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Ayazmakirche in Assos. Pilgerheiligtum und Grabkirche.pdf

2016, Assos. Neue Forschungsergebnisse zur Baugeschichte und Archäologie der südlichen Troas

Abstract

In Assos, a three-nave basilica was built in the early Byzantine period in the Hellenistic-Roman necropolis in which a saint grave was integrated. The tomb is characterized by a channel through liquids could be directed into the interior of the tomb. In middle Byzantine times, the building was converted into a church with isolated aisles. The naos was used for liturgical purposes, the surrounding rooms and the area around were used as a burial place. A special feature was the newly built chapel east of the apse, in and around which a large number of dead-born babies were buried.

ASIA MINOR STUDIEN BAND 78 Forschungsstelle Asia Minor im Seminar für Alte Geschichte der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster ASIA MINOR STUDIEN Band 78 Assos Neue Forschungsergebnisse zur Baugeschichte und Archäologie der südlichen Troas 2016 DR. RUDOLF HABELT GMBH ∙ BONN Forschungsstelle Asia Minor im Seminar für Alte Geschichte der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster Assos Neue Forschungsergebnisse zur Baugeschichte und Archäologie der südlichen Troas herausgegeben von Nurettin Arslan – Eva-Maria Mohr – Klaus Rheidt 2016 DR. RUDOLF HABELT GMBH ∙ BONN Gedruckt mit Unterstützung der »Deutschen Forschungsgemeinschaft« . Abbildung Umschlag: Assos. Blick von der unteren Akropolisterrasse über die Westflanke der Stadtmauer und die Westnekropole auf die Insel Lesbos 2015 (Roland Wieczorek, Lehstuhl Baugeschichte der BTU Cottbus-Senftenberg) Beiträge und Anfragen sind zu richten an: Forschungsstelle ASIA MINOR im Seminar für Alte Geschichte der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster Georgskommende 25 D–48143 Münster Redaktion: Nadine Marcinczik und Lisa Güllüce ISBN 978-3-7749-3951-6 Ein Titeldatensatz ist bei der Deutschen Bibliothek erhältlich. (http://www.ddb.de) Copyright 2014 by Dr. Rudolf Habelt GmbH, Bonn INHALTSVERZEICHNIS Vorwort H. Türk Bemerkungen zu den Befestigungsanlagen von Assos VII 1 B. A. Polat-Becks Höhensiedlungen der archaischen und klassischen Zeit bei Assos 13 B. D. Wescoat Architectural Expectations and the Temple of Athena at Assos 33 K. Müller Untersuchungen auf der Akropolis von Assos 53 N. Arslan Neue Forschungen zur Agora von Assos 85 C. Bakan Hellenistic Pottery from Assos: Deposits and Chronological Issues for Future Studies 107  Early Layers within the Living Quarter in the Southwest City of Assos 121 E.-M. Mohr – K. Rheidt Der Assossurvey 2010–2012. Forschungen zu Stadtstruktur und Entwicklung von den Anfängen bis in römische Zeit 129  New Evidences for a 2nd–3rd Century AD Phase of the Roman Baths at Assos 159 D. S. Lenger A new Commodus Medallion from Assos 163 R. Stupperich Die Grabungen in der Westnekropole in den Jahren 1989–1994 unter Berücksichtigung der neuen stadtentwicklungsgeschichtlichen Fragestellungen 169 A. Külzer Von Assos nach Pergamon und Ephesos: Betrachtungen zu den Straßen Westkleinasiens in römischer und byzantinischer Zeit 185 B. Böhlendorf-Arslan Die Ayazmakirche in Assos. Lokales Pilgerheiligtum und Grabkirche 205 U. Wittke Die Westkirche in Assos 221  Farbtafeln 1–16 Faltplan VORWORT Mit dem Band ›Assos. Neue Forschungsergebnisse zur Baugeschichte und Archäologie der südlichen Troas‹ knüpft das Assos-Projekt an die langjährige erfolgreiche türkisch-deutsche Zusammenarbeit in Assos und die bewährte Publikation ihrer Ergebnisse in den Asia Minor Studien an. Grundlegend ›neu‹ an der Konzeption der Untersuchungen der letzten Jahre ist vor allem der stadtentwicklungsgeschichtliche Blickwinkel, der den Forschungen zugrunde liegt und durch welchen die bauliche Entwicklung der Stadt Assos in ihren wesentlichen historischen Umbruchphasen insgesamt in den Fokus genommen wird. Der diachrone Blick auf die Gesamtstadt ist es, der Assos als bislang weitgehend unbeachtetes bzw. unbekanntes Fallbeispiel in die wissenschaftliche Diskussion um die urbanistische Entwicklung im westlichen Kleinasien einbringt. Neben den Forschungen zum archaischen Tempel auf der Akropolis, die Ende des 19. Jhs. im Zuge der amerikanischen Assos-Expedition1 ihren Anfang nahmen, trugen vor Beginn der neuen Forschungen lediglich die Ergebnisse der Untersuchungen in der Westnekropole zur Bereicherung des Bildes der Stadt und ihrer Entwicklung in den frühen Siedlungsphasen bei. Die von Reinhard Stupperich im Rahmen der Assos-Grabung zwischen 1989–1994 untersuchten hoch            Siedlung seit archaischer Zeit hin, deren Ausdehnung und Gestalt in den wesentlichen Epochen der Stadtgeschichte jedoch ebenso ungeklärt bleiben mussten, wie die Transformationsprozesse, die Stadtbild und Siedlungsstruktur veränderten und prägten. Auch die Sondagen, die nach Abschluss der amerikanischen Grabungen im Jahre 1883 erstmals    !"#$  % &&' &&(#$ )  den, lieferten keine neuen Erkenntnisse zur Entwicklung der griechisch-römischen Stadt. Bis 1996 konzentrierten sich diese Grabungen vor allem auf ein Quartier südlich des Gymnasions in der Weststadt und erbrachten insbesondere Hinweise auf Aussehen und Struktur der Besiedlung in den spätrömisch-frühbyzantinischen Phasen.2 Insgesamt lag der Schwerpunkt der Arbeiten in Assos nach Abschluss der Nekropolengrabung auf der Restaurierung des Tempels und des Theaters sowie auf der Herrichtung der Ruinen für den Tourismus. Die Stadt selbst und die zahlreichen offenen Fragen zu ihrem Aussehen in den wesentlichen Epochen ihrer langen Entwicklungsgeschichte gerieten erst seit 2006 unter der Direktion von Nurettin Arslan erneut ins Blickfeld der Forschungen und führten zu Nachuntersuchungen an älteren Grabungsschnitten im Bereich der Nordhalle der Agora und des Bouleuterions sowie in der Westnekropole. Zudem wurden Untersuchungen zu den Inschriften im Theater und an der Agora sowie Grabungen im Bereich der 2002 entdeckten Kirche auf dem Ayazma Tepe in der Fortsetzung der Westnekropole durchgeführt.3 Seit 2007 werden im Stadtgebiet, auf der Akropolis und an den Befestigungsanlagen erneut systematische archäologische und bauforscherische Untersuchungen durchgeführt, welche das Desiderat einer Einordnung der Ergebnisse in übergeordnete städtebauliche Zusammenhänge immer deutlicher hervortreten ließen. Im Jahr 2008 Clarke et al. 1902/1921. * + !;*<=%>#  ? @* 3 Ausführlich zu Forschungsgeschichte, neuen Forschungszielen und methodischen Grundlagen s. Arslan – Rheidt 2013, 195–200; außerdem zum DFG-geförderten Teilprojekt der BTU Cottbus s. https://www.b-tu.de/fg-baugeschichte/forschung/projekte/aktuelle-projekte/assos. 1 2 VIII Vorwort wurde mit vorbereitenden Maßnahmen, insbesondere der Schaffung geodätischer Grundlagen für eine Untersuchung der Gesamtstadt begonnen. Seit 2010 wird das Projekt zur Erforschung der Entwicklungsgeschichte der Stadt Assos von ihren prähistorischen Anfängen bis in die römische Zeit von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert, dem sich dann 2013 ein weiteres Projekt zur Untersuchung des spätantiken und byzantinischen Assos anschloss.4 Die neuen türkisch-deutschen Forschungen in Assos verfolgen die gemeinsamen Ziele, die offenen stratigraphischen Fragen zur zeitlichen Einordnung der Großbauten, die durch die amerikanischen Ausgrabungen bekannt gemacht wurden, zu klären, den zugehörigen städtebaulichen Kontext zu rekonstruieren und das so gewonnene Bild der Stadt in ihren wesentlichen Epochen in die entwicklungsgeschichtlichen Zusammenhänge innerhalb der Region einzuordnen. Der vorliegende Band der Asia Minor Studien geht auf ein internationales Kolloquium zurück, das vom 15.–17. November 2012 mit dem Ziel durchgeführt wurde, erste Ergebnisse und Hypothesen zur Stadtentwicklungsgeschichte von Assos vorzustellen und in einem interdisziplinären Rahmen zu diskutieren. Neben der unverzichtbaren siedlungstopographischen und infrastrukturellen Einbindung der Siedlung in die südliche Troas,5 wurde in diesem Zusammenhang deutlich, welch hohen Erkenntnisgewinn hinsichtlich Stadttopographie, Anlageprinzipien sowie Entwicklung, Infrastruktur und architektonischem Erscheinungsbild die Forschungen der letzten Jahre bereits erbringen konnten und welche Fragen dringend in zukünftigen Forschungen fokussiert werden müssen. Die Stadt Assos ist mit ihrem eindrucksvollen spätarchaischen Tempel6 sowie gut erhaltenen Befestigungsmauern und zentralen Bauwerken aus archaischer, spätklassischer und hellenistischer Zeit als paradigmatisches Beispiel für zahlreiche Fragen antiker Stadtgeschichte in die Handbücher eingegangen. Sämtliche Theorien zur Stadtentwicklung und zu den städtischen Bauten beruhen bisher jedoch auf den Zeichnungen und Berichten der amerikanischen Expedition aus den Jahren 1881–1883. Durch das Kooperationsprojekt der BTU Cottbus und der Onsekiz Mart Üniversitesi Çanakkale wurde nun erstmals ein neuer, verlässlicher Stadtplan erstellt und das gesamte Stadtgebiet in einem Intensivsurvey detailliert erforscht.7 Grabungen, Reinigungsarbeiten und Bauaufnahmen auf der Akropolis erbrachten wertvolle Hinweise auf bislang unbekannte antike Bauten in der Umgebung des archaischen Tempels und lassen es außerdem zu, die byzantinische und osmanische Burganlage in groben Zügen rekonstruieren.8 Die vollständige Dokumentation der hoch aufragenden Befestigungsanlagen sowie Detailuntersuchungen an einzelnen aussagekräftigen Abschnitten ermöglichen es nicht nur, deren relative Chronologie überzeugend zu klären, sondern auch einzelne Abschnitte der Ummauerung, die mit 3,5 km Länge ein 50 ha großes Stadtgebiet einfasst, bis hin zu Treppen, Wehrgang und Zinnen detailliert zeichnerisch zu rekonstruieren.9 Zudem liefern gezielte Sondagen an der Agora und südlich des Westgymnasions sowie in einem Wohnviertel in der Weststadt und im Bereich der Ayazmakirche westlich der Stadt – wie auch Nachuntersuchungen in der Westnekropole Y[   ? *!**+ \ ]^'_ (>+## '_ @`\ ]{ '_ '`\ *'_ _`\ *'_ `\ *'_ '`\ '_ (`^'_ |} 305–308; Türk 2012; Türk 2014. 5 s. die Beiträge von A. Polat-Becks und A. Külzer in diesem Band. 6 s. den Beitrag von B. D. Wescoat in diesem Band. 7 s. den Beitrag von E.-M. Mohr – K. Rheidt in diesem Band. 8 s. den Beitrag von K. Müller in diesem Band. 9 s. den Beitrag von H. Türk in diesem Band. 4 Vorwort IX und an der sog. Westkirche – umfassende Erkenntnisse zur Geschichte der Bauten selbst, aber auch zu ihrer wechselnden Bedeutung im Stadtorganismus.10 Auf der Grundlage dieser neuen und teilweise überraschenden Ergebnisse und Befunde wurden während des Kolloquiums vor allem Fragen zur Chronologie der Bauten, ihrer überregionalen Bedeutung und Einordnung sowie möglicher Akkulturations- und Transformationsprozesse, die sich in den beobachteten Entwicklungen widerspiegeln, diskutiert. Wir freuen uns sehr, dass nahezu alle Teilnehmer des Kolloquiums ihre Beiträge für die vorliegende Publikation bearbeitet, teilweise erheblich erweitert und um wertvolle Erkenntnisse bereichert haben, die durch die anschließenden intensiven Diskussionen gewonnen wurden. Besonders erfreulich ist, dass die Mitarbeiter des Assos-Projektes, die an der Teilnahme am Kolloquium verhindert waren, ihre Beiträge dennoch eingereicht haben11 und so das Spektrum der vorgestellten Forschungen vervollständigen. Insbesondere der Austausch zwischen den ›älteren‹ Protagonisten der Assos- bzw. Troasforschung und den Mitgliedern unseres Forschungsteams führte zu wesentlichen neuen Erkenntnissen, welche das enorme Potenzial des Ortes für weitere archäologische Arbeiten und für die Lösung städtebaulich-historischer Fragen deutlich machen. Allen, die zum Gelingen und zu den fruchtbaren Diskussionen im Rahmen des Kolloquiums beigetragen haben, danken wir herzlich. Eva-Maria Mohr hat die Beiträge für den Druck vorbereitet. Ihr und der Redaktion der Asia Minor Studien ist die zügige Bearbeitung zu verdanken. Darüber hinaus danken wir der BTU Cottbus für die tatkräftige Unterstützung des Forschungsprojektes und des Kolloquiums. An den hier präsentierten Forschungen waren neben den Autorinnen und Autoren zahlreiche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Studentinnen und Studenten deutscher und türkischer Universitäten beteiligt. Ohne sie und die \   \€     [  ‚  möglich gewesen. Ihnen allen sei für ihren engagierten Einsatz herzlich gedankt. Dezember 2014 Nurettin Arslan, Eva-Maria Mohr und Klaus Rheidt * !ƒ*\ };*<=%}„*†}* €\ ‚*‡†#* s. die Beiträge von D. S. Lenger und U. Wittke in diesem Band. Leider war es A. Matthaei nicht möglich, seinen Beitrag zu Atarneus für die Kolloquiumsakten fertig zu machen. Dieser wird an anderer Stelle erscheinen. 10 11 X Vorwort Verzeichnis der Abkürzungen ƒ\†) +#^Š\ ‹!'__ >\\ '__|Œ'}( ](&&@ ! Ž Arslan et al. 2010 N. Arslan – H. Türk – M. Kiderlen – K. Müller – B. Böhlendorf-Arslan – *+}\'__ ‘‘+‘!^ =’‘“# ‘}( *$ } 2010, 225–240 \ *'_  ƒ*\ ]* €\ ]”*) †];*<=%]*•) } \+‘‘'__&‘‘+‘}^ =!; ‘#’‘“# ‘}('* KST 3, 2011, 235–250 \ *'_ ' ƒ*\ ]* €\ ]{*†];*<=%]*•)  ]”*) †}\'_ _‘‘+‘!^ =’‘“# ‘}((*$(} 2012, 41–64 \ '_ ( ƒ*\ }'_ ‘‘\+‘’‘“# ‘}(*$'}'_ (}( &](( Arslan – Eren 2012 N. Arslan – K. Eren, L’agora d’Assos: le plan, la construction et les différentes phases de son utilisation, in: L. Cavalier – R. Descat – J.  „ >” *@} —    ˜  ™\ #  > š'_ '@'›(]' Arslan – Rheidt 2013 N. Arslan – K. Rheidt, Assos. Bericht über die Ausgrabungen und Forschungen zur Stadtentwicklungsgeschichte 2006 bis 2011, AA 2013/1, 195–246 Clarke et al. 1902/1921 J. T. Clarke – F. H. Bacon – R. Koldewey, Investigations at Assos. Expedition of the Archaeological Institute of America. Drawings and Photographs of the Buildings and Objects Discovered During the Exca! } '} (> &_'Œ &' @ Rheidt 2015 K. Rheidt, Polis und Stadtbild im 4. und 3. Jh. v. Chr., in: A. Matthaei, ]•*Y## #>” *@}‚ $ † )  ‹ #”#*Šœ #|>”  '_ |@(__]('& Türk 2012 H. Türk, Ein neues Gesicht für die Stadt. Die Befestigungsanlagen von Assos in der Troas, in: Bericht über die 46. Tagung für Ausgrabungswis >Š '_ '@ &] ' Türk 2014 H. Türk, Entlang – entgegen – hindurch. Die Bedeutung der Befestigungsanlagen für die Erschließung der Stadt Assos, in: D. Kurapkat – P. I. $ ]‚*‡€^>” *@}Š\ † ‡* #^#}Š†\ >^ '_ @'›]( DIE AYAZMAKIRCHE IN ASSOS: LOKALES PILGERHEILIGTUM UND GRABKIRCHE (Taf. 78–84; Farbtaf. 14) Die Ayazmakirche liegt an der in archaischer Zeit angelegten Gräberstraße, die vom Westtor aus kommend in einer sanften Schleife nach Westen abbiegt und bis weit vor die Tore der Stadt Assos führt (Taf. 78, 1). Namensgebend für die Kirche ist der Vermerk auf einem alten Katasterplan, nach dem das Gebiet nordwestlich der Stadt als Flur ›Ayazma‹ und der sanfte Hügel, auf dem die Kirche steht, als ›Ayazmatepe‹ bezeichnet wird. Es gibt keine Hinweise auf ein ”#}!# ƒ# †*‹ ‚#Ÿ jedoch mindestens zwei Quellen. Der Platz ist damit für Assos ungewöhnlich reich mit Wasser ausgestattet, was auch der Anlass für die Namensgebung gewesen sein könnte. Ob dieser Name von der byzantinischen Zeit bis heute tradiert wurde, lässt sich nicht mehr feststellen. Nach der Eroberung durch die Osmanen siedelten sich Türken auf der Rückseite des Stadtberges in einem Dorf an, welches Behramkale genannt wurde und heute noch bewohnt ist. Dass die Bezeichnung ›Ayazma‹ auf eine griechische Bevölkerung zurückzuführen ist, kann daher ausgeschlossen werden.1 Die antike Nekropole dehnt sich um mindestens weitere 600 m nordwestlich der freigelegten œ  ###  \   Bestattungsareal neben der modernen Fahrstraße annehmen lässt. Dies belegen u. a. mehrere in Fundamenten erhaltene Grabhäuser und zwei Rundbauten sowie zahlreiche Sarkophage, die hier verstreut liegen. Die Ayazmakirche wurde über zwei solcher antiker Grabterrassen errichtet und überdeckt des Weiteren einige hellenistische und römische Einzelgräber (Taf. 78, 1. 2; 79, 1). Dieser traditionsreiche Bestattungsplatz wurde in frühchristlicher Zeit erneut prominent belegt. Durch Eintiefen in den gewachsenen Felsen schuf man eine unregelmäßige Grube von etwa 1 x 2,50 m, deren Seitenwände der rohe, nicht geglättete Felsen bildet. Die Eintiefung wurde als Grab genutzt, da sie mit einem großen giebelförmigen Sarkophagdeckel, offenbar hier in zweiter Verwendung, abgedeckt ist (Taf. 79, 2). Die Grabgrube war an einigen Stellen breiter als der Deckel, daher wurden am Rand noch zusätzliche Platten eingepasst, um die Grube zu verschließen. Von diesen Platten ist noch eine in situ erhalten. Beim nachträglichen Öffnen des Grabes wurde der vordere Teil des Deckels abgebrochen, er liegt nun neben dem Grab. In den rückwärtigen Teil des Sarkophags führt ein mit Platten gedeckter Kanal, der leicht gebogen bis an die Nordwand reicht (Abb. 1 ; Taf. 79, 2). Mit dem nur knapp 30 cm breiten Kanal wurden offensichtlich Flüssigkeiten wie Wasser oder Öl in den Sarkophag geleitet, die dann an den Füßen beginnend ) #" # ##  Das Projekt „Die Stadtentwicklung von Assos (Türkei) in spätantiker und byzantinischer Zeit“, aus dem dieser Beitrag generiert wurde, wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert. Die Autorin dankt dem Fördergeber und vor allem auch dem Ausgrabungsdirektor, der das Arbeiten in Assos überhaupt ermöglicht hat, sowie dem Ausgrabungsteam herzlich. 1 Die Mauern der Kirche lagen im 19. Jh. so weit frei, dass sie im Übersichtsplan der ersten Publikation der Ausgrabungen eingezeichnet wurden. Hier ist auch der Verlauf der Straße südlich der Kirche vermerkt (Clarke et al. 1902/1921, 13). 206 Beate Böhlendorf-Arslan mosaik N 0 1 m 5 Abb. 1: Grundriss der frühbyzantinischen Kirche konnten.2 Bei dem Sarkophag handelt es sich damit um die Grablege eines oder einer Heiligen; die Knochen wurden als Reliquien verehrt. Durch den Kontakt der eingeleiteten Flüssigkeit entstand eine Sekundärreliquie, die dann abgefüllt der weiteren Verwendung zur Verfügung stand. Die Zeitstellung ähnlicher Anlagen an anderen Orten lässt vermuten, dass das Grab wohl im 5. Jh. errichtet wurde.3 Offenbar war dieses Grab für die Bevölkerung so wichtig, dass es in der ersten Hälfte des 6. Jhs. in einen Kirchenbau integriert wurde. Das nördliche Seitenschiff einer kleinen Basilika wurde sorgfältig um die Grablege herumgebaut. Von dieser frühesten Kirche haben sich nur wenige Reste erhalten, die größtenteils in den mittelbyzantinischen Umbau eingegliedert wurden.4 Zu dem frühbyzantinischen Bau gehören die Apsis, der östliche Querabschluss und die nördliche Längswand. Wahrscheinlich stammt auch der Narthex aus dieser frühen Phase. In der untersten Steinlage der Nordwand stecken in regelmäßigen Abständen sechs Quader; ein weiterer, der genau dazwischen platziert gewesen sein müsste, wurde wohl bei den mittelbyzantinischen Umbauarbeiten entfernt. Diese Blöcke wurden ursprünglich als Basen für Säulen oder Pfeiler ! ` )=+ †# Ÿ$€ œ † rekonstruiert werden (Abb. 1). Der Naos des frühbyzantinischen Baues war mit einem Fußbodenmosaik ausgestattet, das sich nur noch mit einem schmalen Streifen am Nordrand des Raumes nachweisen lässt. Beim Einbau des mittelbyzantinischen Plattenfußbodens wurde das Mosaik vollständig abgetragen. Einige Reste haben sich durch den Einbau einer an die Wand angelehnten Bank erhalten. Das größte erhaltene Mosaikfragment besteht aus roten, orangebraunen, blauen,  +      +  #  ^  # Ÿ 2 In der Kaynak Kilise in Patara wurden einige Sarkophage mit einer Libationsöffnung im Bereich des Kopfes versehen, über die Flüssigkeiten in den Sarkophag gelangten, die dann aber nicht mehr abgeschöpft werden konnten. s. hierzu Peschlow 2015, 465. 3 Engemann 1995, 31–34; Donceel-Voûte 1995, 188–200; Bangert 2010, 298 Anm. 22; 317; Comte 2012, 116–118. 4 s. a. Böhlendorf-Arslan 2013, 232–234. Die Ayazmakirche in Assos: Lokales Pilgerheiligtum und Grabkirche 207 spitzen Winkeln, die durch je ein Viereck geteilt werden (Farbtaf. 14, 1).5 In den Quadraten sind symmetrisch jeweils vier lilienartige Gebilde gruppiert. An das westliche Seitenschiff der frühbyzantinischen Basilika wurde ein Baptisterium angebaut, das mit einer kleinen, nach Osten gerichteten Apsis abschließt (Abb. 1; Taf. 78, 2).6 Nahe der Apsis liegt, etwas aus der Mittelachse geschoben, ein aus zahlreichen zerschlagenen Spolien und Mörtel gefertigtes, kreuzförmiges Becken, welches in die hellenistische Vorgängerbebauung eingebaut wurde. Dabei wurde es nicht bis zur Oberkante in den Boden eingetieft, der obere Teil war von außen noch sichtbar, wie aus den Marmorverkleidungsplatten, die noch in situ an den Wänden anhaften, zu erkennen ist. Der Zugang in das Becken erfolgte offensichtlich von Norden; hier war die Umgebung des Beckenrandes mit quadratischen Ziegelplatten ausgelegt. Die Kirche hatte damit in frühbyzantinischer Zeit mehrere Funktionen; sie schützte und beherbergte das lokale Pilgerheiligtum, zudem wurden hier liturgische Feiern und Taufen durchgeführt. Wahrscheinlich in der Mitte des 7. Jhs. erfuhr die Stadt eine weitreichende Zäsur in der Besiedlungsgeschichte.7 Mit dem Ende der frühbyzantinischen Stadt innerhalb der antiken Befestigungsmauern8 wurde wohl auch die Ayazmakirche aufgegeben, zumindest aber nicht mehr regelmäßig genutzt. Für mindestens 150 Jahre sind keine Aktivitäten in der Kirche durch Funde oder Umbauten belegt. Selbst unter Berücksichtigung einer möglicherweise unzureichenden Grabungsdokumentation des alt gegrabenen Kernbaues auf der einen Seite9 sowie des Umstandes, dass die  +ƒ+  #†?Ÿ} hätten die Ausgrabungen der Anbauten und unmittelbaren Umgebung zumindest Anhaltspunkte für eine Kontinuität der liturgischen Feiern in der Kirche geben müssen. Möglicherweise war die Kirche mit der Bestattung der verehrten Person noch im kollektiven Gedächtnis der Menschen verankert;10 vielleicht war der Sarkophag sichtbar und wurde vereinzelt aufgesucht. Das mag auch der Grund gewesen sein, wieso man ab dem 9. Jh. begann, östlich der Kirche Gräber anzulegen.11 In der ersten Hälfte des 11. Jhs. wurde die Kirche architektonisch umgestaltet. Spätestens zu dieser Zeit wurden die Pfeiler- oder Säulenstellungen im Naos entfernt und durch geschlosse‹ +}$+† ƒ # >* 78, 2; Taf. 79, 2 und Abb. 2).12 Der Fußboden wurde bis auf den hellenistischen Laufhorizont Eine ähnliche Komposition zeigt auch der Randrapport des Mosaiks in der Gymnasionskirche sowie die Umgrenzung des Mittelmotivs des Bemamosaiks in der Westkirche: Clarke et al. 1902/1921, 186 f.; Arslan – Böhlendorf-Arslan 2010, 142–147; Arslan – Bakan 2012, 6–8 sowie den Beitrag von U. Wittke in diesem Band, Farbtaf. 16, 1. 6 Ohne Apsis, dafür aber mit der Ansprache als Grab, ist es schon im Übersichtsplan der ersten Grabungen eingetragen: Clarke et al. 1902/1921, 13. 7 Die Entwicklungsgeschichte von Assos in der Spätantike und byzantinischen Zeit ist Gegenstand eines seit 2013 laufenden Forschungsprojekts der Verf., das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) unterstützt wird. 8 Arslan – Böhlendorf-Arslan 2010, 140 f. 9 Der Kernbau der Kirche wurde im Sommer 2002 und 2003 von einem studentischen Team unter der Grabungs!"#$  Ê `#Š†#! *ƒ   Kirche und seiner Anbauten fanden von 2007 bis 2011 durch die Verf. statt; begleitende Bauaufnahmen werden von Martin Dennert, unterstützt durch die Architekten Bilge Bal und Christof Hendrichs, durchgeführt. Zur Grabungsgeschichte s. a. Böhlendorf-Arslan 2013, 230. 10 Assmann 1992, 52–56. 11 Möglicherweise wurden gleichzeitig auch in anderen Teilen der Kirche Bestattungen angelegt, was sich aufgrund der Forschungsgeschichte nicht mehr nachweisen lässt, da der Kernbau vor unserer Aufarbeitung ausgegraben wurde. 12 Zu diesem Typus s. Buchwald 2010 sowie den Beitrag von U. Wittke in diesem Band. Auch die Kirche unter5 208 Beate Böhlendorf-Arslan abgetragen,13 wobei das frühbyzantinische Bodenmosaik herausgerissen wurde. Für die Neuverlegung des Fußbodens verwendete man eine bis zu 15 cm starke Lage Sand als Ausgleichsschicht. Auf diese Bettung wurden dann zu Platten gesägte Sarkophage gelegt, die damit ein  #œ *14 In der Sandausgleichsschicht wurde unter einer großen Platte eine Münze gefunden, nach der diese Maßnahme frühestens in der Mitte des 11. Jhs. erfolgt sein kann.15 An einige Stellen wurden Fehlstellen des Plattenbodens mit unregelmäßigen Mosaik )††*Y  #ƒ##\#}  ebenfalls aus Sarkophagplatten und wiederverwendeten Bauteilen besteht. Das Bema, ehemals durch ein Templon vom Naos getrennt,16 erhielt einen Belag aus unregelmäßig geschnittenen Marmorplatten, von denen noch einige Reste in der Nordostecke erhalten sind. Die Lage und Größe der übrigen Platten war an Abdrücken in der dünnen Estrichschicht darunter zu erkennen. Die Stelle des Altars lässt sich an einer rechteckigen, leicht zur Apsis hin verschobenen Aussparung im Fußbodenbelag ablesen. Von dieser führt ein schmaler, mit Ziegeln belegter Laufgang zum Ambon (Taf. 80, 1). Ob das Synthronon aus dieser Bauphase stammt oder schon in der frühbyzantinischen Kirche eingebaut war, kann nicht mehr beantwortet werden. Ein kleiner, südöstlich außen an die Apsis der Kirche angesetzter Anbau mit apsidialem Mauerabschluss im Osten, der die noch gut erhaltene Mauer des frühbyzantinischen Baptisteriums nutzte, wurde wohl auch in dieser Phase errichtet. Der Zugang in die Kapelle erfolgte von Süden her. Hierfür wurde auf die zwischenzeitlich mit Erde angefüllte Piscina eine 3 bis 10 cm dicke Lage Estrich gestrichen, die als Bettung für die Tonziegel des Fußbodenbelages im Eingangsbereich diente (Abb. 2 und Taf. 82, 2). Die Datierung dieses fast im gesamten östlichen Teil des aufgelassenen Baptisteriums nachgewiesenen Belags bildet einen terminus post quem für die frühen Bestattungen in diesem Bereich. In einer zweiten Umbauphase, die nicht später als im frühen bis ersten Drittel des 12. Jhs. erfolgte, wurden die Seitenräume und der Nordteil des Narthex zu Grabkammern umgebaut, einige Türen in den Naos zugemauert, Bänke an die Wände gesetzt und die Nischen in der nördlichen Innenwand zugesetzt. Auch der Anbau der Kammern im Westen und der Einbau einer Privatkapelle auf der Südostecke gehören in diese Zeit. Die Kapelle wurde in Form einer kleinen Kreuzkuppelkirche konstruiert und hatte wohl die Funktion eines Parekklesions (Taf. 78, 2 und Abb. 2).17 Der Hauptzugang in die Kirche erfolgte von Süden. Hier führte wohl schon seit mindestens hellenistischer Zeit die antike Gräberstraße vorbei, über die dann die Kirche wahrscheinlich durch zwei separate Treppen – eine in der Höhe des Narthex, die andere zwischen Parekklesion und daneben liegender Grabkammer – betreten werden konnte. Ein anderer Zugang lag im ƒ }#)  ‡#œ halb der Agora und die sog. Theaterkirche gehört zu diesem Bautyp: Arslan – Böhlendorf-Arslan 2010, 148 f.; Böhlendorf-Arslan 2013, 229 f. 13 Zumindest im Osten des Naos kam dabei ein regelmäßiger Ziegelplattenbelag zu Tage, der offenbar zu einem hellenistischen Grabbau gehörte (Böhlendorf-Arslan 2013, 234). 14 Auf einigen der Platten sind Inschriften von in frühbyzantinischer Zeit verstorbenen Personen eingeritzt. Die spätantiken und frühbyzantinischen Inschriften von Assos werden von Tolga Özhan zur Publikation vorbereitet. 15 Grierson 1993, 665 A2.36.2 Taf. 53. 16 Böhlendorf-Arslan 2013, 232 Abb. 39. 17 Böhlendorf-Arslan 2013, 234 f. Die Ayazmakirche in Assos: Lokales Pilgerheiligtum und Grabkirche 209 kleinen Raum gelangte, der mit einer Türe verschlossen war.18 Über diesen erreichte man eine weitere rückwärtige Kammer im Westen oder eine vom Narthex abgetrennte, kleine quadratische Kammer, die in dieser Phase den einzigen Zugang zum ›Heiligengrab‹ bot. Weiterhin †#)  ^#  Y## #! $ †!  der Narthexwand gelangen, von dem aus ein schmaler Korridor zum Narthex führte (Abb. 2. 4, Taf. 78, 2 und Taf. 82, 1). N 0 1 m 5 Abb. 2: Grundriss der mittelbyzantinischen Kirche In den Kammern vor dem Narthex sowie dem Seitenraum, in den der prominente Sarkophag eingebaut war, im Bemabereich und östlich der Kirche wurden große Mengen an fragmentiertem Fensterglas gefunden. Die Kammern, Seitenräume und der Naos der mittelbyzantinischen Kirche  † # + ? # * Zusätzlich erhellten viele Glaslampen die Innenräume, von denen wir zahlreiche Glasscherben, Dochthalter aus Blei und Kettengehänge fanden. \    Ÿ  )œ ? +++*?)   ersten Bestattungen nach Aufgabe der Kirche wurde wohl im 9. Jh. das damals noch sichtbare Taufbecken als Grablege verwendet. In den westlichen Kreuzarm stellte man sechs Steinplatten senkrecht ein, sodass diese eine leicht trapezoide Kiste bildeten, die dann mit drei Platten bedeckt wurde. In diesem Grab lag mit dem Kopf nach Westen ein etwa zwei Jahre altes Kind,19 dessen Arme über der Brust gekreuzt waren (Taf. 80, 2). Ein einzelner Ohrring lag im Bereich des Kopfes. In den Ring war eine ovale Bronzeperle aufgefädelt, die beidseits durch gewickelte Die runden Vertiefungen der Angeln und die Leiste des Anschlags sind noch in der Türschwelle zu erkennen. Š ## !”")%}‚! {†“ } ) *†neren Kindern ist die Geschlechtszuweisung ohne DNA-Analyse nicht möglich. 18 19 210 Beate Böhlendorf-Arslan Abb. 3: Wiederverwendete Ostothek Drähte gehalten wurde.20 In der zu dieser Zeit offensichtlich bereits stark zerstörten Apsis des Baptisteriums wurde ein weiteres Grab angelegt. Für dieses hub man eine leicht schräg nach Nordwest – Südost gerichtete Grube aus und setzte eine Ostothek hinein. In den Spalt zwischen Grubenwand und Kiste wurden senkrechte Marmorplatten und Ziegel gesteckt und dann erst mit Erde aufgefüllt. Die Ostothek ist römischen Ursprungs, die Girlandenverzierung an den Längswänden wurde für die Zweitverwendung grob abgeschlagen. Der Deckel ist in Form eines Tempeldaches mit Giebel und Akroteren gestaltet (Taf. 81, 1 und Abb. 3). In der Grabkiste wurde 20 Ähnlich ein Exemplar aus Korinth: Davidson 1952, 251 Nr. 2016, Taf. 107. Die Ayazmakirche in Assos: Lokales Pilgerheiligtum und Grabkirche 211 ein Neugeborenes bestattet, dem ein Spiegel aus Bronze beigegeben wurde. Ähnliche Spiegel sind aus römischer und frühbyzantinischer Zeit bekannt,21 offensichtlich hat man dem Kind ein Objekt mit ins Grab gelegt, das schon damals als Antiquität gelten konnte. Abb. 4: Rekonstruktion der Grabkirche Spätestens im 11. Jh. wurde das gesamte Kirchenareal – mit Ausnahme des Naos, der für die liturgischen Feiern vorgesehen war – für die Anlage von Gräbern genutzt (Abb. 4). Der Nachweis von Bestattungen in den Seitenräumen ist nur noch unter Vorbehalt möglich, da der Großteil des Areals bereits vor unseren Nachforschungen ausgegraben wurde.22 In der Kammer mit dem frühbyzantinischen Heiligengrab steht in der Nordwestecke ein leerer Sarkophag mit Deckel, der hier in zweiter Verwendung genutzt wurde. Dieser Raum wurde von den früheren Ausgräbern nicht systematisch untersucht. Nachgrabungen erbrachten, dass an den Seitenwänden zwischen Sarkophag und Heiligengrab zwei weitere Verstorbene begraben waren. Unter einer Nische der Außenwand lag auf einer Erdpackung das Skelett eines Mannes mit dem Kopf nach Westen, die Beine nach Osten ausgestreckt (Taf. 81, 2). Offensichtlich war der Tote ursprünglich mit Platten an der Seite und Oberseite geschützt worden, von denen jedoch lediglich zwei in Höhe des Beckens erhalten waren. Von der Bestattung an der gegenüberliegenden Wand konnten nur noch einige Knochen geborgen werden. Im Vorraum zu dieser Grabkammer nimmt ein großer, sorgfältig rechteckig zugehauener Stein mehr als ein Drittel der nur 3,1 x 3,1 m messenden, quadratischen Kammer ein. Dieser bildete ein Podest und diente wohl ebenfalls als Grablege oder vielleicht auch als Ablage von Lampen und anderen Gegenständen, die bei den Totenfeiern gebraucht wurden. Waldbaum 1983, 108 f. Taf. 42; Riha 1986, 11–16. Im Depot des Grabungshauses werden von den Altgrabungen zwei Skelette von erwachsenen Männern aufbewahrt, die nach Aufschrift aus der Ayazmakirche stammen. 21 22 212 Beate Böhlendorf-Arslan ‹# ^#}   #ƒ !  }  Boden erhaltener Sarkophag. Auch von den anderen Sarkophagen in den Vorräumen vor dem Narthex oder im nördlichen Eingangsbereich sind lediglich die Unterteile erhalten. Die Sarkophagböden vor der Narthexaußenwand liegen etwa in 70 cm Höhe, der Sarkophag in der Kammer in der Nordostecke in ca. 40 cm Höhe auf großen Blocksteinen auf (Abb. 4 und Taf. 82, 1).23 Die beiden Grabkammern im Westen waren durch einen regelhaften, bis 20 cm starken Versturz aus horizontal liegenden Dachziegeln versiegelt. Durch diese Ziegelschicht wäre eine nachträgliche Zerstörung oder Fragmentierung der darunter begrabenen Sarkophage nicht möglich gewesen. Es ist daher wahrscheinlich, dass an dieser Stelle bewusst nur die abgeschlagenen Böden der Sarkophage aufgestellt wurden. Möglicherweise dienten sie lediglich der Aufbahrung von Verstorbenen in der Kirche während der Trauerfeierlichkeiten bis zur eigentlichen Beisetzung.24 Eine solche zur Schaustellung in der Kirche ist zumindest für Angehörige des Klerus belegt.25 Wenn allerdings in den Sarkophagen doch Verstorbene bestattet gewesen waren, wären sie schon vor sehr langer Zeit, vor dem Zusammensturz des Dachstuhls der Räume entfernt worden. Mit großer Wahrscheinlichkeit wurden mit Ausnahme des Naos alle Räume, nicht nur der nördliche Seitenraum mit dem prominenten Grab und die Umgebung der Kirche, für Bestattungen genutzt. In den westlichen Vorräumen wurden die Reste zweier Gräber dokumentiert,26  }† † $ †#Y+  *Š##  der Südseite der Kirche sind für eine Funktionsbestimmung weniger gut erhalten. Im Raum südöstlich des Eingangs in den Narthex weisen ein Sarkophag mit verrutschtem Deckel und verstreute menschliche adulte Knochen ebenfalls auf die Nutzung als Grablege hin. Auch der Narthex wurde für Bestattungen genutzt. Direkt am Durchgang zum Naos wurde eine Kiste in den anstehenden Felsen gehauen (Abb. 4). In dieses mit drei Decksteinen verschlossene Grab war ein Säugling mit Blick nach Osten gebettet.27 Rechts und links des Schädels lagen einfache Drahtohrringe aus Silber.28 Eine weitere rechteckige Felseintiefung im nördlichen Bereich des Narthex wurde bei den früheren Ausgrabungen geöffnet.29 Eine dicht gedrängte Belegung mit Gräbern ist besonders im Bereich östlich der Apsis und östlich der wohl als Parekklesion genutzten Kapelle nachzuweisen (Abb. 4 und Taf. 82, 2). In diesem schon früh, ab dem 9. Jh., genutzten Areal wurden allerdings ausschließlich Kinder bestattet, Zwei der Sarkophagböden haben wir zur Kontrolle angehoben und nach Ausgrabung wieder an Ort und Stelle gelegt. Wie sich zeigte, wurden die Böden auf drei bis vier sorgfältig ausgerichteten Blocksteinen niedergelegt (Böhlendorf-Arslan 2009, 232–234). Die sandige Erde zwischen den Steinen wurde sekundär eingeschwemmt. Diese enthielt nur kleine Keramik- und Glasscherben. 24 Kyriakakis 1974. – Möglicherweise dienten in anderen Orten, in denen antike Sarkophage zur Wiederverwendung nicht wie in Assos so leicht zur Verfügung standen, auch Holzbahren für diesen Zweck. Solche Holzbahren sind beispielsweise in Amorium nachgewiesen, s. Ivison 2010, 336 (mit weiteren Anmerkungen). 25 Karpozilos 1991, 806 f.; Velkovska 2001, 37. 26 Böhlendorf-Arslan 2013, 235. In den nordwestlichen Kammern wurden zudem noch weitere, in mehr oder weniger regelhafter Lage verzeichnete Überreste von vier Männern gefunden. – Zwei Urnengräber aus dem Raum westlich des Narthex stammen dagegen aus vorchristlicher Zeit. 27 Dennert 2008, 112; Böhlendorf-Arslan 2013, 236. 28 Einfache Drahtohrringe sind ab frühbyzantinischer Zeit in dieser Form bekannt und besonders in der mittelbyzantinischen Zeit weit verbreitet: z. B. Davidson 1952, 251 Nr. 2007 Taf. 108; Gill 1986, 267 Nr. 601 Taf. 415; Papanikola-Bakirtzi 2002, Nr. 546. 547; Bosselmann-Ruickbie 2011, 99. 220 f. Kat.Nr. 4–8; Berti 2012, 192; Böhlendorf-Arslan 2012, 364 f. Abb. 13, 13. 29 Dennert 2008, 112. Offensichtlich stammen die Knochen eines Neugeborenen, die wir im Depot mit der Aufschrift »Ayazma, Narthex Mezar [Grab] 1« gefunden haben, aus diesem Grab. 23 Die Ayazmakirche in Assos: Lokales Pilgerheiligtum und Grabkirche 213 adulte Verstorbene sind hier nicht anzutreffen. Nach den noch nicht endgültig abgeschlossenen anthropologischen Untersuchungen handelt es sich bei den hier Bestatteten in der Mehrzahl um Föten, Totgeburten oder Neugeborene, die in den ersten Lebensstunden oder -tagen verstorben waren.30 Nur zehn der insgesamt 52 der in oder bei der Kirche beerdigten Kinder wurden älter als sechs Monate. Ähnlich jung verstorbene Säuglinge wurden auch im mittelbyzantinischen Amorium nahe dem aufgelassenen Baptisterium bestattet.31 Wahrscheinlich erfuhren die so früh Verstorbenen keine Lebendtaufe mehr oder kamen ungetauft unter die Erde. Dies könnte ein wichtiger Grund für die separate Lage der Kinderfriedhöfe in Assos wie auch in Amorium gewesen sein. Grundsätzlich aber bestattete man die Kinder ebenso sorgfältig und gewissenhaft wie die Erwachsenen. Neben der eigens errichteten Grabkapelle, in der zehn Säuglinge ihre letzte Ruhe fanden – einer von ihnen wurde wohl schon vor dem Bau des Annexes an dieser Stelle begraben – erstrecken sich die Gräber vor allem im Bereich des ehemaligen Baptisteriums und unmittelbar östlich der Apsis der Kirche. Bei der Mehrzahl handelt es sich um Steinkistengräber, deren Böden aus Stein- seltener auch aus Tonplatten gebildet wurden. Die Seitenwände bestehen aus jeweils zwei bis drei längs gestellten Platten, wodurch die Gräber eine nicht ganz rechteckige Form erhielten (Taf. 82, 2). Die Abdeckung bestand aus weiteren Steinplatten. Neben einem sorgfältig gebauten Grab in der Apsis der Grabkapelle lag ein Tongefäß mit den schlecht erhaltenen Resten eines Fötus. Die Bestattung in Töpfen ist in Assos in byzantinischer Zeit sonst nicht nachzuweisen.32 Wenige Gräber sind einfache Erdbestattungen; bei einem ist diese durch je einen Stein an Kopf und Fuß eingegrenzt. Die Art der Grablege scheint kein Indiz für die soziale Stellung der Eltern des verstorbenen Kindes zu sein. Manche der Erdbestattungen fanden ihren Platz in der Grabkapelle, in anderen legte man Geschenke nieder. In Assos war es nicht unüblich, den Kindern Objekte mit ins Grab zu geben oder persönliche Dinge bei ihnen zu belassen (Farbtaf. 14, 2). In den Gräbern der adult Verstobenen wurden dagegen keine Beigaben gefunden.33[|'!   Ÿ''stände im Grab. Münzen waren eine beliebte Beigabe und lagen in zehn Gräbern im Bereich des Kopfes oder des Oberkörpers. Es handelt sich dabei ausschließlich um Münzen frühbyzantinischer Emissionen, die alle etwas abgegriffen und offenbar länger im Umlauf waren. Sie wurden    }  Ÿ *¡*+ }  diesen als Altfunde beigegeben. Kupfermünzen in Gräbern byzantinischer Zeit sind an verschiedenen Orten in Griechenland und der Türkei nachgewiesen.34 Sie hatten wohl eine apotropäische Funktion und gaben den Toten Schutz vor bösen Geistern. Möglicherweise standen sie auch antiker Tradition und dienten, ähnlich dem Fährgeld des Charon, zur Bezahlung der Dämonen an der Mautstelle des Paradieses oder sie sollten Charos, den Totenboten Gottes, besänftigen.35 Bei einigen der sehr kleinen Kinder misst der Schädel nur wenig mehr als 12 cm im Durchmesser, bei anderen hat das Skelett nur knapp 40 cm Gesamtlänge. Trotz der geringen Größe und der damit verbundenen Fragilität ist $†# # *Š ## ”")% den nächsten Jahren durch DNA-Analysen ergänzt werden. 31 Ivison 2010, 336–338. 32 In Athen begrub man im 11. Jh. einen Fötus in einem Kochtopf unter dem Fußboden eines Gebäudes (Camp 2007). 33 Zur Interpretation von Beigaben in frühbyzantinischer Zeit: Bollók 2013. 34 Harrison 1986, 27; Ivison 2010, 337; Poulou-Papadimitriou 2012, 407; Berti 2012, 194; Böhlendorf-Arslan im Druck, Nr. 75. 35 Im Typos Polites werden Münzen als sinnbildliche Gabe für das Leben nach dem Tod erwähnt (Beck 1979, 19). 30 214 Beate Böhlendorf-Arslan Leuchten in Gräbern sind in Form von fragmentierten Glashenkelgefäßen, Dochthaltern und Lampenketten belegt. Möglicherweise hatten auch die Lampen in den Gräbern einen apotropäischen Hintergrund. Sie sollten wohl den Kindern den Weg ins Jenseits leuchten.36 In drei Gräbern lagen Bruchstücke von Keramik- und Glasgefäßen, die zu kleinen Flaschen, Unguentarien, gehörten. Salbgefäße und andere Kleinkeramik wurden beispielsweise in Gräbern in Iasos und Istanbul gefunden.37[  #  †!œ) Ÿ *$ wurden vermutlich als Spielzeug in den Gräbern deponiert. Zu den persönlichen Gegenständen gehören Gewandverzierungen und Schmuck. Kleine Bronzeplättchen wie auch Perlen können sowohl auf Kleidung aufgenäht als auch auf einer Schnur als Kette aufgefädelt gewesen sein. Zwei der Kinder trugen Ohrringe, die aus einfachem Draht gefertigt waren. Glasarmringe lagen in zwei weiteren Gräbern.38 Nägel in Gräbern können sowohl auf einen zwischenzeitlich verrotteten Holzsarg deuten als auch auf weitere Gegenstände aus Holz wie kleine Kistchen oder auch Spielzeug. Andere Objekte kommen nur mit jeweils einem Exemplar vor. Hierzu gehört beispielsweise der römische Bronzespiegel oder der Griff eines Metallgefäßes. Diese Gegenstände sind vor allem in besser   +Ÿ*”      ! Ž In einer etwa 1,40 m langen und 65 cm breiten Steinkiste unmittelbar nördlich der Grabkapellenwand bestattete man ein Kleinkind, von dessen Skelett nur noch einige der Milchzähne und wenige Knochenreste erhalten waren. Die menschlichen Überreste und Beigaben waren nicht regelhaft angeordnet, Knochen und Gegenstände lagen ohne erkennbaren Bezug durcheinander. Aus der Erdverfüllung der Grabkiste wurden eine fast unkenntliche frühbyzantinische Münze,39 ein dicker u-förmiger Draht mit rundem Querschnitt, zwei graubläuliche Glasperlen, $ }\†? # # +{# quadratischem Querschnitt geborgen (Taf. 83, 1). Bei einem anderen Grab unmittelbar neben der Südwand in der Grabkapelle formt eine unregelmäßige Steinsetzung die nicht deutlich angelegte Kiste. Im Grab lagen außer den Knochen eines neugeborenen Kindes drei Beigaben und ein langer Eisennagel, der vielleicht zu einer Holzkiste gehört haben könnte. Zu den Geschenken gehören eine frühbyzantinische Münze,40 ein Spindelhaken, wie sie in römischen und byzantinischen Haushalten zum Spinnen von Wolle verwendet wurden,41 sowie der kleine Terrakottakopf eines Vögelchens (Taf. 83, 2). Das Baby hatte damit eine Münze zum Schutz, ein Spielzeug und ein Werkzeug zur Vorbereitung auf +†) œ *42 Unterhalb des Ausläufers der Estrichschicht im aufgelassenen Baptisterium wurde im Bereich östlich der Apsis des Parekklesions eine Erdbestattung angelegt, die sich an eine Steinreihe anlehnt. Das Grab war mit Ziegeln abgedeckt, wies aber sonst keine seitliche Steinbegrenzung Bouras – Parani 2008, 22 f. Harrison 1986, 27; Berti 2012. 38 ‹ #=+?  #   Ÿ +ŸŽ‹!'_ _} 336–338 Abb. 31. 32; Böhlendorf-Arslan 2012, 364; Böhlendorf-Arslan im Druck. 39 Zu erkennen ist noch der Wert N auf der Rückseite. 40 Die stark abgeriebene Münze zeigt auf der Rückseite eine stehende Figur mit Kreuzlabarum. 41 Robinson 1941, 376 f.; byzantinisch bei Davidson 1952, 176 Nr. 1223–1228 und Papanikola-Bakitzi 2002, 365. 42 Besonders für dieses Grab wäre es interessant zu wissen, ob hier Geschlecht und die durch die Beigaben vorgegebene weibliche Zuweisung übereinstimmen. 36 37 Die Ayazmakirche in Assos: Lokales Pilgerheiligtum und Grabkirche 215 oder -boden auf. Im Inneren fanden sich das kleine, sehr fragile Skelett eines Neugeborenen und mehrere Beigaben. Die Objekte lagen auf und um das Kind drapiert. Insgesamt wurden zehn Gegenstände gefunden, drei davon sind einfache Eisennägel, die vielleicht von einem hölzernen Sarg stammen könnten. Neben den in Assos üblichen Beigaben wie einer frühbyzantinischen Münze, einer ebenfalls frühbyzantinischen fragmentierten Tonlampe und einem Dochthalter aus Blei sowie einer Terrakotta, von der noch ein Teil des Gewands erhalten war, wurden außerdem + >* } @Ž\#$†} anthropomorph geformtes Objekt aus Bronze, vielleicht der Griff eines Spiegels, und ein kleiner bronzener Ziernagel mit ausgebrochenem Befestigungsloch. Solche Stücke wurden in byzantinischer Zeit als Heftnägel für Bücher genutzt.43 Es erscheint befremdlich, dass eine zu dieser Zeit sicher kostbare Handschrift auf einem Grab niedergelegt wurde. Vielleicht handelt es sich hier nicht um eine Handschrift, sondern eine mit dem Heftnagel zusammengeheftete Sammlung von Moirologien, von Sterbegebeten, wie sie üblicherweise von Klagefrauen am Grabe rezitiert wurden.44 Zusammen mit dem übrigen Inventar, das fast die ganze Bandbreite der damals in Assos üblichen Beigaben umfasst, scheint es sich um eine besonders aufwändige Bestattung zu handeln. Hier wurde ein höchst geliebtes Kind verabschiedet und ins Jenseits geleitet und/oder in besonderer Weise der Reichtum der Hinterbliebenen demonstriert. Es gibt einige Indizien für die Durchführung religiöser Bestattungsbräuche in der Kirche. Wie es scheint, wurden die Kammern westlich des Narthex immer wieder aufgesucht und nicht nur als Durchgang zu den liturgischen Feiern im Hauptraum benutzt. In diesen Kammern wurden zahlreiche Objekte, Keramik- und Glasgefäße, Schmuck und Kreuze sowie andere Dinge gefunden, von denen einige sicher zu Bestattungen in diesem Gebiet gehörten. Viele der Gegenstände sprechen aber für einen regen Publikumsverkehr, vielleicht bei Totenfeiern, die in regelmäßigen Abständen stattfanden.45 Auch die eigenartige Konstruktion der nur teilweise  ##  $)†  †#†{† stehen. Wenn die heute noch anstehenden hellenistischen Fundamente als mittelbyzantinischer Laufhorizont genutzt wurden, entstünde ein von der Außentreppe zugänglicher Korridor, über den auch die Grabkammer im Westen zugänglich gewesen wäre. Von dem Fußboden sind dann auch die leicht erhöhten Nischen erreichbar, in denen beispielsweise bei Feiern Kränze für die Toten oder Speisen deponiert werden konnten (Taf. 84, 2). Die im Osten für die Bestattungen von Kindern errichtete Kapelle wurde offensichtlich auch nach den Bestattungsfeierlichkeiten zum Gedenken der Toten wieder aufgesucht. Der Raum wurde durch zwei Kreuze unter Schutz gestellt, ein 10 cm breites Schaftkreuz stand ehemals innen neben dem Eingang, ein Enkolpion hing offensichtlich einst an einem Nagel in der Apsis.46 Nahe der Nordwand lag umgestürzt ein wieder verwendeter hellenistisch-römischer Tischfuß, davor konnte ein kreisrunder, mit Holzkohlestücken durchsetzter Fleck in der Erde freipräpariert werden, der offensichtlich von einer hölzernen Tischplatte stammt.47 Auf diesem Tisch wurden möglicherweise die Speisen des Totenmahls angerichtet. Szirmai 1999, 81–83; des Courtils 1999, 372 Abb. 4; Böhlendorf-Arslan 2012, 357–359 Abb. 7, 6. 7; Arthur 2012, 23 f. Abb. 9. 44 Beck 1979, 20–24. 45 Velkovska 2001, 39–42. 46 Böhlendorf-Arslan 2013, 237 f. Abb. 46. 47 Böhlendorf-Arslan 2011, 239 f.; Böhlendorf-Arslan 2013, 237. 43 216 Beate Böhlendorf-Arslan Augenscheinlich spielte die Taufe für die Platzierung von Kindergräbern in Friedhöfen eine große Rolle.48 Allerdings steht das im Widerspruch zur Anlage von Grabkapellen, die natürlich auch einen ›gesegneten‹ Bereich bildeten. Somit ist der in Assos vorliegende Befund unvereinbar mit dem quellengeschichtlich bekannten Ausschluss von liturgischen Handlungen bei ungetauften Personen, zu denen auch die Begräbnisfeierlichkeiten gehörten.49 Die Ayazmakirche spielte für die Commemoratio der damaligen Bevölkerung eine wesentliche Rolle. Die Kirche wurde nicht nur als Pilgerheiligtum aufgesucht und geehrt, sondern man begann seit mittelbyzantinischer Zeit auch mehr und mehr, Gräber im Bereich der Kirche anzulegen. Diese Gräber wurden offensichtlich immer wieder zum Gedenken und zur Ehrung der Verstorbenen aufgesucht. Während dieser Feiern wurde nicht nur der Hauptraum betreten und für liturgische Handlungen genutzt. Man durchlief ebenso die anderen Bereiche der Kirche und hielt damit wohl die persönliche Erinnerung an die Toten wach. Wieso dieser augenscheinlich für die Bewohner von Assos so wichtige Ort im entwickelten 12. Jh. nicht mehr genutzt wurde, muss Gegenstand weiterer Forschungen bleiben. Verzeichnis der Abkürzungen Neben den Abkürzungen gemäß den Richtlinien des Deutschen Archäologischen Instituts von 2006 (AA 2005/2, 314–399) werden folgende verwendet: Arslan – Böhlendorf-Arslan 2010 N. Arslan – B. Böhlendorf-Arslan, Assos. Living in the Rocks (Istanbul 2010) \ ]†'_ ' ƒ*\ ]„*†}\•+† }‚%‚! =¡  Mosaic Research 5, 2012, 1–11 Arthur 2012 P. Arthur, Mapping Byzantine Trade and Culture: An Introduction to the Artefacts of Salento, Southern Italy, in: B. Böhlendorf-Arslan – A. Ricci (Hrsg.), Byzantine Small Finds in Archaeological Contexts, BYZAS 15 (Istanbul 2012) 17–26 Assmann 1992 J. 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Kiderlen – K. •)  ] *  €\  ] * +}\ '__ ‘‘ +‘ ! ^ =’‘“# ‘}$((}(>\† '__&@'(']'(*'(&*  €\ '_  * €\ }\=+#’! '__&+‘ Œ\ bungen in der Umgebung der Ayazma-Kirche, 2009, in: N. Arslan u. a., \ '__&‘‘ +‘ !^ =’‘“# ‘}('*+‘ $< ‘ ‘‘(>\† '_ @'( ]'_ Böhlendorf-Arslan 2012 B. Böhlendorf-Arslan, Das bewegliche Inventar eines mittelbyzan Š Ž   %+†=} Ž *  €\  – A. Ricci (Hrsg.), Byzantine Small Finds in Archaeological Contexts, BYZAS 15 (Istanbul 2012) 361–368 Böhlendorf-Arslan 2013 B. Böhlendorf-Arslan, Forschungen zum byzantinischen Assos, in: N. Arslan – K. Rheidt, Assos. Bericht über die Ausgrabungen und Forschungen zur Stadtentwicklungsgeschichte 2006 bis 2011, AA 2013, 1, 228–238 Böhlendorf-Arslan im Druck B. Böhlendorf-Arslan, Ausgewählte Funde aus den Ausgrabungen am †‘}Ž$*‡>” *@}” †€œ * )  \ #†‘• # { % &&'€'_ _}‹?  (Tübingen, im Druck) Bollók 2013 Á. Bollók, Apotropaion and Burial in Early Byzantium: Some Preliminary Considerations, in: E. Juhász (Hrsg.), Byzanz und das Abendland. 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Robinson, Metal and Minor Miscellaneous Finds, Olynthus 10 (Baltimore 1941) Szirmai 1999 J. A. Szirmai, The Archaeology of Medieval Bookbinding (Aldershot 1999) Die Ayazmakirche in Assos: Lokales Pilgerheiligtum und Grabkirche 219 Tritsaroli – Valentin 2008 P. Tritsaroli – F. Valentin, Byzantine Burials Practices for Children. Case Studies Based on a Bioarchaeological Approach to Cemeteries from Greece, Servei D’Investigacions Arquelògiques I Prehistòriques, 2008, 93–113 Velkovska 2001 E. Velkovska, Funeral Rites according to the Byzantine Liturgical Sources, DOP 55, 2001, 21–51 Waldbaum 1983 J. C. Waldbaum, Metalwork from Sardis, Archaeological Exploration of Sardis 8 (Harvard 1983) Verzeichnis der Abbildungen und Tafeln Alle Abbildungen und Tafeln sind Eigentum der Assos-Grabung. Abb. 1 Grundriss der frühbyzantinischen Kirche Abb. 2 Grundriss der mittelbyzantinischen Kirche Abb. 3 Wiederverwendete Ostothek Abb. 4 Rekonstruktion der Grabkirche Taf. 78, 1 Die Lage der Ayazmakirche in Verlängerung der antiken Gräberstraße Taf. 78, 2 Luftbild der Ayazmakirche (2013) Taf. 79, 1 Planzeichnung der hellenistischen Grabbauten mit Eintrag der antiken Bestattungen unter der Ayazmakirche Taf. 79, 2 Nördliche Seitenräume mit dem ›Heiligengrab‹. In der Nordwestecke des oberen Raumes ist die Abdeckung des Kanals zu sehen Taf. 80, 1 Bema mit Abdruck des Altars und Laufgang zum Ambon Taf. 80, 2 Piscina mit mittelbyzantinischem Grab Taf. 81, 1 Deckel der Ostothek in der Apsis des aufgelassenen Baptisteriums. Im Hintergrund Estrich des mittelbyzantinischen Fußbodens Taf. 81, 2 Bestattung westlich des ›Heiligengrabes‹ Taf. 82, 1 Anbauten im Westen. Aufstellung der Sarkophage vor dem Narthex Taf. 82, 2 Grabkapelle mit Bestattungen. Außen vor dem Eingangsbereich Estrichgrundierung des Fußbodens Taf. 83, 1 Mit Grabplatten verschlossenes Grab und die daraus stammenden Beigaben. Darüber liegt ein weiteres Grab (hier bereits geöffnet) Taf. 83, 2 Grab in der Kapelle mit Grabbeigaben Taf. 84, 1 Grab mit Skelett eines Neugeborenen und Beigaben aus dem Bereich des ehemaligen Baptisteriums Taf. 84, 2 Südliche Seitenkammern mit höher gelegten Nischen 220 Beate Böhlendorf-Arslan Farbtaf. 14, 1 Frühbyzantinische Mosaikreste aus dem Naos Farbtaf. 14, 2 Verteilung der Grabbeigaben Dr. habil. Beate Böhlendorf-Arslan¸Römisch-Germanisches Zentralmuseum, Leibniz- Forschungsinstitut für Archäologie, Ernst-Ludwig-Platz 2, D-55116 Mainz; [email protected] TAFEL 78 1 2 TAFEL 79 1 2 TAFEL 80 1 2 TAFEL 81 1 2 TAFEL 82 1 2 TAFEL 83 1 2 TAFEL 84 1 2 FARBTAFEL 14 1 7 10 7 2 1 7 7 4 2 Münze Tongefäß Glasgefäß Lampenteile Terrakotte Schmuck Sonstiges Nägel