Vera F. Birkenbihl
Sprachenlernen leichtgemacht!
Vera F. Birkenbihl
Sprachenlernen leichtgemacht!
Die Birkenbihl-Methode,
Fremdsprachen zu lernen
37., völlig überarbeitete Auflage
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Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen
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37. Auflage 2015
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Redaktion: Andreas Ehrlich, Dießen
Umschlaggestaltung: Pamela Günther und Maria Wittek, München
Umschlagabbildung: Vera F. Birkenbihl
Satz: HJR, Manfred Zech, Landsberg am Lech
Druck: Konrad Triltsch GmbH, Ochsenfurt
Printed in Germany
ISBN Print 978-3-86882-211-3
ISBN E-Book (PDF) 978-3-86415-778-3
ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-86415-779-0
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1. Inhaltsverzeichnis
VORWORT zur 33. Auflage
1. Sprachen lernen – aber bitte gehirn-gerecht
Das „alte“ Sprachenlernen
Haupt-Unterschiede: BIRKENBIHL vs. traditionelles Vorgehen
Die Birkenbihl-Methode: 4 Lernschritte
Der Neuro-Mechanismus der Abstraktion
Erfahrungen aus der Praxis
FAZIT
Der Aufbau des Buches
2. Dekodieren erlaubt
Die Schule und das DEKODIEREN
Was lernen Kinder, die gerade ihre Muttersprache erlernen, eigentlich
genau?
JETZT GEHT‘s LOS – WIR DEKODIEREN!
3. AKTIVITÄTEN-ABC für Lerner
1. Aaaah-Effekt (Rätsel)
2. ABC-Listen
3. Andere Texte?
4. Aussprache – Grundsätzliches
5. Bewusst hören (und verstehen)
6. Bilder beschriften
7. Chorsprechen
8. Dekodieren – LIEDER (mündlich oder schriftlich)
9. Dekodieren – TEXTE (mündlich oder schriftlich)
10. Dekodier-Rätsel
11. Dekodierte Variante sprechen
12. Dialoge rezitieren/spielen
13. DVD.s mit Untertiteln
14. ECHO-Sprechen
15. (Aktives) ERARBEITEN von Material
16. ERFOLGS-KONTROLL-Methode 1-15-25
17. Eselsbrücken bauen
18. Etikettieren
19. Fernsehen per DVD
20. Folien-Trick
21. Fragespiele
22. GAMEBOY- oder VIDEOSPIELE dekodieren
23. Grammatik-Spiele
24. HÖREN – verschiedene Arten
25. Ja/Nein-Rätsel-Spiele
26. KaWa.s
27. Kissenlautsprecher
28. Kreuzworträtsel
29. Kurze Sprüche
30. Lautschrift (anpassen oder erfinden)
31. Lesematerial auswählen
32. LESEN durch Schreiben
33. LESEN – extrem langsam
34. Lesen – lange oder kurze Texte?
35. Lesen ohne Verstehen – (Methode Dr. TEICHMANN)
36. Lückentext-Übungen
37. Mit Übersetzungen parallel lesen
38. Monologisieren (Selbstgespräche)
39. NACHHILFE?
40. Partikeln (inklusive Präpositionen)
41. Pattern-Drills
42. PEN PALS im Zeitalter des Internets?
43. Mit PSEUDO-DEUTSCHEN Dialogen spielen
44. Rezitations-Übung
45. Rück-Dekodierung
46. Rollenspiele
47. SCHRIFTEN LERNEN?
48. Texte farbig dekodieren
49. Telefonieren
50. Twittern
51. Übungen selbst basteln/sammeln
52. Vergleichen verschiedener Sprachen
53. Vokabel-Spiele
54. VORAUSLERNEN?
55. Wochenende VERBOTEN
56. W-Fragen-Baum
57. Witze dekodieren
58. Wörter assoziieren
59. Zeitlupen-Training
60. Zitate-Technik
4. LEHRER-ABC
1. Dateien aus dem Internet
2. Findespiele
3. Hangman (Galgenmännchen)
4. KATEGORISIEREN
5. Kettenquiz
6. LESE-Varianten im Klassenzimmer
7. Pantomime
8. Prominentenraten in einer Fremdsprache
9. Rechtschreib-Übung
10. Spiele/Übungen selbst basteln
11. Stadt-Land-Fluss (und Varianten)
12. Unregelmäßige Verben
13. Witze dekodieren – Variante
14. Wort-Raten I
15. Wort-Raten II
16. Würfelspiele
17. Zitate-Teekessel
18. Zungenbrecher
5. Was klassisches Sprachenlernen anrichtet
Zwei „heiße“ Lern-Phasen im Menschenleben
Was Schulen tun können (2 Möglichkeiten)
Was Eltern tun können (5 Schritte)
6. Die häufigsten Fragen
Kann man im Schlaf lernen?
Soll man Latein lernen?
Soll man ausländische Zeitungen lesen?
Wie kann man im Zielland üben, wenn jeder dort automatisch gleich
Deutsch oder Englisch mit einem spricht?
Wo kann man (im Zielland) am besten üben?
Wann ist man zu alt, um mit dem Sprachenlernen zu beginnen?
Soll man Radiosendungen in der Zielsprache hören?
Kann es sein, daß man eine der vier Grundfertigkeiten in der
Zielsprache besser beherrschen lernt als in der Muttersprache?
Wie lernt man eigentlich, in der Zielsprache zu denken?
Ist die Vier-Schritt-Methode auch für angehende Dolmetscher
geeignet?
Warum soll man eigentlich Sprachen lernen?
Sind Sprachen wirklich miteinander „verwandt“? Gibt es leichte
Sprachen?
MERKBLATT Nr. 1: Was heißt gehirn-gerecht©?
MERKBLATT Nr. 2: PERKINS 1-2-3
1. NEURONALE GESCHWINDIGKEIT
2. Erfahrungen und Wissen
3. WIR KÖNNEN WÄHLEN!
MERKBLATT Nr. 3: Die Schul-Sprachlern-Methode: Wer hat sie
erfunden?
MERKBLATT Nr. 4: Unbewußt LERNEN?
MERKBLATT Nr. 5: PAUKEN oder LERNEN?
MERKBLATT Nr. 6: 10 Gründe gegen das Vokabelpauken
MERKBLATT Nr. 7: Die Birkenbihl-Methode für SchülerInnen?
MERKBLATT Nr. 8: Wie können Sie sich (und andere)
informieren?
MERKBLATT Nr. 9: Die HOLENSTEIN-Methode für lern-resistente
SchülerInnen
MERKBLATT Nr. 10: COPYRIGHT und andere RECHTE
MERKBLATT Nr. 11: Der NEURO-MECHANISMUS der
ABSTRAKTION
MERKBLATT Nr. 12: Birth of Civilisation
MERKBLATT Nr. 13: ABC-Listen
DANKSAGUNG
Literaturverzeichnis
VORWORT zur 33. Auflage
Es freut mich außerordentlich, daß ich endlich die lange fällige
„Runderneuerung“ des Buches vornehmen kann. Für Sie als Leser In
bedeutet das:
1. Die Erklärungen selbst können inzwischen stark vereinfacht
werden, weil das Grundkonzept nicht mehr so „fremdartig“ wirkt
wie in den 1980er Jahren. Es gibt heute mehr Menschen, die für
neue Vorgehensweisen offen sind, z.B. SelbstlernerInnen,
verzweifelte
Eltern
(oder
Familienangehörige)
und
NachhilfelehrerInnen; leider sind noch sehr wenige RegelschulLehrkräfte dabei.
2. Da die ERKLÄRUNGEN kürzer werden, haben wir mehr Platz
für konkrete Fallbeispiele.
3. Meine Methode besteht aus vier aufeinanderfolgenden Schritten.
In den Jahren seit der ersten Veröffentlichung haben sich
zahlreiche Techniken, Methoden, Tips und Tricks zu Schritt 4
(Aktivitäten) angesammelt, wovon mehr als die Hälfte hier
erstmals in Schriftform vorgestellt werden. Alle haben sich seit
Jahren in der Praxis bewährt, einige kamen sogar aus dem Kreis
der AnwenderInnen selbst (diese sind jeweils namentlich
gekennzeichnet). Deshalb enthält diese völlig überarbeitete (de
facto weitgehend neu geschriebene) Auflage ein großes
alphabetisches Aktivitäten-Kapitel, dessen einzelne Module Sie in
jeder gewünschten Reihenfolge lesen (oder auslassen) können –
so wie meine LeserInnen es seit Mitte der 1990er von meinen
Büchern Jahre gewohnt sind.
4. Da inzwischen viele LeserInnen meine didaktischen Ansätze (die
Sprachlern-Methode ist ja nur eine von vielen) kennen, werde ich
Hintergrund-Infos für neue LeserInnen in MERKBLÄTTER
„packen“: Wer einen Gedanken (z.B. PERKINS 1-2-3) schon
kennt, kann das Merkblatt auslassen, andernfalls hilft es jenen,
die mit diesem Buch in mein Konzept des gehirn-gerechten
Lernens (s. MERKBLATT Nr. 1, Seite 185ff.) einsteigen.
Je mehr meiner Arbeit Sie kennen, desto weniger Merkblätter
werden Sie lesen. Somit ist dieses Buch für „alte Fans“ kürzer,
für sie werden nur 1 bis 2 Merkblätter in Frage kommen. Auf
der anderen Seite werden auch EinsteigerInnen dort abgeholt,
wo sie derzeit stehen, und bekommen alle nötigen Infos (in
vielen Merkblättern). Ich halte das für sinnvoller, als Sie ständig
zu meinen anderen Werken zu „hetzen“, auf die ich deshalb
nur ab und zu verweise – für den Fall, daß Sie einen Aspekt
besonders ver-TIEF-en wollen...
5. Sie brauchen nur diesen Einstieg und das erste Kapitel „linear“
(der Reihe nach) zu lesen, ab dann können Sie das Buch
modular angehen: Lesen Sie, was immer Sie interessiert, in
jeder gewünschten Reihenfolge. Aber wer möchte, kann auch
vorn anfangen und systematisch bis zum Ende lesen, es steht
Ihnen vollkommen frei...
Ich möchte einigen Menschen von Herzen danken, ohne die es eine
Reihe von (dekodierten) Sprachkursen heute nicht gäbe1. So aber
können sich (junge) erwachsene SelbstlernerInnen den ersten Schritt
weitgehend sparen. Die Sprachkurse nach der Birkenbihl-Methode
sind seit rund 2 Jahrzehnten erhältlich – ursprünglich mit Kassetten,
später als Audio-CD-Kurse. Neueren Datums sind Sprachkurse für
den PC, so daß der Schritt 2 (HÖREN/AKTIV) zu einem weit
spannenderen Erlebnis werden kann.
ICH DANKE...
meinen Seminar-TeilnehmerInnen, von denen viele (vor allem
in den Anfangsjahren) immer wieder zu Selbst-Versuchen bereit
waren. Was haben wir damals nicht alles getestet, z.B. 6Minuten-Ton-Kassetten, damit man eine Lektion (mit
Autoreverse-Geräten) stundenlang wiederholen konnte, lange
ehe es CD-Player mit eben jener Funktion gab. Oder ein Gerät
aus England, mit dem man die Geschwindigkeit der Texte fast
ohne Mickey-Maus-Stimme oder den Stimme-im-Brunnen-Effekt
manipulieren konnte. Heute kann man jede Audio-Datei am PC
mit einigen Mausklicks so bearbeiten, daß das funktioniert (auch
unsere modernen Computer-Sprachkurse haben diese Funktion
eingebaut). Aber in der „Steinzeit“ des Sprachenlernens waren
das typische Entwicklungen der Birkenbihl-Methode, um diese
von Jahrzehnt zu Jahrzehnt einfacher und bequemer zu machen.
Das ist heute kaum noch vorstellbar.
allen Menschen, die schon seit vielen Jahren maßgeblich dazu
beitragen, daß Birkenbihl-Methoden (inklusive der des
Sprachenlernens) immer größere Verbreitung finden (s. Seite
215ff.).
allen, die es wagen, alte Methoden zu hinterfragen.
allen zufriedenen NutzerInnen meiner Methode für die
Mundwerbung, denn die Empfehlung einer Person, die mit einer
Methode erfolgreich ist, wird Menschen, die noch berechtigte
Zweifel hegen, am ehesten überzeugen.
Ich hoffe, daß ich auch Ihre legitimen Zweifel zerstreuen kann.
Blättern Sie um!
Vera F. Birkenbihl
Osterholz-Scharmbeck (bei Bremen) im Sommer 2010
1. Sprachen lernen – aber bitte gehirngerecht
Die Hinführung in diesem Kapitel basiert auf dem (erweiterten) Modul
in „Stroh im Kopf?“ (Seite 194ff.). Sofern Ihnen die 4 Schritte der
Birkenbihl-Methode schon bekannt sind, springen Sie direkt zu Seite
51 („Dekodieren erlaubt“).
Allen anderen möchte ich zunächst das klassische Sprachenlernen
vor Augen führen, da ich Ihnen so die dramatischen Unterschiede
meiner Methode im Vergleich zum „Schul-Lernen“ am schnellsten
aufzeigen kann. Bedenken Sie bitte auch, daß das herkömmliche
Sprachenlernen im Mittelalter erfunden wurde, aber weder von
Pädagogen noch von Didaktikern und schon gar nicht für die Schule.
(Wem das völlig neu ist, bitte MERKBLATT Nr. 3, Seite 192 lesen.)
Das „alte“ Sprachenlernen
Sehen wir uns das traditionelle Fremdsprachenlernen kurz an. Bitte
beachten Sie, daß manche der sogenannten „modernen“ Methoden
die gleichen Probleme mit sich bringen wie die klassische, z.B. wenn
man den Lernenden sagt, sie sollten (dürften, könnten) von Anfang an
(in der Zielsprache) sprechen. Deshalb stellen viele dieser Methoden
(wie auch manche Sprachkurse auf dem Markt) die Lernenden vor die
gleichen Schwierigkeiten wie das Schul-Lernen.
Die klassische Methode:
Schritt 1: Vokabeln pauken2
Problem: Von den Lernenden wird erwartet, daß sie beim Vokabel-
Pauken völlig neue Wörter sofort aussprechen (oder zumindest
murmeln) können. Dabei handelt es sich aber um neue Vokabeln
(sonst müßte man sie ja nicht pauken), von denen sie noch nicht
einmal den korrekten Klang kennen. Typische Beispiele für Probleme
beim alten Lernen: Deutsche, die Englisch lernen, sprechen stumme
Buchstaben aus, sie lernen [knaif] anstelle von [naif] für „knife“ (=
Messer) oder [wrait] statt [rait] für „write“ (= schreiben). Wörter, die
neue Laute (z.B. das „th“) enthalten, werden oft völlig verunstaltet.
Einer meiner Seminarteilnehmer erzählte mir einst, wie er ursprünglich
gelernt hatte, [altaff] für „although“zu sagen!
Gefahr: Die falsche Aussprache hat zwei Nachteile:
7. Wenn Lernende das Wort zukünftig hören, können sie es nicht
erkennen (weil die korrekte Aussprache unbekannt ist).
8. Lernende werden später (aufgrund ihrer falschen Aussprache)
nicht verstanden.
Bitte bedenken Sie, daß es sehr schwierig ist, im Nachhinein
umzulernen, nachdem bestimmte Fehler sich einmal eingeschlichen
haben. Darüber hin aus gibt es aber noch weit mehr Gründe, die
gegen das Vokabel-Pauken sprechen (s. MERKBLATT Nr. 6, Seite
196).
Schritt 2: Der Versuch, die Lektion zu verstehen
Problem: Lernende erleben selbst dann Schwierigkeiten, wenn die
Vokabeln gut gepaukt wurden. Wenn ich wort-wörtlich übersetze
(dekodiere), wozu die meisten SchülerInnen intuitiv tendieren, dann
versuche ich, den geheimen „Code“ der jeweiligen Lektion zu
knacken, bin also gei stig auf der Jagd nach Einsichten, und da ich
meine Ergebnisse die ganze Zeit über NOTIEREN DARF, kann ich
mich gemütlich (also ohne Streß) von Wort (Satzteil) zu Wort (Satzteil)
bewegen. Es ist ähnlich wie beim schriftlichen Multiplizieren: Da ich
das Ergebnis zeilenweise aufschreiben darf, macht es nichts, wenn
die zu multiplizierenden Zahlen etwas größer sind. Muss ich jedoch
die ganze Operation im Kopf ausführen, dann ist das „extrem schwer“.
Und genau das erleben wir, wenn wir mit gepaukten Vokabeln
versuchen sollen, einen Text zu entschlüsseln, ohne daß wir
„Zwischenergebnisse“ aufschreiben dürfen.
Wieso merkt eigentlich niemand, daß dieser Lernstil das Lernen
äußerst erfolgreich VERHINDERT, so daß nur einige wenige TROTZ
dieser Methode klarkommen? Komischerweise entstammen sie zu
99% aus bildungsnahen Familien, so daß die sozial Benachteiligten
auch intellektuell vom Schulsystem benachteiligt werden!
Sind dann die Vokabeln noch dazu NICHT gut gelernt (was in den
meisten Klassenzimmern wohl eher die Regel sein dürfte, glaubt man
den Lehrkräften), dann werden die SchülerInnen sich hilflos, frustriert,
ja sogar „dumm“ vorkommen und zwei Schlüsse ziehen: Erstens:
Fremdsprachenlernen ist sehr schwierig. Zweitens: Ich habe kein
Talent dafür.
Gefahr: Die so geschaffenen negativen Erwartungen, werden später
„wahr“ (das Konzept der Sich-selbst-erfüllenden-Prophezeiung wurde
in den 1950er Jahren von Prof. MERTENS an der Harvard-Universität
belegt). Und diese „Beweise“ wiederum bekräftigen solche Annahmen
– ein Teufelskreis. Ich wiederhole: Solche Annahmen sitzen tief,
deshalb ist es viel schwieriger, Menschen dazu zu bringen, mit der
Birkenbihl-Methode anzufangen, als sie später bei der Stange zu
halten, während normalerweise das Gegenteil zutrifft (die Leute
fangen mit Enthusiasmus an, der jedoch schnell wieder verpufft).
Denken Sie nur an die Fremdsprachenkurse an den
Volkshochschulen. Sie haben am Anfang mehr TeilnehmerInnen als
am Ende, und das, wiewohl die Teilnahme freiwillig ist und die Gebühr
bereits entrichtet wurde. Warum wundert das niemanden? Warum
nehmen wir das als „gottgegeben“ hin? Warum hinterfragen wir die
Methoden nicht, wenn die Ergebnisse so kläglich sind? (Vgl.
MERKBLATT Nr. 2: PERKINS 1-2-3, Seite 188ff.)
Schritt 3: Der Versuch, in der Zielsprache zu
sprechen oder laut vorzulesen
Problem: Die Lernenden sollen, wie es beim Schullernen der Fall ist,
die Wörter von Anfang an richtig aussprechen. Entweder während des
Vokabelpaukens oder während des Unterrichts (wo die Zielsprache
vom ersten Augenblick an gesprochen werden soll). Diese Methode
wird zwar als „modern“ angesehen, ist aber nicht gehirn-gerecht.
Beachten Sie, daß Babys der Sprache monatelang zuhören, bevor sie
versuchen, die Klänge nachzuahmen, die sie so oft gehört haben,
während wir von Sprachenlernern erwarten, daß sie sofort Klänge
nachahmen, mit denen sie noch gar nicht vertraut sind.
Wie der französische Forscher Alfred A. TOMATIS bereits vor
Jahrzehnten nachgewiesen hat, können wir nur Laute imitieren, die
wir vorher oft genug gehört haben, so daß wir eine Nervenbahn
dafür aufbauen konnten. Perverserweise wird das Baby mit allen
nötigen Nervenbahnen für sämtliche Klänge sämtlicher Sprachen
geboren, aber ab dem Alter von 12 Monaten bis ca. 12 Jahren
werden sukzessive alle Nervenbahnen für Klänge, die wir NIE
GEHÖRT HABEN, abgebaut. Deshalb muß ein Mensch ab 12
Jahren diese Nervenbahnen mühselig wieder anlegen, weshalb die
Aussprache fremder Sprachen umso mühseliger wird, je älter wir
sind. Und demzufolge ist es vollkommen unmöglich, fremde Klänge
nachzuahmen, die wir nur kurz gehört haben. Mit unmöglich meine
ich hier neurophysiologisch unmöglich, und nicht etwa, weil jemand
nicht will!
Gefahr: Lernende werden die Worte nicht nur schlecht (oder falsch)
aussprechen, sondern sie werden außerdem die unangenehme
Fremdheit mit Gefühlen der Frustration und des Versagens verbinden.
Diese unerfreulichen Gefühle werden eng mit der Zielsprache
verknüpft (oder mit dem Sprachenlernen an sich) und schaffen als
Aus-WIRKUNG genau die „negative Einstellung zum Lernen“, die so
viele Lehrer/Eltern als vorrangige URSACHE bezeichnen.
Schritt 4: Anwendung
Problem: Lehrkräfte lieben Grammatikaufgaben. Von den Lernenden
wird erwartet, daß sie an Übungen Gefallen finden, die sie nicht
mögen. Beachten Sie: Weniger als 8% aller Menschen finden Gefallen
an Grammatikübungen – sogar in ihrer Muttersprache. Wollen wir
doch einmal „Angebot und Nachfrage“ vergleichen: Im
Wirtschaftsleben wissen wir, daß gute Anbieter in Erfahrung bringen,
was die Kunden wollen, um mehr zu verkaufen. Im Schulbetrieb ist es
genau umgekehrt: Erstens haben die meisten Lehrkräfte (wir haben
Tausende in Seminaren befragt) keine Ahnung, was sich ihre Schüler
im Optimalfall wünschen würden. Zweitens wären die meisten nicht
bereit, auf die Wünsche Ihrer „Kunden“ einzugehen. Im Gegenzug
haben wir Tausende von Seminar-Teilnehmern in Ihrer Rolle als
Selbstlernende oder Eltern befragt, und sehr genau her
ausbekommen, was sie erwarten (aber nicht erhalten). Der Vergleich
zeigt es deutlich (NACHFRAGE links, ANGEBOT rechts):
Wir sehen also: Das, was wir als Lernende am meisten SUCHEN,
erhalten wir nicht. Dafür bekommen wir jede Menge Übungen
(langweiliger „Rest“), die nicht helfen, was Studien seit den 1930er
Jahren klar belegen. So berichtet Alfie KOHN (in „The Schools Our
Children Deserve“) über eine Langzeit-Studie, bei der SchülerInnen
während ihrer Highschool-Zeit (4 Jahre) und dem anschließenden
Studium (ebenfalls 4 Jahre) beobachtet wurden. In diesem speziellen
Fall gab es im Fach Englisch (das heißt in der Muttersprache)
Grammatikübungen weder während des Unterrichts noch als
Hausaufgaben. Stattdessen wurde mehr GELESEN oder Theater
gespielt, also aktiv mit Sprache GEARBEITET, Sprache gebraucht,
benutzt, erfahren. Die Colleges nahmen diese Schüler ohne SprachEingangstest auf und es stellte sich heraus: Sie waren auf dem Papier
mit Schülern „normaler“ Highschools vergleichbar (Fortkommen,
Noten etc.), unterschieden sich aber in einem Aspekt dramatisch von
ihnen: Sie hatten viel mehr Zeit, um „zu leben“ und Erfahrungen zu
sammeln (sie spielten Theater oder Instrumente, waren im SportTeam des College oder betätigten sich anderweitig...), als ihre
Kommilitonen, die 4 Jahre in der Highschool mit unnötigen
Grammatikübungen gequält worden und mit tiefen Gefühlen des
Selbstzweifels ins College gekommen waren.
Ich habe nichts gegen Grammatik, im Gegenteil, ich gehöre zu den
wenigen Menschen, die Grammatik lieben. Aber ich habe etwas
dagegen, das Lernen für Kinder auf einer Kunstform aufzubauen, die
ein 60jähriger Inder (PANINI) vor 2.500 Jahren erfand3, weil er mit
seinen Altersgenossen gern eine Art Wort-Sudoku spielte. Diese
Kunstfertigkeit ist eine bewundernswerte kulturelle Höchstleistung,
aber keine Voraussetzung, um eine fremde Sprache zu sprechen. Das
gehört zu der Technik des Mittelalters (vgl. MERKBLATT Nr. 3, Seite
192), als Mönche nach einer Möglichkeit suchten, ihren Mitbrüdern die
Grundlagen einer Sprache zu vermitteln, von deren Meisterschaft
demnächst ihr Überleben abhängen würde! Aber von einem
10jährigen aus einem bildungsfernen oder gar bildungsfeindlichen
Milieu zu fordern, eine Fremdsprache über diesen UMWEG zu
erlernen – und das im Zeitalter von Ton- und Bildaufzeichnungen, die
uns Tausende von VORBILDERN zum Imitieren bieten –, ist nicht nur
unfair, es legt langsam die Vermutung nahe, daß doch SYSTEM
hinter all den Behinderungen steckt, die Kinder im Schulalltag
erfahren. (Vgl. auch mein Buch „Trotzdem LEHREN“, es enthält
zahlreiche Techniken, Tips und Tricks GEGEN jene Methoden, die
das Lernen eher verhindern als ermöglichen.)
Gefahr: Weitere Erfahrungen von Unfähigkeit und Frustration
vertiefen die Abneigung gegen die Zielsprache oder das
Sprachenlernen. Bald kann sich dieses Abwehrgefühl auch auf das
Lernen schlechthin ausweiten, dann wird Schule für Millionen von
Opfern zum täglichen Kampf, die wir dann auch noch zu Tätern
machen, indem wir sie als demotiviert, faul etc. bezeichnen.
Daß die Täter den Opfern die Schuld aufbürden, gibt es in der freien
Welt nirgendwo außer im Schulsystem! Denn normalerweise
untersucht man das Material (z.B. Schulbücher4) und die Methoden,
wenn etwas nicht funktioniert, nicht aber die Kunden (= Opfer) dieser
Techniken. Jede Firma wäre pleite, wenn sie die Schuld für die
schlechten Ergebnisse ihren Kunden zuschieben würde!
Haupt-Unterschiede: BIRKENBIHL vs.
traditionelles Vorgehen
Die Lerner machen sich mit jedem einzelnen Aspekt vertraut, ehe
sie ihn zum ersten Mal aktiv ausprobieren:
Zum Beispiel werden sie im vierten Lernschritt zum ersten Mal
sprechen, also erst nachdem sie die Bedeutung der Wörter völlig
verstanden haben (Schritt 1) und sich gründlich mit dem Klang der
Wörter vertraut gemacht haben (Schritt 2: HÖREN/AKTIV) sowie
diese lange genug gehört haben (Schritt 3: HÖREN/PASSIV), um die
nötigen Nervenbahnen zum Selbersprechen aufzubauen.
Man ist immer nur mit einem einzigen Aspekt des Lernens
beschäftigt:
In Schritt 1: Die Bedeutung der Worte im Sinn-Zusammenhang
verstehen (keine isolierten Vokabeln).
In Schritt 2: Den Klang der Worte mit deren Bedeutung verbinden
(HÖREN/AKTIV).
In Schritt 3: Die Klänge während einer passiven Lernphase fest im
Unterbewußtsein verankern. Man hört sich kleine Teile der Lektion
immer und immer wieder an, während man andere Dinge tut. Sie
sollen in dieser Phase nicht aktiv zuhören – HÖREN/PASSIV ist eine
Hintergrund-Aktivität, die keine Minute Ihrer kostbaren Zeit
verbraucht. Passiv hören kann man während des Fernsehens, beim
Lesen, bei Hausund Gartenarbeiten, beim Spazierengehen usw.
Man lernt nur, was man lernen will:
Das Minimalziel ist, die gesprochene Sprache zu verstehen, und für
einige Menschen ist das genug (z.B. um Satelliten-Programmen
folgen zu können). Dafür reichen bereits die Schritte 1 und 2. Andere
wollen z.B. das ÜBERSETZEN lernen, weil sie entweder Übersetzer
oder Dolmetscher werden wollen (beziehungsweise weil das
Schulsystem sie dazu zwingt). Für sie gibt es einen 5. Lernschritt, in
dem geübt wird, das Material aus der Zielsprache in sogenanntes
gutes Deutsch5 zu überführen (oder umgekehrt).
Jeder Lernende entscheidet also individuell, welche der folgenden
Fähigkeiten ihn interessieren:
1. Sprechen6
2. Lesen6
3. Schreiben6
4. Übersetzen
Die Birkenbihl-Methode: 4 Lernschritte
Schritt 1: Die Bedeutung der Worte verstehen
Vorgehensweise: Die Aufgabe besteht in einer Wort-für-WortÜbersetzung (Dekodierung), wobei Sie die Übersetzung direkt unter
dem jeweiligen Wort eintragen. Bei Schul- oder Kursmaterial rate ich,
zu fotokopieren und gleichzeitig zu vergrößern. So wird nicht nur der
Text leichter lesbar, auch die Dekodierung lässt sich besser eintragen
(ohne im Buch etwas zu verschmieren).
Falls Sie mit alten Sprachkursen arbeiten, können Sie den Text unter
Zuhilfenahme der Vokabellisten selbst dekodieren. Da dies aber
vielen Menschen zu (zeit-)aufwendig ist, gibt es seit 1990 erste
Sprachkurse, die nach der Birkenbihl-Methode aufgebaut sind: mit DeKodierung (= Wortfür-Wort-Übersetzung).
Zur DEKODIERUNG: Ich habe erst Jahre nach meiner Entwicklung
des Dekodierens gelernt, daß es ähnliche Versuche in der
Vergangenheit bereits gegeben hat. Allerdings ging es den
Entwicklern ähnlich wie mir: Das Dekodieren wird von Leuten
kaputtgeredet, die es nie ernsthaft versucht haben, weil sie
behaupten, die Übersetzung müsse eine gute sein. Auf die Frage:
„Warum?“ erfahren wir nur, daß „das so sein müsse“. Echte Gründe
kann niemand anführen, außer „Es ist schlechtes Deutsch“. Richtig.
Aber das Ziel ist ja auch nicht, gutes Deutsch zu produzieren, sondern
Englisch zu lernen (oder Arabisch oder Chinesisch). Überlegen Sie:
Die „gute“ Übersetzung von „What’s up?“ lautet: „Was ist los?“ So sind
später die üblichen Fehler („What’s lose?“) vorprogrammiert, statt via
Dekodieren von „Was ist auf?“ zu „What’s up?“ zu gelangen. Wenn
man diesen Punkt erreicht hat, kann man die Dekodierung getrost
vergessen.
Beispiel (Zielsprache: Italienisch, Ausgangssprache: Deutsch):
Das ganze nächste Kapitel ist voller Fallbeispiele (ab Seite 64), dies
soll nur dem ersten Überblick dienen.
In den ersten 20 Jahren, in denen ich meine Methode in Seminaren
vermittelt habe, haben alle Lernenden ihre Texte selbst dekodiert.
Manche nutzten alte Sprachkurse, die sie irgendwann einmal (oft für
viel Geld) gekauft hatten und die nun im Regal verstaubten. Andere
nutzten Texte, die für sie von besonderer Bedeutung waren. So
begannen z.B. einige meiner türkischen Teilnehmer den Wortlaut des
Q‘uran zu verstehen, den sie bisher (einst stur gepaukt) zwar
rezitieren konnten, aber nie wirklich begriffen hatten. Businessleute
übten mit Texten aus der Financial Times, während wieder andere
sich erstmals einem Perry Mason in der Originalsprache näherten etc.
Wenn Sie dekodieren, benötigen Sie beim allerersten Einstieg
vielleicht ein wenig Hilfe, insbesondere bei Sprachen, die nicht Ihrer
Sprachfamilie angehören. Für LernerInnen aus unseren Breitengraden
sind das alle Sprachen, die NICHT indoeuropäischen Ursprungs sind,
wie z.B. die der semitisch-hamitischen Sprachfamilie (Hebräisch und
Arabisch) – im Gegensatz zu Farsi (Persisch), das sehr wohl zur
indoeuropäischen Sprachfamilie gehört. Doch keine Sorge: Sie
brauchen keinen Sprachlehrer, nur jemanden, der beide Sprachen
beherrscht, denn genaugenommen werden Sie sich die Sprache
weitgehend selbst beibringen. Bei sehr fremden Schriftsystemen
(Chinesisch, Japanisch, Koreanisch etc.) arbeite ich immer mit
mehreren Sprachkursen parallel, so kann ich die meisten Fragen ohne
Hilfe eines Muttersprachlers lösen (bei diesen Sprachen habe ich
niemanden gefunden, der mir helfen kann).
Sprachen, die zu Ihrer eigenen Sprachfamilie gehören, können Sie
auch allein angehen, wenn Sie Tonmaterial haben, das Sie später
imitieren können. Heutzutage kann man wundervolle Texte (teilweise
auch gelesen) im Internet finden. Es wird von Jahr zu Jahr leichter:
Von Tonband-„Maschinen“ zu Digital auf USB. Wenn ich da an die
Anfangsjahre (die frühen 1970er) denke, als es noch nicht einmal
Audiokassetten gab, sondern nur große Tonbandgeräte! Meine allerer
sten Versuche machte ich mit Schellack-Schallplatten (die sehr leicht
zerbrachen, wenn man nicht aufpaßte). So ein Sprachkurs kostete
damals das Äquivalent eines Mopeds. Und sie waren (inhaltlich)
langweilig! Eine rühmliche Ausnahme war damals schon ASSIMIL,
deren Kurse ich sehr schätze, vor allem die älteren (ohne das Wort
„heute“ im Titel). Die neuen Kursen haben viel von dem verloren, was
die alten Kurse besonders ausgezeichnet hat: die größere Schrift;
wenige grammatikalische Erklärungen etc. Trotzdem sind auch die
neuen Assimilkurse den meisten Wettbewerbern vorzuziehen, die bis
heute meist KEINE Übersetzungen anbieten und oft nicht einmal eine
Lautschrift – selbst bei sehr fremd anmutenden Schriften wie
Arabisch, Persisch, Chinesisch, Hindi oder Koreanisch nicht.
Nachdem unsere Kunden 20 Jahre lang selbst dekodiert hatten,
schwoll der Chor der Stimmen („Wann machen Sie mal dekodierte
Kurse?“) so an, daß ich 1991 die ersten Sprachkurse mit Dekodierung
herausbrachte. Sie alle werden übrigens in den nächsten Jahren
überarbeitet, weil sich die „Kunst“ des Dekodierens inzwischen
weiterentwickelt hat (s. nächstes Kapitel, Seite 51ff.). Aber hier wollen
wir kurz eine Sache festhalten. Wenn Sie mit einem solchen
dekodierten Sprachkurs arbeiten, gilt:
Lesen Sie die Wort-für-Wort-Übersetzung (optimal ist, sie mit einem
Textmarker hervorzuheben), um ein erstes Gefühl für den Inhalt zu
bekommen. Denn was Sie im Deutschen (oder Ihrer Muttersprache)
begriffen haben, davon haben Sie „ein Bild“, selbst wenn es unbewußt
bleibt. Im umgekehrten Fall merken Sie sehr schnell, wenn Sie zu
bestimmten Begriffen (wie vielleicht RHODOPSIN) kein Bild haben,
weil Sie es nicht verstehen.
FALLBEISPIEL EINES DEKODIERTEN TEXTES (Das Beispiel ist
Luigi MALERBAS reizendem Büchlein „Storiette tascabili“
entnommen):
Auf diese Weise lernen Sie den Inhalt der Lektion in Ihrer
Muttersprache, bevor Sie irgend etwas anderes in Angriff nehmen.
Zwar ist es immer besser, selbst zu dekodieren, weil das Dekodieren
bereits einen Teil des Lernprozesses darstellt, aber für Dekodierfaule
ist ein dekodierter Text auf alle Fälle besser als einer ohne
Dekodierung. Übrigens kann man auch dekodierte Texte selbst
dekodieren, indem man einfach die Dekodierung abdeckt und diese
anschließend zum Nachschlagen benutzen. Bei nicht-dekodiertem
Material (z.B. Schulbüchern) verwenden wir die Vokabellisten zum
NACHSCHLAGEN (statt zum hirnlosen Pauken). Beachten Sie
besonders:
Wenn Sie bereits ein ansehnliches Wissen haben, werden Sie
natürlich gleich den Zielsprachentext ansehen und dabei nur
diejenigen Passagen anstreichen beziehungsweise dekodieren, die
Sie nicht auf Anhieb verstehen. Sie werden also nur an kritischen
Stellen zur Wort-für-Wort-Übersetzung „springen“, während Sie an
allen Textstellen, die Ihnen vom ersten Moment an leichtfallen, die
Zielsprache lesen. Im Klartext: Wenn Sie völlig neu beginnen, kann es
sein, daß 100% dekodiert werden müssen; je weiter Sie
vorankommen, desto mehr Wörter kennen Sie schon. Daraus ergibt
sich folgendes Paradox:
Je höher die Lektionsnummer, desto weniger müssen Sie
dekodieren. Im normalen Schulbetrieb scheinen Lektionen weiter
hinten SCHWERER zu sein, bei der Birkenbihl-Methode ist das
nicht der Fall.
Aber der Anfänger wird sich zu Beginn völlig auf die Wort-für-WortÜbersetzung konzentrieren, weil ihm ja alle Wörter der Zielsprache zu
diesem Zeitpunkt noch unbekannt sind.
Vorteile:
1. Sofortiges Verstehen schafft ein positives Gefühl. Die Wort-fürWort-Übersetzung macht die neue Sprache weniger „fremd“ und
transparent (in mehr als einer Hinsicht). Bedenken Sie, daß
meine Methode lediglich widerspiegelt, wozu viele LernerInnen
intuitiv neigen, wenn man sie lassen würde.
2. Die Satzstruktur der Zielsprache kann ohne Grammatikregeln
verstanden werden (analog zum Lernen der Muttersprache
damals, als Sie noch klein waren). In unserem Beispiel
(„Sprechen-Sie italienisch?“) lernt man „unbewußt“, daß für die
beiden Wörter „Sprechen-Sie“ im Italienischen nur ein Wort nötig
ist: „parla“. Auf diese Weise werden Sie später niemals versucht
sein, der Zielsprache die Sprachstruktur Ihrer Muttersprache
„aufzudrücken“ (was zu den typischen Standardfehlern führt, von
denen alle ein Lied singen können, die mit alten Methoden
Sprachen gelernt haben).
3. Die Wort-für-Wort-Übersetzung ist eine „Krücke“, deren Sinn nur
darin besteht, den Lernenden „zum Laufen zu bringen“ und die
später weggeworfen werden kann8. Beim traditionellen
Fremdsprachenlernen
hingegen
wird
das
Wortpaar
„zusammengeklebt“ (z.B. Tisch = table), so daß der Lernende
sich auch Jahre später noch an die Übersetzung „klammert“.
Genaugenommen lernen wir ein Pseudowort, das gar nicht
existiert: „Tisch-table“. Mit der Wortfür-Wort-Übersetzung
beginnen die Lernenden dagegen sehr früh, in der Zielsprache zu
denken, so daß mit dem Lernfortschritt das muttersprachliche
Gegenstück schnell „vergessen“ wird. Auf diese Weise lernen Sie
nicht nur, schnell in der Zielsprache zu denken, Sie haben sich so
auch die nötige Plattform für später geschaffen, wenn Sie in der
Zielsprache sprechen, fühlen, lesen und/oder schreiben
wollen, ohne sich ständig an die Muttersprache zu klammern.
4. Die Pseudo-Übersetzung kann ziemlich lustig sein. Die
Faustformel sagt: Entweder ist ein Satz (Ausdruck,
Redewendung) der Muttersprache ähnlich oder er ist lustig.
Daraus folgt: Wenn eine Struktur besonders lustig erscheint,
erkennen Sie klar die Struktur der Zielsprache. Dieser
Lernprozeß geschieht völlig „nebenbei“, ohne irgendeine bewußte
„Arbeit“ des Lernenden. So benutzen die Japaner beispielsweise
bestimmte Partikel, die gemäß bestimmten grammatikalischen
Regeln auf Hauptwörter folgen. Da wir diese Regeln bei der
Birkenbihl-Methode jedoch (in den meisten Fällen) nicht bewußt
lernen wollen, versuchen wir, uns an die richtige Stellung der
Partikel zu gewöhnen. Mit der Zeit werden diese „kleinen Wörter“
für uns dann genauso selbstverständlich wie für einen Japaner.
Deshalb behalten wir in der Wort-für-Wort-Übersetzung die
Partikel einfach bei. Der Satz „Sprechen Japaner japanisch?“
stellt sich also folgendermaßen dar:
Wenn wir nun die übernommenen Teile einkringeln (mit Computer
in Doppelklammer setzen), dann sehen wir auf einen Blick, was in
dem JAPANISCHen Satz „passiert“:
Oder mit Computer:
Japan-Menschen ((wa)) Japan-Sprache ((o)) sprechen-tun ((ka))
Sie können das auch mit dem „wa“ des Berliners vergleichen:
„Sauwetter, wa!“ Das „wa“ muß an dieser Stelle auftauchen, auch
wenn es keine eigentliche Bedeutung hat. So lernen Berliner
(oder japanische) Kinder, an der richtigen Stelle „WA“ zu sagen.
Falls Ihr Sprachkurs Ihnen langatmige Erklärungen dafür anbietet
und falls Sie nicht zu den WENIGEN Menschen gehören, die
Grammatik „geil“ finden, dann überspringen Sie diese einfach. Sie
können ja in 3 Monaten zur Erklärung zurückkehren und sie
lesen, wenn Sie neugierig sind. Dann wird Ihnen zumindest alles
schnell einleuchten. Also: Wenn schon Grammatik, dann
HINTERHER! (Ausnahme: ca. 3% der Bevölkerung, die
Sprachenlernen zu ihrem Hobby gemacht haben und die über
Grammatik die FORMEN untersuchen, oft sogar, ohne die
Sprachen später tatsächlich sprechen zu wollen.)
Schritt 2: HÖREN/AKTIV
Vorgehensweise: Sie hören den Text von der Tonquelle, während Sie
„entlang“ der Wort-für-Wort-Übersetzung lesen und sich den Inhalt
vorstellen. Mit anderen Worten: Sie lesen zu diesem Zeitpunkt (bei
allem, was Ihnen noch neu ist) Wörter in Ihrer Muttersprache.
Versuchen Sie keinesfalls, sich gleichzeitig die Schreibweise der
fremden Wörter einzuprägen. Sie lesen also z.B. „Tisch“, während Sie
den fremden Laut [table] hören. Schritt 2 (HÖREN/AKTIV) bedeutet,
daß der Lernende sich den Text Stück für Stück anhört und dabei so
oft wie nötig die Pause-Taste drückt, um sich an den gerade gehörten
Klang zu erinnern. Da das Kurzzeitgedächtnis weitgehend akustisch
funktioniert, reicht es völlig, auf Pause zu drücken (klicken) und dem
gerade Gehörten nachzusinnen. Es klingt wie ein Echo in unserem
Bewußtsein weiter... Auch das ist mit der heutigen Digital-Technik viel
leichter, weil man beim Pause-Drücken keine Silben mehr „verliert“
(wie das früher üblich war).
Wiederholtes aktives Zuhören ist einfach und begleitet von stetig
wachsenden Erfolgserlebnissen (weil man sehr schnell mehr und
mehr versteht).
Sobald die Textstellen anfangen, vertraut zu klingen, werden Sie
immer seltener die Pause-Taste drücken, bis Sie die ganze Lektion
(beziehungsweise den von Ihnen ausgewählten Textabschnitt) ohne
Unterbrechungen hören können. Das aktive Hören ist „beendet“, wenn
Sie jedes Wort verstehen, und zwar ohne Hilfe der Wort-für-WortÜbersetzung. Ab hier können Sie die Krücken also wegwerfen und
sich voll auf die Zielsprache konzentrieren.
Vorteile:
1. Ab diesem Zeitpunkt ist es für den/die Lernenden genauso
leicht, den Text in der Zielsprache zu hören wie in der
Muttersprache. Dieses Verstehen ist bei der Birkenbihl-Methode
normal, während es bei traditionellen Methoden ein selten
erreichtes, unrealistisches Ziel bleibt. Aus diesem Grund sind
weltweit Millionen von Menschen unfähig, Sprachen zu
verstehen, die sie angeblich jahrelang intensiv gelernt haben –
zum Beispiel im Gymnasium (wo sie oft 6 bis 14 Stunden pro
Woche investiert haben).
2. Alle Wörter werden in einem sinnvollen Zusammenhang gelernt
(wie einstmals in der Muttersprache). Wenn das Wort „put“ in
Zeile drei von Lektion 1 mit einer bestimmten Bedeutung
erscheint, das gleiche Wort in der nächsten Lektion in einem
anderen Zusammenhang wiederkehrt, dann erkennt der
Lernende allmählich die Bedeutungen von „put“, ohne zu
versuchen, das Wort mit seiner Vielzahl von Bedeutungen
außerhalb des Kontextes zu pauken, wie dies beim traditionellen
Lernen der Fall ist (to put = [hin-]setzen, [hin-]/[ab-]legen, [auf]stellen, [an-]bringen...). Wenn es Sie interessiert, können Sie ja
einmal in einem Wörterbuch nachschlagen; Sie werden
spaltenweise „Übersetzungen“ finden.
3. Es ist außerordentlich befriedigend, das stetig wachsende
Selbstbewusstsein der Lernenden zu beobachten. Innerhalb
kürzester Zeit sind sie in der Lage, mehr und mehr der
Zielsprache zu verstehen, und auf diese Weise lernen sie (auf der
Meta-Ebene), daß sie fähig sind, Fremdsprachen zu lernen.
Unsere Erfahrungen haben gezeigt, daß die meisten Lernenden
nicht nur schnell in ihrer gewählten Zielsprache vorankommen,
sondern daß sie häufig sogar eine zweite und dritte
Fremdsprache anfangen, weil es ihnen ein gutes Gefühl gibt.
Einige unserer Kunden nennen es „süchtig werden nach
Sprachenlernen“. Aus heutiger neurologischer Sicht ist diese
Beschreibung sachlich sogar richtig, weil erfolgreiches Lernen mit
der Ausschüttung von DOPAMIN einhergeht, eben jenem „Dope“,
das LERNEN lustvoll werden läßt. Also können wir sagen „high
on learning“.
Schritt 3: HÖREN/PASSIV
Vorgehensweise: Sie hören sich – während Sie mit anderen
Aktivitäten beschäftigt sind – kurze Abschnitte des Textes wiederholt
an, aber passiv, das heißt, ohne bewußt hinzuhören. Diese
Wiederholungen sind mit modernen Tonträgern wie CD oder digitalen
Audiodateien einfach geworden (früher mußten unsere Lerner sich
Lektionsteile auf kurze Sechs-Minuten-Leerkassetten überspielen und
diese mit Automatik-Reverse-Geräten abspielen). Beachten Sie bitte
besonders:
Die Texte für das passive Hören werden im HINTERGRUND
abgespielt. Die Lautstärke kann so gering sein, daß man den Ton
gerade noch hören kann (unabhängig von anderen Geräuschen
im Raum, wie z.B. Fernsehen oder Musik).
Vorteile:
1. Das Unterbewußtsein wird sich an die Aussprache gewöhnen,
weil es ihr ständig ausgesetzt ist. Dieser Schritt ahmt den Teil
unserer Kindheit nach, in dem wir von unserer Muttersprache
umgeben waren. Beachten Sie besonders: Jede Phase des
passiven Zuhörens gleicht einem Mini-Aufenthalt im Land Ihrer
Zielsprache. Je mehr Sie passiv hören, desto schneller werden
Sie die Zielsprache beherrschen. Bedenken Sie jedoch, daß das
HÖREN/PASSIV nur einem einzigen Zweck dient: Es baut die
nötigen Nervenbahnen in Ihrem Gehirn auf, die es Ihnen
SPÄTER erlauben, diese Töne selbst zu produzieren (= selbst zu
sprechen). Dabei verändert sich das Gehirn wirklich. Sollten Sie
die Sprache gar nicht sprechen wollen, z.B. weil Sie vor allem
Fachtexte lesen möchten, können Sie HÖREN/PASSIV auch
auslassen.
2. Sie müssen keine einzige Minute Ihrer kostbaren Zeit in das
passive Zuhören investieren. Sie können nebenbei hören,
während Sie bestimmte Routinearbeiten erledigen (das Haus
saubermachen, einkaufen gehen etc.), oder Sie können aktiv eine
andere geistige Arbeit vollbringen, wie ein wissenschaftliches
Fachgebiet studieren (in diesem Fall nennen wir das paralleles
Lernen). Sie können auch Ihren Lieblingsroman lesen oder sogar
im Fernsehen beziehungsweise im Internet einen Thriller
anschauen.
3. Trotz der Tatsache, daß Sie während der passiven Hörperioden
nicht bewußt zuhören, werden Sie manchmal einige Worte
aufschnappen (z.B. während einer ruhigen Szene im Film, den
Sie gerade ansehen). In solchen Augenblicken merken Sie, wie
vertraut Ihnen der Text inzwischen erscheint, was wiederum das
Vertrauen in den Lernprozeß stärkt. Diese kurzen Momente sind
oft von intensiven Gefühlen der Freude und des Selbstvertrauens
begleitet. Auf diese Weise werden die alten „Programme“ des
traditionellen Lernens („Ich bin unfähig!“) allmählich durch neue
(„Ich kann!“) ersetzt, welche die psychologische Blockaden im
Gehirn auflösen.
Die Erfahrung hat gezeigt: Diese Gefühle des Erfolgs wirken sich
oft auch auf andere Lerngebiete (ja sogar Lebensbereiche) aus,
weil der Lernende im Verlauf ein beachtliches Maß an
Selbstvertrauen gewinnt.
Die zwei HÖR-VARIANTEN: AKTIV vs. PASSIV
Dem Dekodieren folgen zwei Hör-Prozesse, deren Unterschiede Sie
genau kennen sollten:
1. HÖREN/AKTIV: Das dekodierte Material wird mitgelesen, es
dient dem Einhören in den KLANG der neuen Wörter, deren
BEDEUTUNG wir durch die Dekodierung transparent gemacht
haben. Es ist also eine HÖR-VERSTÄNDNIS-ÜBUNG. Am Ende
von Schritt 2 ist es Ihrem Gehirn egal, in welcher Sprache Sie den
Text hören. Ab jetzt wird die Krücke des Dekodierens langsam
überflüssig (für diesen spezifischen Text). Im Vergleich dazu:
2. HÖREN/PASSIV: Sie lassen den in Schritt 1 und 2 bearbeiteten
Text nur in einer „Endlosschleife“ (repeat endless) laufen,
während Sie sich anderen Dingen zuwenden. Möglicherweise
lernen Sie aktiv (bewußt) Genetik oder Sie üben arithmetische
Funktionen, vielleicht beantworten Sie E-Mails oder stöbern in
Ihren sozialen Netzwerken. Sie können aber genauso gut
telefonieren, Musik hören oder sich Videos auf YouTube (oder
einer ähnlichen Webseite) „reinziehen“. Das heißt, Sie können
auch Dinge tun, die selbst Klänge erzeugen, solange Sie sich nur
auf diese Sache konzentrieren.
Denken Sie immer daran: Das passive Hören soll Sie mit der
Zielsprache UMGEBEN, wie ein Mantel Ihren Körper umgibt, ohne
daß Sie ihn andauernd wahrnehmen. Das Kind lernt die
Muttersprache umso besser, je mehr es davon HÖRT – weil nur so
die nötigen Nervenbahnen aus den vorhandenen ISOLIERT werden
können. Wenn wir älter sind, müssen wir diese Bahnen neu anlegen
(weil sie von Mutter Natur bereits „aufgeräumt“ worden sind). In jedem
Fall aber dient das PASSIVE Hören dem Aufbau von Nervenbahnen
zum anschließenden Sprechen und NICHT dazu, die Inhalte peu a
peu bekanntzumachen! Sie müssen den Inhalt bereits voll verstehen,
ehe Sie beginnen, passiv zu hören, damit Sie in weit weniger Zeit als
ein Baby/Kleinkind befähigt werden, die Klänge nachzuahmen. Wir
nutzen zwar denselben Neuro-Mechanismus wie das Kind, aber wir
profitieren auch von der Tatsache, daß wir eben kein Baby/Kleinkind
mehr sind. Dieser Kombination verdankt die Birkenbihl-Methode die
hervorragenden Ergebnisse, die Außenstehende nur schwer begreifen
können!
Schritt 4: Weitere Lernaktivitäten
Sie beherrschen nun
a) die Bedeutung der Worte, und Sie haben sich
b) gründlich mit dem Klang vertraut gemacht (lange bevor Sie zu
sprechen versuchen).
Wenn Verstehen alles ist, was Sie erreichen wollen, dann sind die
ersten zwei Schritte (pro Lektion) genug. Dies gilt übrigens auch für
Geschäftsleute, die zwar mit der Hilfe von Dolmetschern verhandeln,
aber HEIMLICH gern ein wenig verstehen würden, weil ihnen das
mehr Zeit zum Überlegen gibt. Mit der Birkenbihl-Methode können Sie
sich dieses Wissen weitgehend „schmerzlos“ aneignen...
Vorteil: Dieser letzte (vierte) Schritt, in dem Sie die Sprache nun
AKTIV ANWENDEN werden, vermittelt die Fähigkeiten des
Sprechens, Lesens und/oder Schreibens der Zielsprache. Dies ist
allein abhängig davon, welche Fähigkeiten Sie zu lernen
wünschen. Und um das zu erreichen, gibt es zahlreiche
Möglichkeiten (wir haben derzeit 60 im großen AKTIVITÄTEN-ABC,
Seite 82ff. sowie 18 Methoden, Techniken, Tipps und Tricks im
LEHRER-ABC, s. Seite 153ff.).
Die Chor-Methode©
Hören Sie sich die Lektion über Kopfhörer an, während Sie „im Chor“
mit den Sprechern auf dem Tonträger mitsprechen. Vielleicht erinnern
Sie sich, daß man früher in der Schule durch Chorsprechen
Griechisch und Latein gelernt hat. Diese Methode war gehirn-gerecht,
wurde aber leider abgeschafft. Heute können Sie dank der modernen
Technik sogar im Chor sprechen, ohne daß Sie eine Klasse dazu
brauchen.
Stellen Sie dazu zuerst die Lautstärke des Wiedergabegerätes höher,
während Sie leise mitsprechen. Nach einer Weile verringern Sie
allmählich die Lautstärke, während Sie – mit wachsender Sicherheit –
lauter sprechen, bis Sie am Ende die Muttersprachler nicht mehr
benötigen. Übrigens: Zu diesem Zeitpunkt sind die LernerInnen im
allgemeinen in der Lage, die Lektion auswendig aufzusagen. Das
bedeutet:
Alles, was irgend jemand in der Lektion sagt (denkt), können Sie
mit absoluter Sicherheit ebenfalls in der Zielsprache sagen (oder
denken)!
Manche wollen das, was sie sagen, aufzeichnen, weil man ihnen
irgendwann einmal eingeredet hat, das sei für den Lernprozess
förderlich. Das ist ein Irrglaube! Frühestens am Ende des vierten
Lernschrittes (wenn Sie den entsprechenden Teil der Lektion
beherrschen) kann es interessant sein, sich selbst zuzuhören – und
auch nur, wenn Sie unbedingt wollen. Denn es ist sehr wichtig, nicht
zu früh mit dem Aufnehmen zu beginnen (wie im traditionellen
Sprachlabor), weil der Muttersprachler stets Ihr Vorbild bleiben muß.
Machen Sie nämlich Ihre eigenen ersten Versuche zum Vorbild,
trainieren Sie sich einen Akzent an!
Das ist genauso, als wenn wir im Klassenzimmer zu 80% unsere
MitschülerInnen mit ihrem starken Akzent hören und diese zu unseren
Modellen machen. Als ich das erste Mal in Frankreich war, nachdem
ich in Amerika auf dem College (mit herkömmlichem Sprachlabor –
damals ganz neu) Französisch gelernt hatte, sagten alle sofort: „Aah,
vous êtes americaine!“ („Aah, Sie sind Amerikanerin!“), weil ich klang
wie meine amerikanischen Kommilitonen.
Das Schatten-Sprechen
Falls Sie es noch nicht wagen, die Chor-Methode zu versuchen,
können Sie das „Schattensprechen“ probieren: Sie hören den Ton und
sprechen den Text etwa ein bis zwei Silben später als die
Muttersprachler, die Sie hören. Beachten Sie:
Üben Sie diese Technik zuerst in Ihrer Muttersprache. Es dauert
einige Minuten, bis Sie sich daran gewöhnt haben. Das Verfahren
ähnelt der Art, wie ein Dolmetscher spricht, wenn er der Person
„hinterherjagt“, deren Aussagen er übersetzt.
Die Technik des „Schattensprechens“ ist besonders hilfreich, wenn die
Zielsprache sich in der Tonalität völlig von Ihrer Muttersprache
unterscheidet (z.B. wenn Sie als Europäer Arabisch oder Chinesisch
lernen).
Das Lücken-Sprechen
Kopieren Sie interessante Teile der Lektion und übermalen Sie einige
Worte mit Tipp-Ex. Geben Sie später den Text wieder, indem Sie beim
lauten Vorlesen (oder beim leisen Mitlesen) die Lücken ergänzen. Die
Erfahrung hat gezeigt, daß diese Übung zu sehr schönen
Erfolgserlebnissen führt, weil sie (nach der guten Vorbereitung der
Schritte 1 bis 3) so leicht ist!
Lesen (Zielsprache)
Wenn Sie lesen lernen wollen, nachdem Ihnen Inhalt, Aussprache
etc. völlig vertraut sind, wiederholen Sie Schritt 2 (HÖREN/AKTIV),
jedoch mit einem wesentlichen Unterschied: Während Sie zunächst
nur das De-Kodierte (die Wort-für-Wort-Übersetzung) mitgelesen
haben, verfolgen Sie mit den Augen jetzt bewußt den zielsprachigen
Text. Dabei sehen Sie die De-Kodierung unbewußt, was eingangs
hilfreich ist.
Drücken Sie am Anfang ruhig so oft Sie wollen die Pause-Taste. Sie
werden sehen: Nach einer Weile sind keine Stops mehr nötig. Nun
können Sie den Originaltext in der Zielsprache (ohne Dekodierung)
mitlesen und danach den Text allein, ohne die SprecherInnen, lesen.
Sie werden alles verstehen und den richtigen Klang der Wörter
kennen, selbst wenn Sie (zu dieser Zeit) noch kein einziges Wort aktiv
gesprochen haben. Wenn Sie das mit der Schule vergleichen…
Schreiben (Zielsprache)
a. Diktat: Benutzen Sie für Diktat-Übungen den Tonträger.
b. Die Lücken füllen: Der Ablauf ist vergleichbar mit „Lücken
sprechen“, jedoch mit dem Unterschied, daß die Lücken hier
schreibend gefüllt werden. Vermutlich werden Sie die Wörter
zunächst öfter mit Hilfe des Originaltexts überprüfen müssen,
aber schon bald werden Sie in der Lage sein, die Lücken
ausgezeichnet zu ergänzen. Die Erfahrung hat gezeigt, daß
auch diese Übung zu einem sehr befriedigenden Anwachsen des
Selbstwertgefühls führt.
Ich wiederhole: Erst im letzten Schritt beginnen Sie mit den
vielfältigen Aktivitäten aus dem ABC-Kapitel (suchen Sie sich
einfach das he raus, was Sie am meisten anspricht). Wer gern
Grammatik üben möchte – JETZT ist der Zeitpunkt gekommen, mit
dem bereits bekannten Material zu SPIELEN, warum also nicht auch
grammatikalisch (vgl. „Grammatik-Spiele“, Seite 103ff.). Aber denken
Sie daran: Grammatik ist keine Brücke zwischen Ihrer und der
fremden Sprache, sie ist eher als BONUS-Material zu sehen für jene,
die Grammatik lieben. Das heißt aber auch, daß wir sie jenen, die
Grammatik hassen, nicht aufzwingen sollten...
Der Neuro-Mechanismus der Abstraktion
Die Fähigkeit zur Abstraktion ist einer der wichtigsten NeuroMechanismen, den das herkömmliche Schul-Lernen – insbesondere
beim Sprachenlernen – verletzt. Er erlaubt es jedem Kind, seine
Muttersprache ohne Unterricht zu lernen. Da viele meiner LeserInnen
meine Erläuterungen hierzu bereits kennen, biete ich Ihnen diese
wichtige Info als MERKBLATT. Wer noch nicht weiß, worum es geht,
sollte jetzt dorthin „springen“. (s. MERKBLATT Nr. 11, Seite 203).
Erfahrungen aus der Praxis
Nachfolgend möchte ich Ihnen noch einige Praxiserfahrungen
vorstellen, jede einzelne stellvertretend für HUNDERTE, und zwar.
Da viele meiner LeserInnen meine Erläuterung hierzu bereits kennen,
biete ich Ihnen diese wichtige Info als MERKBLATT. Wer noch nicht
weiß, worum es geht, sollte jetzt dorthin „springen“.
1.
2.
3.
4.
5.
Interview mit einer Lehrkraft aus der Schweiz;
Bericht einer Lehrkraft aus Österreich;
Eine Mutter meldet sich zu Wort;
Und ein Vater...
Ein Autodidakt (erwachsener Selbstlerner) berichtet.
Eine Lehrerin zur Birkenbihl-Methode im Unterricht: Interview mit
Karin HOLENSTEIN
Karin HOLENSTEIN ist Lehrerin und unterrichtet in der Ostschweiz.
Sie ist Geschäftsführerin der Firma protalk und zertifizierte BirkenbihlTrainerin. Als Selbstlernerin und Lehrerin wendet sie die BirkenbihlMethode konsequent an.
Frau Holenstein, wie sind Sie auf die Birkenbihl-Methoden
gestoßen?
Nachdem mein Mann im Jahr 2001 in Zürich an einem
Zweitagesseminar von Vera F. Birkenbihl teilgenommen hatte, habe
ich über ihn einige Birkenbihl-Methoden kennen- und anwenden
gelernt. Bald telefonierten wir beide regelmäßig mit Frau Birkenbihl,
haben viele ihrer Seminare besucht, unzählige DVD’s angeschaut und
so unser Wissen laufend erweitert und vertieft. Gemeinsam waren wir
von Anfang an beim ersten Lehrer-Pilot dabei, weil uns die BirkenbihlMethoden – und natürlich Vera F. Birkenbihl selbst – so fasziniert
haben.
Welche dieser Methoden wenden Sie besonders intensiv an?
Anfänglich habe ich vor allem ABC-Listen und die KaWa-Technik
angewendet und diese gleich auch mit meinen Schülern ausprobiert.
Wenn ich selbst lerne – oder meinen Sohn beim Lernen für die Schule
unterstütze –, dann wende ich heute möglichst viele BirkenbihlTechniken an. Am wichtigsten für mich persönlich ist aber sicher das
Sprachenlernen mit der Birkenbihl-Methode geworden.
Ah, das ist interessant... Welche Sprachen haben Sie mit dieser
Methode gelernt?
Seit etwa zwei Jahren lerne ich Französisch. Mein Sohn lernt diese
Sprache zurzeit in der Schule (und zusätzlich zu Hause mit der
Birkenbihl-Methode).
Das
hat
mich
motiviert,
meine
Französischkenntnisse aufzufrischen und weiter zu vertiefen.
Schon wesentlich länger lerne ich Englisch. Im Alleingang habe ich,
kurz nachdem ich Frau Birkenbihl kennengelernt habe, meine
verstaubten Englischkenntnisse aus der Schulzeit aufpoliert. Da ich
das dank der Birkenbihl-Methode so gut in meinen Alltag integrieren
konnte und erstmals richtig Spaß am Sprachenlernen hatte, entschied
ich mich, eine Weiterbildung in Angriff zu nehmen, um später einmal
selbst Englisch unterrichten zu können. Ich besuchte einen
herkömmlichen Diplom-Vorbereitungskurs und lernte, parallel zum
entsprechenden Lehrmittel, weiterhin nach der Birkenbihl-Methode.
Wie haben Sie das genau gemacht?
Ich habe viele Texte aus dem Lehrmittel von einer englischen
Muttersprachlerin lesen und auf CD brennen lassen. So konnte ich
entspannt lernen und habe in nur zwei Jahren zwei Diplomprüfungen
abgelegt. (vfb: Man bedenke, daß hier eine Lehrerin im Dienst spricht,
die nebenbei drei damals noch kleine Kinder erzogen hat. Das ist a)
eine große Leistung und zeigt b), wie leicht das Lernen mit der
Birkenbihl-Methode im Vergleich zu anderen ist.) Nach weiteren
pädagogischen Modulen und einem dreiwöchigen Aufenthalt in
England als „Assistant teacher“ bin ich nun befähigt, an der
Primarschule Englisch zu unterrichten.
Und tun Sie das nun auch?
Ja, seit Sommer 2008 unterrichte ich Englisch an einer Schweizer
Primarschule. Außerdem leite ich seit 2005 Erwachsenenkurse. Hier
treffen wir uns alle drei Wochen. Die Teilnehmer lernen in ihrem
eigenen Tempo zu Hause mit den (dekodierten) Birkenbihl-Kursen.
Beim Treffen wenden wir ganz viele gehirn-gerechte BirkenbihlMethoden an und alle haben viel Spaß beim Erlernen der
Fremdsprache.
Arbeiten Sie in der Schule auch mit einem BirkenbihlSprachkurs?
Nein, diese sind eher für Erwachsene konzipiert. Frau Birkenbihl rät
Lehrpersonen und Eltern, mit dem Schullehrbuch zu arbeiten. Nur so
hat der Schüler ein unmittelbares Erfolgserlebnis.
Und wie funktioniert das genau?
Wir lernen mit dem normalen Sprachlehrmittel, das von der Schule
vorgegeben ist. Die Texte aus dem Schulbuch, welche auch auf der
Hör-CD sind, haben Lehrerkollegen, Eltern und ich nach Birkenbihl
aufbereitet. In der Klasse bearbeiten wir den Text, der erst in ein bis
zwei Wochen an der Reihe ist. Es wird dekodiert, aktiv gehört und
dann während des Unterrichts ganz viel passiv gehört. Wenn später
dieses Thema beziehungsweise dieser Text im Schulbuch behandelt
wird, sind die Schüler schon vertraut damit, verstehen mich und
können sich aktiv am Unterricht beteiligen. Sie haben so laufend
Erfolgserlebnisse, gewinnen Selbstbewusstsein und erleben das
Erlernen der Fremdsprache als etwas Positives. Alles, was nun im
Unterricht und mit dem Lehrmittel geschieht, gehört zum vierten
Lernschritt – zu den Aktivitäten – und fällt somit leicht.
Da möchte ich gern mal Mäuschen spielen...
Das können Sie sogar, ich habe nämlich von Anfang an ein
FILMTAGEBUCH geführt. Unter www.protalk.ch (Bonus-Seiten)
können Sie direkt in mein Schulzimmer schauen und den Schülern
beim Englischlernen zusehen. Übrigens integriere ich viele andere
Birkenbihl-Methoden wie z.B. das Kategorisieren, die ABC-Listen oder
die 1-15-25 Technik in den Sprachunterricht. Das Tagebuch gibt auch
hier einen Einblick.
Wie wirkt sich das Lernen nach Birkenbihl auf die Schüler aus?
Die Schüler sind motiviert. Sie übernehmen immer mehr
Verantwortung für ihr eigenes Lernen. Die Aussprache ist sehr gut
und der Lernfortschritt ist um einiges größer (als bei vergleichbaren
Klassen mit normalem Unterricht). Natürlich gibt es in der Klasse
immer noch Unterschiede. Aber keiner der Schüler bleibt „auf der
Strecke“ oder verliert die Lust am Sprachenlernen. Im Gegenteil:
Schüler, denen kein Sprachlerntalent nachgesagt (oder prophezeit)
wurde, entpuppen sich als gute Lerner. Das freut mich dann immer
ganz besonders.
Und wie erleben Sie als Lehrerin die Englisch-Lektionen?
Durchwegs als Bereicherung und sehr motivierend. Das Vorgehen
nach Birkenbihl nimmt von mir auch den Druck, perfekt zu sprechen,
weg, da meine Schüler zusätzlich zum Unterricht die Muttersprachler
der Hör-CD passiv hören und imitieren. Meine Schüler wissen, dass
auch ich mal einen Fehler mache oder etwas nicht weiß – ja, dass
auch ihre Lehrerin immer noch dazulernt. Ich lebe den Schülern ganz
bewusst vor, dass Lernen ein lebenslanger Prozess ist und nicht mit
dem Ende der Schulzeit aufhört. Ich lese oft Bücher in englischer
Sprache, schaue immer wieder Filme im englischen Originalton oder
erzähle den Schülern von einem lehrreichen Buch, das ich gelesen
habe.
Gibt es besondere Vor- oder Nachteile mit dieser Methode?
Für mich gibt es nur Vorteile. Ich kann mir ein rein herkömmliches
Sprachenlernen gar nicht mehr vorstellen. Zudem bin ich froh, dass
wir das ungeliebte und unnötige Vokabeln- und Grammatikpauken
weglassen können und ich diesen Frust den Schülern ersparen kann.
Lernen soll vorwiegend im Schulzimmer geschehen, denn dafür bin
ich als Lehrperson verantwortlich. Wenn es mit einem Schüler beim
Lernen nicht so klappt, wie ich es mir vorgestellt habe, dann suche ich
nach einer anderen Methode, statt den Schüler selbst zu hinterfragen.
Was möchten Sie den LehrerInnen, Eltern und SelbstlernerInnen
abschließend mit auf den Weg geben?
Falls Lehrpersonen oder Eltern die Methode bei ihren Schülern
beziehungsweise ihren Kinder einsetzen möchten, dann sollten sie
zuerst einen Selbstversuch machen! Nur so können sie eigene
Erfahrungen sammeln und die Methode danach überzeugend
weitergeben. Die Schüler/Kinder imitieren, was sie sehen und
vorgelebt bekommen.
Ich wünsche mir, dass schon in naher Zukunft noch viel mehr Schüler
von dieser tollen Methode profitieren können und das Sprachenlernen
als spannenden und ent-deckenden Prozess mit vielen positiven
Erfahrungen erleben können. Dafür werde ich mich gern weiter
einsetzen.
BERICHT einer österreichischen Lehrerin:
Roswitha LACKINGER
Roswitha LACKINGER leitet eine Grundschule in St. Marien,
Oberösterreich. 2008 hat sie ein Masterstudium zur Schulentwicklung
abgeschlossen. Als zertifizierte Birkenbihl-Trainerin betreut sie
Pilotgruppen in ganz Österreich und ist zudem in der LehrerFortbildung tätig.
In einem Reflective Paper innerhalb des Universitätslehrganges
„Professionalität im Lehrberuf“ habe ich eine Arbeit über Englisch
nach der Methode von Vera F. Birkenbihl in der Grundschule
geschrieben. Es folgt eine kurze Zusammenfassung:
In einer 3. Klasse wurde diese spezielle Art des Englischunterrichts
durchgeführt. Gemeinsam mit der Klassenlehrerin wählte ich Inhalte
aus dem Lehrwerk „Playway to English“ aus, das mit – von
Engländern besprochenen – CDs und Videos unterstützt wird.
Wir begannen mit dem Dekodieren des Chant „My Vegetable Soup“,
den die SchülerInnen bereits zuvor in der üblichen Weise erlernt
hatten. (vfb: Vgl. auch „LIEDER dekodieren“, Seite 77ff.)
Bei der Überprüfung des Verständnisses, bei der Gehörtes den
entsprechenden Bildern zugeordnet werden sollte, zeigten sich
Unsicherheiten. Auch bei der Aussprache, speziell des Wortes
„vegetable“, fiel auf, dass keine gute englische Sprechweise
erkennbar war. Gleich nach den ersten Übungen mit dem dekodierten
Text, gewannen die Kinder an Sicherheit, sie begannen
unaufgefordert, laut und deutlich mitzusprechen, und bereits nach
wenigen kurzen Einheiten passiven Hörens in Zeichenstunden oder
während einfacher Abschreibübungen war eine wesentlich bessere
Aussprache des Wortes „vegetable“ und auch der anderen Ausdrücke
erkennbar.
Als nächsten Schritt wagten wir uns an einen kleinen Film, „Woolly
Hat“, den wir ebenfalls in Form der Dekodierung aufbereiteten. In
diesem Fall gab es nur eine Videoaufnahme in der Schule, die ich mit
einem Diktaphon vom Fernsehapparat aufgenommen hatte. Danach
brannte ich den gesprochenen Text auf eine CD.
Nach aktiver und passiver Hörphase waren die Kinder schon ganz
gespannt auf den Film. Sie berichteten im Anschluss an die Stunde,
dass es ihnen sehr viel Spaß gemacht hat, der Geschichte ohne Hilfe
des Textes folgen zu können, und vor allem, dass sie sie so gut
verstanden haben wie noch keine andere Geschichte davor. Auch hier
fiel wieder der Wunsch der Kindern auf, laut und deutlich
mitzusprechen, sobald sie die Geschichte einige Male gehört hatten,
um sich die Wörter zu eigen zu machen.
Nach all diesen ermutigenden Fortschritten wagten wir uns an ein
Hörbuch. Als die Bibliothekarin in unserem Ort erfahren hatte, was wir
im Englischunterricht machen wollen, besorgte sie eine sehr gute
Auswahl
an
englischen
Hörbüchern
in
unterschiedlichen
Schwierigkeitsgraden. Wir entschlossen uns für ein Level-2-Buch mit
dem Titel „The Three Little Pigs“.
Ich dekodierte den Text und daraus machten wir Folien für den
Overhead, da sich diese Vorgangsweise sehr bewährt hatte. Die
Kinder hörten die CD mit dem in bestem Englisch gesprochenen Text
und lasen gleichzeitig den dekodierten Text mit (HÖREN/AKTIV). Als
sie nach mehreren Durchgängen die Geschichte verstehen konnten,
bekamen sie nur den englischen Text zum Mitlesen und in weiterer
Folge ging die Lehrerin zum passiven Hören während der
Unterrichtszeit über. (vfb: Da das passive HÖREN das Sprechen
vorbereitet, kann es nach einer AKTIVITÄT, hier LESEN des
englischen Textes, erfolgen.)
Für die Überprüfung der Kenntnisse der SchülerInnen habe ich, wie
schon bei einer Arbeit vorher, die Kamera beziehungsweise
Aufnahmen mit einem Diktaphon verwendet. Des Weiteren gab es
regelmäßige Gespräche mit der Klassenlehrerin, die immer wieder
sowohl die Freude der SchülerInnen beim Hören und Sprechen der
englischen Sprache sowie die enormen Fortschritte in der Aussprache
hervorhob. Zur Bekräftigung möchte ich hier ein kurzes Interview mit
der Klassenlehrerin zusammenfassen:
Auf die Frage wie es ihr als Lehrerin mit der Einsetzbarkeit dieser
Methode gegangen sei, meinte sie, dass diese sehr gut gewesen sei
und dass alles hervorragend aufbereitet war. Die Kinder hätten den
Inhalt sehr gut verstanden und die Aussprache sei überraschend gut
gewesen, selbst bei Kindern, die in der deutschen Muttersprache nicht
besonders sicher sind. Bezüglich der Wirksamkeit der Methode
meinte sie, dass dadurch, dass man beide Sprachen sehen kann,
Klarheit über die Unterschiede entstünde und dass einem so bewusst
würde, dass man nicht jedes einzelne Wort verstehen muss, um den
Inhalt der Geschichte zu verstehen. Sie sagte auch, dass sie
versuchen würde, diese Methode weiterhin, auch in einem anderen
Schuljahr, in einer anderen Klasse anzuwenden.
Vonseiten der Eltern kamen ebenfalls Rückmeldungen. Sie
schilderten zum Beispiel, dass die Kinder daheim vermehrt englische
Wörter verwendeten. Eine Mutter erzählte, dass ihr Sohn immer
wieder nach „red pepper“ oder „green pepper“ verlange und sein
Interesse für die Fremdsprache inzwischen auch seine Geschwister
angesteckt habe.
Eine Mutter meldet sich zu Wort: Annegret
KRÜPPEL
Ich bin Mutter von drei Jungen, die jeweils im Abstand von 2 Jahren
auf die Welt kamen. Das hatte und hat den Vorteil, dass viele
Aktivitäten (s.u.), die ich mit und für den Ältesten unternommen habe,
schon kurze Zeit später für den Mittleren und dann für den Jüngsten
genutzt werden konnten/können. Die Sprachen, mit denen wir uns
befassen, sind Englisch und Französisch.
Ich selbst hatte früher in der Schule Englisch und Latein. Mit der
Birkenbihl-Methode lerne ich nun Französisch, Italienisch,
Niederländisch und bald auch Spanisch (die Unterlagen liegen bereits
vor).
Unser Vorgehen: Schritte 1 bis 3 (also dekodieren, HÖREN/AKTIV
und HÖREN/passiv), laufen nach der Birkenbihl-Methode. Die Texte
dafür sind in erster Linie Texte aus den jeweiligen Schulbüchern. Die
Audio files zu den jeweiligen Units liegen in der Regel den
Schulbüchern bei oder können extra bestellt werden. Habe ich die
Texte nicht in Audioform vorliegen, kopiere ich mir die Texte in ein
Worddokument und konvertiere sie in ein pdf-Dokument. Dieses kann
ich mir dann von meinem Acrobate-Programm vorlesen lassen
(„Anzeige“ => „Sprachausgabe“ => „Sprachausgabe aktivieren“).
Allerdings klappt das nur bei englischen Texten. Und da die
Sprachqualität auch nicht die beste ist, habe ich mir inzwischen ein
Voice-Programm gekauft (< 50 Euro), mit dem ich auch Worddokumente vorlesen lassen kann (die Sprachqualität ist sehr gut –
besser noch als bei einem Navigationsgerät). Die Vorleser sind Native
Speakers, die Sprachgeschwindigkeit lässt sich ohne großen
Qualitätsverlust verlangsamen und die Dateien können problemlos im
MP3-Format auf dem Computer gespeichert werden – danach nur
noch auf einen MP3-Player übertragen oder auf CD brennen, fertig.
Weitere Texte sind die „lyrics“ der Lieder, die meine Kinder mögen –
im Augenblick steht Michael Jackson an erster Stelle. Die
entsprechenden Liedtexte kann man kostenlos aus dem Internet
beziehen, zum Beispiel über Google mit den Suchworten „lyrics+
(Titelname)“.
Ich selbst trainiere bereits seit Jahren mit der Birkenbihl-Methode –
und das mit wachsender Begeisterung. Als meine Kinder in der
Schule mit Fremdsprachen in Kontakt kamen, war es so, dass sie zu
Beginn wenig Lust hatten, sich neben den Hausaufgaben noch weiter
damit zu befassen (das Gleiche gilt leider auch für alle anderen
Fächer). Ich habe sie darum nie gedrängt, die Birkenbihl-Methode
auszuprobieren. Stattdessen habe ich begonnen, Liedtexte
auszudrucken und sie – während meine Kinder Hausaufgaben
machten – in ihrem Beisein zu dekodieren, anzuhören, mitzusingen.
Danach haben wir sie dann probeweise mal zusammen gesungen und
so ging es langsam los (sobald man ein Kind auf seiner Seite hat,
ziehen die anderen irgendwann nach). Inzwischen arbeiten sie alle mit
der Methode, ohne zu wissen, dass es die Birkenbihl-Methode ist. Der
größte Pluspunkt dieser Methode ist: Der Lernprozess passiert häufig
nebenbei und absolut stressfrei. Darin unterscheidet sie sich
grundsätzlich von den Schulmethoden. Ein weiteres großes Plus ist:
Man bestimmt selbst, mit welchem Material man lernen will. Via
Internet findet man heute Texte über jedes (Interessens-/Wissens)Gebiet in der gewünschten Zielsprache. Und fehlt ein
entsprechendes Audiofile, stellt man es einfach selbst her (s.o.),
genial oder? Ich kann die Sprachlernmethode von Frau Birkenbihl
daher nur empfehlen. Probieren Sie es doch selbst einmal aus –
worauf warten Sie noch? (vfb: Deshalb habe ich für diese 33. Auflage
78 Aktivitäten für Lerner und Lehrer zusammengestellt (s. Seite 82ff.)),
darunter auch einige von Frau HOLENSTEIN und Frau KRÜPPEL;
das Nachmachen ist also sehr einfach!)
Und ein Vater... (Patrick GÖRTZ)
Guten Tag Frau Birkenbihl,
nachdem ich angefangen habe, mit Ihrer Methode Französisch zu
lernen, begann sich auch mein acht Jahre alter Sohn dafür zu
interessieren. Er lernt nun seit ein paar Monaten nach Ihrer Methode,
die ich für ihn etwas abgewandelt habe, Englisch – ca. 1 bis 2 Mal am
Tag 15 Minuten aktiv und 1 bis 2 Stunden passiv.
Das klappt ausgezeichnet und mit einem beeindruckenden Tempo.
Für eine Geschichte mit ca. 700 Wörtern benötigt er mittlerweile nur
noch 3 bis 4 Tage, um sie zu verstehen. Er kann sie dann beim Hören
auf Englisch mit geschlossenen Augen ins „Pseudo-Deutsche“
übersetzen.
Eine wertvolle Hilfe dabei ist, dass es viele gute Kindergeschichten
auf Englisch gibt – es gibt Bücher mit CDs und auch im Internet finden
sich zahlreiche Quellen. Allein auf storynory (mit Google suchen &
finden) gibt es Hunderte professionell gesprochene Kindergeschichten
in CD-Qualität als MP3-Datei mit komplettem englischem Text – und
das Ganze kostenlos. Darunter sind übrigens auch Copyright-freie
Texte wie die Märchen der Gebrüder Grimm, die viele Kinder
wahrscheinlich bereits auf Deutsch kennen.
Für Erwachsene gibt es mit dem „English as a Second Language
Podcast“ ebenfalls viele Hunderte lebensnahe und interessante
Geschichten.
Das sind natürlich traumhafte Voraussetzungen.
Ein Autodidakt berichtet: Klaus BÖHNERT
Vor ca. 2 Jahren lernte ich die Birkenbihl-Methode für Fremdsprachen
kennen. Was mich stutzig machte, war die Aussage, dass Vokabeln
zu pauken verboten sei. Also las ich die Erläuterungen und stellte fest,
dass auf diese Weise jedes Kind seine Muttersprache erlernt hat:
hören, sprechen, lesen und schreiben. Und genau diese Methode wird
auch für die gewählte Fremdsprache genutzt. (vfb: Das stimmt nicht
ganz. Wiewohl wir einerseits „natürliche“ Effekte nutzen, die der
Arbeitsweise des Gehirns entsprechen, berücksichtigt die BirkenbihlMethode sehr wohl die Tatsache, daß wir keine Kinder mehr sind:
Kein Kind könnte die Muttersprache durch Dekodieren erlernen!)
So begann ich, mit der neuen Methode eine lang vergessene Sprache
aufzufrischen, und stellte schnell fest, dass sich mein Sprachgefühl
wieder einstellte – sogar besser als in der Schulzeit, und das in einem
Bruchteil der Zeit, die ich in der Schule dafür „verplempert“ hatte.
Dekodieren, HÖREN/AKTIV, HÖREN/PASSIV wirkt. Wie gut es
funktioniert, weiß jeder, der eine asiatische Kampfsportart ausübt: Als
meine Familie mit Kendo begann (japanisches Schwertfechten),
hörten wir alle Kommandos auf Japanisch. Zunächst hörten wir nur zu
und beobachteten, wie sich die anderen verhielten. (vfb: visuelle
Parallele zum Dekodieren). Doch bereits nach einigen Wochen
konnten wir den japanischen Begriffen ihre Bedeutung zuordnen (vgl.
dekodieren) und, nachdem wir sie oft genug gehört hatten (aktives
und passives Hören), bald auch aussprechen. Heute „sitzen“ die
Begriffe, wir müssen nicht mehr nachdenken, wir denken (in diesem
Bereichen) japanisch.
FAZIT
Es dauerte fast 20 Jahre, bis die Methode in der heutigen Form
ausgereift war. Inzwischen aber wissen wir:
1. Es funktioniert! Durch die wörtliche Übertragung knacken wir
den (zunächst geheimen) Code; das Dekodieren macht die
Zielsprache vom ersten Satz an TRANSPARENT – weder raten
Sie „wild herum“ noch quälen Sie sich durch Zeilen, deren Sinn
Sie nicht kapieren. Somit kommen Sie sich auch nicht „blöd“ vor
oder denken, es mangle Ihnen an Talent! Und ganz nebenbei
wirkt sich jeder Lernerfolg äußert positiv auf das
Selbstwertgefühl aus und macht Mut bei anderen
Unternehmungen. Erinnerung: Wenn etwas nicht funktioniert,
sollten Sie ab jetzt nie wieder den Menschen selbst (sich oder
SchülerInnen, MitarbeiterInnen etc.) in Frage stellen, sondern die
Methode hinterfragen (PERKINS 3, Seite 190).
2. Dekodieren erleichtert aber nicht nur den Zugang zur
Zielsprache ungemein (deshalb heißen dieses Buch und ein
DVD-Vortrags-Mitschnitt „Sprachenlernen leicht gemacht“),
sondern Sie gewinnen dadurch auch wertvolle Einsichten in die
eigene Sprache, er-WEIT-ern also Ihren geistigen Horizont
doppelt (während Pauken den Horizont eher verkleinert).
3. Weil Sie den Sinn der Wörter kennenlernen, ehe Sie deren
Bedeutung mit dem Klangbild verbinden (HÖREN/AKTIV),
lernen Sie autonom und haben immer die Kontrolle. Nie mehr
werden Sie hilfesuchend – wie einer meiner Coaching-Klienten es
ausdrückte – „am Rande des Verstehens hängen“, sondern Sie
schreiten voran, immer genau wissend, was Sie tun!
4. Wer nur lesen und/oder hörend verstehen will, kann den
dritten Schritt (HÖREN/PASSIV) weglassen, da dieser
ausschließlich dazu dient, das Sprechen (neurophysiologisch)
vorzubereiten. So habe ich zum Beispiel die Hälfte der 20
Sprachen, mit denen ich mich derzeit befasse, niemals passiv
gehört, da ich sie nur verstehen, nicht aber selbst sprechen
möchte. (Sollten Sie Ihre Meinung irgendwann ändern, können
Sie das passive Hören später jederzeit „einschieben“, ehe Sie mit
aktiven Sprechübungen beginnen.)
5. Wer übersetzen lernen will (oder muß), übt dies nicht am
Anfang (wie oft in der Schule – erzwungenermaßen – üblich),
sondern erst zum Schluß. Bei zukünftigen ÜbersetzerInnen und
DolmetscherInnen sollten wir diese wichtige Übung als fünften
Lernschritt bezeichnen; bei SchülerInnen, die das Übersetzen nur
wegen der Schule üben, kann man es als letzte AKTIVITÄT (= als
Abschluß des vierten Lernschritts) sehen. Sobald sie nämlich
eine Lehrkraft hätten, die nicht mehr auf sogenannten guten
Übersetzungen besteht, könnten sie diese Aktivität sofort
fallenlassen. Ich habe im Arabischen niemals „gut übersetzt“,
aber trotzdem (beziehungsweise gerade deshalb) ein ziemlich
gutes Sprachgefühl entwickelt, wie mir neulich wieder von einem
gebildeten Araber bestätigt wurde.
6. Sie lernen vom ersten Tag an in einem Ihnen angenehmen
Tempo. Das bedeutet zweierlei: erstens gemäß der neuronalen
Geschwindigkeit, mit der Sie geboren wurden (vgl. PERKINS 1,
Seite 188) und mit der Sie sich wohl fühlen. Zweitens können Sie
frei wählen, wieviel aktive Lernzeit (für Dekodieren und
HÖREN/AKTIV) Sie investieren wollen. Merke: Bei der BirkenbihlMethode können gern auch längere Zeiten dazwischenliegen, in
denen Sie nur ein wenig hören (unterwegs, im Badezimmer, in
der Küche), um Ihrem Gehirn zu zeigen, daß es noch keine
Nervenbahnen wegräumen soll. Das geschieht bei NichtBenutzung sehr schnell (s. Kasten).
Bei Arabisch betrug die Pause 10 Jahre, bei Japanisch lagen 7
Jahre zwischen den ersten Versuchen und der Wiederaufnahme. In
beiden Sprachen hörte ich ab und zu die bereits bearbeiteten Texte
von wenigen Minuten (zu mehr war ich damals nicht gekommen),
und als ich JAHRE SPÄTER wieder begann, hatte ich nach ca. 2
Stunden aktiven Lernens rund 90% des damals Gewußten
reaktiviert. Bitte vergleichen Sie: Die meisten Menschen können
nur ca. 10% des Schulwissens (z.B. Englisch) reaktivieren, wenn
sie in der Zwischenzeit nicht damit beziehungsweise daran
gearbeitet haben. Und das, wiewohl sie ständig von Englisch
umgeben sind (Pop-Musik, Computer-Jargon, große Bereiche der
Kunst-Szene etc.). Das ist der Unterschied zwischen Schullernen
und gehirn-gerechtem Vorgehen!
Der Aufbau des Buches
Hinter Ihnen liegen das
VORWORT zur 33. Auflage und
1. Sprachen lernen – aber bitte gehirn-gerecht: Klassisches SchulLernen im Vergleich mit meiner Methode.
Diesen folgen:
2. Dekodieren erlaubt: Den Code der Zielsprache TRANSPARENT
machen
3. Das AKTIVITÄTEN-ABC für Lerner: 60 AKTIVITÄTEN
(Methoden, Techniken, Tips und Tricks)
4. Das LEHRER-ABC: 18 AKTIVITÄTEN (Methoden, Techniken,
Tipps und Tricks)
5. Was klassisches Sprachenlernen anrichtet: einige
gesellschaftspolitische Auswirkungen
6. Die häufigsten Fragen
7. MERKBLÄTTER
8. Literatur- und Stichwortverzeichnis
:
Wie immer, wenn ich meinen LeserInnen konkrete Techniken anbiete,
gilt: Bei meinen Methoden gibt es jeweils viele Wege, die nach Rom
führen. Sie müssen also nicht alle gehen, um erfolgreich
anzukommen. Solange Sie die beiden grundlegenden Einheiten –
Dekodieren (beziehungsweise via Dekodierung den Sinn verstehen)
und HÖREN/AKTIV – einhalten, geht es zügig voran. Alles andere
kann variabel gestaltet werden. Wählen Sie einfach aus, was Ihnen
Spaß macht. Aber fangen Sie an!
2. Dekodieren erlaubt
Bereits als Schülerin war mir aufgefallen, daß die meisten
SchülerInnen dazu neigen, zu dekodieren (das heißt jedes Wort
„entschlüsseln“ zu wollen) und die Lösung direkt bei dem Begriff
einzutragen. Sie wissen, was „gut geht“. Heute wissen wir, es
entspricht der natürlichen Arbeitsweise des Gehirns, die Zielsprache
wie einen Geheimcode zu sehen, der geknackt werden soll. Hinzu
kommt das Wissen um den unglaublich wichtigen NeuroMechanismus der Abstraktion (s. MERKBLATT Nr. 11, Seite 203).
Inzwischen haben sich neben Müttern (s. Seite 44f. sowie 171ff.),
erwachsenen Autodidakten (s. Seite 46f.) auch SprachlehrerInnen zu
Wort gemeldet (s. Seite 38ff.). Sie alle stehen stellvertretend für jene
Lehrkräfte, Eltern und zahllose Lernende, die aufgrund der vielen
Erfolgserlebnisse nie mehr zum alten Lernstil zurückkehren würden,
der genaugenommen ein Pauk-Stil war (s. MERKBLATT Nr. 5, Seite
194f.). Deshalb ist es notwendig, uns mit der Frage zu befassen, was
die Schule zum Dekodieren sagt.
Die Schule und das DEKODIEREN
Was mich immer wieder fasziniert, ist, wie oft Kinder und ältere
Lernende bei ganz neuen Lernaufgaben intuitiv das richtige Verhalten
ansteuern würden, wenn man sie gewähren ließe. Aber unser
normales Schulsystem erlaubt Menschen keinesfalls, ihre eigenen
Lern-Wege zu finden, sondern zwingt sie zu Pauk-Techniken, die
nachweislich kaum Erfolgserlebnisse ermöglichen – und wenn, dann
erst nach vielen Jahren. So zum Beispiel auch in China: 16 Jahre
stures Pauken von rohen Fakten und auf einmal – oft über Nacht – ist
es, als ob Nebelschleier sich öffneten, und die Paukenden werden mit
Einsichten belohnt. Allerdings können sie diese nicht einordnen, weil
sie sie nicht durch aktives Denken gewonnen haben. Und so klagen
dann auch die Universitäts-Dozenten darüber, daß chinesische
Studenten herumlaufen, als hätten sie ein „gelähmtes Gehirn“. In den
Eliteschulen hat man inzwischen begonnen, umzudenken. Aber noch
immer beherrschen körperliche Züchtigung und das automatische
Auswendiglernen die Szene. Jetzt werden Sie vielleicht sagen: „Ja,
China ... was kann man von einem Land, das die Menschenrechte
nicht achtet, schon anderes erwarten?“ Tja, dann sollten wir einmal
die Folter bewußt registrieren, die stattfindet, wenn wir den Geist
unserer Kinder durch falsche Pauk-Methoden so „verkleistern“, daß
Schüler ab 12, 13 Jahren schon nicht mehr aus ihrer Pauk-Lethargie
herauszuholen sind. Es gibt inzwischen zahlreiche Nachhilfe-Coachs,
die immer wieder erzählen, wie schwer es ist, die Kids aus dem PaukZustand zu befreien, der immer mehr an den Zustand von
Behinderten erinnert. Nicht weil diese Kids behindert geboren worden
wären, sondern weil man ihr Gehirn zunehmend lähmt.
Deshalb wird intuitiv richtiges Verhalten der Schüler – wenn es denn
irgendwo einmal durchbricht (z.B. beim Dekodieren) – von den
meisten (Regel-)Schulen verboten. Und fragen wir uns, warum es
nötig scheint, erfolgreiches Verhalten zu verbieten, dann findet sich
keine Antwort. Interessant ist auch die Art und Weise, in der
abgewehrt wird! Sie sollten einige der Stories hören, die (ehemalige)
SchülerInnen in Seminaren erzählen (nachdem sie Ihre
HEMMUNGEN endlich überwunden haben). Hier nur einige Beispiele.
Schüler werden:
ANGESCHRIEN
AUSGELACHT
BESTRAFT (mit Verachtung/einer schlechten Note)
als DUMM hingestellt
GESCHIMPFT
GESCHLAGEN (z.B. mit einem Lineal auf die Finger)
für STUR erklärt ...etc.
Das hören Lehrkräfte natürlich nicht gern. Aber wenn wir versuchen,
mit jenen, die diese hilfreiche Technik ablehnen, zu DISKUTIEREN,
dann stellen wir schnell fest, daß ein vernünftiges Gespräch kaum
möglich ist. Hauptargument: „Es ist schlechtes Deutsch.“ Natürlich!
Das Ziel ist aber, Englisch zu lernen, nicht, gutes Deutsch zu
produzieren. Das können wir im Deutsch-Unterricht wie in allen
anderen Fächern. Im Fremdsprachen-Unterricht jedoch wollen wir
unsere ausgezeichneten Kenntnisse der Muttersprache dazu nutzen,
den Geheim-CODE der Zielsprache zu KNACKEN.
Es wird oft auch behauptet, Dekodieren sei UNNATÜRLICH. Doch
genau das Gegenteil ist der Fall: Das von der Schule geforderte
Verhalten ist in höchstem Maße unnatürlich! Man sollte vielleicht
einmal darüber nachdenken, ob es an der Methode liegen könnte,
wenn die meisten LernerInnen Probleme haben beziehungsweise
nach jahrelangem Lernen (trotz guter Noten) die Sprache immer noch
nicht wirklich gemeistert haben.
Oder man sagt, das Dekodieren sei „dumm“, weil es im Deutschen
(beziehungsweise der jeweiligen Muttersprache) keinen Sinn ergibt.
Probieren Sie es selbst aus: Wie beurteilen Sie die folgenden
Redewendungen bezüglich des Sinns, den sie ergeben (auf einer
Skala von 1 bis 10)?
1.
2.
3.
4.
Was läuft?
Was gibt’s, was gibt’s nicht?
Was ist auf?
Was ist los?
Glauben Sie wirklich, Sie hätten gute Argumente für die Behauptung,
Aussage Nr. 4 sei irgendwie besser, logischer oder ausdrucksstärker
als die anderen? Falls Sie „Ja“ sagen, könnte ich Sie fragen, ob das
nicht eine Art von Sprach-Chauvinismus ist, denn wir neigen dazu, die
Ausdrucksweisen unserer eigenen Sprache für BESSER zu halten.
Das ist einer der vielen Aspekte eines Effektes, für dessen Nachweis
ein Nobelpreis verliehen wurde10: Das Eigene erscheint uns
WERTVOLLER als Fremdes. Das gilt sowohl für Dinge, die uns schon
länger gehören, als auch für Dinge, die wir kürzlich gekauft haben
beziehungsweise die man uns geschenkt hat. In dem Moment, da sie
uns gehören, verlangen wir bei einem eventuellen Verkauf wesentlich
mehr Geld, als potentielle Käufer zu geben bereit sind –
hochinteressant. Dieses Meins-ist-besser ist ein angeborener
Mechanismus und kann durch Bewußtwerden überwunden werden –
wobei Vokabelpauken nichts dazu beiträgt, ein Gefühl für die
fremde Sprache zu entwickeln. Und es ist genau dieses fehlende
Sprachgefühl, das die fremde Sprache fremd bleiben läßt. So beißt
sich die Katze dann in den Schwanz (wie man diesen Teufelskreis
idiomatisch beschreibt).
Jede Sprache kennt bestimmte Redewendungen, die, wie man uns
immer wieder gesagt hat, wortwörtlich übersetzt keinen Sinn ergeben.
Man muß sie angeblich mit der sogenannten „guten Übersetzung“
büffeln, und man soll sich bitte keinesfalls darum kümmern, was die
Wörter wirklich bedeuten.11 Ein Beispiel: „Wie geht es Ihnen?“
ENGLISCH: „How do you do?“
FRANZÖSISCH: „Comment allez-vous?“
NIEDERLÄNDISCH: „Hoe gaat het?“
JAPANISCH: „O GENKI DESu KA?“
CHINESISCH: „NI HAO MA?“
ARABISCH: „KIIF HALIK?“
So werden wir ständig belogen! Denn, die sogenannte gute
Übersetzung gibt nicht wirklich wieder, was ausgedrückt werden soll:
ENGLISCH: „Wie tust du tun?“
FRANZÖSISCH: „Wie geht-Ihr?“11
NIEDERLÄNDISCH: „Wie geht es?“
Ehrenwerte Gesundheit (impliziert: vorhanden)
Fragepartikel „ka“)?“
CHINESISCH: „Du gut (+ Fragepartikel „ma“)?
ARABISCH: „Wie-dein Zustand?“
sein
(+
So sind sich z.B. die Autoren von 5 Chinesisch-Kursen einig, daß es
mehrsilbige Wörter im Chinesischen (Mandarin) gäbe, was man früher
anders sah. Damals ging man davon aus, daß das Chinesische
weitgehend aus einsilbigen Ideen besteht, die in verschiedensten
Kombinationen auftauchen können. Wenn ich davon ausgehe, daß
sehr viele Einsilber (wie Lego-Steine) verbunden werden und daß ab
und zu wenige „sinnlose“ Partikeln dazwischengeschoben oder
angehängt werden, dann können sehr viele „Wörter“ Sinn ergeben,
die ansonsten stur zu pauken wären. So wird uns z.B. ein angeblich
dreisilbiges Wort als „Wade“ verkauft, das in Wirklichkeit aus drei
Einsilbern besteht:
1. BEIN
2. BAUCH
3. Verkleinerungsform (Schriftzeichen: KIND), also BEIN-BAUCHKIND oder BEIN-BÄUCH-LEIN.
Ist das nicht viel faszinierender als ein dreisilbiges Etwas mit WADE
zu verbinden? Und überlegen Sie, was passiert, wenn wir den Silben
beziehungsweise Schriftzeichen für BEIN, BAUCH und KIND später in
anderen Zusammenhängen begegnen... Warum sollen wir uns
einreden lassen, das sei „reiner Zufall“ (so reagierte die Autorin eines
solchen Kurses, als ich sie am Telefon fragte, warum sie behaupte,
das moderne Chinesisch bestehe aus einsilbigen Wörtern).
Oder überlegen Sie, warum es im Chinesischen zwei Wörter für
TEMPERATUR gibt: Das eine besteht aus den Silben (Schriftzeichen)
für HIMMEL und LUFT (in Bezug auf das Wetter), im Gegensatz zu
KÄLTE und HITZE (außerhalb von Wetterfragen).12
Und selbst wenn das Konzept der 1:1-Übertragung bei derartig
fremden Sprachen nicht immer aufgeht, so sollte man es als Einstieg
überall dort verwenden, wo es funktioniert. Merke: Je mehr Sie von
einer Sprache wissen, desto leichter kommen Sie mit
Ungereimtheiten, Unregelmäßigkeiten etc. klar. Warum also versteifen
sich viele Deutschkurse darauf, die unregelmäßigen Verben gleich in
den ersten Kapiteln einzuführen? Es macht das Lernen genauso
schwer wie ein dreisilbiges Etwas namens „Wade“ oder zwei
verschiedene Worte für TEMPERATUR in einer Vokabelliste ohne
Erläuterung.
Diese und andere Falschaussagen machen es fast unmöglich, sich an
der Schönheit und Originalität einer anderen Sprache zu erfreuen
und/oder Spaß beim Ent-DECKen der jeweiligen Strukturen zu
empfinden. So hat man dafür gesorgt, daß wir nie begriffen haben,
wie spannend eben diese Dekodierung sein kann. Bedenken Sie:
1. Sie werden nie mehr „Was ist los?“ mit „What is lose?“
übersetzen, wenn Sie begriffen haben, daß es im Englischen
eben „Was-ist AUF?“ heißt.
2. Sie werden nie mehr darüber nachdenken, wie Sprecher einer
anderen Sprachen diesen Gedanken ausdrücken, wenn Sie
durch Dekodieren ent-DECKt haben:
Arabisch: „Was läuft?“
Türkisch: „Was gibt‘s, was gibt‘s-nicht?“
Englisch: „Was-ist auf?“
Deutsch: „Was ist los?“
Merke: Je mehr die Dekodierung von der „guten Übersetzung“
abweicht, desto offensichtlicher wird der Unterschied zu der Sprache,
in die wir dekodieren, und desto größer werden die Aha-Effekte.
Was lernen Kinder, die gerade ihre Muttersprache
erlernen, eigentlich genau?
Kinder lernen die Muttersprache, weil sie fähig sind, die „Spielregeln“
(Grammatik, Gefühl für die Reihenfolge der Wörter im Satz etc.)
UNBEWUßT zu abstrahieren. Sie lernen also die Sprache, die sie
umgibt. Sind sie von „gutem“ Deutsch, Hocharabisch, „feinem“
Türkisch etc. umgeben, dann lernen sie das. Dabei ist mit „umgeben“
nicht unbedingt nur die eigene Familie und die Nachbarschaft
gemeint. Wie Steven PINKER (in „Der Sprachinstinkt“) gezeigt hat,
erlernen Migrantenkinder in den USA meist auch dann ein gutes
Amerikanisch, wenn ihre Eltern nur ein paar Brocken Englisch
sprechen.
Deshalb
sollten
auch
bei
uns
Kinder
aus
bildungsfeindlichen oder Migrations-Milieus rechtzeitig mit anderen
Kindern (die ein gutes Deutsch sprechen) umgeben sein –
unabhängig vom Elternhaus. Spricht man dort EBENFALLS gutes
Deutsch, umso besser. Andernfalls haben sie dennoch eine faire
Chance in dem Land, in das ihre Eltern sie brachten.
Umgibt sie aber eine Sprache auf dem „Alltags-Niveau“ („Der Mann,
der wo da an der Ecke stehen tut...!“, „Dem Vater sein Hut ...“ etc.),
dann lernen sie die! Das Wichtigste aber ist: Die Art, wie Schulen
krampfhaft versuchen, Sprache/n zu vermitteln, funktioniert nur bei
Kindern aus bildungsnahen Familien, die zu Hause Deutsch (oder
eine andere Sprache) auf hohem Niveau hören und deshalb trotz
Schule weiterkommen. Kinder aus sprachlichen „Räuberhöhlen“
hingegen werden mittels der Übungen in der Schule weder die
Grammatik erlernen noch ein Sprachgefühl entwickeln, denn dazu
muß man von der Sprache UMGEBEN sein. Ich nenne dies den
Neuro-Mechanismus der ABSTRAKTION (s. MERKBLATT Nr. 11,
Seite 203). Er ist übrigens auch der Grund dafür, weshalb Lerncamps,
in denen die Kinder/Jugendlichen Theater spielen, so gut
funktionieren. Dort lernen sie in 6 Wochen mehr als in 2 bis 3 Jahren
Sprachunterricht (wie in Deutschland das Max-Planck-Institut
erforschte13).
Und er erklärt, warum LIEDER sich so hervorragend zum
Sprachenlernen (Muttersprache oder Fremdsprache) eignen. Denn
hier werden uns die Strukturen angeboten, die bildungsnahe Kinder
zu Hause hören würden. Da heißt es dann eben nicht „Dem Vater sein
Hut...“, sondern „Der Hut des Vaters ...“. So lernen Kinder (genau wie
Erwachsene) durch häufiges Singen von Liedern fast nebenbei gutes
Deutsch.
Und
via
Dekodierung
und
Pseudo-Deutsch
(beziehungsweise Pseudo-Muttersprache, in die wir dekodieren)
gewöhnt sich unser Hirn an die Strukturen der Zielsprache – und
wieder schafft es der Neuro-Mechanismus der ABSTRAKTION weit
besser, das WESEN-tliche in uns zu entwickeln, als irgendwelche
grammatikalischen Übungen!
JETZT GEHT‘s LOS – WIR DEKODIEREN!
Einige Beispiele sollen Ihnen den Vorgang vor Augen führen
beziehungsweise Sie wieder daran erinnern, wenn es schon eine
Weile her ist, seit Sie das letzte Mal dekodiert haben. Ich lade Sie ein,
die folgenden kurzen Sätze – soweit Sie es können – ins Deutsche
(oder Ihre Muttersprache) zu dekodieren, ehe Sie die Auflösung
ansehen...
Minna Thomas ANTRIM (1861–1950):
Experience is a good teacher,
but she sends in terrific bills.
Wer Englisch kann, sollte einmal einen Selbstversuch im Dekodieren
wagen, ehe Sie mein Angebot lesen.
Wenn Sie diese Dekodierung betrachten und sich fragen, was Sie in
ihr ent-DECK-en können (Welchen Deckel kann man heben?), dann
könnten Sie einige wichtige Einsichten gewinnen. Nehmen Sie sich
also ruhig ein wenig Zeit, ehe Sie meine Assoziationen lesen...
Sie könnten beispielsweise folgendes entdecken:
1. Es gibt im Englischen keine Endungen mehr („ein gut Lehrkraft“).
2. Der Autor ANTRIM spricht von einer Lehrerin. Es wird nämlich
gern behauptet, eine Sprache ohne weibliche Endungen müsse a
priori macho-mäßig wirken; das Gegenteil ist der Fall...
3. Eine gute Lehrkraft wird uns wertvolle Lektionen anbieten, man
darf gespannt sein, was in der 2. Zeile folgt...
4. „einsenden“ („to send in“) wird laut Wörterbuch mit
„hereinschikken“, „einsenden“, „einschicken“ übersetzt – eine
Wendung, die wir normalerweise nicht im Zusammenhang mit
Rechnungen benutzen. Wann würden wir von „einsenden“
sprechen? Vielleicht bei einem WETTBEWERB? Spannend! Also
erinnert uns die Redewendung daran, daß der Absender seine
Rechnung „einschickt“, in der Hoffnung, daß sie Beachtung findet
(ähnlich wie ein Autor, der seine Kurzgeschichte einschickt in der
Hoffnung, einen Preis zu gewinnen). Ein sehr interessanter
Aspekt, oder? Selbst wenn Sie ob dieses Unsinns die Stirn
runzeln, werden Sie die Formulierung sicher nicht mehr
vergessen.
Nun gilt: Viele der Wendungen im dekodierten Text sind jenen der
Ausgangssprache ziemlich ähnlich, also registrieren wir die
ÄHNLICHKEIT. Diese Wendungen würden im sogenannten guten
Deutsch nicht viel anders lauten, während Wendungen wie
„einsenden“ bei uns vollkommen andere Assoziationen auslösen. Und
das ist spannend, weil es uns einen Aspekt aufzeigt, den wir so vorher
nie wahrgenommen haben. Wir gewinnen faszinierende Einblicke in
die eigene Sprache. Manchmal sind es sogar „große“ Aha-Momente,
die durch das Dekodieren ausgelöst werden können, z.B.: What has a
mouth but no teeth?
Was würde stures Vokabelpauken Ihnen bei diese Zeile „bringen“?
Antwort: wenig. (Wir haben diesen Test gemacht; die Pauker fanden
nichts besonderes an dem Satz, während die Dekodierer einen
wesentlichen Einblick in die englische Sprache gewannen.) Wer
nämlich paukt (mouth = Mund, Mündung) vergißt das Gepaukte bald
wieder. Wer aber dekodiert („Was hat ein Mund, aber kein Zähne?“)
und eine Weile darüber nachdenkt, wird SELBST darauf kommen,
daß Mund auch Mündung heißen kann. Diese Erkenntnis er-WEIT-ert
unser Wissen und „landet“ mitten in unserem Wissensnetz. Die
gepaukte Info, daß „mouth“ eben auch „Mündung“ heißen kann, war
keine eigene Einsicht und ist deshalb deutlich „schwächer“. Nun hängt
die Fähigkeit, sich etwas zu merken, davon ab, wie STARK die
jeweiligen Neuronen „feuern“ (diese „Stärke“ kann man messen, sie
ist also MASSGEBLICH für die Merkfähigkeit). Pauken produziert
SCHWACHE
Signale,
weshalb
man
so
viele
„dumme“
Wiederholungen durchlaufen muss, die langweilen, was wiederum
frustriert...
Weitere Einsichten, zu denen diese Dekodierung uns führen kann,
sind u.a. folgende:
1. „Ein“ wird im Englischen nicht gebeugt (also nicht „eine“ Mund).
2. Anders als im Deutschen kann man beim Englischen „no“ (= kein)
noch nicht abschätzen, ob Einzahl oder Mehrzahl folgen wird...
3. Ist Ihnen eigentlich klar, daß das deutsche Wort MUND die
MÜNDung vom Wort her ebenfalls schon fast anbietet?
Je größer die Aha-Effekte, desto wohler fühlen wir uns. Das bedarf
keiner neurophysiologischen Erklärung. Wer aber trotzdem eine
möchte, lese den kleinen EXKURS...
EXKURS: Die Neurologie von „wohlfühlen“...
Einsichten lösen im Hirn die Ausschüttung von DOPAMIN aus.
Dopamin ist ein vom Gehirn selbst produzierter Stoff
(Neurotransmitter), der im Volksmund als „Glückshormon“ bezeichnet
wird. Das heißt, wenn wir den DECKEL heben und etwas (heraus)FINDEN, von dem wir vorher nichts wussten (Fachausdruck:
exploratives Lernen), geht es uns gut.
Ob der Forscher 44 Jahre alt ist oder erst 4 Monate und ob er
herauszufinden versucht, wie Dopamin im Kopf entsteht oder
dringend das Kabel anfassen will, von dem ihn seine Mutter
verzweifelt fernzuhalten versucht – in beiden Fällen wird die
Konsequenz, mit der das Ziel verfolgt wird, von Dopamin
„finanziert“. Wenn also Kinder im Alter von 10 Jahren kaum noch in
der Lage sind, eigene Ziele zu verfolgen, dann wissen wir, daß sie
viel zu oft zurückgepfiffen wurden, z.B. durch das Verbot, zu
dekodieren. Doch wenn Sie einmal gesehen haben, wie die Augen
von Menschen leuchten, die beim Dekodieren Einsichten gewinnen,
Zusammenhänge entdecken, Unterschiede regi strieren und immer
klarer begreifen, was die „andere Sprache“ hier „macht“, dann
werden Sie nie mehr das Herz haben, zu fordern, diese Leute
sollten besser Vokabeln pauken und sich wieder langweilen!
In meinem Seminar NEUROLOGIE DES ERFOLGES zeige ich u.a.,
daß DOPAMIN der „Motivator“ ist, der uns vom Plan zum Ziel bringt,
indem er uns Lust darauf macht, die Sache weiterzuführen, bis wir
ankommen. Dopamin steckt hinter der Hartnäckigkeit, mit der
Forscher Entdeckungen verfolgen, aber auch hinter dem Fleiß, mit
dem jemand eine schwierige Aufgabe löst. Es „finanziert“ Leistungen
aller Art, ob handwerklich, intellektuell oder eine Dienst-LEISTUNG.
Im Gegensatz dazu steht ein Mensch, der „keinen Bock“ hat, etwas
durchzuführen – ihm fehlt eben jenes DOPAMIN. Als Ergebnis fühlt
man sich gelangweilt, frustriert u.ä. Im Klartext: So jemand ist nicht
motiviert, weiterzumachen!
WER HAT’s ERFUNDEN?
Manche meiner Kritiker kolportieren, was ein Autor über mich schrieb,
nämlich, ich hätte behauptet, das Dekodieren sei meine Erfindung.
Das habe ich nie behauptet, denn diese Methode gibt es bereits seit
einigen Jahrhunderten! Aber ich habe ent-DECK-t, wie enorm hilfreich
sie ist:
Ich habe beobachtet, daß Schüler (inklusive ich selbst) dazu
neigen, das entsprechende „Lösungswort“ unter neue Begriffe zu
schreiben.
Ich habe beobachtet, daß man es uns ausdrücklich und
vehement verbot, und daß LehrerInnen sehr verärgert reagierten,
wenn wir das Verbot nicht beachteten.
Als ich begann, Erwachsene in Deutsch zu unterweisen,
versuchte ich (damals 13 Jahre alt), es meinem ersten Schüler
(einem 30jährigen Ingenieur) ebenfalls zu untersagen. Aber ein
erwachsener Mann (noch dazu ein Grieche) ließ sich in der
damaligen Zeit zwar von einer 13jährigen inhaltlich unterweisen,
nicht aber vorschreiben, wie er zu lernen habe. Also kritzelte er
weiterhin griechische Wörter unter alle Begriffe, die er noch nicht
verstanden hatte (damals ca. 85%). Ich merkte, wie schnell er
Fortschritte machte, verband dies aber erst später (nach
mehreren ähnlichen Erfahrungen) mit dem „Dar unterschreiben“.
Als ich den Verdacht hatte, daß seine Technik besser sei als
mein Angebot, testete ich das „Kritzeln“ mit einer für mich neuen
Sprache (Italienisch), um zu sehen, was passieren würde. Dabei
half mir die Satz-für-Satz-Übersetzung, die es damals bereits bei
ASSIMIL-Kursen gab. Bei einigen fehlenden Wörtern konnte ich
das Wörterbuch befragen, andere mußte ich zunächst auslassen
– um sehr schnell festzustellen, daß man fehlende Wörter meist
kurze Zeit später selbst ergänzen kann. Schließlich leben auch
Kinder damit, daß sie so manches der sie umgebenden
Muttersprache noch nicht verstehen...
Wie gesagt, ich habe die Kunst des Dekodierens nicht erfunden, aber
ich habe sie systematisiert und möchte Ihnen einige meiner
Einsichten der letzten Jahre anbieten.14
Diese werde ich vorwiegend anhand des Englischen demonstrieren,
weil die meisten inzwischen (ein wenig) Englisch beherrschen, so daß
es leichter ist, die Vorteile des Dekodierens aufzuzeigen. Manche
Aspekte werde ich aber auch an anderen Sprachen „aufhängen“,
insbesondere an Sprachen, die nicht zur indoeuropäischen
Sprachfamilie gehören und demzufolge beim Dekodieren immense
Unterschiede zutage fördern. Besonders wichtig an der BirkenbihlVariante des Dekodierens sind folgende Aspekte (Stand Frühjahr
2010; einige meiner alten Sprachkurse sind noch nicht auf dem letzten
Stand, aber wir arbeiten daran):
1. Wir schreiben die Lösungen immer DIREKT unter das zu
lösende Wort:
2. Wir übersetzen Artikel gemäß der Zielsprache, also „der
Sonne“ (Arabisch) vs. „die Sonne“ (Deutsch) oder „der
Gazellerich“ (Arabisch) vs. „die Gazelle“ (Deutsch) etc.
3. Bei Sprachen, deren Artikel immer gleich bleibt (z.B.
Englisch „THE“), übernehmen wir diesen in die Dekodierung,
z.B.: „Ich ging zu THE Kühlschrank“, statt die diversen Formen
(der, die, das, dem, deren, dessen etc.) einzutragen –
insbesondere da „der“ sowohl der weibliche Genitiv als auch der
männliche Nominativ sein kann (also unsere Zuweisung die
Sache nicht wirklich verständlicher macht).
4. Das deutsche Wort „sie“ kann zu vieles bedeuten, weshalb
ich meist die englische Entsprechung einsetze. Da das laute
Vorlesen der Dekodierung eine der AKTIVITÄTEN ist (vgl. ABCKapitel, Seite 82ff.), sollte auch das „sie“ eindeutig sein. Die
englischen Wörter (SHE, THEY oder YOU) sind es. Im Klartext:
Wir nutzen alle Kenntnisse, die wir besitzen. Und wer mit dem
Englischen vertraut ist, kann sich so helfen, ständige
Verwechslungen zu vermeiden.
5. Wir unterscheiden zwei Dekodierungs-Typen: Zum einen die
MILDE Dekodierung (die man besonders gut vorlesen kann), die
sich so weit wie möglich an der Zielsprache orientiert. Beispiel:
Die zweite Form ist deutlich „brutaler“ und eignet sich nicht immer
gut zum Vorgelesen, zeigt aber in großer Klarheit, was in der
anderen Sprache „passiert“. Es kann daher sinnvoll sein – sofern
Sie sich für die milde Variante entscheiden –, sie in einer anderen
Farbe zusätzlich einzutragen:
Es gibt im Englischen schon lange keine Endungen mehr und die
deutsche Sprache macht gerade denselben Prozess durch. War es in
meiner Kindheit noch völlig normal, den Akkusativ mit Endung zu
sprechen („Ich sehe den Journalisten...“, „Er schoss einen
Hirschen...“), hören Sie heute (sogar von Nachrichtensprechern,
deren Sprache immer Vorbild-Charakter haben sollte): „Jemand sah
den Journalist...“ Oder: „Er schoss einen Hirsch...“ Derzeit ist also
nicht nur der DATIV dem GENITIV sein Tod (nach Bastian SICK),
sondern auch der Akkusativ liegt im Sterben. Die „brutale“
Dekodierung macht solche Unterschiede extrem deutlich!
Sie müssen im Einzelfall aber immer selbst entscheiden, wie „weich“
oder „hart“ Sie dekodieren wollen. Was auf einen weiteren Aspekt
aufmerksam macht: Es gibt keine 100% korrekte Art, zu
dekodieren. Vielleicht ist auch das ein Grund, warum Lehrkräfte sich
dagegen wehren. Denn bei Vokabel- und Grammatik-Tests kann man
richtig und falsch schön vonein ander unterscheiden – schön einfach
jedenfalls! Aber Sprache ist viel zu komplex, als daß man im
Unterricht – nicht zuletzt mit Hilfe einfacher Richtig/Falsch-Übungen –
den gegenteiligen Eindruck erwecken sollte. Alfie KOHN sagte einmal:
„Grammatik ist die Mathematik beim Sprachunterricht...“ (In: „The
Schools Our Children Deserve“.)
Beispiele und Zusatz-Infos
Manche Infos wirken erst, wenn man Zusatz-Infos besitzt, z.B.
Lebenserfahrung, Kenntnisse in Literatur, Filmen, Serien etc. Das
folgende Beispiel setzt Kenntnisse der berühmten Star-Trek-Serie
voraus, z.B. die Tatsache, daß Leute im Star-Trek-Universum
augenblicklich an andere Orte „ge-BEAM-t“ werden können (sehr
häufig von einem Techniker namens SCOTTY). Das folgende Beispiel
habe ich bei twitter gefunden (@Randy_Gage):
1.
Hier fällt sofort zweierlei auf: Erstens daß unser „herunter“ im
Englischen mit „unten“ dekodiert werden kann. Zweitens heißt es
nicht: „Jetzt BEAMe meine Kleidung herunter (= unten).“ Das UNTEN
steht also an einer anderen Stelle. Solche Unterschiede machen uns
hellwach im Gegensatz zum Vokabel-Pauken. Und wir brauchen
nichts weiter zu tun, als sie zu registrieren. Den Rest erledigt unser
Unbewußtes, wie einst bei der Muttersprache (vgl. „Der
Neuromechanismus der Abstraktion“, Seite 37). Auch das zweite
Beispiel habe ich bei twitter gefunden (@funnyOneliners):
2.
Das folgende Zitat stammt von der amerikanischen Politikerin
Jeanette RANKIN, der ersten Frau im Kongress der Vereinigenten
Staaten:
3.
Das nächste Zitat geht zurück auf Ann LANDERS (Pseudonym einer
ganzen Reihe von Personen, die in der Kolumne „Ask Ann Landers“
58 Jahre lang Fragen der Zeitungsleser beantworteten):
4.
Weitere Zitate:
5.
(Unbekannt)
6.
(Winston CHURCHILL)
7.
(Joseph JOUBERT)
8.
(Unbekannt)
9.
(Oscar LEVANT)
10.
(Hubert H. HUMPHREY Jr.)
Stichwort: HOMONYM (Gleichklang)
(Unbekannt)
Dieser Spruch „lebt“ von zwei Aspekten:
1. Der Tatsache, daß die Begriffe WHOLE (ganz) und HOLE (Loch)
HOMONYME sind (gleich klingen, (vgl. Kalauer = engl. „pun“)
2. Von der Redewendung „to be fed up with the whole business“ =
(Es) hängt einem alles zum Hals heraus. (Auch nicht gerade
logisch, unser deutsches Idiom, nicht wahr?)
Noch
ein
HOMONYM
(@funnyOneliners):
–
wieder
bei
twitter
gefunden
Dieser Satz verdankt seine Spannung und Pointe der Idee, daß
Kinder oft von ihren Eltern erwarten, ALL-KNOWING (allwissend) zu
sein, beziehungsweise daß Eltern oft hoffen, ihre Kinder sehen sie so.
Da sie aber oft „NO“ (NEIN) sagen, ist dieser nette PUN wieder ein
HOMONYM.
Zur Abwechslung können Sie aber auch einmal ins Englische
dekodieren:
Wenn Sie ein Wörterbuch oder eine Internet-Hilfe konsultieren, stellen
Sie vermutlich zu Ihrem ERSTAUNEN fest, daß es im Englischen kein
Wort für „fressen“ gibt. Solcherart sind die Ent-DECK-ungen, wenn wir
einen DECKEL heben und in „Töpfe“ schauen, die beim klassischen
Sprachenunterricht in den ersten 3 bis 4 Jahren verschlossen bleiben
(und danach sind die meisten so abgestumpft, daß sie es nicht mehr
mitbekommen, selbst wenn sie versuchen, einige der Deckel zu
heben). Außerdem muß ein Deckel SELBST gehoben werden, das
wirkt ganz anders!
Hier ein letztes Beispiel aus dem Arabischen und dem Chinesischen.
Beispiel: Chinesisch15
Je fremdartiger eine Zielsprache (das heißt je mehr sie von unserer
Vertrauten abweicht), desto unverständlicher kann eine Dekodierung
im ersten Ansatz sein.
So fehlen z.B. im Chinesischen fast sämtliche Hinweise darauf, wie
etwas gemeint ist, der Chinese muß also viel RATEN. Deshalb
ergeben mehrere Übersetzungen desselben chinesischen Satzes oft
völlig andere Aussagen. Sehen Sie selbst. In einem (veralteten)
Chinesisch-Kurs finden wir folgende Situation: Es klopft an der Tür,
jemand geht hin und will wissen, wer geklopft hat:
Wörtlich genommen steht von alledem fast nichts da. In meinem Buch
„Kommunikationstraining“ erläutere ich ein Spiel, bei dem man
versucht, jeden Gedanken mit einem Wort auszudrücken (1 Wort für
je einen Satzteil oder Satz). So ähnlich kommt uns der chinesische
Text vor. Aber nur, weil wir es gewohnt sind, alle möglichen Details
hinzuzufügen (angefangen von Zahl und Geschlecht derer, über die
wir reden, bis hin zum exakten Zeitpunkt, wann jemand etwas wie
durchgeführt hat etc.). Will ein Chinese eine indoeuropäische Sprache
lernen, so kann er absolut nicht begreifen, wofür all diese
Wortgruppen stehen, da er nichts Vergleichbares kennt. Solche Dinge
zeigen Dekodierungen, während Vokabelpauken und Grammatik eben
genau diese WESEN-tlichen Züge der neuen Sprache verheimlichen.
Deshalb sind Chinesen (und Koreaner) die Weltbesten, was NOTEN
für Fremdsprachen-Prüfungen angeht, und tun sich gleichzeitig am
schwersten, wenn sie in die jeweiligen Länder reisen und die Sprache
tatsächlich MEISTERN müssen. In einem Experiment in New York hat
eine Lehrkraft meine Methode eingesetzt, um chinesische Senioren,
die seit Jahrzehnten in Amerika gelebt haben, ohne auch nur ein Wort
Englisch zu lernen, „umzupolen“. So viel ich weiß hatten alle oder die
meisten frühere Versuche aufgegeben, weil sie meinten, eine
dermaßen fremdartige Sprache niemals erlernen zu können. Durch
das Dekodieren ging es ganz leicht!17
DEKODIEREN IN GRUPPEN
Sowohl für Erwachsene als auch für Kinder (statt Nachhilfe, s. Seite
122ff.) ist es sinnvoll, in kleinen Gruppen zu dekodieren. Denn jede/r
hat andere Lücken. Dabei hat sich folgendes Vorgehen als optimal
erwiesen:
1. Alle dekodieren für sich, was sie ohne nachzuschlagen schaffen
(dieser Schritt kann auch allein zu Hause stattfinden).
2. Man vergleicht und „beschenkt“ sich gegenseitig mit den Wörtern,
welche die Lücken füllen. Am Ende hat man meist 80 bis 90% der
„Vokabeln“ gefunden.
Erinnernung: Man kann sowohl schriftlich als auch mündlich
dekodieren, beide Varianten sind gleich hilfreich. Richten Sie sich
nach Ihren Vorlieben: Wer lieber schreibt, soll schreiben. Wer nicht so
gern schreibt, kommt mit dem mündlichen Dekodieren besser klar!18
Der Neuro-Mechanismus des Vergleichens (ähnlich dem Thema
mit Variationen in der Musik!)19 gehört zu den wichtigsten
Mechanismen, die Lernen ermöglichen. Leider kommt er in der Schule
fast nie zum Tragen! Denn statt durch Vergleichen zu lehren,
vergleichen wir lieber die Leistungen der Kinder untereinander und
schaffen so ein oftmals sehr feindseliges Klima, das echtes Lernen
ebenfalls unmöglich macht.
Bei NACHHOLBEDARF – keinerlei „Nachlernen“
oder „Nachholen“ nötig
Das ist extrem wichtig: Wenn jemand Schwierigkeiten in Mathematik
hat und z.B. beim Bruchrechnen nicht das Nötige leisten kann, liegt
das in der Regel an Problemen mit den „einfachen“ vier
Grundrechenarten
(vgl.
meine
DVD
„Gehirn-gerechtes
Rechentraining“). Wer diese systematisch übt (das heißt die RechenSPIELE spielt), wird diese Lücken bald füllen. Alle weiteren RechenOperationen, die danach folgen, basieren auf den Grundrechenarten,
so daß man dann hier ebenfalls weiterkommt.
Aber auch bei Schwierigkeiten in einer Sprache wird behauptet, man
müsse aufholen, nachholen, nachlernen. Und so lassen Tausende
von Nachhilfe-Lehrkräften Millionen von Kindern monatelang
unglaublich viele Vokabeln pauken, jedoch ohne daß sich dadurch
deutliche Verbesserungen zeigen. Logisch. Denn wenn PAUKEN eine
dem Gehirn entgegenwirkende Strategie ist, dann bringt auch mehr
Pauken nicht viel. Mit der Birkenbihl-Methode hingegen ist
KEINERLEI NACHLERNEN, KEINERLEI AUFHOLEN, keinerlei
„LÜCKENFÜLLEN“ etc. notwendig. Hier reagieren Eltern wie
Lehrkräfte entsetzt: Wieso? Jede/r weiß doch, daß man... Aber
denken Sie mit:
Unsere DEKODIER-REGEL lautet: Wir dekodieren nur, was uns
nicht von Anfang an „einleuchtet“ (weil es uns noch nicht
bekannt/vertraut ist). Wenn wir bei Null beginnen, sind das 100%.
Nehmen wir an, ein Angehöriger einer asiatischen Sprachgruppe will
Deutsch lernen, dann müßte er am Anfang wohl jedes Wort
dekodieren (wie wir bei seiner Sprache auch). Nehmen wir nun aber
an, ein Angelsachse nähert sich unserer Sprache. Und nehmen wir
des weiteren an, er kennt bereits die Wörter „was“, „wir“, „ist“, „ein“
und „nicht“, dann dekodiert er lediglich die Lücken – wobei er OZEAN
(OCEAN?) vermutlich erraten wird:
Schon hat sich ihm die Aussage von Isaac NEWTON erschlossen!
Das ist typisch für den Prozess des Dekodierens: Selbst denken,
eigene Assoziationen „anzapfen“, auf eigenem Wissen aufbauen,
Aha-Erlebnisse erfahren, Einsichten gewinnen etc.
Nun sehen Sie, warum ein Schüler, der in einer oder mehreren
Fremdsprachen „hinterherhinkt“, bei der Birkenbihl-Methode nicht
„nachlernen“ muß. Im schlimmsten Fall muß er 100% dekodieren.
Aber das muß jede/r, der freiwillig mit einem Sprachkurs anfängt,
auch. Doch nach und nach schließen sich immer mehr Lücken, weil
die Wörter nicht gepaukt, sondern tatsächlich gelernt werden (vgl.
MERKBLATT Nr. 5: PAUKEN oder LERNEN, Seite 194f.).
Ich habe u.a. bei Arabisch, Chinesisch und Türkisch niemals auch nur
eine einzige Vokabel gepaukt und trotzdem Kenntnisse und
Kompetenzen in der jeweiligen Sprache erworben (vgl. meine DVD
und das jeweils gleichnamige Buch: „Von Null Ahnung zu etwas...“).
Und da wir im weiteren Verlauf immer mehr Wörter identifizieren
können (vor allem die häufig vorkommenden bald gut kennen), wird
das Voranschreiten immer LEICHTER. So sollte ein Lernprozeß ja
eigentlich auch sein. In der Schule oder bei langweiligen
Erwachsenen-Kursen hingegen wird es für die meisten von Jahr zu
Jahr schwieriger, weil die Methode nicht stimmt (vgl. MERKBLATT Nr.
2: PERKINS 1-2-3, Seite 188ff.; es geht um den dritten Aspekt).
DEKODIEREN: JEDEN TEXT IHRER WAHL!
Viele Menschen können es zunächst überhaupt nicht glauben, daß es
so leicht sein soll. Sie gehen davon aus, daß man mit extrem
einfachen Sätzen einsteigen muß und daß es ein Menschenhirn nicht
begreifen kann, wenn man auf dem Level der derzeitigen 8. Klasse
einsteigt, wiewohl die Grundlagen fehlen. Vielleicht erinnern Sie sich
ja noch an Ihre allerersten Englischtexte in der Schule. Dann
vergleichen Sie diese mit der momentanen Lektion im Schulbuch des
betroffenen Schülers mit Note 5 oder 6. Wie soll er das jemals
schaffen? Nun, wenn er dekodiert, aktiv und passiv hört – und das
BEVOR diese Lektion im Unterricht drankommt – wird er kaum
glauben können, wie einfach es wird.
Weil so viele Lehrkräfte hier extrem böse werden, noch ein Wort:
Jedes Kind aus einer bildungsnahen Familie kommt weit besser
gerüstet in die Klasse als ein benachteiligtes (bildungsferne Familie,
Migrant etc.). Durch Vorauslernen können diese Kinder die Kluft ein
wenig schließen, so daß die Ausgangs-Situation für sie und die
bildungsnahen Kinder ein wenig ähnlicher wird. Oder, wie die
Amerikaner so schön sagen: We must level the playing field! Es ist
überfällig, damit Deutschland nicht weiterhin Sieger in punkto
soziale (fehlende) Mobilität bleibt.
Leider wagen viele aufgrund ihres Unglaubens erst gar keinen
Versuch und „beweisen“ sich damit wieder einmal, daß es unmöglich
ist... Schade! Ich jedenfalls habe den Gegenbeweis angetreten, indem
ich bei mehreren Sprachen den absoluten Einstieg mit sehr
komplexen Texten probiert habe, z.B. bei Niederländisch und
Arabisch, um nur zwei zu nennen.
Beispiel 1: Niederländisch
Vorbereitung: Ich kaufte mir einige PERRY-MASON-Romane
(Autor: Erle Stanley GARDNER) auf Holländisch. Dann schaute
ich im Impressum (die klitzeklein gedruckte Seite ganz vorne oder
ganz hinten) nach, um den Original-Titel herauszufinden, und
besorgte mir auch die englische Ausgabe. Eine Person, die
helfen konnte, stand Gewehr bei Fuß. Da ich vorhatte, in Holland
auf Holländisch Seminare abzuhalten (mit Rollenspielen, bei
denen ich den Kunden mimen würde), mußte ich die Sprache
wirklich MEISTERN, nicht nur oberflächlich „kennen“. Demzufolge
wählte ich die beste Methode um dies zu bewerkstelligen: meine!
(Haha)
SCHRITT 1: Die ersten 30 Seiten des Buches wurden in starker
Vergrößerung fotokopiert (in einem Copy-Shop). Sie stellten mein
„Kursmaterial“ dar.
SCHRITT 2: Ich dekodierte unter Aufsicht. Bei manchen Wörtern
sah ich auf einen Blick, was sie bedeuten (een = ein, een man =
ein Mann), bei manchen irrte ich mich gewaltig (lichaam = auch
im Krimi kein Leichnam, sondern ein lebender Körper), und bei
vielen mußte ich aussetzen – ich hatte keine Ahnung, was diese
Wörter bedeuten könnten (moeilijk, misschien). So erarbeiteten
wir jeweils ein Textstück (vergleichbar mit einem Lektions-Text),
mit dem ich die weiteren Schritte durchlief, ehe es weiterging.
PARALLEL: Damit ich sowohl AKTIV als auch PASSIV hören
konnte, ließ ich den jeweiligen „Lektions-Text“ von „meiner“
Muttersprachlerin auf Band lesen (heute wäre das eine DigitalAufzeichnung), und zwar in zwei Versionen: a) sehr langsam
und überdeutlich (wie man einem Kind eine Geschichte
vorlesen würde) und b) normal, inklusive verschluderter
Silben, also so, wie man im Alltag (oder im Rollenspiel) sprechen
würde.
Auf diese Weise „arbeitete“ ich die ersten 30 Seiten durch. Übrigens:
Da ich ein Schreibtyp bin, schrieb ich die Texte samt Dekodierung ab.
Wer aber lieber mehr hört und aktiv mitliest, muß das nicht tun!
Und während all dies passierte, bereitete ich mein „2. Jahr“ vor: Ich
suchte mir einige psychologische Texte heraus, die aus dem
Englischen ins Holländische übersetzt worden waren, und kaufte
jeweils beide Versionen. Für mein „3. Jahr“ besorgte ich mir wiederum
einige psychologische Texte, die jedoch ursprünglich in Holländisch
geschrieben worden waren. Auch hier wurden Textstücke vergrößert
fotokopiert, dekodiert und aufgezeichnet, während ich den jeweiligen
Rest dieser Bücher las und nur jene Begriffe nachschlug, die mir neu
waren. Übrigens legte ich große ABC-Listen (s. MERKBLATT Nr. 13,
Seite 214) mit Fachvokabular an, die ich auf diese Weise fand. Merke:
Es ist etwas völlig anderes, ob ich Fachvokabular „sammle“ (wie ein
Sammler auf einem Flohmarkt) oder ob ich Listen, die andere
vorbereitet haben, pauke! Die eigenen Funde „hängen“ ja immer an
Sätzen, die man dekodiert und gut verstanden hat, die man sowohl
aktiv als auch passiv gehört und letztlich laut vorgelesen hat. Solche
Listen sind ein Schatz, fremde Listen bedeuten NICHTS. Und in
der Schule erstellt man eben keine eigenen ABC-Listen, weil man sich
ja kaum etwas aktiv erarbeiten darf. Alles wird in kleine Stücke
geschnitten und vorgekaut, ehe es einem „reingewürgt“ wird. Kein
Wunder, daß die Kinder das „zum Kotz...“ finden...
Beispiel 2: Arabisch
Diese Sprache bringt zusätzliche Arbeit mit sich, weil sie mit einer uns
völlig unbekannten Schrift geschrieben wird. Zwar enthält diese
Buchstaben, aber sie gleicht mehr der Stenografie als unseren
bekannten Buchstabenschriften, insbesondere wenn man begreift,
daß nur lange Vokale geschrieben werden, alle kurzen aber entfallen.
Also kann RJL sowohl RaJuL (Mann) heißen als auch RiJL (Fuß) –
das ergibt sich erst aus dem Zusammenhang. Dementsprechend
haben wir hier zwei zusätzliche Schwierigkeiten: Erstens die
unbekannten Schriftzeichen (die pro Buchstabe bis zu vier
verschiedene Formen haben können, je nachdem, ob sie am Wort
anfang, in der Mitte, am Ende oder in einer der zahllosen
Kombinationen mit anderen Buchstaben auftauchen). Zweitens die
Tatsache, daß ein Großteil der Buchstaben einfach FEHLT. Im
Deutschen könnten Sie sich das in etwa so vorstellen: Gstrn snd di
Damn drt gwsn, abr mn knnt inn ncht hlfn.
Deshalb begann ich mit Texten für Kinder beziehungsweise aus dem
Q’uran, denn diese haben sogenannte diakritische (Vokal-)Zeichen,
die dem Leser signalisieren, welcher kurze Vokal gesprochen werden
muß. Damit sähe der Satz von oben dann wieder so aus: „Gestern
sind die Damen dort gewesen, aber man konnte ihnen nicht helfen.“
Entsprechend sah der Ablauf folgendermaßen aus:
Schritt 1: Ich dekodierte die Schrift (s. nächster Punkt).
Schritt 2: Unter diese Buchstaben-Dekodierug schrieb ich eine
LAUTSCHRIFT, bei der die Wörter von links nach rechts gelesen
werden
können,
damit
ich
diese
Lautschrift
als
„fremdsprachlichen“ Text dekodieren konnte. Dies tat ich so
lange, bis ich die Schrift gemeistert hatte und ohne Lautschrift
auskam.
Schritt 3: Mit Hilfe eines Nachhilfelehrers (gegen Bezahlung)
dekodierte ich nun diese Lautschrift (hier natürlich alles, das heißt
100%, da ich ja absolut nichts wußte). Auch hier ließ ich mir die
Geschichte auf Band vorlesen und so konnte ich aktives und
passives HÖREN üben, bis ich – in Schritt 4 – selbst im Chor mit
der Kassette sprach (s. Seite 35f., 88ff.), Texte abschrieb, Lesen
übte (mit gleichzeitigem Hören beim Lesen) etc. (Weitere
Aktivitäten finden Sie im „LEHRER-ABC“, Seite 153ff.)
Ich habe nie eine einzige Vokabel gepaukt und mich eingangs auch
noch nicht mit Grammatik beschäftigt. Zwar bin ich ein GrammatikFan, aber ich lernte ja als Dienstleistung für meine Kunden und wollte
sehen, ob eine so komplexe Sprache auch ohne Grammatik – also mit
der Birkenbihl-Methode – lernbar war. Die Antwort ist eindeutig ja!
Danach beschäftigte ich mich mit einigen Q‘Uran-Texten
(vergleichbar mit der Luther-Bibel, was die Komplexität und die Anzahl
von „veralteten“ Redewendungen angeht, die man erst deuten muß)
und begann par allel mit einer klassischen Geschichte, die jede/r
gebildete AraberIn kennt (MaTHaLun fii-lJuudi).
Zuletzt ließ ich mir einen Zeichentrickfilm für Kinder, den mir jemand
von einem arabischen Sender mitgeschnitten hatte, transkribieren (=
wie ein Diktat aufschreiben).20 Diesen Text dekodierte ich, so weit ich
konnte (ca. 30%), und nahm beim Rest wieder Hilfe in Anspruch.
Bedenken Sie, daß ich einige Monate zuvor noch keinerlei ArabischKenntnisse besaß. 30% stellten somit ein Ergebnis dar, mit dem ich
sehr zufrieden war. Schließlich konnte ich mich dieser Sprache pro
Tag nur ca. eine Stunde und an freien Tagen auch mal 2 bis 3
Stunden (ich war ja sehr motiviert!) widmen, da „nebenbei“ meine
normalen Seminare etc. liefen. Das ist weniger, als man in der Schule
pro Woche mit Unterricht und Hausaufgaben „verbrät“ – und dabei
kommt oft deutlich weniger heraus.
Einige Wochen später konnte ich jedes Wort in diesem Film-Transkript
verstehen (womit ich die moderne Sprache in Dialogen erfaßt hatte).
Ab diesem Zeitpunkt erlaubte ich mir als Grammatik-Fan endlich
meine erste arabische Grammatik (BROKELMANN), und langsam
begann ich, gewisse Mechanismen zu durchschauen. Aber ich hatte
bewiesen, daß es auch „normale“ Menschen schaffen können, die
keinen Bock auf Grammatik haben...
Merke: Dekodieren ist eine geistige Tätigkeit, vergleichbar mit dem
Lösen von Kreuzworträtseln. Man muß einige probiert haben, bis es
anfängt, Spaß zu machen! Aber dann rätseln die Leute freiwillig. Beim
Dekodieren ist es genauso!
Bitte bedenken Sie auch: Es gibt Leute, die gern schreiben (mit der
Hand oder mit dem Computer). Ich gehöre dazu. Deshalb liebe ich es,
neue Texte mehrmals – z.B. an aufeinanderfolgenden Tagen (gern
auch mal mit Lücke dazwischen) – zu dekodieren. Andere Menschen
schreiben ungern, aber sie haben nichts dagegen, nachzudenken.
Also können sie mehrfach MÜNDLICH dekodieren. Sie können laut
oder innerlich sprechen. Wer weder schriftlich noch mündlich
mehrfach dekodieren mag, kann nach einem einzigen Durchgang
(beziehungsweise nach Ansehen eines dekodierten Textes) sofort
zum zweiten Schritt (Hören/AKTIV) übergehen. Nur muß er dann öfter
aktiv hören als Menschen, die vorher mehrmals dekodiert haben. Im
Endeffekt gleicht es sich aber in etwa aus.
Jeder kann also so lernen, wie es ihm/ihr am meisten Spaß macht!
Das ist einer der wesentlichen Unterschiede zum Schullernen. In der
Schule sollen alle Schüler gleich viele Vokabeln pauken und dann den
Text sofort verstehen, egal ob sie neuronal schnell oder langsam sind
(vgl. MERKBLATT Nr. 2: PERKINS 1-2-3, Seite 188ff.), ob sie gern
schreiben oder lieber denken, ob sie lieber weniger dekodieren und
dafür mehr hören – oder umgekehrt.
Probieren Sie einfach aus, was Ihnen am meisten liegt
beziehungsweise was Ihnen am meisten Spaß macht. Am leichtesten
geht das mit einem LIED.
LIEDER dekodieren (mündlich oder schriftlich)21
Es gibt genügend Lieder, die von ihrer Melodie her leicht zu singen
(oder mitzusingen) sind. Es reicht sogar, wenn Sie mitlesen und nur
ein wenig summen...
Liedtexte bieten sowohl „Vokabular“ (wir nennen es Wort-SCHATZ)
als auch die konkrete Sprachstruktur, so daß sie uns in ähnlicher
Weise weiterbringen wie ein Lektions- oder ein anderer Text. Wir
können sie uns „erarbeiten“, indem wir den Text dekodieren und
danach die Schritte 2, 3 sowie 4 der Methode damit durchlaufen.
SCHRITT 1: Dekodieren
SCHRITT 2: HÖREN/AKTIV
SCHRITT 3: HÖREN/PASSIV
SCHRITT 4: AKTIVITÄTEN
Neben allem, was wir mit dem Text sonst noch anstellen können (vgl.
das große AKTIVITÄTEN-ABC, Seite 82ff.), können wir mit LIEDERN
zwei zusätzliche Aktivitäten nutzen, die das Lernen besonders leicht
machen:
1. PSEUDO-DEUTSCH SINGEN
Wir können die dekodierte (pseudo-deutsche) Version (mit-)singen.
Dabei muß man am Anfag ein wenig „rechnen“, welche Silbe auf
welchen Ton kommt. Hat man nur noch einen einzigen Ton, aber drei
Silben, machen wir es wie beim Schlager und singen die Silbe so, als
wären es drei. Das Wörtchen „so“ klingt dann z.B. so: [so-ho-ho].
Umgekehrt können wir auch drei Silben auf einen Ton anpassen.
Deshalb ist es am besten, anfangs mit Liedern zu arbeiten, die eine
leichte, eingängige Melodie haben. Da diese aber oftmals rechtlich
problematisch sind (s. Seite 202), ist unser Fallbeispiel die
amerikanische Nationalhymne – trotz der Tatsache, daß sie schwer zu
singen ist (deshalb wird sie bei offiziellen Anlässen in den USA auch
nie vom Volk gesungen, sondern immer von einem bekannten Sänger
beziehungsweise einer Sängerin). Aber wir fanden eine junge
Englischlehrerin (Frau RENKEN), die meine Methode im Unterricht
anwendet und noch dazu hervorragend singen kann. Sie hat es für
uns in einem 2-Tages-Spezialseminar demonstriert.
PS: Lieder, die man veröffentlichen will, müssen unbedingt frei von
RECHTEN DRITTER sein. Das gilt sowohl für den Text als auch für
die Musik und/oder die spezifische Aufführung (Arrangement,
instrumentale Interpretation). Ich empfehle, dies immer akribisch zu
beachten. Wollen Sie eine Lied-Dekodierung in der Familie, im
Freundeskreis oder gemeinsam mit anderen Lernwilligen durchführen,
können Sie dazu jeden Pop- oder Rap-Song, jede Arie, jedes
interessante Lied nehmen – nur veröffentlichen dürfen Sie diese nicht,
weder auf Papier noch im Internet. Lassen Sie sich in diesem Punkt
keinesfalls von jenen „modernen Denkern“ verunsichern, die sich um
Rechte anderer nicht kümmern. Man wird Sie verantwortlich machen,
wenn die Rechteinhaber sich melden.
RECHTEFREI sind Lieder, bei denen die urheberrechtliche Schutzfrist
abgelaufen ist. Diese beträgt in Europa (in der Regel) 70 Jahre ab
dem Tod des Urhebers. Bei einer Vielzahl von FEIERTAGSLIEDERN
(Ostern, Weihnachten...), KINDERLIEDERN, VOLKSLIEDERN und
NATIONALHYMNEN ist dies übrigens der Fall...
2. ZIELSPRACHE SINGEN
Wird das Lied in der Originalsprache gesungen, passen die einzelnen
Silben nahezu perfekt zum Fluß der Melodie – kein Wunder, sie wurde
ja für den Text komponiert. Bei Übersetzungen „holpert“ es in der
Regel etwas, während es bei der Dekodierung am „holprigsten“, aber
meist auch am lustigsten klingt. Nicht nur Kinder können sich
wunderbar über die Wirkung amüsieren, die eine „falsche Silbenzahl“
im Vergleich zu den vorhandenen Noten manchmal auslöst (s. oben).
Darauf macht Prof. Jörn DOPFER in seiner wunderbaren Demo (Tag
1 unseres 2-Tages-Sprachlernseminars) aufmerksam. Er zeigt, was
passiert, wenn eine Sopranistin eine italienische Arie zunächst „vom
Blatt singt“ (ohne den Inhalt zu begreifen) und was eine Woche später
passiert, nachdem sie die dekodierte Version geübt hat, ehe sie
erneut in die Originalsprache wechselt: Die Sängerin, die nun auch
den Inhalt der Arie versteht, singt diese nicht mehr nur „vom Blatt“,
sondern beginnt, sie zu interpretieren.
Wie wichtig Lieder als Träger der Sprache, in der sie geschriebenen
wurden, sein können, belegt auch Donata ELSCHENBROICH. Am
Ende ihres Buches „Weltwissen der Siebenjährigen“ zeigt sie, daß
sich die schulischen Leistungen von UNGARISCHEN SchülerInnen
dramatisch verbessert haben, seit man dort begann, den Kindern in
den Kindergärten viele Lieder (mit 2 bis 4 Strophen) beizubringen.
Das ist gar nicht so überraschend, wenn Sie bedenken, was Lieder
alles bieten:
1. Wortschatz (Vokabular, das im Elternhaus vielleicht fehlt)
2. Korrekte
grammatikalische
Strukturen
(die
in
bildungsfeindlichen Elternhäusern vielleicht ebenfalls unbekannt
sind, vgl. Seite 56f.)
3. Inhaltlich werden viele Dinge beschrieben, die die Art, wie wir
die Welt sehen, be-REICH-ern können. Wenn Stadtkinder
Erntelieder singen und durch die vielen Wiederholungen eine
Vorstellung vom Landleben entwickeln, dann gehen sie REICH-er
nach Hause, als sie gekommen sind.
4. Viele Lieder enthalten regelrechten Geschichtsunterricht,
wenn man ein wenig über das spricht, wovon gesungen wird...
5. Durch das häufige Singen bleiben viele Texte so gut im
Gedächtnis haften, daß man sie auswendig aufsagen könnte,
das heißt, die sprachlichen Strukturen haben sich so gut
eingeprägt, daß sie zum eigenen Vermögen, sich auszudrücken,
beitragen.
Und davon profitieren nicht nur ungarische Kindergartenkinder,
sondern alle SprachenlernerInnen, die Lieder in der Zielsprache
singen. Alles klar?
Dekodierte TEXTE sprechen
Es kann sehr viel Spaß machen, in dekodierter Form zu sprechen,
sowohl wenn wir monologisieren (s. Seite 121f.) als auch im Gespräch
mit anderen. Besonders lustig wird es, wenn man z.B. an einem Tisch
im Eiscafé sitzt und merkt, wie einige Nachbarn beginnen, sich für
unser Gespräch zu interessieren. Denn je nachdem, aus welcher
Sprache das Dekodierte stammt, klingen wir manchmal nur ein wenig
„komisch“, in anderen Fällen aber so uneinschätzbar, daß die Leute
an ihrem Verstand zweifeln – fehlt doch bei uns der Akzent, den man
bei einem Fremden erwarten würde, der diese „Fehler“ macht, weil er
die Struktur seiner Muttersprache auf unsere Sprache überträgt
(typisches Resultat normalen Paukens). Daran sehen Sie auch, daß
uns die Fehler von Ausländern viele Einsichten in deren Sprachen
bieten würden, wenn wir nur zuhören würden. Vergleichen Sie:
DEKODIERT vom Englischen:
Abu-Riischi war ein kleiner Indianerjunge.
Er zog aus und er nahm mit ihm zwei Jagdhunde von der-Meute
und sie machten sich auf-die-Suche nach guter Beute...
DEKODIERT vom Arabischen:
VATER der-Feder, Junge-ein, kleiner-ein, von den-Indern den-roten.
Ausgezogen-er und mit-sich-genommen-er Hunde-zwei der-Jagd
und ausgezogen sie-alle zu-ausforschen Beute-eine fette-eine von
der-Jagd...
Ich möchte Ihnen noch ein Fallbeispiel geben: In den Jahren 1969 bis
1972 schrieb ich in Amerika eine Reihe von STORIES und POEMS
auf Englisch (und sogar einige Gedichte auf Französisch). Diese
„Stories & Poems“ veröffentlichte ich in den 1980ger Jahren, als ich
meine erste Layout-Software am Computer testete. Damals war der
Bildschirm des Macintosh so groß wie eine Postkarte und darauf eine
Doppelseite zu gestalten sowie zahlreiche Abbildungen „freimäusig“
zu zeichnen war schon eine Leistung, insbesondere weil die Software
(PageMaker 1.0) ständig zu Abstürzen (mit minutenlangen NeustartProzeduren) führte. Diese Insider-Auflage war nach einigen Jahren
vergriffen, und so brachten wir die Texte 2009 erneut heraus –
diesmal in zwei Versionen: eine englische (blaues Cover) und eine
deutsche Ausgabe (rotes Cover). Für letztere wurden alle STORIES
normal übersetzt, die Gedichte aber DEKODIERT, da ich keine
Nachdichtungen wollte. Eine dieser Dekodierungen möchte ich Ihnen
heute anbieten. Versuchen Sie einmal, sie laut zu lesen (also
„vorzutragen“); es klingt natürlich wie Prosa, da sich die Dekodierung
(im Gegensatz zum Original) weder in Reim noch in Silbenzahl wie ein
Gedicht „benimmt“. Aber Sie werden erstaunt sein, einen „Fließtext“
zu lesen, der streckenweise völlig deutsch anmutet und dann plötzlich
durch eigenartige Formulierungen auffällt (wo das Englische eben
stark vom Deutschen abweicht).
Geburt von Zivilisation22
Das Tier war schnell und Mensch war langsam.
Und deshalb die Beute entkam dem Wurf
von kleinem Gestein.
Dann der Jäger herstellte einen Bogen
in welchem ein geschmeidiger Pfeil war festgebunden. Und
das Tier
(gewohnt-sein an die Langsamkeit von phlegmatischem Stein)
wurde eingefangen.
Rück-Dekodieren?
Diese Übung, bei der ein dekodierter Text Wort für Wort in die
Originalsprache (Zielsprache) „portiert“ wird, ist eine der großartigsten
und gleichzeitig der einfachsten. Wer ab und zu übt, „PseudoDeutsch“ zu sprechen (s. AKTIVITÄTEN-ABC, Seite 127), wird bald
feststellen, wie leicht der kleine Schritt vom Dekodier-Ergebnis zurück
zum Original wird. (Mehr dazu ab Seite 128.)
3. AKTIVITÄTEN-ABC für Lerner
In diesem Kapitel finden Sie 60 AKTIVITÄTEN (Schritt 4). Doch keine
Sorge, Sie sollen nicht alle ausprobieren, sondern sich diejenigen
heraussuchen, die Sie besonders spannend finden, also modular
diejenigen lesen, deren Überschrift Sie interessiert. Sie können später
ja immer wieder einmal in diesem Abschnitt schmökern, er muß also
beim ersten Durchgang nicht komplett gelesen werden. Markieren Sie
alle Spiele/Aufgaben, die Sie „anlachen“, mit Büroklammern, oder
verwenden Sie (farbige) „Tesa-Nasen“ als Einmerker, so daß Sie sie
später leicht wieder finden. Einige Beiträge wurden übrigens von
engagierten Mitmachern beigesteuert, sie sind namentlich
gekennzeichnet.
1. Aaaah-Effekt (Rätsel)
Rätselraten macht (fast) allen Spaß, weil unser Gehirn es liebt, offene
Fragen anzugehen und zu beantworten. Deshalb sind auch in der
Zielsprache Rätsel spannend. Also bietet es sich an, Kurz-Rätsel
(sogenannte Einzeiler) zu dekodieren und zu sammeln, damit wir uns
später mit anderen darüber austauschen können, z.B.:
Antwort:
Die Lösung zeigt wieder einmal, wie spannend es ist, zu dekodieren
und über die „wahren“ Bedeutungen der Wort-Teile nachzu-SINNen,
um deren Sinn zu begreifen. Das ist doch ganz anders als Vokabel-
Pauken, meinen Sie nicht auch?
2. ABC-Listen
Wer meine Arbeit schon etwas länger verfolgt, weiß, wie wichtig ABCListen als Denk-Tool sind (vgl. MERKBLATT Nr. 12 und mein DVDSeminar „Genialitäts-Training mit ABC-Listen“ Inzwischen habe ich 20
ABC- und KaWa-Techniken entwickelt (s. auch ZITATE-Technik, Seite
151f.)
Die Basis-Technik besteht darin, daß wir in „leere ABC-Listen“
hineinschreiben, z.B. um Begriffe zu sammeln, denen wir beim
Lernen begegnet sind. Achtung: Das ist keinesfalls mit den VokabelListen vergleichbar, die andere „für uns“ zusammengestellt haben.
Fortgeschrittene können auch in eine leere ABC-Liste (hinein)
denken, wenn sie sprachliche Assoziationen notieren wollen (diese
Tätigkeit in der eigenen Sprache ist ein mächtiges Denk-Tool).
ABC-Variante: Knick-Spiel
Wenn wir eine ABC-Liste nehmen und den Titel wegknicken, können
wir versuchen, anhand der Begriffe zu erraten (erraten zu lassen), wie
das Thema der Liste lautet. Diese Übung ist schon in der
Muttersprache eine immens wichtige, weil sie uns hilft, das WESENtliche eines Themas zu erkennen. Dasselbe gilt umso mehr für andere
Sprachen (für Fortgeschrittene). Angenommen, wir hören/lesen: Apfel,
Birne, Dattel, Pfirsich, Pflaume... Dann erkennen wir bald, daß es sich
um Obst beziehungsweise um Obstbäume oder -sträucher handeln
muß. Bei einer Liste zu einem abstrakten Thema (z.B. Erfolg) ist es
weit schwerer, herauszufinden, was das WESEN-tliche (gemeinsame)
Element der Begriffe ist. Bei alten Listen können wir selbst raten, bei
neueren raten lassen...
3. Andere Texte?
Eine der häufigsten Fragen lautet: Welchen Sprachkurs soll ich
meinem Kind kaufen, damit es nach Ihrer Methode lernen kann?
Meine Antwort lautet: KEINEN. Denn für die Schule muß man mit dem
vorgegebenen Material klarkommen, nicht mit einem anderen Schuloder Kursbuch. Wenn schon „andere Materialien“, dann LIEDER (s.
Seite 90) oder RÄTSEL (s. Seite 82) beziehungsweise ZITATE (s.
Seite 151f.).
Auf der anderen Seite rate ich Erwachsenen durchaus, mehrere Kurse
gleichzeitig zu nutzen. Das hat folgenden Vorteil: Kommt man bei
einem Kurs an einer Stelle nicht weiter und ist völlig frustriert, kann
man mit einem anderen beginnen. Ist man dann nach einiger Zeit
wieder beim ersten angelangt, kommt man meist auch dort wieder ein
Stück weiter. Anders hätte ich gewisse Sprachen, für die es nur
furchtbare Lehrbücher gab, niemals „knacken“ können...
4. Aussprache – Grundsätzliches
Es gilt, Ihre Vorbilder auf den Kassetten/CD.s wie ein Papagei zu
imitieren – denn auch das Kind lernt seine Muttersprache durch
Imitation. Und da Sie ja keine Vokabeln lernen, hören Sie immer
komplette Sätze (die darüber hinaus in einem sinnvollen
Zusammenhang stehen). Diese gilt es, so gut wie möglich
nachzusprechen. Was aber heißt so gut wie möglich? Ist es wirklich
so schlimm, wenn Sie das englische TH oder den japanischen Zwitter
zwischen L und R nicht richtig imitieren können? Werden Sie immer
„deutsch“ (beziehungsweise muttersprachlich) klingen, wenn Sie das
uns völlig fremde semitisch-hamitische „ainun“ nicht richtig
„herausbringen“, aber trotzdem Hebräisch oder Arabisch lernen
möchten? Nein, nein und nochmals nein!
Es wird Sie erleichtern, festzustellen, daß es überhaupt nicht nötig
ist, jeden Buchstaben (beziehungsweise Diphtong) korrekt sprechen
zu können, wiewohl Sie trotzdem in der Zielsprache so „einheimisch“
klingen werden, daß man Ihnen Ihr Herkunftsland nicht mehr so ohne
weiteres anmerken wird! Das klingt unwahrscheinlich, aber es ist
wahr. Was die Aussprache angeht, so gibt es nämlich zwei Aspekte,
die imitiert werden können, wobei Sie nur einen der beiden gut treffen
müssen, um „echt“ zu klingen. Interessiert? Dann lesen Sie weiter:
1. Das Phonem, das heißt der Einzelklang eines Buchstabens
beziehungsweise einer Buchstaben-Kombination. Beispiel: Das
englische knife (Phonem: KN) wird [Naif] gesprochen.
2. Das Klangbild insgesamt, das heißt das Klangbild eines
Wortes, Satzes oder Satzteils (s. unten).
Diese beiden Aspekte sind in gedruckter Form (wie der vorliegenden)
fast nicht zu erklären, aber ich will Ihnen anhand eines Wortes, das
aus vier Phonemen besteht, doch ein Beispiel geben:
Die Gruppe von Wörtern, die im Deutschen auf -ologie
(beziehungsweise -sophie) enden, werden im Englischen völlig
anders ausgesprochen. Bitte überlegen Sie einmal kurz, wie wir diese
Worte sprechen. Klopfen Sie den Rhythmus auf den Tisch oder sagen
Sie im Rhythmus Pa-Pa-Pa-Pam. Wo betonen wir solche Wörter
besonders?
Antwort: Wir sagen pa pa pa pam! (Betonung letzte Silbe), also Psy cho - lo - gie, Ge - o - lo - gie, The - o - lo - gie, Phi - lo - so - phie
usw. Der Angelsachse hingegen betont die zweite Silbe, die er etwas
lauter und höher spricht:
pa paa! pa pam. Entsprechend heißt es psy - cho - lo - gy, ge - o - lo
- gy, the - o - lo - gy, phi - lo - so - phy usw.
Nun wissen viele Deutsche nicht, daß im Englischen ein „p“ vor einem
„s“ stumm bleibt. Solche Details lernen „sich“ bei meiner Methode
quasi vollautomatisch. Wer aber nach herkömmlichen Methoden
gelernt hat, weiß es eben oft nicht. Man darf also nicht psychology
sagen, sondern muß das „p“ weglassen (es folgt die Lautschrift): [seiko -lo - dschi]
Und nun gilt folgende Regel: Wenn man einzelne Phoneme richtig,
das Klangbild insgesamt jedoch falsch ausspricht, dann klingt
man falsch! Oder umgekehrt: Wenn man das gesamte Klangbild
richtig imitiert, dann klingt man richtig, selbst wenn ein Phonem
falsch war!
Auf unser Beispiel bezogen, heißt das: Falls Sie [psei - ko - lo - dschi]
(Betonung englisch) sagen würden, dann würde der Engländer
(Amerikaner) das falsche „p“ vor dem „s“ buchstäblich überhören.
Testen Sie das ruhig einmal, falls Sie es nicht glauben können!
Aber auch das Gegenteil stimmt: Sprechen Sie alle Phoneme richtig
aus, lassen also das „p“ vor dem „s“ korrekterweise wegfallen,
während Ihre Sprachmelodie deutsch bleibt, dann „klingen“ Sie sehr
falsch: [Sei - ko - lo - dschi!] Das heißt aber auch: Sie brauchen
keine Angst mehr vor einzelnen Buchstaben(kombinationen) wie
dem englischen „th“ zu haben!
Wenn Sie – was mit meiner Methode sehr leicht ist – den GesamtKlang einer Wortgruppe richtig imitieren, sind einzelne Phoneme
überhaupt nicht mehr wichtig! So kann ich z.B. zwei typisch
arabische Buchstaben nicht richtig aussprechen, trotzdem
bescheinigt man mir eine „hervorragende“ Aussprache, wenn ich ein
Zitat aus dem Koran vortrage.
Denken Sie in diesem Zusammenhang auch an Ausländer, die
Deutsch sprechen: Bleibt deren Tonfall und Sprachmelodie indisch
oder chinesisch („muttersprachlerisch“), dann sind sie für uns fast
nicht zu verstehen, selbst wenn sie die einzelnen Phoneme extrem
sauber sprechen. (Typische Beispiele sind: ein Pakistani, der Englisch
spricht, ein Amerikaner, der Französisch sprechen will, oder ein
Deutscher, der mit der alten Methode Englisch gelernt hat!) Deswegen
ist es wichtig, daß Sie die Phase HÖREN/PASSIV unbedingt vor das
eigentliche Sprechen setzen! Auf diese Weise beginnen Sie nicht zu
früh mit eigenen Aussprache-Versuchen; somit können Sie die
natürliche Sprachmelodie weit leichter imitieren. Mit diesem Ansatz
werden Sie in Zukunft kaum noch Aussprache-Probleme haben!
5. Bewusst hören (und verstehen)
Wer Sprachenlernen vor allem von der Schule her kennt, hat in der
Vergangenheit meist wenig Gelegenheit gehabt, zu üben, einen Text
zu verstehen. Für viele Schulbücher gibt es nur ungenügendes
Hörmaterial und oft weisen die Lehrkräfte überhaupt nicht darauf hin
(daß es eine entsprechende CD oder Audio-Materialien im Internet
gibt). Und so haben viele Schul-LernerInnen noch nie die Erfahrung
gemacht, wie es ist, einen Text so oft zu hören, bis man ihn versteht.
Da wir vorher dekodiert haben (zumindest alle Stellen, die uns nicht
sofort „klar waren“) und das Dekodierte mitlesen, fällt uns das
Verstehen heute auch viel leichter als einst. Denn das Begreifen
beginnt bereits beim Dekodieren, beim Hören/AKTIV wollen wir vor
allem den KLANG zu den neuen Begriffen assoziieren – und auch das
ist viel leichter als einst in der Schule, als wir (wenn überhaupt) Texte
gehört haben, die wir kaum verstanden haben. Vokabel-Pauken bringt
kein schnelles Verstehen, Dekodieren hingegen schon!
Weitere Hör-Übungen können wir mit mehrsprachigen DVD.s machen
(s. „DVD.s mit Untertiteln“ Seite 93ff.). Ebenfalls interessant kann es
sein, via Satellitenfernsehen Sendungen in der Zielsprache
aufzunehmen und sich diese immer wieder bewußt anzuhören, bis
man schließlich mehr und mehr versteht... Bei besonders
interessanten Inhalten habe ich mir in der Vergangenheit auch schon
Teile transkribieren lassen (eine Abschrift von der Aufzeichnung
anfertigen lassen), die ich dann dekodiert habe. Bei Stellen, die ich
nicht allein dekodieren konnte, habe ich mir Hilfe gesucht (notfalls
gegen Bezahlung von einem Dolmetscher). Manchmal habe ich mir
bestimmte Passagen auch von einem Fachmann langsam und
deutlich auf Band sprechen lassen (heute würde man das digital
aufzeichnen), um erst die langsame Version durcharbeiten zu können,
bevor ich wieder zur TV-Aufzeichnung (schneller, undeutlicher)
zurückkehre. Es ist sehr befriedigend, so eine Sendung eines Tages
(fast) vollständig zu verstehen, wenn man eingangs kaum ahnte,
worum es überhaupt geht.
Das bewußte Hören ist eine sehr wichtige Übung, die viele
SchülerInnen leider noch nie wirklich erlebt haben...
6. Bilder beschriften
So wie wir unsere Umwelt beschriften können (s. „Etikettieren“, Seite
99f.), können wir auch Bilder beschriften – sowohl was Inhalte angeht
(Auto, Haus, Fenster, Computer) als auch um andere Aspekte
hervorzuheben (rund, eckig etc.). Bei dieser Abbildung eines
Kirchenfensters können wir die Glasfelder ausmalen und dann mit
den jeweiligen FARB-Namen beschriften.
7. Chorsprechen
Das Chorsprechen ist eine der Aktivitäten, die im vierten Lernschritt
stattfinden, das heißt mit Material, das bereits wie folgt bearbeitet
wurde:
1. Es wurde dekodiert (beziehungsweise die Dekodierung wurde
bewußt wahrgenommen)
2. Es wurde AKTIV gehört (wobei die Dekodierung mitgelesen
wurde)
3. Es wurde PASSIV gehört und ist jetzt so vertraut, daß Sie erste
Sprechübungen durchführen möchten.
a. Chorsprechen gehört zu den allerersten Sprech-Aktivitäten
die Sie ausprobieren sollten. Andere (z.B. Monologisieren,
Seite 121f.) kommen erst später.
b. Falls Sie bei irgendeinem Text (zunächst) Probleme haben,
ihn im Chor mitzusprechen, dann beginnen Sie mit der
Variante ECHOSPRECHEN (s. Seite 95), die Sie zum
Chorsprechen hinführt.
In meinem Buch „Trotzdem LEHREN“ erkläre ich, warum das
CHORSPRECHEN so hilfreich ist, insbesondere, wenn man einen
Text als Gruppe mehrmals hintereinander im Chor spricht. So lernten
unsere (Groß-) ELTERN noch Latein und Altgriechisch, aber auch
ihren Katechismus und lange Gedichte, die sie auch Jahrzehnte
später noch fehlerlos aufsagen konnten (wohl wissend, worüber sie
reden). Leider wurde die Methode im Schulbetrieb eingestellt, aber
dank der modernen Technik können wir einen Teil der Vorteile
zurückgewinnen, indem wir mit einem Kopfhörer arbeiten und zuerst
die Muttersprachler in unserem Audio-Material „laut“ sprechen lassen,
während wir leise mitsprechen. Nach und nach können wir dann den
Ton im Ohr immer leiser drehen, weil wir selbstsicherer werden und
selbst lauter sprechen. Dabei gilt es zu beachten:
Es gibt im Gehirn eine bestimmte Gruppe von Neuronen, die
bei solchen Übungen aktiviert wird (Spiegel-Neuronen). Sie
reagieren u.a. auf Situationen, in denen wir uns harmonisch in ein
größeres Ganzes einfügen (z.B. wenn wir in einem Orchester
„aufgehen“ oder in einem Chor singen), denn wir fühlen uns wohl,
wenn wir mit anderen im Einklang agieren beziehungsweise
zusehen können, wenn andere das tun. Das ist auch der Grund,
warum wir beispielsweise Ballettaufführungen, militärische
Aufmärsche oder andere Leistungen lieben, bei denen sich viele
Menschen so verhalten, daß alle Einzelaktionen ein großes
Ganzes ergeben (wie bei den Gewehrkolben-Übungen der
amerikanischen Marines oder bei einer Laola-Welle im
Stadion).23 Diese Spiegel-Neuronen sind für das IMITIEREN von
Verhalten (hier: Aussprache) unbedingt nötig. Normales SchulVorgehen sorgt jedoch allzu häufig dafür, daß diese Neuronen
eben gerade NICHT „angeknipst“ werden, was so manches
gewünschte Verhalten (von Wurzelziehen bis zur korrekten
Aussprache) enorm erschwert. Übrigens feuern SpiegelNeuronen sowohl wenn wir das Verhalten ausführen als auch,
wenn wir nur beobachten, wie andere es tun.
Vgl. meinen Beitrag im wissenschaftlichen Feuileton der FAZ hierzu.
Mit Hilfe der modernen Technik können wir den Prozess einigermaßen ersetzen (wobei ein echter Chor besser ist als alles, was wir
technisch „zaubern“ können). Trotzdem können SchülerInnen mit Hilfe
des hier beschriebenen Vorgehens zu Hause üben, was die Schule
ihnen vorenthält. Aber auch Erwachsene sollten das Chorsprechen
unbedingt probieren, es ist keine Technik für Kinder oder Jugendliche,
sondern für alle Gehirn-Besitzer, die ihr Gehirn optimal nutzen (das
heißt, die gehirn-gerecht vorgehen) wollen. Schließlich entwickelte ich
die
Birkenbihl-Methode
ursprünglich
für
erwachsene
SelbstlernerInnen. Daß auch SchülerInnen profitieren könnten, ergab
sich erst viel später.
Man kann den CHOR-Effekt verstärken, wenn man das Audiomaterial am PC ein wenig „zusammenmischt“ und es mehrmals
„übereinander“ kopiert, so daß aus den einzelnen Stimmen etwas
wird, das tatsächlich wie ein Chor klingt. Auch hier gilt es, im
Zweifelsfall Ihre jugendlichen Nachbarn zu fragen, die meisten
beherrschen diese Techniken und können Sie Ihnen in Minuten
beibringen. Dann können Sie wählen, ob Sie mit Kopfhöher üben oder
sich via Raumklang von den „Chorstimmen“ UMGEBEN lassen wollen
(insbesondere wenn Sie Surround-Technologie haben).
Hinweis: Einer meiner Coaching-Clienten erzählte mir, daß er erste
Chorsprechübungen mit neuem Material immer im Auto durchführt.
Auf dem Hinweg hört er den „Chor“, dann parkt er am Waldrand, wo
ein
Fußgänger-Spazierweg
beginnt,
und
macht
seine
Chorsprechübungen, bis er am Ende „laut in den Wald hineinrufen“
kann (weil seine Anlage im Auto viel besser ist als die zu Hause).
Danach spricht er auf dem Heimweg leise mit, und ab diesem
Zeitpunkt reicht es, den Ton LEISE mitzuhören, bis er ihn ganz frei
sprechen kann.
8. Dekodieren – LIEDER
(mündlich oder schriftlich)
Einer der besten Einstiege in meine Methode ist, LIEDER erstens zu
dekodieren (Vgl. DE-KODIER-MODUL Seite 77), zweitens aktiv und
drittens passiv zu hören, um dann viertens (AKTIVITÄTEN) einige
„Spielchen“ damit spielen zu können. Zum Beispiel das Dekodierte
laut vortragen, bis wir letztlich in der Zielsprache singen können...
Lieder, mit denen Sie bedenkenlos üben können (s. MERKBLATT Nr.
10: COPYRIGHT und andere RECHTE, Seite 202), sind
beispielsweise:
FEIERTAGSLIEDER (Ostern, Weihnachten...)
KINDERLIEDER
NATIONALHYMNEN
VOLKSLIEDER
9. Dekodieren – TEXTE
(mündlich oder schriftlich)
Es folgt eine Liste möglicher Texte, die Sie unabhängig von
Rechtefragen (Copyright) dekodieren und mit anderen teilen können
(z.B. im Internet):
HEILIGE TEXTE24
KINDER-TEXTE
KLASSISCHE LYRIK und PROSA-Texte
LIEDER (s. nächsten Absatz)
KLASSISCHE MÄRCHEN-Texte
REDEWENDUNGEN/SPRICHWÖRTER
WITZE/(kurze) ZITATE
Vgl. De-Kodier-Beispiele im Modul DE-KODIEREN, Seite 64ff.
10. Dekodier-Rätsel
Wenn in einer Familie mehrere Sprachen gelernt und dekodiert
werden, kann man verschiedene dekodierte Texte nebeneinander
legen und versuchen, zu erraten, aus welcher Sprache die
Dekodierung „entsprungen“ ist. Das Dekodier-Rätsel ist auch eine
gute Vorbereitung auf die nächste Übung (Seite 92).
Beispiel 1
Tor Öffnung es-gibt Mensch.
Beispiel 2
Was schöne Sache, ein Tag von Sonne, ein Lied ruhiges nach
dem Sturm...
Beispiel 3
Tag! Was man-hört? – Tag! Danke, gut. – Ihr-sprecht schon gut...
Beispiel 4
Wenn jemand schlägt Sie auf die reche Wange, drehen-Sie zu ihm
die linke auch. Jene Weise die Schwellung ist gleichmäßig.
11. Dekodierte Variante sprechen
Erstellen Sie dekodierte Texte (von Theater-Monologen, Sachtexten –
was immer Sie interessiert) und SPECHEN Sie diese (vielleicht sogar
mit anderen im CHOR, siehe Seite 88f.).
Das ist fast so gut wie singen und bringt immens viel, nicht nur als
Endergebnis (weil Sie diese Texte anschließend weitgehend
auswendig können) sondern auch, weil diese Art des SprachERWERBs mit aktivem Tun einhergeht. Denn nur bei Aktivitäten wird
ein Neuro-Hormon (BDNF) produziert, welches für das dauerhafte
EINSPEICHERN notwendig ist.
Im DEKODIER-Abschnitt finden Sie u.a. die ersten Zeilen eines
dekodierten Gedichts (Seite 81).
12. Dialoge rezitieren/spielen
Eine der ältesten Übungen besteht darin, Dialoge aus den Lerntexten
nachzuspielen. Dabei gibt es jede Menge Variationen, die Sie allein
oder zu mehreren durchführen können, z.B.:
CHORSPRECHEN – alles (vgl. Seite 88ff.): Sie sprechen alle
Rollen mit, bis Sie sämtliche Sätze flüssig aussprechen können.
Beginnen Sie im Zweifelsfall mit dem Zeitlupen-Training (s. Seite
151) oder mit dem ECHO- beziehungsweise Schattensprechen
(s. Seite 95), bis Sie normal CHORSPRECHEN können.
CHORSPRECHEN – einzelne Rollen: Heute sind die
Möglichkeiten,
Aufnahmen
anzufertigen
(z.B.
von
Muttersprachlern) wesentlich vielfältiger. Früher mußten wir uns
mit MC.s quälen (bei denen man bei jeder PAUSE eine Silbe
verlor). Mittlerweile ist dies alles viel einfacher und bequemer
geworden, so daß Sie z.B. folgende „Aufnahme“ sehr leicht selbst
anfertigen können: Eine Aufnahme, in der alles, was EIN
Sprecher sagt, leise zu hören ist, während alle anderen LAUT
UND DEUTLICH „rüberkommen“. Später werden Sie die (leise)
Rolle selbst sprechen. Auf diese Weise können Sie erste
Rollenspiel-Erfahrungen in der Zielsprache sammeln, ohne daß
lebende Personen auf Ihren Einsatz warten. Sie können das
Tempo selbst bestimmen und so lange und so oft mit der PAUSEFunktion arbeiten, wie Sie wollen! Übrigens fertige ich solche
Überspielungen an, indem ich „durch die Luft“ aufnehme: Das
eine Gerät spielt ab, das andere nimmt auf, und ich drehe einfach
die Lautstärke am Abspielgerät auf LAUT oder LEISE, je
nachdem. Man kann auch mit einem entsprechenden
Computerprogramm dafür sorgen, daß das gesprochene Wort
lauter oder leiser (beziehungsweise langsamer oder schneller)
wird, z.B. mit Audacity.
13. DVD.s mit Untertiteln
Wenn Sie schon einige Vorkenntnisse in einer Sprache erworben
haben, sollten Sie überlegen, ob Sie mit mehrsprachigen DVD.s
arbeiten wollen. Ich persönlich ziehe das manch einem Sprachkurs
vor. Allen „Trekkies“ kann ich die Star-Trek-Serien (nicht alle Filme)
besonders empfehlen; Sie sind zwar etwas teurer als viele andere
Serien, bieten dafür aber 5 gesprochene (hervorragend
synchronisierte) Sprachen und Untertitel in 11 Sprachen an. Damit
kann man eine Menge üben. So nutzte ich z.B. die niederländischen
Untertitel, um ab und zu Holländisch lesen zu üben, und ich höre die
Episoden, die ich besonders mag, gern auch auf Italienisch,
Französisch oder Spanisch.
Übrigens: Untertitel in einer uns bekannten beziehungsweise unserer
Muttersprache sind wunderbar, wenn wir schnell verstehen wollen,
worum es geht, z.B. wenn wir einen fremdsprachigen Film sehen,
dessen Sprache wir gar nicht lernen. Beim holländischen Fernsehen
lese ich gern die niederländischen Untertitel, weil ich endlich mal alle
Politiker im Original hören kann, was ich im Deutschen
außerordentlich vermisse! Ich finde es unverschämt, wie man uns
infantilisiert. Warum können wir nicht auf dem einen Kanal das
Original und auf dem anderen die Synchronisation (beziehungsweise
das Voice-over bei Nachrichten) hören? Warum wird uns vorenthalten,
was Niederländer, Skandinavier und viele Bewohner anderer Länder
die ganze Zeit genießen dürfen?
Also, zum (einmaligen) Verstehen sind Untertitel in einer „unserer“
Sprachen durchaus geeignet, nicht aber, wenn wir die Sprache
lernen wollen, um die es geht! Als Hörtraining ist es günstiger, die
Sprache, die wir lernen wollen, mitzulesen. Denn es gibt viele Wörter,
Redewendungen, Namen etc., die im ersten Moment so gut wie
unverständlich klingen, weshalb ich z.B. auch im Deutschen gern
Untertitel lese, wenn ich einen Film oder eine Doku sehe, die durch
ständige Nebengeräusche, Musik etc. „verseucht“ wird. Leider wird es
immer „moderner“, Geräusche über Sprache zu legen, so daß diese
oft schlecht zu verstehen istkann. Hier gilt dasselbe, was bei
Fremdsprachen in weitaus größerem Maße gilt: Vieles ist weit
verständlicher, wenn wir lesen können, was wir hören. Testen Sie das
mit einer DVD, die Untertitel in Ihrer Muttersprache (für Schwerhörige)
anbietet, und achten Sie einmal bewußt darauf!
Man versteht bei jeder Sprache, die man schon ein wenig gelernt hat,
„über Nacht“ zwischen 30 und 60% mehr, wenn man die Worte, die
man hört, auch mitlesen kann. Deshalb schlage ich folgendes
Procedere vor:
1. Schauen Sie den Film (die Doku) erst einmal in einer
Sprache, die Sie schon gut verstehen. Das muss nicht
zwangsläufig Ihre Muttersprache sein – bei DVD.s mit mehreren
gesprochenen Sprachen (z.B. Star Trek) könnte es sein, daß Sie
die Englische Original-Version sehen, um später mit der
italienischen Ihre neue Zielsprache zu üben.
2. Suchen Sie sich eine Szene heraus, die Ihnen besonders
gefällt (z.B. weil man über Dinge spricht, die Ihnen wichtig sind),
so daß Sie genau das Vokabular erwerben, das Sie benötigen,
um später über eines Ihrer Lieblingsthemen nachdenken zu
können.
3. Markieren Sie jeweils den Anfang und das Ende dieser
Szene, und dann lassen Sie die Szene eine Weile „durchlaufen“
(sogenannte AB-Schleife). Bei guten Geräten können Sie
jederzeit die Sprache (Audio) wechseln, während Sie
ausschließlich die UNTERTITEL in Ihrer Zielsprache einblenden.
Ein DVD-Player ohne AB-Schleife ist zum Sprachenlernen nicht
geeignet!
4. Denken Sie daran, bei den ersten Durchgängen großzügigen
Gebrauch von der PAUSE-TASTE zu machen. Das KurzzeitGedächtnis speichert KLÄNGE besonders gut, so daß die letzten
Silben noch „nachhallen“, während Sie pausieren. So können Sie
sich gut orientieren. Das machen Sie so lange, bis Sie die Szene
einigermaßen gut verstehen.
5. Jetzt lassen Sie die Szene noch eine Weile passiv
weiterlaufen, während Sie andere Dinge tun. Zwischenzeitlich
schalten Sie ab und zu auf Ihre Muttersprache oder Englisch um,
um Ihre Kenntnisse der Szene aufzufrischen. Nach einer Weile
können Sie zu den AKTIVITÄTEN übergehen, z.B. (unter vielen
anderen Möglichkeiten):
Untertitel abschreiben
Untertitel abschreiben und dekodieren
Untertitel laut vorlesen, indem Sie auf verlangsamte
Wiedergabe umstellen. Dabei geht der Ton „verloren“, und
Sie haben genügend Zeit, um das Neue erst mal LANGSAM
zu lesen (vgl. „Zeitlupen-Training, Seite 151)
14. ECHO-Sprechen
Ich nenne es Echo- oder Schattensprechen, wenn wir statt zeitgleich
MITzusprechen, den Muttersprachlern in unserer Aufzeichnung immer
ein bis zwei Silben „hinterher-HINKEN“, ähnlich wie ein/e
SimultandolmetscherIn der Person immer ein wenig hinterherhinkt, die
sie übersetzt. Am besten üben Sie diese Technik zuerst mit einer
Aufzeichnung in Ihrer Muttersprache, bis Sie ein Gefühl dafür
entwickelt haben. Doch keine Sorge: Es dauert nur einige Minuten, bis
Sie die Technik mit der Fremdsprache einsetzen können.
15. (Aktives) ERARBEITEN von Material
Hier möchte ich auf eine grundlegende Tatsache hinweisen, die man
wissen sollte: Es gibt Menschen, die lieber allein arbeiten, während
andere eher „sozial“ eingestellt sind und lieber zusammen mit anderen
etwas ERARBEITEN. Deshalb kann man viele der hier vorgestellten
Aktivitäten und Übungen sowohl allein als auch zu mehreren
durchführen, indem man sie minimal abändert. Lassen Sie mich dies
an einem Beispiel demonstrieren. Man kann einen Text umso besser
verstehen, je intensiver man über ihn nachgedacht hat. Je jünger
beziehungsweise ungeübter der Leser ist (es kommt also darauf an,
wie „alt“ die Fähigkeit zu lesen ist), desto mehr hilft es ihm, wenn er
mit FRAGEN vorgeht. Das kann allein oder im Team (ab 2 Personen
ist man ein Team) geschehen:
AKTIVITÄT SOLO
Man überlegt sich Fragen, die man zu diesem Text stellen könnte.
VARIATIONEN
Man geht durch den Text und NOTIERT der Reihe nach alle
Fragen, die einem einfallen. Diese kann man dann später (auch
Tage später) beantworten, z.B. mit oder ohne nochmaliges
Lesen...
Man geht durch den Text und SPRICHT alle Fragen „auf Band“
(heute eher auf ein digitales Speichermedium). Später kann man
mit der Aufzeichnung arbeiten und die Fragen laut oder denkend
beantworten (auch schreibend).
TEAM-AKTIVITÄT
Person A stellt Fragen zum Text, die verschiedentlich beantwortet
werden können:
Der Gesprächspartner (oder die Mitglieder der Reihe nach)
antwortet sofort auf die Frage.
Man diskutiert über die Frage, ehe man in Team oder Gruppe
gemeinsam eine Antwort findet. Etc.
Natürlich kann man auch mit einer ABC-Liste (s. Seite 214) oder
einem KaWa (s. Seite 108f.) beginnen und dann die Fragen stellen
beziehungsweise diskutieren/beantworten etc.
So ähnlich können Sie fast alles, was Sie hier lesen, variieren. Ich bin
beispielsweise ein typischer Eremit in der Höhle, habe aber oft
DIALOGE geschrieben, wie ein Gespräch aussehen könnte, wenn ich
jetzt einen Gesprächspartner hier hätte. Bei FRAGEN würde ich mir
sogar mehrere „Gespräche“ mit unterschiedlichen Menschen
ausdenken – das ist eine klassische Übung für SchriftstellerInnen, mit
denen ich als Autorin natürlich vertraut bin.
16. ERFOLGS-KONTROLL-Methode 1-15-25
Die 1-15-25-Methode eine großartige Lern-Kontrolle, die es Ihnen
ermöglicht, den konkreten Erfolg einer Trainings-Maßnahme –
unabhängig von Lehrkräften oder Coachs – eindeutig zu
erfahren. Diese Sprünge (1-15-25…) zeigen Leistungssprunge. Das
ermutigt enorm. Sie können sie nicht nur zum Sprachenlernen nutzen,
sondern generell für jede Art von Tätigkeiten (vom Inline-Skaten über
Pfannkuchenbacken bis zu Geschicklichkeitsspielen aller Art) sowie
für Prozesse, die man nicht unbedingt mit Lernen assoziiert, wie z.B.
den Muskelaufbau.
VORGEHEN (allgemein): Zeichnen Sie Ihre Bemühungen auf (Audio
oder Bild; heutzutage mit Webcam oder Handy leicht möglich).
Beachten Sie dabei, daß Sie folgende Versuche protokollieren: Den
ERSTEN
(1),
den
FÜNFZEHNTEN
(15),
den
FÜNFUNDZWANZIGSTEN (25) sowie jedes weitere 10. Mal. Beim
Pfannkuchenwenden werden Sie sicher weniger Versuche benötigen,
bis Sie „gut“ geworden sind als bei einem Musikstück, das Sie lernen
wollen. Jetzt verstehen Sie den Namen der Technik: 1-15-25...
VORGEHEN (konkret) am Beispiel eines fremdsprachlichen Textes:
Schritt 1: Lesen Sie den Text laut und nehmen Sie diesen ersten
Versuch auf (auf Kassette, mit Hilfe des PCs oder eines digitalen
Diktiergeräts).
Schritt 2: Lesen Sie den Text weitere 13 Mal. Sie können täglich
einmal üben oder einmal pro Stunde, keinesfalls jedoch die 13
Mal unmittelbar hintereinander (das Gehirn braucht die Zeit
dazwischen, um die Nervenbahnen anzulegen)! Wer die ständige
Verbesserung miterleben will, zeichnet die Versuche 2 bis 14 auf,
aber SEPARAT (Sie werden gleich erfahren, warum).
Schritt 3: Den 15. Versuch zeichnen Sie wiederum auf. Diese
Aufzeichnung muß der ersten direkt folgen, so daß Sie sich
später beide unmittelbar hintereinander anhören/anschauen
können. Sie werden erstaunt sein über die Verbesserungen, die
sich ergeben haben. Wer will, hört/sieht sich auch die stufenweise
Entwicklung (separat aufgezeichnet) an. Danach beantworten Sie
folgende Frage: Sind Sie zufrieden oder könnten Sie noch
besser werden? Wenn Sie Ihre Kompetenz weiter erhöhen
wollen, dann machen Sie weiter.
Hier sehen Sie echte Fortschritte. Wenn unser Schulsystem so
(ähnlich) vorgehen würde, bräuchte es kein Notensystem, und
die Lernenden wüßten selbst genau, wie weit sie derzeit sind.
17. Eselsbrücken bauen
Da wir bei der Birkenbihl-Methode gehirn-gerecht vorgehen, werden
wir nur ganz selten Eselsbrücken brauchen. Aber ab und zu fällt uns
etwas besonders schwer, und dann lohnt es sich, auf die über 2.500
Jahre alten Techniken der Mneme (Muse der Erinnerung)
zurückzugreifen. Die sogenannte Mnemotechnik (Aussprache:
[memotechnik]; das „n“ ist stumm) arbeitet gern mit BILDERN oder
Stories, da sich diese leicht merken lassen. Warum? Weil unser
Gehirn sich isolierte Daten/Fakten nicht merken kann – das ist ja einer
der Gründe, der GEGEN das Vokabel-Pauken (vgl. Seite 196) spricht.
Beispiel: Im Arabischen hatte ich immense Probleme, drei Wörter
auseinanderzuhalten. Ich beherrschte damals die Schrift noch gar
nicht, arbeitete also nur mit Lautschrift. Es handelte sich dabei um die
Wörter AMIIR, ALIIM und AMIIL (wobei die Konsonanten das
eigentlich zu merkende Element darstellen):
AMIIR = Prinz, Herrscher → AMR
ALIIM = der Weise (= der weise Mann)25 → ALM
AMIIL = der Arbeiter → AML
Nun ging es darum, jeweils ein BILD, eine „Situation“ zu finden, um
die drei Begriffe erst einmal zuzuordnen. Als erstes fiel mir der alberne
Satz ein: Ein WEISER Mann zahlt seine ALiMente. Damit wäre das
ALM-Element mit WEISE verbunden. Merke: Je alberner,
ausgefallener, origineller, witziger etc. etwas ist, desto leichter kann
man es sich merken! Dabei ist nicht wichtig, ob der kleine „Merksatz“
Ihnen helfen würde, denn Lern-Eselsbrücken bastelt man für sich
selbst. Sie müssen einem helfen, das eigene Wissensnetz optimal zu
nutzen! Deshalb finden SchülerInnen die Eselsbrücken, die Lehrkräfte
ihnen anbieten, oft nicht besonders hilfreich – und Lehrkräfte, die über
diese Dinge zuwenig wissen, neigen dann dazu, beleidigt zu sein, daß
man ihre tollen Eselsbrücken nicht mag. Dabei können nur solche
Brücken „funktionieren“, die das NEUE an das eigene Wissensnetz
ankoppeln. Wem z.B. der Begriff „Alimente“ nicht vertraut ist, dem
nützt meine „Hilfestellung“ überhaupt nichts. Aber für mich hat’s
funktioniert. Bleiben also noch AMIIR (= Prinz, Herrscher) und AMIIL
(= Arbeiter).
Der nächste Einfall zeigt Ihnen, wann das Ganze passierte (ca. 1982
schätze ich), und er nutzt außerdem den Dialekt meiner Heimat
München: „A MiLLion ARBEITslose hamma scho“ (= haben wir
schon). Das war damals in allen Nachrichtensendungen zu hören...
Dabei beließ ich es zunächst, nach dem Motto: Das 3. Wort
beschreibt einen Prinzen, einen HERRSCHER und der braucht
keine Eselsbrücke. Später aber lernte ich, daß unser Wort Admiral
nicht lateinischen Ursprungs ist, wie viele (inklusive Lateinlehrkräfte)
glauben, sondern durch eine „Verballhornung“ entstand. Ursprünglich
kommt es aus dem Arabischen:
alAMiiRu-lBachri = der-HERRSCHER des-MEERES (dekodiert)
Das mutierte durch schlampige Aussprache zu AdMIRaL – und das
wiederum klingt lateinisch, denn „a“ oder „ad“ heißt „hin“ („hinzu“), und
daß MIR und das italienische „MARE“ (deutsch „MEER“) irgendwie
verwandt sind, scheint offensichtlich, oder?
Frage: Sind solche kleinen Geschichten nicht viel interessanter als
Vokabel-Pauken? Es gibt auch für das Deutsche eine Reihe von
Nachschlagewerken, in denen man nachschauen kann, wie
bestimmte Redewendungen (z.B. „Sich einen Ast lachen“) entstanden
sind.
18. Etikettieren
Am besten besorgen Sie sich die Art von Etiketten, die man bei
Umzügen benutzt; Sie kleben auf jedem Material und lassen sich
später wieder problemlos ablösbar (Post-its sind nicht so gut geeignet,
da hier nur ein Teil der Fläche gummiert ist). Bewährt haben sich
Etiketten in Visitenkartengröße, die man für kurze Wörter auch
halbieren kann.
Gehen Sie nun daran, Ihre Umwelt zu „beschriften“. So gewöhnen Sie
sich an das Aussehen von Dingen des Alltags: Möbel (Stuhl, Tisch,
Schrank, Bücherregal, Kühlschrank etc.), Gegenstände (Uhr, Heft,
Bierglas etc.) und sogar Personen (Mutter, Vater, Oma, Kind, Sohn,
Tochter oder – wenn sie zur Tür hereinkommt – Nachbarin). Aber Sie
können auch einzelne Menschen „beschriften“ (Stirn, Wange, Rücken
etc.).
Denken Sie auch an Kategorien (rund, eckig, lang, schmal, groß,
klein) oder Farben (Rot, Blau, Gelb). Was immer Ihnen einfällt, was
Sie etikettieren können – tun Sie es! Es macht Spaß, die „Wapperln“
zu beschriften, aufzukleben, eine Zeitlang regelmäßig anzusehen und
sie irgendwann wieder abzunehmen. Ich empfehle, Zeichnungen
anzufertigen, die Etiketten beim Abnehmen auf diese zu übertragen
(vgl. auch FARBEN, Seite 132) und sie abzulegen. Es ist generell gut,
Belege der eigenen Lernarbeit zu sammeln. So können Sie „zur
Auffrischung“ ab und zu darin blättern und darüber hinaus die
Etiketten jederzeit wieder neu verwenden, z.B. wenn Ihr Partner
ebenfalls anfängt, die Sprache für das Urlaubsland zu lernen,
nachdem er gesehen hat, wie gut das bei Ihnen geht.
19. Fernsehen per DVD
Es ist klar, daß wir bei Kauf-DVD.s von den Untertiteln profitieren,
wobei wir festgestellt haben, daß (und warum) man den ZielsprachenText mitlesen sollte (s. Seite 93ff.). Erinnerung: Erst mehrmals auf
Deutsch hören, bis man genau weiß, was jede/r sagt, dann auf die
Zielsprache (z.B. Englisch) umschalten und Englisch mitlesen.
Wenn wir aber in anderen Sprachen FERNSEHEN üben wollen,
haben wir diesen „Service“ noch nicht26. Das jedoch lässt sich
ausgleichen, indem Sie die Sendungen nicht live sehen, sondern
aufnehmen. Dann können Sie so oft Sie wollen PAUSE drücken und
Stellen, die sie nicht gleich verstehen, mehrmals anschauen. Ich sehe
ca. 80% aller Sendungen zeitversetzt, weil ich sie zuerst aufnehme.
So kann ich (mit Hilfe der FF-Funktion) durch Werbeblöcke
„hindurchrasen“ und bei Passagen, die ich gern noch einmal hören
möchte, „zurückspulen“ – bei einer Aufzeichnung alles kein Problem...
Und wenn es schon bei Sprachen, die ich gut beherrsche, von Vorteil
ist, Aufzeichnungen zu sehen, um wie viel hilfreicher ist das dann bei
einer Sprache, die ich lernen möchte?
Variante: Fertigen Sie eine DVD mit WORT-SENDUNGEN
(Nachrichten, Dokus, Talkshows) an, und lassen Sie diese immer
wieder laufen. Mal hören Sie ein wenig hin, um zu sehen, ob Sie
schon Teile verstehen, mal tun Sie andere Dinge – also eine Parallele
zum PASSIVEN Hören, nur entspricht es dem nicht ganz, weil Sie
sich diese Inhalte vorher nicht aktiv erarbeitet haben. Das ist eine
wichtige Unterscheidung: Normales PASSIV-Hören dient der
Vorbereitung des SPRECHENS (Anlage der notwendigen
Nervenbahnen für diese Klänge). Wenn Sie aber Ihnen noch
UNBEKANNTES Material immer wieder PASSIV „laufen lassen“, ist
das wie ein Kurzaufenthalt im Zielland, bei dem Sie von der Sprache
UMGEBEN sind. Und das Hirn lernt, immer mehr Wörter
herauszupicken, die Sie in der Zwischenzeit gelernt haben. Wenn Sie
diese DVD also alle vier Wochen einlegen und einen Tag (leise) im
Hintergrund abspielen, werden Sie jeweils ein klein wenig mehr
ERKENNEN. Ich hatte mir beispielsweise einen Radiomitschnitt einer
Diskussion zweier Fachleute aus Kairo mitgebracht und ihn in dieser
Weise ab und zu „laufen lassen“. Es dauerte ungefähr ein halbes Jahr
Ich lerne Arabisch nicht sehr intensiv, jedes Jahr nur ein wenig, da
mich gewisse Aspekte interessiert haben; die habe ich zuerst
erforscht. Deshalb ließ ich mir Zeit. bis ich zum ersten Mal kapierte,
daß hier zwei Männer über MUSIK und über die Unterschiede
zwischen östlicher und westlicher Musik sprachen. Ungefähr ein Jahr
später wurde mir klar, welcher der beiden der östliche Fachmann war
(das war der, dessen Gebiss ein wenig klapperte) und welcher der
westliche. Schließlich verstand ich rund 60% des Gesprächs, wobei
man wissen muss, daß das Ägyptische eher dem Bayerischen
entspricht. Trotzdem wird es in vielen Sprachkursen als „Arabisch“
verkauft – was richtig ist, wenn man vergißt, nach HOCHARABISCH
zu fragen.
20. Folien-Trick
Es ist ganz einfach: Wenn ich einen Text mehrmals dekodieren
möchte (über mehrere Tage verteilt), dann kopiere ich den Originaltext
(mehrmals) und vergrößere ihn dabei mit der entsprechenden
Funktion stark (das vergrößert nicht nur den Text, sondern auch die
Abstände zwischen den Zeilen). Dieses Vorgehen bietet sich u.a.
dann an, wenn ich nicht in Schul- oder geliehene Bücher
(Stadtbibliothek) schreiben möchte. Manchmal habe ich aber auch
handschriftlich einige Sätze irgendwo herausgesucht (z.B. aus einer
Episode, die ich besonders liebe) und gerade keinen Fotokopierer
griffbereit. Dann nehme ich Overheadfolie (die ist einzeln oder auf der
Rolle erhältlich), lege sie auf meinen handschriftlichen Text und
schreibe die Dekodierung auf die Folie. So bleibt mein Ursprungstext
„jungfräulich“ und ich kann ihn ebenfalls mehrmals dekodieren. Die
Folien kann ich genauso wie die Kopien aufheben, um sie später zu
vergleichen (sicherheitshalber nummerieren). Manchmal lasse ich die
Folie sogar auf der Rolle, um später eine Lösung nach der anderen
„durchlaufen“ zu lassen (z.B. im Seminar). Das sieht interessanter
aus, als wenn man alles sauber mit dem Computer ausgedruckt hat –
insbesondere wenn es mir darum geht, klarzumachen, daß manche
Leute lieber handschriftlich dekodieren...
21. Fragespiele
Wer Fragespiele mag (in Sprachen, die er/sie gut kennt), sollte sie
auch in Sprachen, die er lernt, als EINE wunderbare Quelle des
DENKENS in der Zielsprache nutzen – von „Ich sehe was, was du
nicht siehst“ bis hin zu Rätselspielen aller Art. Sie profitieren auf zwei
Ebenen: a) weil Sie sprachlich üben und b) weil Fragespiele zu dem
besten Denk-Training gehören, das wir kennen!
22. GAMEBOY- oder VIDEOSPIELE dekodieren
Diese Aktivität ist besonders für Kinder geeignet, die gern Videospiele
spielen (meist Jungen). Wählen Sie eines der Spiele aus, am besten
ein Abenteuerspiel, in dem viel mittels Text erklärt wird, und stellen
Sie das Gerät auf die entsprechende Fremdsprache ein – meist
Englisch. Nun wird jeder Text, der erscheint, sofort abgeschrieben und
dekodiert. (Hinweis vfb: Dadurch wird er auch größer und ist so
besser geeignet, die notwendigen Nervenverbindungen im Gehirn
aufzubauen.)
Ich habe selten so motivierte Jungs erlebt, da sie unbedingt wissen
wollen, wie sie in dem Spiel weiterkommen, und sich
dementsprechend auf den Text stürzen. Ein weiterer großer Vorteil
liegt darin, dass die Lernenden nach jedem Game Over das gesamte
Spiel erneut durchlaufen und so das Gelernte ständig spielerisch
vertiefen.
Optional können die Texte – am besten von einem Muttersprachler
gesprochen – auch aufgezeichnet und aktiv oder passiv gehört
werden. Mithilfe des PCs lässt sich eine solche Aufnahme leicht
erstellen.
Beitrag von Götz HAMDORF
23. Grammatik-Spiele
Bei Alfie KOHN können wir (in „The Schools Our Children Deserve“)
nachlesen, daß alles, was man normalerweise zur Verbesserung der
MUTTERSPRACHE anstellt, nichts nutzt. Damit meint er übliche
Vorgehensweisen wie Diktate und Grammatik-Übungen im Unterricht
sowie weitere Grammatik-Übungen als Hausaufgaben (nur
gehirngerechtes Üben bringt viel!). Allerdings kann ich aus der
Erfahrung einiger hartnäckiger Eltern (meistens Mütter), die seit vielen
Jahren freiwillig experimentieren, sagen, daß ABSCHREIBEN viel
bringt – aber nur unter zwei Voraussetzungen:
1. Das Kind schreibt GERN (zu 80% sind das Mädchen), und
2. das abzuschreibende Material wird durchdacht, entweder
BEIM Abschreiben (bei muttersprachlichen Texten nicht schwer)
und/oder VORHER beim gemeinsamen „Erarbeiten“ (dann dient
das Abschreiben dem KONSOLIDIEREN im Gehirn).
Inzwischen gibt es auch weit modernere Studien, die aber genau
dasselbe zeigen. Zum Beispiel haben die Fachleute vom Max-PlanckInstitut für Bildungsforschung (Berlin) eine US-Studie nachgestellt, bei
der schwache SchülerInnen in den FERIEN einige Wochen lang
täglich Theater spielen und in dieser kurzen Zeit einen LeistungsSPRUNG von mehreren Schuljahren erleben. Man konnte es nicht
fassen. Ich hörte zuerst davon, als eine Lehrerin, die dabei war, in
einer Talkshow darüber berichtete; später sprach Reinhard KAHL
davon, dessen Filme hervorragende Berichte über das Schulwesen
sind (früher eine TV-Dokumentarreihe, seit einigen Jahren
zunehmend auch auf DVD erhältlich – unbedingt sehenswert).
Schließlich berichtete sogar der US-Autor Malcolm GLADWELL (in
„ÜBERFLIEGER“) davon. Was mich so erstaunt hat, ist, daß alle
Fachleute ERSTAUNT waren! Wie kann das sein? Überlegen wir
einmal: Plötzlich müssen die Kinder, oft schlechte SchülerInnen,
häufig mit Migranten-Hintergrund, miteinander REDEN. Denn bei
einem solchen Theaterprojekt muß geklärt werden, wer welche Rolle
übernimmt und wer bei den Kostümen, den Bühnenbildern, der
Beleuchtung etc. hilft. Es gibt also eine Menge zu besprechen. Was
die Rolle selbst angeht, so muß man den TEXT viele Male lesen oder
hören (also ÜBEN), damit man ihn letztlich im Stück frei sprechen
kann. Also haben wir zwei Sprachebenen, die ständig parallel laufen:
1. Man will sich austauschen (mitteilen), wobei man den anderen
auch zuhören muß. Dabei werden täglich Wörter in neuen
Kombinationen (Sätzen, Satzfetzen) angewendet.
2. Man lernt einen bestimmten Text auswendig, den man erst
begreifen muß, um ihn anschließend zu INTERPRETIEREN.
Letzteres stellt eine eigenständige LEISTUNG dar, bei der einem
der Regisseur hilft, der wiederum auf der ersten Ebene mit einem
kommunizieren muß, damit man seine Wünsche, Anregungen
etc. versteht.
Also SPRECHEN die SchülerInnen pro Tag mehr als sonst in einem
ganzen Schuljahr, und zwar – egal welcher Nationalität man angehört
– auf DEUTSCH. Wenn man bedenkt, daß ein Schüler im normalen
Sprachenunterricht
(Muttersprache
wie
Fremdsprache)
im
Klassenzimmer pro Unterrichtsstunde zwischen 17 und 70 Sekunden
sprechen darf (muß), dann wird doch schnell klar, daß die Kinder im
Rahmen dieses Projekts weit mehr sprechen als sonst in mehreren
Schuljahren. Und natürlich macht sich diese ÜBUNG bemerkbar.
Warum also erstaunt das die Fachleute so sehr? Es gibt eine
türkische Schule, in der man sich auf DEUTSCH als allgemeine
Sprache geeinigt hat (inklusive Pausen) und dort sind die Kinder
wesentlich besser in Deutsch als an vergleichbaren Schulen – einfach
weil sie, solange sie in der Schule sind, Deutsch sprechen, egal, was
zu Hause passiert.
Und genau das hatte man bereits 1930 herausgefunden. Alfie KOHN
spricht von dieser Langzeitstudie, in der Hunderte von High-SchoolSchülerInnen während der vier Jahre (das High-School-Diplom
entspricht hier eher der mittleren Reife) keinerlei normalen
muttersprachlichen Unterricht hatten. Sie hatten stattdessen dieselbe
Anzahl Englisch-STUNDEN, in denen Gedichte und „echte“ Texte
gelesen wurden, in denen diskutiert wurde etc. Es gab keine einzige
Grammatik-Übung (weder im Unterricht noch als Hausaufgabe).
Ergebnis:
Die SchülerInnen kamen auf dem College genauso gut zurecht
wie vergleichbare Kinder von anderen Schulen, die normalen
Englisch-Unterricht „genossen“ hatten.
Sie taten sich deutlich leichter bei schriftlichen Aufgaben (die im
College an der Tagesordnung sind).
Wiewohl ihre Noten am College mit der Kontroll-Gruppen
vergleichbar waren, waren die SchülerInnen entspannter und
hatten weit mehr Zeit, um an extra-curricularen Aktivitäten
teilzunehmen – also in einem College-Sport-Team mitzumachen
(ohne Sport-Stipendium für sportlich besonders Begabte), im
College-Orchester oder in der Theatergruppe zu spielen, in
Debattierclubs einzutreten oder sich sozial zu engagieren (Geld
sammeln durch Kuchenback-Parties, deren Einahmen Witwen
und Waisen in der Stadt zugute kommen u.ä)...
Alfie KOHN spricht in diesem Zusammenhang von dem am besten
gehüteten Geheimnis in der pädagogischen/didaktischen Literatur.
Und auch jetzt, nachdem man es knapp 80 Jahre später bei uns
wiederholt hat, verschwinden die Fakten wieder – oder wie Wolfgang
SCHMIDBAUER vor Jahrzehnten so schön gesagt hat: Bei uns
werden faszinierende Studien in der Fachpresse eher versteckt als
veröffentlicht. Deshalb ist diese Info in der Laienpresse nur in den
USA aufgetaucht (z.B. bei Malcolm GLADWELL) und dadurch in
einem ins Deutsche übersetzten Buch. Aber das reicht natürlich nicht.
Wenn Tausende von LehrerInnen in den Lehrer-Seminaren noch nie
davon gehört haben, dann hüten wir das Geheimnis immer noch
ausgezeichnet. Unglaublich, aber wahr!
So, nun werden Sie sich vielleicht fragen, warum ich Ihnen all das
unter der ÜBERSCHRIFT „Grammatik-Spiele“ erzählt habe. Ganz
einfach: Es gibt Spiele, mit denen man – UNBEWUSST – Grammatik
üben kann und die trotzdem Spaß machen. Solche Spiele sind (in
allen Sprachen) hilfreich, wenn Sie z.B. Kinder unterstützen wollen,
die in Schule und Ausbildung mit Grammatik konfrontiert werden. Sie
helfen, weil sie ein GEFÜHL für die jeweilige Sprache vermitteln, so
daß die Kinder hinsichtlich dieses Aspekts genauso gut klarkommen
können wie Kinder aus „bildungsnahen“ Elternhäusern – wo man mit
ihnen z.B. „Mensch ärgere Dich nicht“ oder Würfelspiele spielt und so
das Zählen (von 1 bis 6) übt. In ähnlicher Weise kann man auch das
Sprachgefühl trainieren, z.B. mit Hilfe folgender Spiele:
SPRACH-SPIEL: WER? TUT (was)? WIE? WO?
Es gibt verschiedene Versionen, aber sie alle ähneln sich im
Grundsatz:
1. Jede/r SpielerIn (hier sind 4 SpielerInnen optimal) bekommt ein
Blatt Papier, nimmt es quer und teilt es in 4 Spalten ein.
2. Die Spalten werden der Reihe nach wie folgt beschriftet: WER?,
TUT (was)?, WIE? und WO?
3. Jede/r SpielerIn notiert in der ersten Spalte eine Antwort zu
WER?. Das kann eine echte Person sein, ein Charakter aus
einem Märchen, einem Film oder einem Theaterstück, eine
Comic-Figur etc. Danach knickt jeder sein Blatt so, daß die
Antwort verborgen ist (nach hinten weggeknicken).
4. Nun werden die Blätter im Uhrzeigersinn weitergegeben, ehe
jede/r die nächste Frage beantwortet. Und so weiter ...
5. Nach einer Runde sind alle Spalten voll und die Sätze werden
jeweils LAUT vorgelesen, z.B. „Onkel Paul lacht laut in der
Kaffeetasse“, „Oma kauft geizig unter der Bettdecke“, „Donald
Duck schläft trällernd beim Grill“...
Abgesehen davon, daß manche Beispiele sehr lustig wirken (in der
Gruppe weit mehr als wenn man allein liest!), entwickeln die
SpielerInnen so ein Gefühl für den korrekten Satzbau – unabhängig
davon, ob sie mit den entsprechenden Fachtermini schon gequält
wurden oder ob das erst später erfolgen wird. Die Tatsache, daß die
meisten Kinder Grammatik nicht mögen (und die meisten
Erwachsenen diese Abneigung beibehalten), zeigt, daß Grammatik in
der Schule eigentlich nichts zu suchen hat (sie kann ein Wahlfach in
der Oberstufe oder an der Uni sein). Aber solange das System es
erzwingt, können solche Spiele helfen. Hier beispielsweise haben wir
vier Begriffe trainiert (andere Varianten können andere Aspekte
„spielen“):
Bei einer Variante steht stattdessen vielleicht „Wann?“ (und darunter
„Adverbiale der Zeit“).
Nach einer Weile kann man als Überschrift die „Übersetzung“
hinzufügen, so daß die Kinder ständig beides sehen (das „Wo?“ und
darunter „Adverbiale des Ortes“).
24. HÖREN – verschiedene Arten
Wir haben in Kapitel 1 zwei Arten des Hörens kennengelernt, nun
kommt eine dritte hinzu:
1. HÖREN/AKTIV (Klangbild des Dekodierten) ist ein bewußter
HÖRVORGANG (wir wollen verstehen, was wir hören).
2. HÖREN/PASSIV (= unbewußt) dient dazu, die notwendigen
Nervenbahnen für späteres Sprechen anzulegen. (Denken Sie
daran, wie lange Babies und Kleinkinder hören, ehe sie selbst zu
sprechen beginnen.) Der französische Hörforscher Alfred
TOMATIS hatte schon vor Jahrzehnten festgestellt: Wir können
nicht sprechen, was wir nicht zuvor gehört haben. Daher sind alle
Versuche, neue Sprachen SOFORT zu sprechen, Unsinn. Je
fremdartiger die neue Sprache ist, desto wichtiger ist es,
VORHER zu hören.
Vokabel-Pauken ist ebenso unsinnig, weil man Wörter sprechen
(murmeln) soll, deren Klang man noch nicht einmal kennt.
3. Beim HÖREN NEBENBEI sollen Sie Ihre Sprachtexte wie einen
Podcast hören (z.B. beim Bügeln, Gassi- oder Spazierengehen,
Joggen, Reisen, Warten etc.). Dabei werden Sie manchmal
BEWUSST hören (und sich über alles freuen, was Sie gut
verstehen) und manchmal werden Sie abgelenkt (demzufolge
rückt die Sprache in den Hintergrund).
25. Ja/Nein-Rätsel-Spiele
Dabei handelt es sich um eine bestimmte Art von RÄTSEL-SPIELEN
(s. Seite 82), bei der wir Ja/Nein-Fragen stellen, die jedoch mit 4
verschiedene Antworten beantwortet werden können (statt mit zweien,
wie man es normalerweise kennt). Denn wenn wir wirklich
LOGISCHES DENKEN trainieren wollen, brauchen wir folgende
Antworten:
1. JA
2. NEIN
3. APFELKUCHEN (eigentlich JEIN, aber da sich das auf NEIN
reimt, besteht immer die Gefahr eines akustischen
Missverständnisses)
4. WEISS NICHT
Wer diese Art von Stories kennt, kann überlegen, ob er sie nicht auch
in anderen Sprachen spielen möchte. Wer diese Art von Stories gar
nicht kennt, den darf ich auf ein Taschenbüchlein verweisen, das
sowohl das Procedere genau erklärt als auch, warum diese Rateart
gut für uns ist, und darüber hinaus viele Fallbeispiele bietet:
„Intelligente Rätsel-Spiele“ (ebenfalls erschienen im mvg-verlag).
26. KaWa.s
KaWa.s sind die „kleinen Brüder“ der ABC-Llisten (s. Seite 214) mit
folgenden Unterschieden:
Wir arbeiten mit weit weniger Buchstaben (nämlich nur mit
denen des Schlüsselworts), machen aber im Grunde dasselbe
wie beim ABC.
Beim ABC wandern wir mit den Augen „rauf und runter“, um
Assoziationen zu bestimmten Buchstaben aufzuspüren, statt stur
bei „A“ zu beginnen und uns zu „Z“ vorzukämpfen. Beim KaWa
wandern unsere Augen dagegen seitlich „hin und her“.
Wie beim ABC gilt auch hier die Regel: LEER oder MEHR. Im
Klartext: Es ist sowohl erlaubt, Buchstaben freizulassen, als auch,
Buchstaben mehr als einmal zu belegen.
KaWa.s können als Assoziationen sowohl einzelne Wörter
enthalten als auch (Merk-)Sätze (s. Beispiel).
Natürlich kann man KaWa.s in jeder Sprache anlegen. Besonders
reizvoll kann es für Fortgeschrittene sein, zweisprachig zu arbeiten
und zwei parallele KaWa.s anzulegen: Können wir in einem KaWa zu
SUCCESS ähnliche Gedanken unterbringen wie zu ERFOLG im
Deutschen?
Oder DOPPEL-KaWa.s: Kann ich in EINEM Begriff sowohl englische
als auch deutsche Assoziationen unterbringen, die in etwa dieselben
Ideen transportieren?
27. Kissenlautsprecher
Wenn Sie gern zum Einschlafen Ihre Fremdsprachen-Texte hören
würden, der Partner aber nichts (beziehungsweise die Sprache, die er
selbst lernt) hören möchte, könnten Sie sich einen Kissenlautsprecher
zulegen. Sie sind sehr flach, relativ breit (Durchmesser vergleichbar
mit einem Kuchen teller) und ausgezeichnet geeignet, um zu hören,
was sonst niemand hören soll (klappt auch, wenn Sie auf dem Rücken
liegen). Wer schon mal im Krankenhaus war, kennt sie; im Zweifelsfall
in einem Sanitätshaus nachfragen...
28. Kreuzworträtsel
Wer gern Kreuzworträtsel löst, kann dies auch in der Fremdsprache
tun. Es gibt sogar Computerprogramme, die einem aus Begriffen, die
man ver-TIEF-en möchte, ein Kreuzworträtsel basteln. Sie müssen
dann nur noch die entsprechenden Fragen/Hinweise eintragen und
das ganze „lagern“. In einigen Wochen, wenn Sie sich nicht mehr so
akut an die Verbindung zwischen den von Ihnen erfunden
Kreuzworträtsel-Hinweisen und den dazugehörigen Begriffen erinnern,
versuchen Sie, es zu lösen. Da das Kreuzworträtsel jetzt im Computer
gespeichert ist, kann es beliebig oft ausgedruckt und gelöst werden.
Denken Sie bitte beim Ausdrucken daran, die Schrift so groß zu
wählen, daß es auch Spaß macht, hineinzuschreiben – also
mindestens 24 Punkt (vgl. das wöchentliche STERN-Rätsel, das nicht
zuletzt deshalb so beliebt ist, weil man groß hineinschreiben kann).
Merke: Je kleiner und „fummeliger“ die Vorlage ist, desto diffuser ist
die Wahrnehmung und desto weniger ist sie geeignet, um
Nervenbahnen anzulegen oder zu verstärken!
29. Kurze Sprüche
Erste Fallbeispiele dazu finden Sie im Dekodier-Abschnitt (Seite 64ff.),
weitere können Sie leicht im Internet finden (es gibt auch Bücher mit
Sprüchen, Redewendungen, Sprichwörtern etc). Wer bei Twitter
mitliest, kann jeden Tag einige finden, z.B. bei @Zitate auf Deutsch
und bei @quotme auf Englisch (nein, es ist kein Tippfehler, es handelt
sich um ein APP fürs iPhone, das so heißt und das regelmäßig Zitate
– englisch „quotes“ – sendet). Habe gerade wieder reingeschaut, und
was lese ich? Einen Satz, den ich allen Schulen ins Stammbuch
schreiben möchte: „Strive for excellence, not perfection.“ („Strebe
nach Exzellenz, nicht nach Perfektion.“ H. Jackson Brown Jr.)
30. Lautschrift (anpassen oder erfinden)
Es kann große Freude machen, LAUTSCHRIFTEN anzupassen oder
selbst zu erfinden. Sie können es ja mal mit Deutsch ausprobieren.
Falls auch Sie zu den Leuten gehören, die immer noch glauben,
Deutsch sei eine „phonetische Sprache“ (will heißen, man schreibt,
was man spricht), sollten Sie folgendes Mini-Exepriment möglichst oft
mit Freunden wiederholen! Im Seminar lasse ich die TeilnehmerInnen
ein Mini-Diktat schreiben, indem ich sie bitte, zu notieren, was Sie
tatsächlich hören. Dann beginne ich mit dem bekanten Gebet: „Vater
unser...“ Tatsache ist, daß so gut wie alle „Vater unser“ schreiben,
obwohl sie das gar nicht hören konnten, denn:
Man kann nicht hören, daß „Vater“ mit „V“ geschrieben wird. Doch
wenn Kinder es mit einem „F“ schreiben – das sie ja tatsächlich
gehört haben –, wird es als Fehler angestrichen und man gibt
ihnen so das Gefühl, ziemlich „doof“ zu sein.
Offensichtlich hat auch am Wortende niemand zugehört, denn
GEHÖRT haben Sie: FATA UNSA.
Wenn Sie dieser faszinierenden Thematik nachgehen wollen, es gibt
ein eBook mit über 140 Seiten voller Fallbeispiele (komplett durchgeLAUTSCHRIFT-et) zum Spielen und Üben. Es heißt „FONETIX“ und
ist auf www.ciando.com erhältlich.
Auf ähnliche Art und Weise habe ich mir eigene Lautschriften für
fremde Sprachen gebastelt. Manchmal übernahm ich vorhandene, die
ich im Detail änderte, oft aber erfand ich eine eigene. Das Ausdenken
der Lautschrift lehrt uns mehr über die Aussprache als tausend
Ausspracheregeln, denn für die Lautschrift VERGLEICHEN wir
ständig Schrift- und Lautbild, das heißt, wir aktivieren den NeuroMechanismus des VERGLEICHENS (der im normalen Schulalltag
meist brachliegt). Außerdem kommt der Neuro-Mechanismus der
ABSTAKTION zum Einsatz (s. MERKBLATT Nr. 11, Seite 203), was
ebenfalls nicht passiert, wenn man uns zwingt, die Aussprache via
Regeln bewußt zu lernen.
31. Lesematerial auswählen
Was das Lesematerial angeht, das Sie auswählen sollten, wenn Sie
über die ersten Hürden hinweggesprungen sind, möchte ich andeuten,
daß heutzutage zu jedem Thema (von Astrophysik bis zum
Liebesleben der Fische) Bücher erhältlich sind, so daß auch
LernerInnen, die kein Interesse an Kriminalromanen haben (s. Seite
72f.), insbesondere solche, die lieber Sachthemen lesen, jede Menge
finden können. Bedenken Sie bitte auch, daß die Krimis mit ihren
vielen Dialogen gerade für Menschen geeignet sind, die später selbst
aktiv sprechen wollen (ebenso wie Theaterstücke und Hörspiele, die
man bekannterweise auch in Buchform „konsumieren“ kann).
Wer aber später hauptsächlich informative Texte lesen will, hat an
Dialogen eher wenig Bedarf. Deshalb sind Sach-Texte für ihn
geeigneter. Wenn Ihr Fachgebiet feststeht, werden Sie sowieso
zahlreiche Bücher in Ihrer Zielsprache auf Ihrer „Leseliste“ haben (weil
diese in anderen Werken bereits zitiert wurden). Wenn Sie aber
informative Texte zu unterschiedlichen Themenbereichen suchen,
dann sollten Sie folgendes bedenken: Zwar hat man nicht immer
einen international sortierten Buchladen um die Ecke, aber wenn Sie
eine gute Bibliothek in Ihrer Nähe haben, die auch ausländische
Bücher führt, können Sie in Ruhe auswählen – und das Buch, das
Ihnen gefällt, später bei Ihrem Buchhändler bestellen. Und vergessen
Sie Bahnhofs- und Flughafen-Buchläden nicht. Hier finden Sie
nämlich nicht nur Bücher in verschiedenen Sprachen (vom Krimi bis
zum Sachbuch), sondern darüber hinaus auch Zeitungen und
Zeitschriften.
32. LESEN durch Schreiben
Vor vielen Jahren machte Dr. REICHEN klar, daß man Lesen durch
Schreiben lernt und nicht umgekehrt (wie damals noch weitgehend in
der Schule). Ich habe seine Technik aufgegriffen und eine Variante
mit Geheimschrift entwickelt, um „schreibfähigen“ Erwachsenen
(Eltern, Lehrkräften) zu zeigen, was beim Lesenlernen passiert (s.
„Stroh im Kopf?“, Seite 89ff.). In unserem Zusammenhang sei
angedeutet:
Jedesmal, wenn wir ein Wort schreiben, ver-TIEF-en und ver-STÄRKen wir (im Wortsinn!) die zum Lesen notwendigen Nervenbahnen.
Allerdings sollte man genau das schreiben, was man lesen möchte,
also DRUCKSCHRIFT. Es ist völlig absurd, so früh mit dem Schreiben
der sogenannten Schreibschrift zu beginnen, sie sollte frühestens in
der Pubertät „Pflicht“ werden – wenn überhaupt. Dann nämlich
entwickeln auch Jungen die für kalligraphische Leistungen nötige
FEIN-MOTORIK, während das bei Mädchen viel früher passiert.
Deshalb ist SCHÖNSCHREIBEN eine typische Mädchen-Fertigkeit
(vgl. mein Buch „Jungen und Mädchen – wie sie lernen“). Man
bedenke auch, daß es für Jungen viel interessanter ist, wenn sie
GROBMOTORISCH schreiben üben dürfen, z.B. indem sie mit großen
Bewegungen in die Luft schreiben oder indem sie sich gegenseitig auf
den Rücken schreiben (und der Rückenbesitzer das Wort zu raten
versucht) u.ä. Wenn also erwachsene Männer null Bock auf SchreibÜbungen haben, dann wurde der Grundstein für diese Abneigung oft
in der Schule gelegt, weil sie viel zu FRÜH schreiben mußten. Für sie
alle ist die Übung mit der Geheimschrift (in „Stroh im Kopf?“) wichtig,
denn oft stellen sie dabei zum ersten Mal fest, daß Schreiben Spaß
macht (weil mit dieser Übung sämtliche peinliche Schul-Erinnerungen
„umschifft“ werden). Vielleicht ist das auch der Grund, warum viele
angebliche Legastheniker mit der Geheimschrift keine der üblichen
Fehler mehr machen. Manchmal ist es eben sinnvoll, alle
Erinnerungen an die Schule auszublenden, besonders wenn man
sehen will, was jemand ohne diese Blockaden leisten kann.
33. LESEN – extrem langsam
Dabei handelt es sich um eine Übung, die ich für Kinder entwickelt
habe, die mit dem lauten Lesen Probleme haben (Stichwort:
Rezitations-Training). LehrerInnen, die sie im Klassenzimmer
einsetzen, haben wahre Wunder erlebt. Beim ZEITLUPEN-Training (s.
Seite
151)
finden
Sie
eine
abgespeckte
Version
für
SprachlernerInnen, die vor allem den ersten Lernschritt übernimmt.
34. Lesen – lange oder kurze Texte?
Wie Sie gleich noch sehen werden, spricht Dr. TEICHMANN von
Romanen und nicht von Kurzgeschichten (s. Seite 115ff.). Das deckt
sich mit einer Aussage, die ich seit Jahren im Seminar mache. Bitte
bedenken Sie:
Ein Autor (das gilt auch für den Übersetzer eines Werkes) benötigt
ungefähr 30 gedruckte Textseiten, um sein Grundvokabular
vorzustellen. So sage ich z.B. „wiewohl“, wiewohl die meisten
Menschen „obwohl“, einige hingegen „obschon“ sagen. Das ist eines
der Wörter, die meinem persönlichen Wortschatz entsprechen.
Ebenso haben Sie oder der Autor (Übersetzer), den Sie lesen wollen,
einige Lieblingswörter, die immer wieder auftauchen. Wenn man nun,
wie es in der Schule üblich ist, nur Kurzgeschichten liest, dann taucht
folgendes Problem auf: Zu dem Zeitpunkt, da Sie endlich den
schwersten Teil des Textes überwunden haben, ist er beendet.
Sie beginnen beim nächsten Stück also wieder mit dem
Schwersten!
Wie schon erwähnt, habe ich ab und zu das Gefühl, daß manche
Lehrer bevorzugt eine Strategie anwenden (sicher unbewußt), welche
es ihren Schülern ganz besonders schwermacht. Dadurch wirken
solche Lehrer irgendwie sicherer und sehr souverän ... Aber Sie, die
Sie diese Anleitung zum Sprachenlernen lesen, müssen diesen Fehler
ja nicht auch machen! Deshalb rate ich Ihnen zu langen Texten bzw.
Romanen:
Wenn Sie endlich das bevorzugte Grundvokabular kennen,
wird das Lesen viel leichter! Das macht Spaß und bringt jede
Menge Erfolgs-Gefühle.
Manche LehrerInnen sagten im Seminar, daß im Roman ab
diesem Punkt ja sehr viele Wörter wieder und wieder auftauchten,
daß somit das Vokabular nicht in dem Maße vergrößert wird wie
in einer zweiten Kurzgeschichte. Ich widerspreche aufs
energischste! Ich bin überzeugt davon, daß die Menge der neuen
Wörter im Verlauf des Romans mindestens drei weiteren
Kurzgeschichten entspricht, aber diese erscheinen „eingebettet“
in viel Vertrautes, werden also im Sinn-Zusammenhang leicht
„erkannt“ oder „erraten“, was das Lernen weit leichter macht!
Jetzt kennen Sie ja den Rahmen, in dem der Roman spielt
(Zeitalter, Ort, Hauptpersonen, Haupt-Konflikte). Je mehr Sie
wissen, desto leichter lernen Sie neue Details, weil sie sofort in
Ihr Wissensnetz „eingehängt“ werden können.
Last but not least gibt es ein psychologisches Element von
elementarer Bedeutung: Wenn jemand in seiner Muttersprache
gern Romane liest, dann liebt er es, sich für die Zeit des Lesens
in eine „andere Welt“ entführen zu lassen. Ob das nun die KrimiAtmosphäre ist oder der Hintergrund eines Westerns
beziehungsweise eines historischen Romans; ob er durch
Science Fiction ins Weltall oder in die Zukunft „entschwebt“ oder
was auch immer! Dieser Tatbestand führt doch überhaupt dazu,
daß Leute Romane lesen! Warum soll ihnen das vorenthalten
werden, wenn sie in der Zielsprache lesen? Das ist absurd!
Dieser Faktor ist ein phänomenaler Motivator, insbesondere wenn
man die ersten 30 Seiten endlich einmal hinter sich gebracht hat.
Ab jetzt wird das Lesen erst so richtig „schön“, das gilt sowohl für
Romane in der Zielsprache als auch für muttersprachliche
Romane!
35. Lesen ohne Verstehen – (Methode Dr.
TEICHMANN)
Der Dolmetscher und Autor Dr. Bernhard TEICHMANN schlug in
seinem Buch „Teichmanns praktische Methode – Eine sichere
Anleitung zum wirklichen Sprechen der französischen Sprache“ vor
100 Jahren nicht nur das wörtliche Übersetzen vor, sondern hatte
auch einen interessanten Denk-Ansatz bezüglich des Lesens, den ich
Ihnen hier präsentieren möchte. Ich könnte mir nämlich sehr gut
vorstellen, daß sein Vorschlag (mit gewissen Abweichungen, auf die
wir eingehen werden) durchaus Erfolg haben kann! Nachdem der
Kurs von Dr. TEICHMANN Französisch lehrt, setzen Sie in seinen
Aussagen für „Französisch“ bitte die Sprache ein, die Sie gerade
lernen wollen.
Jetzt gehe ich wie folgt vor: Sie lesen gleich, was Dr. TEICHMANN vor
100 Jahren gesagt hat (eingerückt, in kursiver Schrift), während meine
Kommentare dazwischen (in dieser normalen Schrift) eingestreut sind.
Stellen Sie sich bitte vor, Dr. TEICHMANN und ich würden je ein
Seminar geben; er vor 100 Jahren und ich heute. Und Sie säßen in
einer Zeitreisemaschine und könnten blitzschnell zwischen diesen
beiden Ereignissen hin und her reisen...
Nachdem der Lernende ... (ca. 10 Lektionen eines Kurses)
schriftlich ... gehörig durchgearbeitet hat, verschaffe sich
derselbe mit Hilfe eines erfahrenen Buchhändlers einige ihm
dem Inhalte nach bereits bekannte Werke seines LieblingsSchriftstellers in französischer Übersetzung oder in
französischen Original-Ausgaben.
Ich möchte zu bedenken geben, daß Übersetzungen in die
Zielsprache anfänglich besser sind, weil sie stilistisch leichter sind als
ein Text, der in dieser Sprache gedacht und gefühlt worden war. Also,
wer englische Romane lesen möchte, könnte z.B. einen George
SIMENON auf Englisch lesen, während ein anderer z.B. einen PerryMason-Roman auf Französisch beginnt.
Romane, welche viele Gespräche enthalten, sind anfänglich
vorzuziehen.
Besonders zum Einstieg geeignet sind meines Erachtens
Kriminalromane, nicht nur, weil sie in der Regel viele Dialoge
enthalten, sondern auch, weil fast jeder Autor seine Kriminalromane
nach einem bewährten „Strickmuster“ bastelt. Die Fans von Miss
Marple, Hercule Poirot, Nero Wolfe oder Perry Mason wissen dies zu
bestätigen! Anfangen könnte man z.B. mit Perry-Mason-Romanen
(von Erle Stanley GARDNER) in jeder Sprache (hier ist selbst das
englische Original leicht verständlich), danach könnte man zu Rex
STOUTS Nero Wolfe „aufsteigen“ und als letztes Agatha CHRISTIES
Bücher in Angriff nehmen, denn sie hat von den dreien durch ihren
etwas altertümlichen Satzbau mit Abstand den komplexesten Stil;
daher sollte man schon einigermaßen gut lesen können, ehe man ihre
Texte in einer neuen Sprache angeht. Für mich ist Agatha CHRISITE
(in der Übersetzung in meine derzeitige Zielsprache) immer der letzte
Test, ehe ich zu Original-Büchern in dieser Sprache übergehe.
Nun lese er, ohne ein Wörterbuch aufzuschlagen und ohne
Rücksicht auf volles Verständnis, täglich mindestens eine
Stunde, und zwar:
von der Größe dieses Buches.
Nun, vor 100 Jahren konnte man davon ausgehen, daß ein
Erwachsener, der eine Fremdsprache lernen will, jede Menge Zeit
dazu hat. Heute jedoch, im Zeitalter der Elektronik, können wir eine
Menge Lernarbeit via CD.s an unser Unbewußtes delegieren; aber ich
meine, man sollte den Versuch einmal wagen, indem man jeden Tag
10 Minuten lang liest, ob man nun versteht oder nicht. Allerdings
möchte ich Ihnen vorschlagen, nach Beendigung des Buches kein
neues zu nehmen (wenn Sie weniger als 30 bis 40% des Inhaltes
begriffen haben), sondern mit demselben Buch wieder von vorn
anzufangen! Ich stelle es mir weit motivierender vor, im selben Text
beim zweiten Durchgang schon weit mehr und beim dritten
Durchgang schon fast alles zu verstehen! (Was mit Sicherheit
geschieht, wenn Sie zwischenzeitlich mit unserer Methode
weitermachen.)
Die erste Lektüre ohne Wörterbuch stößt bei fast allen auf
scheinbar unüberwindliche Hindernisse; jeder Lernende sträubt
sich dagegen, indem er sagt: „Wozu soll ich denn etwas lesen,
was ich doch nicht verstehe? Mir fehlen ja noch viel zu viel
Vokabeln!“
Sie sollten die Einwände einmal hören, welche manche
TeilnehmerInnen zunächst gegen das gehirn-gerechte Lernen
vorbringen! Erstens „frißt“ der Bauer nicht gern, „was er nicht kennt!“
Das ist ein Problem für jeden, der Neues vorstellt, ob das nun Dr.
TEICHMANN vor 100 Jahren war oder ich heute. Und zweitens haben
die meisten Menschen relativ wenig Phantasie, wenn sie durch Schulund Ausbildung zum Gehirnmuffel gemacht wurden. Dann glauben sie
zwar einerseits, Lernen müsse so ablaufen, wie sie es kennen,
während sie andererseits glauben, sie selbst seien dafür ungeeignet,
sie hätten ein schlechtes Gedächtnis, sie wären nicht sprachbegabt
etc. Aber Sie, die Sie mir bis hier gefolgt sind, wissen es inzwischen
besser, gell?
Wenn jedoch der Lernende den obigen Vorschriften folgt und
geeignete Bücher liest, so sagt er in der Regel nach
Beendigung des ersten Bandes: „Ich habe aber fast gar nichts
verstanden.“ .... nach Beendigung des zweiten Bandes: „Ich
habe aber nur sehr wenig verstanden.“ ... nach Beendigung
des dritten Bandes: „Ich habe den Inhalt teilweise erraten“. ...
nach Beendigung des vierten Bandes: „Ich habe so ziemlich
verstanden, um was es sich handelt.“ .... nach Beendigung des
5. Bandes: „Ich verstehe den Inhalt ganz gut, manche Seiten
verstehe ich vollständig.“ .... nach Beendigung des sechsten
Bandes: „Es ist gar nicht so schwer, wie ich dachte; ich
verstehe den Inhalt vollständig, ohne jedoch jedes einzelne
Wort zu verstehen. Ich habe durch Erraten sehr viele neue
Wörter gelernt und mich durch Nachschlagen im Wörterbuch
von Zeit zu Zeit überzeugt, daß ich richtig geraten habe. Die
Lektüre macht mir jetzt viel Vergnügen; ich hätte nicht gedacht,
daß ich eine fremde Sprache so schnell erlernen würde.“
Wie oben angedeutet, müssen es ja nicht mehrere Bücher sein; wenn
Sie also ein Buch mehrmals so durcharbeiten würden, dann gälten die
Aussagen Dr. TEICHMANNs für die jeweiligen Durchgänge. Ich bin
überzeugt davon, daß jemand, der mit unserer Methode arbeitet, mit
weit weniger Lesezeit ähnlich spektakuläre Ergebnisse erzielen wird.
Die Lektüre ohne Wörterbuch bezweckt die Ausbildung des
Sprachgefühls; es ist ganz erstaunlich, welche Fertigkeit man in
dem Erraten der Bedeutung vollständig unbekannter Wörter
erlangen kann, so daß man nach einigen Monaten durch
tägliche Übung mit Leichtigkeit französische Werke versteht.
Die Lektüre muß vor allen Dingen den Lesenden anregen und
so interessant sein, daß derselbe ganz vergißt, daß er nicht
seine Muttersprache liest...
Sie haben also nun zwei Möglichkeiten: Einmal, daß Sie sich nur an
Texte heranwagen, die Sie bereits einigermaßen verstehen können –
so wie man ja auch „normalerweise“ vorgeht. Darüber hinaus könnten
Sie aber doch den Versuch wagen, 10 Minuten pro Tag mit
Materialien zu arbeiten, die weit über Ihr derzeitiges
Auffassungsniveau in dieser Sprache hinausgehen. Ich garantiere
Ihnen, daß Dr. TEICHMANNs Plan „funktioniert“!
36. Lückentext-Übungen
Lückentexte erfreuen sich großer Beliebtheit, weil sie das Gehirn auf
angenehme Weise fordern und fördern. Entsprechende Übungen
lassen sich leicht selbst „basteln“, indem Sie aus einem Lektionstext –
z.B. durch Übermalen mit Tipp-Ex – Wörter entfernen. Diese Übungen
können sowohl schriftlich als auch mündlich durchgeführt werden.
Bei der schriftlichen Variante würden Sie die fehlenden Wörter
entweder direkt in die Lücke schreiben oder den Text noch einmal
komplett (ab)schreiben.
Vorgehen bei der Sprechübung: Lesen Sie den Text laut, und
„füllen“ Sie dabei die Leerstellen aus. Diese Übung ähnelt dem lauten
Lesen, mit dem Unterschied, daß Sie Teile ergänzen. Und genau das
stärkt das Erfolgsgefühl enorm und ist darüber hinaus weniger
langweilig als das normale Lesen – vor allem wenn Sie den Text
schon (beinahe) auswendig können, aber noch Hilfestellungen
brauchen. Lassen Sie von Übung zu Übung mehr Worte weg, so daß
am Ende nur noch einige wenige Schlüsselwörter auf dem Papier
stehen. (Wenn Sie mit Fotokopien arbeiten, haben Sie ja in
Wirklichkeit keinen Text „verloren“.)
37. Mit Übersetzungen parallel lesen
Das ist eine prima Art und Weise, sich einen fremden Text zu „erlesen“: Nehmen wir an, Sie besitzen ein Werk in zwei (oder mehr)
Sprachen. Denken Sie z.B. an berühmte Romane, die in verschiedene
Sprachen übersetzt wurden. Ich schlage Ihnen jetzt zwei
Vorgehensweisen vor; probieren Sie einfach aus, welche Ihnen
besser gefällt. Und bedenken Sie bitte, wer den zweiten Vorschlag
annimmt, kann zusätzlich 10 Minuten am Tag im Sinne von Dr.
TEICHMANN mit schwierigen Texten arbeiten (s. Seite 117ff.). Der
zweite Vorschlag ist kein Ersatz, sondern etwas, das man auch tun
kann! Denn diese Empfehlung zum Thema Lesen wendet sich ja vor
allem an diejenigen unter Ihnen, die besonders gern (oder viel) lesen
wollen.
Satz für Satz
Sie lesen abwechselnd in beiden Büchern, wobei Sie sich wie in
Zeitlupe Satz für Satz vortasten. Diese Methode ist vor allem dann
sinnvoll, wenn Sie beim Lesen des Vorschlages von Dr. TEICHMANN
(Seite 115ff.) „das große Grausen“ überkommen hat, wenn Sie also
dachten, daß Sie das auf keinen Fall ausprobieren werden! Denn es
gibt Menschen, welche die innere Unsicherheit nicht gut vertragen, die
zwangsläufig auftaucht, wenn einzelne Wörter oder gar halbe Sätze
nicht begriffen werden. Wenn Sie also Satz für Satz vergleichen,
notfalls Passagen im Zielsprache-Text ins Deutsche dekodieren, dann
können Sie wesentlich schneller in der Fremdsprache lesen, als
wenn Sie nur mit Lektionstexten „den Punkt“ erreichen wollen, an dem
dies möglich ist.
Szene für Szene
Sie sind anders „gelagert“ als der eben erwähnte Leser. Sie denken
sich absolut nichts dabei, wenn Ihnen nicht jedes einzelne Wort klar
ist, solange Sie die „große Linie“ verstehen. Also gehen Sie wie folgt
vor: Sie lesen im deutschen Text, bis Sie einen Absatz oder eine
Szene (die über mehrere Absätze gehen kann) „eingefangen“ haben.
Zum Beispiel beginnt Mario PUZOs „Der Pate“ mit einer Szene im
Gericht, in der die beiden Burschen, die versucht haben, die Tochter
eines italienischen Einwanderers zu vergewaltigen, freigesprochen
werden. Der Vater, der immer an die Gerechtigkeit des
amerikanischen Systems geglaubt hat, ist erschüttert. Er wird zum
Paten gehen und dafür sorgen lassen, daß der Gerechtigkeit doch
noch Genüge getan wird! Das wäre so eine Szene (von ca.
anderthalb Seiten). Sie lesen den deutschen Text, indem Sie sich alle
Details vorstellen, also z.B., wie der Richter seine Ärmel hochrollt, als
wolle er körperlich gegen die Beklagten vorgehen, etc. Lesen Sie den
deutschen Text ruhig zwei- oder dreimal, bis Sie die Szene glasklar
vor Ihrem geistigen Auge sehen. (Wenn es sich um einen Fachtext
handelt, können Sie auch Skizzen machen, z.B. ein Balken-Diagramm
für Zahlenwerte o.ä.) Nun, mit dieser klaren Vorstellung beginnen Sie,
den Zielsprache-Text zu lesen, und zwar:
Das erste Mal schnell, also im selben Tempo, mit dem Sie ihn
im Deutschen gelesen hätten. Dabei erkennen Sie einzelne
Wörter und beginnen in der rechten Hirnhälfte ein „Netz“ für diese
Szene in der Zielsprache zu flechten.
Das zweite Mal langsam, wobei Sie alle Stellen, die Sie gut
verstehen, mit Filzstift anmalen. Wohlgemerkt, wenn Sie
begreifen, daß die beiden Burschen einerseits in Demutshaltung
vor dem Richter stehen, daß aber andererseits auch etwas
Verschlagenes in ihrer Haltung steckt, dann gilt dieser Satzteil als
begriffen, auch wenn er einzelne Wörter enthält, die Sie eher aus
dem Kontext erahnen, als daß Sie sie wirklich verstehen!
Nun gehen Sie zurück und lesen den deutschen Text noch einmal,
wobei Sie sich wiederum jedes Detail bewußt vorstellen. Dann zurück
zum fremdsprachlichen Text, bis Sie diese Szene zu ca. 70%
verstehen können! Danach beginnen Sie mit dem nächsten Absatz
(oder der nächsten Szene) und lesen weiter.
Diese Lese-Technik wird seit Jahren von meinen Teilnehmern erprobt.
Sie funktioniert hervorragend, vorausgesetzt, der Lernende empfindet
das Lesen an sich als lustbringende Tätigkeit. Wem es nicht so geht,
der würde sich nur quälen; aber Sie sollen jetzt ja nur das auswählen,
was Sie anspricht...
38. Monologisieren (Selbstgespräche)
Es ist ganz leicht, wenn Sie sich eingangs Dinge „erzählen“, die Sie
sagen können, und erst später dazu übergehen, Dinge
auszusprechen, die Sie sagen wollen. Merke: Murmeln reicht nicht!
Früher hieß es in der Schule: Laut und deutlich.
Beginnen Sie damit, sich jeden Tag 60 Sekunden lang etwas in der
Zielsprache zu erzählen, und steigern Sie Ihr „Pensum“, je nachdem,
wie wichtig aktives Sprechen für Sie ist. Beispiele:
INTERVALL-TRAINING: Stellen Sie einen Timer (viele Handys
haben einen eingebaut!) auf Automatik (z.B. alle 90 Minuten).
Jedesmal wenn er losgeht, sprechen Sie 1 Minute lang. Wenn Sie
gerade im Café sitzen oder in der Warteschlange stehen, nehmen
Sie Ihr Handy ans Ohr – es weiß ja niemand, daß Sie hier das
MONOLOGISIEREN üben! Wenn Sie gerade nicht können,
drücken Sie auf die „Schlummer-Taste“ und agieren beim
nächsten (übernächsten) Mal.
Weiten Sie die Minute graduell aus: 90 Sekunden, 2 Minuten, 3
Minuten... Schaffen Sie einen 5-Minuten-Block? Und zwar
mindestens einmal täglich (s. auch „Wochenende VERBOTEN“,
Seite 148).
39. NACHHILFE?
Wenn Sie die Nachhilfe-Kosten in Deutschland recherchieren, stellen
Sie fest, daß sie seit vielen Jahren ständig steigen. 1990 jammerte
man noch über 750 Millionen DM (also knapp 400 Millionen Euro),
inzwischen (März 2010) lesen wir bei SPIEGEL ONLINE, daß sich die
Zahl verdreifacht hat: Gemäß der Bertelsmann-Stiftung zahlen Eltern
in Deutschland jährlich bis zu 1,5 Milliarden Euro für Nachhilfe.
Es wird gern behauptet, der größte Teil dieser Summe würde für
Mathe-Nachhilfe ausgegeben, aber diese Aussage stimmt so nicht:
Erstens weil bei dieser Betrachtung Arithmetik (reines RECHNEN)
einbezogen wird und zweitens weil bei Rechenproblemen in den
ersten 4 bis 6 Schuljahren vor allem fehlende Fertigkeiten in den
vier Grundrechenarten die Ursache sind. Das Problem kann z.B.
mit
meiner
Eltern-DVD
„Gehirn-gerechtes
Rechentraining“
kostengünstig (ca. 11 Euro) gelöst werden – notfalls können sogar
Erwachsene ihre Lücken gemeinsam mit den Kindern füllen und die
Rechenspiele,
arithmetischen
Zaubertricks
etc.
gemeinsam
trainieren...
Damit wird der ursprünglich zweitgrößte Posten zum größten
Kostenfaktor, nämlich der Sprachunterricht, also
1. Deutsch (als Muttersprache), auch in Klassenzimmern ohne
großen „Migrations-Anteil“
2. Fremdsprachen (inklusive Deutsch für Kinder mit Migrations-
Hintergrund)
Bitte bedenken Sie die Probleme, die deutsche Kinder aus
bildungsfernen und bildungsfeindlichen Familien haben, weil sie
von extrem schlechtem Stummel- beziehungsweise Stammeldeutsch
umgeben sind, so daß es wirklich nicht nur die Migrantenkinder
sind, die das Sprachniveau in den Klassen „herunterziehen“.
Erschwerend kommt hinzu, daß heute viele Lehrkräfte selbst kein
wirklich gutes Deutsch mehr sprechen. Früher hatten LehrerInnen
durchaus auch regionale Färbungen, sie sprachen aber
grammatikalisch korrekt. Und das ist viel wichtiger als alberne
Gramatik-Übungen, denn entscheidend ist das Niveau der Sprache,
das die Kinder ständig umgibt (s. Seite 56f.). Wenn ich aber das
Deutsch der Lehrkräfte in unseren Lehrer-Tagungen höre (und das
sind ja noch die motiviertesten!), dann muß ich feststellen, daß heute
viele LehrerInnen auch grammatikalisch falsch SPRECHEN – auch
jene, die ihre Grammatik-Übungen aus dem Lehrbuch beherrschen
beziehungsweise zu beherrschen scheinen, weil sie Lösungsbücher
konsultieren, die normale Leute (inklusive Eltern) nicht kaufen
können...
Je mehr die Kinder von gutem Deutsch UMGEBEN sind, desto
mehr wird ihr Deutsch ange-REICH-ert – unabhängig davon, ob zu
Hause Stummeldeutsch oder eine andere Sprache gesprochen wird!
Und ein Ort, wo das der Fall ist, könnte die Schule sein, wenn
mehr Sprach-AKTIVITÄTEN (Lieder, Gedichte, Theaterspielen)
im Unterricht stattfinden würden, in denen Texte von guter
Qualität oft gehört beziehungsweise gelernt werden.
Lehrkräfte mehr auf ihr eigenes Sprachniveau achten würden
(besonders jene, die von ihren SchülerInnen ständig 100%
PERFEKTION fordern).
Deshalb freut es mich, daß mittlerweile immer mehr Eltern zu Hause
kräftig gegensteuern. Die meisten AKTIVITÄTEN (in diesem
Sprachlern-Buch) können genauso gut mit der Muttersprache
durchgeführt werden. Und wenn die Kinder heimlich mit der
Birkenbihl-Methode Sprachen lernen (s. auch VORAUSLERNEN,
Seite 146f.), können die Eltern die einst notwendige Nachhilfe
absetzen beziehungsweise kommen auch solche Kinder klar, deren
Eltern sich keine Nachhilfe leisten können.
Eingangs ist es sinnvoll, SchülerInnen beim Dekodieren zu helfen
beziehungsweise die Kinder anzuregen, in kleinen Gruppen zu
dekodieren. Merke: Jedes Kind hat andere Lücken (s. DEKODIEREN
IN GRUPPEN, Seite 69), aber bald schon dekodieren die Kleinen
besser als die Erwachsenen. Denn es ist eine Tätigkeit, die viele von
ihnen intuitiv entdecken, eben weil sie der Arbeitsweise des Gehirns
entspricht...
40. Partikeln (inklusive Präpositionen)
Partikeln (wie in, auf, über, neben, mittels, links) sind in modernen
Sprachen ungeheuer wichtig, werden aber von den Grammatikern
sträflich vernachlässigt. Nun behaupten die Lehrer ja gern, man
müsse Partikeln stur auswendig lernen, aber es gibt auch
intelligentere und kreativere Wege: Machen (oder „klauen“) Sie eine
Zeichnung, in die Sie Partikeln eintragen können, die in diesem Bilde
sinnvoll sind. Nehmen wir an, Sie hätten die folgende Zeichnung
angefertigt (gefunden): Welche Partikeln „passen“ hier?
Wie wäre es mit vor, hinter, auf? Möglich sind z.B. Sprechblasen, in
welche die betreffenden Partikeln farbig eingetragen werden können.
Dadurch benutzen Sie die Farbe als Verstärker. Und weil Sie bewußt
überlegen und entscheiden, welche Partikeln wo „passen“, passiert
das Merken fast schon vollautomatisch. Wenn Sie eine Fotokopie der
Abbildung machen, können Sie die Übung sogar in größeren
Abständen mit wachsendem Erfolgserlebnis wiederholen!
Dieses Beispiel ist absichtlich sehr einfach gehalten; es ist klar, daß in
komplexeren Bildern weit mehr Partikeln untergebracht werden
könnten, aber ich rate Ihnen davon ab! Arbeiten Sie lieber mit
mehreren Bildern, die jeweils 3 bis 5 Partikeln lehren, weil sich
dann jede Partikel-Gruppe automatisch mit dem Bild verbindet, in dem
sie auftaucht. Also wird das Lernen noch leichter! Dasselbe System
können Sie natürlich für alle Arten von kleinen Wörtern verwenden:
Personalpronomina (ich, du, er, wir) oder Wörter, die bestimmte
Qualitäten beschreiben (rund, eckig, lang, kurz...) etc.! Alles, worauf
man deuten könnte, kann in einer Abbildung auftauchen!
41. Pattern-Drills
Pattern-Drills sind Übungen einer bestimmten Art, für die es kein
deutsches Wort gibt. Ein PATTERN (englisch, sprich: pättern) ist ein
Muster, aber das Wort deckt auch die Informationsmuster ab, die
beispielsweise Ihr Gehirn entwickelt, so daß PATTERN für jede Art
von geordneter Struktur steht. Nun sind DRILLS einfach Übungen mit
wiederholten Elementen, vom Kasernenhof bis zum Sprachlabor. Also
soll ein Pattern-Drill bestimmte Strukturen einüben helfen. Dabei gilt
jedoch (wie bei allen hier vorgestellten Aktivitäten): Wenn Ihnen
Pattern-Drills keinen Spaß machen, lassen Sie es sein! Sie
müssen keine durchführen! Nur wer sie gern macht, kann von
ihnen profitieren.
Es wäre schön, wenn Lehrer, die auf Pattern-Drills „stehen“, das
ebenfalls akzeptieren würden. Meine Erfahrungen haben gezeigt, daß
maximal 50% aller Lernenden solche Übungen gern durchführen. Das
heißt, wenn man sich in die Übung „hineinfallen“ lassen kann, dann
macht sie auch Spaß. Das ist ähnlich wie mit einem Kreuzworträtsel:
Wenn wir jemanden dazu zwingen wollen, dem es keinen Spaß
macht, wird die Aufgabe zur Qual! Das ist bei Pattern-Drills ebenfalls
der Fall, weil nicht jeder diese Art Übung beherrscht (und das muß
auch nicht jeder!).
Was das Material für die Übungen angeht, so gilt: Entweder Ihr Kurs
bietet sowieso welche an, oder aber Sie basteln sich selbst welche. In
ersterem Fall kann es sein, daß diese sogar auf Kassette/CD
vorhanden sind. Das heißt: Der Lehrer spricht den Grundsatz vor und
nennt dann das auszutauschende Element. Sie wiederholen den
Grundsatz unter Verwendung des neuen Elementes. Anschließend
erfolgt die Kontrolle durch den Sprecher vom Band/der CD.
Vorgehen: Sie gehen von einem Satz aus, der jeweils in einem Detail
abgewandelt werden soll. Angenommen, die Grundaussage lautet:
Dort ist ein Hotel. Dann gilt es, einzelne Elemente zu ersetzen.
Beispiele:
Dort ist ein Hotel.
Dort ist ein Hotel.
Hier ist ein Hotel.
Dort ist das Hotel.
Da drüben ist ein Hotel.
Dort ist mein Hotel.
Links ist ein Hotel.
Dort ist dein Hotel.
Dort ist ein Hotel.
Dort ist ein Hotel.
Dort war ein Hotel.
Dort ist ein Baum.
Dort wird ein Hotel sein.
Dort ist ein Café.
Dort könnte ein Hotel sein.
Dort ist ein Auto.
Sie sehen also, daß jeder Aspekt einer (Teil-)Aussage durch Ersetzen
geübt werden kann.
42. PEN PALS im Zeitalter des Internets?
In meiner Kindheit hatten die meisten von uns einen Pen (Stift) Pal
(Freund), also jemanden, den wir nur mittels Lesen/Schreiben
kennenlernten. Telefonate ins Ausland waren damals noch
unglaublich teuer, also vom Taschengeld nicht zu finanzieren. Bei
meinem ersten Telefongespräch aus den USA nach Hause
(Weihnachten), weinten meine Mutter und ich so, daß wir nach ein
paar Minuten auflegten (nach dem Motto: Zum Weinen ist die Zeit zu
teuer!) Heute könnte man für das gleiche Geld einige Stunden
weinen...
Und auch im Zeitalter des Internets lohnt es sich, diese gute
Gewohnheit wieder aufzunehmen – entweder per E-Mail oder aber
per Social Network (twitter, Facebook etc.). Denn der Austausch mit
einem Pen Pal ist nicht nur ein gutes Sprachtraining, sondern kann
auch auf andere Weise hilfreich sein: Schreiben Sie sich z.B. mit
jemandem aus dem arabischen Sprachraum, dann könnte diese
Person Sendungen auf DVD für Sie aufnehmen (es gibt einen
alJaZiiRa-KINDERKANAL, der täglich stundenlang in Hochsprache
sendet). Ich beispielsweise hatte eine Brieffreundin in Australien, von
der ich erfuhr, wie es sich im Hinterland via Citizens-Funk mit
Kopfhörer lernte (heute gibt es sicher Internetverbindungen und die
Kinder im Outback können die Lehrkraft und die anderen Kinder
sehen). Es war schon spannend, wie gut man solche Briefe lesen
konnte, und dann bekam man zwei Tage später in der Schule wieder
eine 5 oder 6, weil man die spezifischen Vokabeln der momentanen
Lektion nicht gepaukt hatte!
43. Mit PSEUDO-DEUTSCHEN Dialogen spielen
Hier gilt dasselbe, was ich im Zusammenhang mit dem Beispiel aus
„Stories & Poems“ (s. Seite 80f.) ausgeführt habe, nur daß Sie mit den
Dia logen in Ihren Lektionen, Kursen oder sonstigen Materialien
arbeiten, die Sie vorher bearbeitet haben. Es kann riesigen Spaß
machen, ganze Gespräche mit verteilten Rollen in der PseudoSprache zu „spielen“ (der Ober steht, der Gast sitzt etc.), bis man den
Inhalt gut kennt und sich an die Eigentümlichkeiten der Zielsprache
gewöhnt hat. Danach ist der Wechsel zur Zielsprache „ein Klacks“.
Die Pseudosprache schärft sowohl das Sprachbewusstsein für die
eigene als auch für die Zielsprache. Warnung: Man muß diese Dinge
einmal selbst erlebt haben, ehe man begreift, wie viel Freude sie
machen. Es ist wie Fahrradfahren – auch das kann ich Ihnen durch
bloße Erklärungen nicht nahebringen...
44. Rezitations-Übung
Da viele „Stammkunden“ (SeminarteilnehmerInnen) mein „RezitationsTraining“ kennen, finden Sie hier das Stichwort, die Erläuterung aber
in diesem Fall aber unter dem Stichwort: ZEITLUPEN-Training (Seite
151).
45. Rück-Dekodierung
Das ist eine der spannendsten Übungen, die Sie sich vorstellen
können (Vgl. Seite 81). Indem wir die Dekodierung Wort für Wort in
die Zielsprache transportieren entstehen, vor unseren Augen (Ohren)
vollkommen korrekte Sätze in der Zielsprache. Es ist verblüffend, aber
unserem Gehirn ist es völlig egal, wie diese Strukturen entstehen –
die Nervenbahnen werden angelegt, und bald wird es zur zweiten
Natur, derartig gutes Englisch (oder was auch immer) selbst zu
„produzieren“. Beispiel: Nehmen wir an, Sie hätten den folgenden
Satz von Konfuzius (eigentlich heißt der Meister KONG FU) vom
Englischen ins Deutsche dekodiert:
Nun decken Sie das Englische ab und transferieren die Dekodierung
zurück. Es ist so leicht, daß man meist schon beim ersten Versuch
über 90% schafft und mit ein wenig Übung schließlich die 100%, die in
der Schule ständig gefordert werden. Wenn man dasselbe mit
Schulbuchtexten macht, die in der nächsten Prüfung drankommen
könnten (z.B. in Latein), dann stünde man sicher um einiges besser
da als mit der stupiden Vokabel-Paukerei. Unsere SchülerInnen, die
mit der Birkenbihl-Methode so gut wurden, daß sie freiwillig eine
weitere Sprache (oft außerhalb der Schule) lernen, beweisen das
andauernd!
46. Rollenspiele
Rollenspiele sind eine wunderbare Vorbereitung auf die Praxis.
Warum sollten nur Erwachsene in teuren Seminaren davon
profitieren? Es geht wieder um die Spiegelneuronen, die wir schon
beim Chorsprechen (Seite 88ff.) erwähnt haben: Sie beginnen sich
bereits durch bloßes Zuschauen zu bilden, so daß man gar nicht in
jeder Runde aktiv spielen muß, wenn man zuschauen darf. Oder noch
besser: Sie veranstalten mit einigen MitlernerInnen (der Familie?)
einen Rollenspiel-Abend und filmen diesen.
Dann brennen Sie für alle Beteiligte eine DVD oder ein Medium Ihrer
Wahl (z.B. MP4) und jede/r kann sich die Spiele ansehen, so oft er/sie
will.
An dieser Stelle kommt in meinen Workshops IMMER dieselbe Frage:
Was soll man machen, wenn man allein ist und niemanden hat,
der mit einem (rollen-)spielt? Dann kann man auch allein spielen.
Beispiel: Wenn in einer Szene ein Gast sitzt, ein Ober hingegen steht,
kann man beide Rollen abwechselnd sprechen und durch Sitzen
beziehungsweise Stehen zeigen, wessen Rolle man gerade innehat.
Es ist für unsere Spiegelneuronen vollkommen egal, ob wir nur so tun,
als ob, oder ob die Situation „echt“ ist (im realen Leben stattfindet).
Wenn sich zwei Menschen miteinander unterhalten, können Sie eine
Idee von MORENO (dem Erfinder des klassischen Psychodramas)
aufgreifen, indem Sie zwei Stühle nebeneinanderstellen und mit
jedem Positionswechsel auch den Stuhl wechseln. Wer gerne
Kabarett und/oder Persiflagen sieht, hat schon gesehen, wie diese
Menschen manchmal sogar 5 oder 6 Personen „spielen“, indem sie
die Kopfbedeckung, die Blickrichtung, die Körperhaltung etc.
verändern und dann mit der anderen Stimme sprechen...
47. SCHRIFTEN LERNEN?
Für Buchstabenschriften, die analog den unseren verlaufen, empfiehlt
es sich, die einzelnen Buchstaben erst einmal zu KATEGORISIEREN:
In welche Kategorien können Sie die Buchstaben einordnen? Merke:
Jede Art von Ordnungs-SUCHE hilft, weil Sie bei dieser Suche ganz
anders wahrnehmen müssen, genauer nämlich. Sie SUCHEN
Antworten, deshalb sehen Sie so viel mehr! Im folgenden Beispiel
betrachten wir das kyrillische (russisch und viele Sprachen im
ehemaligen russischen Einflußbereich) und das griechische Alphabet
(ähnlich Kyrillisch)
GRUPPE 1: Buchstaben, die sowohl so aussehen wie unsere
lateinischen als auch denselben Lautwert haben, z.B. das A oder das
T. Mit diesen Buchstaben formen Sie erste Pseudowörter, z.B. Ta, At,
Atta, etc.
GRUPPE 2: Buchstaben, die zwar so aussehen wie unsere, aber
einen anderen Wert haben, z.B. das P (entspricht sowohl im
kyrillischen als auch im griechischen Alphabet dem R) oder das H
(entspricht im griechischen Alphabet dem I, im kyrillischen dem N).
Und wieder basteln Sie erste Pseudowörter oder Sie schreiben
deutsche Texte, wobei Sie die noch FEHLENDEN Buchstaben
klitzeklein mit lateinischer Schrift andeuten, die griechischen
beziehungsweise russischen Buchstaben aber sehr groß schrei ben.
GRUPPE 3: Buchstaben, die es in den jeweiligen Sprachen gibt, wir
ABER nicht kennen. Im griechischen Alphabet sind das z.B. ∑
(entspricht dem deutschen S), Ω (entspricht im Deutschen einem Oh),
Ψ (entspricht im Deutschen einem Ps), im kyrillischen Б (entspricht
dem deutschen B), Г (entspricht dem deutschen G) und Ё (entspricht
im Deutschen einem Jo). Diese Buchstaben gehen Sie am besten an,
indem
Sie
erste
Versuche
machen
(Lektions-)Texte
ABZUSCHREIBEN. Denn Sie kennen nun bereits alle Buchstaben der
Kategorien 1 und 2, so daß nur diese Buchstaben direkt am
fremdsprachlichen Wort geübt werden (und da Sie ja erst schreiben
üben, nachdem Sie mindestens AKTIV beziehungsweise auch
PASSIV gehört haben, können Sie diese gehörten Klänge jetzt auch
mit dem Schriftbild verbinden).
Sind die Buchstaben beziehungsweise Silben völlig anders (z.B. bei
Arabisch, Hindi, Japanisch), so gilt es, zunächst eine kleine Teilmenge
zu meistern, und zwar die Buchstaben (ODER Silbenzeichen), die
Klänge beschreiben, die denen in unseren Sprachen (einigermaßen)
entsprechen. So können Sie bis zu einem gewissen Grad auf
Arabisch oder Hindi „deutsche“ oder „englische“ Wörter schreiben,
indem Sie – wie oben – alle Buchstaben, die fehlen (weil Sie sie noch
nicht gelernt haben oder es ihren Klang im Deutschen/Englischen
nicht gibt), klein in lateinischen Buchstaben notieren. Beispiel: Im
Hocharabischen gibt es kein G – im Gegensatz zum Ägyptischen, wo
das J als G gesprochen wird. Daher kommt übrigens auch unsere
falsche Bezeichnung für das „Trampeltier“: Die Engländer hörten das
ägyptische GAMAL und übernahmen es schlampig, so daß daraus
CAMEL wurde beziehungsweise KAMEL im Deutschen (statt
Dromedar).
Wenn Sie also einen deutschen Text auf Arabisch „schreiben“ wollen
(was ein Araber möglicherweise als Lautschrift einsetzen würde, um
sich die Aussprache zu verdeutlichen), dann merken Sie, welche
Buchstaben auf der jeweils „anderen Seite“ nicht existieren. Dabei
lernen Sie mehr über die Buchstaben beziehungsweise Silben der
anderen Schrift, als wenn Sie krampfhaft versuchen, das ABC vorab
zu lernen (wie es üblicherweise gemacht wird). Beispiel:
Erinnern Sie sich noch an Ihre Grundschulzeit? Dort haben wir das
Schreiben auch mit kleinen Figuren geübt, nach dem Motto: Punkt,
Punkt, Komma, Strich – fertig ist das Mondgesicht! Ähnlich lernen
z.B. japanische Kinder die ersten vier Silben. Sie sagen: he, he – no,
no – he, shi, mo (= ein Samurai).
48. Texte farbig dekodieren
Dies ist ein wunderbarer Kompromiss zwischen den üblichen
Grammatik-Übungen und gar keiner Grammatik, bei dem wir einzelne
Wörter farbig anmalen (immer auf einer Kopie; sei es fotokopiert,
eingescannt + gedruckt oder mit der Hand abgeschrieben). So können
wir z.B. Hauptwörter suchen (gern als Gruppen-Spiel, bei dem man
sich gegenseitig be-REICH-ern darf) und mit Farbe Nr. 1 anmalen,
Verben in Farbe Nr. 2, Adjektive in Farbe Nr. 3, Adverbialien in Farbe
Nr. 4 etc. Auf diese Weise SEHEN wir wieder eine Menge, z.B. in
welchen Sprachen die Verben häufig am Satzende „hängen“ (Latein)
und wo sie eher am Satzanfang auftauchen (Englisch)
beziehungsweise „wandern“ (Deutsch). Dasselbe kann man erreichen,
wenn man die Wörter auf farbige Kärtchen schreibt, die man dann auf
dem Tisch herumschieben kann. So kann man die beiden Sprachen
(Ziel- und Dekodier-Sprache) auch wunderbar miteinander
vergleichen...
49. Telefonieren
Ein tolles Training besteht darin, jeden Tag ein KURZES TELEFONAT
zu führen, entweder mit einem Muttersprachler unserer Zielsprache
oder mit anderen LernerInnen. Anfangs gilt es, 2 Minuten zu füllen
(jeder spricht eine Minute lang), später, wenn Sie merken, daß Ihnen
diese Sprechzeit zu kurz ist, dehnen Sie die Telefonate aus. Wenn Sie
bedenken, daß ein Schüler pro Unterrichtsstunde im Schnitt zwischen
17 und 70 Sekunden selbst sprechen darf, schafft er bei 3
Wochenstunden in einer Woche deutlich weniger als Sie bei 5
Telefonaten. Rechnen Sie doch einmal aus, was das über einige
Wochen, Monate oder Jahre ausmacht... Es lohnt sich wirklich!
50. Twittern
Hier gilt alles, was bei „Telefonieren“ (s. oben) gesagt wurde, nur daß
Sie SCHREIBEN dürfen. Senden Sie täglich einen TWEET (mit max.
140 Zeichen) in die Welt hinaus, selbst wenn es nur ein kleines Zitat
ist (viele Twitterer tweeten ausschließlich Zitate). Für Leute, die lieber
schreiben beziehungsweise sowieso nicht wirklich sprechen, sondern
eher lesen und verstehen wollen, kann dies weit erfüllender sein, als
die alte Regel aus der Zeit meiner Großmutter zu befolgen: Schreibe
jeden Tag einen Satz in ein Heft.
51. Übungen selbst basteln/sammeln
Wir nehmen wahr, was wir wahrzunehmen erwarten. Wer ständig auf
neue Übungs- und Spiel-Möglichkeiten „lauert“ (so manche Mutti wird
sich hier erkennen), wird weit mehr „finden“ als jemand, der hofft, daß
man sie ihm/ihr kostenlos „nachwirft“. Wer auf einer lustigen Autofahrt
Stadt-Land-Fluß mit den Kindern gespielt hat, könnte ganz spontan
auf die Idee kommen, dasselbe Spiel mit dem Kind zu spielen, das
schon seit einiger Zeit Englisch lernt. Es kann sehr spannend sein,
den Namen in anderen Sprachen nachzugehen – selbst wenn sie
(fast) gleich geschrieben werden, kann sich die Aussprache
dramatisch unterscheiden. Im Internet finden Sie sicher jede Menge
Infos, die Sie „ausschlachten“ können. Ähnlich verhält es sich mit
vielen anderen Spielen und Übungen.
Am besten legen Sie eine eigene Spiele-Kartei an (handschriftlich auf
Karteikarten oder in einer Datenbank), die Ihnen auf einen Blick
zahlreiche Möglichkeiten „frei Haus“ liefert, wenn Sie eines Tages
Ideen suchen, was man in einer Fremdsprache alles „machen“
könnte.
52. Vergleichen verschiedener Sprachen
Es kann extrem spannend sein, verschiedene Sprachen zu
vergleichen. Es zeigt Verwandtschaften auf und macht uns so klar,
daß es gar nicht so schwer wäre, mehrere Sprachen aus derselben
Sprachgruppe zu lernen. Wer beispielsweise Englisch kann, ist schon
halb in alle romanischen Sprachen eingetaucht. Warum? Weil
Englisch sehr viel Latein beinhaltet. Das merkt man natürlich nicht,
wenn die Schule einen zwingt, lateinisch mit „K“ zu sprechen
(KIKERO). Sprechen Sie aber das K nur bei A, O und U und
ansonsten ein C (CICERO), erkennen Sie ähnliche Wörter in allen
romanischen Sprachen sofort. Hierzu eine An-REICH-erung von
Marion LERCHER (deren WBaum sich auf Seite 148f. befindet, wobei
ich mir erlaubt habe, den ständig sterbenden Baum durch ein Beispiel
zu ersetzen, in dem etwas entsteht). Sie zeigt u.a., daß W-Fragen nur
im Deutschen und im Englischen oft mit W beginnen:
Wer schreibt ein Buch? – Der Autor.
Wer?
Deutsch
Who?
Englisch
Qui?
Französisch
Chi?
Italienisch
Quien?
Spanisch
Was schreibt der Autor? – Ein Buch.
Was?
Deutsch
What?
Englisch
Que?28
Französisch
Che?
Italienisch
Que?
Spanisch
Wann schreibt der Autor? – Jeden Tag.
Wann?
Deutsch
When?
Englisch
Quand?
Französisch
Quando?
Italienisch
Cuando?
Spanisch
Wo schreibt er das Buch? – Im Wald; mit seinem Laptop kann er
überall schreiben.
Wo?
Deutsch
Where?
Englisch
Où?
Französisch
Dove?
Italienisch
Donde?
Spanisch
Womit druckt er die Seiten? – Mit dem Drucker.
Womit?
Deutsch
With what?
Englisch
Avec quoi?
Französisch
Con che cosa?
Italienisch
Con qué?
Spanisch
Wie reagiert der Verlag? – Er wird das Buch publizieren!
Wie?
Deutsch
How?
Englisch
Comment?
Französisch
Come?
Italienisch
Como?
Spanisch
Wie viel soll es kosten? – Unter 10 Euro.
Wie viel?
Deutsch
How much?
Englisch
Combien?
Französisch
Quanto?
Italienisch
Cuanto?
Spanisch
Warum kaufen die LeserInnen das Buch? – Weil es sie
interessiert.
Warum?
Deutsch
Why?
Englisch
Pourquoi?
Französisch
Perchè?
Italienisch
Por qué?
Spanisch
Wer mehrere romanische Sprachen lernen möchte, könnte wie
folgt vorgehen:
1.
2.
3.
4.
Englisch
Italienisch
Spanisch und Französisch (parallel)
Latein oder Portugiesisch oder Rumänisch (wer in Südamerika
reisen, leben oder Geschäfte machen will, lernt Portugiesisch,
wer auf den Balkan will, Rumänisch, und wer irgendwann
wissenschaftlich arbeiten will, Latein, da ihm zwangsläufig viele
lateinische Begriffe begegnen werden...)
Wenn Sie jetzt ein wenig Appetit bekommen haben, dann sollten Sie
einen Autor (Frederick BODMER) lesen, der davon viel mehr versteht
als ich – und die Gelegenheit sollen Sie sofort bekommen! Hinweis:
Da sein hervorragendes Buch „Die Sprachen der Welt“ (das ich Ihnen
nicht nur empfehlen, sondern wärmstens ans Herz legen möchte)
vergriffen ist, erlaubte mir der damalige Verlag (Kiepenheuer &
Witsch) freundlicherweise, Ihnen einen mehrseitigen Textauszug
anzubieten. Der ausgewählte Text gibt Hinweise zu den romanischen
Sprachen. Immer, wenn BODMER „jetzt“ oder „heutzutage“ sagt,
bezieht sich diese Aussage auf die frühen sechziger Jahre, so daß
genannte Angaben darüber, wie viele Menschen eine bestimmte
Sprache „heute“ sprechen u.ä., nicht mehr aktuell sind; heute sind
diese Zahlen – mit wenigen Ausnahmen – eher höher anzusetzen.
LATEIN
Wenn wir vom Latein als dem gemeinsamen Vorfahren der
modernen romanischen Sprachen reden, so meinen wir die
lebende Umgangssprache, die im römischen Gallien, im
römischen Spanien und in Italien zur Zeit des Imperiums
gebraucht wurde. Während fünf Jahrhunderten gab es zwei
Sprachen im römischen Reich, beide Latein genannt. Während
die Umgangssprache ständig im Fluß war, blieb die
Literatursprache über eine Zeitspanne statisch, die so lang ist
wie die, die Hartmann von Aue und Wolfram von Eschenbach
von Leibniz und Lessing trennt. Natürlich gab es auch innerhalb
des sermo urbanus, der verfeinerten Kultursprache,
Abstufungen, genauso, wie es Abstufungen gab innerhalb des
sermo rusticus, sermo usualis oder sermo pedestris, wie die
Umgangssprache abwechselnd genannt wurde. Die eine
klassische Prosa war gekünstelter als die andere, der eine
klassische Stil volkstümlicher als der andere.
Leider besitzen wir nur wenig Material, das uns erlauben
würde, uns ein zufriedenstellendes Bild der lebenden
lateinischen Sprache zu machen. Einige technische
Abhandlungen, wie die Mechanik des Vitruvius, liefern uns
Wörter und Wendungen, die in den Schriften der Dichter und
Rhetoriker fehlen. Auch Inschriften, die von einfachen Leuten
verfaßt wurden, geben einigen Aufschluß sowie die Proteste
der Grammatiker, die damals wie heute die Hüter seltener
Altertümlichkeiten waren. In den Komödien von Plautus (264–
194 v. Chr.) kommen oft umgangssprachliche Wendungen vor;
klassische Autoren machten gelegentlich Fehler, die
aufschlußreich sind. Gemeinsame Merkmale mehrerer
romanischer Sprachen von heute geben ebenfalls nützliche
Hinweise.
Aus allen diesen Quellen können wir mit Sicherheit schließen,
daß das Vulgärlatein, das sich nach der Annahme des
Christentums allmählich in der Literatur durchsetzte, schon vor
der christlichen Ära die Umgangssprache der Bürger des
römischen Reiches war. Das Christentum half, den Bruch
zwischen der lebenden und der geschriebenen Sprache zu
heilen, und gab damit dem Latein neue Lebenskraft. Die
lateinische Bibel, die Vulgata, ... die am Ende des 4.
Jahrhunderts von Hieronymus zusammengestellt wurde,
ermöglichte es dem Latein, die Anstürme der Barbaren zu
überleben.
Natürlich entwickelte das Latein, als es sich über Nordafrika,
Spanien und Gallien ausbreitete, örtliche Unterschiede. Diese
gingen zum Teil auf die Sprachgewohnheiten der
Urbevölkerung zurück, die das Latein übernahm; zum Teil kann
man sie aber auch den Dialektunterschieden der römischen
Ansiedler zuschreiben ...
Die romanischen Sprachen weisen zahllose gemeinsame Züge
auf. Sie stimmen in ihren grammatischen Merkmalen auffallend
überein und gebrauchen die gleichen, nur verhältnismäßig
wenig voneinander abweichenden Wörter für die alltäglichen
Dinge und Tätigkeiten. Deshalb ist es verhältnismäßig leicht,
eine weitere romanische Sprache zu lernen, wenn man schon
eine beherrscht; und ein Erwachsener lernt leicht mehr als eine
gleichzeitig. Französisch hat sich am weitesten vom Latein
entfernt. Was Französisch hauptsächlich von Italienisch und
Spanisch unterscheidet, ist der weitgehende Zerfall der
Flexionen in der gesprochenen Sprache. Von beiden trennt es
sodann die radikale phonetische Veränderung, die es oft
unmöglich macht, ein französisches Wort als ein lateinisches
zu erkennen, ohne daß man seine Geschichte kennt. Als
geschriebene Sprache hat Spanisch die lateinischen Flexionen
am treuesten bewahrt, aber es ist von Italienisch und
Französisch durch lautliche Sonderheiten und einen stark
veränderten Wortschatz weit getrennt. Während der acht
Jahrhunderte dauernden maurischen Besatzung drangen sehr
viele arabische Wörter in den spanischen Wortschatz ein. Im
großen und ganzen hat sich das Italienische am wenigsten
geändert. Es stand zur Zeit, als Dante die Divina Commedia
schrieb, dem Latein noch verhältnismäßig nah; und die
späteren Veränderungen in Schreibweise, Aussprache,
Strukturund Wortschatz sind verschwindend gering, verglichen
mit den Veränderungen, die das Englische von Chaucer bis
Shaw durchgemacht hat.
DIE IBERISCHEN DIALEKTE
Auf der Iberischen Halbinsel währte die römische Herrschaft
mehr als 600 Jahre. Schon Jahrhunderte vor dem
Zusammenbruch hatte die Sprache des Eroberers die des
Eroberten verdrängt. Die letzte Erwähnung einer vorrömischen
Sprache findet sich in Tacitus’ Annalen. Nach ihm soll ein
tarragonischer Bauer unter der Folter in der Sprache seiner
Vorväter geschrien haben. Sonst aber war um jene Zeit
Spanien vollständig romanisiert. Berühmte Römer wie Seneca,
Quintilian und Martial stammten aus Spanien.
Ein Überrest der Ursprache ist das Baskische, das noch auf
französischem und spanischem Boden beiderseits der
westlichen Pyrenäen gesprochen wird. Bevor die Flugzeuge
Hitlers und Mussolinis dem Baskenvolk Unheil brachten, wurde
Baskisch von ungefähr einer halben Million Menschen
gesprochen. Das spanische Latein hat alle Eroberungen der
Vergangenheit überdauert. Zuerst wurde Spanien von
germanischen Stämmen überrannt. Im 5. Jahrhundert brausten
die Vandalen durch Spanien. Sie gaben der südlichen Provinz
Andalusien ihren Namen. Dann herrschten während mehr als
zwei Jahrhunderten die Westgoten mit Toledo als ihrer
Hauptstadt. Auf sie folgten die Araber und Mauren aus Afrika.
Die Mohammedaner, die das ganze Land mit Ausnahme des
asturischen Berggebietes unterwarfen, mischten sich nicht in
Sprache und Religion der Einwohner ein. Mischehen waren
häufig unter ihrem gnädigen Regime. Der spanische
Nationalheld Rodrigo Diez de Bivar, gewöhnlich Cid genannt,
kämpfte sowohl für die Ungläubigen als auch für die Christen.
Grausamkeit und Intoleranz folgten erst der reconquista durch
die katholischen Fürsten des nicht unterworfenen Nordens.
Die katholische Eroberung des verlorenen Gebietes breitete
sich langsam fächerartig gegen Süden aus, bis sie im Jahre
1492 mit dem Erwerb von Granada durch Ferdinand und
Isabella ihren Abschluß fand. Während der maurischen
Herrschaft war die Sprache der Halbinsel noch eine Mischung
von Dialekten, die alle auf das Vulgärlatein zurückgingen. Im
Osten
wurde
Katalanisch
gesprochen,
das
dem
Provenzalischen Südfrankreichs besonders nahe verwandt
war; im Norden Leonesisch, Aragonesisch und Aturisch; im
Zentrum Kastilisch und im Westen, das heutige Portugal
eingeschlossen, Galicisch. Portugal war schon im 11.
Jahrhundert eine halb selbständige Provinz, die später unter
Heinrich dem Seefahrer zu einer Seemacht aufstieg. Von
Portugal aus wurde der ursprüngliche galicische Dialekt nach
Madeira und den Azoren und später nach Brasilien getragen.
Heute wird Portugiesisch von ungefähr 54 Millionen Menschen
gesprochen, wovon 44 Millionen Einwohner Brasiliens sind, das
im Jahre 1822 ein selbständiger Staat wurde.
In Spanien selbst entwickelte sich schon früh eine
Hochsprache. Auf Vorschlag Alfons’ X. erklärten die Cortes im
Jahre 1253 den Dialekt von Toledo als das korrekte Spanisch.
Wie Madrid und Burgos liegt Toledo in Kastilien. Kastilisch, das
ursprünglich die Mundart einer kleinen Gemeinschaft in den
kantabrischen Bergen an der baskischen Grenze war, wurde
schließlich zur Amts- und Hochsprache von rund 110 Millionen
Menschen. Davon leben 25 Millionen in Spanien, 20 Millionen
in Mexiko, 13 Millionen in Argentinien, 52 Millionen in den
übrigen süd- und zentralamerikanischen Staaten, Westindien,
den Philippinen und Nordafrika. Das amerikanische Spanisch
weist einige andalusische Züge auf, teilweise, weil die
Einwanderer hauptsächlich aus dem Süden stammten, und
teilweise, weil Càdiz das Handelszentrum für die Kolonien war.
Der Wortschatz eines Landes, das so oft von fremden
Eroberern überflutet wurde, muß unvermeidlich fremde
Bestandteile
aufweisen.
Die
germanischen
Stämme
hinterließen weniger Spuren als im Französischen. Die
wenigen germanischen Wörter stammen aus der Terminologie
des Krieges und der feudalen Einrichtungen. Hunderte von
arabischen Wörtern aber legen Zeugnis ab für das, was
Spanien der maurischen Zivilisation verdankt, die der ihr
folgenden katholischen unendlich überlegen war...
Doch geht der spanische Wortschatz in der Hauptsache auf
das Vulgärlatein zurück, dem noch eine Schicht klassischlateinischer Wörter aufgepfropft ist. Dies gilt auch für das
Portugiesische, das weniger baskische, dafür aber mehr
französische Lehnwörter aufweist. Sonst ist der Wortschatz der
beiden iberischen Dialekte fast gleich. Es braucht nicht
besonders hervorgehoben zu werden, daß gerade einige sehr
gebräuchliche Dinge andere Namen haben. Wir kennen dies ja
auch vom Deutschen her, wo gewisse häufige Wörter auf
einzelne Gebiete beschränkt sind, vgl. Pferd/Roß; Wiese/Matte
usw.
Hier folgen einige spanische und portugiesische Beispiele:
DEUTSCH
SPANISCH
PORTUGIESISCH
Kind
niño
criança, menino(a)
Hund
perro
cão
Knie
rodilla
joelho
Fenster
ventana
janela
Straße
calle
rua
Hut
sombrero
chapéu
Messer
cuchillo
faca
Wer eine der iberischen Sprachen gelernt hat und weiß, wie
verwandte, obgleich auf den ersten Blick unähnlich scheinende
Wörter identifiziert werden können, wird es nicht schwer finden,
eine in der anderen Sprache geschriebene Zeitung zu lesen.
Dies gilt jedoch nicht für ein Gespräch. Die lautlichen
Unterschiede zwischen Spanisch und Portugiesisch sind
beträchtlich...
Die
grammatischen
Unterschiede
zwischen
den
beiden
Sprachen sind geringfügig. Das Portugiesische schaltete haver
(spanisch haber) schon früh als Hilfsverb aus. Höchstens noch
in stehenden Ausdrücken kommt es vor. Die moderne
Entsprechung ist ter (spanisch tener), z.B. tenho amado (ich
habe geliebt), tenho chegado (ich bin angekommen), für das
Spanische he amado und he llegado. Beide Sprachen haben
eine große Vorliebe für Verkleinerungsformen. Die wichtigste
spanische Form ist -ito, die wichtigste portugiesische -inho. In
einer Hinsicht steht das Portugiesische noch hinter dem
Spanischen, Französischen und Italienischen zurück, nämlich
in der Verschmelzung des Infinitivs mit habere zur Bildung des
Futurums und Konditionals. In einer bejahenden Aussage kann
das Personalpronomen zwischen den Infinitiven und das
Hilfsverb treten, z.B. dir-me-as (wörtlich: zu sagen mir hast du =
du wirst mir sagen), dar-vosemos (wörtlich: zu geben euch
haben wir = wir werden euch geben).
FRANZÖSISCH
Die erste romanische Sprache, die eine bemerkenswerte
Literatur entwickelte, war der Dialekt des Midi, d.h. des Südens
von Frankreich. Das Provenzalische, wie diese Sprache
genannt wird, besaß eine blühende Poesie, die stark von der
maurischen
Kultur
beeinflußt
war.
Die
modernen
südfranzösischen
Dialekte
sind
Nachkommen
des
Provenzalischen. Ihnen am nächsten verwandt ist der Dialekt
der spanischen Provinz Katalonien mit der Hauptstadt
Barcelona.
Das heutige Französisch nahm seinen Ausgang als Mundart
des Pariser Bürgertums. Dank der politischen, kulturellen und
wirtschaftlichen Vormachtstellung der Hauptstadt breitete sich
der Pariser Dialekt über das ganze Königreich aus, überflutete
die örtlichen Mundarten und drängte das Bretonische (eine
keltische Sprache) und das Flämische (eine germanische
Sprache) zurück. Französisch ist heute die tägliche
Umgangssprache von halb Belgien und einem beträchtlichen
Teil der Schweiz und Kanadas. Im Jahre 1926 sprachen 41
Millionen Menschen in Europa Französisch als Muttersprache,
davon 37 Millionen in Frankreich selbst, wobei die
zweisprachigen Bretonen, Elsässer und Korsen nicht
mitgezählt sind, drei Millionen in Belgien und nahezu eine
Million in der Schweiz. Außerhalb Europas ist Französisch die
Verwaltungssprache des französischen Kolonialreiches und die
tägliche Umgangssprache der drei Millionen zählenden
Kanadier von Quebec. Das kanadische Französisch hat
archaische und mundartliche Eigenheiten, die auf lange
sprachliche Isolierung und den Einfluß der zahlreichen
Einwanderer aus der Normandie zurückgehen.
Das Französische hat sich zweimal eines außerordentlichen
Ansehens erfreut. Zum erstenmal im 12. und 13. Jahrhundert,
als die siegreichen Kreuzfahrer es nach Jerusalem, Antiochien,
Zypern, Konstantinopel, Ägypten und Tunis trugen. Das
zweitemal im 17. und 18. Jahrhundert. Fünf Jahre vor der
Französichen Revolution stellte die Kgl. Akademie in Berlin die
folgenden Themen als Preisfrage: „Was ist es, das die
Französische Sprache zu einer Universal-Sprache in Europa
gemacht hat? Wodurch verdient sie diesen Vorzug? Ist zu
vermuten, daß sie ihn beibehalten werde?“ Der Preisträger war
ein geistreicher chauvinistischer Franzose namens Rivarol.
Seine Antwort auf die ersten beiden Fragen ging dahin, daß
Französisch das Ansehen seinen charakteristischen Vorteilen
verdanke, nämlich der Klarheit und dem Satzbau („Was nicht
klar ist, ist nicht Französisch. Was nicht klar ist, ist immer noch
Englisch, Italienisch, Griechisch oder Latein“).
Dies ist Unsinn, genauso wie die Forderung gewisser
Befürworter einer internationalen Hilfssprache, darunter
Havelock, Ellis, Französisch wieder zur Weltsprache zu
machen. Als Mittel der Diplomatie kam es z.T. deshalb in
Mode, weil es eine schon weitgehend vereinheitlichte Sprache
war, aber noch weit mehr dank einer Reihe von äußeren
Umständen. Vom Westfälischen Frieden (1648) bis zum
Zusammenbruch des napoleonischen Kaiserreiches war
Frankreich gewöhnlich in der Lage, die Friedensbedingungen
zu diktieren. Vor der Aufklärung, die der Französischen
Revolution unmittelbar voranging, war der Hof von Versailles
die kulturelle Hochburg des Absolutismus. Die französischen
Enzyklopädisten verbreiteten den englischen Rationalismus auf
dem Kontinent; die Revolutionskriege trugen den Ruhm der
französischen Kultur in neue Schichten der europäischen
Gesellschaft und verliehen ihr neuen Glanz. Das Kaiserreich
führte zu einem neuen Höhepunkt, aber rief gleichzeitig in ganz
Europa eine nationalistische Gegenströmung hervor. Nach der
Niederlage Bonapartes ging der Einfluß des Französischen in
den skandinavischen Ländern, in Rußland, das die offizielle
Auslandskorrespondenz bis etwa 1840 auf Französisch führte,
und in Ägypten wegen des wachsenden britischen
Imperialismus stark zurück. Obschon es heute noch seinen
gesellschaftlichen Wert hat, gilt derjenige, der nicht
Französisch spricht, keineswegs mehr als von vornherein
ungebildet. ...
ITALIENISCH UND RUMÄNISCH
Die drei bisher behandelten romanischen Sprachen haben sich
über ihre ursprünglichen nationalen Grenzen hinaus verbreitet.
Italienisch und Rumänisch dagegen sind sozusagen
ausschließlich Nationalsprachen...
Lautlich steht Italienisch dem Latein näher als Spanisch und
Französisch, sein Wortschatz enthält weniger fremde
Bestandteile. ... (Italienisch) hat sich seit Dantes Zeit
bemerkenswert wenig verändert. Im Jahre 1950 sprachen 45
Millionen Menschen Italienisch, wovon fast alle in Italien
(Halbinsel, Sizilien, Sardinien) lebten. Weniger als eine viertel
Million entfällt auf Italienisch sprechende Minderheiten in
Korsika und in der Südschweiz.
Rumänien deckt sich ungefähr mit der römischen Provinz Dacia
zur Zeit des Kaisers Trajan. Von einem Gesichtspunkt aus
kann Rumänisch als das Englisch oder Persisch (...) der
romanischen Sprachfamilie angesehen werden. Sein
Wortschatz ist nämlich sehr stark mit fremden Bestandteilen
vermischt. Seltsam anmutende Wörter vulgärlateinischer
Herkunft sind vermengt mit bulgarischen, albanischen,
ungarischen, türkischen und griechischen Wörtern. Die
slawischen Lehnwörter überwiegen. Aber abgesehen von
diesem Mischcharakter des Wortschatzes, läßt es sich nicht mit
dem Englischen oder Persischen vergleichen. Seine
Grammatik hat keine große Vereinfachung erfahren. Im
östlichen Römerreich bevorzugte das Vulgärlatein die
Nachstellung des Artikels, z.B. homo ille anstatt des westlichen
ille homo. Aus diesem Grunde ist heute der Artikel bei vielen
Wörtern hinten agglutiniert, z.B. omul = homo ille (der Mann),
lupul = lupu ille (der Wolf), câinele = cane ille (der Hund) ...
Heute wird Rumänisch von 16 Millionen Menschen
gesprochen.
Ähnlich kann man die skandinavischen Sprachen angehen:
1. Schwedisch (die leichteste skandinavische Sprache, ist im
Gegensatz zu Dänisch – welches ganze Silben schreibt, die
jedoch nicht mehr ausgesprochen werden – phonetisch)
2. Norwegisch
3. Dänisch
Die größten Schwierigkeiten dieser beiden letztgenannten Sprachen
werden extrem abgemildert, wenn man zuvor Schwedisch gelernt hat
– abgesehen davon, daß Schwedisch in allen skandinavischen
Ländern verstanden wird, so daß es fast als Lingua franca benutzt
werden kann (wie Englisch in vielen Ländern der Welt heute).
Achtung: Niederländisch steht ein wenig zwischen Deutsch und
Englisch, weist aber bereits in Richtung der skandinavischen
Sprachen (es ist aber die am wenigsten „skandinavische“ Sprache).
53. Vokabel-Spiele
Ich werde oft gefragt, ob ich – weil bei meiner Methode VokabelPauken verboten ist – auch gegen Vokabel-Spiele sei. Das ist
natürlich Unsinn! Lernen ist immer erlaubt und Vokabel-Spiele, die
helfen, Neues zu vertiefen, sind natürlich erlaubt. Wenn es spielerisch
geschieht, können alle Begriffe, die in Sätzen, Liedern, Lektionen etc.
enthalten waren (die wir dekodiert und aktiv gehört haben), auch
gespielt werden. (Vgl. KATEGORISIEREN von Karin HOLENSTEIN,
Seite 154f.)
54. VORAUSLERNEN?
Wenn SchülerInnen oder KursteilnehmerInnen meine Methode
„heimlich“ anwenden, das heißt, wenn sie statt Vokabeln zu pauken
meine
vier
Schritte
durchlaufen
und
schwerpunktmäßig
DEKODIEREN, müssen sie dem Unterricht um einiges voraus sein.
Dann ist, was immer im Klassenzimmer geschieht, Teil der
AKTIVITÄTEN des 4. Schrittes. Seit wir das begriffen haben, gelang
es, zahlreichen SchülerInnen aus dem 6er- und 5er- Noten-Loch
herauszuhelfen (vgl. „Nachhilfe?“, Seite 122ff.). Denn so kann auch
schlechter Unterricht den Lernenden nicht mehr am Lernen hindern.
Sogenannte LERN-probleme sind fast immer ausgeprägte LEHRProbleme!
Leider ist es immer noch wichtig, daß die Kinder – wenn sie
vorauslernen – dies in der Schule verheimlichen. Ich kann nicht
nachdrücklich genug darauf hinweisen, daß es meist schiefgeht, wenn
Kinder damit herausplatzen, z.B. weil sie gleich zu Anfang der für alle
Kinder noch neuen Lektion mit Antworten „gut dastehen wollen“
beziehungsweise andauernd ungeduldig mit den Fingern schnippen,
weil sie schon Bescheid wissen. Das fällt natürlich auf! Deshalb
sollten sie sich erst ab der Halbzeit im Unterricht aktiv zu melden
beginnen. Wenn sie eine Lektion im Schnitt ca. 4 Wochen lang
bearbeiten, dann sollten sie sich ab Ende der zweiten Woche aktiv am
Unterricht beteiligen, nachdem sie angeblich Vokabeln gepaukt
haben. Ich habe einen herzzerreißenden Brief von einer Mutter
bekommen (die anonym bleiben will), der genau diese Problematik
schildert (s. Seite 171f.).
Vieles dessen, was in der Schule passiert, verhindert Lernen (weil
man will, daß die Kinder pauken). Die Zahl der Lehrkräfte, die das
begriffen haben und gegensteuern, wächst zwar von Jahr zu Jahr
(Gott sei Dank), aber es dauert einfach zu lange. Derzeit sind wir im
Begriff, die 3. Generation von Kindern in der Schule kaputtzumachen
(s. „Was klassisches Sprachenlernen anrichtet“, Seite 164ff.).
Ich hatte das VORAUSLERNEN ca. 1988 zuerst für das schulische
Sprachenlernen entwickelt, aber inzwischen machen es die Kinder
meiner erwachsenen Seminar-TeilnehmerInnen in allen Fächern,
denn man spart so beim Lernen jede Menge Zeit. Abgesehen davon,
daß SchülerInnen jedes Alters begeistert sind, wenn sie bereits im
Unterricht kapieren, worum es geht, gilt folgender Erfahrungswert:
Mit der Birkenbihl-Methode (inklusive des Vorauslernens)
wenden Sie ca. die halbe Zeit auf, „ernten“ aber ca. das Doppelte!
Darüber hinaus macht Dekodieren Spaß, genauso wie schnelles
Begreifen – also fallen die schlimm sten Aspekte (Vokabeln pauken
und im Unterricht nie richtig wissen, wor um es geht) weg.
Warnung: Machen Sie Ihren Kindern unmissverständlich klar, daß
das Vorauslernen ein GEHEIMNIS bleiben muß und daß sie sich erst
ab der zweiten Hälfte der jeweiligen Lektion aktiv am Unterricht
beteiligen sollen. Dann sind alle „happy“: Lehrkraft, Kinder und Eltern.
Wenn Sie testen wollen, ob die jeweilige Lehrkraft, bei der Ihr Kind
Sprachen lernt, zu den wenigen Ausnahmen gehört, bringen Sie die
Frage doch einmal beiläufig an einem Elternabend zur Sprache:
„Übrigens, was halten Sie davon, wenn Schüler vorauslernen?“
Achten Sie genau auf die Reaktion. Es geht nicht nur um die Worte,
sondern in weit höherem Maße darum, wie die Lehrkraft antwortet. Oft
klingen diese Opfer des Systems, das ja auch sie verbogen hat,
regelrecht böse, aggressiv und haßerfüllt, so daß wir zwei
Themenbereiche haben, die extrem sensibel sind: erstens
Dekodieren, zweitens Vorauslernen.
55. Wochenende VERBOTEN
Wenn Sie sich vornehmen, irgendeine Übung täglich durchzuführen,
müssen Sie bedenken, daß das Gehirn kein Wochenende kennt. Auf
der anderen Seite reichen bereits wenige Minuten der jeweiligen
AKTIVITÄT, um Ihrem Gehirn zu zeigen, daß Sie die Sache nicht
fallengelassen haben. Machen Sie am Wochenende also zumindest
eine minimalistische Übung. Zeigen Sie Ihren grauen Zellen, daß Sie
noch „im Training“ sind, sonst können Sie davon ausgehen, daß jede
2-Tages-Pause Sie ca. 3 Tage zurückwirft. Neuronal gesehen gilt also
wirklich, was immer behauptet wird: USE IT OR LOSE IT!
Nervenbahnen, die Sie nicht aktiv nutzen, werden SEHR SCHNELL
„umgewidmet“ und anderen Aktivitäten zugeordnet. Das nennt man
„Plastizität des Gehirns“. Diese Tatsache wurde fast eine Generation
lang geleugnet, aber seit den späten 1990er Jahren besteht absolut
kein Zweifel mehr. Wobei gute Lehrkräfte, Coachs und geübte
LernerInnen das immer schon geahnt haben, aber jetzt ist es offiziell
(neurophysiologisch)!
56. W-Fragen-Baum29
Der W-Fragen-Baum unterstützt Sprachenlernende dabei, sich die
Fragewörter einer Sprache rasch und einfach einzuprägen. W-FragenBaum heißt er deshalb, weil im Deutschen nahezu alle Fragewörter
mit dem Buchstaben „W“ beginnen (teilweise finden Sie dies auch im
Englischen, s. Seite 134ff.). Anhand des Beispiels „Baum“ wird
erläutert, wer diesen fällt, wie er gefällt wird, wann usw.
Der W-Fragen-Baum ist so aufgebaut, dass er das Fragewort selbst
enthält sowie ein dazu gehöriges Bild oder Symbol und eine
Beispielfrage, welche die Lernenden auch rasch zur Bedeutung des
Fragewortes bringen.
57. Witze dekodieren
Witze30 haben eine Pointe und „arbeiten auf diese zu“ (Siehe auch
Seite 66). Das ergibt einen natürlichen Spannungsbogen. (Wo führt
das hin?) Deshalb sind sie besonders zum Dekodieren geeignet,
Beispiel:
A person who speaks three languages is called „trilingual“.
And a person, who speaks two languages is called „bilingual“.
What do you call a person, who only speaks one language?
Answer: An American!
58. Wörter assoziieren
Dabei handelt es sich um ein Gruppenspiel, bei dem ein Spielleiter
(kann jede Runde wechseln) bestimmt wird. Er entscheidet im
Zweifelsfall „Unklarheiten“ als Schiedsrichter.
(Beitrag von Kai BERGMANN und Carsten WEDEKIND)
VORBEREITUNG
Vor jeder Spielrunde wird ein Thema festgelegt, das den Oberbegriff
für die zu findenden Begriffe darstellt – das kann so ziemlich alles
sein: Dinge aus dem Kinderzimmer, Dinge aus Papas Werkstatt,
Fernsehserien,
Fußball,
Kinderbücher,
Handwerksberufe,
Hauptstädte,
Hobbies
(z.B.
Bergsteigen,
Skifahren
...),
Musikinstrumente, Pflanzen im heimischen Garten, Sportarten,
Sprachen, Versicherungen, Vornamen. Dabei ist auch festzulegen, ob
man die Themen weiter fasst (Spielzeug aller Art) oder eingrenzen will
(nur Spielzeuge, die sich gerade im Zimmer befinden). Wenn einem
nichts einfällt, kann man als „Joker“ Begriffe aus der Welt der Fabelund Kunstwesen nennen. Und auch hier muss vorab festgelegt
werden, ob man alle Märchen-, Film-, Historien- und Fantasiewesen
zulässt (z.B. Kapitän Nemo, Momo, Data von der Enterprise, Obi Wan
Kenobi aus „Krieg der Sterne“, das letzte Einhorn, Aladin usw.) oder
ob nur bestimmte Gruppen zulässig sein sollen (z.B. nur Wesen aus
„König der Löwen“, aus „Biene Maja“ oder „Herr der Ringe“, „Harry
Potter“, den Märchen der Gebrüder Grimm...)
ABLAUF
Der Startspieler nennt nun den ersten Begriff, danach beginnt die Zeit
für den 2. Spieler zu laufen. Dieser muss nun innerhalb der
festgelegten Zeit (die Bedenkzeit sollte je nach Übungsfortschritt
festgelegt werden, z.B. 5 Sekunden) einen weiteren Begriff zu dem
gerade „gespielten“ Thema sagen, wobei Doppelnennungen innerhalb
einer Runde nicht erlaubt sind (die Gruppe und der Spielleiter achten
gemeinsam darauf). Fällt ihm kein Begriff ein, darf er einen Joker
nutzen und ein Fabel- oder Kunstwesen nennen (natürlich ebenfalls
ohne Wiederholungen innerhalb einer Runde). Dann ist der nächste
Spieler an der Reihe...
Sobald ein Spieler einen Begriff nennt, der in dieser Runde schon
vorkam, das Zeitlimit überschreitet oder einen thematisch falschen
Begriff nennt, scheidet er aus. Wer als Letztes übrig ist hat gewonnen
und darf das Thema für die nächste Runde festlegen.
59. Zeitlupen-Training
Für das Lesen in der Muttersprache habe ich ein besonderes
REZITATIONS-Training entwickelt, dessen erster Schritt darin
besteht, den Text extrem laaaaaaaaaaaangsam zu lesen. Man darf
zwar keine Pausen machen, aber jede Silbe so laaaaaaaaaaaaaang
ziehen, wie man möchte. Hier siegen die sonst eher „schlechten“
LeserInnen, denn auch der Langsamste hat so genügend Zeit, die
Folge-Silbe zu erspähen, während schnelle Leser sich sehr
„schwertun“, extrem langsam zu lesen. Die Übung macht viel Spaß
und dreht den Spieß der normalen Leistungen in den Gruppen (oder
bei Individuen) einmal um. Natürlich können wir diese Übung auch mit
fremdsprachlichen Texten durchführen, uns amüsieren und ähnlichen
Spaß haben wie beim Singen der pseudo-deutschen Version (vgl.
LIEDER DEKODIEREN, Seite 77ff.).
Je langsamer wir üben, desto mehr Zeit hat unser Gehirn, die
notwendigen neuronalen Verbindungen anzulegen. Umgekehrt: Wenn
wir zu schnell vorgehen, brauchen wir insgesamt länger, weil das
Gehirn sich selbst im Weg steht, wenn es gleichzeitig handeln und
lernen soll. Beim langsamen Vorgehen steht mehr Lern-Energie zur
Verfügung. Das gilt für alle Lernprozesse,, bei denen wir Handlungen
„anlegen“ wollen, die später vollautomatisch ablaufen sollen, also
Klavier- oder Tennisspielen oder eben Wörter einer fremden Sprache
(letztlich) flüssig sprechen.
60. Zitate-Technik
Wir haben bereits im Dekodier-Kapitel gesehen, wie viel Spaß es
machen kann, eine Reihe von Zitaten zu dekodieren (s. Seite 64ff.).
Wenn wir sie uns von einem/einer MuttersprachlerIn aufzeichnen
lassen, können wir alle Lernschritte damit durchlaufen (Vgl. auch
„Trotzdem LEHREN“, Seite 178 ff.). Denn jedes Zitat ist wie eine MiniLektion: Im Schnitt bietet ein Zitat 7 bis 13 NEUE Wörter, wenn wir mit
geringen Vorkenntnissen anfangen. Dementsprechend haben wir pro
10 Zitate ca. 100 Wörter bewußt wahrgenommen, dekodiert, aktiv und
passiv gehört und bei AKTIVITITÄTEN laut gelesen oder geschrieben
etc., also GELERNT, ohne eine Vokabel zu „pauken“.
Bei 70 Zitaten (in wenigen Wochen denkbar) haben wir bereits einen
Basis-Wortschatz erworben, könnten also Texte auf BildzeitungsNiveau oder vom Schwierigkeitsgrad eines Buches für ca. 12jährige
lesen.
Mit 100 Zitaten überschreiten wir die ersten 1000 Wörter. Ab jetzt wird
es stetig leichter... Theoretisch könnte man ganze Kurse mit Zitaten
aufbauen (derartige Sprachkurse sind bei uns in Vorbereitung).
Noch ein Beispiel gefällig?
Es lebt von der Nähe zu dem bekannten Spruch: „Hinter jedem
erfolgreichen Mann steht eine starke Frau.“ Hier eine inter essante
Variante, die ich bei twitter gefunden habe (dort twitter zitierte @napaz
den eigentlichen Urheber Hubert H. HUMPHREY Jr.):
4. LEHRER-ABC
Die folgenden Spiele/Übungen sind dabei nur erste Vorschläge, Sie
können jederzeit auch selbst kreativ tätig werden. Achtung: Natürlich
können auch SelbstlernerInnen von diesen Spielen/Übungen
profitieren!!!
1. Dateien aus dem Internet
Mittlerweile gibt es eine Unmenge von Podcasts, die von
Muttersprachlern gestaltet werden. Mit diesen Audiodateien lässt sich
im Unterricht hervorragend arbeiten. Allerdings sollten Sie das
Material sehr sorgfältig auswählen, da es große Qualitätsunterschiede
gibt (manche bieten sogar ein Transkript an, das den gesprochenen
Text beinhaltet). Eine Website, auf der ich seit Jahren hochwertige
und anspruchsvolle Podcasts finde, ist www.eslpod.com.
(Beitrag von Barbara MARQUARDT)
2. Findespiele
Im Englischen gibt es sogenannte „Contractions“ (z.B. „you are“ =
„you’re“), die sich ebenfalls spielerisch üben lassen: Lassen Sie die
SchülerInnen Kärtchen erstellen, auf denen jeweils die lange Form
(„you are“) und die Zusammenziehung („you’re“) zu lesen sind.
Danach können die SchülerInnen mit diesen Karten Memory spielen
und so diese Formen üben.
(Beitrag von Barbara MARQUARDT)
3. Hangman (Galgenmännchen)
Bei diesem Spiel denkt sich der Spielleiter ein Wort aus, malt aber pro
Buchstabe nur einen Punkt an die Wandtafel (beziehungsweise auf
ein Blatt Papier). Die Spieler raten nun: „Enthält das Wort den
Buchstaben ‚e‘?“ Ist das der Fall, antwortet der Spielleiter mit JA und
fügt den entsprechenden, soeben erratenen Buchstaben an der
richtigen Stelle ein. (vfb: Genau genommen muss er ihn an allen
Stellen einfügen, wenn der Buchstabe mehrfach im Wort auftaucht.)
Lautet die Antwort aber NEIN, so zeichnet der Spielleiter einen
(weiteren) Teil des Hangman. Ziel ist, das richtige Wort zu erraten,
bevor das Strichmännchen am „Galgen“ hängt. Dieses Spiel eignet
sich natürlich für jede Sprache. Ich verwende es jeweils, um das
betreffende Alphabet (Aussprache der Buchstaben) zu festigen.
(Beitrag von Karin HOLENSTEIN)
4. KATEGORISIEREN31
Sobald meine Schüler in das Thema der neuen Lektion eingetaucht
sind, spielen sie oft mit den dazugehörigen Vokabeln. Dazu fertige ich
Karten an, auf denen die wichtigsten Wörter der Lektion (oder eines
Teilthemas) stehen. Jede Gruppe bekommt einen Satz Karten und hat
nun die Aufgabe, Kategorien zu bilden, denen sich die einzelnen
Begriffe zuordnen lassen. Auf diese Weise befassen sich die
SchülerInnen intensiv mit dem Thema, belehren sich gegenseitig und
lernen so spielend die jeweiligen Wörter kennen. Und da immer
mehrere „Lösungen“ möglich sind, kann man das Spiel auch öfter
spielen (zum Beispiel in einer späteren Lektion), mit der Vorgabe,
dieses Mal andere Kategorien zu bilden.
Im folgenden Beispiel erhielten die SchülerInnen 23 Karten zum
Thema „animals“: ant, alligator, tiger, snake, shark, duck, owl,
woodpecker, cat, mouse, elephant, horse, fox, hamster, cow, swan,
spider, ladybird, butterfly, caterpillar, lion, dog, snail.
Die erste Gruppe hat folgende Kategorien bestimmt:
Tiere mit Fell: cat, dog, hamster, tiger, mouse, horse, fox, cow,
lion
Tiere mit Federn: duck, owl, woodpecker, swan
Tiere mit Schuppen od. Haut: snake, snail, alligator, shark,
elephant
Sonstige: ant, spider, ladybird, butterfly, caterpillar
Die zweite Gruppe entschied sich für diese Kategorien:
keine Beine: snake, snail, shark
zwei Beine: duck, owl, swan, woodpecker
vier Beine: dog, cat, mouse, elephant, horse, lion, fox, hamster,
cow, alligator, tiger
mehr als vier Beine: spider, ladybird, butterfly, caterpillar, ant
Die dritte Gruppe schließlich fand folgende Kategorien:
leben vorwiegend auf dem Land: sail, ant, tiger, snake, cat,
mouse, elephant, horse, fox, hamster, cow, spider, caterpillar,
lion, dog
leben vorwiegend im Wasser: alligator, duck, shark, swan
fliegen oft: ladybird, butterfly, owl, woodpecker
(Beitrag von Karin HOLENSTEIN)
5. Kettenquiz
Vor einigen Jahren habe ich bei einem Lehrer, der an einer Schule im
thüringischen Jena unterrichtet, ein interessantes Spiel kennengelernt
– das Kettenquiz. Die Grundidee ist sehr einfach: Man bildet Paare
von zusammengehörenden Informationen und schreibt sie auf die
Vorder- und Rückseiten von Karteikarten. Dabei geht man so vor,
dass die Informationspaare immer um eine Karte versetzt
aufgeschrieben werden. Ein Beispiel: Nehmen wir an, Sie möchten ein
Kettenquiz mit englischen Redewendungen erstellen (der Einfachheit
halber nehmen wir an dieser Stelle nur 4 Paare, ansonsten haben sich
12 bis 16 Paare bewährt). Die jeweiligen Paare setzen sich aus der
englischen Phrase und der deutschen De-Kodierung zusammen, also:
1. Paar: „Nice to meet you“ und „Nett zu treffen Dich/Sie“
2. Paar: „Can I do anything for you?“ und „Kann ich tun
irgendetwas für Dich/Sie?“
3. Paar: „When in Rome, do as the Romans do“ und „Wenn in
Rom, tue wie die Römer tun“
4. Paar: „We wish you the best of luck!“ und „Wir wünschen
Dir/Sie das Beste von Glück!“
Jetzt werden die Redewendungen auf der Vorder- und Rückseite der
Karteikarten verteilt, und zwar wie folgt:
1. Vorderseite: „Nice to meet you“ (1. Paar, englisch)
1. Rückseite: „Kann ich tun irgendetwas für Dich/Sie?“ (= 2.
Paar, deutsch, dekodiert)
2. Vorderseite: „Can I do anything for you?“ (= 2.Paar, englisch)
2. Rückseite: „Wenn in Rom, tue wie die Römer tun“ (= 3. Paar,
deutsch, dekodiert)
3. Vorderseite: „When in Rome, do as the Romans do“ (= 3.
Paar, englisch)
3. Rückseite: „Wir wünschen Dir/Sie das Beste von Glück!“ (= 4.
Paar – deutsch, dekodiert)
4. Vorderseite: We wish You the best of luck (=4. Paar, englisch)
4. Rückseite: „Nett zu treffen Dich/Sie“ (= 1. Paar, deutsch,
dekodiert)
Hat man die Informationen in dieser Weise auf den Karteikarten
angeordnet, legt man alle Karten mit der Rückseite auf den Tisch. Nun
dreht ein Mitspieler eine der Karten um und liest die darauf stehende
Redewendung vor. Wer die zugehörige De-Kodierung erkennt, greift
sich die betreffende Karte. Er darf die Karte behalten, dreht sie um
und liest sie vor... Es bietet sich an, das Kettenquiz in Kleingruppen
von bis zu 4 Teilnehmern zu spielen. Es kann allerdings auch allein
gespielt werden. In der o.g. Schule wurde es erfolgreich zur
Vorbereitung auf Prüfungen eingesetzt.
Übrigens heißt dieses Spiel Kettenquiz, weil dabei eine Kette entsteht
– die letzte vorgelesene Karte muss zur ersten passen, dann ist das
Spiel „aufgegangen“. Im Unterricht ist es sinnvoll, einen in der
betreffenden Sprache guten Schüler als Schiedsrichter einzusetzen.
(Beitrag von Dr. Dieter Böhm)
6. LESE-Varianten im Klassenzimmer
Wenn meine Schüler (mit einem nach Birkenbihl aufbereiteten Text)
bei den Aktivitäten angelangt sind, dann lesen wir den Text immer
mehrere Male im Chor (vgl. Seite 88ff.).
Danach folgen Varianten wie
ganz laut,
ganz leise,
gaaaanz langsam oder
ganz schnell lesen.
Oft durchlaufen wir auch das „1-15-25 Training“ (vgl. Seite 97f.). Dabei
sehe ich, wie die Kinder während des Übens zunehmend an
Selbstvertrauen gewinnen. Endlich muss das Lesen nicht schon beim
ersten Mal perfekt sein! Hier wird angstfrei geübt, die Kinder sind eifrig
bei der Sache und feilen schon bald an der Betonung. Ich liebe dieses
aktive Gewusel, das da jeweils im Schulzimmer und auf dem Flur
herrscht, wenn sich die Schüler gegenseitig die Texte vorlesen und
dabei ein kleines Stück zu wachsen scheinen.
(Beitrag von Karin HOLENSTEIN)
7. Pantomime
Teilen Sie die Kinder in 2 oder 3 Gruppen auf, je nachdem, wie groß
die Klasse ist. Jede Gruppe fertigt eine Liste mit mindestens 5
Freizeitaktivitäten an. Danach führt einer aus der Gruppe (am besten
reihum) eine der Aktivitäten pantomimisch vor. Zur Vertiefung kann
jede Gruppe zudem Zeichnungen der Aktivitäten anfertigen.
(Beitrag von Barbara MARQUARDT)
8. Prominentenraten in einer Fremdsprache
Zwei Lernende gehen vor die Tür, während sich der Rest der Gruppe
zwei prominente Personen aussucht, welche die vor der Tür
Stehenden dann durch Ja/Nein-Fragen erraten müssen. Damit alle im
Raum außer den beiden Ratenden sehen können, welche Promis
gesucht werden, gibt es je nach Raumausstattung zwei Möglichkeiten:
1. Die Namen der Promis werden auf Post-it-Zettel geschrieben und
den Spielern, wenn sie wieder reinkommen, auf die Stirn geklebt,
so daß diese die Lösung nicht sehen können.
2. Die Namen werden auf eine Tafel oder ein Flipchart geschrieben,
das sich im Rücken der beiden Ratenden befindet.
Nun beginnen die beiden Spieler jeweils abwechselnd durch Fragen
herauszufinden, wen sie darstellen. Dabei ist darauf zu achten, dass
die Gruppe beziehungsweise der Spielleiter wirklich nur mit Ja oder
Nein antwortet.
Im Englischen könnte das z.B. so aussehen:
Spieler 1: „Am I a boy?“ – „No!“
Spieler 2: „Am I an actor?“ – “Yes!“
Spieler 1: „Am I a politician?“ – „Yes!“
...
Spieler 2: „Am I Brad Pitt?“ – „Yes!“
Damit hat Spieler 2 gewonnen, weil er „seinen Promi“ als Erster
erraten hat. Spieler 1 kann nun im Alleingang ebenfalls noch
herausfinden, wer er ist, bevor die nächsten Freiwilligen vor die Tür
gehen. Zieht sich das Spiel, können auch Hinweise – natürlich
ebenfalls in der Zielsprache – gegeben werden, z.B. „Your wife left
you last year“....
Wenn Schüler sich ein Spiel aussuchen dürfen, hat sich dieses als
eines der beliebtesten herausgestellt.
(Beitrag von Götz HAMDORF)
9. Rechtschreib-Übung
Drucken Sie einen Text aus der derzeit behandelten Lektion ohne
jedes Satzzeichen und ohne Abstand zwischen den einzelnen
Wörtern aus und lassen Sie ihn bearbeiten.
(Beitrag von Barbara MARQUARDT)
10. Spiele/Übungen selbst basteln
Um Spiele für Schüler/Studenten oder Kursteilnehmer einfach und
schnell erstellen zu können, bedient man sich am besten des
Computers und geeigneter Rohlinge. Natürlich kann man Karten und
Legeplättchen aus jedem stabilen Karton herstellen, doch man spart
eine Menge Zeit und Mühe, wenn man die entsprechenden
Materialien zu Hause vorrätig hat. Viele Anbieter von Lehrmitteln
bieten sogenannte Blanko-Karten, -Bierdeckel, -Dominokärtchen und
vieles mehr zu äußerst erschwinglichen Preisen an. An
Computerprogrammen sollte man sich Audacity oder ein anderes
geeignetes
Programm
zur
Bearbeitung
von
Stimmund
Audioaufnahmen besorgen (einige Programme sind kostenlos, als
sogenannte Freeware erhältlich). Des Weiteren sollte man ein
„Autorenprogramm“ haben. Mit diesem kann man Karteikarten und
Abfragewebsites erstellen, Lückentexte sowie Zuordnungsübungen
anfertigen und entweder am PC oder in Papierform bearbeiten. Eines
der bekanntesten Programme dieser Art ist „Hot Potatoes“, das
kostenfrei verwendet werden kann, solange man kein Geld für die
erstellten Übungen verlangt. Ansonsten benötigen Sie nur noch eines:
kreative Spielideen, wobei sich auch bekannte Gesellschaftsspiele
entsprechend abwandeln lassen.
(Beitrag von Barbara MARQUARDT)
11. Stadt-Land-Fluss (und Varianten)
Das bekannte Stadt-Land-Fluss Spiel spiele ich mit meinen Schülern
zu denjenigen Themen, welche wir bereits behandelt haben. Die
Kategorien sind dann zum Beispiel „animals“, „food“, „house“, „fair“
usw. Beim Zählen der Punkte werden gleich auch noch die
fremdsprachigen Zahlen gelernt.
(Beitrag von Karin HOLENSTEIN)
12. Unregelmäßige Verben
Besonders lästig und langweilig ist das Lernen von unregelmäßigen
Verben, die es in vielen Sprachen gibt. Doch auch das lässt sich mit
einem abwechslungsreichen Spiel bewältigen: Fertigen Sie einen Satz
Spielkarten (oder gegebenenfalls mehrere), bei dem die einzelnen
Karten jeweils eine Form der zu lernenden Verben zeigen. Ein
Farbcode hilft beim Sortieren – also beispielsweise Blau für die
Grundform, Grün für die Vergangenheit, Rot für das Partizip (z.B. im
Englischen). Nun sitzen die Schüler – jeder ausgerüstet mit einer
Fliegenpatsche – in kleinen Gruppen an einem Tisch, auf dem alle
Kärtchen einer Farbe mit der Beschriftung nach oben liegen (z.B. alle
Grundformen). Dann zieht einer der Spieler (der diese Runde
aussetzt) aus einem Beutel (in dem sich eine andere Farbe befindet,
z.B. alle Vergangenheitsformen) eine Karte und die übrigen
versuchen, mit ihrer Fliegenpatsche möglichst schnell das passende
Wort zu erwischen. Besonders spannend ist es für die Schüler, wenn
sie die Kärtchen für das Spiel selbst herstellen können (1000
Blankospielkarten kosten ca. 13 Euro).
Dieses Spiel lässt sich auch gut mit Vokabeln spielen (mit einem Bild
auf der einen Karte und dem entsprechenden Wort in der Zielsprache
auf der anderen).
(Beitrag von Barbara MARQUARDT)
13. Witze dekodieren – Variante
Witze zu dekodieren gefällt Jung und Alt. Besonderen Spaß macht die
Variante, in der zunächst die Pointe weggelassen wird und die
Lernenden eine eigene kreieren, bevor diese mit der „richtigen“
verglichen wird. Ein Beispiel:
A man visits God and says: „God, do you mind if I ask you a few
questions?“ God says: „No, ask me anything you want.“ So the man
says:„God, you’ve been around for a long time, so, for you, how long
is a thousand years? “God replies: „For me, a thousand years is only
five minutes.“ The man says: „That’s interesting, God. And, for you,
how much is a million dollars?“ God replies: „For me, a million dollars
is only five cents.“ The man says: „Really? Well then, God, could you
lend me five cents, please?“ God looks at the man, smiles, and says:
...
An dieser Stelle denken sich die Lernenden eine eigene „Pointe” aus
und vergleichen diese später mit der „richtigen”: „Of course, my son.
Just wait five minutes!“
(Beitrag von Karin HOLENSTEIN)
14. Wort-Raten I
Das Wort-Raten ist bei meinen Schülern das wohl beliebteste Spiel.
Dabei sitzen die Schüler im Kreis. Ich habe einen Stapel Karten mit
Vokabeln in der Hand (bunt gemischt aus allen bereits behandelten
Themen) und halte eine davon hinter einem Kind hoch (für dieses
Kind nicht sichtbar, für alle anderen schon), z.B. das Wort „nurse“
(Krankenschwester). Die anderen haben nun die Aufgabe, dieses
Wort in der Fremdsprache zu umschreiben, bis der oder die
Betreffende das Wort errät. Da heißt es z.B. vom einen Schüler: „ It’s
a person.“ Ein weiterer Schüler ergänzt: „It’s a woman.“ Eine andere
Schülerin meint: „She works in a hospital.“ Und als ein weiterer
Schüler meint: „It’s a job.”, ist die Antwort für den ratenden Schüler
klar: „NURSE“ ist das gesuchte Wort. Jetzt ist der oder die Nächste
dran – so geht es reihum.
(Beitrag von Karin HOLENSTEIN)
15. Wort-Raten II
Im Gegensatz zum bekannten Teekessel-Spiel wird hier nicht der
gesuchte Begriff beschrieben, sondern das Wort an sich. Beim
Teekessel-Spiel sagen wir z.B. „Mein Teekessel ist rund“ (Ball),
während wir beim WORT-RATEN sagen: „Mein Wort hat vier
Buchstaben.“ Ein zweites Beispiel beim Teekessel-Spiel könnte
lauten: „Mein Teekessel kann hüpfen, wenn er auf den Boden fällt.“
Beim WORT-RATE-SPIEL könnte man sagen: „Einer der vier
Buchstaben kommt doppelt vor.“ Vergleichen Sie:
TEEKESSEL
WORT-RATEN
Mein Teekessel ist rund.
Mein Wort hat vier Buchstaben.
Er ist größer als eine Kaffeetasse Es beginnt mit einem
und kleiner als ein KinderruckKonsonanten.
sack.
Mein Teekessel kann hüpfen,
wenn er zu Boden fällt.
Einer der vier Buchstaben kommt
doppelt vor.
Er ist nicht wirklich weich, aber
auch nicht richtig hart.
Der zweite Buchstabe ist ein
Vokal.
Er federt...
(Beitrag von Karin HOLENSTEIN)
16. Würfelspiele
Im Nachhilfebereich schlagen zwei Herzen in meiner Brust: Einerseits
weiß ich, dass isolierter Grammatikunterricht wenig nutzbringend ist
(s. Seite 103ff.), andererseits werden solche Dinge im Schulalltag
aber nach wie vor abgeprüft. Und so versuche ich, der Grammatik
durch eine kurzweilige Gestaltung den Schmerz zu nehmen – u.a. mit
Würfelspielen. Denn der Würfel ist eines der vielseitigsten und
einfachsten
Hilfsmittel
im
Sprachunterricht.
Ob
großer
Schaumstoffwürfel mit einer Tasche auf jeder Seite, in die man ein
Bildchen stecken kann, oder (Blanko-)Holzwürfel, auf dem man
Symbole anbringen kann – mit einem Würfel lassen sich sowohl
Vokabeln wiederholen als auch komplexe Sätze bauen. Ein Beispiel:
Nehmen Sie einen Würfel und bringen Sie auf jeweils zwei der Seiten
ein „ü“ für Aussagesätze, ein „û“ für verneinte Sätze und ein „?“ für
Fragesätze an. Geben Sie Ihren Schülern „geschüttelte Sätze“, in
denen nur die Grundformen enthalten sind, also beispielsweise
„take/Peter/bus“. Daraus sollen nun in Gruppenarbeit – je nach
Würfelergebnis – entsprechende Sätze gebildet werden. Als
zusätzlichen Anreiz können Sie aus dem Ganzen auch einen
Wettbewerb machen, indem Sie für jeden richtigen Satz Punkte
vergeben.
Wenn Sie einen Spielleiter bestimmen, der von Ihnen die Lösungen
bekommt, können die Schüler ohne Ihr Einwirken erforschen, was
richtig und was falsch ist.
Auch die verschiedenen Zeiten lassen sich auf diese Weise üben. Die
Beschriftung des Würfels lautet dann z.B. (auf jeweils 3 Seiten)
„Simple Present“ und „Present Progressive“. Grundlagen sind auch
hier wieder die „Schüttelsätze“. Bitte beachten Sie, dass es
außerordentlich wichtig ist, stets mit DEN Vokabeln Sätze zu bauen,
die gerade gelernt wurden. Anfangs sollten die Schüttelsätze aus
genau den Wörtern bestehen, die auch im Originaltext zu finden sind.
Später kann man dann die Vokabeln neu verknüpfen.
(Beitrag von Barbara MARQUARDT)
17. Zitate-Teekessel32
Viele meiner Teilnehmer aus den Erwachsenenkursen lieben das
Teekessel-Spiel und „teekesseln“ mit großem Eifer. Ich habe das
Spiel einfach ins Englische übertragen – wir suchen statt des
Teekessels nach dem „Coffee pot“. Dazu suche ich aus dem Internet
verschiedene Zitate zu ein und demselben Thema heraus und ersetze
jeweils das Schlüsselwort (z.B. friend, friends, friendship) durch
„Coffee pot“. Danach werden die Zitate sortiert – als Erstes kommt
das Zitat, bei dem das Thema am schwierigsten zu erraten ist, als
Letztes das offensichtlichste. Nun lesen und dekodieren (meist
mündlich) die Lernenden die Zitate der Reihe nach und versuchen,
nach jedem Zitat zu erraten, um welches Thema es sich handeln
könnte. Beim Lesen des letzten Zitats ist dann jeweils klar, worum es
geht. Oft entstehen nach der Auflösung noch interessante
weiterführende Diskussionen.
(Beitrag von Karin HOLENSTEIN)
18. Zungenbrecher
Oft gestalte ich den Lektionseinstieg mit einem Zungenbrecher. Im
Internet sind zu jeder Sprache Dutzende zu finden. Das Tolle daran
ist, dass man meist ein Wort (z.B. cook = kochen) kennt und dann die
anderen Wörter, die im Zungenbrecher vorkommen an sein
Wissensnetz anhängen kann. Beispiele:
How many cookies could a good cook cook, if a good cook could
cook cookies? A good cook could cook as many cookies as a
good cook who could cook cookies.
A fly and a flea in a flue were imprisoned, so what could they do?
„Let us fly”, said the flea. „Let us flee“, said the fly. So they flew
through a flaw in the flue.
If you’re keen on stunning kites and cunning stunts, buy a
cunning stunning stunt kite.
Whether the weather is hot or whether the weather is cold, we’ll
weather the weather whatever the weather is like!
(Beitrag von Karin HOLENSTEIN)
5. Was klassisches Sprachenlernen
anrichtet – einige
gesellschaftspolitische Auswirkungen
Ich konnte nie begreifen, warum es Lehrer so aufregt, wenn
SchülerInnen sich das Lernen ver-EINFACH-en, z.B. indem sie das
„Lösungswort“ unter einen neuen Begriff im Lektionstext schreiben
(also intuitiv zu dekodieren beginnen). Und ich meine damit nicht das
Verbot in (ausgeliehene) Schulbücher zu schreiben. Denn diese
intuitiv angewandte Technik wird in der Regel auch dann untersagt,
wenn der Text freiwillig abgeschrieben beziehungsweise fotokopiert
wurde, um die Abschrift zu dekodieren. (Das Fotokopieren hat auch
noch einen weiteren Vorteil: Die meisten Kopierer können die – meist
ohnehin zu kleine – Vorlage vergrößern; das erleichtert nicht nur das
Lesen, sondern schafft auch mehr Platz zum Schreiben zwischen
den Zeilen.)
Auch ich hatte es zunächst zugelassen, daß man mir eine einfache,
gehirn-gerechte und schnell zu Erfolgen führende Methode in der
Schule austrieb. Es kostete viele Jahre, bis ich sie mir zurückerobert
hatte. Inzwischen war ich jedoch wegen der permanenten Fünfer in
Latein und Englisch zur „Schulversagerin“ geworden, worunter ich
Jahrzehnte gelitten habe. Heute wissen wir, daß der Großteil der
Sitzenbleiber die „Scham“ lange (oder zeitlebens) nicht „wegstecken“
kann. In SPIEGEL ONLINE lesen wir diese Woche (Mitte März, 2010)
z.B.:
„Wenn Schüler eine Klasse wiederholen müssen, ist das ärgerlich,
nicht nur für sie selbst: Ehrenrunden fressen laut einer neuen Studie
rund eine Milliarde Euro pro Jahr – und niemand hat etwas davon:
Statt sich zu verbessern, verplempern Wiederholer meist lediglich
Lebenszeit.“
Sitzenbleiben sollte verboten werden! Sieht man einmal davon ab, wie
viel Lebenszeit die betroffenen SchülerInnen vergeuden, wenn sie
(wie ich damals) wegen 2 Sprachen auch alle andere Fächer
wiederholen müssen – also sowohl die, in denen sie gute Noten
hatten, als auch jene, bei denen sie sich schon im ersten Durchgang
„zu Tode gelangweilt haben“ (z.B. Geschichte und Erdkunde) –, und
betrachtet lediglich den kleinsten gemeinsamen Nenner, die Kosten
für den Staat, dann gilt (gemäß SPIEGEL ONLINE):
„Errechnet wurden die (durch Sitzenbleiben) entstandenen Kosten aus
zusätzlichen Personalausgaben für die Schulen und die
Schulverwaltung, dem laufenden Sachaufwand sowie den
Investitionsausgaben.“
Was glauben Sie, wie viele SchülerInnen allein in Deutschland Jahr
für Jahr auf dem Altar veralteter Vorschriften in Regelschulen
sprichwörtliche geopfert werden?
a.
b.
c.
d.
e.
f.
25.000
50.000
75.000
100.000
125.000
mehr
Tja, im Seminar wird hier meist kräftig danebengeraten. Denn außer
Eltern denkt ja kaum jemand darüber nach, und diese wissen aus
ihrer Schulzeit, daß im Zweifelsfall die SchülerInnen selbst schuld
sind. Also machen sie ihren Kindern die Hölle heiß statt einer Schule,
die derartig eklatante „Fehlermeldungen“ nicht als Symptom eines
nicht funktionierenden Systems erkennt! Die Antwort lautet: Jedes
Jahr „parken“ wir eine Viertelmillion Kinder (Antwort f. ist korrekt), also
alle vier Jahren eine Million33. (In den 12 Jahren eines „normalen“
Schülerlebens sind es 3 Millionen Kinder, die wir „sitzenbleiben
lassen“.) Gibt man in Google „sitzenbleiben“ als Suchbegriff ein, erhält
man erstaunlich viele Ergebnisse. Erstaunlich deshalb, weil über
dieses Tabu in der Regel nur selten diskutiert wird:
Bedenkt man erstens, daß es Millionen Kinder sind, die wir auf diese
Weise quälen, zweitens, daß man sie ihrer sozialen Bindungen
(Kameraden und Freundinnen aus der eigenen Klasse) beraubt und
drittens, daß die Schulnoten im Wiederholungsjahr in der Regel
keinesfalls besser werden (wie langjährige Erfahrungen gezeigt
haben), dann kann man sich nur fragen: Warum tun wir unseren
Kindern diese Schmach heute, zwei Generationen später, immer noch
an? In meiner Schulzeit konnte man sich noch herausreden, daß man
(fälschlicherweise) annahm, es würde „helfen“. Heute steht eindeutig
fest, daß dies nicht der Fall ist.
Schaut man genauer hin, kann man zwei Gruppen von betroffenen
SchülerInnen ausmachen:
1. Besonders begabte, kreative, teilweise sogar „geniale“ Kinder.
Damit meine ich jedoch nicht die sogenannten Hochbegabten –
von ihnen gibt es nicht so viele –, sondern Kinder, die ihre
normalen Begabungen bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht völlig
verloren haben. Deshalb weigern sie sich, stur und hirnlos zu
pauken. Und deshalb kommen sie mit unserem derzeitigem
Schulsystem nicht zurecht... Diese Kinder blühen regelrecht auf,
wenn man ihnen endlich die Möglichkeit bietet, gehirn-gerecht
(das heißt der Arbeitsweise des Gehirns entsprechend) zu lernen
(vgl. mein Buch „Trotzdem LEHREN“ oder für Leute mit LeseHemmungen die abgespeckte Version „Trotzdem LERNEN“).
2. Kinder aus bildungsfernen oder bildungsfeindlichen Milieus, bei
denen die Schule die Bildungsferne eigentlich AUSGLEICHEN
sollte, was sie aber nicht tut. Es reüssieren vor allem die Kinder
aus Akademiker- und Beamten-Familien (wobei viele Beamte
Akademiker sind), also die „Bildungs-Elite“, während fast alle
anderen auf der Strecke bleiben. Deutschland ist seit vielen
Jahren absoluter Spitzenreiter in den PISA- und OECD-Studien,
wenn es um die sogenannte sozio-ökonomische Distanz geht,
das heißt: „ungebildet rein“ ins Schulsystem und „ungebildet
wieder raus“.
Bedenken wir auch, daß die Mehrzahl der SitzenbleiberInnen in
mindestens einer SPRACHE (Mutter- oder Fremdsprache) „versagt“,
dann ist klar, daß mit einem gehirn-gerechten Ansatz viele dieser
Kinder vor dem Sitzenbleiben bewahrt werden könnten.
Und wenn wir weiterhin berücksichtigen, daß viele Kinder sich erst
nach der Pubertät „einkriegen“ und dann in relativ kurzer Zeit enorm
viel aufholen, dann sehen wir, daß viele kurz vorher aus dem
Gymnasium oder der Realschule katapultiert werden, ehe sie die
Chance hatten, aufzuholen.
Zwei „heiße“ Lern-Phasen im Menschenleben
Interessanterweise wissen nur wenige Lehrkräfte und Eltern, daß es
zwei große Lern-Abschnitte im Leben eines Menschen gibt. Die
erste (früh-)kindliche ist inzwischen bekannt und dokumentiert: Kleine
Kinder lernen weit schneller als ältere, sie können Unmengen von
Infos „verdauen“ etc. Deshalb fragen sie einem auch die bekannten
„Löcher in den Bauch“, was die meisten Erwachsenen bald abwürgen,
weil es ihnen peinlich ist, wieviel sie NICHT wissen. Statt gemeinsam
mit den Kindern ans Herausfinden zu gehen (und es damit zu einer
lebenslangen Fertigkeit zu machen), schämen sie sich, daß sie nicht
allwissend (wie Gott?) sind. Deshalb fordern sie laufend: „Frag nicht
so viel“ u.ä., bis der stetige Fragenstrom versiegt – was spätestens in
der Schule der Fall ist. Dort stellen nämlich LehrerInnen die Fragen,
bei denen sich allzuoft nur herausstellen soll, wer was (wieder mal?)
nicht weiß. So wird die Funktion des „besten Denk-Werkzeuges des
Menschen“ (Neil POSTMAN) korrumpiert!
Der zweite große Lern-Abschnitt des Menschen liegt in den Monaten
nach Beginn der Pubertät und dauert 1 bis 2 Jahre. Es ist, als ob die
Natur uns optimal darauf vorbereitet, in diesem Alter die
Geheimnisse, Rituale etc. der Erwachsenen zu erlernen. Wir
wissen von sogenannten primitiven Gesellschaften, daß die
Unterweisung der Jungen Wochen oder sogar Monate in Anspruch
nehmen kann und daß sie in manchen Kulturen zu dieser Zeit eine
Unmenge von „geheimem“ Wissen aufnehmen müssen (z.B. über
Heilplanzen etc.). Und deshalb wundert es uns nicht, daß auch hier
ein weit offenes Lernfenster existiert, das junge Menschen nutzen
können, um in der Schule oder Ausbildung aufzuholen – sofern man
sie nicht vorher bereits „entsorgt“ hat. Denn genau daran ist der
Bildungs-Elite gelegen, um potentielle Mitbewerber um Studien- und
Arbeitsplätze frühzeitig auszuschalten und damit ihren Status quo zu
retten.
Daß wir jedoch die, die dabei auf der Strecke bleiben, später dringend
bräuchten, um den Rentnerüberhang zu finanzieren, scheint niemand
zu begreifen. Denn die Anzahl der Jobs für schlecht ausgebildete
Menschen wird auch in Zukunft weiter schrumpfen (auf weniger als
15%), während ca. 70% aller Arbeitsplätze für Menschen reserviert
sein werden, die ihr Hirn benutzen können (und weitere 15% für
geistige „Hochleistungsarbeiter“ wie Forscher, Philosophen etc.). Wir
verhindern so nicht nur künftige Einzahler in das Sozialsystem,
sondern wir sorgen auch dafür, daß für die Besetzung der meisten
Arbeitsplätze immer weniger geeignete Personen zur Verfügung
stehen. Gut für die wenigen, die das Bildungssystem einigermaßen
erfolgreich durchlaufen haben, schlecht für die Volkswirtschaft eines
Staates, der in einer Welt, in der China und Asien zu Weltmächten
heranreifen, bestehen will.
Alle Politiker haben inzwischen Sprüche vom „Humankapital“
(neudeutsch „Human Ressources“) auf den Lippen. Sie reden davon,
daß wir die Zukunft nur durch die Köpfe unserer (jungen) Bürger
meistern können, aber sie unternehmen alles, damit das nicht
stattfinden kann! Um nur vier Beispiele (stellvertretend) zu nennen:
In den letzten Jahren wurden besonders in den Bereichen Kinder
und Jugendliche massive Streichungen vorgenommen – es gibt
kein Geld für Kitas, Jugendstätten werden geschlossen, Institute,
die Jugendliche ohne Lehrstellen hervorragend ausgebildet
haben, werden dichtgemacht etc.
Erst wurde die „Bildungshoheit“ an die Länder zurückgegeben,
dann rief die Kanzlerin zu ihrem „Bildungsgipfel“ auf, wohl
wissend, daß die Regierung jetzt nichts mehr unternehmen
kann, als die Länder mit hohlen Phrasen anzutreiben.
Seit PISA werden brillante Pilot-Projekte an Schulen – die sehr
wohl zeigen, wie es gehen könnte – NICHT AUSGEWERTET,
damit man die guten Ergebnisse nicht auf andere Schulen
übertragen kann. Man verlängert einfach die „Pilotphase“, und
schon hat man wieder 7 Jahre Zeit, um nichts Konkretes zu
unternehmen.
Man beginnt 2008 eine 10jährige Studie, welche die Schwächen
unseres Schulsystems feststellen soll, während man frühere (von
der Regierung in Auftrag gegebene) Studien, die diese bereits
konkret erforscht haben, in den Katakomben der Bürokratie
verschwinden läßt.
Wie soll unsere Jugend in der Wissenszukunft überleben?
Sollen wir ernsthaft davon ausgehen, unsere PolitikerInnen und
EntscheiderInnen könnten nicht so weit in die Zukunft denken, um zu
begreifen, was hier abläuft? Soll das heißen, sie wissen tatsächlich
nicht, was sie tun? Ich bezweifle das. Karl LAUTERBACH stellt in
seinem Buch „Der Zweiklassenstaat“ ebenfalls fest: Die Maden sitzen
im Speck und fressen sich voll, ohne zu begreifen, daß sie gerade den
Speck wegfressen, den sie in der Zukunft brauchen würden, um
Maden bleiben zu können...
Sollten wir nicht schon aus diesem Grund den Versuch unternehmen,
das Thema Sprachenlernen in der Schule aus der Gefahrenzone zu
holen? Hierzu gibt es zwei Möglichkeiten für Schulen und 5 Schritte
für Eltern.
Was Schulen tun können (2 Möglichkeiten)
Strategie 1: Sie bilden einige SprachlehrerInnen aus, die bereit sind,
meine Methode anzuwenden. Das Spannende dabei ist, daß die
LehrerInnen an ihrem Unterricht so gut wie nichts ändern müssen,
außer erstens im Vorfeld mit dem Dekodieren zu beginnen (zum
Beispiel in Kleingruppen) und zweitens den Aspekt des
Vorauslernens (s. Seite 146f.) einzubeziehen. Denn dann fällt alles,
was sie tun, in die AKTIVITÄTSPHASE der Schüler und ist somit
hilfreich. Hierzu können inzwischen eine Menge Materialien genutzt
werden (s. MERKBLATT) Nr. 8, Seite 199). Es empfiehlt sich, im
Vorfeld einen Elternabend zu veranstalten (in dem gern eine meiner
Erklärungen aus dem Internet per Beamer an die Wand „geworfen“
werden darf34; wir nennen das „Wissens-Kino“), damit die lernwilligen
Lehrkräfte ihre Energien nicht auf das Beantworten von Fragen
irritierter Eltern verwenden müssen, wenn es losgeht: „Warum muß
mein Kind plötzlich keine Vokabeln mehr lernen?“ Dies wird
insbesondere von Müttern gefragt, die das tägliche Vokabel-Abhören
zum Ritual gemacht haben und nicht sofort bereit sind, auf diese
Angewohnheit zu verzichten. Allerdings fällt es den meisten Eltern –
im Gegensatz zu vielen Lehrkräften – leicht, innerlich „umzuschalten“,
wenn sie begreifen, daß dies zum Vorteil des Kindes geschieht.
Strategie 2: Sie ändern nichts, signalisieren aber daß sie nichts
dagegen haben, wenn die Birkenbihl-Methode von NACHHILFESTUDIOS in Ihrer Nähe eingesetzt wird. So können Sie sehen, was
mit jenen Kindern passiert, die das offiziell dürfen (denn manche
Kinder leiden, wenn sie ständig verheimlichen müssen, daß sie
dekodieren, daß sie vorausgelernt haben etc.).
Das Interview mit einer Lehrerin, die diesen Schwenk ganz von sich
aus vorgenommen hat, finden Sie am Ende des ersten Kapitels (Seite
38ff.). Wollen Sie es vielleicht (noch einmal) lesen? Es könnte so
manche Lehrkraft inspirieren...
Was Eltern tun können (5 Schritte)
Schritt 1: Indem man die Opfer systematisch zu Tätern macht, wird
erreicht, daß niemand das lernfeindliche System (das Pauken statt
Lernen fordert) hinterfragt. Doch genau das müssen Sie tun. Sie
müssen anfangen, zu hinterfragen, was Sie in der Schule gelernt
haben, u.a. daß SchülerInnen im Zweifelsfalle selbst „schuld“ sind. Für
alle, denen es schwerfällt, aus alten Denkrinnen herauszufinden, gibt
es im Internet einen DVD-Mitschnitt („Viren des Geistes“), den ein
Raubkopierer bei YouTube eingestellt hat.
Schritt 2: Sie befassen sich mit der Methode (deshalb lesen Sie
diesen Text hier) und verschaffen sich einen ersten Überblick.
Schritt 3: Sie machen ein Lern-Experiment. Zum Beispiel können Sie
die Dekodier-Beispiele im Kapitel „Dekodieren erlaubt“ nachvollziehen
(falls Sie das noch nicht getan haben), oder Sie nehmen einen meiner
Sprachkurse, wenn Sie (vorläufig) noch nicht selbst dekodieren, die
Methode aber einmal testen wollen.
Schritt 4: Sie fragen Ihre Kinder, ob sie mit der Vokabel-Paukerei
AUFHÖREN wollen. Seien Sie nicht erstaunt, wenn sie dies
verneinen. Für manche Kinder ist der Schulstreß so groß, daß NEU
LERNEN
mühseliger
und
„schlimmer“
erscheint
als
WEITERWURSTELN. Es gab einen Nobelpreis für Einsichten zur
Wirtschaftswissenschaft, die u.a. besagen, daß Leute unter Streß
lieber den Status quo verteidigen – sogar vehement – und
weitermachen wie bisher, als umzulernen. Hier liegt vielleicht auch der
Grund für die massive Ablehnung von Seiten der Sprachlehrer
begründet35. Falls auch Ihr/e Kind/er sich zunächst wehren, verfolgen
Sie die Strategie von Frau HOLENSTEIN (s. MERKBLATT Nr. 9, Seite
201).
Schritt 5: Sie arbeiten mit Ihrem Kind VORAUS, so daß das, was im
Unterricht passiert, für das Kind zum vierten Lernschritt in der
Birkenbihl-Methode (AKTIVITÄTEN) wird. Dann kann der Unterricht
nämlich keinen „Schaden“ mehr anrichten.
Denken Sie daran, daß die Kinder „altmodischen“ (sturen, auf Status
quo bedachten) Lehrkräften nichts verraten dürfen. Aber zeigen Sie,
daß Sie wissen, wie manche Kinder unter dieser Heimlichtuerei
leiden. Ein Beispiel dafür ist der Brief einer Mutter, die lieber anonym
bleiben möchten. Sie schrieb mir in etwa folgendes (ich paraphrasiere
stark verkürzt):
Bericht einer Mutter
Wir hatten in den Sommerferien mit dem Vorauslernen begonnen. Die
Kinder kommen seither wunderbar klar; ihre Noten verbesserten sich
von Fünfern und Sechsern auf Dreier und Zweier in Latein, Englisch
und Französisch. Eigentlich könnten wir sehr zufrieden sein, aber ein
Wermutstropfen macht uns sehr traurig. Da die Kinder auf eine
innovative Schule mit sehr netten Lehrkräften gehen, habe ich Ihre
Warnung, sich nicht anmerken zu lassen, wenn man vorauslernt, nicht
berücksichtigt und die Kinder demzufolge nicht instruiert. Inzwischen
wissen die Sprachenlehrer Bescheid und haben sich gewaltig zu Wort
gemeldet (alle drei). Nun hängen die Kinder zwischen zwei Welten:
Einerseits funktioniert das Vorauslernen vorzüglich und sie möchten
es nicht mehr aufgeben. Andererseits sind sie gezwungen, Lehrkräfte,
die sie eigentlich mögen, anzulügen, und das macht sie traurig. Ist es
nicht furchtbar, Kinder in solche Konflikte zu stürzen? Auf meinem
Gebiet (Medizin) gilt die Regel: Wer heilt, hat recht. Warum kann man
hier nicht sagen: Derjenige, dessen Methode funktioniert, hat recht?
Warum müssen die Kinder laufend lügen oder zum Pauken
zurückkehren, beides Dinge, die sie verabscheuen? Das ist es, was
uns derzeit sehr zu schaffen macht. Deshalb haben wir anderen
Müttern, deren Kinder inzwischen ebenfalls mitmachen, eingebleut,
dass ihre Kinder sich im ersten Teil der neuen Lektion jeweils noch
nicht anmerken lassen, was sie schon alles wissen. Es ist schlimm,
dass man solche Maßnahmen ergreifen muß, damit die Kinder in
Ruhe lernen können...
Lesen Sie dazu auch das Statement einer weiteren Mutter (Frau
Krüppel) auf Seite 46f. Sie nutzt sowohl selbst als auch mit ihren drei
Söhnen diverse Birkenbihl-Techniken, von denen eine die SprachlernMethode ist.
Jedenfalls muß klar sein, daß wir mit dem gehirn-gerechten
Sprachenlernen unheimlich viel bewirken können. Mit Hilfe der
Birkenbihl-Methode stellen SchülerInnen sehr bald fest, wie leicht
Sprachenlernen sein kann, was auch gewaltige Auswirkungen auf ihr
Selbstwertgefühl hat. Denn Erfolgserlebnisse haben die Tendenz, sich
auf andere Lebensbereiche auszudehnen, so daß die erfolgreichen
Kinder bald auch in anderen Fächern beginnen, „herumzuprobieren“
(vorauszulernen, ABC-Listen zu füllen etc.). Sie sehen, es ist
subversiv, wenn wir SchülerInnen helfen, Stärken zu entwickeln.
Manchmal glaube ich, daß es das ist, was unsere „Oberen“ fürchten
wie der Teufel das Weihwasser. Denn:
Wir wissen, daß Noten extrem negative Auswirkungen auf die
Entwicklung haben, weil sie eine intrinsische Lern-Motivation
verhindern (vgl. Alfi KOHN: „The Schools Our Children Deserve“).
Wir wissen, daß Pauken keine Lern-, sondern Vergessenskurven
produziert.
Wir wissen, daß Sitzenbleiber im Folgejahr keine besseren
Noten haben. Etc. etc.
Aber mit gehirn-gerechtem Sprachenlernen können wir beginnen,
das System ein wenig auszuhebeln. So können Kinder wie
Erwachsene erleben, wie spannend echtes Lernen ist (schon der
Prozeß macht Spaß) und wieviel mehr „hängen bleibt“ (das muß man
erlebt haben, ehe man es glauben kann). Sie beginnen, das durch das
Leistungshormon DOPAMIN hervorgerufene Wohlgefühl zu genießen,
das sich einstellt, wenn Lernen mit Lust einhergeht (während Pauken
eine Last darstellt). Und wenn sie merken, daß sie mit halbem
Aufwand ca. die doppelte „Ernte einfahren“, dann können sie gar nicht
mehr nachvollziehen, warum sie sich so lange gewehrt haben. Das ist
die Zukunft, und Sie als Eltern, SelbstlernerInnen oder (Nachhilfe)Lehrkräfte entscheiden, wann sie beginnen soll.
Für heute gilt jedoch: Solange Kinder derartige Schulen besuchen
müssen, so lange vergehen unsere Entscheider sich an unserer
Jugend, und das dürfen wir – Eltern und andere Verantwortliche –
nicht länger zulassen! Insbesondere wenn wir bedenken, wie gern
unsere Kanzlerin in der Welt herumreist, um Staatslenker in Sachen
Menschenwürde/Menschenrecht zu belehren, ohne begriffen zu
haben, wie menschenverachtend unser Schulsystem leider vielerorts
(noch) ist. Schade!
6. Die häufigsten Fragen...
Wenn man gewisse Informationen Tausenden von SeminarTeilnehmerInnen angeboten hat, dann kristallisieren sich mit der Zeit
bestimmte Fragen heraus, die immer wieder auftauchen. Die meisten
dieser Fragen habe ich beim Schreiben des Haupttextes bereits
berücksichtigt, aber einige sind doch „übriggeblieben“. Springen Sie
einfach von Frage zu Frage, und lesen Sie diejenigen, die Sie
interessieren...
Kann man im Schlaf lernen?
Diese Frage wird in jedem Seminar gestellt. Die Antwort ist ein
eindeutiges Jein! Warum? Nun, das sogenannte Schlaflernen ist dann
am effektivsten, wenn Ihr Gehirn die sogenannten Alpha-Wellen
produziert (der Bereich von 7 bis 13 Hz.). Das ist bei einer der vier
Schlaf-Phasen der Fall, die Sie jede Nacht mehrmals „durchlaufen“.
Aber nach dieser er sten Schlaf-Phase folgen andere, die mit anderen
Hirnwellen einhergehen. Versuche haben eindeutig ergeben, daß die
Schläfer am nächsten Tag unruhig, nervös und gereizt sind, wenn
während der anderen Schlaf-Phasen ebenfalls Lerninformationen zu
vernehmen waren. Deshalb hat sich das Schlaflernen ja nie
durchgesetzt, wiewohl man vor Jahrzehnten bereits damit zu
experimentieren begann. Man könnte natürlich mit Elektroden am
Kopf einschlafen und das Abspielgerät mit einem EEG (ElektroEncephalographen, dem Hirnwellen-Meßgerät) in einer Weise
koppeln, daß das Gerät nur während der Alpha-Phasen läuft. Aber
wer will das schon?
Aber Sie können die Tatsache, daß die erste Schlafphase immer eine
Alpha-Phase ist, nutzen! Lassen Sie die CD (den MP3-Player etc.) bis
zum Einschlafen laufen (schalten Sie gegebenenfalls eine
Zeitschaltuhr zwischen Gerät und Steckdose, die Sie auf 40 Minuten
programmieren). Es macht nichts, wenn Sie vor dem Ende
einschlafen. Sollten Sie an Schlaflosigkeit leiden, dann könnten Sie
die Zeit zum HÖREN/AKTIV nutzen, statt nur herumzuliegen und auf
den Schlaf zu warten ... So können Sie also bedingt schlaflernen. Und
wenn Sie mit einem Partner im selben Raum schlafen, dann könnten
Sie mit einem Kissen-Lautsprecher (vgl. Kap. 3) arbeiten, ohne ihn
(sie) zu stören. (Kopfhörer sind zum Einschlafen wenig geeignet.)
Soll man Latein lernen?
Die Antwort lautet Jein; das hängt nämlich von Ihrer ganz speziellen
Situation ab: Angenommen, Sie sind ein eher analytischer Lese-Typ,
dann könnte Latein Ihnen Freude machen, und es würde gleichzeitig
die Basis für alle romanischen Sprachen (plus Englisch!) legen! Sie
können Latein ebenfalls nach meiner Methode lernen, wenn Sie sich
jemanden suchen (z.B. einen Seminaristen der katholischen Kirche),
der Texte für Sie „auf Band“ liest. Übrigens gibt es mittlerweile
Lateinbücher mit kleinen Stories statt üblicher Lektiontexte, und auch
mit Asterix, Wilhelm BUSCH, dem Struwwelpeter u.v.a. kann man
lateinischen Spaß haben. Und dann gibt’s natürlich die alten Texte,
die alle in Übersetzung vorliegen.
Aber die Antwort oben lautete „Jein“, es spricht nämlich für den NichtAnalytiker einiges dagegen. Falls Sie Latein beruflich (später)
benötigen, dann lernen Sie zuerst Englisch (oder Italienisch); damit
erwerben Sie bereits eine „solide Basis“ für Latein, ehe Sie damit
beginnen. Und wer lediglich Latein lernen wollte, um Fremdwörter
besser erkennen zu können, der wird durch jede romanische
Sprache (z.B. Englisch) dazu befähigt.
Soll man ausländische Zeitungen lesen?
Wenn Sie auch im Deutschen (relativ) viel Zeitung lesen, also mit dem
typischen Zeitungsstil – der zum Teil stark vom normalen
Sprachgebrauch abweicht (das beginnt schon mit den Sprachfetzen in
der Überschrift) – vertraut sind, dann ist es sinnvoll. Wem jedoch
diese „Schreibe“ nicht vertraut ist, der findet sich in einer fremden
Sprache vor einer (zunächst) unüberwindlich scheinenden Barriere.
Dazu kommt: Je vertrauter Ihnen einige wichtige Nachrichten aus
deutschen Presseberichten sind, desto eher begreifen Sie
Informationen darüber in einer fremden Sprache. Das beginnt bei
Namen, die in Sprachen ohne Großbuchstaben (Arabisch, Hebräisch,
Persisch, Urdu, Hindustani, Japanisch, Chinesisch etc.) zunächst gar
nicht als solche erkennbar sind, sofern sie einem nicht als solche
vertraut sind, und das hört bei Spezialbegriffen (Minus-Wachstum,
Krieg der Sterne) noch lange nicht auf. Nur wer in seiner
Muttersprache mit Zeitunglesen vertraut ist, kann relativ schnell
fremdsprachliche
Zeitungen
lesen,
er
wird
auch
Nachrichtensendungen in Radio und Fernsehen sehr bald verstehen
können.
Wie kann man im Zielland üben, wenn jeder dort
automatisch gleich Deutsch oder Englisch mit
einem spricht?
Hinter dieser Frage steckt eine traurige Erfahrung vieler meiner
SeminarteilnehmerInnen, nämlich die, daß sie im Zielland sofort als
„Touristen“ eingestuft wurden. Das hat zur Folge, daß die
Einheimischen glauben, besonders nett zu sein, wenn sie versuchen,
den Lernwilligen in dessen Muttersprache anzusprechen. Also können
Sie weder üben, Ihr Hotelzimmer auf Spanisch zu buchen, noch Ihren
Kaffee auf Italienisch zu bestellen, noch auf Französisch einzukaufen
etc. Was nutzt es dann, wenn Sie alles, was die Personen in den
Lektionen können, auch können, wenn man Ihnen von Anfang an gar
keine Chance gibt?! Das kann unheimlich frustrieren, wenn man hofft,
endlich ein wenig „echt üben“ zu können insbesondere wenn man
noch nicht flüssig genug sprechen kann, um sich in der Zielsprache
zur Wehr zu setzen. Mein Vorschlag:
Bereiten Sie sich zu Hause darauf vor! Lassen Sie sich notfalls von
einem Bekannten aus dem Zielland (oder einem Dolmetscher) helfen,
drei Sätze in die Zielsprache zu übersetzen, die Sie möglichst
auswendig lernen. Aber im Notfall können Sie den Zettel mit je einem
dieser Sätze dem potentiellen Gesprächspartner im Zielland auch zu
lesen geben, wenn es nicht gerade ein Analphabet ist (davon gibt es
in manchen Ländern ja bis zu 90%!). Der erste Satz könnte so lauten:
BITTE HELFEN SIE MIR: ICH MÖCHTE IHRE SPRACHE
LERNEN – DAS GEHT ABER NICHT, WENN SIE DEUTSCH
(ENGLISCH) MIT MIR SPRECHEN.
Erfahrungsgemäß stutzt der andere, lächelt Sie an, und jetzt ergießt
sich ein Fluß von Wörtern, schnell, mundartlich, jedenfalls für Sie
weitgehend unverständlich über Sie. Nun, Sie sind auch hierauf
vorbereitet. Also sagen Sie Ihr nächstes, zu Hause ebenfalls
vorbereitetes Sprüchlein auf, wobei Sie überdeutlich und sehr
langsam sprechen (oder zücken Zettel Nr.2):
BITTE SPRECHEN SIE SEHR, SEHR LANGSAM.
Nun gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder der andere schaut Sie an,
als ob Sie nicht mehr alle Tassen im Schrank hätten, dann belassen
Sie es bei dem einen „Gespräch“ mit ihm und verabschieden sich.
Oder aber Ihr Partner wird (wie die meisten Menschen) positiv
reagieren. Sowie der andere seinen ersten langsamen Satz von
sich gegeben hat, verstärken Sie sein Verhalten positiv mit Ihrem
dritten und letzten zu Hause vorbereiteten Zettel:
ICH DANKE IHNEN FÜR IHRE GEDULD, SIE HELFEN MIR
SEHR.
Mit diesem Patent-Rezept haben meine Teilnehmer es immer wieder
geschafft, einige „gute“ Gesprächspartner zu finden, mit denen sie
sich dann natürlich länger beziehungsweise öfter unterhalten. Das
bringt uns zur zweiten Frage, die in diesem Zusammenhang immer
gestellt wird:
Wo kann man (im Zielland) am besten üben?
Natürlich da, wo Menschen sind, die erstens Zeit haben und die
zweitens bereit sind, sich zu unterhalten! Ein Ober, der sowieso schon
am „Rotieren“ ist, wird nicht viel Geduld aufbringen, um mit Ihnen
langsam zu sprechen oder zu warten, bis Sie einen Begriff endlich im
Wörterbuch gefunden haben! Also, wo finden wir die richtigen Leute?
Hier einige erste Ideen, die Sie im Hinblick auf Ihre Wesensart prüfen
sollten!
1. Natürlich finden Sie potentielle Gesprächspartner auch im Café,
aber an den anderen Tischen, wenn Sie der Typ sind, der es
wagt, Fremde anzusprechen. Bitte bedenken Sie, daß in
südlichen Ländern die Leute nicht so „steif“ und distanziert sind
wie wir. Und daß die meisten Menschen recht hilfsbereit sind,
wenn wir ihre Hilfe erbitten. So könnten Sie z.B. in Ihrem
Wörterbuch blättern und dabei immer wieder etwas „verzweifelt“
umherblicken, ehe Sie jemandem endlich die erste Frage stellen.
Wenn Sie die drei Sätze (s. Seite 177) griffbereit haben, kann
nicht mehr viel schiefgehen.
2. Am Strand, aber weiter hinten! Je näher jemand sich ans
Wasser legt, desto eher will er regelmäßig schwimmen; das sind
selten Partner, die uns die nötige Geduld entgegenbringen
werden. Aber weiter hinten, da sitzen die Eltern von
halbwüchsigen Kindern, die man noch nicht ganz allein gehen
läßt, die aber stundenlang in der Nähe herumlaufen (oder
schwimmen) dürfen. Diese Personen sind meist gern zu einem
Gespräch bereit. Beobachten Sie genau, daß Sie keine
deutschen Touristen erwischen; aber die erkennt man ja schnell
... Schlendern Sie langsam herum, und suchen Sie ein
potentielles „Opfer“; vielleicht lassen Sie etwas im Vorbeigehen
fallen, dann heben Sie es auf und entschuldigen sich mit
Augenkontakt, und schon merken Sie, ob der Mensch auch
3.
4.
5.
6.
irgend etwas sagt. Merke: Antworten auf rituelle Redewendungen
(Grüße, Entschuldigungen und deren Beantwortung) werden
meist – unbewußt – schnell gegeben! Dann aber hat der andere
bereits etwas gesagt, die erste Hürde ist genommen.
Gehen Sie zum Bahnhof und „hängen“ Sie da herum, wo
Einheimische auf Vorortzüge warten. Wenn der Zug noch 15
Minuten auf sich warten läßt, können Sie garantiert ein kleines
Gespräch mit jemandem führen. Sie können aber auch einen
Schritt weitergehen:
Reisen Sie in dem Vorortzug ca. 25 km mit (und kehren Sie
anschließend wieder zurück). Sie können einen netten Kontakt
vom Bahnsteig weiterführen oder einen weniger netten, durch
Einsteigen in einen anderen Wagen, „verlieren“. Im Zug redet es
sich besonders leicht mit Fremden!
Gehen Sie zu Behörden, vor allem im Hinterland, wo nicht zu
erwarten ist, daß der Beamte versuchen wird, auf Deutsch oder
Englisch auszuweichen. Merke: Diese Leute sind dazu da, Ihre
Fragen zu beantworten. Wenn er Probleme hat, Ihre Fragen zu
verstehen, dann ergibt sich zwangsläufig ein Gespräch, in dessen
Verlauf Sie beiläufig erwähnen können, daß Sie seine Sprache
lernen wollen. Das schafft automatisch mehr Sympathie, als wenn
er glaubt, Sie „kämpften“ nur aus der Not mit seiner Sprache.
Wenn Sie nicht gerade in einer Schlange von Wartenden stehen
(was im Hinterland in der Regel nicht der Fall ist), wird man sich
Zeit für Sie nehmen!
Achtung: Der letzte Hinweis ist definitiv auch für Nicht-Camper
relevant: Auf Campingplätzen, vor allem auf Inlandsplätzen
(ohne Strand) müssen Sie es unbedingt versuchen! Die Leute
hier sind oft Dauercamper und froh über jede Abwechslung.
Parken Sie den Wagen außerhalb, und fragen Sie an der
Rezeption, ob Sie durchlaufen dürfen, um sich den Platz zu
anzusehen. (Im Notfall auch auf Deutsch oder Englisch, aber
bereits das Personal an der Rezeption könnte einem Gespräch
nicht abgeneigt sein, wenn gerade nicht viel zu tun ist.) Die
Genehmigung dazu wird meistens erteilt (es kostet manchmal
einen kleinen Obulus). Nun schlendern Sie herum und
beobachten: Je offener ein Stell-Platz ist, desto offener für
Gespräche sind die Bewohner in der Regel. Sitzen Sie direkt am
Wagen oder zwei Meter entfernt (also näher an
Vorbeigehenden)? Schauen sie „nur so“ herum, oder sind sie
beschäftigt? Wenn Sie langsam genug gehen, ein wenig
freundlich dreinblicken und vor einem potentiellen Partner
stehenbleiben, werden Sie selbst in der Regel sogar
angesprochen. Dann ist das Eis schnell gebrochen. Die ersten
Themen hier sind immer: Wo kommt man her? Wo will man hin?
Wie lange will man bleiben? Urlaub oder beruflich? Familie? Etc.
Wann ist man zu alt, um mit dem Sprachenlernen
zu beginnen?
Im Prinzip nie! Selbst wenn Sie mit nur einer einzigen Sprache schon
„ziemlich“ alt geworden sind, steht Ihrem Wunsch, eine neue Sprache
zu lernen (so Sie den haben!), nichts entgegen. Einige meiner
Seminar-TeilnehmerInnen waren in den Siebzigern und haben
inzwischen erfolgreich eine (zum Teil sogar mehrere) Sprache(n),
gelernt.
Soll man Radiosendungen in der Zielsprache
hören?36
Ja und Nein. Ja, wenn Sie schon ca. 70% beim ersten Hören
verstehen, dann ist jede Sendung auch interessant. Nein, wenn Sie
noch am Anfang stehen. Mein Vorschlag: Nehmen Sie eine (einige)
Radiosendung(en) auf (oder laden Sie sie aus dem Internet herunter);
dann können Sie diese so oft hören, wie Sie wollen. Aktiv oder
passiv, ganz wie Sie gerade Lust und Laune haben. Aber wenn Sie
eine bestimmte Sendung mehrmals in beiden Hör-Varianten „hinter
sich“ haben, werden Sie auf alle Fälle weit mehr verstehen als beim
ersten Durchgang!
Kann es sein, daß man eine der vier
Grundfertigkeiten37 in der Zielsprache besser
beherrschen lernt als in der Muttersprache?
Ja, allerdings müssen bestimmte Voraussetzungen gegeben sein.
Entweder man kommt als junger Mensch ins Ausland, oder aber man
befaßt sich besonders intensiv mit einer dieser Fertigkeiten, so daß
man langsam tatsächlich besser wird. Aber das ist selten. Was schon
eher passiert, ist, daß man in einer anderen Sprache ein größeres
Vokabular erwirbt, als man es in der Muttersprache hat. Das bedeutet
dann, daß für diese Dinge die Fremdsprache quasi zur
Muttersprache wird, denn man kennt ja nur einen Begriff, aber eben
nicht den deutschen. So lernte ich in den sieben Jahren in den USA
sehr viele Wörter, zu denen mir im Deutschen buchstäblich die Worte
fehlten. Ich brauchte Monate, um hier wieder „gleichzuziehen“,
insbesondere bei Fachbegriffen und Wörtern, die Ideen beschrieben,
mit denen ich mich vorher im Deutschen noch nicht befaßt hatte.
Wie lernt man eigentlich, in der Zielsprache zu
denken?
Einfach indem man es tut! Üben Sie täglich, einige Minuten in der
Zielsprache zu denken (oder Selbstgespräche zu führen), wobei dies
anfänglich durchaus in „Zeitlupe“ (mit langen Denkpausen) ablaufen
kann. Denken Sie ursprünglich nur, was Sie derzeit schon denken
können, erst später werden Sie denken, was Sie denken wollen!
Wenn Sie anfangs 10 Minuten schaffen (die Ihnen in den ersten zwei
Wochen schwerfallen werden) und später, wenn es leichter geht, auf
15 oder 20 Minuten verlängern, werden Sie zwangsläufig bald in der
Zielsprache denken können. Es geht gar nicht anders! Übrigens habe
ich dieses Programm, als ich in zwei Monaten Holländisch lernte, stur
durchgehalten; sonst hätte ich nicht sofort mit Seminaren beginnen
können! Inzwischen haben mir auch Seminar-TeilnehmerInnen, vor
allem Manager, die im Zielland verhandeln müssen, bestätigt, daß es
ihnen ähnlich ergangen ist. Seit sie mit den Denk-Übungen begonnen
haben, hat sich ihre Fähigkeit, sich in der Zielsprache auszudrücken,
innerhalb der ersten drei Wochen bereits dra stisch erhöht!
Bitte bedenken Sie auch: Wenn Sie Auto fahren, zum Einkaufen
gehen, auf einen Bus warten – das sind Zeiten, in denen Sie solche
Übungen absolvieren könnten, ohne „Extra-Zeit“ zu investieren.
Ist die Vier-Schritt-Methode auch für angehende
Dolmetscher geeignet?
Ja, aber: Will jemand später schriftliche Übersetzungen anfertigen,
wobei es darum geht, Satzteil für Satzteil sinngemäß ohne
besonderen Zeitdruck zu übertragen, dann ist nichts gegen meine
Methode einzuwenden, wenn er alle Lektiontexte nicht nur de-kodiert,
sondern sie (ca. fünf Wochen später) auch in „gutes Deutsch“
übertragen lernt. Wieder zwei Wochen später kann dann die „gute
Übersetzung“ in die Zielsprache rückübersetzt werden. Somit wird das
Übersetzen von Anfang an gleich mitgeübt! Diese Übersetzungen
können als Teil von Schritt 4 gesehen werden.
Will die Person jedoch Simultandolmetscher werden, sollte sie eine
Zusatzübung (quasi einen fünften Lern-Schritt) mit jeder Lektion
machen, wobei ich voraussetze, daß auch der angehende SimultanDolmetscher die Übersetzungs-Übungen (oben) gemacht hat. Jetzt
kommt der fünfte Lernschritt: Erstellen Sie eine Übungs-Aufnahme,
bei der nach jeweils drei bis vier Sätzen eine kleine Pause folgt; denn
Sprecher, die simultan übersetzt werden müssen, machen später
auch solche Mini-Pausen, sei es, weil sie nachdenken, sei es, um
dem Dolmetscher eine Chance zum Übersetzen zu geben. Während
diese Version läuft, übt man jetzt, die Übersetzung laut zu sprechen.
Da man diese ja schriftlich bereits (mehrmals) geübt hat, trainiert man
jetzt hauptsächlich die Vorgehensweise, also diese Art zu sprechen
(trotz Weiterlaufens der Originalstimme).
Normalerweise arbeiten Übersetzer beider Gruppen nur von der Ziel-
in ihre Muttersprache; sollte die Person jedoch beide „Richtungen“
lernen wollen, so kann sie natürlich die „gute deutsche Übersetzung“
ebenfalls „auf Band“ lesen und dann „rückwärts“ dasselbe Training
absolvieren!
Warum soll man eigentlich Sprachen lernen?
Nun, abgesehen davon, daß man vielleicht in anderen Sprachen lesen
oder sich unterhalten möchte, gibt es auch Gründe, die sich auf die
Muttersprache beziehen.
Wie schon einmal angedeutet (siehe Seite 47), kann die
Auseinandersetzung mit anderen Sprachen völlig neue Einsichten
liefern, also unser Sprachgefühl allgemein verbessern. Wer z.B.
erfährt, daß alle Wörter im Japanischen sowohl die Einzahl als auch
die Mehrzahl ausdrücken (so daß HON Buch oder Bücher heißen
kann), dem fällt vielleicht auf, wie sehr wir oft auf unserem eigenen
Weltbild beharren. Aber auch das Weltbild oder die Wirklichkeit, ja
sogar die Wahrheit sind im Japanischen Konzepte, die niemals so
EIN-deutig ausgelegt werden können wie in indo-europäischen
Sprachen. Sind die Japaner deshalb weit flexibler im Denken?
Können sie daher Einflüsse von überall (China oder dem Westen)
integrieren, ohne sich klar für den einen oder anderen Weg zu
entscheiden, wie wir das eher versuchen? Solche und ähnliche
Fragen haben sich mir durch das Fremdsprachenstudium zuerst
aufgetan...
Wollen wir uns einem letzten Frage-Komplex zuwenden, der immer
auftaucht und dessen Beantwortung einige kleine (erste?) Einsichten
in verschiedene Sprachen und Sprach-Systeme erlaubt. Es geht um
Fragen wie die folgenden:
Sind Sprachen wirklich miteinander „verwandt“?
Gibt es leichte Sprachen?
Je weiter „entfernt“ eine Sprache von der (den) Sprache(n) ist (sind),
die Sie bereits kennen, desto schwerer ist (sind) sie (zunächst) für
Sie. Das bezieht sich sowohl auf die Grammatik als auch auf das
Vokabular. Die grammatikalischen Strukturen von Chinesisch und
Japanisch sind einerseits beide „total anders“ als unsere
indogermanischen Sprachen. Andererseits sind sie sich trotzdem so
unähnlich, daß die Japaner das Chinesische als „genauso schwierig“
empfinden wie wir. Falls Sie sich von der Schrift irreführen lassen und
daher meinen, die beiden Sprachen müßten eigentlich viel gemein
haben, dann bedenken Sie:
Seit der großen Reform des Kemal ATATÜRK (1928) wurde in der
Türkei die arabische Schrift durch die lateinische ersetzt. Aber
Türkisch ist weder eine semitisch-hamitische Sprache (deren Schrift
es zuerst benützte) noch eine indogermanische und daher für uns
ebenfalls „ziemlich schwer“. Genauso hat das Japanische die Schrift
der Chinesen teilweise übernommen. Dabei erfolgte die erste
„Übernahme“ vor mehr als tausend Jahren. Sie brachte die
sogenannten
KANJI-Zeichen
(komplette
Wort-Zeichen)
ins
Japanische ein. Die zweite „Übernahme“ vor ca. sechshundert Jahren
führte zur Entwicklung der beiden Silbenschriften HIRAGANA und
KATAKANA, wobei eine davon ursprünglich eine „Frauenschrift“ war,
denn im alten Japan waren einige der größten Dichter und Denker
Frauen! Trotzdem haben die Japaner nur wenig echte Wörter
übernommen, somit blieb ihre Sprache „ganz anders“ als die
chinesische! Übrigens sind die übernommenen Wörter auch nicht
leicht, denn genauso, wie wir die Ziffern im Englischen „schreiben“
können, müssen wir die Zahlwörter selbst erst lernen. So ist das
chinesische Zeichen für Mensch in beiden Schrift-Systemen sehr
ähnlich geblieben, aber der Chinese sagt (ungefähr) REN, während
der Japaner es entweder H’TO oder JIN ausspricht.
Anders sieht es bei Sprachen aus, die wirklich miteinander verwandt
sind. So gibt es z.B. „verwandtschaftliche Beziehungen“ zwischen
Ungarisch und Finnisch. Man nimmt an, daß eine Gruppe von UrUngarn auf der Flucht vor Attila dem Hunnen bis ins heutige Finnland
ausgewandert ist. Demnach können Ungarn leicht Finnisch lernen und
umgekehrt. Aber diese Sprachfamilie ist nur klein, wiewohl manche
Sprachforscher die Turk-Sprachen noch hinzurechnen! Will man
gleich mehrere „leichte“ Sprachen lernen, so sollte man eine große
Sprach-Familie wählen, z.B. die romanische (inklusive Englisch), weil
diese Sprachen Teil der indo-europäischen Obergruppe sind.
Alle romanischen Sprachen sind also leicht, wenn man erst einmal
den Einstieg gefunden hat (s. Seite 136ff.). Wenn man sich einmal
etwas bewußter mit Sprachen befaßt, lernt man hochinteressante
Dinge, so z.B., daß das Englische dermaßen viele romanische
Ausdrücke übernahm, daß Englisch sogar eine Brücke zu Latein
schlagen kann! Zum Beispiel: Alle Wörter, die auf -ion enden, sind
fast unverändert geblieben. Ja, wir kennen sie (als Fremdwörter) im
Deutschen auch: Information, Kommunikation, Integration, Nation,
Prävention etc. Noch ein kleiner Vergleich:
Italienisch
Englisch
Deutsch
poeta
poet
Poet
persona
person
Person
regione
region
Region
problema
problem
Problem
periodo
period
Periode
forma
form
Form
concerto
concert
Konzert
Quelle: „Italian Made Simple“
MERKBLATT Nr. 1: Was heißt gehirngerecht©?
Oder: Wie entwickelte sich dieser Ansatz?
Schon als Schülerin wurde mir klar, daß vieles im Schulbetrieb kontraproduktiv ist, z.B. das sinnlose, sture Pauken (von Formeln,
Geschichtszahlen, Vokabeln etc.). Aber jeder Versuch, etwas in Frage
zu stellen, führte unweigerlich zu massiver Kritik an meiner Person.
Einerseits verunsicherte mich das, andererseits blieb doch der Funke
eines Zweifels, daß diese Leute es wirklich besser wissen. Und da ich
ab dem Alter von 13 Jahren begann, erwachsene Ausländer in
Deutsch zu unterrichten, machte ich früh eigene Erfahrungen als
Lehrkraft. So erlebte ich z.B. folgendes:
So gut wie alle SchülerInnen neigen dazu, „Auflösungen“ (in Latein
oder Englisch) direkt unter das betreffende Wort zu schreiben – was
uns jedoch strengstens untersagt wurde. Mein erster Schüler,
Panajiotis, ein junger Ingenieur aus Griechenland, machte dasselbe.
Zuerst versuchte ich, es ihm zu verbieten (wir lehren, wie wir gelehrt
wurden), aber ein 30jähriger Mann läßt sich von einer 13jährigen
nichts verbieten. Und so konnte ich sehen, wie hilfreich diese
wortwörtliche Übersetzung für ihn war. Bald begann ich einen SelbstVersuch mit dem ersten Assimil-Sprachkurs („Italienisch ohne Mühe“),
der in Deutschland erstmals im Jahr 1958 (also ein Jahr davor)
erschienen war. Ich schrieb jede Lektion ab und ließ immer zwei
Zeilen frei: eine für die (wörtliche) Dekodierung und eine, um meine
logische Doppelzeilen-Einheit von der nächsten zu trennen.
Dabei half mir, daß Assimil immer auch eine Satz-für-SatzÜbersetzung der jeweiligen Lektion anbot (was in Schulbüchern sowie
in Kursen für erwachsene SelbstlernerInnen bis heute weitgehend
fehlt). Ich merkte also, wie gut ich mit dem Italienischen vorankam
während ich in Latein und Englisch in der Schule weiterhin konstant
Fünfer schrieb (zwei Fünfer waren zwar erlaubt, um weiterzukommen,
aber ich hatte auch eine in Mathematik)38. So begriff ich in
zunehmendem Maße, daß ich außerhalb der Schule sehr wohl lernen
konnte, nicht aber dort. Mein „Schulversagen“ führte dazu, daß ich die
Schule nach der 10. Klasse (damals „5. Klasse“ auf dem Gymnasium)
verlassen mußte und mich mit Jobs durchschlug, während ich einen
Weg suchte, doch weiterzumachen. Durch meine inzwischen
zahlreichen SchülerInnen erfuhr ich, daß man in den USA eine
Prüfung ablegen konnte, die einem das Studium erlaubte, falls man
die nötige Mindestpunktzahl erreicht. Das tat ich dann auch, und so
kommt es, daß ich ohne Abi in den USA studieren konnte.
Dort lernte ich im ersten Semester in einem Kurs die MNEMO-Technik
kennen, eine 2.500 Jahre alte Art, sich „schwere“ oder sinnlose Infos
(Telefon- oder Pin-Nummern, fremde Namen, Jahreszahlen etc.) mit
Hilfe von Bildern oder Bildgeschichten einzuprägen. Das tun auch
heute noch sogenannte Gedächtniskünstler, die bei Sendungen wie
„Wetten daß?“ oder bei Gedächtnis-Wettbewerben auftreten und z.B.
die ersten 100 Ziffern der Kreiszahl Pi aufsagen können.
Kurz darauf stieß ich auf die bahnbrechenden Erkenntnisse von Roger
SPERRY, der 1965 publizierte und 1981 den Nobelpreis für seine
Forschung erhielt. Und mir wurde klar, daß das Modell der beiden
unterschiedlich arbeitenden Gehirn-Hemisphären (linkes und rechtes
Hirn) damals hervorragend erklären konnte, warum MNEMOtechnische Strategien so gut funktionieren. Ich „sah“ damals geradezu
„Mr. Links“, der die Worte digital verarbeitet, während „Mr. Rechts“ die
Bilder dazu generiert. Zwei Generationen später wissen wir, daß vor
allem Männerhirne stark „lateralisiert“ sind (weil Frauen auch im Kopf
mehr miteinander „reden“, das heißt ihre Gehirnhälften
kommunizieren sehr viel direkter), so daß ich das Modell der beiden
„Mr.“ im Gehirn fallen ließ. In der Zwischenzeit hatte ich aber bereits
zahlreiche zusätzliche Fakten integriert und jahrelange Versuche
durchgeführt, so daß neue Modelle die alten ersetzten konnten. Was
sich aber dabei schon sehr früh abzeichnete, war:
Das normale Vorgehen an den meisten Institutionen des
(angeblichen) Lernens ist oft sehr stark GEGEN die Arbeitsweise
des Gehirns gerichtet und kann deshalb nicht funktionieren.
Deshalb griff ich 1969 (noch in den USA) den Begriff „brain-friendly“
auf, der damals in aller Munde war, und übersetzte diesen später in
Deutschland in „gehirn-gerecht“ (mit Bindestrich!).39
Ich denke also seit nunmehr 50 Jahren ununterbrochen über das
Lernen, Lehren, didaktische Methoden etc. nach. Seit 40 Jahren
erwachsen daraus Vorträge, Seminare, Artikel, Bücher, seit ca. 1995
auch DVD-Mitschnitte, von denen man einige seit ein paar Jahren (in
voller Länge) im Internet sehen kann, z.B. „Gehirne Anknipsen“ (auf
www.youtube.com).
Fazit: Wenn wir die Methoden ändern (s. auch MERKBLATT Nr. 2,
Seite 188ff.), werden wir „intelligenter“. Hat also eine Person
Probleme beim Sprachenlernen, wiewohl sie ihre Muttersprache gut
ge-MEISTER-t hat, liegt es zu 100% an der Methode (nicht am
fehlenden Talent)! Die Doppel-Checkliste in „Trotzdem LEHREN“
zeigt, wie man als Lehrende/r te sten kann, ob der Unterricht gehirngerecht ist. Interessanterweise können dies nun auch die Opfer
feststellen, was die Situation nachhaltig verändert. Denn eine stur
Frontalunterricht anbietende Lehrkraft kann nicht länger behaupten,
die Opfer seien selbst schuld (weil de-motiviert, faul, desinteressiert
etc.). Fast jedem ist mittlerweile bekannt, daß der Sender
verantwortlich für die Botschaft ist. Nur jenen, die unsere Kinder in
ihrer Gewalt haben, soll weiterhin erlaubt sein, die Opfer für schuldig
zu erklären. Warum eigentlich??? Wollen wir unsere Kinder auf diese
Weise fit machen für das Wissens-Zeitalter, dessen erste Ansätze wir
bereits erkennen können? Wollen wir den Weg zur bildungspolitischen
„Bananenrepublik“ weiterhin beschreiten? Sie sehen also, wie wichtig
es ist, zu begreifen, daß gehirn-gerechte Maßnahmnen aus angeblich
demotivierten und untalentierten SchülerInnen motivierte, begabte
junge Leute machen! Und erwachsene SelbstlernerInnen können nur
profitieren, wenn sie sich beweisen, daß auch sie Sprachen lernen
können. Das ist immens gut fürs Selbstwertgefühl, egal wie jung/alt
man ist!
PS: Viele, die in den ersten 25 Jahren (bis 1995) über mein Konzept
des gehirn-gerechten (mit Bindestrich) Vorgehens gelästert oder
gelacht haben, verwenden den Begriff (ohne Bindestrich) inzwischen
stillschweigend. Einige, die sich am meisten aufgeregt hatten,
sprechen heute lieber von Neuro-Didaktik (was nichts anderes
bedeutet, nur eben als Fremdwort ausgedrückt).
MERKBLATT Nr. 2: PERKINS 1-2-3
Der Harvard-Professor Dave PERKINS griff das seit Jahrzehnten
weitgehend unveränderte „klassische“ I.Q.-Konzept an zwei Fronten
an: Erstens geht er von einer LERNBARen Intelligenz aus. Damit wird
Intelligenz in weit höherem Maße abhängig davon, wie wir
Lernvorgänge angehen und bewältigen (s. Text in Teil I). Zweitens
argumentiert er, daß die Intelligenz im realen Leben mit der
Vorstellung jener Intelligenz-Forscher, die I.Q.-Tests als Meßlatte
einsetzen, nicht viel zu tun hat, denn der klassische I.Q. testet
genaugenommen „Schulfähigkeit“, das heißt die Fähigkeit, im
normalen Schulbetrieb zu reüssieren, was mit Intelligenz im Alltag
nicht unbedingt etwas zu tun haben muß.
Früher ging man von den beiden Faktoren Genetik und Umwelt aus.
Die Frage nach der Intelligenz beantwortet PERKINS jedoch mit drei
Faktoren. Und er fügt hinzu, daß wir an zwei der drei „Rädchen
drehen“ können, um unsere Intelligenz LEBENSLANG zu verbessern.
Das nennt er „lernbare Intelligenz“. Schauen wir uns die drei
„Rädchen“ an, von denen wir an zweien „drehen“ können.
1. NEURONALE GESCHWINDIGKEIT
Es geht um die angeborene neuronale Geschwindigkeit, also um
das Tempo, mit dem unsere Neuronen feuern. Das ist das „Rädchen“,
an dem wir nicht drehen können... Wer SCHNELL angelegt ist, kann
schnell „schalten“. Das sind die Leute, die bei I.Q.-Tests tatsächlich
besser abschneiden, so daß wir eine gewisse Korrelation zwischen
PERKINS erstem Faktor und dem sogenannten I.Q.-Test sehen
können. Aber es gibt zwei andere „Rädchen“, an denen wir sehr wohl
„drehen“ können, und damit entfernen wir uns vom klassischen I.Q.Konzept. Das drückt übrigens auch der Kampf-Titel seines Buches
aus: „OUTSMARTING I.Q.“. Dabei ist „outsmart“ ein wunderbares
Wortspiel: „to BE smart“ heißt „smart (klug) SEIN“, aber to „SMART“
bedeutet „schmerzen“. Das Verbum „to outsmart“ bedeutet also
einerseits SMARTER zu SEIN als smart, andererseits wußte Perkins,
daß sein Ansatz dem Konzept des I.Q.-Ansatzes WEHTUN würde
beziehungsweise daß Menschen, denen man früher eingeredet hatte,
ihr I.Q. sei nicht hoch genug, aufhören könnten, SCHMERZ zu leiden,
da wir unsere Intelligenz ja lebenslang verbessern können.
2. Erfahrungen und Wissen
Meine „alten“ LeserInnen kennen mein Denk-Modell des
Wissensnetzes (jeder Faden ein Bit; je mehr wir wissen, desto größer
das Netz; es ist leichter, neue Details in vorhandene Fäden
„einzuhäkeln“, als außen am Rand neue Fäden zu bilden...).
Wollen wir wissen, ob wir etwas wissen, dann erhebt sich die Frage,
wie viele Fäden wir zum jeweiligen Thema besitzen: keine – einige –
wenige – ganz schön viele – oder zahlreiche FÄDEN. Dieses DenkBild kann uns helfen, den zweiten Faktor von PERKINS zu verstehen:
Egal in welchem Tempo wir bei NEUEN INFOS denken, wenn wir
uns mit BEKANNTEN Aspekten befassen, spielt das keine Rolle
mehr.
Auf meine Wissensnetz-Metapher bezogen, können wir sagen: Je
mehr wir wissen, desto leichter können wir NEUES lernen, wenn
nämlich das NEUE Fäden im Wissensnetz vorfindet, an die es
andocken kann.
Je mehr wir wissen, desto mehr Infos können irgendwo
„andocken“, sind also nicht mehr 100 % neu, somit nivellieren
wir den Unterschied zwischen schnelleren und langsameren
Denkern.
Je mehr wir wissen, auf desto mehr Infos (Daten, Fakten,
Erfahrungen etc.) können wir zurückgreifen, wenn wir denken
wollen. Also können wir INTELLIGENTER denken. Und das ist
das Hauptanliegen von PERKINS, deshalb nennt er sein Konzept
LERNBARE INTELLIGENZ!
Je mehr wir wissen, desto mehr Assoziationen „ergeben sich“,
wenn wir denken, deshalb wird uns mehr „einfallen“. Man könnte
auch sagen „zufallen“ (welch ein Zufall!), so daß mehr Wissen
uns auch KREATIVER macht!
Je mehr wir können (weil wir in der Vergangenheit genügend
trainiert haben), desto schneller können wir Infos verarbeiten, die
in das Schema passen. Deshalb entdecke ich Denkfehler häufig
sogar noch vor den schnellen Denkern (wiewohl ich neuronal
langsam bin), wenn es ihnen noch an Logik-Training fehlt. Wir
sehen hier die neuronale Grundlage für die alte Weisheit, daß
Übung den Meister macht (von denen noch keiner vom Himmel
gefallen ist). Quintessenz von PERKINS 2:
Mit Lernen beziehungsweise Üben kann auch ein neuronal
Langsamer jedem neuronal Schnellen voraus sein, wenn dieser
faul war.
Übrigens neigen gerade die Schnellen zur Faulheit. Warum? In
Kindergarten und Schule machten sie tausendfach die Erfahrung, daß
sie alles „mit links“ kapieren, daß sie ohne Hausaufgaben gut
durchkommen, daß sie nur kurz vor der Prüfung ein wenig arbeiten
müssen, um gute (manchmal sogar beste) Noten erzielen. Gleichzeitig
haben sie tausendfach beobachtet, wie manche KameradInnen sich
abmühen, stundenlang jeden Nachmittag pauken, im Unterricht aktiv
mitmachen (während der Schnelle unter dem Tisch eine Zeitschrift
liest). Also schließt er, daß es sein Leben lang so weitergehen wird.
Aber das ist ein Irrtum, denn für alle kommt irgendwann der Punkt, da
man in die TIEFE gehen muß oder echtes Training notwendig wird,
um besser zu werden. Und wenn die Schnellen diesen Zeitpunkt
versäumen, dann können sie ein „Ist-fast-Gewesen“ werden: ein
Mensch, von dem alle viel erwartet haben – nur: Es ist nicht passiert.
Hier sehen wir übrigens einen großen Unterschied zwischen
sogenannten bildungsnahen und bildungsfernen Familien: Je
bildungsferner, desto größer ist die Gefahr, daß der Schnelle es
später nicht schafft. Je bildungsnaher, desto größer ist die
Wahrscheinlichkeit, daß die Eltern ihn auffordern, neben der Schule
etwas zu lernen, das nur durch lange Übung zu gewissen Erfolgen
führt (z.B. ein Musikinstrument, einen asiatischen Kampfsport oder
eine Sportart wie Tennis, die nur mit kontinuierlichem Training
„funktionieren“ kann). Dadurch lernt der Schnelle, über längere Zeiten
am Ball zu bleiben, und somit ist die Gefahr, ein brillanter „Ist-fastGewesen“ zu werden, weitgehend gebannt.
3. WIR KÖNNEN WÄHLEN!
PERKINS nennt diesen Aspekt reflexive Intelligenz, das heißt
unsere Fähigkeit, über die Methoden, Strategien, Techniken (wie wir
denken, lernen, Probleme lösen etc.) nachzudenken, die wir
benutzen. Dies ist sein großer Geniestreich:
Indem wir die Methode ändern, ändern wir die Ergebnisse und
können somit besser leisten.
Interessanterweise tut man das in allen Bereichen des Lebens, mit
Ausnahme des Schulsystems. Wenn jemand erfährt, daß ein Nachbar
einen Trick gefunden hat, mit dem man ein Problem beim GRILLEN
lösen kann, will er diesen Trick LERNEN und anwenden, er will also
INTELLIGENTER GRILLEN. Dasselbe gilt im Geschäftsleben: Firmen
müssen neue Methoden, Technologien, Erfindungen patentrechtlich
schützen oder regelrecht verstecken (Pläne im Safe) und verHEIMLICH-en, weil die Konkurrenz sie sonst nachahmen und ähnlich
erfolgreich werden würde. Aber in der Schule? Da beobachten wir seit
vielenJahren, daß die meisten Nachhilfestunden für Sprache
„draufgehen“ (Muttersprache und Fremdsprachen), was bedeutet,
daß bildungsferne Familien sich das nicht leisten können
beziehungsweise wollen. Und so geben wir gerade jenen, denen die
Schule bieten sollte, was zu Hause fehlt, diese Chance NICHT.
Man geht einfach davon aus, die Schüler seien desinteressiert, faul
etc., statt zu tun, was man in jeder anderen Branche täte: den
Prozess selbst unter die Lupe zu nehmen.
Doppel-FAZIT für die tägliche Praxis:
1. Je mehr wir gelernt haben, desto leichter wird es, Neues zu
lernen. Das erklärt auch den Teufelskreis der Ungebildeten: Weil
sie bisher zuwenig gelernt haben, fällt ihnen der Anfang so
schwer, daß sie lieber gleich wieder aufgeben. Deshalb habe ich
eine Reihe von Techniken entwickelt, die es Einsteigern leicht
macht, mit dem Lernen zu beginnen.
2. Angenommen, eine Methode des Lernens funktioniert nicht,
dann sollten wir sie hinterfragen. John HOLT, einer der großen
Kritiker des US-Schulsystems (das dem deutschen nachgebildet
wurde, also meint er auch uns), schlägt uns vor: Alle Lehrer (dies
können wir auf ELTERN, Chefs u.v.a. ausweiten) sollten sich
regelmäßig zwei Fragen stellen: Erstens: Was wollen wir mit
unserem Ansatz (unserer Methode) erreichen? Und zweitens:
Erreichen wir dieses Ziel mit dieser Methode (bei dieser
Schülerin, diesem Sohn, dieser Kundin, diesem Mitarbeiter etc.)?
Können wir nicht klar die Vorteile nennen (Frage 1) oder müssen
wir die zweite Frage ver-NEIN-en, dann sollten wir die Methode
hinterfragen und ändern, nicht die betroffenen Menschen!
MERKBLATT Nr. 3: Die SchulSprachlern-Methode: Wer hat sie
erfunden?40
Die Schul-Sprachlern-Methode hat sich nicht etwa – wie man vielleicht
meinen könnte – ein Pädagoge ausgedacht, sondern die Mönche im
Mittelalter. Denn in dieser Zeit sandten die Ordensgemeinschaften
vermehrt ihre Mitglieder aus, um die sogenannten Heiden in Asien,
Afrika, Indien etc. zu missionieren (wobei deren eigene Kultur nicht
selten rücksichtslos zerstört wurde). Diejenigen von ihnen, die lange
genug überlebten, um vor Ort etwas von der jeweiligen Sprache zu
lernen, wollten ihre Kenntnisse natürlich gern den Daheimgebliebenen
mitteilen, damit die nachfolgende Generation von Missionaren sich
besser auf ihre Aufgabe vorbereiten kann. Da es jedoch zu dieser
Zweit weder Tonaufnahmegeräte noch Videokameras gab, taten sie
das einzige, was sie tun konnten: Sie erstellten Vokabellisten und
formulierten Grammatikregeln. Und für ihre Zwecke war das auch
kein Problem, denn die Mönche konnten sich mehr oder weniger den
ganzen Tag (abgesehen von einigen Bet-Pausen) dem Studium
dieser einen Sprache widmen. Zudem waren sie hochmotiviert,
denn gute Sprachkenntnisse erhöhten nicht nur die Chancen,
überhaupt auf Reisen geschickt zu werden, sondern auch die
Überlebenschancen, sobald man am Zielort angelangt war.
Später hat man diese Methode dann einfach auf die Schule
übertragen und bis heute beibehalten. Und das, obwohl die
SchülerInnen von heute gezwungen werden, zur Schule zu gehen
(Schulpflicht), deren Motivation also häufig nicht besonders hoch ist
und sie darüber hinaus nicht nur ein Fach (die zu erlernende
Sprache), sondern eine Vielzahl von Fächern zu bewältigen haben.
Wenn man diesen geschichtlichen Hintergrund kennt, sagt einem
eigentlich schon der gesunde Menschenverstand, dass sich diese
Methode längst überholt hat und nicht mehr funktionieren kann.
MERKBLATT Nr. 4: Unbewußt
LERNEN?
Stellen Sie sich einen Naturburschen vor, der in den Bergen das
Skifahren „einfach so“ gelernt hat, aber später, als Erwachsener,
niemandem erklären kann, was er dabei eigentlich tut. Zwingen wir ihn
nun, genau zu registrieren, wann er das Gewicht wohin verlagert,
wann er den Oberkörper um wie viel Grad in welche Richtung neigt
etc., dann wird er – quasi über Nacht – überhaupt nicht mehr Ski
fahren können. Denn wir haben ihn gezwungen, sich unbewußte
Prozesse bewußt zu machen, und das resultiert zunächst einmal in
einer Art Lähmung... Er wird zwar nach einiger Zeit wieder das
Skilaufen können, aber er muß sich eine Zeitlang „bewußt quälen“.
So ähnlich ist es mit dem Lernen: Wir kommen bereits mit der
Fähigkeit zu lernen auf die Welt, denn kleine Kinder „saugen alles
auf“, ohne daß wir ihnen das beibringen müssen. Würden wir die
Fähigkeit zu sprechen (Muttersprache) ausschließlich in der Schule
lernen, wie sähe unsere Welt aus? Zu einem gewissen Grad kennen
wir die Situation z.B. bei Kindern aus extrem lernfeindlichen Milieus, in
denen die Eltern nur mit Stummelsätzen kommunizieren. Kinder aus
einer derartig sprach- und denkfeindlichen Umgebung können am
besten „gerettet“ werden, indem sie in Krippe und Kindergarten das
Sprachenlernen mit der ihnen ANGEBORENEN Fertigkeit erlernen –
einfach indem sie von Kindern und BetreuerInnen, deren Sprache weit
„kompletter“ ist, UMGEBEN sind. Wenn sprachliche Aktivitäten (z.B.
immer wieder dieselben Geschichten erzählen, Lieder singen etc.)
stattfinden, lernt das Kind INCIDENTAL (das heißt nebenbei, also
ohne daß man bewußt versucht, einen Lernprozess herbeizuführen).
Es geschieht genauso selbstverständlich, wie die Sonne aufgeht –
wenn wir es nicht verhindern. Viele der Aktivitäten in Schulen gleichen
jedoch einem Nebel, der die Sonne weitgehend verdeckt. Das
spärliche Restleuchten hinter den dicken Wolkenschichten (z.B. bei
Luftverschmutzung) läßt das wirkliche Leuchten genauso wenig ahnen
wie der klägliche Rest angeblicher Lernfähigkeit von Kindern, die vom
Schulsy stem „verseucht“ wurden, weil (oft sogar gut meinende)
Erwachsene die Kinder zwingen, bewußt zu „lernen“, was unbewußt
(incidental, nebenbei) viel besser funktionieren würde. Am wichtigsten
ist, daß wir Kinder mit dem umgeben, was sie „lernen“ sollen, weil sie
es von allein „aufsaugen“ und imitieren (Stichwort SPIEGELNEURONEN)!
Fassen wir zusammen: Erstens läuft gehirn-gerechtes (das von der
Natur „vorgesehene“) Lernen, das unser Überleben sichert (und
deshalb mit LUST-GEFÜHLEN einhergeht), weitgehend unbewußt
ab. Zweitens landen Informationen, die ge-LERN-t wurden, sofort im
„Wissensnetz“ (siehe Merkblatt Nr. 2, Seite 189f.). Sie stehen uns
damit langfristig zur Verfügung, sofern der Vorgang mit Begreifen,
neuen Einsichten, einem Aha-Effekt etc. einhergegangen ist – im
Gegensatz zu der Aktivität des Pseudo-Lernens in der Schule.
MERKBLATT Nr. 5: PAUKEN oder
LERNEN?
Pauken und Lernen stellen zwei völlig unterschiedliche Aktivitäten dar,
sowohl in der Durchführung als auch in der Aus-WIRKUNG. Im
Seminar demonstrierte ich das früher folgendermaßen: Ich bot den
TeilnehmerInnen
mehrere
Wort-Listen
(mit
zufällig
aneinandergereihten Begriffen) an, mit denen wir wie folgt vorgingen
(Sie können das gern zu Hause nachspielen, um sich und Ihre
Familie, Freunde etc. zu überzeugen; ein Spielleiter kann dabei meine
Rolle übernehmen):
LISTE 1 soll „gelernt“ werden. Wer vor sich hinMURMELN will,
darf das gern tun. Wer lieber mehrmals abschreibt, darf das
ebenfalls – jede/r wie er/sie möchte.
LISTE 2 soll SORTIERT werden (vgl. KATEGORISIEREN, Seite
154).
LISTE 3 soll wieder „gelernt“ werden.
LISTE 4 wird vorgelesen mit folgender Anweisung: „Jetzt wird es
leicht, denn Ihr sollt nur zuhören und bei jedem der 10 Begriffe
festhalten, wie leicht oder schwer Ihr ihn findet. Also bitte an den
Rand die Nummern 1 bis 10 schreiben und daneben jeweils
notieren, wie schwierig (10 = extrem schwierig, 0 = extrem leicht)
der entsprechende Begriff Eurer Meinung nach ist (den Begriff
selbst nicht notieren, nur die BEWERTUNG).“ Nun erfolgt eine
Ablenkung (z.B. könnten Sie einen Abschnitt aus diesem Buch
laut vorlesen), danach spielen Sie weiter:
– LISTE 1: Aufschreiben, woran man sich noch erinnert. Als
Hilfestellung wird das ERSTE Wort wiederholt...
– LISTE 2: Die KATEGORIEN (ohne die zugehörigen Begriffe)
notieren, in die man die Begriffe EINSORTIERT hat.
– LISTE 3: Aufschreiben, was man noch weiß (das erste Wort
wird wieder vorgegeben).
– LISTE 4: Kann man sich an Begriffe erinnern, die einem
besonders schwer oder leicht vorgekommen sind?
Von den Listen 1 und 3 ist meist nicht viel übriggeblieben. Wer sich an
mehr als 7 erinnert, hat in der Regel irgendwann schon einmal ein
GEDÄCHTNIS-TRAINING durchlaufen, aber die mnemotechnischen
Tricks, die man dort lernt, erlauben nur ein besseres PAUKEN und
haben mit Lernen nicht viel zu tun. Wenn Sie möchten, können Sie
Ihre MitspielerInnen noch einmal „lernen“ lassen, aber meines
Erachtens ist das, was Sie mit den LISTEN 2 und 4 erlebt haben,
weitaus wichtiger:
LISTE 2: Hier ist die „Trefferquote“ in der Regel weitaus höher als
bei den Listen 1 und 3. Merke: Wenn ich bewußt über etwas
nachgedacht habe, kann ich es später fast vollständig REKONSTRUIEREN (mich daran erinnern), so daß wenige
intelligente Durchgänge die Info dauerhaft speichern, während
beim Pauken auch viele „dumme“ Durchgänge nur helfen, das
Material mit etwas Glück für die nächste PRÜFUNG zu retten.
Dasselbe sehen Sie bei LISTE NUR. 4: Die ENTSCHEIDUNG
(Wie leicht/schwer finde ich das?) zwingt Sie, das Angebotene zu
be-URTEILEN. Das können Sie aber nur, wenn Sie es
wahrgenommen haben. Und was man wertend wahrnimmt, dringt
ins eigene Wissensnetz ein, während ge-PAUK-te Infos in einem
„Kasten“ irgendwo außerhalb landen, aus dem sie z.B. in der
Prüfung hervorgeholt werden.
Das wissen die Leute, die z.B. „Lern-Infos“ anbieten, sehr genau.
Denn Kunden, die Pauk-Material kaufen, kann man jahrelang weiteres
„Zeug für die Kiste“ anbieten, während Menschen, deren angeborene
Lernfähigkeiten aktiviert werden, in zunehmendem Maße selbst auf
die Suche nach „Mehr“ gehen (u.a. im Internet). So finden Menschen,
die an der englischen Sprache interessiert sind z.B. bei BBC, CNN
etc. sehr viele kostenlose Materialien, mit denen sie denkend
„arbeiten“ können (z.B. DEKODIEREN etc.). Das macht im Gegensatz
zur sterilen Pauk-Welt des Schullernens Spaß, weshalb diese
Menschen bald noch mehr wollen...
Beim ersten Versuch, „Lernmaterialien“ zu finden, stieß ich auf eine
Website (www.scoyo.de), die verspricht: „Auf (unserer) werbefreien
und sicheren Kinderseite können Kinder im Internet ... lernen. ... Im
Bereich „Englisch lernen“ gibt es beispielsweise lustige Kinderspiele
zum Vokabelüben. So werden Kinder spielend fit für den nächsten
Englisch-Test.“ Das stimmt, sie werden fit für den nächsten TEST,
nicht aber im Sinne der MEISTERSCHAFT der SPRACHE, um die es
letztlich geht. Ihr kommen die Kinder, deren Eltern hier zahlen, keinen
Schritt näher. Diese Schul-Mentalität sehen wir vor allem auf
Webseiten, die von Lehrern gemacht werden beziehungsweise auf
Sites, die von Lehrkräften nicht abgelehnt werden sollen.
Faszinierend.
Und da Eltern in der Regel ebenfalls Opfer des Schulsystems sind,
wissen sie es nicht besser. Sie hinterfragen zu selten, was in der
Schule passiert. Denn sie „wissen“ aus ihrer eigenen Erfahrung, daß
im Zweifelsfall immer die SchülerInnen (oder Eltern) „schuld sind“.
Das ist eine geschlossene Argumentation, bei der es keine
Möglichkeit gibt, aus dem Denk-Korsett auszubrechen, solange man
im System verhaftet bleibt... Wenn dann ein „Spinner“ (wie ich)
daherkommt und zeigt, wie schön, spannend, Lust auslösend („geil“)
Lernen sein KÖNNTE, dann muß man ihn bekämpfen, ausgrenzen
etc. Das ist bisher ziemlich gut geglückt, aber seit Beginn dieses
Jahrtausends steigt die Zahl von Lehrern, die es satt haben,
ununterbrochen Krieg gegen ihre SchülerInnen zu führen. Sie stellen
fest: Wenn man gehirn-gerecht vorgeht, gewinnen alle:
Die Lehrkräfte selbst (weil sich der Streß dramatisch verringert).
Die SchülerInnen, klar!
Die Eltern, das heißt die ganze Familie. Oft sind über 80% allen
Herumschreiens, Schimpfens etc. den Hausaufgaben, den Noten
und den durch schulisches Vorgehen ausgelösten „Katastrophen“
geschuldet. Traurig! Und unnötig! Wie schade...
MERKBLATT Nr. 6: 10 Gründe gegen
das Vokabelpauken41
1. Pauken vs. Lernen: Beim Pauken erzeugen wir ein kognitives
Vakuum. Dementsprechend ist Pauken wie „Rudern gegen den
Strom“. Beim Lernen hingegen erhalten wir Einsichten, die
weiteres Lernen leichter machen.
2. Isolierte Daten kann das Gehirn nicht speichern, noch nicht
einmal wahrnehmen – und Vokabeln sind isolierte Daten!
3. Vokabeln pauken entspricht dummen Wiederholungen,
dekodieren hingegen intelligente Wiederholungen.
4. Neurologik: Ab dem 7. Schwangerschaftsmonat hört sich das
Baby in die Muttersprache ein. In den nachfolgenden Monaten
wird es weiterhören, bis irgendwann die ersten gesprochenen
Worte folgen. Es gilt also: „Was ich nicht gehört habe, kann ich
nicht sprechen.“ Für Sie als SprachenlernerIn heißt das: Erst viel
hören, dann sprechen, und das in extremer Zeitlupe.
5. Aussprache: Bei falscher Vorgehensweise kommt es zu
Aussprachefehlern, die wir später nie wieder loswerden. So wird
„although“ fälschlicherweise oftmals „altaff“ gesprochen.
6. Die besten Vokabelpauker sind die schlechtesten Sprecher (z. B.
Koreaner, Chinesen, Japaner).
7. Pauken oder Lernen – beides gleichzeitig geht nicht.
Entweder pauke ich und komme nicht in den Bereich des
Lernens, oder ich lerne und weigere mich, in den Bereich des
Paukens zu kommen.
8. Pseudowörter: Durch das Vokabel-Pauken entstehen in
unserem Gehirn Pseudo-Wörter, die es eigentlich gar nicht gibt
(„Tischtable“, „Messerknife“), mit der Folge, daß wir uns nie
wirklich von der Muttersprache lösen können. Das De-Kodieren
dagegen ist eine „Krücke“, die wir nur so lange benutzen, bis wir
jedes Wort verstehen.
9. Keine 1:1-Entsprechungen: Für das Wort „Freiheit“
beispielsweise
gibt
es
im
Englischen
verschiedene
Übersetzungsmöglichkeiten (Liberty, Freedom…). Durch das DeKodieren entwickeln wir ein Sprachgefühl für die verschiedenen
Bedeutungen.
10. Pauken bedeutet Lernfrust. De-Kodieren hingegen bedeutet
Lernfreude durch Entdeckungen. Aktives Lernen führt zur
Ausschüttung von Neurotransmittern, die Wohlbefinden und
Freude in uns auslösen.
MERKBLATT Nr. 7: Die BirkenbihlMethode für SchülerInnen?
Weil meine Methode privat so hervorragend funktionierte und immer
mehr erwachsene Autodidakten nach einer Lösung für ihre Kinder
fragten, begann ich (ab 1990), eine solche zu entwickeln. Es dauerte
einige Jahre, bis sich herauskristallisiert hatte, wie es gehen kann:
Kinder, die ihre Muttersprache einigermaßen gut LESEN können,
können nach demselben Schema wie die Erwachsenen verfahren, mit
folgender Ausnahme: Sie müssen dem Schulbuch, das nun (auf
Fotokopien der Lektionsseiten) dekodiert wird, um ca. 3 bis 4 Wochen
VORAUS sein, damit der Unterricht zur jeweiligen Lektion in den
vierten Schritt (AKTIVITÄTEN) fällt. Dann ist alles, was die Lehrkraft
im Klassenzimmer veranstaltet, Teil dieser AKTIVITÄTEN, die mit
Material, das einem inzwischen vertraut ist, LEICHT FALLEN und
sogar SPASS MACHEN KÖNNEN. Selbst „schlimme“ GrammatikÜbungen sind nur halb so schlimm, wenn man sie mit vertrautem
Material durchführt, statt mit einem noch total fremden Stoff. Denn ein
Lektiontext wird durch Vokabel-Lernen nicht vertraut, sondern erst
viele Durchgänge DANACH! Da wir aber sofort mit dem eigentlichen
Text beginnen, sparen die SchülerInnen hier eine Menge Zeit. Im
engen Zeitplan vieler Schüler eine große Er-LEICHT-erung!
Dieses VORAUSLERNEN aber ist ein Punkt, den Lehrer, die NICHT
den Erfolg ihrer Schüler wollen, vehement bekämpfen. Deshalb dürfen
sie es nicht erfahren. Solche Lehrer sind leicht am hartnäckigen
Festhalten an der Gaußschen Kurve beim Benoten (damit es immer
VERSAGER gibt und man verschiedene Klassen nicht an den Noten
unterscheiden kann, selbst wenn eine besser ist). Darüber hinaus
können Sie sie auch an dem folgenden Verhalten erkennen:
Sie bestehen auf Vokabel-Pauken, obwohl man in der
Privatwirtschaft (auch an manchen Privatschulen) schon lange
weiß, daß es auch anders geht. (Frau HOLENSTEIN42 ist
Lehrerin an einer Regelschule und beweist seit Jahren, daß es
auch im Klassenzimmer geht!)
Sie verbieten das Dekodieren. Uns hat man damals mit dem
Lineal auf die Finger gehauen, wenn man uns dabei erwischt hat.
Und schon der Begriff „erwischen“ impliziert, daß es sich hierbei
um eine verbotene, um nicht zu sagen kriminelle Handlung
handelt. Der Verleger des in Bayern damals am weitesten
verbreiteten Latein-Kurses („Roma“) verbot uns damals,
dekodierte Lektionen für unsere Kunden bereitzustellen (obwohl
es ein kostenloser Service sein sollte, den Eltern für Eltern
durchführen wollten), mit der Begründung: „Der Lehrer muß das
Recht haben, das Material im Unterricht so vorzustellen, wie er
das didaktisch für richtig hält.“ Auf meine (ironisch gemeinte)
Frage „Wo kämen wir denn da hin, wenn Schüler die
Lektionstexte von Anfang an VERSTEHEN würden...?“, meinte er
trocken: „Genau!“ Es ist nun 22 Jahre her, aber noch immer höre
ich ihn, als wäre es gestern gewesen. Und auch in der
Generation NACH PISA hat sich immer noch kaum etwas
geändert. Selbst großartige Pilot-Projekte haben das
Sprachenlernen kaum kritisch hinterfragt, nur andere „Fächer“...
Sie verbieten das Vorauslernen. Aber warum? Nun, wenn ich
SchülerInnen ständig am Rande des Nicht-Verstehens halte,
dann habe ich Macht, die Macht über ohnmächtige SchülerInnen.
Sie wird mit viel Streß aufrechterhalten, weshalb eine der größten
Gruppen unter den Burn-out-Patienten Lehrkräfte sind (s.
MERKBLATT Nr. 5, Seite 194f.).43
MERKBLATT Nr. 8: Wie können Sie
sich (und andere) informieren?
1. Dieses Buch (ab der überarbeiteten 33. Auflage).
2. Die „neue“ DVD „Sprachen lernen“
Mit diesem Minimum können Sie einsteigen und einen Selbst-Test
durchführen. Es ist erstaunlich, wie viele LehrerInnen gerade daran
scheitern. Sie wollen nur lehren, nicht aber selbst lernen. Als
Argument höre ich dann: „Aber ich kann doch schon Englisch (Latein,
Französisch, Spanisch ...)!“ Als ob es nicht an die 3.888 weitere
Sprachen gäbe, die man lernen könnte! Wie will so jemand einen
anderen dazu motivieren, eine Handlung auszuführen, von der er
selbst nur gehört/gelesen hat?
Für alle, die mehr wollen, gibt es darüber hinaus noch:
3. DEKODIER-PRAXIS-Module: Einige Module, in denen das
Dekodieren „vorgeführt“ wird. Sie heißen alle DEKODIER-PRAXIS
(gefolgt von der Sprache, die ein wenig vorgeführt wird) und
entstanden in diversen Arbeitsgruppen, die darum baten,
Dekodieren einmal „live“ zu sehen. Diese Beispiele bieten den
Spiegelneuronen etwas, das heißt denjenigen Gehirnzellen, die
Imitations-Lernen ermöglichen44. Manche Menschen wollen
minimale Erklärungen und dann selbst herumprobieren (und
eventuell am Ende noch einmal kurz in die Beschreibung
hineinschauen, ob sie nichts übersehen haben). Andere möchten
den Vorgang mehrmals SEHEN und HÖREN, um sich ein klares
Bild zu machen. Auch das ist legitim. Deshalb bieten wir so viele
Materialien, von denen Sie nur so viel/wenig sehen sollten, bis Sie
das Gefühl haben, Sie wissen genug, um mit ersten praktischen
Versuche zu beginnen!
4. „SPRACHEN LERNEN LEICHT GEMACHT“ (VORTRAG): Dabei
handelt es sich um den „alten“ DVD-Mitschnitt (Landsberg, 2004),
der sich an erwachsene SelbstlernerInnen wendet (Vortrag,
Diskussion plus 70 Minuten Bonus-Material).
5. Die „alten“ Video-Spots, die sich seit 200745 bei YouTube
befinden (dort aber immer in der falschen Reihenfolge
„hochkommen“).
MERKBLATT Nr. 9: Die HOLENSTEINMethode für lern-resistente
SchülerInnen
Nachdem Frau HOLENSTEIN (vgl. Interview Seite 38ff.) bereit war,
mit den Kindern nach der Birkenbihl-Methode vorzugehen, mußte sie
immer wieder feststellen, daß manche Kinder überhaupt nicht bereit
waren, das wenig effiziente System aufzugeben. Sie waren durch den
Schulalltag so gestreßt, daß es ihnen an der nötigen Lern-Energie
mangelte – denn einen Neuanfang zu machen kostet zunächst einmal
Kraft.
Die Tatsache, daß 10- bis 12jährige Kinder zu gestreßt sind, um
etwas NEUES zu beginnen, zeigt klar, wie kaputt unser Schulsystem
ist. Lernen in der Schule ist vergleichbar mit geistiger Bulimie:
„Reinfressen“ (= pauken) und bei der Prüfung wieder „rauskotzen“.
Auch hier wurde die natürliche Lust am Essen pervertiert. Und um
diese lern-resistenten Kinder zu motivieren, entwickelte sie eine
absolut brillante Strategie, was auch zeigt, daß sie eine Person ist, die
hervorragend für das Lehramt taugt („taugen“ ist vom Wortstamm her
mit „tüchtig“ verwandt):
Zunächst scheint sie die Ablehnung zu akzeptieren und sagt: „Ok,
dann lernt eben weiter Vokabeln. Wir zwingen hier niemanden zu
seinem Glück.“ Am Tag drauf wählt sie dann einen Abschnitt aus der
Mitte der nachfolgenden Lektion, den sie als eine Übung unter vielen
mit der Klasse dekodiert – ohne zu sagen, daß dies das VokabelPauken in der Zukunft ersetzen könnte. Nachdem die Kinder diesen
einen Abschnitt dekodiert haben, wird alles beiseite gelegt und nicht
weiter darauf eingegangen. Wenn dann die nächste Lektion
schließlich drankommt (ca. 3 Wochen später), staunen die Kinder
nicht schlecht, daß sie den mittleren Absatz der nagelneuen Lektion
IM ERSTEN ANSATZ fast vollständig verstehen. Sie können es nicht
fassen, bis sie es ihnen erklärt: „Das ist die Methode, auf die ihr nicht
umstellen wolltet, die Methode, bei der ihr keine Vokabeln mehr
pauken müßtet...“ Und so überzeugt sie die Kinder.
Ich könnte mir vorstellen, daß Lehrkräfte, die Eltern (z.B im Rahmen
eines Elternabends) überzeugen wollen, ähnlich vorgehen können.
Dekodieren Sie eingangs zwei Sätze mit ihnen und zeigen Sie ihnen
30 Minuten später, wie viel sie von diesen Sätzen bereits WISSEN,
wiewohl sie sie nur ein einziges Mal dekodierend „durchdacht“ habe.
Ich habe das neulich in einem Workshop gemacht und den
TeilnehmerInnen gezeigt, was sie 24 Stunden später noch alles
wissen (mit Hilfe eines Lücken-Texts, bei dem sie jede Lücke füllen
konnten). Das überzeugt mehr als alle Beschreibungen der Methode...
MERKBLATT Nr. 10: COPYRIGHT und
andere RECHTE
Erinnerung (s. Seite 78): „Lassen Sie sich nicht von jenen
verunsichern, die sich um Rechte nicht kümmern. Man wird Sie
zur Verantwortung ziehen, wenn die Rechte-Inhaber sich
melden.“
Mein Vater hatte in den 1980iger Jahren eine zehnteilige VHSKassetten-Reihe
zum
Thema
Verkaufs-Psychologie
(mit
Rollenspielen) produziert und damals den Fehler gemacht, kurze
Stücke seiner Lieblingsmusik (klassische Musik) zu Beginn jeder
Übung (während man die Überschrift las) einzuspielen.
Die fertigen Kassetten kosteten in der Herstellung pro Stück ca. 35
DM und sollten für ca. 70 DM verkauft werden. Die Händler erwarteten
einen Rabatt von ca. 40%. Das Projekt war also sehr knapp kalkuliert,
aber er wäre mit den 10% zufrieden gewesen. Das Wichtigste für ihn
war, die Herstellungskosten, die er investiert hatte, wieder
herauszubekommen.
Dann aber kam die GEMA und wollte pro Videokassette 28 DM
Gebühr für die wenigen kurzen Musik-Stückchen haben! Und es
interessierte niemanden, daß diese Summe das gesamte Projekt
ruinieren würde. Ich werde das nie vergessen. Er konnte ja kein
großes Minus hinnehmen, also konnte er gar nicht veröffentlichen. Bei
einer Serie von 10 Folgen kostete das Gesamt-Projekt pro Kunde
ohnehin schon 700 DM. Da ließen sich nicht eben noch einmal 280
DM draufschlagen, zumal die Angebote bereits verschickt waren und
die Kunden jetzt nicht mehr mit einer Preiserhöhung rechneten. Das
war mir eine Lehre! Und ich kann auch Ihnen nur raten, vorsichtig zu
sein.
Die Rechnung kommt meist spät und fällt in der Regel um einiges
höher aus, als Sie vielleicht gedacht hätten. Es kümmert niemanden,
ob Sie das Material kostenlos weggeben, Gebühr ist Gebühr – außer
Sie haben die Genehmigung im Vorfeld (schriftlich) eingeholt. Wenn
uns z.B. die Brecht-Erben erlauben, das Jenny-Lied zum Zwecke des
Sprachenlernens in unserem Dekodier-Forum anzubieten, damit
unsere NutzerInnen (neudeutsch: User) damit arbeiten/spielen/singen
können, dann werden wir das sehr gern tun. Die Anfrage ist
unterwegs, die Antwort noch nicht da. Sie sehen ja dann, ob es im
Forum auftaucht oder nicht...
MERKBLATT Nr. 11: Der
NEUROMECHANISMUS der
ABSTRAKTION46
Ein wenig beachteter Neuro-Mechanismus besteht darin, daß unser
Gehirn automatisch versucht, Regeln abzuleiten, während das
Schulsystem viel zu oft mit der Regel beginnt. Wir sprechen dabei
von Verhalten jeder Art, ob wir ein Abendessen kochen oder eine
Wurzel ziehen sollen. Wenn man uns erst mit Regeln „füttert“, ist kein
eigenständiges Ent-DECK-en mehr möglich, wir werden zu
Ausführenden, die Befehlen gehorchen, zu Lernsklaven, zu
Robotern. So verhindern wir automatisches beiläufiges Lernen – wie
schade! Es wäre viel besser, wie in alten Zeiten, erst einige
Anwendungen durchzuspielen (notfalls durch spielerische Imitation)
und die Lernenden einzuladen, selbst herauszufinden, nach welcher
Regel eine Sache funktioniert.
Da die Fähigkeit zur ABSTRAKTION unterhalb der BewußtseinsSchwelle bleibt, dauerte es viele Jahrzehnte der Forschung, um erste
Einblicke in diesen wichtigen Neuro-Mechanismus zu erhalten. Er
befähigt uns, REGELN abzuleiten, aber unbewußt! Wir könnten auch
sagen: (Spiel-) Regeln „herauszuziehen“ (das ist die wörtliche
Bedeutung des lateinischen Begriffes). Dabei sind alle Arten von
(Spiel-)Regeln gemeint, bis zu jenen der GRAMMATIK oder der
ORTHOGRAPHIE (Rechtschreibung) einer Sprache.
Das große Geschenk, REGELN unbewußt abstrahieren zu können,
bedeutet im Klartext: Jedes Kind lernt die offiziellen wie die
ungeschriebenen Gesetze einer Gesellschaft bis hin zu den
Grammatikregeln der es umgebenden Sprache/n vollautomatisch
und unbewußt. Besonders wichtig dabei ist: Je weniger
Erwachsene sich einmischen, um Erklärungen abzugeben, zu
kritisieren, zu korrigieren, zu belehren, desto besser.
Was zählt, ist die Sprach-Umgebung, deshalb lernen Kinder
sogenannter „bildungsnaher“ Familien (wie auch Kinder an guten
Schulen mit echten Bildungschancen) leicht und gut; den Großteil des
Lernens besorgt der Neuro-Mechanismus der ABSTRAKTION ... Es
ist kein ZUFALL, daß Menschen, die sich bewußt jenen Situationen
AUSSETZEN, in denen ihr Unbewußtes das WESEN-tliche
vollautomatisch lernen kann, leicht lernen. Man muß nur ein wenig
Geduld haben.
Merkblatt Nr. 12: Birth of Civilisation
Wie auf Seite 81 angekündigt, hier das Gedicht in voller Länge. Es
stammt aus meinem Buch „Geschichten & Gedichte: Made in USA“
(Seite 34ff.), das bei Breuder & Wardin erschienen ist.
St. Louis, September 15, 1971
Merkblatt Nr. 13: ABC-Listen
Diese Übung hilft Ihnen ganz schnell:
eine kleine Inventur vorzunehmen: Wie ergiebig ist mein
Wissen zu einem bestimmten Thema?
auszuloten, was sich derzeit in Ihnen (zu diesem Thema)
abspielt.
Desweiteren stellt das Listen-Denken eine Denk-Strategie und ein
Denk-TOOL erster Güte dar. Es hilft Ihnen, einen besseren Zugriff
auf das eigene Wissen zu schaffen. Das systematische Erstellen
und Arbeiten mit ABC-Listen entspricht gewissermaßen einem
„Sesam öffne dich!“ zu Ihrem Unbewußten. Vielleicht erinnern Sie sich
ja an Stadt-Land-Fluß-Spiele aus Ihrer Kindheit, dann wissen Sie: Wer
viel spielt, weiß viel!
Beginnen Sie, indem Sie am LINKEN RAND eines Blattes (Minimum
A4-Format) senkrecht ein ABC schreiben. Nun Gilt es, zu jedem
Buchstaben mindestens eine Assoziation zu notieren, wobei Sie das
Thema frei wählen können. Dabei sollten Sie EINERSEITS gewisse,
für Sie wichtige Kernthemen IMMER WIEDER spielen,
ANDERERSEITS sollten Sie immer wieder neue Einzelthemen
spielen.
Angenommen, Sie wollten eine Inventur machen, wie viele und
welche Tiere Ihnen in drei Minuten einfallen. Dann gilt: Beginnen Sie
keinesfalls bei A, um sich (verbissen) zu bis zum Z „durchzukämpfen“.
Wandern Sie stattdessen locker mit den Augen in der (noch)
leeren Liste auf und ab. Bei irgendeinem Buchstaben (z.B. L) fällt
Ihnen etwas ein: hinschreiben (Löwe), weiterwandern. Bei Z ist es ein
Zebra, beim Zurückwandern taucht bei O plötzlich der Orang-Utan auf
und bei G das Gnu (natürlich dürfen Sie pro Buchstabe auch mehr als
einen Begriff notieren)... Dieses lockere Wandern mit den Augen ist
besonders wichtig, da Sie sonst immer nur Ideen von A bis K (M, N)
sammeln – insbesondere wenn Sie mit einem Zeit-Limit spielen, was
die Sache für viele noch spannender macht.
Mehr zum Thema „ABC-Listen“ finden Sie in den Büchern
„Intelligente Wissens-Spiele“, „Mehr intelligente Kopf-Spiele“, „Das
innere Archiv“ sowie auf den DVD’s „Persönliches WissensManagement“ und „GENIALITÄTS-Traing mit ABC-Listen“.
DANKSAGUNG
Ich danke allen, die zur Verbreitung der Birkenbihl-Methoden (exklusiv
oder inklusive des Sprachenlernens) beigetragen haben (ich kann
leider nicht alle nennen!):
Dr. BÖHM, Dieter: Unser „Lehrer-Lehrer“ hat u.a. den gesamten
ostdeutschen Bereich für die Birkenbihl-Methoden erschlossen
(Grundrechenarten, Lesen, Schreiben, Lernen von großen
Datenmengen in der Schule etc.). Jedes Jahr beim großen Lern- und
Lehr-Tag (Titel: „Neues von der Lernfront“) interessieren sich mehr
Lehrkräfte für meine Arbeit – inzwischen in wachsendem Maße AUCH
für meinen Ansatz zum Sprachenlernen. Derzeit arbeitet Dr. Böhm an
einem Buch über meine Methoden in diversen LERNUMGEBUNGEN, u.a. auch im ganz normalen Klassenzimmer. Sowie
es erschienen ist, wird er es auf www.bauchhirn.de vorstellen (oder
Sie lassen sich vormerken:
[email protected]).
BRUNNER, Emil (sowie seine Söhne Gerwin und Herwig): Sie
haben meine Methode für den PC umgesetzt und das wunderbare
System programmiert, das hinter den neuen CD-ROM Sprachkursen
steckt, mit denen es am (Net-)PC (später auch im internet) möglich ist,
das HÖREN/AKTIV als eine besonders attraktive aktive Methode zu
erleben. Derzeit gibt es schon English, Französisch, Italienisch und
Spanisch; in Vorbereitung sind Arabisch, Türkisch, eventuell Hindi.
DOPFER, Jörn: Der Musik-Hochschulprofessor sorgt dafür, daß seine
StudentInnen die italienischen Arien, die sie singen, auch wirklich
begreifen, indem er die LIEDER-Technik (s. Seite 77ff.) anwendet.
Das „erspart“ ein Studium des Italienischen und trotzdem weiß man
bei jeder Silbe genau, was man gerade singt. So wird aus einem
ersten technisch sauberen „Absingen“ ein Vortrag, der Welten davon
entfernt ist (weil dazwischen die dekodierte Version gesungen wurde).
Es ist unglaublich, diesen Prozess mitzuerleben.
HOLENSTEIN, Karin: Eine, die zuerst ihr eigenes Lernen umstellte,
dann Erwachsenen-Kurse für Eltern anbot und später die BirkenbihlMethode in die Regelschule trug, ist Frau Karin HOLENSTEIN aus
Gossau (in der Nähe St. Gallen, Schweiz). Ihr Online-Videotagebuch
mit Schul-Erfahrungen finden Sie, wenn Sie bei YouTube als
Suchbegriffe Birkenbihl und PROTALK eingeben. (Da es bei
YouTube sehr viele Birkenbihl-Beiträge gibt, stellt der Suchbegriff
„PROTALK“ sicher, daß Sie auf den richtigen Beitrag stoßen). Sie
können es sich aber natürlich auch direkt auf www.protalk.ch
anschauen. Im großen ABC-Kapitel finden Sie einige der Spiele, die
sie mit ihren Schülern als AKTIVITÄTEN spielt.
HOLENSTEIN, Stefan: Auch er ist aktiv an der Verbreitung meiner
Methoden in der Erwachsenenbildung (vor allem in FührungsSeminaren) beteiligt. Zudem hat er vor kurzem die PROTALK-Website
komplett neu programmiert.
KRÜPPEL, Annegret: Arbeitet mit ihren Söhnen beim Lernen nach
Birkenbihl, also auch beim Sprachenlernen. Zudem startete sie (mit
Christine WESSOLECK) den Blog genialwerdenmitbirkenbihl.2day.
net für alle, die mein ABC-Basis-Training durchlaufen (vgl. DVDMitschnitt „Genialitäts-Training mit ABC-Listen“). Ein Interview mit ihr
finden Sie am Ende von Kapitel 1, mehrere Beispiele für Aktivitäten im
großen ABC-Kapitel (alle „fremden“ Beiträge sind namentlich
gekennzeichnet).
KUNTERMANN, Magdalena und Peter: Sie gehören zu den
allerersten Lehrkräften, die in den 1990er Jahren begannen, mit
meinen Methoden zu arbeiten. Sie finanzierten die Seminare, die mein
Verlag damals veranstaltete, privat und wendeten vieles praktisch an,
entwickelten es weiter und integrierten... Ein wunderbares Fallbeispiel
finden sich in „Trotzdem LEHREN“ (Seite 257ff.).
LACKINGER, Roswitha: Hat in Österreich sehr viel dafür getan, daß
meine Methoden (allgemein) an Schulen eingesetzt werden.
Inzwischen werden dank ihrer Arbeit als „Lehrer-Lehrerin“ sogar
LehramtsanwärterInnen in Österreich nach Birkenbihl geschult (auch
bezüglich des Sprachenlernens). Interessanterweise hat sie immer
wieder Methoden, die ich eigentlich für Erwachsene entwickelt hatte,
genial auf Achtjährige umgesetzt. Darüber müssten wir auch mal ein
Buch schreiben... Danke Ros witha!
LERCHER, Marion und Andreas: Ein neuer Kontakt! Sie gründeten
die einzige von mir autorisierte XING-Sprachlern-Gruppe. Es lohnt
sich also auch für Nicht.-bunineß-Menschen, doch mal bei XING
reinzuschauen. Man muß kein zahlendes Mitglied sein, um an unserer
Sprachlern-Gruppe teilzunehmen...
MARQUARDT, Barbara: Sie gehört zu den ersten NachhilfeLehrkräften, die aktiv mit der Birkenbihl-Methode arbeiteten. Ihre
SchülerInnen (Kinder und Jugendliche) sind in einem Teil der VideoSpots zu sehen, in denen ich SchülerInnen das erste Mal erkläre, wie
meine Methode funktioniert (bei YouTube leider durcheinander
gewürfelt).
MATTER, Andrea: Sie lehrt in der Schweiz Mathematik (nach
Birkenbihl) und setzt sich für unsere Sprachlernmethode ein, ebenfalls
an einer normalen Schule. Falls deutsche LehrerInnen an
REGELSCHULEN nach Birkenbihl Sprachen lehren, bitte unbedingt
melden. Wir wollen Sie kennenlernen – Sie sind nämlich noch extrem
rar... Frau MATTER war es auch, die mir half, erste Schritte bei twitter
zu gehen, und sie ist es, die nach den öffentlichen Webinaren am
Ende den Chat moderiert, der meist noch 30 bis 40 Minuten
weitergeht...
MULEY, Carmen: Auch sie gehörte zu den Allerersten, die mit meiner
Methode an Regelschulen gearbeitet haben. Dazu gründete sie
mehrere AGs (Arbeitsgruppen), in denen die Kinder nach meiner
Methode lernten und ein Erfolgserlebnis nach dem anderen erlebten.
Inzwischen bringt sie es auch Erwachsenen bei...
PFLÜGELMAYR, Gerhard und Anneliese: Auch zwei „early birds“,
die seit vielen Jahren die Birkenbihl-Methode in Österreich verbreiten
– sowohl im Schulbetrieb als auch in der Lehrer-Ausbildung. In der
Aufzeichnung „35 Jahre Birkenbihl-Jubiläums-Tagung“ singt er (mit
Gitarrenbegleitung) das selbst gedichtete Lied vom Kügeli-Verteilen
(je mehr Kügeli, desto gehirn-gerechter ist der Unterricht).
MÜLLER, Jan: Mit ihm schrieb ich das E-Book „FONETIX“, in dem wir
zeigen, wie wenig phonetisch die deutsche Sprache ist und was
passiert, wenn man wirklich schreibt, was man hört. Äußerst
spannend, eine Art deutsch-deutsche Dekodierung!
SCHUSTER, Lilly: Eine begnadete Volksschullehrerin aus Österreich,
die gern im Tandem mit Frau LACKINGER arbeitet und immer wieder
beweist, wie clever, intelligent und begeistert Kinder lernen, wenn wir
ihnen eine Chance dazu geben.
WENIGER, Frank: Er baute neben dem Postdamer „BirkenbihlWissenskino“ (Birkenbihl-Akademie Potsdam) auch SprachlernGruppen auf. Er brachte u.a. die Volkshochschule Potsdam dazu,
beim Wissenskino mit Birkenbihl-Inhalten mitzumachen.
Und das sind nur einige wenige der zahlreichen Menschen, die
besonders viel für die Verbreitung meiner Methoden getan haben. Sie
alle hier zu nennen, würde keinen Platz für den eigentlichen Text des
Buches lassen...
Literaturverzeichnis
1. BLAKEMORE, Colin: Mechanics of the Mind. Cambridge
University Press, Cambridge 1977
2. BODMER, Frederick: Sprachen der Welt. GLB Parkland, Köln
1997
3. CALDER, Nigel: The Mind of Man. Penguin, New York 1973
4. CASTANEDA, Carlos: Reise nach Ixtlan. Fischer Taschenbuch
Verlag, Frankfurt/Main, 22. Aufl. 1997
5. GALDO, Giovanna/MARCHI, Ena: Italienisch ohne Mühe.
(ASSIMIL-Sprachkurs)
6. GLADWELL, Malcolm: Überflieger. Campus, Frankfurt/Main 2009
7. HOLT, John: How Children Fail. Dell Publishing, New York 1997
8. HOLT, John: The Underachieving School. Sentient Publications,
Boulder 2005
9. JACKSON, Eugene/RUBIO, Antonio: FRENCH MADE SIMPLE.
(Sprachkurs)
10. JACOBS, Noah Jonathan: Amerika im Spiegel der Sprache.
Francke Verlag, Bern 1968
11. KAHL, Reinhard: Das Wunder von Bremen – Das JacobsSommercamp. (DVD).
12. KOHN, Alfie: The Schools Our Children Deserve. Houghton
Mifflin, Boston 2001
13. KONTOR, Philippe: LE CHINOIS SANS PEINE. (ASSIMILSprachkurs)
14. LAUTERBACH, Karl: Der Zweiklassenstaat. rororo, Reinbek 2008
15. LOZANOW, Gorgi: Suggestology and Outlines of Suggestopedy.
Gordon and Breach, New York 1978
16. MALERBAS, Luigi: Storiette tascabili. Einaudi, Torino 1984
17. MECACCI, Luciano: Das einzigartige Gehirn. Campus,
Frankfurt/Main 1984
18. MILLER, Alice: Am Anfang war Erziehung. Suhrkamp, Berlin
2008
19. o. Verf.: Russisch ohne Mühe. (ASSIMIL-Sprachkurs)
20. PERKINS, Dave: Outsmarting I.Q. The Free Press, New York
1995
21. PINKER, Stevens: Der Sprachinstinkt. Droemer Knaur, München
1998
22. POSTMAN, Neil: Wir amüsieren uns zu Tode – Urteilsbildung im
Zeitalter der Unterhaltungsindustrie. Fischer Taschenbuch Verlag,
Frankfurt/Main 1988
23. REICHEN, Jürgen: Hannah hat Kino im Kopf – Die ReichenMethode LESEN DURCH SCHREIBEN und ihre Hintergründe für
LehrerInnen, Studierende und Eltern. Heinevetter Lehrmittel,
Hamburg, 4. Aufl. 2004
24. SCHMIDT, Jean-Jaques: L’ARABE SANS PEINE. (ASSIMILSprachkurs)
25. SCHMIDT, Paul: Sprachen lernen, warum und wie? AthenäumVerlag, Bonn 1954
26. SICK, Bastian: Der Dativ ist dem Genetiv sein Tod. Kiepenheuer
& Witsch, Köln, 29. Aufl. 2006
27. TEICHMANN, Bernhard: Teichmanns praktische Methode – Eine
sichere Anleitung zum wirklichen Sprechen der französischen
Sprache. Verlag Bernhard Teichmann, Erfurt 1907
28. VOSS, Bernd: Slips of the Ear. (Tübinger Beiträge zur Linguistik
Band 254) Narr, Tübingen 1984
Titel zu meinem Kernthema „gehirn-gerechtes Lernen und
Lehren“
Bücher
1. Das innere Archiv. mvg, München, 4. Aufl. 2007
2. Fremdsprachen lernen für Schüler mit der Birkenbihl-Methode.
Ariston, München 2008
3. Humor: An Ihrem Lachen soll man Sie erkennen. mvg,
München, 6. Aufl. 2011
4. Intelligente Rätsel-Spiele. mvg, München, 3. Aufl. 2008
5. Intelligente Wissens-Spiele. Gabal, Offenbach, 2. Aufl. 2006
6. Kommunikationstraining. mvg, München, 32. Aufl. 2011
7.
8.
9.
10.
11.
12.
13.
14.
LERNEN lassen. mvg, München, 5. Aufl. 2012
Mehr intelligente Kopf-Spiele. mvg, München, 2. Aufl. 2008
Prüfungen bestehen. Ariston, München 2009
Stories & Poems (deutsche Ausgabe: Geschichten und
Gedichte: Made in USA). Breuer & Wardin, Bergisch Gladbach,
2. Aufl. 2007
Stroh im Kopf? mvg, 51. Aufl. 2011
Trotzdem LEHREN. mvg, München, 5. Aufl. 2011
Trotzdem LERNEN. mvg, München, 4. Aufl. 2010
Von Null Ahnung zu etwas Japanisch. mvg, München 2008
Buch + (fast) gleichnamige DVD
Eltern-Nachhilfe. Ariston, München, 2. Aufl. 2007
Jungen und Mädchen: wie sie lernen. Walhalla, 4. Aufl. 2010
Von Null Ahnung zu etwas Arabisch. mvg, München 2008
Von Null Ahnung zu etwas Chinesisch. mvg, München, 2. Aufl.
2007
5. Von Null Ahnung zu etwas Türkisch. mvg, München 2008
1.
2.
3.
4.
DVD.s
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
Gehirn-gerechtes Rechentraining
Genialitäts-Training mit ABC-Techniken
Humor in unserem Leben
Persönliches Wissens-Management
Sprachen lernen leicht gemacht
Viren des Geistes
Von nix kommt nix
Sprachkurse
1. Englisch für Einsteiger
2. Englisch lernen – Basiskurs (Multi-Media-Kurs für PC und
MAC)
3. Englisch lernen – Aufbaukurs (Multi-Media-Kurs für PC und
MAC)
4. Französisch für Einsteiger
5. Französisch lernen – Basiskurs (Multi-Media-Kurs für PC und
6.
7.
8.
9.
MAC)
Italienisch für Einsteiger
Italienisch lernen – Basiskurs (Multi-Media-Kurs für PC und
MAC)
Spanisch für Einsteiger
Spanisch lernen – Basiskurs (Multi-Media-Kurs für PC und
MAC)
Note
VORWORT zur 33. Auflage
1 Wird im ersten Kapitel erläutert...
1. Sprachen lernen – aber bitte gehirn-gerecht
2 Siehe MERKBLATT Nr. 5: PAUKEN oder LERNEN?
3 Nach Frederick BODMER: „Sprachen der Welt“.
4 Kann mir jemand sagen, warum Vokabelverzeichnisse immer UMSEITIG oder
HINTEN stehen, was das Nachschlagen besonders schwierig macht? Bei KaufMaterialien (wie Spotlight und anderen Sprachen-Illustrierten) stehen die Vokabeln
natürlich auf derselben Seite, weil man den Kunden den Zugang ERLEICHTERN
will. Und was will man im Schulbuch?
5 Oder in die jeweilige Muttersprache beziehungsweise Sprache, von der aus man
arbeitet. So lernte ich z.B. Chinesisch mit dem Assimil-Kurs aus Frankreich, weil
es noch keinen deutschen gab.
6 Diese drei Punkte werden erst im VIERTEN Lernschritt bewältigt, also erst,
nachdem das Verstehen der Bedeutung und das Wiedererkennen des Klangs
einfach geworden ist.
7 Genaugenommen kann man noch unterscheiden, in welchen Sprachen man die
höfliche Anredeform „Sie“ (wie im Deutschen) verwendet – in fast keiner, weil die
meisten Sprachen eine Ihr-Form verwenden (z.B. Französisch, Arabisch,
Türkisch), während einige die Form von er/sie tut es wählen (wie das
Italienische). Somit können wir „parla“ auch als „spricht-er/sie“ dekodieren; da es
aber die BEDEUTUNG unseres höflichen „Sie“ hat, kann das anfangs reichen.
8 Auf die Idee mit der Krücke kam ich durch den Philosophen Ludwig
WITTGENSTEIN, der davon spricht, daß die Sprache per se als Leiter angesehen
werden kann, mit deren Hilfe wir gewisse Höhen erklimmen (z.B. gewisse
Zusammenhänge begreifen). Wenn wir jedoch dort angekommen sind, müssen wir
die Leiter wegwerfen (Tractatus logicus). Und genauso werfen wir die
Dekodierungs-Sprache weg, wenn wir den Punkt des Begreifens erreicht haben…
9 Fragepartikel am Satzende; entspricht unserem Fragezeichen.
2. Dekodieren erlaubt
10 Wirtschafts-Nobelpreis 2002 für Daniel KAHNEMAN und Vernon L. SMITH.
11 Achtung, die meisten Sprachen verwenden – im Gegensatz zum Deutschen –
kein „Sie“ im Sinne der 3. Person Plural. Oftmals handelt es sich dabei um eine
Ihr-Formulierung, so auch im Französischen.
12 Weitere Beispiele finden Sie in meinem Buch „Von Null Ahnung zu etwas
Chinesisch“.
13 Sie können dazu die DVD von Reinhard KAHL ansehen („Das Wunder von
Bremen“)
14 Ich habe es als einen WESEN-tlichen Baustein in meine Methode integriert und
die Technik verfeinert, aber Dekodieren gab es lange davor! Im wissenschaftlichen
Bereich (z.B. bei Bibel-Übersetzungen) spricht man von der interlinearen
Übersetzung, was fast dasselbe bedeutet.
15 Um das Problem mit der fremden Schrift zu umgehen, dekodieren wir zunächst
die Lautschrift, denn bei meiner Methode muß nicht jede/r lesen/schreiben lernen.
Viele wollen vor allem verstehen und selbst sprechen lernen.
16 Lautschrift (vor PINYIN).
17 Den Bericht gibt es als E-Book bei ciando (in englischer Sprache): Nathalie V.
FAIRBANKS: „The Birkenbihl Approach: Brain-Friendly Accelerated Language
Learning“.
18 Auch gilt beim Dekodieren die „private Rechtschrift“. Es ist völlig egal, wie ein
Wort korrekt geschrieben werden müßte, solange Sie wissen, was Sie meinen.
Dasselbe gilt für Wörter anderer Sprachen, wenn Sie diese beim Dekodieren
integrieren wollen (was ich regelmäßig tue, wenn eine Idee in einer anderen
Sprache der Zielsprache ähnlicher ist als das Deutsche). So male ich z.B. den
chinesischen Fragepartikal („ma“) in allen Sprachen in die Dekodierung, die
ebenfalls am Satzende einen Fragepartikel benutzen, wie das Japanische („ka“)
oder das Türkische („mi“).
19 Vgl. meinen Vortrag „Von nix kommt nix“, auf DVD oder im Internet (birkenbihlinternet-akdademie.tv).
20 Übrigens gibt es von dem berühmt-berüchtigten TV-Sender al-JaZiiRa auch
einen KINDERKANAL, der täglich stundenlang in Hochsprache sendet.
21 Erste Beispiele finden Sie auf www.birkenbihl-internet-akademie.tv, z.B. die
amerikanische Nationalhymne.
22 Das komplette Gedicht finden Sie (inklusive des Originaltextes) im
MERKBLATT Nr. 12, Seite 204ff.
3. AKTIVITÄTEN-ABC für Lerner
23 Hierin liegt auch der eigentliche Reiz beim Synchronschwimmen oder
Synchronspringen beziehungsweise beim Paarlauf.
24 Zum Beispiel die Bhagavad-Gita, die Bibel (altes und neues Testament,
Apokryphen, das Thomas-Evangelium, die Qumran-Texte etc.), der islamische
Q‘uran, der jüdische Talmud, die indischen Veden etc.
25 Im Gegensatz zu „die Weise“ (= die Melodie).
26 Wird in absehbarer Zeit auch beim Fernseher abrufbar sein.
27 Hier habe ich mir den Jux erlaubt, eine japanische Lektion in HINDI zu
transferieren (nur das Schriftbild; ich wollte üben, Hindi zu schreiben).
28 Beziehungsweise: Qu’est-ce que?
29 Diese Übung wurde von Marion M. LERCHER (Trainerin, Coach sowie
Moderatorin der Gruppe „Die Birkenbihl-Sprachen-Akademie“ auf der Plattform
XING) entwickelt. Die Symbole und Bilder wurden von Andreas und Simon
LERCHER gestaltet.
30 Zum Thema Humor vgl. auch mein Buch „Humor: An Ihrem Lachen soll man
Sie erkennen“ und mein DVD-Vortrag „HUMOR in unserem Leben“.
4. LEHRER-ABC
31 Frau HOLENSTEIN baut im folgenden auf meiner Basis-Technik des
KATEGORISIERENS auf (= das SORTIEREN von Informationen anhand gewisser
Kriterien, vgl. mein Buch „Trotzdem LEHREN“).
32 Teekessel-Spiel – Zitate-Variante (nach BIRKENBIHL, s. „Trotzdem LEHREN“,
Seite 178).
5. Was klassisches Sprachenlernen anrichtet –
einige gesellschaftspolitische Auswirkungen
33 Gemäß Haushalt 2010 kosten die Sitzenbleiber Deutschland pro Jahr 1 Mrd.
Euro. Das Geld könnte man weit besser anlegen...
34 Seit 1983 habe ich die Methode in Seminaren und zahlreichen Artikeln (und seit
1989 in Buchform) veröffentlicht. Die vielen Vortrags-, Workshop- und SeminarAusschnitte im Internet helfen, weil sie sowohl betroffenen Jugendlichen als auch
Erwachsenen zeigen, wie und vor allem daß meine Methode funktioniert. Denn
nichts überzeugt so sehr wie der Erfolg anderer NutzerInnen. Warum soll nur
amazon diesen Vorteil bieten? Statt Rezensionen lassen wir Menschen mit Hilfe
von Mitschnitten erleben, wie andere an oder meiner Methode arbeiten...
35 Wußten Sie, daß der größte Teil der Patienten mit Burnout-Syndrom Lehrkräfte
sind?
6. Die häufigsten Fragen...
36 Heutzutage auch via Handy überall möglich.
37 Hören, Sprechen, Lesen und Schreiben.
MERKBLATT Nr. 1: Was heißt gehirn-gerecht©?
38 In Latein und Englisch mußte ich versagen, weil ich mit dem Vokabel-Pauken
nicht klarkam, in Mathe, weil wir irgendwelche Formeln pauken sollten, die ich
nicht verstanden hatten und demzufolge in den Prüfungen auch nicht anwenden
konnte.
39 Noch später für meine französisch-sprechenden Seminar-TeilnehmerInnen in
„cerveau-phile“ und für meine holländischen in „hersenen-friendelijk“).
MERKBLATT Nr. 3: Die Schul-SprachlernMethode: Wer hat sie erfunden?
40 Vgl. meine DVD „Sprachen lernen leicht gemacht!“.
MERKBLATT Nr.
Vokabelpauken
6:
10
Gründe
gegen
das
41 Vgl. „Fremdsprachen lernen für Schüler mit der Birkenbihl-Methode“ (Seite
84ff.).
MERKBLATT Nr. 7: Die Birkenbihl-Methode für
SchülerInnen?
42 Siehe Seite 38ff.
43 In meinen Hosentaschenbüchlein „LERNEN lassen!“, „Prüfungen bestehen“
und „Fremdsprachen lernen für Schüler mit der Birkenbihl-Methode“ gibt es
zusätzliche Infos und Tips für SchülerInnen, Eltern und Lehrkräfte, die dem
täglichen Streß ein Ende setzen wollen.
MERKBLATT Nr. 8: Wie können Sie sich (und
andere) informieren?
44 Vgl. meinen FAZ-Artikel hierzu.
45 Leider mußten wir die Spots nach dem ersten Jahr herausnehmen und einen
nicht mehr aktuellen Schriftzug entfernen. Dabei ging zweierlei „kaputt“: erstens
die Zahl der Aufrufe, die pro Spot zwischen 35.000 und 70.000 lag. Mit den
reparierten Spots begann die Zählung leider wieder bei null. Zweitens sind seither
Lippenbewegung und Ton nicht mehr synchron. Da das aber auch bei vielen
anderen YouTube-Spots der Falll ist, scheint es die meisten Leute nicht so zu
stören wie mich. Ich empfehle aber, das Bild KLEIN zu lassen (machen), denn in
Großaufnahme kann diese Tatsache doch sehr von den Inhalten ablenken.
MERKBLATT Nr. 11: Der NEUROMECHANISMUS
der ABSTRAKTION
46 Vgl. „Trotzdem LEHREN“, 3. Auflage, Seite 38f.
Merkblatt Nr. 12: Birth of Civilisation
47 Man = Mann, Mensch.
48 When = wann, sobald, als.
49 Die Dekodierung erweist sich hier als große Hilfe! Zum einen wird die typisch
englische Konstruktion deutlich, zum anderen weisen die Klammern ( ) darauf hin,
daß im Deutschen das Wort nicht übersetzt werden würde: to provide some food =
Nahrung beschaffen.
50 Im Deutschen gibt es keinen Plural.
51 Who = der, die, das, wer, wen.
52 Im Sinne von „sehr“.