Strich-Code
Strich-Code in Hannover war eine Mitmach-Aktionskunst als Kunst im öffentlichen Raum im Jahr 2012. Die „Schwarmkunstaktion“, bei der Millionen von Sonderpreis-Etiketten in der Altstadt von Hannover vom Historischen Museum bis in das Rotlichtviertel verklebt werden, sollte käufliche Sexualität und käufliche Kunst hinterfragen. Hinter Strich-Code standen die Künstlerinnen Kerstin Schulz, Ulrike Enders und Dagmar Schmidt, der Künstler Franz Betz sowie die Journalistin Susanne Lindau. Die fünf hatten ein Kunstprojekt ins Leben gerufen, bei dem die Arbeit rund um den käuflichen Sex einerseits und um die käufliche Kunst andererseits durch Lichtskulpturen, Plastiken, Fotografien und einer Preisetiketten-Installation hinterfragt werden.[1]
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Am 1. Januar 2002 trat das sogenannte Prostitutionsgesetz in Kraft, durch das freiwillige Sexarbeit zu einer legalen Erwerbstätigkeit wurde.[1] Zehn Jahre nach dem Inkrafttreten des Prostitutionsgesetzes initiierte Kerstin Schulz eine Schwarmkunstaktion, die auf Parallelen von Prostitution und Kunstbetrieb hinwies: „Wie sehr muss sich ein Künstler verbiegen, um von seiner Arbeit leben zu können? […] Sind Künstler […] Idealisten […], bereit, der Gesellschaft zu dienen oder geht es nicht in erster Linie um Selbstverwirklichung oder gar nur um das Ausleben persönlicher Zwänge?“[2] Aus dem gemeinsamen Nachdenken über die „Themen Wertschätzung, Transparenz, Intimität, Sexualität, Käuflichkeit, Kunst und Kommerz“ entwickelte sich das Kunstprojekt einer (für alle) offenen Preisetiketten-Installation.[1]
Inzwischen ist durch den Erfolg in 2012 ein überregionales Nachfolgeprojekt ins Leben gerufen worden. "Strich / Code / Move"[3] startete im Juli 2019 in Berlin und soll nachfolgend als Wander-Schwarmkunst-Aktion durch weitere Städte ziehen.
Mitmachen erwünscht
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Seit dem 19. Juni 2012 konnte sich jeder auch spontan und ohne Anmeldung an der künstlerischen Aktion beteiligen. Jeweils drei Mal wöchentlich fanden die bis zum 7. September 2012 angelegten Aktionstage statt, vom Historischen Museum am Leineufer quer durch die Altstadt von Hannover[1] bis zu dem beteiligten Tabledance-Club[4] hands off (in der Reitwallstraße nahe dem Platz Am Steintor). Treffpunkt war jeweils der Ballhofplatz.[1]
Seit dem 27. August 2012 kündete eine Stadtbahn der Linie 17 zwischen Aegidientorplatz und Wallensteinstraße von der Mitmach-Aktion: Bis zu 40 Schwarmkünstler hatten in 18 Stunden Arbeit auf dem ÜSTRA-Betriebshof Glocksee rund 600.000 neonfarbe Etiketten „in einer Art Relief“ auf die Bahn geklebt.[5]
Am 9. September 2012 fand im Innenhof des Historischen Museums Hannover die Eröffnungsfeier statt. Bis dahin wurden 3.750.000 Preisetiketten von über 50 Schwarmkünstlern verklebt.
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Einer der „Schwarmkünstler“: Jürgen Rink, Chefredakteur von c’t Digitale Fotografie
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Beklebte Säulen am Historischen Museum Hannover, wo die „Schwarmkunstaktion“ ihren Anfang nahm.
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Die Stereo-Fotografin Ilse Paul
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Künstlerisch gestaltete Straßenbahn Linie 17
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Rede zur Eröffnung der Ausstellung durch Michael Stoeber
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Die Journalistin und Mitinitiatorin Susanne Lindau
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Die Künstlerin und Initiatorin Kerstin Schulz mit einer Rolle Preisetiketten
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Die Künstlerin Dagmar Schmidt vor dem Historischen Museum Hannover
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Die Künstlerin Ulrike Enders mit Herrman Enders
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Künstlerin on stage
Förderer
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Kunstaktion wurde gefördert und unterstützt durch die Region Hannover, das Historische Museum Hannover, contact Auszeichnungssysteme, die Stiftung Edelhof Ricklingen / V. J. von der Osten, die Landeshauptstadt Hannover, den Landesfrauenrat Niedersachsen e. V., galerie schinkel & sehl, hands off, Phoenix[6] und das Atelier-Dreieck.[1]
Preise und Auszeichnungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- 2013: Kulturpreis pro visio der Stiftung Kulturregion Hannover[7]
- 2014: Nominierung für den BKM-Preis Kulturelle Bildung[8]
Satellitenausstellung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In der Galerie Schinkel & Sehl in der Rauschenplatstraße 2 im Stadtteil Bothfeld wurde vom 23. April bis 28. Juli 2012 eine Satellitenausstellung zum Kunstprojekt Strich-Code mit Arbeiten der vier Künstler dieses Projekts gezeigt.
- Franz Betz (Lichtbildhauer): Skulpturenbaukästen, Computergrafiken und Lichtskulpturen
- Ulrike Enders: Aktuelle Skulpturen und die Frage: Wie weit kann Kunst reduziert werden ohne Verlust der Individualität?
- Dagmar Schmidt (Preisträger Kunst am Bau): Fotoarbeiten aus der Serie Küchenstücke, sowie Die vorbeiziehende Landschaft Spaniens
- Kerstin Schulz: Bleistiftobjekte und neue Arbeiten aus überquellenden Farbtuben
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Susanne Lindau, Petra Lindum, Kerstin Schulz: Strich-Code. Eine Schwarmkunstaktion zum Wa(h)rencharakter von Sexualität und Kunst, kommentierter Ausstellungskatalog mit Fotos von Cordula Paul, Ilse Paul, Jürgen Rink, Helga Schäfer, Dagmar Schmidt, Franz Betz, Ulrike Enders und Kerstin Schulz, Atelier Dreieck (Hg.), Hannover: Selbstverlag, September 2012
- N.N.: Ausstellung / Strich-Code auf der online-Ausgabe der Neuen Presse, [ohne Datum], abgerufen am 17. Juli 2012.
- Kerstin Schulz u. a.: Strich-Code / Eine Schwarmkunstaktion in Hannover zum Wa(h)rencharakter von Sexualität und Kunst, mit Link zum Faltblatt als PDF-Dokument
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Pedro Prüser: Schwarmkunst Kunst Aktion in Hannover Kaiser von Hannover Pedro Prüser stellt vor, auf Youtube.com vom 20. Juni 2012
- Deutsche Presseagentur: Strich-Code: Sex und Kunst tauschen die Rollen auf der Seite von N24, mit Fotos von Teresa Dapp, vom 24. Juli 2012, abgerufen am 21. September 2012.
- Strich-Code / Eine Schwarmkunstaktion zum Wa(h)rencharakter von Sexualität und Kunst auf der Seite vom Atelier-Dreieck
- Franz Betz: strichcode, schwarmkunst in hannover. In: Wordpress-Site von Franz Betz. 1. Juni 2012 .
- Phoenix: Beratungsstelle für Prostituierte
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b c d e f Kerstin Schulz u. a.: Strich-Code / Eine Schwarmkunstaktion in Hannover … (siehe Literatur)
- ↑ N.N.: Ausstellung / Strich-Code (siehe Literatur)
- ↑ Strich / Code / Move: Berlin, Washingtonplatz, 22.-27. Juli 2019
- ↑ Franz Betz: strichcode, schwarmkunst in hannover. In: Wordpress-Site von Franz Betz. 1. Juni 2012, abgerufen am 31. Januar 2022.
- ↑ Kunstaktion „Strich-Code“: 40 Schwarmkünstler bekleben Stadtbahn mit 600.000 Etiketten. Pressemitteilung. In: uestra.de. 27. August 2012, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 2. Oktober 2012; abgerufen am 18. Mai 2019.
- ↑ Phoenix: Beratungsstelle für Prostituierte (siehe Weblinks)
- ↑ Schwarmkunst und Bahnhofstheater. In: stiftung-kulturregion.de. 18. April 2013, abgerufen am 23. März 2018.
- ↑ Kulturstaatsministerin Grütters gibt Nominierungen für BKM-Preis Kulturelle Bildung 2014 bekannt. Pressemitteilung 71. In: bundesregierung.de. Presse- und Informationsamt der Bundesregierung (BPA), 10. März 2014, abgerufen am 27. Juli 2019.