Nicolas Brieger

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Nicolas Brieger (* 23. März 1943[1][2] in Berlin) ist ein deutscher Schauspieler und Regisseur (Schauspiel und Oper).

Ausbildung und Schauspiellaufbahn

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nicolas Brieger wuchs in seiner Geburtsstadt Berlin auf. Nach dem Abitur studierte er zunächst Theater- und Literaturwissenschaften an der Freien Universität Berlin. 1962 begann er eine Ausbildung im Schauspielstudio von Marlise Ludwig, wo auch Klaus Kinski, Cornelia Froboess und Gottfried John zu den Studenten zählten. Sein Debüt gab Brieger 1963 am Schillertheater neben Sabine Sinjen in Frank Wedekinds Frühlings Erwachen. Auf Engagements am Renaissance-Theater neben Grete Mosheim und Peter Mosbacher und an der Schaubühne am Halleschen Ufer folgte ein Festvertrag in Nürnberg (1968–1972). In der Folgezeit arbeitete er als Schauspieler für Theater und Film in ganz Deutschland.

Briegers erste Fernseh-Hauptrolle hatte er neben Sonja Ziemann und Heinz Bennent in dem Film Alle hatten sich abgewandt (1969), der in Israel gedreht wurde. In den 1970er und 1980er Jahren wirkte Nicolas Brieger in zahlreichen Fernsehfilmen und -serien mit, u. a. in Produktionen von Edgar Reitz, Vivian Naefe, Eberhard Itzenplitz, Karin Brandauer, Wim Wenders, Hartmut Griesmayr, Carlo Rola, Kaspar Heidelbach und in mehreren Tatorten. In Welcome to Vienna, dem dritten Teil von Axel Cortis Film-Trilogie Wohin und zurück spielte er eine Hauptrolle neben Gabriel Barylli.

2009 war er in Genf im Bâtiment des Forces Motrices (BFM) auch als Schauspieler zu sehen: als Kommandant in Conversations à Rechlin von François Dupeyron, unter dessen Regie auch der gleichnamige Film entstand. Ab September 2014 nahm Nicolas Brieger seine Karriere als Schauspieler mit Ibsens Baumeister Solness (Regie: Ingo Kerkhoff) in Wiesbaden wieder auf.

Im Juni 2021 spielte er am Staatstheater Wiesbaden die Titelrolle in König Lear (Regie: Uwe-Eric Laufenberg).[3]

Karriere als Regisseur

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach einer Assistenz bei Giorgio Strehler in Salzburg entstanden erste eigene Regieversuche. In den 1970er und 1980er Jahren war er als Schauspieler und zunehmend als Regisseur in Köln, Basel und Bremen tätig, wo das Schauspiel mit seinen Regiearbeiten zum Theater des Jahres gewählt wurde. Am Berliner Schillertheater brachte er unter Intendant Boy Gobert Lulu, Carlo Goldonis Trilogie der Ferienzeit, mit Schauspielern wie Barbara Petritsch, Christiane Leuchtmann und Friedhelm Ptok, Edward Bonds Gerettet mit Schauspielern wie Martin Held, Gisela Uhlen und Angelica Domröse heraus. Mehrfach wurden Briegers Inszenierungen für das Berliner Theatertreffen nominiert, an der Hochschule der Künste Berlin erhielt er eine Professur für die Fachrichtung Schauspiel.

1988 übernahm Brieger die Schauspieldirektion am Nationaltheater Mannheim, die er bis 1992 innehatte und mit Inszenierungen wie Heinrich von Kleists Das Käthchen von Heilbronn oder der Trilogie der Ferienzeit von Carlo Goldoni zu einer vielbeachteten Bühne machte. Am Nationaltheater Mannheim hatte Brieger 1986 auch sein Debüt als Opernregisseur mit Der Zwerg von Alexander von Zemlinsky, 1988 folgte Mozarts Die Hochzeit des Figaro in einer eigenen deutschen Librettofassung. Neben weiteren Schauspielinszenierungen, die u. a. in München, Hamburg, Frankfurt, Bochum, Basel und Wien entstanden, wurde er mehr und mehr von großen internationalen Opernhäusern als Musiktheaterregisseur engagiert.

In den 1990er Jahren entstanden Aufführungen in Paris, Brüssel und Wien, für die Staatsoper Unter den Linden in Berlin (u. a. Busonis Die Brautwahl und die Uraufführung von Elliott Carters What next? zusammen mit Von heute auf morgen von Arnold Schönberg sowie Richard StraussDer Rosenkavalier), für Frankfurt und Leipzig. Intendant Klaus Zehelein holte Brieger dreimal an die Stuttgarter Oper, in Amerika inszenierte er Saint François d’Assise von Olivier Messiaen als Eröffnung der Intendanz von Pamela Rosenberg in San Francisco. Für das Theater an der Wien entstand mit dem Dirigenten Bertrand de Billy Mozarts Idomeneo, der nachfolgend auch in Barcelona und in der Antrittspielzeit von Intendantin Simone Young in Hamburg neu einstudiert wurde. Intendant David Pountney übertrug ihm für seine ersten Bregenzer Festspiele die Wiederentdeckung zweier Kurt-Weill-Opern. Eine feste Zusammenarbeit verbindet Brieger mit dem Grand Théâtre de Genève und dem Dirigenten Armin Jordan. Außerdem entstanden 1999 und 2003 wieder Schauspielinszenierungen am Wiener Burgtheater.

2006/07 eröffnete Nicolas Brieger die neue Intendanz der Staatsoper Hannover mit Verdis Otello, inszenierte in Mannheim Mozarts Don Giovanni als Koproduktion mit Genf sowie die Barockoper Il Giustino von Giovanni Legrenzi, eine musikalische Ausgrabung von Thomas Hengelbrock, für die Schwetzinger Festspiele. Die Inszenierung wurde von der Zeitschrift Opernwelt zur Wiederentdeckung des Jahres gewählt. Es folgten 2007/2008 Inszenierungen an der Hamburgischen Staatsoper und der Münchner Staatsoper (Doktor Faust zur Eröffnung der Münchner Opernfestspiele). Im November 2008 folgte in Zürich Bohuslav Martinůs Griechische Passion, 2009 am Wiener Burgtheater Thomas Bernhards Der Schein trügt und Salome in Genf. In der Spielzeit 2009/10 inszenierte Brieger in Mannheim Johann Christian Bachs Amadis des Gaules; 2010/11 folgte Mozarts Così fan tutte für die Deutsche Oper am Rhein und Krieg und Frieden von Sergei Prokofjew in Köln. Für die Opéra du Rhin in Straßburg erarbeitete er im Januar 2014 mit dem Fliegenden Holländer seine erste Oper von Richard Wagner. Beim Mannheimer Mozartsommer im Rokokotheater Schwetzingen kam im Juli 2014 Mitridate, re di Ponto mit drei Countertenören heraus (Musikalische Leitung: George Petrou). 2015 folgte eine Operninszenierung am Theater Basel (Médée/Charpentier mit Magdalena Kožená). Zur Spielzeiteröffnung 2015 inszenierte er im Großen Haus des Staatstheaters Wiesbaden Shakespeares Hamlet. 2016 inszenierte er La traviata am Hessischen Staatstheater Wiesbaden. Gleichfalls am Staatstheater Wiesbaden inszenierte Brieger 2018 Nathan der Weise und Don Giovanni. 2019 folgte dort die Inszenierung der Oper Der Rosenkavalier.[4]

Anfang Juni 2021 inszenierte in einer Produktion der Bayerischen Staatsoper im Münchner Cuvilliéstheater die Uraufführung von Miroslav Srnkas Oper Singularity.[5] Anfang Oktober 2021 hatte seine Inszenierung von Schillers Wallenstein im Großen Haus des Staatstheaters Wiesbaden Premiere.[6] Zur Eröffnung der Internationalen Maifestspiele 2023 in Wiesbaden inszenierte Brieger die beiden Alterswerke von Leoš Janáček, Die Sache Makropulos und Aus einem Totenhaus, die erstmalig gemeinsam an einem Opernabend gezeigt wurden.[7]

Für seine künstlerische Arbeit prägend war die Zusammenarbeit mit den Bühnenbildnern Hans Dieter Schaal und Raimund Bauer, den Dirigenten Daniel Barenboim und Armin Jordan sowie den Intendanten Pamela Rosenberg, Klaus Bachler und Klaus Zehelein.

Brieger lebt in Wien und arbeitet vor allem in Deutschland, Österreich und in der Schweiz.

Rollen als Theaterschauspieler

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  • Onkel Wanja von Anton Tschechow (Astrow) in Frankfurt
  • Amphitryon von Heinrich von Kleist (Jupiter) in München
  • Die Wildente von Henrik Ibsen (Gregers Wehrle) in Zürich
  • Baumeister Solness von Henrik Ibsen (Halvard Solness) in Wiesbaden
  • König Lear von William Shakespeare in Wiesbaden
  • John Gabriel Borkman von Henrik Ibsen (1999), Transdanubia dreaming von Bernhard Studlar (UA) (2003), Die Probe von Lukas Bärfuss (ÖEA) (2007), Der Schein trügt von Thomas Bernhard – Burgtheater Wien
  • Sappho von Franz Grillparzer – Wiener Festwochen
  • Lulu von Frank Wedekind (1981), Sommer von Edward Bond, Trilogie der Ferienzeit von Carlo Goldoni – Schillertheater Berlin
  • Das Käthchen von Heilbronn von Heinrich von Kleist (1988), Leonce und Lena von Georg Büchner (1989), Weites Land von Arthur Schnitzler (1992 Gastspiel als russische Erstaufführung in St. Petersburg), Todestanz von August Strindberg – Mannheim
  • Amphitryon von Heinrich von Kleist (1982) – Kammerspiele München
  • Musik von Frank Wedekind, Der zerbrochne Krug von Heinrich von Kleist – Basel
  • Quai West von Bernard Marie Koltès (1988) – Bochum
  • Maria Stuart von Friedrich Schiller, Drei Schwestern von Anton Tschechow, Groß und Klein von Botho Strauß – Bremen
  • Medea von Euripides – Düsseldorf
  • Pioniere in Ingolstadt von Marieluise Fleißer, Onkel Wanja von Anton Tschechow – Frankfurt
  • Buschmann und Lena von Athol Fugard, Ein Fest für Boris von Thomas Bernhard – Köln
  • Hamlet von William Shakespeare – Wiesbaden
  • Nathan der Weise von Gotthold Ephraim Lessing – Wiesbaden
  • Wallenstein von Friedrich Schiller – Wiesbaden

Festival-Einladungen

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  • Berliner Theatertreffen: Maria Stuart, Der zerbrochene Krug
  • Wiener Festwochen: Sappho, Il Barbiere di Siviglia
  • Maifestspiele Wiesbaden: Die Sache Makropulos und Aus einem Totenhaus

Neufassungen von Opernlibretti

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  • Die Hochzeit des Figaro – Arcor-Bärenreiter
  • Titus der Milde – Volksoper Wien
  • Die Liebe zu den drei Orangen – Stuttgart
  • Katja Kabanowa – Leipzig
  • Krieg und Frieden – Köln
  • Ein Haus für uns – ARD-Fernsehspiel
  • 1973: Die Reise nach Wien
  • 1985: Welcome to Vienna
  • 1987: Dies Bildnis ist zum Morden schön
  • 1988: Einstweilen wird es Mittag
  • 1990: Das zweite Leben
  • 1991: Meine Tochter gehört mir
  • 1992: Der Affe Gottes
  • Eberhard Itzenplitz: Aus dem Tagebuch eines Emigranten, Der Tod der Schneevögel (1974), Der Tod der weißen Götter, mit Gottfried John (1982), Unternehmer, mit Jürgen Prochnow (1970), Einer von uns (1982)
  • Wim Wenders: Familie der Panzerechsen (1974), Die Insel (1977)
  • Hartmut Griesmayr: Der Pendler, Um Haus und Hof, Der Fehler des Piloten
  • Beate Klöckner: Rudolfo (1990)
  • Michael Lang: Softwar (1992)
  • Urs Egger: Chaos am Gotthard (1987)
  • Tom Toelle: Grüß Gott, ich komm von drüben, mit Hans-Christian Blech (1978)
  • Marianne Lüdcke: Die Wollands (1973), Lohn und Liebe (1974)
  • Bernhard Zimmel: Septem (2007)
  • Francois Dupeyron: Conversations à Rechlin (2009)
  • Rebecca Hirneise: Alltag (Kurzfilm, 2018)
  • Harrt einen Augenblick noch, ich beschwör Euch. Schauspiel Mannheim 1988–1992. Mit Texten von Nicolas Brieger und Alfred Huber. Fotos: Hans Jörg Michel. Südwestdeutsche Verlagsanstalt.
  • Hans Dieter Schaal: Stage Architecture – Bühnenarchitektur. Edition Axel Menges, 2002. ISBN 3-930698-86-2.

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Nicolas Brieger. Biografie WHO'S WHO. Abgerufen am 3. Februar 2023.
  2. Stadtarchiv Nürnberg: Archivalie A 81/I Nr. 235: Bezeichnung: „Portrait von Nicolas Brieger, geb. 23.03.1943. In Nürnberg aktiv als Schauspieler beim Schauspiel 1967 - 1972“. Bestandssignatur: A 81/I - Theaterbilder / Porträts | A 81 - Theaterbilder; Bildsammlung zu Aufführungen der Städtischen Bühnen bzw. des Opernhauses.
  3. Sylvia Staude: STAATSTHEATER WIESBADEN: „König Lear“: Der quengelige alte Mann. Aufführungskritik. In: Frankfurter Rundschau vom 20. Juni 2021. Abgerufen am 27. Juni 2021.
  4. Ingrid Freiberg: Der Rosenkavalier – Richard Strauss. Aufführungskritik. Abgerufen am 9. Mai 2023.
  5. Helmut Mauró: Miroslav Srnka am Münchner Cuvilliés-Theater: Die Module spielen verrückt. Aufführungskritik. In: Süddeutsche Zeitung vom 6. Juni 2021. Abgerufen am 27. Juni 2021.
  6. Judith von Sternburg: „Wallenstein“ am Staatstheater Wiesbaden: Vorwärts oder lieber doch nicht. Aufführungskritik. In: Frankfurter Rundschau vom 3. Oktober 2021. Abgerufen am 8. Oktober 2021.
  7. Fokus Janáček. Abgerufen am 9. Mai 2023.