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Narten

Narts

Achtung! Dies ist eine Internet-Sonderausgabe des Artikels „Narten“ von Jost Gippert (1997). Sie sollte nicht zitiert werden. Zitate sind der Originalausgabe in Enzyklopädie des Märchens, Bd. 9/3, 1999, 1210-1218 zu entnehmen. Attention! This is a special internet edition of the article “Narten” [“Narts”] by Jost Gippert (1997). It should not be quoted as such. For quotations, please refer to the original edition in Enzyklopädie des Märchens, vol. 9/3, 1999, 1210-1218. Alle Rechte vorbehalten / All rights reserved: Jost Gippert, Frankfurt 2011 Narten Narten, hist. nicht fixierbares Heldengeschlecht, dem ein über weite Teile des Kaukasusgebiets verbreiteter, vielfach als Epos aufgefaßter Sagenkreis gewidmet ist. Das Zentrum des Verbreitungsgebiets bilden die im zentralen Nordkaukasus beheimateten (iran.sprachigen) → Osseten (Ironer, Digorer) und die ihnen benachbarten Tscherkessen (Kabardiner = Osttscherkessen, → Adygeer = Westtscherkessen). Eine umfangreiche Überlieferung findet sich darüber hinaus bei den (tatar., d.h. turksprachigen) → Karatschaiern und Balkaren, den (nordostkaukas.) sog. nach. Ethnien der Tschetschenen und Inguschen und den (eine mit dem Tscherkessischen verwandte nordwestkauka. Sprache sprechenden) → Abchasen und Abasinern; eine eher marginale Stellung innerhalb des Verbreitungsgebiets nehmen demgegenüber südkaukas. Stämme (Swanen sowie georg.sprachige Ratscher und Chewsuren in Georgien), dagestan. Ethnien (→ Awaren sowie die turksprachigen Kumyken), aber auch die (nordwestkaukas.) Ubychen ein, die in der Mitte des 19. Jh.s vollständig in die Türkei übersiedelten,woihreSprachemittlerweileausgestorben ist. Der erste Hinweis auf die Existenz der N.sagen findet sich offenbar bei dem Orientalisten J. v. Klaproth, der in seinem kaukas. Reisebericht (1812) erwähnt, daß in der Nähe des Flusses Urup die Festung Warp-pfidar gelegen haben dürfte, die gemäß den ‚osset. Heldensagen4 der Held Bahteras (Batradz), Sohn des Chammitz (Xæmyc) erobert haben soll, „indem er sich in eine Kanone laden und in die Stadt schießen ließ“1. Erste Veröf.fen osset. N.sagen erfolgten in der 2. Hälfte des 19. Jh.s durch A. Schiefner2 und W. Miller3. Über tscherkess. N.sagen informierten zuerst Sultan Xan-Girei4 und Šora Bekmurzin Nogmov5 in der Mittedes 19.Jh.s. Eine systematischeSammeltätigkeit, die sich auf alle genannten Völkerschaften erstreckte, setzte erst gegen Ende des 19. Jh.s ein6; die wiss. Beschäftigung mit Narten Fast überall findet sich die Sage von der → Geburt des Helden aus einem → Stein: Seine ‚Mutter4, die an einem Fluß Wäsche wäscht (oder Kühe, Ziegen hütet), wird von einem Hirten am anderen Ufer beobachtet, der sich in sie verliebt und, da er sie nicht erreichen kann, seinen Samen in eine Felsspalte fallen läßt. Die Mutter bricht den Fels nach neun Monaten auf und ‚gebiert4 so den Helden Soslan. Während derVater vielfach unbenannt bleibt(zumindest gibt es keine einheitliche Überlieferung seines Namens), wird die Mutter meist mit der herausragenden Frauengestalt der N.sagen identifiziert, die bei den Osseten Satana (tscherk. Sătănej, abchas. Satanej, tschetschen. Seli-Sata) heißt. Bisweilen tritt als Geburtshelfer der ‚himmlische4 → Schmied in Erscheinung (osset.-iron. Kwyrdalægon, tscherkess. Ł’ăpš, abchas. Ajnar iž(i, balkar. Debet), der das Kind mit seinen Zangen ergreift und in Wolfsmilch badet, um es unverwundbar zu machen; an den Stellen (Lenden/Knie), wo die Zangen greifen, ist Soslan später jedoch ungeschützt (→ Achillesferse). Verbreitet ist auch eine Var. der Sage, wonach Soslan von seiner Mutter heimlich in einem unterirdischen Versteck aufgezogen wird. In einer ähnlich weit verbreiteten Sage zieht Soslan auf einen → Feuerraub aus, als die N. in einem schweren Winter zu erfrieren drohen. Er muß sich dabei gegen einen Riesen durchsetzen, den er durch eine List (derRiese fragt nach den allseits bekannten Spielen des Soslan, die er nachspielen will) dazu bringt, sich ins Eis zu begeben, wo er festfriert, so daß Soslanihntötenkann (cf.AaTh2: →Schwanzfischer).VielfachbegegnenauchVar.n,indenenSoslan, statt Feuer zu rauben, die Viehherden der N. auf den Weidegründen des Riesen überwintern lassen oder das von den Riesen gestohlene Getreide zurückbringensoll(cf.AaTh314A:→Hirtunddiedrei Riesen). In anderen Erzählungen zeichnet sich Soslan eher durch bes. Kampfkraft aus. So wird er nach der tscherkess. Sage bald nach seiner Geburt von seiner Mutter ausgeschickt, um den Brauch der Altentötung zu verhindern, dergerade an Satanas Ehemann, Orzămădž vollzogen werden soll (cf. AaTh 981: → Altentötung). Seine Kraft zeigt Soslan auch in der Episode über den als uneheliches Kind in einem Korb auf dem Fluß ausgesetzten (→ Aussetzung) und später von einem Fürsten adoptierten Pšy-Băd noq’o/Šybatynyq’o (tscherkess.; osset.-iron. Æræxcau, Sohn von Bedzenæg; balkar. Račyqau, Sohn von Bedene), der als Gast zu den N. kommt und dessentwegen Soslan mit Čelæxsærtæg(osset.-iron.;balkar.Giljastyrxan; tscherkess. Džylăxstăn, Čălăxsăt und ähnlich; tscherkess. statt dessen auch ’Alădž, entspricht osset. Alæg, balkar. Alyg) in Streit gerät; letztlich spaltet Soslan dem Čelæxsærtæg den Schädel und gewinnt dessen Tochter (osset. Beduxa, kabardin. Bădax; tscherkess. auch Akwandă, entspricht osset. Agwyndæ, abchas. Gunda) zur Frau. InderAuseinandersetzungmitdemjungenTotradz (osset.-iron.;tscherkess.Totyrăš(undähnlich),dem letzten verbliebenen männlichen Nachfahren von Alymbek (Albek, ’Albăč), ist Soslan auf die Hilfe seiner Mutter Satana angewiesen, um diesen im Wettkampf zu besiegen: Sie rät ihm, Totradzs Pferd zu erschrecken, so daß er es nicht mehr halten kann; es läuft vor Soslan weg, und er kann Totradz in den Rücken schießen. Zu Tode kommt Soslan selbst durch ein Rad (osset. calx [des Bælsæg/Bærsæg/Mælsæg; tscherkess. Džan-Šărăx]), das ihm (bisweilen im Zusammenhang mit der Brautwerbung um Agwyndæ bzw. Acyruxs) nachläuft und ihm über die verwundbare Körperpartie fährt; eine bes. Rolle spielt dabei der N. Syrdon (osset.), der dem Rad die verwundbare Stelle verrät und zur Strafe von Soslan durch einen aus der → Unterwelt abgeschossenen Pfeil getötet wird. Eine bes. Beziehung zur Unterwelt zeigt Soslan auch inder(offenbar nurosset.überlieferten) Episode, in der er um die ‚Tochter der Sonne4, Acyruxs (iron.; digor. Waciroxs), freit. Um Blätter des Baumes Aza als Brautpreis zu beschaffen, muß er sich in die Unterwelt begeben, wo er seine erste Frau Beduxa wiedertrifft, die ihm die Blätter von Barastyr, dem Herrscher des Totenreichs, besorgt; um die Unterwelt wieder verlassen zu können, beschlägt Soslan sein Pferd mit umgekehrt angesetzten Hufeisen, e den N.sagen erlebte in der sowjet. Ära eine Blütezeit, in der zahlreiche umfangreiche Texteditionen und -übers.en entstanden7. Der Terminus nart erscheint in den verschiedenen Sprachen nahezu unterschiedslos mit der Bedeutung ‚Held, Riese4 (osset., tscherkess.,ubych.,abchas.,abasin.,karatschai.-balkar. nart; tschetschen., ingusch. närt). Konstitutives Element der N.sagen sind neben dem Terminus ‚nart4 einige zentrale Figuren, die hinsichtlich ihrer Namen und der mit ihnen verknüpften Episoden über das gesamte VerbreitungsgebiethineinebemerkenswerteKonsistenz aufweisen und traditionell zur Abgrenzung sog. nart. von anderen Überlieferungen dienen. In jüngeren Editionen ist es deshalb üblich geworden, bestimmte Sagen je nach den in ihnen auftretenden Hauptfiguren zu Zyklen zusammenzufassen8, wobei die einzelnen Völker z. T. unterschiedliche Prioritäten setzen. Der am weitesten verbreitete Zyklus handelt von einem Narten, dessen Name bei den Tscherkessen und Ubychen als Sawsyryq’wă, bei den Abchasen als Sasryq’wa, bei den tatar. Stämmen als Sosruqo, bei den Osseten teils als Sozyryqo, teils als Soslan und bei den nach. Völkern als Söska-Solsa erscheint. Narten so daß die Toten nicht erkennen können, daß jemand Gruft Sofia zu begraben, Batradz wehrt sich aber aus der Unterwelt entkommen ist. noch als Leichnam dagegen, und Gott muß erneut Die herausragendste männliche N.figur ist bei helfen, indem er sich beim Namen anrufen läßt. Einer Var. zufolge läßt Gott drei Tränen auf den Leichden Osseten Batradz (kabard. Băt(ă)răz, ady- nam fallen,ausdenen diedreiosset.HeiligtümerTagej.Pătărăz,abchas.Patraz,karatschai.-balkar. randželos (‚heilige Erzengel4), Mykalgabyrtæ (→ Batraz, tschetschen.-ingusch. Petrez), den ‚Michael und Gabriel4) und Rekom entstehen. zahlreiche Züge mit Soslan verbinden. Bei den Osseten zeichnet sich auch Batradz durch die Umstände seiner Geburt aus: Hervorgegangen aus einer Ehe des N. Xæmyc (iron.; tscherkess. Xămyš(, balkar. Xymyč, ingusch. Xamč) mit einer Zwergin (osset.-iron. Bycenon, Tochter von Bycen; tscherkess. Isp-gwaš(ă [Zwergen-Fürstin], abchas. Zylxa), wird er den meisten Textvar.n zufolge vom Vater ausgetragen, nachdem dessen Frau sich von ihm getrenntund ihm den Embryo wie einen Abszeß in den Rücken verpflanzt hat (→ Schwangerschaft); als ‚Geburtshelfer4 begegnet teils Satana (die bisweilen auch als Mutter genannt ist), teils Soslan. Die Geburt des Batradz verläuft explosionsartig. Das Kind Batradz ist ganz aus Stahl; er wird (bisweilen durch den ‚himmlischen Schmied4 Kwyrdalægon, mit dem Batradz dann in unmittelbarer Verbindung bleibt) durch Abschreckung im Wasser gehärtet. DieauffälligsteEpisode,dienichtnurbei denOsseten von Batradz erzählt wird, ist der schon bei Klaproth erwähnte Flug als Kanonenkugel über die Mauern einer Festung (cf. AaTh 1880: The Boy has a Hat of Butter; cf. → Münchhausiaden). Er steht meist im Zusammenhang mit der Rache für die Ermordung von Xæmyc, Batradzs Vater, durch Sajnæg-Ældar und die anderen N. (oder durch andere Gegner), ist bisweilen aber auch Bestandteil eines Feldzugs von Soslan gegen Čelæxsærtæg, der ihm seine Tochter nicht zur Frau geben will oder wieder raubt. Eineinmythol.HinsichtauffälligeEpisode handelt von der ‚heiligen Schale4 der N., osset. Wacamongæ, die sich von selbst dem Tapfersten zuwendet. Batradz gibt sich, um vor den N. zu protzen, als Mördervon Xor-Ældar,dem Vater von Bur-Xor-Ali und ‚Herrn über das Getreide4, zu erkennen, der daraufhin Getreidemangel über die N. bringt. Wie Soslan tritt auch Batradz in einer Episode auf, in der es um einen Feuerraub geht: Nach tscherkess. Überlieferung bringt Batradz den N. das Feuer zurück, das ihnen der Riese Pak’o geraubt hat, und befreitNăsrăn-Žač’,derdiesvergeblichvorihmversuchte und von Pak’o zur Strafe (wie Prometheus) an den Berg Elbrus geschmiedet wurde. In bemerkenswerter Weise mit christl.-religiösen Elementen verknüpft ist der Tod des Batradz bei den Osseten: Nachdem er gegen Geister (zæd und dawæg) oder Heilige (Wacilla = → Elias, Wastyrdžy = hl. → Georg) gekämpft hat, beschweren sich diese bei Gott, der den stählernen Schädel des N. durch starke Hitze zum Schmelzen bringt (bzw. das Rad des Balsæg schickt, das über seine verwundbare Stelle fährt) und ihn so tötet. Gott befiehlt, ihn in der Ein eigenständiges Merkmal der N.sagen bei denOssetenistdiegenealogischeGruppierung der Helden in die ‚Familien4 der Alægatæ, Borætæ und Æxsærtægkatæ. Um die letztgenannte Familie rankt sich bei den Osseten ein eigener Zyklus, in dem Satana und Wyryzmæg (osset.-iron.; digor. Oruzmæg, tscherkess. Orzămădž und ähnlich, karatschai.-balkar. Örüzmek und ähnlich, ingusch. Orzmi) die Hauptfiguren darstellen. Seinen Ausgang nimmt der Zyklus in der Erzählung von der Geburt der → Zwillingssöhne des N. Wærxæg, Æxsar(t) und Æxsærtæg, deren letzterer zum Stammvater der Familie wird, indem aus seiner Ehe mit Dzerassa (bisweilen auch Sasana; bei den Tscherkessen Myġăzăš(), einer Tochter des im Wasserreich herrschenden Donbettyr (bei den Tscherkessen eine weibliche Gottheit, Psythă Gwaš(ă), Wyryzmæg und Xæmyc (ebenfalls wieder als Zwillinge) hervorgehen (der Vater des Wyryzmæg heißt bei den Tscherkessen Pyzyġăš, seltener Šxartyq’o). Æxsærtæg bringt zuerst Æxsar um, weil er ihn des Ehebruchs mit Dzerassa verdächtigt, dann sich selbst, nachdem er feststellt, daß Æxsar ein Schwert zwischen sich und Dzerassa gelegt hatte (→ Symbolum castitatis). Auch Satana ist ein Kind von Dzerassa, die, schon im Grab, von Wastyrdžy (hl. Georg) geschwängert wird (→ Nekrophilie); Satana wird als Kind jammernd im Grab gefunden. Bei den Osseten geht St. mit ihrem Halbbruder Wyryzmæg eine (durch dessen Eselsritt später gesühnte9) inzestuöse Verbindung ein, wobei sie seine rechtmäßige Frau Elda in den Tod treibt. Das Produkt dieser Verbindung ist ein namenlos bleibender Sohn, den St. bei den Donbettyrtæ in der Unterwasserwelt in Pflege gibt. Wyryzmæg wird durch einen riesigen Vogel dorthin gebracht und tötet den Sohn unabsichtlich bei einem Gelage (→ Vater-SohnMotiv). Der Sohn gerät bei den N. in Vergessenheit; um sich wieder in Erinnerung zu bringen, verlangt er, für einen Tag die Unterwelt verlassen zu dürfen. Dies wird bewilligt, doch muß er die List mit den umgekehrten Pferdehufeisen anwenden. Nachdem er seinem Vater erfolgreich bei der Jagd geholfen hat, kommt der Sohn fast zu spät zur Unterwelt zurück, kann jedoch die Sonne veranlassen, vor dem Untergang noch einen Moment zu verweilen. Mit Wyryzmæg verheiratet ist Satana auch bei den Tscherkessen; dort ist es ihr Sohn Soslan, der in der Narten UnterweltaufgezogenundvorWyryzmægverheimlicht wird, diesen dann aber vor der Altentötung bewahrt. Wyryzmæg selbst (bzw. ein gewisser Saulæg, der dies Wyryzmæg berichtet) tritt bei den Osseten in einer an die → Polyphem-Sage (AaTh 1135-1137) erinnernden Episode auf: Er fällt in die Hände eines (einäugigen) Riesen, der ihn zusammen mit seiner Schafherde gefangen hält; um zu entkommen, muß er den Riesen blenden und ein Schaffell überziehen. Andere N.helden sind weniger deutlich charakterisiert, ihre Taten meist weniger weit verbreitet. Das gilt z.B. für den bereits erwähnten Pšy-Băd noq’o, demlediglichbeidenTscherkesseneineigenerZyklus gewidmet ist, wie auch für Năsrăn-Žač’ (tscherkess.;osset.Nasran-Ældar,d.h.Nasran-Fürst).Eine gewisse Bedeutung kommt noch dem N. Acæmæz zu (osset.-iron.; tscherkess. ’Aš’ămăz, karatschai.balkar. Ačemez,tschetschen.-ingusch.Ačamazund ähnlich; abchas. K(atawan, entspricht tscherkess. K(atăwăn), Sohn von Acæ (tscherkess. ’Aš’ă), der bei den Osseten die zentrale Figur der Familie der Acætæ bildet und noch als Kind den Tod seines bei einem Feldzug umgekommenen Vaters rächt; einer tscherkess.Sage zufolge gilt eralsErfinderderFlöte der N. (bei den Osseten ist die Flöte lediglich sein einziges Erbstück vom Vater). Wenig deutlich charakterisiert sind auch Šæwwaj (osset.-iron.; tscherkess. Šăwaj, balkar. Šawaj), der Sohn von K’andz (oder Č’andz, tscherkess. Q’andz), der bei der Geburt ins Feuer fällt und dadurch abgehärtet wird, oder Sybælc (osset.-iron.), der aus der Ehe einer Schwester (oder der Mutter) von Xæmyc mit deren eigenem Großvater (bzw. Schwiegervater), Wærxæg, hervorgeht. bisweilen Tiere der N., bes. die → Pferde (z.B. Ærfan als Pferd des Wyryzmæg bei den Osseten oder Txožej, das Pferd des Soslan bei den Tscherkessen), bisweilen aber auch andere Tiere (osset. Silæm als Stammutter aller Hunde). Die in der Gegenüberstellung der drei N.familien(Alægatæ,Borætæ,Æxsærtægkatæ)bei den Osseten erkennbare Gesellschaftsstruktur wurde von G. → Dumézil als Relikt einer alten nordiran. d. h. skyth. oder sarmat. Tradition angesehen, die letztlich eine ursprüngliche funktionale Dreiteilung der Gesellschaft bei den Indogermanen widerspiegele; im Zusammenhang mit Beobachtungen, die sich an die Überlieferung skyth. Bräuche bei → Herodot knüpften, sowie mit weiteren mythol. Erwägungen führte dies Dumézil zu dem Schluß, daß die N.sagen in ihrem Kern in das skyth.nordiran. Altertum zurückreichen11. Es bleibt jedoch zu bedenken, daß das gesamte in den N.sagen erscheinende Umfeld deutlich an die Gegebenheiten ihres Verbreitungsgebiets angepaßt ist, und zwar sowohl an die allg. Topographie des nördl. Kaukasus (Wechsel zwischen Hochgebirgsregion, Steppe, Meeresküste; authentische Berg- und Flußnamen) als auch an ethnol. Merkmale, die noch in jüngerer Zeit für die tradierenden Völkerschaften als charakteristisch notiert wurden (Blutrache; rituelle Altentötung bei den Keine eigentliche N.figur ist Syrdon (osset.- Tscherkessen); so kann nach E. M. → Meleiron.; tschetschen.-ingusch. [Batoko] Širtga tinskij auch die Clanbildung bei den Osseten 12 und ähnlich), der unter den N. vielfach die Rol- einen jüngeren Zug im N.epos darstellen . le eines hinterhältigen Widersachers spielt und sich dabei eher durch List und Tücke als durch 1 Klaproth, J. von: Reise in den Kaukasus und nach Tapferkeitauszeichnet(→Trickster;cf.auch→ Georgien 1. Halle/B. 1812, 443. – 2 Šifner, A.: OseLoki); nicht nur in bezug auf seinen Namen tinskie teksty (Osset. Texte). SPb. 1868. – 3 Miller, ähnelt er dabei dem → Hodscha Nasreddin. W.: Osetinskie ėtjudy (Osset. Studien) 1. M. 1881. – Nicht als eigentliche N. aufzufassen sind auch 4 Sultan Chan-Girei: Čerkesskie predanija (Tscher1. In: Russkij vestnik 2 (1841) die vielfach auftretenden übernatürlichen We- kess. Überlieferungen) 5 36. – Nogmov, Š.B.: Istorija adygejskago naroda sen, zu denen neben den ‚Göttern4 Wacilla (Geschichte des adygej. Volkes). Tiflis 1861 (dt.: (Elias, Donnergott) und Wastyrdžy (Georg, Die Sagen und Lieder des Tscherkessen-Volk. BeKriegsgott; osset.-iron.) z. B. der ‚himmlische arb. A. Bergé, Lpz. 1866). – 6 Textpubl.en bes. in Schmied4 Kwyrdalægon/Ł’ăpš, der Herrscher den Zss. Sbornik svedenij o kavkazskix gorcax 4–9 über die Gewässer (Donbettyr/ Psythă (1870–76) und Sbornik materialov dlja opisanija i plemen Kavkaza 1–29 (1881–1901). – Gwaš(ă), der Gott der Jagd (osset. Æfsati, mestnostej 7 abchas. Ažwypša, tscherkess. Măzythă, swan. Einechronologischgeordnete,nahezuvollständige von Originalausg.n, russ. Übers.n und Werken Apsat; → Herr der Tiere10) oder der Herrscher Liste der Sekundärlit. von den Anfängen bis 1968 enthält der Unterwelt (osset.-iron. Barastyr) gehören, der Sammelband Skazanija o Nartax. Ėpos narodov wie auch die verschiedenen als Gegner der N. Kavkaza (Erzählungen über die N. Das Epos der figurierenden Riesen. Als Helfer erscheinen kaukas. Völker), ed. A. A. Petrosjan. M. 1969, e Narten 503–540,einenachSprachengeordneteAufstellung européens 1. P. 1968, 457–484. – 12 Abaev u. a. (wie der Sammelband Nartskij ėpos (Das N.epos), ed. not. 7) 69. V. I. Abaev/G. Z. Kaloev/V. I. Čičerov. M. 1957, Jost Gippert 195–199; jüngere Texteditionen: Orig.ausg.: osset.: Frankfurt a. M. Nartykaddžytæ.Dykkagrawaġd(N.erzählungen.2. Lfg.), ed. M. Tuġanty/U. Qanyqwaty. Ordschonikidse 1975; narty. Osetinskij geroičeskij ėpos (Die N. Digital unterschrieben von Jost Gippert DN: cn=Jost Gippert, o=Universität Osset.Heldenepos)1–3.M.1990;tscherkess.:NartFrankfurt, ou=Vergleichende Sprachwissenschaft, email=gippert@em. xăr. Adyġe ăpos/Narty. Adygskij ėpos (Die N. Adyuni-frankfurt.de, c=DE gej. Epos) 1–7, ed. Hădăġăł’ă Askăr/A. M. GadaDatum: 2011.12.28 21:50:51 +01'00' gatl. Maikop 1968–71; Nartxăr. Adygă ł’yxuž( ăpos /Narty. Adygskij geroičeskij ėpos (Die N. Tscherkess. Heldenepos), ed. V. M. Gacak. M. 1974; Özbek, B.: Erzählungen der letzten Tscherkessen auf dem Amselfeld. Bonn 1986; abasin.: Nartyrġa. Abaza uaġa rėpos/Narty. Abazinskij narodnyj ėpos (Die N. Abasin. Heldenepos). Tscherkessk 1975; swan./georg.: Dzidziguri, Š.: Gruzinskie varianty nartskogo ėposa (Georg. Var.n des N.epos). Tiflis 1971; karatschai.-balkar.: Narty. Geroičeskij ėpos balkarcev i karačaevcev (Die N. Heldenepos der Balkarer und Karatschaier). M. 1994; russ. (übers.) Ausg.n: Skazanija o nartax. Osetinskij ėpos (Erzählung über die N. Osset. Epos). Übers. Ju. Libedinskij. M. 1978; Dalgat, U. B.: Geroičeskij ėpos čečencev i ingušej (Das Heldenepos der Tschetschenen und Inguschen).M. 1972;abchas.:Priključenija Narta Sasrykvy iego devjanostadevjati brat’ev.Abxazskij narodnyj ėpos (Die Abenteuer des N. Sasrykva und seiner 99 Brüder. Abchas. Nationalepos). M. 1962; dt. Übers.en: Die N., Söhne der Sonne. Mythen und Heldensagen der Skythen, Sarmaten und Osseten. Übers. A. Sikojev. Köln 1985 (osset.); Der blanke Schild. Kabardin. Heldensagen. Übers. H. Stürmer u.a. B. 1958; Sekundärlit.: Abaev, V. I.: Izbrannye trudy. 1: Religija, fol’klor, literatura (AusgewählteSchriften.1:Religion,Folklore,Lit.). Wladikawkas 1990; Gadagatl’, A. M.: Geroičeskij ėpos Narty adygskix (čerkesskix) narodov (Die N., das Heldenepos der adygej. [tscherkess.] Völker). Maikop 1987; Özbek, B.: Die tscherkess. N.sagen. Heidelberg 1982; Kuznecov, V. A. Nartskij ėpos i nekotorye voprosy istorii osetinskogo naroda (Das N.epos und einige Fragen der Geschichte des osset. Volkes). Ordschonikidse 1980; Salakaja, Š. X.: Abxazskij nartskij ėpos (Das abchas. N.epos). Tiflis 1976; Bailey, H. W.: Ossetic (Nartä). In: Traditions of Heroic and Epic Poetry 1. ed. A. T. Hatto. L. 1980, 236–267. – 8 Eine nach Zyklen geordnete, kurzgefaßte Sujetliste bei Abaev u.a. (wie not. 7) 75; eine ausführliche Behandlung der einzelnen Zyklen und Sujets bringt Dumézil, G.: Légendes sur les Nartes. P. 1930. – 9 Ausführlich hierzu Fritz, S./Gippert, J.: Wyryzmægs Eselsritt. Zum kulturellen Hintergrund einer osset. N.sage. In: Acta Orientalia (Hungarica) 38 (1984) 171–185. – 10 cf. Dirr, A.: Der kaukas. Wild- und Jagdgott. In: Anthropos 20 (1925) 139–147. – 11 Dumézil, G.: Mythe et épopée. L’idéologie des trois fonctions dans les épopées des peuples indo- Jost Gippert