen der Insel und dem
Festland Niedermoor befunden haben, dass sehr viel
leichter durch die Einwirkungen von Wellen und
Eis zerstört werden kann. Der Abstand von etwa
100 m zum heutigen Ufer ist zwar nur etwa halb so
199
Timm We ski
Praetorius 1771
J. C. Praetorius, Plan vorstellend den südlichen Horizont der Vestung, worauf die Marschroute des supponierten feindlichen Convoj verzeichnet ist. Niedersächsisches Landesarchiv, Standort Bückeburg, F 1 XXXVA
18 Nr. 197.
LITERATURVERZEICHNIS
Bonorden 1992
W. Bonorden, Graf Wilhelm zu Schaumburg-Lippe
(1724 –1777) und sein erster Festungskommandant auf
dem Wilhelmstein im Steinhuder Meer, der Major Jean
de Etienne (1725–1798). Familiengeschichte in Norddeutschland 41, 1992, 2 – 21.
Bührmann / Sommer 2008
I. Bührmann / R. Sommer, Etienne, Jean Philip d‘. In:
Abb. 5 Steinhuder Meer. Ungefähre Position der ehemaligen
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Diersche / Rohrssen 1993
R. Diersche / J. Rohrssen, Steinhude am Meer und ein
bißchen Umgebung. Historie und Histörchen in Wort
groß wie der der „Burg“ vor Steinhude, jedoch zeigt
er deutlich, dass Ufererosion selbst an einer Seite,
die nicht den Hauptwindrichtungen ausgesetzt ist,
in großem Umfang möglich ist und auch in relativ
kurzer Zeit erfolgen kann.
und Bild. Teil 2 der Sammlung (Steinhude 1993).
Ernsting 1750
A. C. Ernsting, Beschreibung derer natürlichen Merkwürdigkeiten, so in der Grafschaft Schaumburg anzutreffen. In: C. Ochwadt, Vom „Dreyfachen Reich der
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QUELLENVERZEICHNIS
Heine / Weski 2014
H.-W. Heine (†) / T. Weski, Der Burgstall „Burg“ im
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J.-P. d’Etienne, Plan du Lac de Steinhude avec un peu
Steinhuder Meer. Forschungsgeschichte, Quellenlage
du paysage des Environs. Niedersächsisches Landesar-
und geophysikalische Untersuchungen. Nachr. Nieder-
chiv, Standort Bückeburg, S 1 B 10254.
sachs. Urgesch. 83, 2014, 143 – 184.
Hübotter / Ochwadt 1967
Freizeitkarte 1979
Freizeitkarte Steinhuder Meer, Maßstab 1 : 10 000. Hrsg.
P. Hübotter / C. Ochwadt, Das Steinhuder Meer. Karte
v. Landkreis Hannover u. Niedersächsisches Landesver-
der Flur- und Fischernamen (Hannover 1967).
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Ochwadt 1967
C. Ochwadt (Hrsg.), Das Steinhuder Meer. Eine Samm-
Praetorius 1768
Niedersächsisches
Landesarchiv,
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Praetorius 1770
lung von Nachrichten und Beschreibungen bis 1900
(Hannover 1967).
Ochwadt 1977
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J. C. Praetorius, Das Steinhuder Meer mit denen umlie-
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genden Gegenden zur Kenntnis der wahren Lage der Ves-
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tung die Wilhelms Insuln. Zitiert nach: Ochwadt 1967, Beil.
200
Steinwascher 2008
G. Steinwascher, Schaumburg-Lippe, Wilhelm Friedrich Ernst, Graf zu. In: H. Höning (Hrsg.), Schaumburger Profile. Ein historisch-biographisches Handbuch 1.
Schaumburger Studien 66 (Bielefeld 2008) 276 – 280.
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A. Witte / H. J. Witte, Die Insel „Festung Wilhelmstein“. In: Schaumburg-Lippischer Heimatverein e.V.,
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Der Burgstall „Burg“ im Steinhuder Meer – Nachtrag