Seit dem Siebten Familienbericht findet in Deutschland der Begriff von "Familie als Herstellungsleistung" breiten Eingang in die Debatten um Familie. 2 Dass familiale Leistungen ins Rampenlicht rückten, ist zunächst den Umrechnungen von...
moreSeit dem Siebten Familienbericht findet in Deutschland der Begriff von "Familie als Herstellungsleistung" breiten Eingang in die Debatten um Familie. 2 Dass familiale Leistungen ins Rampenlicht rückten, ist zunächst den Umrechnungen von Zeitbudgetdaten in wirtschaftliche Bezugsgrößen zu verdanken. Sie zeigen, dass der Zeitaufwand für Leistungen im Privathaushalt deutlich über dem für Erwerbsarbeit liegt. Für die so genannte "unbezahlte Arbeit" wurde im Jahr das 1,7-fache an Zeit im Vergleich zur Erwerbsarbeit aufgewandt. Die Umrechnung in Werte des Bruttosozialproduktes zeigt, dass die Wertschöpfung der privaten Haushalte 2001 in etwa derjenigen des Produzierenden Gewerbes (ohne Baugewerbe) sowie des Bereichs Handel, Gastgewerbe und Verkehr zusammen entspricht. 3 Der Begriff von Familie als Herstellungsleistung meint indes mehr. Er ist bislang eher Programm als bereits ausgearbeitetes Konzept, transportiert jedoch als solcher sowohl eine sozialhistorische als auch eine konzeptuelle Botschaft: Familie verändert sich aufgrund gesellschaftlichen Wandels von einer selbstverständlichen, quasi naturgegebenen Ressource zu einer zunehmend voraussetzungsvollen Aktivität von Frauen, Männern, Kindern, Jugendlichen und älteren Menschen, die in Familien leben bzw. leben wollen. Familie als Herstellungsleistung fokussiert zum einen auf die Prozesse, in denen im alltäglichen und biographischen Handeln Familie als gemeinschaftliches Ganzes permanent neu hergestellt wird ("Doing Family"), 4 zum anderen auf die konkreten Praktiken und Gestaltungsleistungen der Familienmitglieder, um Familie im Alltag lebbar zu machen. Der Tätigkeits-oder Arbeitscharakter von Familie, der eigene Ressourcen bindet, wird damit -weit über die feministische Hausarbeitsdebatte hinausgehend 5 -sichtbar, ohne jedoch hierdurch die emotionale Bedeutung von 1 Erstmals erschienen in: Aus Politik und Zeitgeschichte. Beilage zur Wochenzeitung DAS PARLAMENT. 34/2007, S. 10-17. 2 Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ)(Hrsg.), Siebter Familienbericht. Familie zwischen Flexibilität und Verlässlichkeit -Perspektiven für eine lebenslaufbezogene Familienpolitik, Berlin 2006. 3 Vgl. Dieter Schäfer, Unbezahlte Arbeit und Haushaltsproduktion im Zeitvergleich, in: Statistisches Bundesamt (Hrsg.), Alltag in Deutschland. Analysen zur Zeitverwendung, Wiesbaden 2004, S. 247-273. 4 In Analogie zum sozialkonstruktivistischen Ansatz des "Doing Gender" lässt sich die Herstellung von Familie als zusammengehörige Gruppe, ihre Selbstdefinition und Inszenierung als solche, als "Doing Family" bezeichnen, das von praktischen und symbolischen Verschränkungsleistungen individueller Lebensführungen im Kontext von Familie getragen wird. Vgl. Regine Gildemeister,