Forum Psychoanal (2014) 30:257–274
DOi 10.1007/s00451-014-0174-3
Originalarbeit
Hermeneutik oder Szientismus?
Unterwegs zu einer triadischen Epistemologie
Michael B. Buchholz
Online publiziert: 2. März 2014
© Springer-Verlag berlin Heidelberg 2014
Zusammenfassung Hermeneutik (Sinn, Verstehen) und Szientismus (Kausalität,
erklären) bilden nach wie vor Oppositionspole, die eine wissenschaftstheoretische
Positionierung und Selbstbestimmung der Psychoanalyse erschweren. Der erste
Vorschlag in diesem aufsatz lautet, diese Pole nicht nach einem „entweder-oder“Prinzip aufzufassen, sondern nach einem Komplementaritätsprinzip, wie es aus der
Kopenhagener Deutung der Quantenphysik hervorgegangen ist. Die von Habermas ausgearbeitete kommunikative Wendung der Hermeneutik lässt sich sodann
mit befunden der empirischen Forschung, sowohl aus der Säuglings- wie aus der
Primatenforschung verbinden, sodass plötzlich eine brücke zwischen den weit auseinander liegenden lagern in den blick genommen wird. Diese brücke erweist sich
als begehbar, wenn man neben „Sinn“ und „Kausalität“ einen dritten Pol, „Sozialität“, einbaut; auf diese Weise entsteht eine triadische epistemologie, die hier vorbereitet wird. aus den Forschungen zur Mikrostruktur des Sozialen lässt sich deren
bedeutsame, aber erstaunlich ignorierte rolle deutlich bestätigen.
Hermaneutics oder scientism? – Towards a triadic epistemiology
Abstract Hermeneutics (meaning, understanding) and scientism (causality, explanation) formed and still form opposites that make it dificult to adequately conceptualize self-determination and positioning of psychoanalysis in the theory of
sciences. The irst proposal is to view these opposites not as an either-or principle
but more as the principle of complementarity as proposed in the Copenhagen interpretation of quantum physics. Then, the communicative turn of hermeneutics as
Prof. Dr. M. b. buchholz ()
international Psychoanalytic University (iPU),
berlin, Deutschland
e-Mail:
[email protected]
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M. b. buchholz
thoroughly worked through by Habermas can be combined with results of empirical research from infant research and primatology so that a bridge between the two
camps comes into sight. this bridge is stable if besides “meaning” and “causality”
a third pole is established: sociality. thus, a step forward to a triadic epistemology
can be taken which is prepared here. research on the microstructure of social interactions in psychoanalysis conirms the possibilities of including a social dimension
which is extremely important but widely ignored in the theory of scientiic debates
between hermeneutics and science.
Komplementarität – rotierende Münze
Die Kopenhagener Deutung der Quantenphysik durch niels bohr (1972) in seinen
gesprächen mit Werner Heisenberg hatte vorgeschlagen, licht sowohl als Welle wie
auch als Korpuskel zu sehen, und festgestellt, dass es kein entscheidungsexperiment
gebe, obwohl Wellentheorie und Korpuskeltheorie einander erheblich widersprechen.
Diese Denkigur ist u. a. dafür aufgegriffen worden, den Siegeszug ausschließlich
naturwissenschaftlicher Methoden in der akademischen Psychologie auszubremsen
und darauf hinzuweisen, dass selbst in der harten Physik weiche interpretation drin
sei. Dem wurde vielfach widersprochen; die Physik beschäftige sich nur mit „harten
Fakten“. Jedoch: gerade aus dem experimentellen labor der Psychologen kamen
nachweise für die „weiche“ lesart.
Man variierte experimentell (gentner und gentner 1982; gentner und grudin
1985), wie angehende Physiker lernen, mal die Wellen-, mal die Korpuskeltheorie
anzuwenden; sie müssen einen interpretativen Sinn ausbilden, weil es keine übergeordnete theorie gibt, die regelgeleitet angeben könnte, wann das eine und wann das
andere. erforderlich war ein kompetenter Umgang mit Metaphern, die als „mentale
Modelle“ (gentner und Stevens 1982; Collins und gentner 1987) zu nutzen gelernt
werden. So interpretieren es diese autoren. Man müsse im buch der natur „gelesen“
haben, bevor man mit ihr experimentiert. ist die Hermeneutik schon rehabilitiert?
Das experimentelle psychologische labor brachte gute gründe hervor, interpretative Fähigkeiten nicht mehr in das reich des beliebigen und Willkürlichen zu
verschieben. Poscheschnik (2012) führt weitere beispiele an, und Hinrichs (2012) entlehnt die Metapher der „dunklen Materie“ aus der Physik, um zu zeigen, wie auch in
anderen Wissenschaften das Unaufgeklärte mit dem Wissen nicht schwindet, sondern
zunimmt. Jedoch, die seit Dilthey so klar scheinende Unterscheidungsformel vom
erklären in den naturwissenschaften und vom Verstehen in den geisteswissenschaften (Schnepf 2010) hat ihren trennenden Wert verloren. empirisch-experimentelle
befunde entdecken die Unausweichlichkeit des Verstehens; Vertreter hermeneutischer Positionen sehen sich von experimentellen Fortschritten sowohl in bedrängnis
gebracht wie auch bestätigt (Detel 2011). Zwischen Szientisten und Hermeneutikern
schien eine brücke zu entstehen.
Diese neue Diskurssituation hat relevanz für den alten Streit zwischen Szientismus und Hermeneutik, der die Psychoanalyse als Wissenschaft betrifft. Denn der
Streit zwischen „erklärender“ und „verstehender“ Psychologie war vehement geführt
worden, ohne entschieden werden zu können. Die neue lage kann für die Psycho-
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analyse nicht ohne interesse bleiben. ricoeur (1969) hatte den naturalismus der
Psychoanalyse verteidigt und ihr gleichwohl eine „gemischte rede“ zwischen energetik und Hermeneutik attestiert; von Habermas (1968) blieb das gelügelte Wort
vom „szientistischen Selbstmissverständnis“ im gedächtnis. aber der Psychoanalyse eine methodologische Sonderstellung zuzusprechen, wie es Habermas, ricoeur
und lorenzer forderten, schuf die gefahr elitärer Selbstabschottung (Mertens 2005,
S. 26 f.), die heute in sektenähnliche Selbstisolation umzukippen droht; nach Meinung
einiger steht die Psychoanalyse längst „at the margins“ (Stepansky 2009). aufmerksamkeit für die neue Diskurslage zwischen Hermeneutikern und Szientisten, wenn
man überhaupt so verkürzt sprechen darf, könnte ein akt der Selbsterhaltung sein.
eine Diskussion darüber ist allemal lohnend und sollte umfänglich geführt werden.
Vergegenwärtigungen
Für den bereich des Kulturellen und Sozialen hatte Habermas eine „kommunikative
Wende“ (altmeyer 2011) angestoßen, die in der psychoanalytischen Welt nicht mehr
umfänglich rezipiert wurde:
Wir erfassen den aufbau individueller lebenswelten allein auf dem Wege über
sozial eingestellte Kommunikationen; deren bestimmte regeln lernt man aber
durch systematisches Mitspielen, und nicht, wie Schütz annimmt, durch phänomenologische anschauung. (Habermas 1967, S. 235)
Hier kündigte sich an, was Habermas (1981) systematisch ausarbeitete. Der für die
erforschung des Unbewussten relevante Kern artikuliert sich in der methodischen
Formulierung:
Der Begriff des kommunikativen Handelns schließlich bezieht sich auf die
interaktion von mindestens zwei sprach- und handlungsfähigen Subjekten, die
(sei es mit verbalen oder extraverbalen Mitteln) eine interpersonale beziehung
eingehen. Die aktoren suchen eine Verständigung über die Handlungssituation,
um ihre Handlungspläne und damit ihre Handlungen einvernehmlich zu koordinieren. Der zentrale begriff der interpretation bezieht sich in erster linie auf
das Aushandeln konsensfähiger Situationsdeinitionen. In diesem Handlungsmodell erhält die Sprache, wie wir sehen werden, einen prominenten Stellenwert. (Habermas 1981, bd. 1, S. 128)
„interpretation“ gehört jetzt zu lebensweltlichen Vollzügen, die Handelnde kompetent meistern können müssen, wenn sie sich verständigen, in welchem „Film“ sie sich
beinden, was „hier los“ ist und wie sie die gemeinsame Situation auffassen („deinieren“) wollen. Sie interpretieren Äußerungen anderer unvermeidlich und müssen
verstehen, wie der andere eigene Äußerungen versteht, oder antizipieren, wie er sie
verstehen könnte. Das Kernstück der Hermeneutik, die interpretation, erweist sich
als essenzieller bestandteil jenes kommunikativen Handelns, das gesellschaftsmitglieder beständig vollziehen; sie lernen es durch teilnahme, nicht durch anschauung
von außen. Indem sie teilhaben, greifen sie stillschweigend auf die „Welt“ als kulturelle Hintergrunderfahrung zurück:
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es sind die vergesellschafteten Subjekte selbst, die, wenn sie an kooperativen
Deutungsprozessen teilnehmen, das Konzept der Welt implizit verwenden.
(Habermas 1981, bd. 1, S. 123)
Sie bewegen sich in einer Kultur, die sie selbstverständlich und unbemerkt als ressource nutzen: Hierbei geraten die nichtkognitiven bestandteile der Kultur in eine
„eigentümliche randstellung“ (Habermas 1981, bd. 1, S. 124), aber sie werden für
eine sozialwissenschaftliche Handlungstheorie besonders gebraucht.
Garinkel (1967), begründer der ethnomethodologie, hatte bereits lange vor
Habermas darauf hingewiesen, dass teilnehmer an gesellschaftlichen interaktionen
gar nicht anders können, als sich als Hermeneutiker avant la lettre zu betätigen; sie
müssen das, was andere sagen und tun in allen Details beständig interpretieren. Sie
äußern Interpretationen nicht als gelehrte Aussagen, sondern bringen sie als nächste
Äußerung zur Darstellung. So, dass der erste teilnehmer daraus sofort entnehmen
kann, wie der andere die eigene Äußerung wohl verstanden hat.
i have been arguing that a concern for the nature, production, and recognition
of reasonable, realistic, and analyzable actions is not the monopoly of philosophers and professional sociologists. Members of a society are concerned as a
matter of course and necessarily with these matters both as features and for the
socially managed production of their everyday affairs. (Garinkel 1967, S. 75).
alle gesellschaftsmitglieder produzieren aktiv „common sense“ und nehmen
zugleich passiv an ihm teil. es ist, wie wenn ein autofahrer auf der autobahn seiner
Frau mitteilt, „ich stehe im Stau“, aber die neben ihm sitzende Soziologin murmelt:
„Wir sind der Stau“. gesellschaftsmitglieder sind implizit selbst Sozialkundige und
können nicht anders, wollen sie in ihren gesellschaften überleben. ihre interpretationen sind nicht „lesarten“, sondern avancieren zu aktiven beiträgen.
Produktion von und teilhabe an Kultur und Sozialität – diese Doppelperspektive
machte möglich, Phänomene wie lachen oder das erzählen von Witzen, tischgespräche in Familien oder wie telefongespräche begonnen und beendet werden, die
Kooperation von chirurgischen teams oder von Piloten und vieles andere zu untersuchen. teilnehmer nutzen andere ressourcen; beobachter studieren sprachliche und
gestische Mittel, mit denen teilnehmer zur interpretation psychologischer Motive
bei anderen gelangen oder sie beobachten, wie Menschen sich mit geringsten Mitteln am telefon einander vorstellen (Schegloff 2007) und erwarten, am ersten laut
ihrer Stimme erkannt zu werden. Dabei lassen sich vielfache kulturelle Unterschiede
beobachten. Kultur ist nicht normativer antipode zu natur, sondern unbewusste Praxis eines Vollzugs, dem keine aufmerksamkeitsbesetzung gilt. Kultur zeigt sich in
der art, wie man sich am telefon meldet (luke und Pavlidou 2002), wie man lacht
oder in ein lachen einstimmt (nishizaka 1999), wie man kocht oder sich die Zähne
putzt (Kaufmann 1994). Kultur wird nicht normativ, sondern im Sinne bourdieus als
Praxis bestimmbar (levold 2013).
Die Konvergenz zwischen der Veralltäglichung der Hermeneutik (Habermas) und
der in anderen Traditionen (Garinkel) längst vollzogenen forschungsmethodischen
Konsequenz ist wenig gesehen worden. Aus den ethnomethodologischen Ursprüngen
erwuchs die Konversationsanalyse mit jährlich ca. 15.000 Publikationen. ganz irr-
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tümlich war die Überzeugung, Konversationsanalyse und ethnomethodologie seien
behavioral oder „bloß“ sozialwissenschaftlich. Die metaphorische Trennung zwischen „Innenleben“ und „Außenwelt“ ist nie überwunden worden; deshalb konnte
das konventionell-biedere Moment dieser Unterscheidung nicht in den blick geraten. Innenwelt, so schien es, konnte nur hermeneutisch, Außenwelt nur behavioral
untersucht werden. So wurde eine grenze befestigt, die in der westlichen Kultur
zwar selbstverständlicher Common sense ist, aber konnte diese grenze so in den
psychoanalytischen blick genommen werden? Die psychoanalytische Kulturtheorie
blieb vor dieser grenze ebenso wie die klinische theorie stehen. Die Untersuchung
von therapeutischen Konversationen unterblieb beinah vollständig, obwohl „Sprechen“ unser Hauptarbeitsinstrument ist! Sie wurde als „positivistisch“ verurteilt und
verteufelt.
Verhängnisvoll, dass man sich gegenseitig wenig zur Kenntnis nahm. nur eine von
vielen möglichen illustrationen: Die empirische erforschung von therapeutischen
Prozessen am national institute of Mental Health (niMH) unter Führung von irene
elkin (elkin et al. 2006a, 2006b, 2006c, 2007; Wampold 2006; Wampold und bolt
2007; Überblick bei buchholz und gödde 2012) hatte am beispiel der Depression
mit rafinierten statistischen Berechnungen zeigen können, dass der größere Teil der
Varianz des Outcome nicht auf „technik“, sondern auf die Person des therapeuten
zurückgeführt werden musste. Mitten im Territorium einer objektiv und szientiisch
verfahrenden wissenschaftlichen Forschungstradition musste akzeptiert werden, dass
die andere Figur, das ausgeschlossene Subjekt, das persönliche element des therapeuten unerwartet wieder auferstand; „harte“ Forschung hatte diesen „weichen“
befund ermittelt.
Die tugend der genauen beobachtung, die mit dem Szientismus gelehrt und
gelernt wird, verschwand. Die Folge war oft in klinischen Diskussionen, dass jeder
bescheid zu wissen meinen konnte, sobald nur wenige Mitteilungen über einen
Patienten erfolgt waren. Die theorie erdrückt klinische Wahrnehmung; oft genug
konnte „theorie“ kaum von „Vorurteil“ unterschieden werden. akzeptiert man hingegen, dass klinische tatsachen immer (!) solche des gesprächs sind, dann gelingt
annäherung zwischen hermeneutischer interpretation und „szientistischer“ beobachtung im klinischen alltag wie bei wissenschaftlichen Diskursen. Die Psychoanalyse
könnte proitieren, indem sie prägnant realisiert, dass ihre Deutungen immer Deutungen von bereits vollzogenen Deutungen der Teilnehmer sind; nie kann sich die psychoanalytische Deutung unmittelbar auf ein etwas beziehen, das nicht bereits durch
teilhabe an kulturell-kommunikativer Praxis „kontaminiert“ wäre. Das zu glauben,
wäre verhängnisvoll; in analogie zum szientistischen Selbstmissverständnis (Habermas 1968) müsste man hier von einem hermeneutischen Selbstmissverständnis der
Psychoanalyse sprechen. Der kleine Hans war es, der das Pferd unbewusst als Vater
deutete, und die psychoanalytische Deutung erst deutet eben diese Deutung.
Die Psychoanalyse ist kein naturalismus; sie ist Deutung zweiter Ordnung. Sie
kann nur dort operieren, wo sie solche Deutungen, die bereits komplexe (vor- und
sub-)symbolische, vor allem aber konversationelle Operationen sind, ihrerseits zum
Gegenstand ihrer Deutungen machen kann. Diese sind Deutungen höherer Ordnungen, nie Deutungen von einem Unmittelbaren.
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beobachtung kann diese kulturellen Momente in den blick nehmen und eine theorie dazu schaffen, teilnehmer hingegen nutzen sie implizit als selbstverständliche
ressource. Dabei sind sie – nach einheitlicher auffassung der traditionen – immer
schon „Hermeneutiker“, weil sie gar nicht anders können, als dem anderen basale
psychologische Momente wie intentionalität und Selbstwirksamkeit, aufmerksamkeitsfokussierung und Wahrnehmung, Selbstkontrolle und Wünsche, Zielorientierung und deren Verbergung, Täuschung und Relexivität zu unterstellen. Ohne solche
Fähigkeiten als kompetente Subjekte bräche Kommunikation in Windeseile zusammen. Wo solche Unterstellungen nicht gewährt werden, werden andere beschädigt
und/oder manipuliert. etwa, wenn man beständig annähme, der andere wisse nicht,
was er wirklich sage und meine, er verfolge keine absichten oder kenne diese nicht
wirklich, habe keine Ziele und sei zum nachdenken zu blöde.
Man kann sich jedoch gegen Zuschreibungen wehren. ein hübsches literarisches
beispiel ist die geschichte von tom Sawyer, der von seiner tante am Samstagnachmittag genötigt wird, deren Zaun zu streichen. als seine Freunde vorbeikommen,
hänseln sie ihn. tom schafft es, ihnen seine interpretation verbindlich zu machen,
dass hier nicht „Arbeit“ und „Plicht“ verrichtet werde, sondern „Kunst“ – die, einen
Zaun zu verschönern. Und jetzt wetteifern sie darum, tom den Pinsel aus der Hand
zu nehmen. Man kann mit nunner-Winkler (2004) darin eine Strategie des Umgangs
mit Hänseleien („Mobbing“) erkennen. geschickte Kommunikation sind jene interpretationen, die manchmal die Welt verändern.
Hermeneutik wird als unsichtbarer teil von sichtbarer kommunikativer Praxis
erkennbar. Damit rücken die analyse der Kommunikation und, wie darin „interpretation“ praktiziert wird, ins Zentrum. Diese Wende ist bei Habermas und methodisch
seit Garinkel vollzogen und auch bei anderen Autoren, von denen hier nur Martin
buber (1923), Paul ricoeur (1969) und emmanuel levinas (2007) erwähnt seien,
ohne auf deren Philosophien eingehen zu können. gemeinsam ist ihnen die akzentuierung der konstitutiven rolle des anderen, in dessen antlitz sich das Selbst erst
bildet.
Jede lehre von einem solipsistischen ego, das sich allein introspektiv über sich
selbst beugt und sich darin zu relektieren und seine Tiefe zu erfahren meint, muss für
die Konstitution des Selbst zu kurz greifen. Selbstrelexion ist entwicklungspsychologisch eine späte errungenschaft, zu der andere immer substanziell beitragen, ohne
dass das Selbst diesen Beitrag des anderen zu relektieren in der Lage wäre – aber es
lässt sich mit ausgefeilten Methoden der Säuglingsforschung beobachten. in genau
diesem Punkt konvergieren unwidersprochen sämtliche im labor der Säuglingsforschung gemachten befunde (Malloch und trevarthen 2010; bullowa 1979; tronick 2007; emde 1995; Dornes 1996). Detaillierte beobachtungen therapeutischer
gespräche heben ebenfalls die rolle und Person des anderen, des therapeuten heraus
(bruschweiler-Stern et al. 2010; Peräkylä 2011a, b) und bestätigen diesen Fund. So
verliert die grenze zwischen philosophisch-hermeneutischer auslegung und wissenschaftlich-experimentell gefundener beobachtung und erklärung ihre Prägnanz.
empirische Forschungsbefunde tragen erhellendes bei.
auf klinischem Feld hatten sich einst Positionen des „szenischen Verstehens“
(lorenzer 1970, 1974) gegen eine empirische Psychotherapieforschung etabliert,
obwohl deren verständige Vertreter (thomä und Kächele 2006) mit ihrem begriff
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einer idiographischen nomothetik kompromissfähige brücken bauten. an solchen
bauversuchen beteiligen sich neuerdings autoren der akademischen Psychologie
wie Walach (2009; ebenso Fahrenberg 2012; Werthmann 2011), der den begriff der
Komplementarität für die Psychologie insgesamt stark zu machen versucht. Der
befund lautet also: „gefühlt“ treiben die lager auseinander, während sie sich der
Sache nach annähern.
bislang hatten wir es mit einer Münze zu tun, auf deren einen Seite sichtbar die
Fakten prangen, Zahlenangaben; auf deren unsichtbaren Seite etwas, das einer interpretation bedarf, symbolisches Wappen oder bild. Das eine gilt als hart, das andere
als weich oder dunkel. Machtentscheidungen universitärer berufungspolitiken haben
die Münze auf die eine Seite fallen lassen mit der Folge, dass wir das Unsichtbare
nicht mehr sehen. Die stabile Stellung müsste demnach sein, dass die Münze steht.
Das könnte durch rotation gelingen; der dynamische impuls zur Drehung kommt
verstärkt aus empirischen befunden (nicht nur der Säuglingsforschung), und das gibt
der auseinandersetzung einen neuen Dreh. Mit der grenzöffnung von Hermeneutik
und Szientismus verschiebt sich das bild des Menschen; Stabilität und Dynamisierung rücken in die Betrachtung, Innen- und Außenwelt als metaphorische Leitunterscheidung verlieren ihren Wert.
Ein literarischer Einstieg
Die kommunikative Wende der Hermeneutik hat sich bis in die schöne literatur
eingelassen. ich wähle ein beispiel aus dem roman Leo Kaplan, von dem zeitgenössischen holländischen Autor Leon de Winter; darin eine hübsche Relexion auf
alltägliche interpretationskünste:
nehmen wir zum beispiel ein so unschuldiges Sätzchen wie: “Wollen wir noch
was zusammen trinken?” irgendwer stellt einem anderen diese Frage. eine einladung, irgendwo etwas Flüssiges zu sich zu nehmen. Schauen wir aber einmal
genauer hin, dann entdecken wir plötzlich das Umstandswort „noch“. Was hat
es hier zu suchen? Dieses Umstandswort ist vertrackt, denn es kann alles mögliche heißen und sorgt dafür, daß der Satz, in dem es vorkommt, auf unterschiedliche Weise interpretierbar ist. Spielen wir mal ein paar Möglichkeiten durch.
Zwei verschwitzte Männer in einem büro nach unergiebigen geschäftlichen
Verhandlungen. Da sagt der eine plötzlich zum anderen: „Wollen wir noch was
zusammen trinken?“ Das „noch“ schließt die Einladung ein, einen weiteren
Versuch zu wagen, um zu einem befriedigenden ergebnis zu kommen, vorzugsweise in einer anderen Umgebung, in der beide Männer gleichrangig sind.
als trinkende sind sie Partner, warum sollten sie nicht auch als geschäftsleute
Partner werden?
Zwei schweigende Männer in einem büro nach einem Streitgespräch. Der eine,
der Chef, war verärgert und hat den anderen, seinen assistenten, wegen Schlampereien gerügt. Doch dann sagt der Chef, nachdem er zwei Minuten lang stumm
vor sich hin gestarrt hat: „Wollen wir noch was zusammen trinken?“ ein klarer
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Fall für ein noch, das Vergeben und Vergessen ausdrückt. Passiert ist passiert,
und zur Versöhnung genehmigen wir uns jetzt einen.
ein Mann und eine Frau nach ihrer begegnung in einer Kneipe. Sie stehen
draußen vor dem Lokal, und die Frau sagt: „Gehen wir noch was zusammen
trinken?“ gerade erst haben sie eine Kneipe verlassen, in der sie etwas getrunken haben, da schlägt die Frau schon wieder vor, irgendwo einen Wein oder
ein bier oder einen Whisky zu trinken. beide sind sich aber darüber im klaren,
daß die Frau dem Mann die Tür zu ihrer Wohnung öffnen möchte und der in
aussicht gestellte Drink Synonym für erotik ist. Was sie eigentlich meint, ist:
„Kommst du mit zu mir, wollen wir ein bisschen schmusen?“ Das „noch“ heißt
hier soviel wie: „Wir haben uns kennengelernt und stehen aufeinander, wieso
sollten wir da jetzt nicht auch das tun, woran wir beiden denken?“
Derjenige, an den dieses „Wollen wir noch was zusammen trinken?“ gerichtet
ist, hat die elegante Möglichkeit, das angebot, mit dem anderen zu schlafen,
auszuschlagen, ohne daß von etwas anderem als einem Drink gesprochen wird.
Diese literarische illustration zeigt, wie wir schon im alltag raus aus jener solipsistischen Welt sind, worin sich ein interpret über einen unbewegten text beugt. Die
bedeutung eines einzelnen Satzes kann nicht mehr sicher erschlossen werden; die
Mitspieler sind es, die seinen Sinn verändern. Das kann ein wissenschaftlicher/therapeutischer beobachter beobachten, aber nicht mehr festlegen wollen, was die wahre
und eigentliche bedeutung war.
ein interpret muss als teilnehmer sich auf Kommunikation einlassen. Man kann
nicht anders als – mitspielen. Und ist damit in genau der Situation des quantenphysikalischen beobachters, der mit seiner beobachtung das verändert, was er lediglich zu beobachten meint. Wie das literarische beispiel zeigt, sind das sogar beide
teilnehmer.
Mit einem so kleinen „unschuldigen“ Satz kann gesagt und etwas völlig anderes
damit geklärt und ausgesprochen werden, in einer Weise, die ein teilnehmer unmittelbar versteht – aber eben diese Weise wäre einer traditionell als „textauslegung“
verstandenen Hermeneutik unzugänglich. Sie nutzt beinah ausschließlich die Semantik, die bedeutung gesprochener Worte und tat sich schwer damit, den Schritt zu
vollziehen, dass Sprechen nach Wittgensteins einsicht lebensform ist. Die kommunikative Wende bindet sie in lebensweltliche Praxis ein und kann dann solche rafinierten Vollzüge beobachten, dass man das eine sagt und etwas völlig anderes damit
meint – das muss für die Psychoanalyse von größter Bedeutung sein.
Jeder muss antizipieren, in welcher Weise der andere diesen kleinen Satz „Wollen
wir noch einen trinken gehen?“ gemeint haben könnte, und muss aufgrund dieser
antizipation, die ein interpretativer akt ist, handeln. eine Dame wird den Subtext
verstehen und würde eine hermeneutische Meisterleistung vollbringen, die über alle
semantischen Dimensionen weit hinausginge, sich aber in der mikrosozialen Dimension umstandslos nachvollziehen ließe. Sie muss sich dazu positionieren und sich
entscheiden. Das kann sie nur von einer exzentrischen Position aus (Plessner 1928;
Plessner 1970), und es ist riskant. Denn sie kann sich ihrer interpretation nie sicher
sein. interpretation ist (Selbst-)Festlegung in der antizipation dessen, wie der andere
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die eigene Positionierung auffassen könnte; sie reagiert auf etwas, das noch gar nicht
eingetreten ist. Sie bewegt sich in der Zeitdimension des Futurum Zwei.
Sozialität – Determinatio ex futuro
Von dieser textur sind strukturell alle sozialen Situationen; immer antizipieren wir –
oft genug natürlich verfehlt – was und wie der andere unsere aussagen auffassen und
vernehmen könnte, und immer modiizieren wir unter solchen Relexionen unsere
eigenen Äußerungen. Für die Auseinandersetzung mit dem Szientismus bedeutet dies
mehrerlei: 1. Soziale Kompetenz ist zu einem teil hermeneutische Kompetenz; wir
müssen unsere soziale Welt interpretieren, wenn wir sie verändern wollen. 2. Sozialhermeneutische Kompetenz muss die Ambiguität solcher Äußerungen als Ressource
nutzen und diese Ambiguität nicht etwa szientiisch beseitigen wollen. 3. Wir haben
es damit zu tun, dass noch nicht eingetretene ereignisse durch antizipation kausal
relevant für das eigene Handeln werden. ein Determinismus ex futuro jedoch wäre
für eine ausschließlich materialistische Weltdeutung inakzeptabel; dennoch aber alltägliche Praxis in der Welt des Sozialen. bereits aristoteles unterschied zwischen
materialer und inaler Kausalität. Unser psychoanalytisches Denken übernimmt allzu
oft die Causa materialis als einzig mögliche. Dann will man das, was ist, deterministisch erklären aus dem, was war, und landet, was schon balint verzweifeln machte,
schließlich dabei, dass man alles „immer früher“ ansiedeln muss. Man übersieht, dass
die soziale und seelische Welt von Zielen, nicht nur von Ursachen, von Vorhaben und
nicht nur von hinter uns liegendem, bestimmt ist – von der Causa inalis.
Der in berkeley lehrende anthropologe terence W. Deacon (1997, 2012) formuliert: „Materialism, the view that there are only material things and their interactions
in the world, seems impotent here. even major advances in neuroscience may leave
the mystery untouched“ (2012, S. 6). bei interpretativen leistungen haben wir es mit
etwas zu tun, das da ist, aber nicht materiell in begriffen von atomen, Molekülen,
Zellstrukturen gefasst werden könnte und dennoch kausale Wirkung entfaltet. Die
Handlung eines Films ist nicht zu verstehen durch analyse der Moleküle auf dem
Zelluloid und sei diese noch so genau hinsichtlich lokalisation, Zusammensetzung
und elektrophysikalischer ladungen. es geht um etwas, was in der physikalischen
Welt abwesend ist. Was das ist, sagt Deacon so: „that which is explicitly absent, is
me“ (S. 7). es ist die dunkle Seite der Münze.
Dem erfolgreichen physikalischen Weltbild fehlt etwas Wichtiges, das wir vorläuig mit „me“ als Platzhalter auszeichnen können. Salopp formuliert: „Ich“ bin es,
der gehirne anderer untersucht und behauptet, sie determinierten „alles Verhalten“,
und könnte dann aber nicht erklären, welche rolle mein eigenes gehirn dabei spielt,
wenn ich diese behauptung aufstelle.
Deacon meint durchaus diesen performativen Selbstwiderspruch. Der materialistische reduktionismus sieht den aufbau der Welt von elementarteilchen her, die sich
zu immer größeren Formationen zusammeninden, von Atomen zu Molekülen, weiter zu Zellen, zu Organismen und bis hinauf zu sozialen Verbänden – eine linie des
Determinismus zieht sich hier durch (Jantsch 1982). Größere Formationen werden
durch reduktion auf ihre elemente analysiert. Dies Weltbild scheitert erstens daran,
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weil es neues („emergenz“, blanchard 2011; Stephan 2001) nicht erklären könnte,
vor allem die innovationen, die von Menschen und ihrer antizipatorischen Fantasie
geschaffen werden.
Dies Weltbild scheitert zweitens an der Psychologie. Hier ist rückbesinnung hilfreich. erinnern wir uns, wie Hermann von Helmholtz das physikalisch-reduktionistische Weltbild in seiner rede Über die Erhaltung der Kraft formulierte und emile
Du bois-reymond es kämpferisch in einem brief des Jahres 1842 an seinen Freund
eduard Hallman dann so beschrieb:
brücke und ich, wir haben uns verschworen, die Wahrheit geltend zu machen,
dass im Organismus keine anderen Kräfte wirksam sind als die gemeinen physikalisch-chemischen. (Dahmer 2012, S. 111, auch Worbs 1983; Janik und
toulmin 1987; erdheim 1982)
Mai Wegener (2012) macht auf eine bemerkenswerte Fehlleistung aufmerksam. Du
bois-reymond formulierte:
es kann daher nicht länger zweifelhaft bleiben, ob der von uns als einzig möglich erkannte Unterschied [nämlich der verschiedenartiger Kräfte; anmerk.
M.W.] zwischen den Vorgängen der todten und denen der unbelebten [sic!]
Natur auch wirklich bestehe. Ein solcher Unterschied indet nicht statt. Es kommen in den Organismen den Stofftheilchen keine neuen Kräfte zu, keine Kräfte,
welche den namen lebenskräfte verdienen. Die Scheidung zwischen der organischen und der unorganischen natur ist eine ganz willkürliche. (einfügungen
in eckigen Klammern von Wegener 2012, S. 93)
eine echte entdeckung: „todte und unbelebte natur“ wird unterschieden, aber es sollte
zwischen toter und belebter natur unterschieden werden – das war das Programm
eines radikalen physikalischen Materialismus, der mit Psychologie und Denken, das
solche Programmatik immerhin formulierte, nichts anfangen konnte. Der Platzhalter
des „me“ blieb bis zu Freud vollkommen außerhalb der eigenen Beobachtung.
an dieser Situation hat sich bis heute nicht grundlegend viel geändert. Was
bewusstsein ist, kann aus systematischen gründen auf dem deterministisch-reduktionistischen Weg nicht geklärt werden. Susan blackmore (2007) hatte mit 20 neurowissenschaftlern „gespräche über bewusstsein“ geführt und festgestellt, dass das
Problem nicht die Reduktion ist, sondern dass man nicht deinieren kann, was
bewusstsein ist; unklar bleibt das, was „reduziert“ werden könnte, und so auch sah es
schon Freud (Kirchhoff 2012). So sehen es einige Verhaltenswissenschaftler (Westmeyer 2011), Psychoanalytiker (talvitie und ihanus 2011; giampieri-Deutsch 2002;
lehtonen 2010) und vor allem Philosophen (bennett und Hacker 2003, 2006; Sturma
2006). Wir müssen mit einem epistemischen Dualismus (Cavell 1997, Cavell 2006)
leben; danach haben wir es zwar mit einer Welt zu tun, aber die beschreibungssprachen des Materialen und die des Mentalen sind nicht ineinander übersetzbar. Deshalb
muss die Münze sich drehen, wollen wir beide Seiten in den blick nehmen; aber wir
können das nicht gleichzeitig.
ein dritter grund für das Scheitern des physikalischen reduktionismus besteht
darin, dass mit einer alleinigen Weltkonstruktion „von unten“ her, von den Partikeln und Elementarteilchen zu den großen Formationen, ein kausaler Determinismus
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angenommen werden müsste, der für die Phänomene des Psychischen keinen Platz
ließe. Mit dem Start der Welt wäre deterministisch alles schon festgelegt, dann hätte
auch therapie keine Chance. Die Welt des Sozialen und die des Psychischen lässt
sich in solchen Determinismus nicht einfügen; das literarische beispiel zeigt, dass
wir es mit einer Determinatio ex futuro zu tun haben. Wir antizipieren soziale ereignisse und handeln manchmal so, um diese, die noch gar nicht eingetreten sind, zu
vermeiden.
Intentionalität
aufregend, wenn man eine solche Determinatio ex futuro nicht nur philosophisch
begründen, sondern empirische befunde beibringen könnte, die eine solche Weltsicht
des Sozialen plausibilisieren oder bestätigen. Kann man eine solche Determinatio ex
futuro wiederum experimentell demonstrieren? Ja, man kann, und ich will hier, um
die veränderte Diskurslage zu beschreiben, den Weg gehen, einige experimentelle
befunde heranzuziehen statt philosophischer erörterungen von intentionalität.
Untersuchungen versuchen herauszuinden, wie Menschen sich von den ihnen
genetisch zu „99 %“ nahestehenden Primaten durch intentionalität auszeichnen. Wie
Intentionalität deiniert wird, zeigt ein erstes Experiment (Call et al. 2004): Im Labor
sitzen Schimpansen einem menschlichen Versuchsleiter gegenüber; beide sind durch
eine glasscheibe mit löchern darin voneinander getrennt. Die Schimpansen können
den Versuchsleiter sehen, der sich nun entweder ungeschickt anstellt, den Schimpansen durch die löcher bananen zu reichen oder aber unwillig zeigt. Ungeschickt
oder unwillig – das ist der test auf die Frage, wie Schimpansen die intentionen des
menschlichen interaktionspartners verstehen.
in einer weiteren Versuchsbedingung schiebt sich eine blende vor die löcher,
sodass der Versuchsleiter die banane gar nicht durchreichen kann. Hier wäre die
Frage nicht die nach intentionen, sondern nach Umständen. Können Schimpansen
richtig attribuieren auf Umstände, wenn diese so sind wie in diesem teil des experiments? Verstehen Schimpansen die intentionen des Versuchsleiters? Das ergebnis
ist, dass die tiere geduldig sitzen bleiben, wenn der Versuchsleiter sich ungeschickt
anstellt, dass sie protestieren durch Klopfen an die Scheibe, wenn er offensichtlich
unwillig ist, und sich schließlich zurückziehen, wenn ihnen das Futter immer wieder
umständehalber entzogen wird. Manchmal, wenn der Versuchsleiter sich „abgelenkt“
zeigte, klopften die tiere an die Scheibe und versuchten so, den mentalen Zustand
des Versuchsleiters – dessen aufmerksamkeit – zu manipulieren. Ähnliche befunde
könnte man zu den bereichen der Perspektivenübernahme, der Fähigkeit zum „false
belief“ und zur Metakognition berichten. aber bei Primaten sind diese Fähigkeiten an
unmittelbare Gegenwärtigkeit anderer und an die Sichtbarkeit von Verhalten gebunden. Sie können belange und interesse anderer berücksichtigen, solange diese physisch präsent sind.
Die Primatenforscherin Julia Fischer (2012) kommt nach solchen und ähnlichen
experimenten zu folgendem Schluss:
„ich vermute, sie [die Primaten] verbringen wenig Zeit damit, sich mit den absichten, Wünschen und Planungen anderer tiere auseinanderzusetzen … insgesamt hal-
13
268
M. b. buchholz
ten sich die affen also an die beobachtbare evidenz und interpretieren diese. nicht
beobachtbare Prozesse, die das Material für einen Großteil des sozialen Räsonnierens
unserer eigenen Spezies sind, scheinen für die affen kaum von belang zu sein“.
(abschnitt „evolution der intelligenz“, Pos. 2387).
Hier wird die Unterscheidung zwischen dem Sichtbaren und dem Unsichtbaren
in einer ähnlichen Weise gemacht wie bei leon de Winter; meine Metapher von der
rotierenden Münze für die Komplementarität in der Psychologie basiert auf dieser
Unterscheidung. Schimpansen sind offenbar hermeneutisch weniger versiert.
Die erforschung der Unterschiede zwischen Mensch und tier hat lange tradition; ich will nur ein Detail nachreichen. Das Psychologen-ehepaar luella und Winthrop Kellog hatte 1931 das Schimpansenmädchen gua aufgenommen; sie zogen es
gemeinsam mit ihrem Sohn Donald auf. Könnte gua das Sprechen lernen? Das wollte
man herausinden. Das Detail ist, dass die Kellogs Gua im Alter von 9 Monaten an
die Forschungsabteilung von robert Yerkes zurückgaben. Warum ist dies Detail aus
heutiger Sicht wichtig?
Weil Michael tomasello entdeckte hatte, dass sich genau in diesem lebensabschnitt die entscheidende neunmonaterevolution vollzieht. Die mittlerweile recht gut
bestätigte Hypothese lautet (tomasello 2002, S. 209), dass es folgenden kontinuierlichen Übergang gibt:
● von belebten akteuren – das ist Primaten gemeinsam mit humanen babys;
● zu intentionalen akteuren – diese Stufe erreichen menschliche babys mit etwa
9 Monaten; sie verstehen, dass sichtbares Verhalten index für die unsichtbare
absicht des anderen ist; sie unterstellen mehr und mehr Zielgerichtetheit und
aufmerksamkeit;
● zu geistigen akteuren, die Kinder etwa ab dem 3. lebensjahr zu erreichen beginnen, wenn sie begreifen, dass Verhalten anderer nicht nur deren aktuelle absicht
und aufmerksamkeit indiziert, sondern darüber hinaus, dass Menschen von langfristigen Überzeugungen bestimmt sind, dass sie aufgrund einer anderen Deinition der Situation handeln können als man selbst.
Die Unterscheidung zwischen belebter und unbelebter Welt vollziehen Primaten. Der
Schritt zur intentionalität braucht länger die erfahrung, dass man als Kind behandelt
wurde, als wäre man bereits intentionaler akteur. Der Schritt zur rolle des geistigen akteurs bleibt Schimpansen unmöglich. Das ist jener Übergang zum Humanum.
Stein (1993) hatte aus Studien des Primatenzentrums im indischen Pondicherry mitgeteilt, dass affen sich mit dem Ziehen kreativer linien beschäftigen, und die Vermutung geäußert, dass sich hier ein Übergangsbewusstsein zeige. Das fügt sich in
die Übergangslinie zu den geistigen akteuren umstandslos ein, zumal auch andere
Forscher solche beobachtungen mitgeteilt haben.
Säuglingsforscher (Shotter 1984) haben – und hier kommen wir auf die konstitutive rolle des „anderen“ zurück – von der „Sinn-infusion“ gesprochen, die sich im
Umgang von Plege- und Bindungspersonen mit dem Säugling ergebe – eine schöne
Metapher für das überdauernde Muster, dass Erwachsene dem relektorischen Gezappel von Kindern Sinn beilegen mit Äußerungen wie „Du willst jetzt mal auf den
Arm“ oder „Du willst ein bisschen spielen“. Das sind Äußerungen, die kontinuierlich intentionalität und Sinn zuschreiben. Von hier aus ist nur ein kleiner Schritt zur
13
Hermeneutik oder Szientismus?
269
allgemeinen Verführungstheorie von laplanche (1988). Mütter sagen ihren Kindern
auch andere Dinge und, in laplanches Sprache „schreiben“ sie ihnen „ein“. Kinder
„rätseln“ dann über rätselhafte botschaften, die zu verstehen ihnen noch nicht gelingen kann – ihr Selbst wird am anderen konstituiert, ohne die Umstände einer solchen
Konstitution je relexiv einholen zu können. Wir hoffen dann, dass das in psychoanalytischen behandlungen möglich werden kann. also mit und durch einen anderen.
nicht allein durch introspektion.
Viele Untersuchungen führen zu dem befund, dass Kleinkinder im alltag behandelt werden, als wären sie intentionale akteure, und ab dem 9. lebensmonat begreifen sie das. Sie folgen mit den augen der Zeigegeste der Mutter, während sie vorher
verständnislos auf die zeigende Hand geblickt haben. Später zeigen sie selbst auf
etwas, während ihr blick kontrolliert, ob die Mutter auch folgt. Dann haben sie
begriffen, dass der unsichtbare mentale Zustand der Mutter sich in deren sichtbarem
Verhalten materialisiert. Sie haben verstanden, dass die sichtbare Mutter ein Wesen
mit unsichtbaren mentalen Zuständen ist. Von nun an ist alles auf Sinn eingestellt,
und diese Umstellung kann nicht mehr rückgängig gemacht werden.
eine experimentelle Studie für ausbildung wie Wahrnehmung von intentionalität
stammt erneut aus der laborforschung (Meltzoff et al. 1999). andrew Meltzoff und
seine Mitarbeiter setzten Kinder im alter zwischen 14 und 18 Monaten vor einen
tisch, auf dem typische Kinderspielsachen lagen: eine lederschnur, um gelochte
Holzperlen aufzureihen, ein Stab, um Holzringe aufzunehmen. es wurde sichergestellt, dass die Kinder solche Materialien noch nicht kannten. ein erwachsener Versuchsleiter kam herein, versuchte die ringe auf den Stab, die Perlen auf die Schnur
zu ziehen und scheitert – unter Lauten des Missbehagens verließ er das Zimmer. Das
experiment weist also gewisse Ähnlichkeiten mit dem auf, was ich von den affen
hinter der glasscheibe mit den löchern berichtet habe. Was machten die Kinder? Sie
nahmen die gegenstände und reihten Perlen auf die Schnur, die ringe auf den Stab.
eine behaviorale theorie des beobachtungs- oder imitationslernens kann hier
nicht greifen, denn die Kinder machten etwas, was sie zuvor nicht gesehen hatten!
Die beste erklärung ist, dass Kinder die Absicht des Versuchsleiters verstanden
haben. Sie lesen sichtbares Verhalten als index für unsichtbare absichten; sie werden
kommunikative Hermeneutiker. Damit zeigen sie den Schritt vom Sichtbaren zum
Unsichtbaren an. Meltzoff hat das getestet und eine Maschine konstruieren lassen,
die vor den augen des Kindes das gleiche tat, was der Versuchsleiter machte. Hier
verloren Kinder jedes interesse und fügten die gegenstände nicht zusammen. Sie
brauchen die Wahrnehmung menschlicher intentionalität und verstehen diese offensichtlich. Wenn Julia Fischer schrieb, wie affen sich an beobachtbare evidenz halten
und diese interpretieren, so formulieren Meltzoff et al. (1999) „evidently, infants
are not behaviorists“. eine rein behaviorale ausrichtung würde gerade das entscheidende des Humanum verfehlen.
„Ententionalität“
Deacon (2012, S. 27) erkennt, dass es das ist, was der Psychologie gefehlt habe. Was
fehlte, ist die ausrichtung auf das „me“, das wir jetzt genauer bestimmen können: es
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270
M. b. buchholz
ist der Forscher, der absichten hat und etwas wissen will, das er noch nicht versteht,
und der ex futuro handelt; ohne die annahme von intentionalität müssen alle psychologischen Phänomene durch ein charakteristisches Fehlen von etwas beschrieben
werden. Die Weltsicht des Determinismus ist geprägt von dem, was Deacon „absentialismus“ nennt – sie bleibt unvollständig um das Wesentliche.
Dazu gehört die teleologische erklärung vom typus des „um zu“ – man tut etwas,
„um zu“ etwas zu gelangen, also nicht nur „weil“; dazu gehört die beständige Unterstellung, dass jeder Handelnde beständig in beziehung zu etwas steht, das man mit
Worten wie „im Hinblick auf“, „um einer Sache oder einer idee willen“ bezeichnet,
dass er etwas hervorbringen will, das noch abwesend ist, nur als gedanke antizipiert. Schließlich gehört die Welt des Sozialen dazu: dass wir etwas tun im Horizont
einer sozialen Welt, die uns etwas wahrzunehmen gestattet und anderes nicht. Weil
wir einen generischen term für diese erfahrungen nicht haben, schlägt Deacon den
begriff der „ententionalität“ als neu vor:
ententional phenomena include functions that have satisfaction conditions,
adaptations that have environmental correlates, thoughts that have contents,
purposes that have goals, subjective experiences that have a self/other perspective, and values that have a self that beneits or is harmed. (Deacon 2012, S. 27)
Unschwer kann man sehen, wie Deacon aus einer erkenntnistheoretischen Sicht hier
zu etwas gelangt, das der experimentell arbeitende tomasello als „geistiger akteur“
bezeichnen würde. Die speziisch menschliche Ebene erschließt sich einerseits aus
einer evolutionstheoretischen betrachtung wie bei tomasello, andererseits aus der
Perspektive des biologischen anthropologen. Keine nebensache ist, dass Deacon
keineswegs „armchair philosopher“ ist, sondern renommierter, im labor erzogener
Neurowissenschaftler. Aber er indet, dass da etwas fehlt, und er bezeichnet dieses
Fehlende als „ententionalität“. Jetzt wissen wir, was „me“ bezeichnete: den Forscher
selbst. Schließt man den Forscher ein, öffnet sich das geschlossene Weltbild des
Determinismus. Wir verstehen, wie das an der klassischen Physik orientierte Weltbild des Determinismus etwas entdeckt, was territorialer besitz der hermeneutischen
Fraktion war, und dass diese eingeladen ist, ihrerseits an der brücke zu bauen. Das
kann durch erforschungen der Mikrowelten des Sozialen, etwa konversationeller
Praktiken, geschehen.
an der brücke aus dem experimentellen labor zu den geisteswissenschaften
baut der Philosoph Wolfgang Detel (2011), weil er indet, die Geisteswissenschaften
hätten sich derzeit zu rasch in die Defensive drängen lassen. Sein umfangreicher
Versuch der rehabilitierung einer modernen Hermeneutik kann hier nicht annähernd dargestellt werden. er zeigt, dass eine solche rehabilitierung gerade nicht in
der Konfrontation mit dem Szientismus gelingen kann, sondern aus der richtigen
Sichtung experimenteller Forschungsbefunde. Dann gelingt es, die Münze nicht auf
die eine oder andere Seite fallen zu lassen. Komplementarität heißt, beide Seiten
miteinander in einem neuen begriff des Humanum zu integrieren. Diese Wendung
beschreibt er so:
Der Kern dieser Wendung besteht in der einsicht, dass das Verstehen selbst
ein zentrales Fundament der Humanität ist, indem es sich erstens auf dieje-
13
Hermeneutik oder Szientismus?
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nigen Aspekte am Menschen richtet, die humanspeziisch sind, zweitens in
dieser speziischen Ausrichtung zu einer Grundlage menschenwürdiger sozialer Beziehungen wird und drittens eine wesentliche Bedingung humanspeziischer leistungen wie Sprachbeherrschung und kumulative Kulturentwicklung
ist. Diese these lässt sich auch auf die geisteswissenschaften übertragen.
(Detel 2011, S. 359)
Zu den geisteswissenschaften darf man hier die Psychologie zählen. Die Zitierung
von tomasello durch Detel macht klar, was die lager von Szientisten und Hermeneutikern hat so unversöhnlich sein lassen. tomasello fasst das in einer Überschrift
zu einem aufsatz zusammen (tomasello 2003): „the key is social cognition“. Der
Umstand, dass wir von anfang an in sozialen beziehungen (mit unseren Müttern)
aufwachsen, von diesen wahrgenommen (laplanche: „beschrieben“) werden und sie
wahrnehmen, ist das, was sich als entscheidende brücke zwischen Hermeneutik und
Szientismus aufbaut. Wir können auf die soziale Dimension nicht verzichten, weder
im lebensvollzug selbst noch in der psychologischen theorie. Zugespitzt könnte
man vielleicht formulieren, dass Sozialpsychologie den epistemischen Primat über
die Individualpsychologie erlangen sollte – dann würde die Münze rotieren und Perspektivenwechsel integrieren können.
Wir müssen verstärkt Präsentation von interaktiven ereignissen in Klinik und
Forschung fordern und selbst bereit dazu werden. Wir könnten mit Deacon, tomasello, Detel und anderen darauf aufmerksam werden und empirische belege heranziehen dafür, dass die brücke zwischen den lagern von der sozialen Dimension
des Menschlichen gebaut wird. Dann könnten wir anerkennen, wie notwendig es
ist, empirisch (auch an der empirie des klinischen Dialogs, dokumentiert in transkripten) und experimentell zu arbeiten, die hermeneutische Dimension in ihr recht
zu setzen und könnten uns einem epistemischen Dualismus verplichten. Verbunden
würde das durch die einsicht, dass wir auf das Soziale nicht verzichten können, weil
wir ohne es nicht überlebt hätten und nicht überleben würden. Die epistemologische
Debatte hat diesen höchst praktischen Kern. Sie erweitert sich somit zu einer triadischen epistemologie und kann so die Münze zur rotation antreiben. triadische epistemologie heißt anzuerkennen, dass es natürlich Kausalität im menschlichen leben
gibt, dass es Sinn gibt und eben auch Sozialität. nie bemerkt man die Wichtigkeit des
Sozialen so sehr wie dann, wenn es fehlt.
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Prof. Dr. Michael B. Buchholz, Dipl.-Psych., Dr. phil., Dr. disc. pol.; apl. Prof. am Fachbereich Sozialwissenschaft, zugleich ordentlicher Professor an der international Psychoanalytic University (iPU), berlin.
lehranalytiker (DPg, DgPt). Zahlreiche Veröffentlichungen in dieser Zeitschrift, u. a. „Die therapeutische Situation“ (Heft 4, 1988), „Familien in der Moderne. nS-Vergangenheit und ‚Vaterlosigkeit‘“ (Heft
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