Fröhlich soll mein Herze springen

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Frölich sol mein hertze springen, Erstdruck 1653

Fröhlich soll mein Herze springen ist ein lutherisches Kirchenlied zum Weihnachtsfest, das Paul Gerhardt wohl gegen Ende seiner ersten Berliner Zeit (1642/43–1651) oder in Mittenwalde (ab 1651) dichtete.[1] Johann Crüger veröffentlichte es erstmals 1653 mit einer von ihm komponierten Melodie in der 5. Auflage seines Gesangbuchs Praxis Pietatis Melica.[2][3]

Paul Gerhardt deutet das Weihnachtsgeschehen der Menschwerdung Gottes in der Tradition der lutherischen Orthodoxie als wunderbaren Tausch: Der Sohn Gottes nimmt Sünde, Elend und Tod des Menschen auf sich und gibt ihm dafür Leben, Frieden, „Ehr und Schmuck“.

Der Aufbau folgt dem damals üblichen Predigtschema: Nach der Einleitung, die mit Anklängen aus der Engelsbotschaft in der Weihnachtsgeschichte des Lukas (Lk 2,10–12 LUT) in der 1. Strophe auf das Thema, die Geburt Christi, hinführt, wird in den Strophen 2 bis 4 die theologische Bedeutung der Menschwerdung Gottes, die Rechtfertigung des Sünders durch das stellvertretende Leiden Christi, im direkten Bezug auf die gläubige, singende Gemeinde dargestellt. Diese wird in der 5. Strophe von Christus selbst eingeladen, das Gnadengeschenk anzunehmen. In den folgenden Strophen fordert der Dichter dazu auf, sich auf das Weihnachtsgeschehen einzulassen. Diesen Abschnitt leitet er mit den Worten der Hirten Lk 2,15 LUT ein. Der Sänger soll somit das Weihnachtsgeschehen nachvollziehen und verinnerlichen. Das Lied endet mit einem Gebet, in dem sich der Sänger Christus zuwendet.[1]

Gerhardt schrieb 15 achtzeilige Strophen[4] mit einem ungewöhnlichen und kunstvollen Versmaß.[3]

Im Evangelischen Gesangbuch (Nr. 36) stehen die folgenden zwölf Strophen:

1. Fröhlich soll mein Herze springen
dieser Zeit,
da vor Freud
alle Engel singen.
Hört, hört, wie mit vollen Chören
alle Luft
laute ruft:
Christus ist geboren!

2. Heute geht aus seiner Kammer
Gottes Held,[5]
der die Welt
reißt aus allem Jammer.
Gott wird Mensch, dir, Mensch, zugute,
Gottes Kind,
das verbindt
sich mit unserm Blute.

3. Sollt uns Gott nun können hassen,
der uns gibt,
was er liebt
über alle Maßen?
Gott gibt, unserm Leid zu wehren,
seinen Sohn
aus dem Thron
seiner Macht und Ehren.

4. Er nimmt auf sich, was auf Erden
wir getan,
gibt sich dran,
unser Lamm zu werden,
unser Lamm, das für uns stirbet
und bei Gott
für den Tod
Gnad und Fried erwirbet.

5. Nun er liegt in seiner Krippen,
ruft zu sich
mich und dich,
spricht mit süßen Lippen:
„Lasset fahrn, o liebe Brüder,
was euch quält,
was euch fehlt;
ich bring alles wieder.“

6. Ei so kommt und laßt uns laufen,
stellt euch ein,
groß und klein,
eilt mit großen Haufen!
Liebt den, der vor Liebe brennet;
schaut den Stern,
der euch gern
Licht und Labsal gönnet.

7. Die ihr schwebt in großem Leide,
sehet, hier
ist die Tür
zu der wahren Freude;
faßt ihn wohl, er wird euch führen
an den Ort,
da hinfort
euch kein Kreuz wird rühren.

8. Wer sich fühlt beschwert im Herzen,
wer empfind’t
seine Sünd
und Gewissensschmerzen,
sei getrost: hier wird gefunden,
der in Eil
machet heil
die vergift’ten Wunden.

9. Die ihr arm seid und elende,
kommt herbei,
füllet frei
eures Glaubens Hände.
Hier sind alle guten Gaben
und das Gold,
da ihr sollt
euer Herz mit laben.

10. Süßes Heil, laß dich umfangen,
laß mich dir,
meine Zier,
unverrückt anhangen.
Du bist meines Lebens Leben;
nun kann ich
mich durch dich
wohl zufrieden geben.

11. Ich bin rein um deinetwillen:
Du gibst g’nug
Ehr und Schmuck,
mich darein zu hüllen.
Ich will dich ins Herze schließen,
o mein Ruhm!
Edle Blum,
laß dich recht genießen.

12. Ich will dich mit Fleiß bewahren;
ich will dir
leben hier,
dir will ich hinfahren;
mit dir will ich endlich schweben
voller Freud
ohne Zeit
dort im andern Leben.

Johann Crüger schrieb die Melodie EG 36 für sein Gesangbuch Praxis Pietatis Melica.[2][3] Sie nimmt das Thema des Springens in melodischen Sprüngen und Modulationen auf und unterstreicht in der letzten Zeile „Christus ist geboren“ durch eine absteigende Linie.[1] Crüger komponierte auch einen vierstimmigen Satz, den er 1657 in Geistliche Lieder und Psalmen veröffentlichte.[4][6]

Crügers Melodie, mit Beschreibung der Modulationen

In Freylinghausens Geistreichem Gesangbuch (Halle 1704) findet sich für Fröhlich soll meine Herze springen eine andere Melodie.[7] Ihr Komponist ist unbekannt. Sie ist dem Text im Schweizer Reformierten Gesangbuch zugeordnet (Nr. 400).

Paul Gerhardts Text wurde alternativ auch auf eine Melodie gesungen, die Johann Georg Ebeling zu Gerhardts Warum sollt ich mich denn grämen (EG 370, RG 678) komponierte und 1666 in Pauli Gerhardi Geistliche Andachten veröffentlichte.[8] Dieselbe Melodie ist dem Text auch noch 1736 in Schemellis Gesangbuch zugeordnet.[9] Johann Sebastian Bach benutzte die letzte Strophe von Gerhardts Text, „Ich will dich mit Fleiß bewahren“, in Teil III seines Weihnachtsoratoriums. Sie vertieft dort die vorangegangene Arie „Schließe, mein Herze, dies selige Wunder fest in deinen Glauben ein“. Auch Bach verwendet hier nicht die Melodie von Crüger, sondern die von Ebeling.[10]

Im Deutschen Evangelischen Kirchen-Gesangbuch von 1854 fehlt das Lied.[11] Seit dem Deutschen Evangelischen Gesangbuch von 1915[12] gehört es mit Crügers Melodie zum festen Repertoire des evangelischen Kirchengesangs.

Die Arbeitsgemeinschaft für ökumenisches Liedgut (AÖL) stufte das Lied als „ökumenisch“ ein, ohne sich auf eine vollständig gemeinsame Fassung zu einigen. Im Mennonitischen Gesangbuch von 2004 fand eine elfstrophige Version unter Nr. 255 Eingang. Eine Aufnahme in das katholische Gesangbuch Gotteslob (2013) unterblieb.[13] Das Evangelisch-Lutherische Kirchengesangbuch² der SELK enthält 14 Strophen (Nr. 346).

Dänische Übersetzung „Hjerte, løft din glædes vinger…“ im dänischen Kirchengesangbuch Den Danske Salmebog, Kopenhagen 2002, Nr. 114; auch im Gesangbuch der dänischen Heimvolkshochschulbewegung Højskolesangbogen, 18. Ausgabe, Kopenhagen 2006, Nr. 223 (nach Paul Gerhardt, „Frölich [!] soll mein Herze springen“, 1653. Übersetzt von C. J. Brandt, 1878, verkürzt [auf 6 Strophen]).[14]

  • Eberhard von Cranach-Sichart (Hrsg.): Paul Gerhardt. Dichtungen und Schriften. P. Müller, München 1957, DNB 451490142, S. 13–17 (Online bei Zeno.org.).
  • Johann Friedrich Bachmann (Hrsg.): Paulus Gerhardts geistliche Lieder: historisch-kritische Ausgabe. Oehmigke, Berlin 1866, S. 138–140 (Digitalisat in der Google-Buchsuche).
  • Christian Brunners: 36 – Fröhlich soll mein Herze springen. In: Gerhard Hahn, Jürgen Henkys (Hrsg.): Liederkunde zum Evangelischen Gesangbuch. Band 10. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2004, ISBN 3-525-50333-4, S. 23–27.
Commons: Fröhlich soll mein Herze springen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. a b c Christian Bunners: 36 – Fröhlich soll mein Herze springen. In: Gerhard Hahn, Jürgen Henkys (Hrsg.): Liederkunde zum Evangelischen Gesangbuch. Band 10. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2004, ISBN 3-525-50333-4, S. 23–27.
  2. a b Johann Crüger: Praxis Pietatis Melica. Das ist: Übung der Gottseligkeit in Christlichen und trostreichen Gesängen. Editio V. Runge, Berlin 1653, S. 194 ff. (Digitalisat der Bayerischen Staatsbibliothek).
  3. a b c Fröhlich soll mein Herze springen. Die christliche Liederdatenbank, abgerufen am 9. Dezember 2018.
  4. a b Fröhlich soll mein Herze springen, Satz: Johann Crüger 1657/58. (PDF; 135 KB) johann-crueger.de, abgerufen am 16. Dezember 2018.
  5. Ps 19,6 LUT
  6. D. M. Luthers wie auch anderer gottseligen und Christlichen Leute Geistliche Lieder und Psalmen : Wie sie bisher in Evangelischen Kirchen dieser Landen gebrauchet werden. Denen auch anitzo etliche außerlesene . Gesänge beygefüget sind. In 4. Vocal- und 3. Instrument-Stimmen übersetzt von Johann Crügern. Runge, Berlin 1657, Nr. 22. In Stimmbüchern erschienen: Cantus (Digitalisat), Tenor (Digitalisat).
  7. Nr. 24
  8. Johann Friedrich Bachmann (Hrsg.): Paulus Gerhardts geistliche Lieder: historisch-kritische Ausgabe. Oehmigke, Berlin 1866, S. 138–140 (Digitalisat in der Google-Buchsuche).
  9. Georg Christian Schemelli: Musicalisches Gesang-Buch, Darinnen 954 geistreiche, sowohl alte als neue Lieder und Arien, mit wohlgesetzten Melodien, in Discant und Baß, befindlich sind; Vornehmlich denen Evangelischen Gemeinen im Stifte, Naumburg-Zeitz gewidmet. Leipzig 1736, S. 127 f. (Digitalisat).
  10. Luke Dahn: BWV 248.33
  11. Deutsches evangelisches Kirchen-Gesangbuch in 150 Kernliedern. Cotta, Stuttgart/Augsburg 1854 (Digitalisat).
  12. Nr. 15, 11 Strophen
  13. Udo Grub: Evangelische Spuren im katholischen Einheitsgesangbuch „Gotteslob“ von 1975 (= Ästhetik – Theologie – Liturgik. Band 55). LIT Verlag, Münster 2012, ISBN 978-3-643-11663-5, S. 173, 183–184 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  14. Vgl. Otto Holzapfel: Liedverzeichnis: Die ältere deutschsprachige populäre Liedüberlieferung = Online Update Januar bis März 2022 = Germanistik im Netz / GiNDok [UB Frankfurt/M] = http://publikationen.ub.uni-frankfurt.de/ files = Liedverzeichnis = Update 2023 "www.ebes-volksmusik.de" (obere Adressleiste des Browsers).