Kloster Himmelpforten (Harz)
Das Kloster Himmelpforten, umgangssprachlich heute meist Himmelpforte, ist ein nicht mehr existierendes Augustiner-Eremitenkloster bei Hasserode, einem Ortsteil von Wernigerode.
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Kloster wurde 1253 durch die Herren von Hartesrode in einem geschützten Waldtal nordöstlich ihrer Wasserburg Hasserode gegründet. Sie wählten diese Stätte, da hier bereits zuvor Wilhelmitenbrüder ansässig waren. Die Augustiner betrieben unter anderem Fischzucht und sogar Weinbau. Himmelpforten wurde 1516 von Martin Luther besucht, wo er sich mit seinem Ordensbruder und Freund, dem Generalvikar Johann von Staupitz traf. Dass dabei über den Ablasshandel gesprochen wurde, ist nicht belegt. An die Zusammenkunft erinnert der 1917 errichtete Luthergedenkstein.
Im Bauernkrieg begehrten Bauern gegen die Abgaben und den Zehnten auf; nach offensichtlich fruchtlosen Verhandlungen, die zunächst Cord Hoidop mit den Mönchen führte, stürmten am 30. April oder am 1. Mai 1525 aufgebrachte Bauern unter Führung des Wernigeröder Wundarztes Wiardes, Jakob Schüttes und des Nöschenröder Schankwirts Danzke das Kloster und plünderten es. Die Mönche flohen, der Überlieferung nach zur nun Mönchenlagerstätte genannten Stelle unweit der Steinernen Renne im Harz. Entgegen der Sage wurden die Wirtschafts- und Kirchengebäude nicht zerstört, sondern nur „gepucht und spoliret“, wie die später gefangengesetzten Bauernführer zu Protokoll gaben. Nachdem sie Urfehde geschworen hatten, wurde die Todesstrafe in Landesverweisung umgewandelt.
Die vertriebenen Mönche zogen unter ihrem neuen Prior Peter Gröning erneut ins Kloster, die Gebäude einschließlich der Kirche wurden noch einige Jahrzehnte genutzt, verfielen aber stetig und wurden bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts fast vollständig abgetragen und als Baumaterial benutzt. Erhalten haben sich bis heute mehrere Forellenteiche des Klosters, darunter der Ütschenteich, und Reste einer Grundmauer.
Heute ist das Tal, in dem sich das Kloster Himmelpforten befand, als Start- und Zielort des alljährlich im Oktober stattfindenden Harz-Gebirgslaufs bekannt. Jedes Jahr zu Christi Himmelfahrt versammeln sich Christen am ehemaligen Kloster zu einem ökumenischen Gottesdienst.
Die Reste des Klosters liegen heute am Harzer Klosterwanderweg.
Luthergedenkstein
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Beim sogenannten Luthergedenkstein (auch als „Lutherstein“ bezeichnet), der sich heute auf dem ehemaligen Klostergelände findet, handelt es sich um ein 1917 durch Christian-Ernst zu Stolberg-Wernigerode errichteten Gedenkstein, der anlässlich des 400. Jahrestages an den Besuch Martin Luthers im Kloster Himmelpforten erinnern soll. Auf der Vorderseite des Gedenksteins findet sich eine Profilbild des Reformators (mit der Künstlersignatur „fec. E. Schneevoigt. 1917“) sowie eine Tafel mit folgender Inschrift:
„Hier, wo das Augustinerkloster Himmelpforte stand, hat D. Martin Luther am 6. August 1517 mit J. Staupitz den Ablasshandel besprochen, bevor er am 31. Oktober desselben Jahres die 95 Thesen an die Tür der Schlosskirche zu Wittenberg anschlug. Errichtet am 31. Oktober 1917. Ein feste Burg ist unser Gott.“
Eine weitere Tafel auf der rechten Seite des Gedenksteins weist auf den Stifter hin:
„Errichtet von Christian Ernst Fürst zu Stolberg-Wernigerode. 30. Oktober 1917.“
Neuzeitliche Untersuchungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Nachdem das frühere Klostergelände Ende 2022 und Anfang 2023 geophysikalisch untersucht wurde, wobei sich Mauer- und Fundamentreste im Boden zeigten[1], fand im Juli 2023 eine erste Grabung des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt unter Leitung des Mittelalterarchäologen Felix Biermann statt. Im Rahmen dieser Grabung konnte sowohl der Standort des Klosters verifiziert, als auch eine Reihe von Objekten geborgen werden, darunter vier Goldmünzen aus dem 15. Jahrhundert, Waffenteile und Tuchplomben.[2][3][4][5] Freigelegt wurden weiterhin drei Bestattungen aus dem 13. oder 14. Jahrhundert, die zum Friedhof des Klosters im Süden der Anlage gehörten.[6] Für 2024 wurden weitere, großflächigere Grabungen geplant.[7] Im Rahmen dieser Grabungen konnten unter anderem zwei verzierte Grabplatten des 15. und frühen 16. Jahrhunderts, gut erhaltene Fußböden aus Steinplatten sowie sechseckigen Ziegelfliesen, eine mögliche Warmluftheizung sowie zahlreiche Kleinfunde (Glas- und Keramikscherben, Pilgerzeichen, Münzen und Metallgeschirr) freigelegt werden.[8]
Persönlichkeiten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im Kloster wirkte als Prior Andreas Proles bis zu seinem Tod 1503.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Ferdinand Friederich: Der Gang nach der Himmelpforte: Eine Erzählung für Kinder und Kinderfreunde. Wernigerode 1851 (Digitalisat aus dem Archiv der ULB Halle | Digitalisat auf gutenberg.org).
- Eduard Jacobs: Urkundenbuch der Deutschordens-Commende Langeln und der Klöster Himmelpforten und Waterler in der Grafschaft Wernigerode. Halle 1882 (Digitalisat aus dem Archiv der SULB Dresden).
- Eberhard Schröder: Das Kloster Himmelpforte und die Gemeinde Darlingerode. Die Beziehung zwischen beiden unter besonderer Betrachtung der Glocke von 1475 in der Laurentiuskirche Darlingerode. Darlingerode 2022.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Verschwundenes Kloster: In Wernigerodes Wald sind Archäologen einer Sensation auf der Spur In: Harzer Volksstimme, 3. Dezember 2022, abgerufen am 18. Juli 2023.
- ↑ Auf der Suche nach dem Kloster Himmelpforte in Wernigerode MDR Sachsen-Anhalt, 18. Juli 2023, abgerufen am 18. Juli 2023.
- ↑ Archäologische Funde in Wernigerode Pressemitteilung des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt, 17. Juli 2023, abgerufen am 18. Juli 2023.
- ↑ Archaeologists explore medieval monastery in Germany Blogpost auf Medievalists.net, abgerufen am 14. August 2023.
- ↑ Coins Reminder of Unsuccessful Revolt Numismatic News, 3. Oktober 2023, abgerufen am 6. Oktober 2023.
- ↑ Uralter Friedhof im Harz? Was die Skelette an der Klosterruine Himmelpforte verraten In: Harzer Volksstimme, 23. Juli 2023, abgerufen am 14. August 2023.
- ↑ Sensationsfund im Harz: Archäologen entdecken Goldschatz in Klosterruine In: Harzer Volksstimme, 13. Juli 2023, abgerufen am 18. Juli 2023.
- ↑ Neue Erkenntnisse an einem authentischen Ort des Bauernkriegs Pressemitteilung des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt, 2. Oktober 2024, abgerufen am 4. Oktober 2024.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Koordinaten: 51° 49′ 47″ N, 10° 44′ 30″ O
- Klosterbau im Landkreis Harz
- Klosterbau im Harz
- Klosterbau in Europa
- Ruine in Sachsen-Anhalt
- Ehemaliges Augustinerkloster in Sachsen-Anhalt
- Ehemaliges Wilhelmitenkloster in Deutschland
- Organisation (Harz)
- Kloster (13. Jahrhundert)
- Sakralbau in Wernigerode
- Gegründet 1253
- Zerstört im 19. Jahrhundert
- Porta-coeli-Kloster
- Klosterruine
- Christentum im Landkreis Harz
- Christentum in Wernigerode
- Organisation (Wernigerode)
- Geschichte (Wernigerode)