Rechtes Magazin „Compact“: Jammern als Identität
Die „Compact“ hat viele Probleme. Längst hat sich das Magazin zum strömungsübergreifenden Kampfblatt der Extremen Rechten entwickelt.
In dem Regal im Bahnhofskiosk ist das Magazin nicht an der üblichen Stelle einsortiert. Hoch oben zwischen den rechten Publikationen Cato und eigentümlich frei fehlt: Compact. Ist das „Magazin für Souveränität“ zur Bückware geworden? Wird das Heft um Chefredakteur und Geschäftsführer Jürgen Elsässer nur noch per Nachfrage unter dem Tresen hervorgeholt? „Nein“ antwortet ein Mitarbeiter des Kiosks in Hamburg-Altona. „Wir führen die Compact nicht mehr. Gott sei Dank! Da ist aber leider noch anderer Scheiß.“
Seit über zehn Jahren ist das Magazin, das „Flaggschiff der alternativen Medien“ sein will, auf dem Markt. Große Worte bei der Selbstdarstellung gehören zum Markenkern. Doch auch in einer aktuellen Fallstudie des Projekts „gegneranalyse“ ist vom „Scharniermedium“ Compact die Rede.
Diskret, moderat – das war nie der Stil des einstigen Linken Elsässer, der für AK, Jungle World und Neues Deutschland schrieb und Redakteur bei junge Welt und Konkret war. Bei Niederlagen gibt der 65-Jährige sich kämpferisch. Denn die Mächtigen im Vorder- und Hintergrund – so sagt er – würden immer die „stärkste Stimme des Widerstands“ angreifen.
Anfang August wurde so ein ‚Angriff‘ bekannt. Die Redaktion musste ihren Firmensitz im brandenburgischen Werder (Havel) verlassen. Denn nicht die Compact-Magazin GmbH stand im Mietvertrag, sondern der Mitbegründer des Verlages Kai Homilius. Der Vermieter des Gebäudes hatte wegen der unzulässigen Untervermietung nachgefasst. In der Juli-Ausgabe stand schon im Impressum die neue Anschrift: Falkensee. Dort wohnt Elsässer. Der Umzug hatte aber zur Folge, dass das Lager verkleinert werden musste.
„Querdenker:innen“ als neue Zielgruppe
Bei Compact führt Valentina Schacht online unter dem Titel „Regime rastet aus: Opposition soll geköpft werden“ weitere Angriffe an. Sie stellt die Verhaftungen des Verschwörungsideologen Oliver Janich wegen des Verdachts der Aufforderung zu Straftaten und des Namensgebers von „Querdenken“, Michael Ballweg, wegen des Verdachts der Geldwäsche in eine Reihe mit juristischen Auseinandersetzungen Elsässers und seines Magazins.
Das Landgericht Düsseldorf hat jüngst entschieden, dass Elsässers Autobiografie „Ich bin Deutscher: Wie ein Linker zum Patrioten wurde“ zurückgezogen werden muss. „Zensur“ hieß es bei Compact. Fakt ist: Das Gericht entschied, dass der Kleinverlag dtw-Buch, bei dem die Biografie erschienen ist, die Markenrechte des Buchverlag dtv verletzte, da der Schriftzug „dtw“ dem „dtv“-Logo zum Verwechseln ähnlich sieht. Schacht beklagte weiter, dass auch die Interview-DVD zum Buch geschreddert werden musste. Am „härtesten“ würde sie aber das „drohende Verbot“ ihrer Geschichtsausgabe „Babylon Berlin – Historische Hintergründe der großen Kultserie“ treffen.
Die Sonderausgabe widmet sich der Erfolgsserie „Babylon Berlin“, deren Produktionsfirma X-Filme nun juristisch dagegen vorgeht. Dieses Jammern mit Opferinszenierung gehört zum Geschäftsgebaren. Denn so schlecht steht das Magazin, Auflage 40.000 Exemplare, nicht da. Compact-TV und Spezial-Ausgaben als auch Events erfahren hohen Zuspruch.
Hamburg-Altona, wo das Magazin nicht mehr am Kiosk zu finden ist, ist nicht überall: Mit der „Querdenken“-Bewegung hat das Magazin eine neue Leser:innenschaft gewinnen können. Das Magazin ist längst das strömungsübergreifende Organ der Extremen Rechten. Kein Verschwörungsnarrativ, keine rechte Hetze, die nicht bedient würde.
Das geplante Sommerfest ist „total ausverkauft“. Am 27. August werden auf dem Rittergut Nöbeditz in Stößen über 300 Fans erwartet. Das Anwesen in Sachsen-Anhalt gehört André Poggenburg, einst Teil des völkischen „Flügel“ der AfD. Unter dem Motto „Freiheit für Deutschland und Frieden mit Russland“ sind als Redner neben anderen der österreichische Identitäre Martin Sellner und Verschwörungsideologe Anselm Lenz angekündigt.
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