Oper, Ballett und Tanz sind seit einigen Jahren bei allen Altersgruppen wieder sehr beliebt und i... more Oper, Ballett und Tanz sind seit einigen Jahren bei allen Altersgruppen wieder sehr beliebt und ihre Aufführungen meist ausverkauft. Ursula Pellaton (*1946) ist seit ihrer Jugend passionierte Besucherin von Oper- und Tanzveranstaltungen und fast ebenso lange begleitet sie das Geschehen als Journalistin und Historikerin. Sie beobachtete und schrieb für die Tageszeitungen »Landbote«, »Zürichsee Zeitung«, »Neue Zürcher Zeitung«, für Fachzeitschriften in der Schweiz und Deutschland. Ihr fast schon lexikalisches Wissen über diese Kunstformen ist außergewöhnlich. Begonnen hat Pellatons Begeisterung 1963 mit einer Aufführung von »Giselle« in Zürich. An der Universität studierte sie im Nebenfach Russistik und reiste für Recherchen zum russischen Ballett viele Male nach St. Petersburg. »Giselle«, »Der Nussknacker« und »Schwanensee«, die so grundlegend das Tanzverständnis vieler Menschen bis heute prägten, hat sie unzählige Male in verschiedenen Aufführungen gesehen und stets fundiert und mit...
„Ist es sinnvoll dieses Zuruckgehen in die Vergangenheit?“ fragt Mary Wigman 1970 in einem Brief ... more „Ist es sinnvoll dieses Zuruckgehen in die Vergangenheit?“ fragt Mary Wigman 1970 in einem Brief an ihren Freund Walter Sorell. „Was aber ist das Wesentliche? Ich vermag es, bei Gott, nicht zu entscheiden“ (zit. nach Sorell 1986, S. 18). Sie gibt sich aber doch dem Erinnern an ihre Lebensgeschichte hin und beginnt mit einem Ruckblick auf Ascona 1913 als sie den Monte Verita erstmals besucht hatte. Die Zeit in der Kuranstalt bezeichnet sie als „Statte meines Ausgangs“, die „Dich fur das grose Abenteuer Deines Lebens, das „Tanz“ hies“, vorbereitete (ebenda S. 34). Wiederum eine andere Art des Erinnerns lost Wigman ihrerseits bei dem ecuadorianischen Tanzer Fabian Barba aus. Dieser begegnet im Rahmen seiner Ausbildung 2008 an der zeitgenossischen Tanzschule P.A.R.T.S in Belgien Videoaufnahmen von Wigmans Soloprogramm „Schwingende Landschaft“ (1929). Barba kennt die Ikone des Ausdruckstanzes selbstredend nicht personlich. Doch etwas an ihrer Bewegungssprache, ihrer Korperlichkeit und ihrer Dynamik erinnert ihn an seine Herkunft, die Tanzszene in Quito. Damit beginnt seine geografische und kulturelle Spurensuche quer durch die letzten hundert Jahre, welcher dieser Vortrag nachgehen wird. Barba stellt sich vor, er hatte zu Beginn des 19. Jahrhunderts selbst bei Wigman getanzt und rekonstruiert unter dem Titel „A Mary Wigman Dance Evening“ (2009) Tanze aus ihrer ersten Amerikatournee von Dezember 1930 bis Marz 1931. Seither reist er selbst mit grossem Erfolg durch die internationale Tanzwelt.
2005 begeben sich Thomas Lebrun (F) und Foofwa d‟Imobilité (CH) mit Mimésix auf eine Art Spurensu... more 2005 begeben sich Thomas Lebrun (F) und Foofwa d‟Imobilité (CH) mit Mimésix auf eine Art Spurensuche nach dem, was bleibt im Tanz und sich tänzerisch weitervermitteln lässt. Konzipiert als Nummernrevue, trägt das Stück den Untertitel Conferdanse sur l’approprioception chorégraphiquec [Glon/Suquet 2011: 5], ein Wortspiel aus den Begriffen „appropriation“ (Aneignung) und „proprioception“ (kinästhetische Wahrnehmung). Es stellt die Aneignung des Wahrgenommenen durch die Anbindung der Propriozeption an die „appropriation“ als einen „Besitz“ (frz. „propriété“) des Körpers der Tänzer aus, welche ihrerseits von den Bewegungen auch „besetzt“ sind; insofern als die Bewegungen gewissermassen in Fleisch und Blut übergegangen sind. Es handelt sich bei Mimésix also, gemäss dem Untertitel, um einen „getanzten Vortrag zum choreografischen Körpergedächtnis“, und es stellt sich die Frage, wie ein derart körperlich gedachtes Gedächtnis als ein Archiv des Tanzes gefasst werden könnte.
1993 formieren sich vier französische Tänzerinnen und Tänzer (drei davon Studierende der Labanota... more 1993 formieren sich vier französische Tänzerinnen und Tänzer (drei davon Studierende der Labanotation des Conservatoire national supérieur de Paris) zu Le Quatuor Albrecht Knust, in Anlehnung an den gleichnamigen, engen Wegbegleiter Rudolf von Labans. 11 Sie setzen sich zum Ziel, ausgehend von Notationen Choreografien des 20. Jahrhunderts einzustudieren. 12 Allerdings nicht ohne begleitende Reflexion: Der Vorgang der Transkription und die damit einhergehende Überführung einer Choreografie in ein notiertes ›Werk‹ sowie die
Oper, Ballett und Tanz sind seit einigen Jahren bei allen Altersgruppen wieder sehr beliebt und i... more Oper, Ballett und Tanz sind seit einigen Jahren bei allen Altersgruppen wieder sehr beliebt und ihre Aufführungen meist ausverkauft. Ursula Pellaton (*1946) ist seit ihrer Jugend passionierte Besucherin von Oper- und Tanzveranstaltungen und fast ebenso lange begleitet sie das Geschehen als Journalistin und Historikerin. Sie beobachtete und schrieb für die Tageszeitungen »Landbote«, »Zürichsee Zeitung«, »Neue Zürcher Zeitung«, für Fachzeitschriften in der Schweiz und Deutschland. Ihr fast schon lexikalisches Wissen über diese Kunstformen ist außergewöhnlich. Begonnen hat Pellatons Begeisterung 1963 mit einer Aufführung von »Giselle« in Zürich. An der Universität studierte sie im Nebenfach Russistik und reiste für Recherchen zum russischen Ballett viele Male nach St. Petersburg. »Giselle«, »Der Nussknacker« und »Schwanensee«, die so grundlegend das Tanzverständnis vieler Menschen bis heute prägten, hat sie unzählige Male in verschiedenen Aufführungen gesehen und stets fundiert und mit...
„Ist es sinnvoll dieses Zuruckgehen in die Vergangenheit?“ fragt Mary Wigman 1970 in einem Brief ... more „Ist es sinnvoll dieses Zuruckgehen in die Vergangenheit?“ fragt Mary Wigman 1970 in einem Brief an ihren Freund Walter Sorell. „Was aber ist das Wesentliche? Ich vermag es, bei Gott, nicht zu entscheiden“ (zit. nach Sorell 1986, S. 18). Sie gibt sich aber doch dem Erinnern an ihre Lebensgeschichte hin und beginnt mit einem Ruckblick auf Ascona 1913 als sie den Monte Verita erstmals besucht hatte. Die Zeit in der Kuranstalt bezeichnet sie als „Statte meines Ausgangs“, die „Dich fur das grose Abenteuer Deines Lebens, das „Tanz“ hies“, vorbereitete (ebenda S. 34). Wiederum eine andere Art des Erinnerns lost Wigman ihrerseits bei dem ecuadorianischen Tanzer Fabian Barba aus. Dieser begegnet im Rahmen seiner Ausbildung 2008 an der zeitgenossischen Tanzschule P.A.R.T.S in Belgien Videoaufnahmen von Wigmans Soloprogramm „Schwingende Landschaft“ (1929). Barba kennt die Ikone des Ausdruckstanzes selbstredend nicht personlich. Doch etwas an ihrer Bewegungssprache, ihrer Korperlichkeit und ihrer Dynamik erinnert ihn an seine Herkunft, die Tanzszene in Quito. Damit beginnt seine geografische und kulturelle Spurensuche quer durch die letzten hundert Jahre, welcher dieser Vortrag nachgehen wird. Barba stellt sich vor, er hatte zu Beginn des 19. Jahrhunderts selbst bei Wigman getanzt und rekonstruiert unter dem Titel „A Mary Wigman Dance Evening“ (2009) Tanze aus ihrer ersten Amerikatournee von Dezember 1930 bis Marz 1931. Seither reist er selbst mit grossem Erfolg durch die internationale Tanzwelt.
2005 begeben sich Thomas Lebrun (F) und Foofwa d‟Imobilité (CH) mit Mimésix auf eine Art Spurensu... more 2005 begeben sich Thomas Lebrun (F) und Foofwa d‟Imobilité (CH) mit Mimésix auf eine Art Spurensuche nach dem, was bleibt im Tanz und sich tänzerisch weitervermitteln lässt. Konzipiert als Nummernrevue, trägt das Stück den Untertitel Conferdanse sur l’approprioception chorégraphiquec [Glon/Suquet 2011: 5], ein Wortspiel aus den Begriffen „appropriation“ (Aneignung) und „proprioception“ (kinästhetische Wahrnehmung). Es stellt die Aneignung des Wahrgenommenen durch die Anbindung der Propriozeption an die „appropriation“ als einen „Besitz“ (frz. „propriété“) des Körpers der Tänzer aus, welche ihrerseits von den Bewegungen auch „besetzt“ sind; insofern als die Bewegungen gewissermassen in Fleisch und Blut übergegangen sind. Es handelt sich bei Mimésix also, gemäss dem Untertitel, um einen „getanzten Vortrag zum choreografischen Körpergedächtnis“, und es stellt sich die Frage, wie ein derart körperlich gedachtes Gedächtnis als ein Archiv des Tanzes gefasst werden könnte.
1993 formieren sich vier französische Tänzerinnen und Tänzer (drei davon Studierende der Labanota... more 1993 formieren sich vier französische Tänzerinnen und Tänzer (drei davon Studierende der Labanotation des Conservatoire national supérieur de Paris) zu Le Quatuor Albrecht Knust, in Anlehnung an den gleichnamigen, engen Wegbegleiter Rudolf von Labans. 11 Sie setzen sich zum Ziel, ausgehend von Notationen Choreografien des 20. Jahrhunderts einzustudieren. 12 Allerdings nicht ohne begleitende Reflexion: Der Vorgang der Transkription und die damit einhergehende Überführung einer Choreografie in ein notiertes ›Werk‹ sowie die
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