Reichensachsen
Reichensachsen Gemeinde Wehretal
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Koordinaten: | 51° 9′ N, 10° 0′ O |
Höhe: | 181 (176–225) m ü. NHN |
Fläche: | 13,71 km²[1] |
Einwohner: | 3452 (31. Dez. 2013)[2] |
Bevölkerungsdichte: | 252 Einwohner/km² |
Eingemeindung: | 31. Dezember 1971 |
Postleitzahl: | 37287 |
Vorwahl: | 05651 |
Reichensachsen ist ein Ortsteil der Gemeinde Wehretal im nordhessischen Werra-Meißner-Kreis und Sitz der Gemeindeverwaltung.
Geographische Lage
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Ort liegt im Tal der Wehre. Durch den Ort verläuft die Bundesstraße 452. Der Bahnhaltepunkt „Wehretal-Reichensachsen“ liegt an der Bahnstrecke Bebra–Göttingen, einem Abschnitt der alten Nord-Süd-Strecke von Hannover nach Frankfurt am Main und Würzburg. Hausberg ist der 422,8 m hohe und durch mehrere Wanderwege erschlossene Spitzenberg mit dem Wichtelbrunnen und der Wichtelstube.
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ortsgeschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die älteste bekannte schriftliche Erwähnung von Reichensachsen erfolgte unter dem Namen Sassen im Jahr 1253.[1] Weitere Erwähnungen erfolgenden unten den Ortsnamen (in Klammern das Jahr der Erwähnung):[1] Sayssen (1320), zu den Sassen (1348) und Richensaczen (1355).
Die dominierenden Grundherren waren die Herren von Boyneburg, weshalb Reichensachsen in der frühen Neuzeit auch zum teilautonomen Gericht Boyneburg gehörte. Anteilig waren die Landgrafschaft Hessen, die Herren von Eschwege und das Kloster Germerode im Ort begütert. Als „Mengedorf“, in dem die Landgrafen von Hessen-Kassel und die Herren von Boyneburg Besitzungen hatten, unterstanden die vormals „bemmelbergischen“ Untertanen ab 1654 dem neu gegründeten landgräflichen Amt Bischhausen,[1] das Dorf als solches blieb jedoch bis zum Aussterben derer von Boyneburg-Hohenstein 1792 Teil des Gerichts Boyneburg. Ab 1821 gehörte Reichensachsen zum Kreis Eschwege.
Hessische Gebietsreform (1970–1977)
Zum 1. Oktober 1971 wurde im Zuge der Gebietsreform in Hessen die Gemeinde Vierbach auf freiwilliger Basis in die Gemeinde Reichensachsen eingemeindet.[3] Diese neue Gemeinde Reichensachsen fusionierte mit der Gemeinde Hoheneiche am 31. Dezember 1971 zur Großgemeinde Wehretal und wurde dessen Verwaltungssitz.[4] Die ehemalige Gemeinde Vierbach wurde ab dem 28. Januar 1976 als eigener Ortsteil und Ortsbezirk geführt.[1][5] Ein Ortsbezirk nach der Hessischen Gemeindeordnung wurden für Reichensachsen nicht errichtet.
Verwaltungsgeschichte im Überblick
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die folgende Liste zeigt die Staaten und Verwaltungseinheiten, denen Reichensachsen angehört(e):[1][6]
- vor 1567: Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen, Amt Eschwege, Samtgericht Boyneburg
- ab 1567: Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen-Kassel, Amt Eschwege, Samtgericht Boyneburg
- ab 1654: Heiliges Römisches Reich, Landgrafschaft Hessen-Kassel, Amt Bischhausen, Samtgericht Boyneburg
- ab 1806: Landgrafschaft Hessen-Kassel, Amt Bischhausen, Samtgericht Boyneburg
- 1807–1813: Königreich Westphalen, Departement der Werra, Distrikt Eschwege, Kanton Reichensachsen
- ab 1815: Kurfürstentum Hessen, Amt Bischhausen[7]
- ab 1821/22: Kurfürstentum Hessen, Provinz Niederhessen, Kreis Eschwege[8][Anm. 1]
- ab 1848: Kurfürstentum Hessen, Bezirk Eschwege
- ab 1851: Kurfürstentum Hessen, Provinz Niederhessen, Kreis Eschwege
- ab 1867: Königreich Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Eschwege
- ab 1871: Deutsches Reich, Königreich Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Eschwege
- ab 1918: Deutsches Reich, Freistaat Preußen, Provinz Hessen-Nassau, Regierungsbezirk Kassel, Kreis Eschwege
- ab 1944: Deutsches Reich, Freistaat Preußen, Provinz Kurhessen, Landkreis Eschwege
- ab 1945: Deutsches Reich, Amerikanische Besatzungszone, Groß-Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Eschwege
- ab 1946: Deutsches Reich, Amerikanische Besatzungszone, Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Eschwege
- ab 1949: Bundesrepublik Deutschland, Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Eschwege
- ab 1972: Bundesrepublik Deutschland, Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Landkreis Eschwege, Gemeinde Wehretal
- ab 1974: Bundesrepublik Deutschland, Hessen, Regierungsbezirk Kassel, Werra-Meißner-Kreis, Gemeinde Wehretal
Bevölkerung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einwohnerentwicklung
- 1585: 50 Haushaltungen[1]
- 1747: 203 Haushaltungen[1]
Reichensachsen: Einwohnerzahlen von 1834 bis 2013 | ||||
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Jahr | Einwohner | |||
1834 | 1.563 | |||
1840 | 1.675 | |||
1846 | 1.680 | |||
1852 | 1.645 | |||
1858 | 1.696 | |||
1864 | 1.741 | |||
1871 | 1.688 | |||
1875 | 1.662 | |||
1885 | 1.657 | |||
1895 | 1.771 | |||
1905 | 1.799 | |||
1910 | 1.875 | |||
1925 | 1.923 | |||
1939 | 2.061 | |||
1946 | 2.834 | |||
1950 | 2.950 | |||
1956 | 2.729 | |||
1961 | 2.702 | |||
1967 | 2.736 | |||
1970 | 2.749 | |||
1980 | ? | |||
1990 | ? | |||
2000 | ? | |||
2011 | 3.396 | |||
2013 | 3.452 | |||
Datenquelle: Historisches Gemeindeverzeichnis für Hessen: Die Bevölkerung der Gemeinden 1834 bis 1967. Wiesbaden: Hessisches Statistisches Landesamt, 1968. Weitere Quellen: bis 1970[1]; Gemeinde Wehretal[2]; Zensus 2011[9] |
Historische Religionszugehörigkeit
Quelle: Historisches Ortslexikon[1] | |
• 1885: | 1225 evangelische (= 92,03 %), 14 katholische (= 0,84 %), 118 jüdische (= 7,12 %) Einwohner |
• 1961: | 2374 evangelische (= 84,86 %), 165 katholische (= 9,81 %) Einwohner |
Jüdische Gemeinde
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Neben dem allgemeinen Friedhof besteht ein nicht mehr genutzter jüdischer Friedhof, welcher im Denkmalverzeichnis vom Landesamt für Denkmalpflege Hessen als Kulturdenkmal aus geschichtlichen Gründen ausgewiesen ist. 1903 wurde eine Synagoge erbaut. Während der Pogromnacht von 1938 wurde ihre Inneneinrichtung völlig zerstört. Von den 90 Juden und Jüdinnen, die 1933 noch im Ort lebten, wanderte ein Großteil nach der Machtergreifung der Nazis aus oder verzog in andere Städte. 1940 wurden die 33 verbliebenen jüdischen Bewohner des Ortes deportiert und ermordet. Ein Gedenkstein für die Opfer des Holocausts, der in der Langenhainer Straße zu finden ist, erinnert seit 2003 an sie.[10]
Kultur und Sehenswürdigkeiten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Regelmäßige Veranstaltungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Seit mehr als 50 Jahren findet in Reichensachsen das Wichtelfest statt. Der Termin ist normalerweise das dritte Wochenende im Juni. Höhepunkt der fünftägigen Feierlichkeiten ist der sonntägliche große Festzug. Montag morgens bis spät in die Nacht findet der traditionelle Frühschoppen im Zelt statt.
Sport
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In Reichensachsen gibt es einen Sportverein (SV Reichensachsen 1910 e. V.) mit über 1000 Mitgliedern. Dort werden unter anderem Fußball, Handball, Tischtennis, Tennis, Volleyball, Badminton und Gymnastik angeboten. Der Verein feierte im Jahr 2010 sein 100-jähriges Bestehen (gegründet 1910). Er wurde 2008 vom hessischen Innenminister Volker Bouffier und dem Präsidenten des Landessportbundes Hessen Rolf Müller mit dem Heinz-Lindner-Preis ausgezeichnet.
Bauwerke
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Evangelische Kirche Reichensachsen
- Die 1953 erbaute katholische St.-Peter-Kirche wurde 2020 wieder profaniert.[11]
Infrastruktur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Im Ort gibt es ein Dorfgemeinschaftshaus und eine Grundschule.
- Der Eisenbahnhaltepunkt Wehretal-Reichensachsen an der Strecke Bebra–Göttingen wird von der NVV-Linie RB87 bedient.
Linie Verlauf Takt RB87 Göttingen – Friedland (Han) – Eichenberg – Bad Sooden-Allendorf – Eschwege-Niederhone – Eschwege – Eschwege-Niederhone – Wehretal-Reichensachsen – Sontra – Bebra
(fährt im Abschnitt Göttingen – Eichenberg mit RB83 vereinigt)
Stand: Fahrplanwechsel Dezember 202160 min
- Daneben hat Reichensachsen drei Bushaltestellen, die stündlich durch die Linie 200 Hessisch-Lichtenau – Reichensachsen – Eschwege sowie die Linie 240 Ringgau – Reichensachsen – Eschwege angefahren werden. Verbindung besteht jeweils zur vollen Stunde nach Eschwege und zur halben Stunde nach Hessisch-Lichtenau beziehungsweise Richtung Ringgau.
- Südlich bzw. südwestlich des Dorfs entstehen seit 2016 die Wehretalbrücke Reichensachsen, der Tunnel Trimberg und der Tunnel Spitzenberg der Bundesautobahn 44.
Persönlichkeiten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Söhne und Töchter von Reichensachsen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Ludwig von Baumbach zu Kirchheim (1799–1883), Offizier, Politiker, Farmer, Bankier und Konsul
- Karl Herwig (1816–1876), Ortsbürgermeister und Mitglied des kurhessischen Landtags
- Karl von Eschwege (1826–1890), Verwaltungsbeamter, Landrat des Kreises Fritzlar
- Karl Küllmer (1877–1942), Gewerkschaftssekretär, Abgeordneter des Provinziallandtages der Provinz Hessen-Nassau
- Rainer Cadenbach (1944–2008), Musikwissenschaftler und Hochschullehrer
Persönlichkeiten, die vor Ort gewirkt oder gelebt haben
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Ernst Alexander von Eschwege (1948–2000), Filmregisseur, gestorben in Reichensachsen
- Markus Zimmer (1964–2006), Musiker, in Reichensachsen aufgewachsen
- Christoph Hettehausen (1901–1991), Kaufmann, Chronist und Heimatforscher
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Reichensachsen In: Webauftritt der Gemeinde Wehretal.
- Reichensachsen, Werra-Meißner-Kreis. Historisches Ortslexikon für Hessen. In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
- Literatur über Reichensachsen nach Register nach GND In: Hessische Bibliographie
Anmerkungen und Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Anmerkungen
- ↑ Trennung von Justiz (Justizamt Eschwege) und Verwaltung.
Einzelnachweise
- ↑ a b c d e f g h i j Reichensachsen, Werra-Meißner-Kreis. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 25. Januar 2016). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
- ↑ a b Geodatenzentrum: Reichensachsen, abgerufen im Februar 2016.
- ↑ Gemeindegebietsreform in Hessen: Zusammenschlüsse und Eingliederungen von Gemeinden vom 25. Oktober 1971. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1971 Nr. 43, S. 1716, Punkt 1425; Abs. 7. (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 3,6 MB]).
- ↑ Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart/Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 388 (Digitalisat in: Statistische Bibliothek des Bundes und der Länder [PDF]).
- ↑ Hauptsatzung. (PDF; 104 kB) § 6. In: Webauftritt. Gemeinde Wehretal, abgerufen im September 2020.
- ↑ Michael Rademacher: Land Hessen. Online-Material zur Dissertation, Osnabrück 2006. In: eirenicon.com.
- ↑ Kur-Hessischer Staats- und Adress-Kalender: 1818. Verlag d. Waisenhauses, Kassel 1818, S. 7 f. (online bei Google Books).
- ↑ Verordnung vom 30sten August 1821, die neue Gebiets-Eintheilung betreffend, Anlage: Übersicht der neuen Abtheilung des Kurfürstenthums Hessen nach Provinzen, Kreisen und Gerichtsbezirken. Sammlung von Gesetzen etc. für die kurhessischen Staaten. Jahr 1821 – Nr. XV. – August, S. 72 f. (kurhess GS 1821)
- ↑ Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1,0 MB) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt, S. 58 und 115, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 27. Oktober 2020 .
- ↑ Jüdische Gemeinde - Reichensachsen (Hessen). Abgerufen am 3. Juli 2020.
- ↑ Katholisches Gotteshaus St. Peter in Reichensachsen ist entwidmet. Werra-Rundschau, 10. März 2020, abgerufen am 27. November 2022.