Jeanne Dielman
Film | |
Titel | Jeanne Dielman |
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Originaltitel | Jeanne Dielman, 23, quai du Commerce, 1080 Bruxelles |
Produktionsland | Belgien, Frankreich |
Originalsprache | Französisch |
Erscheinungsjahr | 1975 |
Länge | 201 Minuten |
Altersfreigabe |
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Stab | |
Regie | Chantal Akerman |
Drehbuch | Chantal Akerman |
Produktion | Guy Cavagnac, Diana Elbaum, Evelyne Paul |
Kamera | Babette Mangolte |
Schnitt | Patricia Canino |
Besetzung | |
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Jeanne Dielman (Originaltitel: Jeanne Dielman, 23, quai du Commerce, 1080 Bruxelles) ist ein belgisch-französischer Spielfilm der Regisseurin und Drehbuchautorin Chantal Akerman aus dem Jahr 1975. Die Hauptrolle übernahm Delphine Seyrig. Das fast dreieinhalbstündige Drama stellt drei Tage im Leben einer verwitweten Frau und Mutter in den Mittelpunkt, die auch als Gelegenheitsprostituierte arbeitet. Am letzten Tag wird ihr emotionslos und formalisiert ablaufender Alltag durch einen Mord überschattet.
Handlung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die verwitwete Jeanne Dielman ist etwa 40 Jahre alt, lebt mit ihrem Sohn Sylvain und verdient ihren Lebensunterhalt mit Prostitution. Ihr Leben ist geordnet und ereignislos, Veränderungen oder Unannehmlichkeiten wie verkochte Kartoffeln oder ein nicht funktionierender Briefmarkenautomat beunruhigen sie zutiefst. Selbst Unterhaltung wie das Musikhören findet nur zu festen Zeiten statt, und selbst dann wirkt die Musik wie ein Eindringling, der sie von ihren Pflichten abhält. Die Handlung verläuft über drei Tage und zeigt den Alltag mit Kaffeekochen, Abwasch und Abendessen mit dem Sohn.
Das Leben Jeanne Dielmans gerät am dritten Tag aus den Fugen. Mit dem dritten Sexkunden erlebt sie, während dieser Mann auf ihr liegt, eine heftige Reaktion, deren genaue Natur unklar bleibt. Sie tötet den Freier mit einer Schere, die sie nicht aus dem Schlafzimmer geräumt hatte.
Die letzte lange Einstellung zeigt Jeanne Dielman am Esstisch sitzend mit Blutspuren an einer Hand und der Oberbekleidung.
Kameraführung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Kamera ist stets auf einem unbewegten Stativ montiert, etwa in Augenhöhe einer sitzenden Person. Es werden weder Zooms noch Schwenks eingesetzt; tritt Jeanne Dielman aus dem Bild hinaus, folgt ihr die Kamera nicht. Die Blickrichtung der Kamera ist in den meisten Fällen streng im 90-Grad-Winkel waagerecht auf eine Wand gerichtet. In allen anderen Fällen — Flure, Bürgersteige, Bahnsteig — steht die Kamera mittig auf dem Laufweg und blickt parallel entlang der seitlichen Wände. Dies alles unterstreicht die pedantische Strenge des täglichen Ablaufs der Ereignisse sowie die dokumentarische Wirkung der Bilder.
Rezeption
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Lexikon des internationalen Films lobte Akermans Film als „mit eindrucksvoller Konsequenz und Strenge“ entwickeltes Porträt „einer Frau, deren Dasein leer und entindividualisiert“ sei. Die Hauptrolle sei hervorragend von Delphine Seyrig interpretiert und präge das Werk, das „sich weniger aus Handlung und Dialogen als aus dem Zwang seiner Bilder und den sich daraus ergebenden emotionalen Sogwirkungen“ erkläre.[1]
Filmemacher wie Sofia Coppola, Gus van Sant oder Kelly Reichardt benennen Jeanne Dielman als Werk, das ihr eigenes Schaffen maßgeblich geprägt hat.[2]
Eine BBC-Umfrage unter 368 Filmexperten aus 84 Ländern wählte Jeanne Dielman 2018 auf Platz 3 der besten Filme aller Zeiten, bei denen eine Frau Regie geführt hat (hinter Das Piano und Mittwoch zwischen 5 und 7 auf den vordersten Plätzen).[3]
Anfang Dezember 2022 gewann Jeanne Dielman die alle zehn Jahre stattfindende Umfrage bei Filmkritikern der britischen Filmzeitschrift Sight & Sound zu den besten 100 Filmen aller Zeiten. Gleichzeitig war es das erste Mal, dass das Werk einer Regisseurin den vordersten Platz belegte.[4] In einer gleichzeitig unter 480 Regisseuren durchgeführten Wahl erreichte der Film einen geteilten vierten Platz.[5] Die Wahl kam überraschend, da Jeanne Dielman noch im Jahr 2012 nur auf Platz 35 in der Kritikerliste stand. Laut Laura Mulvey, die für Sight & Sound den Begleittext schrieb, kann die große Anerkennung für Jeanne Dielman auf dem ersten Platz einerseits als Ausdruck für den stärker gewordenen Diskurs über Frauen- und Geschlechterrollen im Kino und als Triumph für das „Women’s cinema“ gewertet werden, andererseits als größere Wertschätzung von „Slow Cinema“-Filmen mit längerer Dauer und langsamem Erzähltempo.[6]
Auszeichnungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]1975 gewann Jeanne Dielman auf dem Filmfestival von Fårö einen Preis als bester Film sowie einen Publikumspreis für Hauptdarstellerin Seyrig.[7]
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Margulies, Ivone: Nothing happens: Chantal Akerman's hyperrealist everyday. Durham, NC: Duke University Press, 1996. – ISBN 978-0-8223-9925-4.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Jeanne Dielman bei IMDb
- Informationen (englisch) und zahlreiche Standfotos auf der Website der Fondation Chantal Akerman. (Abgerufen am 15. Dezember 2020.)
- Jeanne Dielman Ausschnitte mit niederländischen Untertiteln auf YouTube
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Jeanne Dielman. In: Lexikon des internationalen Films. Filmdienst, abgerufen am 6. Oktober 2015.
- ↑ Maria Wiesner: Der Horror des Holocausts lauert unter der Routine des Alltags. In: faz.net, 9. November 2022 (abgerufen am 2. Dezember 2022).
- ↑ The 100 greatest films directed by women. Abgerufen am 6. September 2021 (englisch).
- ↑ The Greatest Films of All Time. In: bfi.org.uk (abgerufen am 2. Dezember 2022).
- ↑ Directors’ 100 Greatest Films of All Time. In: bfi.org.uk (abgerufen am 2. Dezember 2022).
- ↑ The greatest film of all time: Jeanne Dielman, 23 quai du Commerce, 1080 Bruxelles. Abgerufen am 2. Dezember 2022 (englisch).
- ↑ Jeanne Dielman, 23, quai du commerce, 1080 Bruxelles (1975) – Awards. In: imdb.com (abgerufen am 2. Dezember 2022).