3
Umwandlung von Wärme in Arbeit
Die Umwandlung von Wärme in Arbeit wird mit Hilfe von Kreisprozessen
durchgeführt.1 Dabei wird einem Arbeitsmittel, etwa einem Dampf oder einem
Gas, das sich in einer Maschine befindet, Hochtemperaturwärme zugeführt.
Das Arbeitsmittel leistet in der Maschine mechanische Arbeit, die als Nutzarbeit entnommen werden kann, und gibt schließlich Niedertemperaturwärme
ab. Ein Kreisprozess ist dadurch gekennzeichnet, dass der Endzustand des Arbeitsmittels nach einer Reihe von Zustandsänderungen wieder mit dem Anfangszustand identisch ist.
Unter den Kreisprozessen spielt der 1824 von Carnot2 eingeführte Prozess
eine besondere Rolle. Bei diesem Prozess erfährt das Arbeitsmittel – es soll
sich um ein Kilogramm eines idealen Gases handeln, das mit einem Kolben in
einem Zylinder eingeschlossen ist – folgende Zustandsänderungen:
a) 1–2: Isotherme Expansion unter Zufuhr der Wärme q12 = qzu und Abgabe
der Arbeit w12
b) 2–3: Isentrope Expansion3 unter Abgabe der Arbeit w23
c) 3–4: Isotherme Kompression unter Abfuhr der Wärme q34 = qab und unter
Zufuhr der Arbeit w34
d) 4–1: Isentrope Kompression unter Zufuhr der Arbeit w41
Der Prozess ist in Abb. (3.1) im p,v- und T,s-Diagramm dargestellt. Dabei
wird vorausgesetzt, dass der Zustand des Arbeitsmittels jeweils durch ein Variablenpaar, z.B. p–v, T –s oder h–s, eindeutig festgelegt ist. Hier bezeichnen
p den Druck, T die Temperatur, v das spezifische Volumen, h die spezifische
Enthalpie und s die spezifische Entropie des Arbeitsmittels.
Für die Beschreibung eines Kreisprozesses ist eine Beziehung erforderlich, welche den Druck p mit der Temperatur T und dem spezifischen Volumen v des
Arbeitmittels verknüpft, die als Zustandsgleichung bezeichnet wird. Für ein
ideales Gas lautet die Zustandsgleichung:
1
2
3
In diesem Kapitel werden lediglich die Grundzüge des Dampfkraftprozesses und
des Gasturbinenprozesses behandelt. Für eine ausführlichere Darstellung sei auf
[1] und [2] verwiesen.
N. L. S. Carnot (1796–1832).
Isentrop heißen Zustandsänderungen bei konstanter Entropie.
© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016
K. Strauss, Kraftwerkstechnik, VDI-Buch,
DOI 10.1007/978-3-662-53030-6_3
70
p
3 Umwandlung von Wärme in Arbeit
T
✻
1
Tmax
q12
☛
2
1
wN
✕
2
q12
Tmax
4
✻
✎
q34
3
Tmin
Tmin
✲
v
pV = nRT
4
q34
3
✲
s
Abbildung 3.1.
Carnot-Prozess für
ein ideales Gas im
p,v- und T,s-Diagramm.
(3.1)
n ist die Molzahl des Gases im Volumen V , T die Temperatur in Kelvin und
R die universelle Gaskonstante. Mit M , der Molmasse des Gases, kann (3.1)
umgeformt werden zu:
p
pv = RT oder = RT .
(3.2)
ρ
Hierin ist v = V /(nM ) das spezifische Volumen pro Masseneinheit, ρ = 1/v
die Dichte und R = R/M die spezielle Gaskonstante des Arbeitsmittels.
In den Zustandsdiagrammen der Abbildungen 3.1 und 3.3 erscheint der
Kreisprozess als ein geschlossener Linienzug. Bei den Kraftmaschinen, die
thermische Energie in mechanische Energie umwandeln, wird der Kreisprozess in beiden Diagrammen im Uhrzeigersinn durchlaufen; dem Prozess kann
die Arbeit w entnommen werden. Der Betrag dieser Arbeit erscheint im p,vDiagramm als Fläche. Es gilt:
I
w = p dv .
(3.3)
Entsprechend erscheint dem Prozess zugeführte und von ihm abgegebene
Wärme als Fläche im T,s-Diagramm, nach der Definition der Entropie gilt
dq = T ds. Daraus folgt für die Summe der zu- und abgeführten Wärmemengen:
I
I
qges = dq = T ds .
(3.4)
Für die Anwendung des 1. Hauptsatzes der Thermodynamik auf den Kreisprozess vereinbaren wir, dass die dem Prozess zugeführte Energie positiv und die
dem Prozess entzogene negativ gezählt wird. Mit dieser Vereinbarung kann
das Kreisintegral (3.4) in zu- und abgeführte Wärmen zerlegt werden:
I
dq = qzu − qab = Tmax s2 − s1 − Tmin s3 − s4 .
(3.5)
Der 1. Hauptsatz sagt, dass die einem System zugeführte Energie der Änderung seiner gespeicherten Energie, d.h. seiner inneren Energie u, entspricht.
3 Umwandlung von Wärme in Arbeit
71
Da bei einem Kreisprozess Anfangs- und Endzustand identisch sind, ändert
sich die innere Energie nicht, es gilt
I
I
I
du = dq − dw = 0 .
(3.6)
H
H
Hierbei ist dq die dem Prozess zugeführte Wärme und dw die vom Prozess
geleistete Arbeit. Die Gleichung gilt für alle Integrationswege, daher gilt für
die Integranden:
du = dq − dw = dq − pdv.
(3.7)
Die innere Energie u ist eine Zustandsvariable des Arbeitsmittels, sie ist bei
einem idealen Gas nur von der Temperatur abhängig und ändert sich proportional zur Temperatur:
du = cv dT.
(3.8)
Der Proportionalitätsfaktor cv heißt spezifische Wärme bei konstantem Volumen, cv ist für ideale Gase konstant. Neben der inneren Energie wird noch die
Enthalpie h als Zustandsvariable verwendet, die sich additiv aus der inneren
Energie u und der Volumenarbeit pv zusammensetzt:
h = u + pv .
(3.9)
Für die differentielle Änderung von h gilt:
dh = du + pdv + vdp = dq + vdp .
(3.10)
Bei konstantem Druck nimmt die Enthalpie nach (3.10) proportional zur Temperatur des Arbeitsmittels zu:
dh = cp dT .
(3.11)
cp heißt spezifische Wärme bei konstantem Druck, cp ist für ideale Gase konstant. Aus (3.6) folgt mit (3.4) und (3.5) für die dem Prozess entnehmbare
Nutzarbeit
I
I
wN = dw = dq = qzu − qab .
(3.12)
Die Nutzarbeit des Prozesses ist damit gleich der Differenz zwischen der zuund abgeführten Wärme. Für die Umwandlung der Hochtemperaturwärme in
nutzbare Arbeit kann ein thermischer Wirkungsgrad ηth definiert werden:4
ηth Carnot = ηC =
wN
q − qab
T
− Tmin
T
= zu
= max
= 1 − min .
qzu
qzu
Tmax
Tmax
(3.13)
Nach dieser Definition verstehen wir unter einem Wirkungsgrad das Verhältnis
aus der einem Prozess entnehmbaren Nutzarbeit und der zur Durchführung
des Prozesses aufgewendeten Energie. Wirkungsgrade dienen zur Bewertung
4
Bei linksläufigen Prozessen (Kältemaschinen) wird zur Bewertung der Gütegrad ε,
das Verhältnis der nutzbaren Wärme zur aufgewandten Arbeit, verwendet.
72
3 Umwandlung von Wärme in Arbeit
stationärer Prozesse und werden für den Vergleich von Alternativen herangezogen.
Der Carnot-Prozess zeigt, dass zur Gewinnung von mechanischer Arbeit
aus Wärme mit einem Kreisprozess dem Prozess Wärme auf einem hohen
Temperaturniveau zugeführt und auf einem tieferen
entzogen werden muss.
H
Bei einem reversiblen Carnot-Prozess ist wegen ds = 0:
I
I
q
q
q
q
dq
ds =
= 12 + 34 = zu − ab = 0.
(3.14)
T
T1
T4
Tmax
Tmin
Daraus ergibt sich:
qab =
Tmin
q .
Tmax zu
(3.15)
Aus (3.13) und (3.15) folgt, dass Wärme nicht vollständig in Arbeit umgewandelt werden kann. Eine vollständige Umwandlung wäre nur für Tmin /Tmax = 0,
d.h. Tmin = 0 K gegeben. Nach dem 3. Hauptsatz der Thermodynamik kann
eine Temperatur von 0 K aber nicht erreicht werden. Bei realen Prozessen ist
Tmin in aller Regel durch die Umgebungstemperatur TU vorgegeben.
Der Carnot-Prozess ist das Beispiel eines Idealprozesses. Alle Zustandsänderungen wurden so durchgeführt, dass sie sich durch die im Prinzip möglichen
inversen Zustandsänderungen vollständig rückgängig machen lassen. Derartige
Prozesse werden reversibel oder umkehrbar genannt. Der Carnot-Prozess stellt
als reversibler Prozess mit infinitesimal kleinen Gleichgewichtsstörungen einen
Grenzfall dar, der bei wirklichen Prozessen nur angenähert werden kann.
Ein Prozess verläuft irreversibel, wenn bei irgendeinem Teilprozess Arbeit
in Wärme umgesetzt wird, oder bei einem Teilvorgang Wärme ohne Arbeitsleistung von einem höheren auf ein tieferes Temperaturniveau fließt. Solche
Effekte sind bei wirklichen Kreisprozessen nicht zu vermeiden, die deshalb
immer mehr oder weniger irreversibel verlaufen. Der Nutzeffekt eines irreversibel zwischen zwei Temperaturen arbeitenden Prozesses ist geringer als der
des reversiblen Carnot-Prozesses, für seinen thermischen Wirkungsgrad gilt
ηth < ηC .
(3.16)
Eine Wärmemenge Q von einer höheren Temperatur als die Umgebungstemperatur TU kann nach (3.13) höchstens zu einem Teil ηC Q in nutzbare Arbeit umgewandelt werden. Diesen umwandelbaren Anteil bezeichnet man als
Exergie. Die Wärmemenge Q kann man sich aus der Exergie EEx und der
Anergie EAn zusammengesetzt denken. Die Anergie ist der nicht in Arbeit
umwandelbare Teil von Q und es gilt
Q = EEx + EAn .
Im theoretischen Grenzfall Tmin = TU folgt
!
TU
EEx = ηC Q = 1 −
Q
Tmax
(3.17)
(3.18)
3.1 Der Dampfkraftprozess
73
und
EAn =
TU
Q.
Tmax
(3.19)
Hier gibt Tmax das Temperaturniveau der Wärme Q an.
Die vorstehenden Überlegungen haben gezeigt, dass Wärme neben einer
Quantität auch eine Qualität (Wertigkeit) besitzt. Die Beurteilung der Qualität erfolgt hier unter dem Gesichtspunkt der Umwandelbarkeit in mechanische Energie. Die Bewertung kann entweder mit Hilfe der Zustandsgröße
Entropie oder mit dem durch (3.18) definierten Begriff Exergie vorgenommen werden. Es bleibt anzumerken, dass für die Exergie kein Erhaltungssatz
gilt. Es ist vielmehr so, dass durch die oben erwähnten Irreversibilitäten Arbeitsfähigkeit – d.h. Exergie – verloren geht. Man spricht dann von einem
Exergieverlust oder weniger genau von einem Energieverlust.
Bei der technischen Umsetzung der Energiewandlung mit Kreisprozessen
werden wir zwischen Prozessen unterscheiden, die mit einem bei allen Zustandsänderungen homogenen Medium und solchen, die mit einem heterogenen Medium arbeiten. In der technischen Anwendung sind dies:
• der Gasturbinen-Prozess und
• der Dampfkraft-Prozess.
3.1 Der Dampfkraftprozess
3.1.1 Der ideale Clausius-Rankine-Prozess
Beim Dampfkraftprozess wird mit einer physikalisch heterogenen Substanz
gearbeitet. Als Arbeitsmittel wird fast ausschließlich Wasser verwendet. Die
Phasenumwandlung flüssig/gasförmig wird im Dampferzeuger und die Umwandlung gasförmig/flüssig im Kondensator vorgenommen. In Abb. 3.2 sind
die notwendigen Elemente eines Dampfkraftprozesses dargestellt. Als Vergleichsprozess wird der in Abb. 3.3 im T,s-Diagramm dargestellte ClausiusRankine-Prozess5 verwendet, der aus je zwei Isobaren und Isentropen zusammengesetzt ist.
Das T,s-Diagramm ist ein wichtiges Hilfsmittel für die Berechnung von
Kreisprozessen,
H da sich reversibel ausgetauschte Wärmemengen gemäß der Beziehung q = T ds als Flächen darstellen lassen. Im Teilbild a) von Abb. 3.3
ist qualitativ ein T,s-Diagramm für Wasser dargestellt. Wir bezeichnen die
Zustände auf der Siedelinie mit ′ und auf der Taulinie mit ′′ . In Abb. 3.3
ist eine Isobare 1–4 eingezeichnet. Um die Flüssigkeit
R 2von 1 ausgehend zum
Sieden zu bringen, ist pro Masseneinheit die Wärme 1 cp dT zuzuführen. Im
Zustand 2 beginnt die Flüssigkeit zu sieden. Bei gleichbleibender Temperatur
5
Nach R. J .E. Clausius (1822–1888) und W. J. M. Rankine (1820–1872).
74
3 Umwandlung von Wärme in Arbeit
Überhitzer
Dampferzeuger
Turbine
Speisepumpe
Kondensator
Abbildung 3.2. Notwendige Komponenten einer
Dampfkraftanlage
geht mehr und mehr Flüssigkeit in die Dampfphase über. Dazu ist die Verdampfungsenthalpie ∆hV = T (s′′ − s′ ) = h′′ − h′ erforderlich. Aus dem T,sDiagramm geht hervor, dass zur Beschreibung eines Zustandes im Nassdampfgebiet außer Druck und Temperatur noch eine weitere Größe notwendig ist.
Es ist üblich, hierfür den Dampfgehalt x als Zustandsgröße zu verwenden. Bei
x = 0 siedet die Flüssigkeit und bei x = 1 liegt trocken gesättigter Dampf
vor.
Zur RÜberhitzungR des trocken gesättigten Dampfes ist noch die Wärme4
4
menge 3 cp dT = 3 T ds notwendig. Die physikalischen Eigenschaften der
gängigen Arbeitsmittel sind in der Literatur gut bekannt. Für Wasser wird
auf die VDI-Wasserdampftafeln [3] verwiesen.
Im Prozessverlauf werden folgende Zustandsänderungen des Arbeitsmittels
vorgenommen:
a)
b)
c)
d)
1–2:
2–3:
3–4:
4–1:
Isentrope Verdichtung in der flüssigen Phase
Isobare Wärmezufuhr (Vorwärmung, Verdampfung und Überhitzung)
Isentrope Expansion
Isobare Wärmeabfuhr und Kondensation
Zur Darstellung des Prozessverlaufes in der Turbine wird meist das h,s-Diagramm verwendet. In diesem können isobar ausgetauschte Wärmemengen
und bei isentroper Zustandsänderung ausgetauschte mechanische Arbeit als
Strecken abgegriffen werden, vgl. hierzu Abb. 3.4. Dort ist ein DampfkraftProzess mit einfacher Überhitzung dargestellt.
Für die Umwandlung von Wärme in mechanische Energie mit dem Clausius-Rankine-Prozess kann ein thermischer Wirkungsgrad ηth analog zu (3.13)
definiert werden. Mit den Bezeichnungen aus Abb. 3.4 gilt:
ηth =
q
wN
= 1 − ab
qzu
qzu
(3.20)
Für die Wärmezufuhr und Wärmeabfuhr kann jeweils eine mittlere Temperatur definiert werden:
q
(3.21)
T zu = zu
∆s
und entsprechend
3.1 Der Dampfkraftprozess
T
T
p>p
k
a)
75
b)
4
p ,Tk
k
v=konst
p=konst
p<p k
Flüssigkeit
3
Siedelinie
Dampf
3
2
2
Taulinie
Naßdampf
1
1
x=0
4
x=1
s
T
s
T
c)
3
2
d)
3
2
1
4
1
4
s
s
Abbildung 3.3. Clausius-Rankine-Prozess im T,s-Diagramm. a) T,s-Diagramm
für Wasser; (pk = 221,20 bar, Tk = 374,15◦ C) ist der kritische Punkt, in dem die
gasförmige und die flüssige Phase in all ihren Eigenschaften übereinstimmen. Oberhalb der kritischen Temperatur lässt sich ein Gas nicht verflüssigen.
In das Diagramm eingezeichnet sind: b) Sattdampfprozess, c) unterkritischer Dampfkraftprozess, d) überkritischer Dampfkraftprozess.
qab
.
(3.22)
∆s
Die Entropiedifferenz ist gegeben durch ∆s = s4 − s1 . Aus Abb. 3.4 folgt
sofort, dass T zu < T3 = Tmax und T ab ≥ T1 = Tmin .
Daraus folgt, dass der thermische Wirkungsgrad des Clausius-RankineProzesses geringer ist als der eines Carnot-Prozesses mit Tmax = T3 als oberer
Temperatur.
Die zur Auslegung von Kreisprozessen erforderlichen Enthalpiedaten können entweder einer Dampftafel oder einem h,s-Diagramm entnommen werden,
vgl. Anhang A.1. Für genaue Berechnungen sind die Werte der Dampftafel
vorzuziehen.
T ab =
Beispiel 3.1. Gegeben sei ein idealer Wasser/Dampf-Prozess mit einem Dampfzustand am Turbineneintritt von 530◦ C und 150 bar. Der Kondensatordruck pK
betrage 0,1 bar.
76
3 Umwandlung von Wärme in Arbeit
h
∆hT = h3− h4 Nutzarbeit der Turbine
3
∆hK = h4− h1 isobare Wärmeabgabe im
Kondensator
pk ,Tk
∆hSp = h2− h1 Energiezufuhr der Speisepumpe
4
∆hDE = h3− h2 isobare Wärmezufuhr im
Dampferzeuger
2
1
s
Abbildung 3.4. Clausius-Rankine-Prozess im h,s-Diagramm
Berechnen Sie den thermischen Wirkungsgrad und vergleichen Sie ihn mit dem
Wirkungsgrad des Carnot-Prozesses. Benutzen Sie die nachstehenden Dampftafeln,
die auch für die Bearbeitung der Beispiele 3.2–3.4 vorgesehen sind.
Zustände für Wasser und überhitzten Dampf
230◦ C
240◦ C
250◦ C
260◦ C
310◦ C
530◦ C
540◦ C
5 bar
v [m3 /kg]
h [kJ/kg]
s [kJ/kgK]
0,4549
2 919,1
7,1903
0,4647
2 940,1
7,2317
0,4744
2 961,1
7,2721
0,4841
2 981,9
7,3115
0,5321
3 085,4
7,4971
0,7388
3 548,4
8,1699
0,7481
3 570,1
8,1967
40 bar
v [m3 /kg]
h [kJ/kg]
s [kJ/kgK]
0,001207 0,001228 0,001251 0,05172
990,5
1 037,7
1 085,8
2 835,6
2,6077
2,7006
2,7934
6,1353
0,06044
2 990,2
6,4130
0,09011 0,09135
3 513,1 3 535,8
7,1774 7,2055
150 bar
v [m3 /kg]
h [kJ/kg]
s [kJ/kgK]
0,011924 0,001212 0,001232 0,001255 0,001421 0,02208 0,02250
993,1
1 039,2
1 086,2
1 133,9
1 394,5
3 394,3 3 421,4
2,5867
2,6775
2,7681
2,8585
3,3250
6,4548 6,4885
Zustandspunkte im Nassdampfgebiet
p
T
[bar] [◦ C]
v′
[m3 /kg]
v ′′
h′
h′′
∆hV
s′
s′′
3
[m /kg] [kJ/kg] [kJ/kg] [kJ/kg] [kJ/kgK] [kJ/kgK]
0,10
0,13
5,0
40
0,0010102
0,0010126
0,0010928
0,0012521
14,67
11,47
0,3747
0,04975
45,833
51,062
151,84
250,33
191,83
213,70
640,12
1 087,4
2 584,8
2 594,0
2 747,5
2 800,3
2 392,9
2 380,3
2 107,4
1 712,9
0,6493
0,7172
1,8604
2,7965
8,1511
8,0592
6,8192
6,0685
Lösung. Zunächst werden die Enthalpien in den einzelnen Zuständen bestimmt.
Am Kondensatoraustritt (Zustand 1) herrscht ein Druck von pK = 0,1 bar. Aus
der Dampftafel erhält man für diesen Druck und den flüssig siedenden Zustand die
3.1 Der Dampfkraftprozess
77
Enthalpie h1 = 191,83 kJ/kg. Das Wasser vom Zustand 1 wird mit einer Speisewasserpumpe auf einen Druck von pDE = 150 bar komprimiert. Die dabei von der
Speisepumpe zugeführte Enthalpie wird zu
∆hSp = v ′ pDE − pK = 15,14 kJ/kg
1
berechnet. Aus der zugeführten Enthalpie lässt sich die Enthalpie im Zustand 2
bestimmen:
h2 = h1 + ∆hSp = 206,97 kJ/kg.
Am Verdampferaustritt (Zustand 3) hat der überhitzte Dampf einen Druck von
150 bar und eine Temperatur von 530◦ C. Der Dampftafel entnimmt man für diese
Werte eine Enthalpie h3 = 3 394,8 kJ/kg. Die Enthalpie des am Turbinenaustritt in
das Nassdampfgebiet entspannten Dampfes erhält man nach der Formel
h4 = h′ + x4 h′′ − h′
4
4
4
.
Der Dampfanteil x4 lässt sich durch Interpolation der Entropien bestimmen. Die
Entropie s4 ist ebenso groß wie s3 = 6,4548 kJ/kgK, da die Zustandsänderung
von 3 nach 4 isentrop abläuft. Der Dampftafel entnimmt man für den Zustand 4
s′ = 0,6493 kJ/kgK und s′′ = 8,1511 kJ/kgK, so dass
4
4
x4 =
s4 − s′
4
s′′ − s′
4
4
= 0,7739
resultiert. Aus diesen Werten ergibt sich h4 = 2 043,75 kJ/kg.
Aus den oben berechneten Enthalpien erhält man die folgenden Enthalpiedifferenzen:
∆hSp = h2 − h1 =
15,14 kJ/kg
∆hDE = h3 − h2 = 3 187,33 kJ/kg
∆hT = h3 − h4 = 1 350,55 kJ/kg
∆hK = h4 − h1 = 1 851,92 kJ/kg
(durch die Speisepumpe zugeführt),
(im Dampferzeuger zugeführt),
(in der Turbine abgeführt),
(im Kondensator abgeführt).
Daraus ergibt sich für den thermischen Wirkungsgrad
ηth =
qzu − qab
qzu
=
∆hDE − ∆hK
∆hDE
=
wN
qzu
=
∆hT − ∆hSp
∆hDE
= 0,418.
In diesem Kreisprozess werden somit 41,8% des zugeführten Wärmestroms in mechanische Leistung umgewandelt. Zum Vergleich wird der Carnot’sche Wirkungsgrad
berechnet:
ηC = 1 −
Tab
Tzu
=1−
T4
T3
= 0,603.
Die Differenz zwischen ηC und ηth ist durch die isobare Wärmezufuhr zwischen den
Zuständen 2 und 3 bedingt.
78
3 Umwandlung von Wärme in Arbeit
T
Idealer Prozess
Realer Prozess
3
a
b
a
2
c
d
1
b
c
2r
4
4r
d
irreversible Verdichtung
in der Speisepumpe
Druckabfall im Dampferzeuger
irreversible Expansion
in der Turbine
Druckabfall im Kondensator
s
Abbildung 3.5. Realer Clausius-Rankine-Prozess im T,s-Diagramm
3.1.2 Irreversible Zustandsänderungen beim DampfkraftProzess
Wir haben bisher vorausgesetzt, dass die Zustandsänderungen des Arbeitsmittels in der Speisepumpe, dem Dampferzeuger, der Turbine und dem Kondensator reversibel verlaufen. Reale Prozesse sind aber zwangsläufig mit Irreversibilitäten verbunden, deren Einfluss auf den Prozess wir abschätzen wollen.
Zu diesem Zweck sind in Abb. 3.5 die Unterschiede zwischen dem idealen und
realen Prozess dargestellt.6
3.1.2.1 Druckerhöhung in der Speisepumpe
Die Druckerhöhung in der Speisepumpe erfolgt irreversibel und ist daher mit
einer Entropiezunahme verbunden. Die Zustandsänderung erfolgt nicht von 1
nach 2, sondern nach 2r . Die Druckerhöhung von p2 auf p2 entspricht dem
r
Druckabfall des Arbeitsmittels im Kessel infolge der Rohrreibung. Bei den
heute üblichen Frischdampfdrücken von Zwangdurchlaufdampferzeugern beträgt die Antriebsleistung der Kesselspeisepumpen etwa 2–3% der Generatorleistung.
3.1.2.2 Verdampfung und Überhitzung
Die Irreversibilität bei der Dampferzeugung ergibt sich zum größten Teil aus
der großen Temperaturdifferenz zwischen den heißen Rauchgasen und dem Arbeitsmittel. Bei der Bewertung ist aber zu berücksichtigen, dass die Höhe der
Überhitzungstemperatur ϑ3 durch die Festigkeitseigenschaften der verfügbaren Werkstoffe begrenzt wird. Die Strömung des Arbeitsmittels durch den
Dampferzeuger ist mit einem Druckabfall verbunden. Die dabei pro Masseneinheit des Arbeitsmittels in Wärme umgewandelte Energie h2 − h2 ist von
r
der Speisepumpe aufzubringen.
6
Abweichungen vom idealen Prozess werden mit dem Index r für real“ gekenn”
zeichnet.
3.1 Der Dampfkraftprozess
79
3.1.2.3 Expansion in der Turbine
Aufgrund des irreversiblen Expansionsverlaufs in der Turbine wird der Zustand 4r erreicht. Die im Kondensator abzuführende Wärme erhöht sich damit
um
∆qK = h4 − h4 .
(3.23)
r
r
Der Wirkungsgrad des realen Prozesses ist damit um
∆η =
∆qK
(3.24)
r
qzu
geringer, als der des idealen Clausius-Rankine-Prozesses.
3.1.2.4 Dampfniederschlagung im Kondensator
Die Irreversibilität im Kondensator wird durch die technisch notwendige Temperaturdifferenz für den Wärmetransport und dem Druckabfall infolge der
Rohrreibung verursacht.
Beispiel 3.2. Bei dem Dampfkraftprozess des Beispiels 3.1 habe die Speisepumpe
einen Wirkungsgrad von 85% und die Turbine einen von 90%. Der Druckverlust im
Kessel betrage 10 bar und im Kondensator 0,03 bar.
a) Wie groß ist der Wirkungsgrad des realen Prozesses?
b) Welche Nennleistung gibt der Prozess bei einem Dampfmassenstrom von 2 000 t/h
ab?
Bei der Berechnung soll die Dampftafel aus Beispiel 3.1 verwendet werden.
Lösung. a) Zur Berechnung des realen thermischen Wirkungsgrades ηth müssen
r
zunächst die Enthalpien in den einzelnen Zuständen bestimmt werden. Die Enthalpien in den Zuständen 1 und 3 können aus Beispiel 3.1 übernommen werden.
Dort ist h1 = 191,83 kJ/kg und h3 = 3 394,8 kJ/kg.
Irreversibilitäten führen zu den Zuständen 2r und 4r . Bei der Bestimmung der
spezifischen Enthalpie des Zustandes 2r müssen der Wirkungsgrad der Speisewasserpumpe ηSp und der Druckverlust im Kessel berücksichtigt werden. Deshalb
ist
p2 = pDE + ∆pDE = 160 bar.
r
Die spezifische Enthalpie im Zustand 2 beträgt
h2 = h1 + ∆hSp = h1 + v ′ p2 − pK
r
1
r
1
= 210,83 kJ/kg.
ηSp
Für den Zustand 4r erhält man unter Berücksichtigung der Druckverluste und
dem Wirkungsgrad der Turbine den Druck
p4 = pK + ∆pK = 0,13 bar.
r
Bei der Bestimmung der spezifischen Enthalpie im Zustand 4 muss der Enthalpieverlust auf Grund von Irreversibilitäten beachtet werden:
80
3 Umwandlung von Wärme in Arbeit
h4 = h3 − ∆hT = h3 − h3 − h4 ηT .
r
Die Enthalpie im Zustand 4 für den reversiblen Fall setzt sich nach der Formel
h4 = h′ + x4 h′′ − h′
4
4
4
aus der Enthalpie des reinen Dampfes h′′ = 2 594,0 kJ/kg und der Enthalpie
4
der flüssige Phase h′ = 213,70 kJ/kg zusammen. Der Dampfanteil wird wie in
4
Beispiel 3.1 mit Hilfe einer Interpolation von Entropien zu
x4 =
s4 − s′
4
s′′ − s′
4
= 0,7815
4
bestimmt. Darin ist s4 = s3 die Entropie für den reversiblen Fall; s3 , s′ und s′′
4
4
sind der Dampftafel zu entnehmen. Man erhält somit für den Zustand 4r
h4 = 2 209,89 kJ/kg.
r
Aus den oben berechneten Enthalpien erhält man die folgenden Enthalpiedifferenzen:
∆hSp = h2 − h1 =
r
19,00 kJ/kg
(durch die Speisepumpe zugeführt),
∆hDE = h3 − h2 = 3 183,47 kJ/kg
(im Dampferzeuger zugeführt),
∆hT = h3 − h4 = 1 188,41 kJ/kg
(in der Turbine abgeführt),
∆hK = h4 − h1 = 2 014,06 kJ/kg
(im Kondensator abgeführt).
r
r
r
Damit berechnet man den thermischen Wirkungsgrad zu
ηth =
r
qzu − qab
qzu
=
wN
qzu
=
∆hDE − ∆hK
∆hDE
=
∆hT − ∆hSp
∆hDE
= 0,367.
ηth ist somit um 5,1 Prozentpunkte niedriger als der verlustfreie Prozess aus
r
Beispiel 3.1.
b) Die Nennleistung der Anlage errechnet sich zu
PN = ṁD ∆hT − ∆hSp
= ηth ṁD qzu = ηth ṁD ∆hDE = 649,7 MW.
r
r
3.2 Maßnahmen zur Verbesserung des thermischen
Wirkungsgrades
3.2.1 Grundsätzliche Gesichtspunkte
Wie bereits gezeigt wurde, bringt der Carnot-Prozess bei vorgegebenen Temperaturgrenzen den besten Wirkungsgrad für die Umwandlung von Wärme in
mechanische Arbeit. Hieraus resultiert die Forderung, den Umwandlungswirkungsgrad eines technischen Kreisprozesses durch Annäherung an den Carnot-Prozess zu verbessern. Weitere Maßnahmen bestehen in der Erhöhung
bzw. Absenkung der mittleren Temperatur der Wärmezu- bzw. Wärmeabfuhr. Beim Dampfkraftprozess bestehen dafür im wesentlichen die folgenden
Möglichkeiten:
3.2 Maßnahmen zur Verbesserung des thermischen Wirkungsgrades
T
81
3``
3`
2``
3
2`
2
1
4`` 4`,4
s
•
•
•
•
Abbildung 3.6. Verbesserung
des Wirkungsgrades durch Anhebung der Frischdampftemperatur
und des Frischdampfdrucks.
Erhöhung des Frischdampfzustandes
Zwischenüberhitzung
regenerative Speisewasservorwärmung
Senkung des Kondensationsdruckes
3.2.2 Erhöhung des Frischdampfzustandes
Die Anhebung des Frischdampfzustandes – darunter verstehen wir die Erhöhung von Druck und Temperatur des Arbeitsmittels vor der Turbine – ist eine
grundlegende Maßnahme zur Verbesserung des Wirkungsgrades.
In Abb. 3.6 wurden die Frischdampfzustände zweier Prozesse (1–2–3–4)
und (1-2′ -3′ -4) so gewählt, dass für beide die Wärmeabfuhr im Kondensator gleich groß ist. Die Arbeitsausbeute beider Prozesse unterscheidet sich
um ∆w = h′ − h3 . Im T,s-Diagramm wird ∆w durch den Inhalt der Fläche
3
2–2′ –3′ –3 dargestellt. Wichtig ist, dass die beim zweiten Prozess zusätzlich
zugeführte Wärme ∆q vollständig in mechanische Arbeit umgewandelt wird.
Es lassen sich auch noch höhere Frischdampfzustände 3′′ derart auswählen,
dass die im Kondensator abzuführende Wärmemenge geringer wird, vgl.
Abb. 3.6. Aus dem Bild folgt qualitativ, dass der Wirkungsgrad mit dem
Druck und der Temperatur zunimmt. Ergänzend dazu ist in Abb. 3.7 die
Abhängigkeit des Wirkungsgrades von den Frischdampfparametern für einen
einfachen Dampfkraftprozess dargestellt.
Dem Anheben der Frischdampftemperatur sind durch die Festigkeitseigenschaften der verfügbaren Werkstoffe Grenzen gesetzt. Zur Zeit sind bei den
üblichen Dampfdrücken von ca. 250 bar Temperaturen bis 650◦ C erprobt.
Bei Materialtemperaturen über ca. 570◦ C sind für Teile des Dampferzeugers,
der Turbine und der verbindenden Rohrleitungen austenitische Werkstoffe
erforderlich. Der Gewinn durch den höheren Wirkungsgrad wird damit fast
vollständig durch den Kapitaldienst für die zusätzlichen Investitionskosten
aufgezehrt. Man bevorzugte daher zunächst andere Mittel zur Erhöhung des
82
3 Umwandlung von Wärme in Arbeit
0,16
∆η
η
600°
0,12
550°
0,08
500°
450°
0,04
0
100
150
200
250
p [bar]
300
Abbildung 3.7. Relative Änderung
des thermischen Wirkungsgrades in
Abhängigkeit von Druck und Temperatur. Die unterbrochene Linie markiert Frischdampfzustände, die auf
einen Wassergehalt von 10% im Expansionsendpunkt führen.
Wirkungsgrades als die Erhöhung der Frischdampftemperatur, die inzwischen
in Großkraftwerken bei 600◦ C liegt.
Auch die Erhöhung des Frischdampfdruckes führt zu einem anlagentechnischen Mehraufwand bei den Speisepumpen und den Rohrleitungen. Bei der
Festlegung der Frischdampfparameter sind deshalb die wirtschaftlichen Randbedingungen zu beachten.
Das Steigern des Frischdampfdruckes ist über gewisse Grenzen hinaus nur
mit Anwendung der ein- oder mehrfachen Zwischenüberhitzung sinnvoll, da
sonst die Dampfnässe hinter der Turbine zu groß wird. Bei großen Turbinen
soll mit Rücksicht auf die erosive Wirkung der Wassertröpfchen auf die Turbinenschaufeln die Dampfnässe nicht über 10% liegen, vgl. Abb. 3.7.
3.2.3 Zwischenüberhitzung
Die Zwischenüberhitzung ist ein an den Hochdruckprozess angeschlossener
Teilprozess. Dabei wird das Arbeitsmittel nach einer Teilentspannung in der
Hochdruckturbine zum Dampferzeuger zurückgeführt und im Zwischenüberhitzer (ZÜ) wieder auf etwa die gleiche Temperatur wie der Hochdruckdampf
erhitzt. Eine Erhöhung des thermischen Wirkungsgrades ist dann erreichbar,
wenn die mittlere Temperatur der Wärmezufuhr für den Teilprozess über der
des Hauptprozesses liegt, vgl. Abb. 3.8. Die Wärmezufuhr im Zwischenüberhitzer erfolgt längs der Isobaren 4–5 und die Entspannung in der Turbine
längs der Isentropen 5–6 bis auf Kondensatordruck.
Für den thermischen Wirkungsgrad ergibt sich bei Vernachlässigung der
Speisepumpenarbeit
T6 s6 − s1
.
(3.25)
ηth = 1 −
h3 − h1 + h5 − h4
Damit eine Verbesserung des Wirkungsgrades erreicht wird, muss die mittlere
Temperatur der Wärmezufuhr T
für den Teilprozess über der entsprechenZÜ
3.2 Maßnahmen zur Verbesserung des thermischen Wirkungsgrades
83
den Temperatur T HD des Hochdruckprozesses liegen. Für die Mitteltemperatur des Hochdruckprozesses gilt
T HD =
h3 − h1
,
s3 − s1
(3.26)
und entsprechend für den Teilprozess
T
ZÜ
=
h5 − h4
1
T4 + T5 .
≈
s5 − s4
2
(3.27)
Meist wird die Temperatur der Zwischenüberhitzung gleich der Frischdampftemperatur gewählt, so dass T5 = T3 ist. Unter dieser Voraussetzung ist T
ZÜ
größer als T HD , wenn
T4 > 2 T HD − T5 = 2 T HD − T3
(3.28)
gilt. Mit der ZÜ-Eintrittstemperatur T4 ist auch der ZÜ-Druck p4 festgelegt.
In Abb. 3.9 ist die durch eine Zwischenüberhitzung erreichbare Wirkungsgradverbesserung als Funktion des Druckverhältnisses p5 /p3 = p /pHD darZÜ
gestellt. In der Abbildung sind zusätzlich noch die resultierende ZÜ-Eintrittstemperatur T4 und der sich ergebende Wasseranteil am Austritt der Turbine
(1 − x6 ) angegeben. Aus der Darstellung folgt, dass die Wirkungsgradverbesserung für ein Druckverhältnis von ca. 0,2 ein Maximum hat. Der besondere
Vorteil der Zwischenüberhitzung ist die Verringerung der Dampfnässe in den
letzten Schaufelreihen der Turbine. Dadurch vermindert sich nicht nur die
Gefahr von Erosionen durch die im Dampf enthaltenen Wassertröpfchen, sondern es ergibt sich auch eine Verbesserung des inneren Turbinenwirkungsgrades. Wegen des flachen Maximums des thermischen Wirkungsgrades erfolgt
die endgültige Festlegung des Trenndrucks p4 aus Systemüberlegungen.
Der Ausführung der Zwischenüberhitzung kommt die heute aus konstruktiven Gründen vorgenommene Aufteilung der Turbinen in einen Hochdruck(HD), einen Mitteldruck- (MD) und einen Niederdruckteil (ND) entgegen. Die
Zwischenüberhitzung erfolgt dabei hinter der HD-Turbine.
T
3
3–4: Expansion in der
Hochdruckturbine
5
4–5: Zwischenüberhitzung
5–6: Expansion in der Mittelund Niederdruckturbine
4
2
1
6
s
Abbildung 3.8. Dampfkraftprozess
mit einfacher Zwischenüberhitzung
84
3 Umwandlung von Wärme in Arbeit
0,04
0,25
540
∆η/η
∆η/η
T4 [◦ C]
0,03
1−x
0,2
450
1−x
0,02
0,15
360
T4
0,01
270
0
180
0,1
0,05
0
0,25
0,5
0,75
p /p = p
5
3
ZÜ
1
/p
HD
Abbildung 3.9. Verbesserung des thermischen Wirkungsgrades, ZÜ-Eintrittstemperatur und Endnässe in Abhängigkeit vom Druckverhältnis pZÜ /pHD . Prozess mit
einfacher Zwischenüberhitzung, pHD = 180 bar, THD = TZÜ = 540◦ C.
Bei Kraftwerksanlagen ist die einfache Zwischenüberhitzung die Regel. Der
durch eine weitere Zwischenüberhitzung erreichbare Wirkungsgradgewinn ist
relativ gering (1–1,5%), so dass doppelte Zwischenüberhitzungen wegen des
damit verbundenen Bauaufwandes nur in Sonderfällen zum Einsatz kommen.
Beispiel 3.3. Gegeben sei ein Dampfkraftprozess mit einer einfachen Zwischenüberhitzung, vgl. Abb. 3.8. Der Hochdruckdampf vor der Turbine hat einen Druck von
150 bar und eine Temperatur von 530◦ C, der Kondensatordruck beträgt 0,1 bar.
Unter der Bedingung, dass der Zwischenüberhitzerdampf auf 540◦ C überhitzt wird
und der Nässegehalt des Dampfes am Turbinenaustritt 12,6% nicht übersteigen soll,
bestimme man
a) den Zwischenüberhitzerdruck und
b) den thermischen Wirkungsgrad.
Die Stoffwerte können der Dampftafel in Beispiel 3.1 entnommen werden.
Lösung. a) Unter den getroffenen Voraussetzungen ist der ZÜ-Druck durch die
Bedingung s5 = s6 und p4 = p5 = pZÜ festgelegt. Als erstes muss die spezifische
Entropie im Zustand 6 berechnet werden. Aus der Aufgabenstellung sind der
Druck p6 = 0,1 bar und der Dampfgehalt im Zustand 6 x6 = 1 − 0,126 = 0,874
bekannt. Daraus lässt sich die spezifische Entropie
s6 = s′ + x6 s′′ − s′
6
6
6
= 7,2055 kJ/kgK
bestimmen. Zur Entropie s5 = 7,2055 kJ/kgK und der Temperatur TZÜ =
T5 = 540◦ C findet man in der Dampftafel den Zwischenenüberhitzerdruck
pZÜ = 40 bar.
3.2 Maßnahmen zur Verbesserung des thermischen Wirkungsgrades
85
b) Der thermische Wirkungsgrad ist durch
ηth =
qzu − qab
=
qzu
wN
qzu
gegeben. Zur Bestimmung der abgegebenen Leistung und der zugeführten Wärme
müssen zunächst die Enthalpien in den einzelnen Zuständen bestimmt werden.
Die Enthalpien in den Zuständen 1, 2 und 3 sind noch aus Beispiel 3.1 bekannt:
h1 = 191,83 kJ/kg,
h2 = 206,97 kJ/kg,
h3 = 3 394,3 kJ/kg.
Die weiteren Enthalpien erhält man durch Interpolation aus der Dampftafel:
h4 = h(40 bar; 6,4548 kJ/kgK) = 3 012,11 kJ/kg,
h5 = h(40 bar; 540◦ C)
= 3 535,8 kJ/kg,
h6 = h′ + x6 h′′ − h′
6
6
6
= 2 283,17 kJ/kg.
Nachstehend sind die relevanten Enthalpiedifferenzen zusammengefasst:
∆hSp = h2 − h1 =
∆hDE =
∆hHD =
∆h =
ZÜ
∆hND =
∆hK =
h3 − h2
h3 − h4
h5 − h4
h5 − h6
h6 − h1
15,14 kJ/kg
(durch die Speisepumpe zugeführt),
= 3 187,33 kJ/kg
= 382,19 kJ/kg
= 523,69 kJ/kg
= 1 252,63 kJ/kg
= 2 091,34 kJ/kg
(im Dampferzeuger zugeführt),
(in der HD-Turbine abgeführt),
(im Zwischenüberhitzer zugeführt),
(in der ND-Turbine abgeführt),
(im Kondensator abgeführt).
Daraus ergibt sich für den thermischen Wirkungsgrad
ηth =
wN
qzu
=
∆hDE + ∆hZÜ − ∆hK
∆hDE + ∆hZÜ
=
∆hHD + ∆hND − ∆hSp
∆hDE + ∆hZÜ
= 0,436.
Somit erhält man gegenüber dem Prozess ohne Zwischenüberhitzung (3.1) einen
um 1,8 Prozentpunkte höheren Wirkungsgrad.
3.2.4 Regenerative Speisewasservorwärmung
Die regenerative Speisewasservorwärmung nähert den Clausius-Rankine-Prozess dem Carnot-Prozess dadurch an, dass das Speisewasser durch prozessinternen Wärmeaustausch auf eine wesentlich über der Kondensationstemperatur des im Kondensator niedergeschlagenen Dampfes liegende Temperatur
aufgeheizt wird. Dies kann durch regenerativen Wärmeaustausch zwischen
dem Speisewasser und Anzapfdampf aus der Turbine geschehen. Dabei werden aus der Turbine an verschiedenen Stellen jeweils geringe Dampfströme
entnommen. In Misch- und/oder Oberflächenvorwärmern wird die Kondensationswärme dieser Dampfströme genutzt, um das Speisewasser aufzuheizen,
vgl. Abb. 3.10. Durch diese Wärmeverschiebung wird der Prozess formal einem
Carnot-Prozess angeglichen. Man spricht deshalb von einer Carnotisierung
86
3 Umwandlung von Wärme in Arbeit
Abbildung 3.10. Vereinfachte Darstellung der regenerativen Speisewasservorwärmung. Die Wärmeverschiebung von b nach a erfolgt mit sog.
Vorwärmern, vgl. Kap. 10. Damit in
diesen Apparaten eine Dampfbildung
vermieden wird, bringt man das Speisewasser auf einen ausreichend hohen
Druck. Dazu wird die Vorwärmstrecke
in eine Nieder- und eine Hochdruckvorwärmung unterteilt.
des Dampfkraftprozesses. Bei vorgegebenem Kondensatordruck und gleichbleibender Leistung der Turbine ist die in den Kondensator strömende Abdampfmenge und damit auch die an die Umgebung abgegebene Verlustwärme
geringer, vgl. Abb. 3.11.
Für den thermischen Wirkungsgrad eines Prozesses mit regenerativer Speisewasservorwärmung gilt
qab
T1 s4 − s1
ηth = 1 −
.
(3.29)
=1−
qzu
h3 − h′
1
Infolge der regenerativen Speisewasservorwärmung vergrößert sich der Dampfstrom durch die HD-Turbine, dagegen verringern sich die Massenströme durch
die MD- und ND-Turbine. Dadurch vermindern sich die sog. Spaltverluste im
Hoch- und Mitteldruckteil der Turbine und die sog. Austrittsverluste in der
Niederdruckturbine, was eine Verbesserung des inneren Turbinenwirkungsgrades zur Folge hat, vgl. Abschn. 8.3.
Beispiel 3.4. Bei einer Anlage mit einfacher Zwischenüberhitzung soll eine zweistufige Speisewasservorwärmung mit einem Mischvorwärmer a und einem Oberflächenvorwärmer b durchgeführt werden. Der Druck in den Vorwärmstufen ist mit 5 bar
für den Mischvorwärmer und 40 bar für den Oberflächenvorwärmer vorgegeben, vgl.
0,20
8
n=
n=8
∆η
η
n=4
0,10
n=2
0
0
200
Tsw [◦ C]
400
Abbildung 3.11. Verbesserung des
thermischen Wirkungsgrades durch regenerative Speisewasservorwärmung in Abhängigkeit von der Speisewasserendtemperatur und der Anzahl der Vorwärmstufen n. Die Daten beziehen sich auf einen
Prozess mit einfacher Zwischenüberhitzung, Leistungsgröße ca. 300 MW.
3.2 Maßnahmen zur Verbesserung des thermischen Wirkungsgrades
9
HD
10
87
11
G
~
ND
12
13
1-y-z
y
8
z
5
7
3
4
2
b
6
a
9
T
5 8
4
3
2
1
Abbildung 3.12. Dampfkraftanlage mit zweistufiger
Vorwärmung und Zwischenüberhitzung
1
7
1
15 MPa
4 MPa
6
11
1-y
10
y
12
0,5 MPa
z
1-y-z
10 kPa
13
s
Abbildung 3.13. Dampfkraftprozess mit zweistufiger Vorwärmung und Zwischenüberhitzung im T,sDiagramm
das Schema in Abb. 3.12 und das T,s-Diagramm in Abb. 3.13. Der Kondensatordruck beträgt 0,1 bar, der Dampfdruck vor der Hochdruckturbine 150 bar und vor
der Niederdruckturbine 40 bar. Die Überhitzertemperatur beträgt 530◦ C; im Zwischenüberhitzer wird eine Temperatur von 540◦ C erreicht.
Man ermittle die erforderlichen Anzapfmengen y und z sowie den thermischen
Wirkungsgrad des als ideal zu betrachtenden Prozesses.
Lösung. Unter der Voraussetzung, dass im System keine Irreversibilitäten auftreten, kann die Enthalpie in den einzelnen Abschnitten der Dampftafel entnommen
werden. Man erhält für den Druck p1 = 0,1 bar und den flüssig siedenden Zustand
die Enthalpie h1 = 191,83 kJ/kg. Die Enthalpie im Zustand 2 ergibt sich aus Zustand 1 durch eine Druckerhöhung auf p2 = 5 bar und das spezifische Volumen
v1 = 0,0010102 m3 /kg zu
h2 = h1 + v1 p2 − p1 = 192,32 kJ/kg.
Die Enthalpie des Zustands 3 lässt sich wie die Enthalpie des Zustands 1 direkt der
Dampftafel entnehmen: h3 = 640,12 kJ/kg. Analog zu h2 ergibt sich h4 zu
h4 = h3 + v3 p4 − p3 = 655,97 kJ/kg.
Dem T,s-Diagramm entnimmt man, dass sich die Zustände 5 und 6 auf gleichem
Temperaturniveau befinden und T6 = 250,33◦ C der Siedetemperatur von Wasser
beim Druck p6 = 40 bar entspricht. Eine Interpolation der Dampftafel liefert
88
3 Umwandlung von Wärme in Arbeit
h5 = 1087,8 kJ/kg.
Die Enthalpie im Zustand 6 kann unmittelbar der Dampftafel entnommen werden:
h6 = 1 087,4 kJ/kg. Mit dem spezifischen Volumen v6 = 0,0012521 m3 /kg erhält
man
h7 = h6 + v6 p7 − p6 = 1 101,17 kJ/kg.
Zustand 8 ist das Ergebnis der Mischung von Wasser der Zustände 5 und 7:
h8 = y h7 + (1 − y) h5 .
Im Zustand 9 ist nach der Dampftafel h9 = 3 394,3 kJ/kg und s9 = 6,4548 kJ/kgK.
Von Zustand 10 ist bekannt, dass er durch isentrope Expansion zustandekommt,
weshalb s10 = s9 ist. Durch lineare Interpolation gewinnt man
h10 =
s10 − s(40 bar, 310◦ C)
s(40 bar, 320◦ C) − s(40 bar, 310◦ C)
·
h(40 bar, 320◦ C) − h(40 bar, 310◦ C) + h(40 bar, 310◦ C)
= 3 014,85 kJ/kg.
Mit der Dampftafel legt man h11 = 3 535,8 kJ/kg fest. Analog zur Berechnung
des Zustandes 10 erfolgt die Berechnung des Zustandes 12, für den eine Enthalpie
h12 = 2 926,81 kJ/kg gefunden wird. Die Entspannung in der Niederdruckturbine
erfolgt isentrop in das Nassdampfgebiet hinein, woraus eine Enthalpie
h13 = h′ (0,1 bar) +
s13 − s′ (0,1 bar)
s′′ (0,1
bar) −
s′ (0,1
bar)
h′′ (0,1 bar) − h′ (0,1 bar)
= 2 283,17 kJ/kg
resultiert.
Die Anzapfmengen y und z aus der Niederdruckturbine ergeben sich aus Energiebilanzen. Für den Oberflächenvorwärmer gilt
y h10 − h6 = (1 − y) h5 − h4 .
Durch Auflösen der Gleichung nach y erhält man
y=
h5 − h4
h10 − h6 + h5 − h4
= 0,1830.
Man erhält somit für die Enthalpie im Zustand 8:
h8 = 1 090,25 kJ/kg,
weshalb z aus der Bilanz
z h12 + (1 − y − z) h2 = (1 − y) h3
berechnet werden kann. Durch Auflösen der Gleichung nach z erhält man
z=
(1 − y) h3 − h2
h12 − h2
= 0,1338.
Für den zu- und abgeführten Wärmestrom folgt, vgl. Abb. 3.12:
3.2 Maßnahmen zur Verbesserung des thermischen Wirkungsgrades
89
1,0
η/η
0,04
[-]
0,975
180 bar
0,95
80 bar
0,925
40 bar
0,9
0,04
0,06
0,08
0,1
p [bar]
K
Abbildung 3.14.
Abhängigkeit des thermischen Wirkungsgrades vom
Kondensationsdruck. Als
Parameter ist der Frischdampfdruck angegeben.
Prozess ohne Zwischenüberhitzung, Anlagengröße ca.
100 MW.
qzu = h9 − h8 + (1 − y) h11 − h10 = 2 729,69 kJ/kg,
qab = (1 − y − z) h1 − h13 = −1 428,76 kJ/kg.
Daraus erhält man für den thermischen Wirkungsgrad
ηth = 1 −
qab
qzu
= 0,477.
Damit ergibt sich eine Verbesserung des Wirkungsgrades um 4,1 Prozentpunkte gegenüber einem Prozess mit Zwischenüberhitzung, aber ohne Vorwärmung, vgl. Beispiel 3.3. Gegenüber dem einfachen Prozess aus Beispiel 3.1 wird eine Verbesserung
von 5,9 Prozentpunkten erreicht.
3.2.5 Einfluss des Kondensatordruckes
Der thermische Wirkungsgrad des Dampfkraftprozesses hängt wesentlich vom
Austrittsdruck des Dampfes aus der Niederdruckturbine ab, vgl. Abb. 3.14.
Der Druck am Turbinenaustritt ist in guter Näherung gleich dem Kondensatordruck und legt damit die Temperatur fest, bei der die Abwärme des
Dampfkraftprozesses an die Umgebung abgegeben wird.
Neben der Verfügbarkeit einer Wärmesenke bei der entsprechenden Temperatur sind bei der Festlegung des Kondensatordrucks noch weitere Randbedingungen zu beachten. So nimmt bei der Absenkung des Druckes die
Dampfnässe zu, wodurch sich die Erosion durch Wassertröpfchen in den letzten Reihen der Turbinenbeschaufelung zumindest in der Tendenz verstärkt.
Weiter vergrößert sich das spezifische Dampfvolumen und damit auch der
Volumenstrom am Turbinenaustritt.
Da die Austrittsquerschnitte der Niederdruckturbinen durch die maximal
möglichen Schaufellängen festgelegt sind, erhöht sich damit zwangsläufig die
Dampfgeschwindigkeit und damit auch der Strömungsverlust, der mit dem
Quadrat der Geschwindigkeit wächst. Aus den genannten Gründen wird der
90
3 Umwandlung von Wärme in Arbeit
Nutzwärme
G
G
Gegendruck p
Nutzwärme
Abbildung 3.15.
Gegendruckanlage
Abbildung 3.16.
Entnahmekondensationsanlage
Kondensatordruck bei Großkraftwerken im Bereich von 0,04 bis 0,06 bar
gewählt, was einer Kondensationstemperatur im Bereich von 30 bis 36◦ C entspricht. Wir werden auf diese Zusammenhänge im einzelnen bei der Behandlung der Kondensatoren zurückkommen.
3.2.6 Kraft-Wärme-Kopplung
Mit der Kraft-Wärme-Kopplung können mit einer Anlage gleichzeitig zwei
Energieformen bereitgestellt werden. Das klassische Beispiel für einen solchen
Prozess ist die gleichzeitige Bereitstellung von Strom und Wärme in Heizund Industriekraftwerken. Die Realisierung erfolgt meistens mit einem Gegendruck-Dampfkraftprozess. Der Druck des Turbinenabdampfes beim Dampfkraftprozess wird dabei so gewählt, dass durch Kondensation des Dampfes am
Heizort Wärme mit der geforderten Temperatur bereitgestellt werden kann.
Ein Schema eines solchen Prozesses ist in Abb. 3.15 dargestellt. Beim idealen Koppelprozess wird die gesamte zugeführte Brennstoffenergie entweder als
Arbeit bzw. Strom oder Wärme genutzt. Es ist üblich, für die Bewertung des
Prozesses einen Nutzungsgrad
ε=
q
Arbeit + Wärme
= 1 − ab
zugef ührte Energie
qzu
(3.30)
zu definieren. qab umfasst den Teil der dem Prozess zugeführten Energie, der
nicht nutzbar gemacht wird, z.B. die Wärmeverluste des Dampferzeugers.
Bei ausgeführten Prozessen werden Nutzungsgrade um 0,9 erreicht. Zur
Lockerung der starren Kopplung zwischen der Strom- und Wärmelieferung
wird oft noch ein Kondensationsteil hinzugefügt, so dass es z.B. bei Fernheizwerken im Sommer möglich ist, mehr Strom und im Winter mehr Wärme zu
liefern, vgl. Abb. 3.16. Das Hauptziel der Kraft-Wärme-Kopplung liegt in der
Primärenergieeinsparung und der Emissionsminderung.
Es wurden auch Versuche unternommen, die Abwärme eines reinen Kondensationskraftwerkes nutzbar zu machen. Wegen der niedrigen Temperatur
3.3 Kreisprozesse mit homogenen Medien – Gasturbinenprozess
T
3
91
Idealer Prozess
Realer Prozess
3`
qzu
2
2`
4`
4
1,1`
qab
s
Abbildung 3.17. Idealer und realer
Joule-Prozess im T,s-Diagramm.
der Kondensatorabwärme von ca. 30◦ C wurden aber nur wenige Projekte
ausgeführt, z.B. die Gewächshaus- und Fischteichheizung im Kraftwerk Niederaußem der RWE Energie AG.
3.3 Kreisprozesse mit homogenen Medien
– Gasturbinenprozess
3.3.1 Der Joule-Prozess
Schaltet man einen Verdichter und eine Expansionsmaschine – eine Turbine –
zusammen, würde im Idealfall die Expansionsmaschine den Verdichter zum
Erzeugen ihres eigenen Pressluftbedarfes antreiben können. Erwärmt man die
Luft auf dem Wege zwischen Verdichter und Maschine, wird die Leistung der
Maschine größer als der Bedarf des Verdichters, so dass Leistung für andere
Zwecke abgegeben werden kann. Bei diesem Prozess liegt im Unterschied zum
Dampfkraftprozess das Arbeitsmittel, z.B. Luft, bei allen Zustandsänderungen
als homogenes Medium vor. Der dem Clausius-Rankine-Prozess bei Dampfkraftanlagen entsprechende Vergleichsprozess bei Gasturbinen ist der JouleProzess7 . Er besteht aus zwei Isobaren und zwei Isentropen, vgl. Abb. 3.17.
Die technische Umsetzung des Joule-Prozesses erfolgt in Form eines offenen Prozesses, vgl. Abb. 3.18. Dabei wird Luft aus der Umgebung angesaugt
und verdichtet. Die Wärmezufuhr erfolgt in einer Brennkammer, in die der
Brennstoff eingespritzt wird. Das heiße Rauchgas wird dann in der Turbine entspannt und in die Umgebung ausgeblasen. Der Massenstrom durch die
Turbine ist daher um den Brennstoffstrom größer als der Massenstrom durch
den Verdichter. Bei mit Erdöl gefeuerten Gasturbinen ist die Massenstromdifferenz geringer als 5% und wird in diesem Abschnitt zunächst nicht weiter
berücksichtigt.
Das Arbeitsmittel wird beim idealen Prozess isentrop von 1 nach 2 verdichtet, die Wärme wird längs der Isobaren von 2 nach 3 zugeführt. Daran
7
Nach J. P. Joule (1818–1889). Dieser Prozess wird in der amerikanischen Literatur
als Brayton-Prozess bezeichnet.
92
3 Umwandlung von Wärme in Arbeit
schließt sich die isentrope Expansion in der Turbine von 3 nach 4 an. Die
Wärmeabfuhr erfolgt schließlich isobar von 4 nach 1.
Für die pro Masseneinheit des Arbeitsmittels zu- und abgeführten Wärmemengen, die Verdichterarbeit und die Nutzarbeit der Turbine gilt:
qzu = h3 − h2 = cp T3 − T2
(3.31)
qab = h1 − h4 = cp T1 − T4
(3.32)
wT = h4 − h3 = cp T4 − T3
(3.33)
wV = h2 − h1 = cp T2 − T1
(3.34)
Für die aus dem Prozess entnehmbare Nutzarbeit ergibt sich
wN = wT + wV = qzu − qab
(3.35)
und für den thermischen Wirkungsgrad erhält man:
ηth
w
q
T − T1
= N = 1 − ab = 1 − 4
=1−
qzu
qzu
T3 − T2
T4
T
1− 1
T4
!
T3
T
1− 2
T3
!
(3.36)
Für die Temperaturen der verschiedenen Prozessabschnitte folgt bei den vorausgesetzten isentropen Zustandsänderungen 1–2 und 3–4 aus der Isentropengleichung
p v κ = const
(3.37)
und der Zustandsgleichung für ein ideales Gas:
pv = RT
(3.38)
wobei R ist die spezielle Gaskonstante des Arbeitsmittels ist:
! κ−1
! κ−1
κ
κ
p3
T2
T3
p2
=
=
=
T1
T4
p1
p4
(3.39)
Abgas (qab )
Frischluft
Turbine
Verdichter
✲
w
N
Brennkammer
Brennstoff (qzu )
Abbildung 3.18. Notwendige
Komponenten einer Gasturbinenanlage. In den Ausführungen wird der Verdichter zumeist
durch die Turbine angetrieben
und befindet sich zusammen
mit der Turbine und der angetriebenen Arbeitsmaschine,
welche die Nutzenergie aufnimmt, auf einer gemeinsamen
Welle (Einwellenmaschine).
3.3 Kreisprozesse mit homogenen Medien – Gasturbinenprozess
93
1,00
ηth
0,75
0,50
0,25
0
0
5
10
15
20
25
p2 /p1
Abbildung 3.19. Wirkungsgrad des idealen Joule-Prozesses für Luft (κ = 1,4)
und damit
T1
T
= 2
T4
T3
Dabei ist
cp
κ=
cv
(3.40)
(3.41)
das Verhältnis der spezifischen Wärmekapazitäten bei konstantem Druck bzw.
bei konstantem Volumen. Damit kann der Wirkungsgrad (3.36) wie folgt geschrieben werden:
! κ−1
! κ−1
κ
κ
p4
T4
p1
T1
=1−
(3.42)
=1−
=1−
ηth = 1 −
T2
T3
p2
p3
Der Wirkungsgrad des Joule-Prozesses ist damit allein eine Funktion des
Druckverhältnisses. Dieser Zusammenhang ist in Abb. 3.19 dargestellt. Der
Betrag der Wärmezufuhr in der Brennkammer 2–3 spielt für den Wirkungsgrad keine Rolle; für die abgegebene Nutzarbeit gilt allerdings:
wN = wT − wV = ηth qzu
(3.43)
Zur Erreichung der geforderten Arbeitsabgabe der Turbine ist eine angemessene Wärmezufuhr erforderlich.
Die technische Umsetzung des Joule-Prozesses ist mit Irreversibilitäten
verbunden. Die wesentlichen Abweichungen vom idealen Prozess sind in
Abb. 3.17 dargestellt. Analog zum Dampfkraftprozess ist nicht nur die Irreversibilität in der Turbine von Bedeutung, sondern auch die im Verdichter
und – aufgrund des Druckverlustes – die in der Brennkammer.
Beispiel 3.5. Ein Joule-Prozess arbeitet bei einem Druckverhältnis von 8, einer
Temperatur vor dem Verdichter von T1 = 300 K und einer Turbineneintrittstemperatur von T3 = 1 300 K. Das Arbeitsmittel ist ein perfektes Gas mit κ = 1,4 und
cp = 0,994 kJ/kgK. Man bestimme:
a) Die Gastemperatur nach dem Verdichter,
b) die erforderliche Verdichterarbeit,
94
3 Umwandlung von Wärme in Arbeit
c) die in der Turbine gewonnene Arbeit und
d) den thermischen Wirkungsgrad des idealen Prozesses.
Lösung. a) Bei der isentropen Kompression eines idealen Gases folgt aus (3.39)
für ein Druckverhältnis p2 /p1 = 8
T2 = T1
p2
p1
κ−1
κ
= 543,4 K.
b) Für die spezifische, isentrope Verdichterarbeit gilt mit (3.34) und (3.40)
wV = cp T2 − T1 = 242,0 kJ/kg.
c) Für die spezifische Arbeit der Turbine folgt nach (3.33) und (3.40)
wT = cp T3
T4
T3
−1
= −578,8 kJ/kg.
d) Nach (3.42) ist der thermische Wirkungsgrad
ηth = 1 −
T1
T2
= 0,448.
Dies ist der Wirkungsgrad eines idealen Prozesses. Bei realen Prozessen sind
die Irreversibilitäten von Verdichter und Turbine zu berücksichtigen. Dadurch
vermindert sich der Wirkungsgrad z.T. erheblich, vgl. Beispiel 14.1.
Ausgeführte Anlagen erreichen bei guter Abstimmung zwischen Turbine und
Verdichter Wirkungsgrade von ca. 30%.
3.3.2 Verbesserungsmöglichkeiten für den Joule-Prozess
Der einfache Gasturbinenprozess wird z.B. bei Strahltriebwerken von Flugzeugen und Spitzenlastkraftwerken wirtschaftlich eingesetzt. Bei anderen Anwendungen kommt es allerdings auch hier auf eine Optimierung des Wirkungsgrades an. Als Maßnahmen dafür stehen neben der Erhöhung des Druckverhältnisses zur Verfügung:
• Innerer Wärmeaustausch,
• Zwischenkühlung und
• Zwischenüberhitzung.
3.3.2.1 Innerer Wärmeaustausch
Wie beim Dampfkraftprozess kann auch hier der Wirkungsgrad durch einen
regenerativen Wärmeaustausch innerhalb des Prozesses verbessert werden.
Die Temperatur am Austritt der Turbine T4 ist meist höher als die Temperatur T2 hinter dem Verdichter. Es liegt daher nahe, einen Wärmeaustauscher
in den Kreislauf einzubauen, um die Verbrennungsluft vor der Brennkammer
aufzuwärmen. Dadurch wird die Wärmezufuhr in einen Bereich höherer Temperatur und die Wärmeabfuhr aus dem Kreisprozess in einen solchen niedrigerer Temperatur verlegt, vgl. Abb. 3.20 und 3.21.
3.3 Kreisprozesse mit homogenen Medien – Gasturbinenprozess
3
T
Frischluft
95
Abgas
qzu
Turbine
2`
Verdichter
Brennkammer
1
Wärmeaustauscher
Brennstoff
Abbildung 3.20. Gasturbinenanlage
mit regenerativem Wärmeaustausch
4
2
4`
qab
s
Abbildung 3.21. Gasturbinenprozess
mit regenerativem Wärmeaustausch
im T,s-Diagramm
Der Wirkungsgrad eines idealen Prozesses mit innerem Wärmeaustausch
ist durch
T ′ − T1
T − T1
q
w
=1− 2
ηth = N = 1 − ab = 1 − 4
′
qzu
qzu
T3 − T
T3 − T4
2
!
T2
T1
−1
T1
!
(3.44)
=1−
T3
−1
T4
T4
bestimmt. Mit (3.40) folgt daraus
! κ−1
κ
T1
T1 p2
ηth = 1 −
=1−
.
T4
T3 p1
(3.45)
Gegenüber dem einfachen Joule-Prozess nimmt der Wirkungsgrad beim Prozess mit innerem Wärmeaustausch bei festgehaltenen Temperaturen mit dem
Druckverhältnis ab, vgl. Abb. 3.22. Die Abbildung zeigt, dass der innere
Wärmeaustausch nur bei kleinen Druckverhältnissen und niedrigen Turbineneintrittstemperaturen vorteilhaft ist.
Bei der praktischen Ausführung kann der Wärmeaustausch nicht ideal
ausgeführt werden, vielmehr ist T ′ < T4 und T ′ > T2 . Die Unvollkommenheit
4
2
des Wärmeaustausches wird durch einen Effektivitätsfaktor
T ′ − T2
ε= 2
(3.46)
T4 − T2
gekennzeichnet. Der erreichbare ε-Wert hängt vom Verhältnis der Produkte aus Mengenstrom und spezifischer Wärmekapazität des wärmeabgebenden und des wärmeaufnehmenden Arbeitsmittels ab. Bei noch vertretbarem
96
3 Umwandlung von Wärme in Arbeit
Aufwand für den Wärmeaustauscher werden Effektivitätsfaktoren von ca. 0,8
erreicht.
3.3.2.2 Zwischenkühlung und Zwischenerhitzung
Die für die Verdichtung der Verbrennungsluft aufzubringende Arbeit bestimmt
sich zu
Z2
(3.47)
wV = − v dp .
1
Für ein perfektes Gas mit der thermischen Zustandsgleichung (3.38) folgt
wV = −
Z2
RT
dp
.
p
(3.48)
1
Für die von der Turbine abgegebene Arbeit gilt die entsprechende Beziehung
wT = −
Z4
RT
dp
.
p
(3.49)
3
Die Expansionsarbeit wT ist offensichtlich am größten, wenn die Expansion
in der Turbine bei möglichst hoher Temperatur beginnt.
Zur Optimierung der vom Prozess abgegebenen Leistung wird die Verdichtung in nV Stufen mit nZK = nV − 1 Zwischenkühlungen und die Expansion
in der Turbine in nT Stufen mit nZE = nT − 1 Zwischenerhitzungen unterteilt. Durch diese Maßnahme wird die mittlere Temperatur der Wärmezufuhr
gegenüber einem einfachen Joule-Prozess angehoben und die der Wärmeabfuhr gesenkt. Der resultierende Kreisprozess ist in Abb. 3.23 im T,s-Diagramm
dargestellt.
1,0
ηth,reg
0,75
0,5
T1 /T3 = 1/5
T1 /T3 = 1/4
0,25
T1 /T3 = 1/3
ohne Regeneration
0
0
5
10
15
20 p2 /p1 25
Abbildung 3.22. Wirkungsgrad des Joule-Prozesses mit
idealem, regenerativem Wärmeaustausch
3.3 Kreisprozesse mit homogenen Medien – Gasturbinenprozess
97
T
3
3`
T̄zu
4
2``
2`
4`
2
T̄ab
1``
1`
1
s
Abbildung 3.23. Gasturbinenprozess mit Zwischenkühlung und -erhitzung im T,s-Diagramm
Für ein Gas mit konstanter spezifischer Wärmekapazität cp kann unter
Voraussetzung von gleichartigen Verdichter- und gleichartigen Turbinenstufen die Nutzarbeit wN sofort aus dem T,s-Diagramm und den Gleichungen
(3.48) und (3.49) bestimmt werden. Dabei wurde weiter vorausgesetzt, dass
der Massenstrom in Verdichter und Turbine gleich groß ist. Es folgt
!
T
κ−1
1−κ
1
n + 1 Π κ − 1 (3.50)
wN = cp T3 ηT nZE + 1 1 − Π κ −
T
V
ηV ZK
mit:
ηT adiabater Turbinenwirkungsgrad
ηV adiabater Verdichterwirkungsgrad
nZE Anzahl der Zwischenerhitzerstufen (nZE = 1 in Abb. 3.23)
nZK Anzahl der Zwischenkühlerstufen (nZK = 2 in Abb. 3.23)
ΠT Druckverhältnis der Turbine,
ΠV Druckverhältnis des Verdichters
Aus Abb. 3.23 ist unmittelbar einsichtig, dass für den Fall nZK → ∞ und
nZE → ∞ ein Prozess entsteht, bei dem die Wärme bei der konstanten Temperatur T zu zugeführt und bei der konstanten Temperatur T ab abgeführt wird.
Damit ergibt sich für den Grenzfall der Wirkungsgrad
ηth = 1 −
T ab
T zu
.
(3.51)
Dies entspricht dem Wirkungsgrad eines Carnot-Prozesses zwischen den Grenztemperaturen T zu und T ab . Der durch den Grenzübergang entstandene Prozess besteht aus zwei Isothermen und zwei Isobaren und ist unter dem Namen
Ackeret-Keller-Prozess8 bekannt.
Wegen der für den Wärmeübergang erforderlichen Temperaturdifferenzen und der Kosten für die zusätzlichen Anlagenteile werden in der Praxis
höchstens eine Zwischenüberhitzung und zwei Zwischenkühlungen ausgeführt.
8
Nach J. Ackeret (1898–1981) und C. Keller (geb. 1904).
98
3 Umwandlung von Wärme in Arbeit
zum Kamin
f
a
a
b
c
d
e
f
b
c
G
~
d
e
Brennstoff/Luft
Verdichter
Gaserhitzer
Gasturbine
Generator
Wärmeaustauscher
Rückkühler
Abbildung 3.24. Schema
eines geschlossenen Gasturbinenprozesses
3.3.3 Sonderformen des Gasturbinenprozesses
3.3.3.1 Geschlossener Prozess
Beim geschlossenen Prozess wird die Wärme dem Arbeitsmittel nicht durch
Verbrennen eines Brennstoffes im Kreislauf selbst zugeführt, sondern mittels eines Wärmeaustauschers, vgl. Abb. 3.24. Die Prozessfolge ist ansonsten
der einer offenen Gasturbine völlig analog. Einzige zusätzliche Komponente
ist der Rückkühler. Die im Rückkühler abgegebene Wärme kann z.B. in ein
Fernwärmenetz eingespeist werden.
Geschlossene Gasturbinen-Prozesse arbeiten bei höheren Drücken als offene. So herrscht z.B. vor dem Verdichter ein Druck von 10 bar und vor der
Turbine ein Druck von 40–50 bar. Wegen der hohen Arbeitsdrücke sind die
Abmessungen der Maschinen bei vergleichbaren Wirkungsgraden kleiner als
bei offenen Prozessen.
Geringe Beimengungen gewisser Mineralstoffe, die bei Kohle oder bei
schwerem Heizöl in der Asche enthalten sind, führen bei direkt gefeuerten
Gasturbinen zu Ablagerungen auf den hochbeanspruchten Turbinenschaufeln
und auch zu Korrosion. Bei hohen Eintrittstemperaturen sind diese Ablagerungen schließlich begrenzend für die Betriebszeit. Obwohl diese Erscheinungen beim geschlossenen Prozess im Prinzip auch im Rohrbündel des Gaserhitzers auftreten, ist mit dem geschlossenen Prozess die Verwendung von Kohle
als Brennstoff möglich geworden, vgl. Kap. 14.
3.3.3.2 Strahltriebwerk
Die für den Antrieb schneller Flugzeuge verwendeten Strahltriebwerke bestehen genau wie die Anlage nach Abb. 3.25 aus einem Verdichter, einer Brennkammer und einer Turbine. In dieser wird die Expansion des Gases aber nicht
bis auf den atmosphärischen Druck geführt, sondern nur soweit, dass ihre Leistung gerade für den Antrieb des Verdichters ausreicht. Der nach der Turbine
noch verfügbare Überdruck gegen die Atmosphäre wird dazu benutzt, um das
Abgas mittels einer Düse auf eine hohe Geschwindigkeit zu beschleunigen. Der
Rückstoß des austretenden Gasstrahls ist die treibende Kraft des Triebwerks.
3.4 Fazit
99
c
b
a
a Diffusor
b Verdichter
e
d
c Brennkammer
d Turbine
e Düse
Abbildung 3.25. Schema eines Strahltriebwerkes
Mit dem Impulssatz der Strömungsmechanik errechnet sich die Vortriebskraft zu
F = ṁ vF − vG .
(3.52)
Hierbei ist ṁ der Massenstrom durch das Triebwerk, vF die Fluggeschwindigkeit und vG die Geschwindigkeit des Gasstrahls. Die Leistung des Triebwerks
ergibt sich zu
L = F vF = ṁ vF − vG vF .
(3.53)
Für den Wirkungsgrad folgt
ηV =
L
Vortriebsleistung
= V .
Wärmeleistung
Q̇zu
(3.54)
Hierbei ist Q̇zu die mit dem Brennstoff zugeführte Wärmeleistung. ηV liegt bei
Verkehrsflugzeugen in der Größenordnung von 0,25. Im Flugzeugbau haben
die Gasturbinen wegen ihrer betrieblichen Anspruchslosigkeit, ihres geringen
Gewichts, des günstigen Raumbedarfs und ihres erschütterungsfreien Laufs
die Kolbenmotoren als Antriebsmaschinen praktisch vollständig verdrängt.
3.4 Fazit
Weitere Fortschritte auf dem Weg zu einem höheren Wirkungsgrad der Umwandlung von Wärme in mechanische Energie mit thermischen Kreisprozessen
können erreicht werden, indem die mittlere Temperatur der Wärmeaufnahme
des Prozesses erhöht und die der Wärmeabfuhr abgesenkt wird. Dies ist aber
hauptsächlich von der Verfügbarkeit von warmfesten Werkstoffen und deren
Preis bzw. dem Temperaturniveau der verfügbaren Wärmesenken abhängig.
Ein anderer Weg, die Nutzung der eingesetzten Primärenergie zu verbessern, besteht in der Kombination sich gegenseitig ergänzender technischer Prozesse. Für den reinen Kraftwerksbetrieb besteht die Möglichkeit der Verbindung des Gasturbinen- mit dem Dampfkraft-Prozess. Diese Prozessvariante
wird in Kap. 14 behandelt.
100
3 Umwandlung von Wärme in Arbeit
Ebenso besteht die Möglichkeit, dem Wasserdampfprozess andere Zweiphasen-Kreisprozesse, die mit geeigneten Stoffen für den jeweiligen Temperaturbereich arbeiten, vor- oder nachzuschalten. Dabei dient die Kondensationswärme des ersten Prozesses zur Verdampfung des Arbeitsmittels des nachfolgenden, vgl. [4].
Ist neben elektrischer Energie auch Wärme bereitzustellen, kann die Kondensationstemperatur oft soweit angehoben werden, dass die Abwärme des
Kraftwerksprozesses auf dem gewünschten Temperaturniveau anfällt. Dies ist
der typische Fall der Kraft-Wärme-Kopplung. Nach Abzug der Verluste ergeben sich dabei Nutzungsgrade der eingesetzten Primärenergie von ca. 80%,
vgl. [5].
Literatur
1. Baehr, H.D.: Thermodynamik, 9. Auflage. Springer, Berlin Heidelberg New
York 1996
2. Knizia, K.: Die Thermodynamik des Dampfkraftprozesses. Springer, Berlin Heidelberg New York 1966
3. Wagner, W.: Zustandsgrößen von Wasser und Wasserdampf. Springer, Berlin
Heidelberg New York 1998
4. Brockel, D., Lang, A., Schwarz, N. et. al.: Treble Rankine Cycle Project. Forschungsbericht T 86-046, BMFT, Bonn 1986
5. Hakansson, K.: Handbuch der Fernwärme-Praxis. Vulkan, Essen 1982