Volljährigkeit
Die Volljährigkeit (selten auch als Großjährigkeit oder Majorennität bezeichnet) ist das Lebensalter, ab dem eine natürliche Person von Rechts wegen als erwachsen gilt. Mitunter wird auch der allgemeinere Begriff „Mündigkeit“ dafür benutzt.
Allgemeines
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Bis zum Eintritt der Volljährigkeit gibt es den Rechtsstatus der Minderjährigkeit. Mit der Volljährigkeit tritt in den meisten Ländern auch die unbeschränkte Geschäftsfähigkeit ein.[1]
Volljährigkeit in verschiedenen Ländern
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Deutschland
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Heute
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In der Bundesrepublik Deutschland wird seit 1. Januar 1975 die Volljährigkeit mit der Vollendung des 18. Lebensjahres erlangt (§ 2 BGB). Damit wird die natürliche Person voll geschäftsfähig. Strafrechtlich wird eine Person zwischen dem 18. und dem 21. Geburtstag als Heranwachsender angesehen, auf die je nach Einzelfall das Jugendstrafrecht oder das allgemeine Strafrecht angewendet werden kann.
Grundsätzliches zum Wahlrecht:
Deutsche Staatsbürger erhalten zugleich das passive Wahlrecht auf Bundesebene (Art. 38 Abs. 2 Satz 1 GG)[2] und auf Landesebene mit 18 Jahren. Das aktive Wahlrecht zum Bundestag erlangt eine Person mit deutscher Staatsbürgerschaft, unabhängig von der Festlegung der Volljährigkeit, mit der Vollendung des 18. Lebensjahres (Art. 38 Abs. 2 GG). Auf kommunaler Ebene erlangen sowohl deutsche Staatsbürger als auch Ausländer aus den Mitgliedstaaten der Europäischen Union mit der Volljährigkeit das passive Wahlrecht.[3] Das aktive Wahlrecht wird von deutschen Staatsbürgern auf Landesebene mit Ausnahme der Bundesländer Brandenburg, Bremen und Hamburg mit 18 Jahren erlangt.[4] Auf kommunaler Ebene erlangen sowohl deutsche Staatsbürger als auch Ausländer aus den Mitgliedstaaten der Europäischen Union mit der Volljährigkeit das aktive Wahlrecht in den Bundesländern Bayern, Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland und Sachsen.[5] Aktiv und passiv wahlberechtigt für die Wahlen zum Europäischen Parlament waren bis zur Europawahl 2019 in Deutschland mit Eintritt der Volljährigkeit deutsche Staatsbürger und Ausländer aus den Mitgliedstaaten der Europäischen Union.[6] Ab der Europawahl 2024 dürfen in Deutschland auch Jugendliche ab 16 Jahren das aktive Wahlrecht ausüben.
Volljährige Personen dürfen zudem:
- heiraten (bis zum 21. Juli 2017 durften schon 16-Jährige mit Genehmigung des Familiengerichts heiraten, wenn der künftige Ehegatte bereits volljährig war),
- Verträge jeder Art ohne Sorgeberechtigten abschließen, etwa eine eigene Wohnung mieten,
- hochprozentigen Alkohol und Tabakwaren kaufen, besitzen sowie konsumieren,
- Cannabis gemäß dem Cannabisgesetz anbauen, besitzen und sich einem Cannabis Social Club anschließen,
- an Glücksspielen wie Lotto teilnehmen,
- sich an jugendgefährdenden Orten (Nachtbars, Nachtclubs) aufhalten,
- jugendgefährdende Schriften konsumieren.
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im Mittelalter wurde der Zeitpunkt der Volljährigkeit zunächst (anhand des körperlichen und geistigen Entwicklungsstandes des Jugendlichen) individuell festgelegt. Im Spätmittelalter etablierten sich, vor allem auf der Geschlechtsreife der Jugendlichen basierend, zunehmend feste Volljährigkeitstermine und damit der Eintrittstermin in die Rechtsfähigkeit. So etwa das Ende des 12. Lebensjahres, bei Knaben gelegentlich erst das 14. Lebensjahr. Im Verlauf des Spätmittelalters wurde das Volljährigkeitsdatum jedoch dann nach oben auf Zeitpunkte zwischen dem 18. und 25. Lebensjahr geschoben.[7] Am 16. April 1806, wenige Monate nach Gründung des Königreichs Württemberg, wurde die Volljährigkeitsregelung von 25 Jahren, wie sie bereits zuvor in Altwürttemberg gegolten hatte, auf die neu erworbenen Besitztümer ausgeweitet, da dort teilweise abweichende Regelungen gegolten hatten.[8] Auch in vielen anderen Gegenden Deutschlands trat in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts die Volljährigkeit weiterhin mit 25 Jahren ein. In Württemberg wurde die Volljährigkeit mit dem Gesetz vom 30. Juni 1865 von 25 auf 23 Jahre herabgesetzt.[9]
In Preußen setzte das Gesetz über das Alter der Großjährigkeit vom 9. Dezember 1869 die Volljährigkeit ab dem 1. Juli 1870 von 24 auf 21 Jahre herab.[10]
Im Deutschen Reich wurde die Volljährigkeit durch ein Reichsgesetz vom 17. Februar 1875 einheitlich auf 21 Jahre festgelegt (in Kraft getreten am 1. Januar 1876).
Seit dem 1. Januar 1900 regelte dies § 2 BGB mit gleichem Inhalt. Weiterhin legte § 3 fest, dass durch das Personenstandsgericht Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet hatten, die Volljährigkeit zugesprochen werden konnte, sodass sich für diese Rechte und Pflichten dementsprechend schon früher ergaben.[11]
In der Deutschen Demokratischen Republik wurde durch das Gesetz über die Herabsetzung des Volljährigkeitsalters vom 17. Mai 1950, in Kraft getreten am 22. Mai 1950, das Volljährigkeitsalter auf die Vollendung des 18. Lebensjahres herabgesetzt.[12] Dadurch wurden am 22. Mai 1950 alle Personen in der DDR, die zwischen dem 22. Mai 1929 und dem 22. Mai 1932 geboren wurden, gemeinsam volljährig.
In der Bundesrepublik Deutschland lag das Volljährigkeitsalter bis 1974 bei 21 Jahren. Durch das am 1. Januar 1975 in Kraft getretene „Gesetz zur Neuregelung des Volljährigkeitsalters“ vom 31. Juli 1974[13] wurde der Eintritt der Volljährigkeit auf die Vollendung des 18. Lebensjahres herabgesetzt.[2] Dadurch wurden am 1. Januar 1975 alle Personen in der BRD, die zwischen dem 1. Januar 1954 und dem 1. Januar 1957 geboren waren, gemeinsam volljährig.
Österreich
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In Österreich wurde das Alter der Volljährigkeit (§ 21 ABGB) am 1. Juli 1973 von 21 auf 19 und am 1. Juli 2001 von 19 auf 18 Jahre per Gesetz herabgesetzt.[14] Man ist seit der Wahlrechtsreform 2007 schon mit 16 Jahren wahlberechtigt. Im österreichischen Recht ist die Volljährigkeit von der Mündigkeit (hier ist insbesondere auch die Strafmündigkeit gemeint[15]) zu unterscheiden. Diese erreichen Minderjährige in Österreich gemäß § 21 Abs. 2 ABGB mit 14 Jahren. Wer zwar bereits das 18., aber noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hat, gilt strafrechtlich gemäß § 1 Z 5 JGG als junger Erwachsener, auf den das Jugendgerichtsgesetz anzuwenden ist.
1811 wurde die Volljährigkeit in Österreich durch das ABGB einheitlich auf 24 Jahre festgelegt. 1919 wurde dieses Alter auf 21 Jahre herabgesetzt.[16]
Höhere Alterserfordernisse als das aktuelle Volljährigkeitsalter gelten z. B. für die passive Wählbarkeit als Bundespräsident, für das Lenken von Gefahrguttransporten oder das Pilotieren von Verkehrsflugzeugen; niedrigere für Amateurfunk, das Lenken eines Fahrrads, eines Motorfahrrads, eines Leichtmotorrads.
Liechtenstein
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Volljährigkeit wird in Liechtenstein durch die Überschreitung der im Gesetz festgelegten Altersgrenze erreicht. Ab diesem Zeitpunkt ist eine natürliche Person vollumfänglich Träger von Rechten und Pflichten in der Gesellschaft. Die Altersgrenze liegt bei 18 Jahren.[17]
Das Erreichen der Volljährigkeit fällt mit dem Erreichen der vollen Mündigkeit zusammen. Bis 1926 wurde diese erst mit 24 Jahren, bis 1999 mit 21 Jahren erreicht.[18]
Schweiz
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In der Schweiz liegt das Alter der Mündigkeit seit dem 1. Januar 1996 gemäß Art. 14 ZGB bei 18 Jahren.[19] Vorher lag es bei 20 Jahren.
Die Volljährigkeit beziehungsweise Wahlberechtigung fiel bis etwa 1848 insbesondere in den Landsgemeinde-Kantonen mit dem Alter der Wehrfähigkeit zusammen, sie lag also zwischen 14 und 18 Jahren. In den früheren Städte-Kantonen gab es diese Besonderheit jedoch nicht. So war zum Beispiel im Kanton Glarus noch 1830 jeder über 16-Jährige Mitglied der Landsgemeinde (Landmann), in Appenzell Ausserrhoden jeder 18-Jährige, in Graubünden jeder 17-Jährige, im Wallis jeder 18-Jährige.
Viele politische Gemeinden organisieren Jungbürgerfeiern für Schweizer Bürger, die volljährig werden.
Frankreich
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In Frankreich liegt das Volljährigkeitsalter seit 1974 bei 18 Jahren. Durch ein Gesetz vom 20. September 1792 war die Volljährigkeit für den Großteil des Landes von 25 Jahren auf 21 Jahre herabgesetzt worden.[20]
Vereinigte Staaten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In den Vereinigten Staaten wird das Alter der Volljährigkeit (englisch majority, legal age) vom Bund, den Bundesstaaten und den Territorien festgelegt. In den meisten Bundesstaaten und Territorien und bei Anwendung von Bundesgesetzen liegt es bei der Vollendung des 18. Lebensjahres. Besondere Regelungen bestehen in:
- Mississippi, Pennsylvania, Puerto Rico: Volljährigkeit bei Vollendung des 21. Lebensjahres;
- Alabama, Nebraska: Volljährigkeit bei Vollendung des 19. Lebensjahres;
- Arkansas, Ohio, Tennessee, Utah: Volljährigkeit bei Vollendung des 18. Lebensjahres; bei Jugendlichen, die zu diesem Zeitpunkt noch die Highschool besuchen, aber erst beim Schulabschluss;
- Nevada, Wisconsin: Volljährigkeit bei Vollendung des 18. Lebensjahres; bei Jugendlichen, die zu diesem Zeitpunkt noch die Highschool besuchen, aber erst bei Vollendung des 19. Lebensjahres.
Andere Länder
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Gemäß dem New Yorker Übereinkommen über die Rechte des Kindes[21] vom 20. November 1989 beginnt die Volljährigkeit mit 18 Jahren, sofern das auf das Kind anzuwendende Recht nicht schon früher eintritt.
Einzelstaatliche Gesetze sehen die Volljährigkeit ab folgendem Alter vor (die nebenstehende Karte aus dem Jahr 2011 kann als Überblick dienen, berücksichtigt aber nicht neuere Entwicklungen):
Siehe auch
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Gerhard Köbler, Etymologisches Rechtswörterbuch, 1995, S. 449
- ↑ a b Hartmut Goege: Erwachsen mit 18: Vor 40 Jahren wurde die Volljährigkeit neu geregelt, deutschlandfunk.de, 22. März 2014
- ↑ Bundeszentrale für politische Bildung: Kommunalwahlen. 1. Juli 2021, abgerufen am 1. Mai 2024.
- ↑ Bundeszentrale für politische Bildung: Wahlsysteme. 1. Juli 2021, abgerufen am 1. Mai 2024.
- ↑ Bundeszentrale für politische Bildung: Kommunalwahlen. 1. Juli 2021, abgerufen am 1. Mai 2024.
- ↑ Bundeszentrale für politische Bildung: Wahlverfahren. 1. Juli 2021, abgerufen am 1. Mai 2024.
- ↑ Reinhard Sprenger: Aspekte sozialen Schutzes in der Bauernfamilie des Hoch- und Spätmittelalters. In: Trude Ehlert (Hrsg.): Haushalt und Familie in Mittelalter und früher Neuzeit. Vorträge eines interdisziplinären Symposions vom 6.–9. Juni 1990 an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Mit einem Register von Ralf Nelles. Thorbecke, Sigmaringen 1991, ISBN 3-7995-4156-X, S. 91–105, hier: S. 94–95.
- ↑ August Ludwig Reyscher (Hrsg.): Vollständige, historisch und kritisch bearbeitete Sammlung der württembergischen Gesetze. Fues, Tübingen 1839, Band 7, Teil 4, S. 2, Volltext in der Google-Buchsuche
- ↑ Die Neue Justizgesetzgebung im Königreich Württemberg. Amtliche Handausgabe. J.B. Metzler, Stuttgart 1874, Band V, Teil 1, S. 160, Volltext in der Google-Buchsuche
- ↑ Paul Stoepel: Preußischer Gesetz-Codex. Ein authentischer Abdruck. Supplement 1868–1869. Frankfurt 1871, Volltext in der Google-Buchsuche
- ↑ Kleine Einführung für die Familienforschung in Wuppertal (Stand 4.2018), PDF-Datei, S. 2/3
- ↑ Gesetz über die Herabsetzung des Volljährigkeitsalters vom 17. Mai 1950. Im Gesetzblatt der DDR, Nr. 5 vom 22. Mai 1950, S. 437, Digitalisat.
- ↑ BGBl. I S. 1713
- ↑ Onlinelehrbuch Zivilrecht, Kapitel 4, A.II.5
- ↑ Die Strafmündigkeit wird in Österreich mit dem vollendeten 14. Lebensjahr erreicht (§ 4 Jugendgerichtsgesetz – JGG). Unmündige (0 bis 14 Jahre), „die eine mit Strafe bedrohte Handlung begehen, sind nicht strafbar“ (§ 4 Abs. 1 JGG)
- ↑ Gesetz vom 6. Februar 1919 über die Herabsetzung der Altersgrenze der Minderjährigeit (BGBl Nr. 96/1919)
- ↑ Art 29 Abs 2 Landesverfassung (LV): „In Landesangelegenheiten stehen die politischen Rechte allen Landesangehörigen22 zu, die das 18. Lebensjahr vollendet, im Lande ordentlichen Wohnsitz haben und nicht im Wahl- und Stimmrecht eingestellt sind.“ Art. 111 LV: „In Gemeindeangelegenheiten sind alle in der Gemeinde wohnhaften Landesangehörigen wahl- und stimmberechtigt, die das 18. Lebensjahr vollendet haben und nicht im Wahl- und Stimmrecht eingestellt sind.“
- ↑ Volljährigkeit. In: Historisches Lexikon. 2011, abgerufen am 26. März 2024.
- ↑ Art. 14 ZGB
- ↑ Bericht der Begutachtung des Entwurfs der ersten Abtheilung des bürgerlichen Gesetzbuchs für das Großherzogtum Hessen gewählten Ausschüsse erster und zweiter Kammer, Leske, Darmstadt 1846, S. 386, Volltext in der Google-Buchsuche
- ↑ Status of treaties – Ratifikationsstand vom KRK. Vertragssammlung der UNO, abgerufen am 19. März 2019 (englisch).
- ↑ bis zum 1. Mai 1990 21; seitdem 18 (Artikel 488 des Code civil)
- ↑ Ministry of Foreign Affairs, Republic of China (Taiwan): , Taiwan Heute. Abgerufen am 5. Mai 2024.
- ↑ seit dem 5. Juli 1974 (loi no 74-631). Von 1792 bis 1974 war 21 das Volljährigkeitsalter.
- ↑ The Civil Code of the Islamic Republic of Iran. (PDF) S. 118, abgerufen am 12. September 2016 (englisch, Artikel 1210, Anmerkung 1).
- ↑ Michael Ziegler: Alter der Volljährigkeit ändert sich in Japan ab 1. April. In: Sumikai. 26. Februar 2022, abgerufen am 1. April 2022.
- ↑ Sandra Grauschopf: Age of Majority in Canada by Province. What is the Age of Majority in Each Canadian Province? In: contests.about.com. About, Inc., 11. September 2016, abgerufen am 29. Januar 2017 (englisch).
- ↑ canadaonline.about.com (engl.)
- ↑ Art. 476, Code Civil
- ↑ Loi n. 1.261 du 23/12/2002 abaissant à dix-huit ans l’âge de la majorité civile. Gourvernement Princier, Principauté de Monaco, 23. Dezember 2002, abgerufen am 15. Oktober 2016 (französisch).
- ↑ Should Namibia Lower its Age of Majority to 18? ( vom 18. Februar 2020 im Internet Archive)
- ↑ Age of Majority Act 1970 No 137 (Stand: 3. September 2007), Public Act
- ↑ North Korea fact sheet
- ↑ www.pcw.gov.ph ( vom 29. Dezember 2017 im Internet Archive)
- ↑ Polnisches Zivilgesetzbuch (kodeks cywilny), Art. 10 § 2, S. 1.
- ↑ www.youthpolicy.org
- ↑ www.youthpolicy.org
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- ↑ minors.uslegal.com
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