Tiefenstockheim

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Tiefenstockheim
Markt Seinsheim
Wappen von Tiefenstockheim
Koordinaten: 49° 40′ N, 10° 12′ OKoordinaten: 49° 39′ 48″ N, 10° 12′ 26″ O
Höhe: 219 m ü. NHN
Fläche: 4,31 km²[1]
Einwohner: 218 (25. Mai 1987)[2]
Bevölkerungsdichte: 51 Einwohner/km²
Eingemeindung: 1. Mai 1978
Postleitzahl: 97342
Vorwahl: 09332
Tallage von Tiefenstockheim im Breitbachgrund
Tallage von Tiefenstockheim im Breitbachgrund

Tiefenstockheim ist ein Gemeindeteil des Marktes Seinsheim im unterfränkischen Landkreis Kitzingen.[3] Die Gemarkung Tiefenstockheimheim hat eine Fläche von 4,307 km². Sie ist in 826 Flurstücke aufgeteilt, die eine durchschnittliche Flurstücksfläche von 5214,16 m² haben.[1] In ihr liegen neben dem namensgebenden Ort die Wohnplätze Gumpertsmühle und Riedmühle.[4]

Das Pfarrdorf liegt im südlichen Steigerwald-Vorland in einem der schönsten Täler Unterfrankens, dem Breitbachgrund. Die Kreisstraße KT 5 führt zur Staatsstraße 2418 (1,6 km westlich) bzw. nach Markt Herrnsheim zur Staatsstraße 2419 (2,7 km östlich). Die Kreisstraße KT 16 führt nach Willanzheim zur St 2419 (2,7 km nordöstlich). Die Kreisstraße KT 55 führt nach Iffigheim zur St 2418 (2 km südlich).[5]

Naturräumlich liegen die Gemeindeteile von Seinsheim in drei verschiedenen Untereinheiten. Von Nordwesten ragt der Ifftalbereich mit seinen kleinen Bächen und den steilen Ufern in das Gemeindegebiet. Nordöstlich ist die Hellmitzheimer Bucht zu finden, während kleinere Teile in der höheren Ochsenfurt-Uffenheimer Gäufläche liegen.

Das Grundwort heim im Namen heißt Haus oder Heimat. Als Bestimmungswort kommt stock dazu, was Baumstumpf oder –stamm bedeutet. Die Rodungssiedlung entstand an einem Platz, an dem die Baumüberreste stehen blieben und vermoderten. Der Zusatz tiefen soll wohl der Hinweis auf die Tallage des Pfarrdorfes sein. Damit war der Ort von anderen naheliegenden „Stockheimen“ wie Mainstockheim und Fröhstockheim zu unterscheiden.[6]

Bodenfunde aus der Bandkeramiker- und Hallstattzeit beweisen, dass das Tiefenstockheimer Gebiet bereits vor Christus besiedelt war.[7]

Im 12. Jahrhundert wird der Ort unter den Besitztümern des Domkapitels Würzburg erstmals urkundlich genannt. Das Domkapitel besaß bis 1803 die Grundherrschaft im Dorf.[8]:56

Gegen Ende des 18. Jahrhunderts gab es in Tiefenstockheim aus 48 Wohngebäude und 4 Mühlen. Hoch- und Niedergericht sowie die Dorf- und Gemeindeherrschaft hatte das würzburgische Amt Willanzheim inne. Zwei Anwesen unterstanden in Niedergerichtssachen dem brandenburg-ansbachischen Kastenamt Uffenheim.[9]

Im Jahr 1810 kam Tiefenstockheim an das Königreich Bayern. Mit dem Gemeindeedikt (frühes 19. Jahrhundert) wurde der Ort dem Steuerdistrikt Willanzheim zugewiesen. Zugleich entstand die Ruralgemeinde Tiefenstockheim, zu der Gumpertsmühle und Riedmühle gehörten. Sie unterstand in Verwaltung und Gerichtsbarkeit dem Landgericht Markt Bibart. In der Finanzverwaltung war das Rentamt Iphofen zuständig.[10] Am 1. Mai 1978 wurde die Gemeinde Tiefenstockheim im Zuge der Gebietsreform in Bayern in den Markt Seinsheim eingegliedert.[11][12]

Wappen von Tiefenstockheim
Wappen von Tiefenstockheim
Blasonierung: „St. Kilian in goldenem Bischofsornat und der Mitra, in der Rechten das silberne Schwert, in der Linken den Krummstab; unten in Silber ein Baumstumpf“[13]
Wappenbegründung: Der obere Teil verweist auf die historische Zugehörigkeit von Tiefenstockheim zum Hochstift Würzburg, der untere symbolisiert den Ortsnamen. Die Tingierung in Silber und Rot spielt dagegen auf das Wappen des Hochstifts Würzburg an.

Kultur und Sehenswürdigkeiten

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1330 findet sich der erste urkundliche Eintrag im Lehenbuch des Hochstifts Würzburg. Ein Friedrich Hornung erhielt Fläche im Kirchhof von Tiefenstockheim. Im Jahre 1475 bekam der Dompropst das Öffnungsrecht. Er durfte bei Gefahr in der Kirchenburg Zuflucht suchen. Weiterhin berichteten die Unterlagen aus dem 16. Jahrhundert von 13 Gaden und Kirchhäusern sowie sechs Kellern.[8]:56[14]

Die Kirchenburganlage wurde nach umfänglichen Renovierungsarbeiten im Jahr 2002 der Öffentlichkeit übergeben. Aus ehemals fünf Gaden entstand ein Dorfgemeinschaftszentrum. Es bietet heute Raum für Veranstaltungen aller Art.

Im Mittelpunkt des Ortes steht das in den Jahren 1581/82 erbaute Rathaus. Es besitzt ein reich verziertes Fachwerkobergeschoss und ein Glockentürmchen. Das Haus diente dem Schultheißen und seinen Schöffen als Aufenthaltsort. Auch fanden Gemeindeversammlungen und Gerichtstage hier statt. Diese waren vorher unter der Dorflinde abgehalten worden. Die 1698 angebrachte Uhr im Giebel ist heute noch in Betrieb. Am Eckstein zur Durchgangsstraße hin blickt ein maskenartiges Gesicht auf Besucher.[8]:56,57

Eine weitere Sehenswürdigkeit ist der Fronhof des Würzburger Dompropstes. Dieser Gutshof liegt dem Rathaus schräg gegenüber.

Tiefenstockheim ist heute Weinbauort im Anbaugebiet Franken. Eine großlagenfreie Weinlage existiert um das Dorf, der Wein wird seit den 1970er Jahren unter dem Namen Tiefenstockheimer Stiefel vermarktet, der auf die Form der Weinberge verweist. Tiefenstockheim ist Teil des Bereichs Schwanberger Land, bis 2017 waren die Winzer im Bereich Steigerwald zusammengefasst. Die Muschelkalkböden um Tiefenstockheim eignen sich ebenso für den Anbau von Wein, wie die Lage in der Maingauklimazone, die zu den wärmsten Deutschlands gehört.

Bereits seit dem Frühmittelalter betreiben die Menschen um Tiefenstockheim Weinbau. Die fränkischen Siedler brachten wohl im 7. Jahrhundert die Rebe mit an den Main. Im Mittelalter gehörte die Region zum größten zusammenhängenden Weinbaugebiet im Heiligen Römischen Reich. Die Menschen betrieben zumeist Nebenerwerbsweinbau zur Selbstversorgung, gleichzeitig bildeten sich bereits Exportzentren insbesondere entlang des Maines heraus. In Tiefenstockheim blieb man beim Weinbau für den Hausgebrauch.

Der Weinbau erlebte nach der Säkularisation zu Beginn des 19. Jahrhunderts einen umfassenden Niedergang. Vor allem klimatisch weniger begünstige Lagen gab man vollständig auf. Zusätzlich erschwerte das Aufkommen von Schädlingen wie der Reblaus den Anbau. Konsolidieren konnte sich die Weinbauregion Franken erst wieder in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Der Einsatz von Düngern und verbesserte Anbaumethoden hatten dazu ebenso beigetragen wie die Organisation in Genossenschaften und die Flurbereinigung der 1970er Jahre.[15] Heute wird in Tiefenstockheim wieder in begrenztem Umfang Weinbau betrieben.

Weinlage[16] Größe 1993[17] Himmelsrichtung Hangneigung Hauptrebsorten Großlage
Stiefel 1,5 ha Südosten 35–40 % Müller-Thurgau, Silvaner großlagenfrei
Commons: Tiefenstockheim – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  1. a b Gemarkung Tiefenstockheim (091219). In: geoindex.io. Geoindex Aktiengesellschaft, abgerufen am 25. November 2024.
  2. Bayerisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung (Hrsg.): Amtliches Ortsverzeichnis für Bayern, Gebietsstand: 25. Mai 1987. Heft 450 der Beiträge zur Statistik Bayerns. München November 1991, DNB 94240937X, OCLC 231287364, S. 366 (Digitalisat).
  3. Markt Seinsheim, Liste der amtlichen Gemeindeteile/Ortsteile im BayernPortal des Bayerischen Staatsministerium für Digitales, abgerufen am 25. November 2024.
  4. Webkarte. ALKIS®-Verwaltungsgrenzen – Gemarkungen. In: BayernAtlas. LDBV, abgerufen am 25. November 2024.
  5. Ortskarte 1:10.000. Darstellung mit Schummerung. In: BayernAtlas. LDBV, abgerufen am 25. November 2024 (Entfernungsangaben entsprechen Luftlinie).
  6. Wolf-Armin von Reitzenstein: Lexikon fränkischer Ortsnamen. Herkunft und Bedeutung. Oberfranken, Mittelfranken, Unterfranken. C. H. Beck, München 2009, ISBN 978-3-406-59131-0, S. 137 f.
  7. Die Orte der Verwaltungsgemeinschaft Marktbreit. In: Landkreis Kitzingen (Hrsg.): Kunst- und Kulturführer durch den Landkreis Kitzingen. 2. Auflage. Farbendruck Brühl, Marktbreit 1993, S. 100.
  8. a b c Kurt Andermann: Tiefenstockheim. In: Jesko Graf zu Dohna (Hrsg.): Auf den Spuren der Grafen zu Castell. Vier Türme GmbH, Benedict Press, Münsterschwarzach 2004.
  9. Heinrich Weber: Kitzingen. In: Historischer Atlas von Bayern, Teil Franken. Reihe I, Heft 16. Komm. für Bayerische Landesgeschichte, München 1967, DNB 456999272, S. 178 (Digitalisat).
  10. Adreß- und statistisches Handbuch für den Rezatkreis im Königreich Baiern. Kanzlei Buchdruckerei, Ansbach 1820, OCLC 869860423, S. 26 (Digitalisat).
  11. Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart / Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 748 (Statistische Bibliothek des Bundes und der Länder [PDF]).
  12. Seinsheim > Politische Einteilung. In: wiki.genealogy.net. Verein für Computergenealogie, abgerufen am 25. November 2024.
  13. Hans Bauer: Alte und neue Wappen im Landkreis Kitzingen. S. 67.
  14. Kirchenburg Info (Memento vom 7. Mai 2004 im Internet Archive) (PDF; 124 kB)
  15. Hans Ambrosi (u. a.): Deutsche Vinothek: Franken. S. 50–52.
  16. Regierung von Unterfranken: Weinbergslagen in Bayern gegliedert nach Bereichen (Memento des Originals vom 28. Juli 2018 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.regierung.unterfranken.bayern.de, PDF-Datei, abgerufen am 16. Mai 2019.
  17. Ambrosi, Hans (u. a.): Deutsche Vinothek: Franken. S. 237.