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Menander, Dyskolos 233-381 Und Terenz, Eunuchus 817-922

Philologus

Dyskolos 2 3 3 - 3 8 1 und Eunuchus 817—922 299 WOLDEMAR GÖELER MENANDER, DYSKOLOS 233-381 UND TERENZ, EUNUCHUS 817-922 Trotz der beispiellosen philologischen Aktivität, die sofort nach der Veröffentlichung von Menanders Dyskolos eingesetzt hat 1 , ist eine merkwürdige Erscheinung, für die wir bisher in den Fragmenten Menanders kein so ausgeprägtes Beispiel kannten, noch unbeachtet geblieben. Der Beginn des zweiten Akts des Dyskolos steht nämlich in erstaunlicher Parallelität zum Beginn des 5. Akts von Terenz' Eunuchus. Bei Terenz tritt Thais mit Pythias auf 2 und erfährt in erregtem Zwiegespräch, was mit Pamphila geschehen ist. Ärgerlich wirft sie ihrer Dienerin vor, das Mädchen nicht genügend gehütet zu haben. Das entspricht genau der Situation des Dyskolos3. Daos hat Gorgias, dem Stiefbruder des Mädchens, erzählt, daß sich ein verdächtiger junger Mann dem Grundstück Knemons genähert und mit seiner Schwester gesprochen habe. Genau wie Thais im Eunuchus ihrer Dienerin Pythias wirft hier Gorgias seinem Sklaven Daos mangelnde Fürsorge für die Schwester vor; genau wie im Eunuchus sind diese Vorwürfe im Grunde imberechtigt. In beiden Szenen tritt darauf der Missetäter auf, im Dyskolos Sostratos, im Eunuchus Chaerea. Beide sprechen einen kurzen Monolog, beide ohne Thais und Pythias bzw. Gorgias und Daos zu bemerken. Die darauf folgende Unterhaltung zwischen den drei Personen läuft in beiden Komödien in gleicher Weise ab: Gorgias/ Thais macht Sostratos/Chaerea Vorwürfe. Sostratos/Chaerea verteidigt sich mit seiner Verliebtheit. Gorgias/Thais läßt sich von diesem Argument sehr schnell überzeugen, ja man entdeckt sogar Sympathien füreinander. Sostratos/Chaerea bittet deshalb Gorgias/Thais, ihm bei der Werbung um das Mädchen behilflich zu sein. Daos/Pythias ist mit dieser Wendung nicht einverstanden und beschließt, Sostratos/ Chaerea auf eigene Faust einen Streich zu spielen. Aber vergleichen wir im einzelnen. Beiden Szenen ist gemeinsam, daß sie am Anfang eines Aktes stehen, und daß ein bereits begonnenes .Gespräch auf der Bühne fortgesetzt wird. Inhalt und Ton der Vori In Heft 1/2 von Bd. 40 (1960) der Zeitschrift Aegyptus, das im November 1960 erschienen ist, werden auf S. 129ff. nicht weniger als 101 Arbeiten zum Papyrus Bodmer IV aufgezählt. a Eun. 817ff. Terenz wird nach der Ausgabe von KAUER/LUTDSAY, Reprint with add., Oxford 1958, Menander nach der Ausgabe von H. J . M E T T E , Göt3 D. 233ff. tingen 1960, zitiert. 300 WOLDEMAB GÖBLEB würfe 1 sind verschieden, da verschiedene „Vergehen" vorhegen und beide Sprecher, Gorgias und Thais, einen völlig verschiedenen Charak,quid facerem'3 eine gewisse ter haben2. Immerhin scheint mir Pythias'utsrqponmlihgfedcba 4 Entsprechung in Daos'zywvutsronmljihgfedcbaWSPG πώς zu haben; es wird jedenfalls von Gorgias in diesem Sinne verstanden. Wichtiger ist es, daß in beiden Fällen der Sklave seinen Herrn auf den herankommenden Missetäter aufmerksam macht: D a o s :zwsrda <μ ικρόν δ'> έπίσχες {μ ικρόν}· ού μ άτην γαρ ήκ[ομ ]εν, / άλλ' ώσπερ άν είπον έρχετ' άνακάμ ψας πάλιν 5 . Pythias:vutsronmlihecba era mea, tace tace obsecro, salvae sumus: / habemus hominem ipsüm6. Die Übereinstimmung ist deutlich, in beiden Fällen das gleiche Schema: Aufforderung zu schweigen — Die Sache wendet sich zum Guten — Da steht nämlich der, von dem wir sprechen. Es geht weiter: Gorgias und Thais stellen die gleiche, nur durch Bühnenkonvention verständliche Frage: Wo ist er denn? Ist es der da?7 Im Eunuchus folgt eine kurze Beratung zwischen Herrin und Dienerin, was man mit Chaerea anfangen solle8, die im Dyskolos ihre Entsprechung lediglich in einer grimmigen Bemerkung des Gorgias hat 9 . 1 D. 233ff., Eun. 817ff. Man beachte das unterschiedliche Verhalten von Thais und Gorgias. Thais ist in Vers 829 (saarüega) auf dem Höhepunkt ihrer Erregung; aber auf Pythias' sachlich unanfechtbare Rechtfertigung (831) hin muß sie mit resignierendem Lächeln zugeben, daß die Schuld wirklich nicht bei Pythiae liegt (832f.). ,8celesta' in diesem Zusammenhang halte ich für eine ungeschickte Übersetzung von άθλια, das zwar ,scelesta' heißen kann, hier aber sicher den gleichen Klang h a t t e wie in Per. 335, etwa: Unglücksmädchen. — Gorgias dagegen will sich gar nicht beruhigen; was er von Daos verlangt (234ff.), hätte er bei nüchterner Überlegung wohl selbst als undurchführbar bezeichnet. 4 s » Eun. 831. D. 234. D. 255f. 6 Eun. 834f. Wenn man, wie es schon Donat t a t und seitdem häufig ge2 schehen ist, Thais' Frage (833) ,quid iüuc hominis est?' auf den sich nähernden Chaerea bezieht, enthält der Text einen Widerspruch. Dann hat Thais Chaerea ja schon gesehen und braucht nicht noch zu fragen ,ubi is est?' (835). Man kann auch nicht gut annehmen, daß sie Chaerea zwar sieht, aber nicht begreift, was es mit seiner Eunuchenkleidung auf sich hat. Dagegen spricht die Antwort der Pythias (835), mit der sie Thais offenbar erst die richtige Richtung zeigt. Außerdem war ja gerade erst vom v e r k l e i d e t e n Chaerea die Rede, so daß Thais schon sehr schwerfällig hätte sein müssen, um nicht zu begreifen. Ich ver- stehe ,quid illue hominis est?' daher mit O. Skutsch (mündliche Mitteilung) als ,Was ist das bloß für ein Mensch!' Vgl. Plaut. Amph. 576 u. 769, Ter. Heaut. 848. 7 Eun. 835, D. 257. Es ist bezeichnend, daß Gorgias in seine Frage gleich die Kritik an der luxuriösen Kleidung seines künftigen Schwagers hineinlegt. 8 Eun. 836-839. » D. 258. Dyskolos 233 — 381 und Eunuchus 817 — 922 301 Danach beginnt in beiden Stücken der Monolog des Liebhabers1, der in beiden Fällen das lauschende Herr-Diener-Paar nicht bemerkt. Natürlich weichen die Monologe stark voneinander ab, da völlig Verschiedenes berichtet wird. Um so interessanter ist es, daß wir sogar hier Übereinstimmung feststellen können. Zunächst solche inhaltlicher Art. Beide Jünglinge waren von der Bühne gegangen, um etwas zu erledigen: Sostratos wollte Getas holen, Chaerea wollte sich bei seinem Freund Antipho umziehen. Beide berichten nun, daß ihr Gang vergeblich war: Getas war nicht zu Hause, denn die ganze Familie war zu einem Opfer ausgezogen; Chaerea konnte keinen ruhigen Platz zum Umziehen finden, denn bei seinem Freund waren Vater und Mutter zu Hause. Diese Übereinstimmung hat sich auch in der Form ausgedrückt. In beiden Monologen steht am Beginn der Name dessen, dem der Gang gegolten hat, und zwar an der gleichen Stelle im Vers: Sostratos:zwutsrponmlkihgfedcaVSCA Τον μ εν Γέταν . . . 2 Chaerea:utsrqponmihedaA Apud Antiphonem . . .3 Auch das folgende ist, wenn auch mit umgekehrtem Vorzeichen, parallel: Sostratos: . . . ούκ ένδον οντά κατέλαβον Chaerea: . . . uterque, mater et pater / quasi dedita opera domi erant. . . Erwähnt sei schließlich, daß beide Monologe genau 10 Verse umfassen. I m E u n u c h u s folgt jetzt eine kurze Szene 4 , in der Thais zuerst so t u t , als halte sie Chaerea f ü r Dorus, aber bald durchblicken läßt, d a ß sie die Wahrheit weiß. Chaerea geht auf dies Spiel ein und rechtfertigt seine T a t ganz im d u m m frechen Ton eines Sklaven. Dieser Ton reizt Pythias, die f ü r Thais' feinen H u m o r kein Verständnis aufbringen kann, so sehr, d a ß sie auf Chaerea losgehen möchte. Thais hält sie zurück u n d m a c h t m i t einem energischen, doch nicht unfreundlichenusmihfeca ,missa haec faciamus'5 dem Spiel im Spiel ein Ende. Diese lustige Szene h a t im Dyskolos keine Entsprechung®, wohl aber der Hinweis auf den E r n s t des Folgenden. Gorgias kündigt ausdrücklich einenzwvutsronlihgfedcbaZW λόγος 1 2 3 E u n . 8 4 0 ­ 8 4 9 , D. 2 5 9 ­ 2 6 8 . D. 259. E u n . 840. 6 * Eun. 850­863. E u n . 864. • Wieder ist es interessant, den Kontrast zu Gorgias' Verhalten zu beob­ achten. Thais' Zorn war wahrscheinlich schon durch Chaereas Auftreten u n d seinen lustigen Monolog vergangen. Während des Spiels (850—863) ist sie schon versöhnt, u n d wenn sie in 864 ernst wird u n d Chaerea zur Rede stellt, t u t sie das wohl n u r , weil das einfach nicht fehlen durfte. Chaerea war sich von Anfang a n über ihre H a l t u n g im klaren; er n i m m t ihre ernsten Worte gar nicht e r n s t : zunächst d e n k t er nicht daran, sich zu verteidigen, sondern stellt erleichtert fest, d a ß sich doch alles zum Guten wenden werde (872f.). Auch seine Verteidigung s t e h t gewissermaßen als notwendiger Nachtrag. Man vergleiche d a m i t die grimmige H a l t u n g des Gorgias. Obgleich es ihm dem Altersgenossen gegen- 302 WOLDEMAB GΦBLEB σπουδαιότερος an 1 . I m Dyskolos entwickelt darauf Gorgias in langen, ζ. T. recht unübersichtlich und kompliziert gebauten Sätzen seine Aneicht über die ausgleichende Gerechtigkeit der Τύχη 1 . E r ist offenbar selbst nicht recht von der Klarheit seiner Worte überzeugt, denn er faßt seine Ansicht a m Schluß noch einmal zusammen: τί ούν λέγω; μ ήτ' αύτός , εΐ σφόδρ' εύπορεΐς , / πίστευε τού­ τω<ι>, μ ήτε των πτωχών πάλιν / ήμ ών καταφρόνει" τοϋ διευτυχεϊν δ* άεΐ / πάρεχε σ<ε>αυτόν τοις όρώσιν Άξιον. Aber Sostratos hat immer noch nicht verstanden und f r a g t : άτοπον δέ <σοι> τ[ {σοι} φαίνομ αι νυνί ποεΐν'; Nun wird Gorgias deutlich: Εργον δοκεΐς μ οι φαϋλον έζηλωκέναι / πείσειν νομ ίζων έξαμ αρτειν παρθένον / έλευθέραν, ή καιρών έπιτηρών τινα / κατεργάσεσθαι πραγμ α θανάτων άξιον / πολλών. Diese Worte gleichen einer Explosion. Nachdem er sich so lange bemüht hat, seine Beherrschung nicht zu verlieren, bricht jetzt seine ganze Empörung durch. E r setzt nicht nur dem άτοπον des Sostratos, das ganz der Urbanen Sphäre angehört, ein wuchtiges Εργον φαϋλον (in Sperrstellung) entgegen, sondern berichtigt diesen Ausdruck, der ihm gleich darauf zu milde erschien, am Schluß seiner Worte durch πραγμ α θανάτων άξιον πολλών4. Sostratos weiß kaum, wie ihm geschieht', aber er muß noch einige abschließende stark gnomisch gefärbte Sätze des Gorgiae hören. All das ist im Kern auch im Eunuchus zu finden, aber in drei Verse zusammengedrängt:xutsrqonmlihgfedcaC non te dignum, Chaerea, / fecisti; nam siegodigna hac contumelia / sum maxume, at tu indignus qui faceresutsrnmihgfedcaC tarnen.βzwvutsronlkihgedcbaVG Die Übereinstimmung von ,ηοη te dignum, Chaerea, fecisti' und έργον δοκεΐς μ οι φαϋλον έζηλωκέναι7 ist deutlich, und ,dignum' ist unschwer zu erkennen in den vorhergehenden Versen τοϋ διευτυχεϊν δ' άεί / πάρεχε σ<ε>αυτόν τοις όρώσιν άξιον8. Gorgias betonte, daß es nicht richtig sei, den Armen gegenüber seinem Übermut freien Lauf zu lassen; Thais sagt nun ,nam si ego digna hac contumelia sum maxume . . .'. Nicht nur der Gedanke, daß der Täter seiner selbst unwürdig gehandelt habe, findet sich in beiden Stücken, sondern auch die Frage, ob der Geschädigte die Handlung verdient habe, wird — mit umgekehrtem Vorzeichen — berührt. Im Eunuchus betont Thais nun noch einmal, wie hart sie durch Chaereas Vergehen getroffen sei9. Eine gewisse über sehr schwer fällt, läßt er sich nicht davon abbringen, eine volltönende 1 Moralpredigt zu halten. D. 269f. 2 D. 271 — 283. I n merkwürdigem Gegensatz dazu stehen Sostratos' Worte gegenüber seinem Vater, denen offenbar die Auffassung Tyches als blind waltender Gottheit zugrunde liegt (797ff., bes. 803). Das Verhältnis dieser beiden Reden verdiente eine besondere Untersuchung. Vgl. auch Georgos frg. 1 (Koe.). ' D. 288. Ich glaube nicht, daß er sich nur dumm stellt. Vgl. die ganz ähnliche Frage des Smikrines (Epitr. 742f.), der auch nicht weiß, was er mit Onesimos' Predigt anfangen soll. 4 D. 293f. Besonders wirkungsvoll die Nachtragsstellung von πολλών; er f ü g t noch etwas an, um ganz deutlich zu sein. s 6 "Απολλον in D. 293. Eun. 8 6 4 ­ 8 6 6 . 7 8 D. 289. D. 286f. » Eun. 8 6 7 ­ 8 7 1 . Dyskolos 233—381 u n d Eunuchus 817 — 922 303 Entsprechung dafür findet sich im Dyskolos in Gorgias' Worten, in denen er Sostratos erklärt, worin sein Verbrechen bestand 1 . In beiden Szenen schlägt die Handlung jetzt um; die Versöhnung beginnt. I m Dyskolos k o m m t Sostratos, der vielleicht schon lange zu einer Gegenrede angesetzt h a t t e 2 , in Vers 301 endlich zu W o r t e : Nicht zu irgendeinem bösen Zweck sei er gekommen, sondern aus echter Liebe. Nicht das Mädchen selbst suchte er eben, sondern ihren Vater, den er u m ihre H a n d bitten wollte. E r r u f t F a n u n d die N y m p h e n als Zeugen seiner lauteren Gesinnung an, und es ist ihm sehr peinlich, d a ß seine Absichten mißdeutet w u r d e n :zwvutsronmlkihgfedcbaTSNMHGEB τετάραγμ <αιδ*>, ϊσθ' δτι, / ούδέ μ ετρίως , εϊ σοι τοιούτος φαίνομ αι*. Gorgias wird durch dies warme Be­ kenntnis sofort überzeugt u n d entschuldigt sich f ü r seinen h a r t e n T o n 4 : άλλ' ε<ϊ> τι κάγώ τοϋ δέοντος σφοδρότερον / είρηκα, μ ηδέν τοϋτο λυπείτω σ' έτι. / 2{ι}μ α γαρ μ εταπείθεις ταϋτα καΐ φίλον μ * 6χεις . E r gibt sich als Halbbruder des Madchens zu erkennen, was Sostratos nicht ungern hört, denn er sieht in ihm sofort einen Helfer f ü r die Erfüllung seines Wunsches®. Zurück zum Eunuchus. Chaerea antwortet auf Thais' Vorwürfe:xvutsrqponmlihgfedcb at nunc dehinc spero aeternam inter nos gratiam / fore, Thais, saepe ex huiusmodi re. quapiam et / malo principio magna familiaritae / con­ flatast. quid si hoc quispiam voluit deus ? e Eine wenn nicht wörtliche, so doch inhaltliche Parallele zu Sostratos' Feststellung, Gorgias werde ihm χρήσιμ ος . . . είς τά λοιπά sein7, ist nicht zu verkennen; beide Δußerungen laufen ja darauf hinaus, daß gerade durch die Schandtat in Zukunft besonders herzliche Beziehungen herrschen werden 8 . Auch der Hinweis auf die Mitwirkung eines Gottes ist im Dyskolos in der gleichen Szene zu finden9. Thais nimmt Chaereas Auffassung von seiner Tat wohlwollend zur Kenntnis 10 . Erst jetzt folgt seine eigentliche Rechtfertigung: . . . unum hoc scito, contumeliae / me non fecisse causa, sed amoris11. Hier haben wir das Gegenstück zu Sostratos' langer Rede; den 13 Versen des Dyskolos entsprechen im Eunuchus ein und ein halber Vers. Um so erstaunlicher, daß wir eine formale Parallele finden: ,unum hoc scito'12 entspricht genau dem ϊσθ' δτι13. Nun macht auch Thais aus ihrer Haltung kein Hehl mehr:tsrpolieca scio, / et pol propterea mφge nunc ignosco tibi. / non adeo inhumano ingenio sum, Chaerea, / neque ita imperita, ut quid amor valeat nesciam14. Diese Verse entsprechen etwa denen des Dyskolos, in denen Gorgiae seine Verzeihung aussprach 15 . Aber es besteht eine weitergehende Be1 8 8 D. 2 8 9 - 2 9 3 . D. 299. D. 313f. * D. 315—317. 7 D. 320. « Eun. 872-875. D. 320. 8 Chaerea erklärt in 885 ff. deutlicher, worauf sich dietriga gratia gründen soll. 10 11 11 " D. 346f. E u n . 876. E u n . 877f. E u n . 877. 18 11 15 D. 313. Eun. 878-881. D. 315ff. s 304 W O L D E M A B GΦRLER ziehung zwischen beiden Stücken. Auch über Gorgias' Erfahrung in Liebesdingen werden wir nämlich belehrt. In v. 341 fragt Sostratos den Gorgias, der ihm von seinen Bemühungen abrät, ob er denn nie verliebt war. Gorgias verneint es mit dem Hinweis auf seine Armut, worauf Sostratos seine erstaunte Frage noch einmal unterstreicht: wutsronmlkjihgf άπειρότερος γ' ών διατελεϊ<ς > / πε[ρί το^ϋτ'1. Es kann kein Zufall sein, daß hier auch im Zusammenhang mit der Macht der Liebe von Unerfahrenheit gesprochen wird. Und wieder einmal haben wir den Fall, daß in den beiden Stücken die Vorzeichen verkehrt sind: Gorgias ,neqwe ita imperita'. ist άπειρότερος . Thais istxwvutsrqponmihgedca Etwas Δhnliches begegnet uns im folgenden. Während es im Dyskolos Gorgias war, der Sostratos seine Freundschaft anbot 2 , sagt hier Chaerea:xwvutsrqponmlihgfedcbaT te quoque iam, Thais, ita me di bene ament, amo3. Im Dyskolos wird jetzt das mit χρήσιμ ος 4 angeschlagene Thema durch­ geführt. Gorgias schildert den Charakter und die Lebensweise seines Stiefvaters und versucht, Sostratos von seinem Vorhaben abzubringen 6 . Es wäre nicht erstaunlich, wenn die Parallelität der beiden Szenen hier abbräche, da diese Rede des Gorgias und alles folgende fest im Thema des Dyskolos verwurzelt ist. Trotzdem gehen die Beziehtingen noch weiter. Auch im Eunuchus wird jetzt das mit gratia'6 angedeutete Verhältnis näher erklärt. Chaerea: nunc ego te in hac re mi oro vt adiwtrix sies, / ego me, tuae commendo et committo fide, / te mihi patronam capio, Thais, te obsecro: / emoriar si non hanc uxorem dvxero1. Zum letzten Vers finden wir eine Parallele am Ende unserer DyskolosSzene: ούτως έχω* παραποθανεϊν ήδη μ ε δει / ή ζην έχοντα την κόρην8. Viel erstaunlicher ist es jedoch, daß Thais als Antwort genau wie Gorgias den Vater anführt, den Vater, von dem noch nie vorher die Rede war! Es ist zwar der Vater des Liebhabers, von dem hier Schwierigkeiten erwartet werden, aber eben das ermöglicht eine weitere Parallele mit umgekehrtem Vorzeichen: Während Gorgias völlig sicher ist, daß sein Stiefvater nicht einverstanden sein wird, und das ausführlich begründet, sagt hier Chaerea kurz und bündig: . . . ah, volet, certo scio, / civis modo haec sit9. 1 a D. 345f. D. 317. Eun. 882. Bei Terenz folgt eine kleine Episode mit Pythias (883f.), die wahrscheinlich von Terenz eingefügt ist, da sie an ,amo' (882) anknüpft. Griechisch hieß es sicherzwutsronmlihgfedcaVED φιλώ, war also nicht zweideutig. 4 6 6 7 D. 320. D. 322£f. Eun. 872. Eun. 8 8 5 ­ 8 8 8 . 8 D. 379f. Vgl. auch άλλ' άντιβολώ συναγώνισαί μ οι (362) mit ,nunc ego te in 8 hac re mi oro vi adiutrix sies' (885). 9 Eun. 889f. Dyskolos 2 3 3 - 3 8 1 und Eunuchus 817 — 922 305 Im Dyskolos, wo die Szene viel breiter angelegt ist, folgt jetzt die zweite Beteuerung des Sostratos, wie ernst es ihm sei1, worauf ihm Gorgias widerstrebend den richtigen Weg weist: Er muß mit aufs Feld gehen und dort um die Hand der Tochter anhalten 2 . Sostratos möchte sofort losgehen, aber Gorgias hält ihn zurück: . . .zwvutsrponmlkihgfedcbaVP μ ά Δ ί', 3 άλλά μ [εΐνο]ν, δστερον / έξεισιν ήν εϊωθ­εν . Das gleiche Motiv findet sich im Eunuchus sinnvoll abgewandelt: Da Pamphila keinen Vater mehr hat, ist es ihr Bruder, der angekündigt wird, da es im Eunuchus keine Schwierigkeiten mehr gibt, braucht Chaerea nicht lange zu warten; Thais:...vutsrponmlihgfedcbaT paullvlum opperirier / si vis, iam frater ipse hic aderit virginis4. In beiden Stücken wird jetzt der Abgang vorbereitet. Thais schlägt Chaerea vor, doch lieber in ihrem Hause zu warten, im Dyskolos bereitet man sich vor, auf das Feld zu gehen. Im einzelnen divergieren unsere beiden Szenen jetzt recht stark, und doch gibt es noch zwei bedeutsame Gemeinsamkeiten. Im Dyskolos geht Sostratos ab, weil er Knemon nicht in der χλανίς begegnen will 6 . Auch im Eunuchus ist es die Kleidung des Liebhabers, die es ihn vorziehen läßt, dem Bruder der Geliebten nicht auf der Bühne zu begegnen®: perii hercle: obsecro / abeamus intro, Thais: nolo me in via / cum hoc veste videat. Im Eunuchus wirkt dieser Abgang etwas krampfhaft, denn es ist nicht einzusehen, weshalb er sich im Haus seines Eunuchengewands weniger schämen sollte, und ein anderer Abgang wäre leicht zu erfinden gewesen. Vor allem aber darf man nicht übersehen, daß im Eunuchus das Gewand seine dramatische Funktion bereits erfüllt hat und daß die vorliegende Szene beinahe ebenso auch ohne das Gewand möglich wäre. Mir scheint darum, daß gerade dieser Übereinstimmung besonderes Gewicht beizumessen ist. Die andere Gemeinsamkeit am Schluß unserer Szene ist das Verhalten von Pythias bzw. Daos. Beide können es nicht verstehen und sind höchst ärgerlich darüber, daß ihr(e) Herr(in) sich so rasch mit dem von ihnen entdeckten Missetäter ausgesöhnt hat. Bei Pythias äußert sich dieser Δrger zunächst in sicher nicht ganz scherzhaft gemeinten Warnungen an Thais, Chaerea nicht in ihf Haus zu nehmen 7 . Aber erst nachdem Thais und Chaerea abgegangen sind, macht sie ihrem Δrger Luft und überlegt, wie sie Rache nehmen kann 8 . Da sie es nun 1 D. 341 ff. » D. 349ff. 4 D. 358f. Ich ziehe mit MARTINwvutsrponkihfedcWE μ εΐνον vor. Eun. 890f. s Es ist kein Widerspruch, wenn schließlich vom Umziehen nicht die Rede ist. Sostratos legte auf dem Feld sein Obergewand einfach ab, was er auf der Bühne nicht konnte. Auch 754 erwähnt Knemon keine διφθέρα, sondern nur seine gebräunte Haut. · Eun. 905—907. ' Eun. 896ff. » Eun. 910ff. 10 Zeitschrift „Philologus" 3/4 3 306 WOLDEMAB GΦBLEB nicht mehr wagt, Chaerea, der offensichtlich unter dem Schutz der Thais steht, zu nahe zu treten, muß Parmeno, der die Schandtat eingefädelt hat, dafür herhalten. Ihm will sie übel mitspielen und ersinnt einen bösen Plan1. Im Dyskolos bleibt Sostratos als letzter auf der Bühne. Daos hat also keine Gelegenheit, seinen Plan vorher zu verkünden, sondern setzt ihn gleich in die Tat um: Er ist es, wie die Personenangabe im Papyrus zeigt, der den Vorschlag macht, daß Sostratos sich Knemons Herz durch Feldarbeit gewinnen soll2. Ob Gorgias, dem in v. 365 praktisch durch Daos das Wort abgeschnitten wird, den gleichen Vorschlag gemacht hätte, tut nichts zur Sache. Mit den Worten τί κακοπαθεΐν σαυτδν βιάζη<ι>; erklärt er sich mehr oder weniger damit einverstanden. Die Verse 371b—374 spricht Daos a parte; sie sind das Gegenstück zum Monolog der Pythias 3 . Vieles spricht dafür, daß Menander4 die von uns beobachtete Parallelität bewußt geschaffen hat, und es ist verlockend, sich die Frage vorzulegen, was er mit diesem Wiederaufhehmen einer früheren Szene® bezweckt haben könnte. Es wäre jedoch sicher verfrüht, aus dieser Einzelbeobachtung allgemeine Folgerungen über die Arbeitsweise Menanders zu ziehen, zumal wir in der nächsten Zeit mit der Veröffentlichung eines weiteren Menanderfundes rechnen dürfen·. So viel läßt sich jedoch bei aller gebotenen Zurückhaltung sagen: Es ist allgemein anerkannt, daß man Menanders Originalität nicht darin 1 Ob ihr Monolog bei Menander auch durch das Auftreten des Chremes und der Amme unterbrochen war, wage ich nicht zu entscheiden. Auf alle Fälle mußten die beiden über die Bühne ins Haus der Thais gehen, und auch Pythias mußte in v. 941, wenn ihr Auftritt wirken sollte, aus dem Haus kommen, also vorher hineingehen. Ihre Abgangsmotivierung (921) klingt allerdings geflickt, 1 da sie ja schon 914f. alles erfragt hatte. D. 365ff. * I n beiden Fällen wird eine Intrige eingeleitet, aber in beiden Fällen nicht vom herkömmlichen Typ des intrigierenden Sklaven. THTERFELDER, Hermes 71 (1936) 333ff. hat die Frage angeschnitten, ob nicht Menander oft in bewußter Opposition gegen die herkömmlichen Typen gestanden hat. Zweifellos gehören auch unsere Fälle in diesen Zusammenhang. 4 Wir sind bei der Gegenüberstellung der beiden Szenen mit wenigen Ausnahmen nicht auf die Frage eingegangen, ob wir im Eunuehus überall auf menandrischem Boden stehen. Diese Frage ist im letzten unlösbar. Man kann aber mit einiger Wahrscheinlichkeit behaupten, daß Terenz hier fast nichts geändert hat. Wenn die Beziehimg zwischen den beiden Stücken trotz der Übersetzimg so evident geblieben ist, haben wir allen Grund, an eine getreue Übersetzung zu glauben. 5 Es läßt sich nicht mit Sicherheit entscheiden, welche Szene die frühere ist, d a theoretisch eine Erweiterung ebenso möglich ist wie eine Kürzung. 8 V. MABTIN, Scriptorium 1 4 (1960) 3. Dyskolos 233 — 381 und Eunuchus 817 — 922 307 suchen darf, daß er neue Handlungen und Situationen erfand, sondern daß er herkömmlichen Handlungsschemen durch interessante Charaktere neue Reize abgewann. Nach dem Vergleich unserer beiden Szenen dürfen wir noch einen Schritt weiter gehen: Nicht nur gleiche Handlungsschemen hat Menander mehrfach in verschiedener Weise verwandt. Mindestens einmal hat er dies Spiel so weit getrieben, daß er eine ganze Szene einer Komödie in einer anderen nachgebildet und trotzdem beiden Szenen durch die unterschiedlichen Charaktere und die unterschiedliche Stellung im dramatischen Ablauf einen völlig verschiedenen Stimmungsgehalt gegeben hat. London K arl Bä rw ick D IE VORREDE ZUM ZW E ITE N BUCH D ER RHETORISCHEN JU GENDSCHRIFT CICEROS U ND ZUM VIE RTE N BUCH DES AUCTOR AD HERENNIU M Wie das erste, so eröffnet Cicero auch das zweite Buch seiner rhetorischen Jugendschriffc mit einer umfangreichen Vorrede. Beide Vorreden hängen mit dem Inhalt des Buches, an dessen Spitze sie stehen, nur ganz lose oder gar nicht zusammen. Um so größer ist das Interesse, das sie beanspruchen dürfen. Auf die Vorrede des ersten Buches hoffe ich bei anderer Gelegenheit zurückzukommen; hier zunächst einige Bemerkungen zu der des zweiten Buches. I Die Vorrede beginnt mit einem ausführlichen Bericht (1—3) über die Entstehung eines Helenabildes für den Junotempel in Croton. Di e Crotoniaten beabsichtigten, so erzählt Cicero, diesen Tempel mit einer Reihe prächtiger Gemälde auszustatten. Sie wandten sich aus diesem Anlaß an den damals berühmtesten Maler, Zeuxis. Als er mehrere Gemälde geschaffen hatte, äußerte er den Wunsch, ein Bild der Helena zu malen,zxvutsrponmlihgfedcba vi excellenlem mvliebrie formae pzdchr i t udi nem muia in se imago contineret. Die Crotoniaten gingen bereitwillig auf seinen Plan ein in der Überzeugung, daß er ein herrliches We rk schaffen würde; und sie täuschten sich nicht. Bev or Zeuxis an die Arbeit ging, fragt e er sie nach den schönsten Jungfrauen in Croton. Man führt e ihn in die Paläst ra und zeigte ihm eine große Anz ahl schöner K naben (denn Croton zeichnete sich damals durch kräftige und schöne Menschen aus). Als der Künstler ihre Schönheit sehr bewunderte, erklärte man ihm, die K nabe n 10«