El Ejido
Gemeinde El Ejido | ||
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Wappen | Karte von Spanien | |
Basisdaten | ||
Land: | Spanien | |
Autonome Gemeinschaft: | Andalusien | |
Provinz: | Almería | |
Comarca: | Poniente Almeriense | |
Gerichtsbezirk: | El Ejido | |
Koordinaten: | 36° 46′ N, 2° 49′ W | |
Höhe: | 80 msnm | |
Fläche: | 225,83 km² | |
Einwohner: | 87.500 (1. Jan. 2022)[1] | |
Bevölkerungsdichte: | 387 Einw./km² | |
Postleitzahl(en): | 04700 | |
Gemeindenummer (INE): | 04902 | |
Verwaltung | ||
Bürgermeister: | Francisco Góngora | |
Website: | www.elejido.es | |
Lage des Ortes | ||
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El Ejido ist eine spanische Stadt in der Autonomen Region Andalusien im Süden Spaniens. Sie gehört zu der Provinz Almería und ist durch den Gemüseanbau in Gewächshäusern geprägt. Die Stadt ist eine der reichsten Spaniens. Soziale Spannungen bestehen zwischen den einheimischen Andalusiern und marokkanischen Gastarbeitern.
Geografie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Umgebung El Ejidos in Südspanien gleicht einer unfruchtbaren und steinigen Wüste, doch unter der Erde liegt ein System unterirdischer Flüsse mit jahrtausendealtem Grundwasser. Dazu kommen noch wichtige Faktoren wie Bodenfeuchtigkeit, Mikrothermik und Versalzungsresistenz.
Agrarindustrie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die geologischen Umstände waren die Auslöser einer jahrelangen Ausdehnung des Gemüseanbaus.
El Ejido ist Europas größter agrarindustriell genutzter „Wintergarten“. In El Ejido werden zahlreiche Gemüsesorten angebaut, und ein Großteil der Bevölkerung ist vom Gemüseanbau abhängig, der zu einem gewissen Wohlstand führte. Dies ist nicht zuletzt durch die geringeren Lohnkosten zu erklären. Viele Flüchtlinge arbeiten ohne Papiere für einen Stundenlohn unterhalb des Tarifs. Die zum Anbau genutzten Treibhäuser bedecken eine große Fläche an Land; insgesamt sind rund 36.000 Hektar mit Plastik überzogen, was der Region den Beinamen „mar del plástico“ (deutsch: Plastikmeer)[2] eingebracht hat. Es ist die weltweit größte Anbaufläche unter Folie. Pro Jahr werden etwa 3 Mio. Tonnen Treibhausgemüse produziert.
Aufgrund des sehr großen Flächen- und Wasserverbrauchs und der in großem Umfang verwendeten Pestizide ist die ökologische Situation sehr schlecht. Das Grundwasser ist teilweise verschmutzt.
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Mit dem Bau des ersten Treibhauses in den 1960er-Jahren begann man mit der systematischen Nutzung der Ebene wie auch der Anpflanzung verschiedener Gemüsesorten. Der Staat förderte diese Entwicklung. In den letzten Jahrzehnten ist die Stadt deswegen planlos gewachsen. Die Treibhäuser wurden meist von Hand aufgebaut, da es an Geld mangelte.
In den 1980er-Jahren wurde ein Teil des Gemüseanbaus von ausländischen Großspekulanten verwaltet, doch diese Unternehmen konnten keine großen Gewinne erzielen und gingen schließlich in Konkurs. Auch Großgrundbesitz vermochte sich in El Ejido nicht durchzusetzen. Später sahen sich die Agrarunternehmen infolge der europäischen Marktübersättigung zunehmender Konkurrenz aus Marokko ausgesetzt. Etwa seit 2005 kam es zu ersten Landverkäufen.
Wirtschaft
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Unterhalt der Felder und des Bewässerungssystems erfordert ständige Pflege, die aufwändig und kostenintensiv ist.
Die Ernte wird zum größten Teil von Lebensmittelhandelsketten zu niedrigen Abnahmepreisen aufgekauft. Mehr als die Hälfte der Ernte geht per Lkw in den Export nach Deutschland und andere westeuropäische Länder. Die kleine Stadt El Ejido hatte 2004 einen sehr großen Stand auf der Messe Fruit Logistica[3] in Berlin.
In den Gewächshäusern der Region um El Ejido werden etwa 90.000 Arbeitskräfte benötigt. Mittlerweile sind dies zum größten Teil Saisonarbeiter aus Marokko, Rumänien, Bulgarien, Subsahara-Afrika und Lateinamerika, aber auch aus Polen und der Ukraine, die bestimmten Regionen zugeteilt werden. Etwa die Hälfte von ihnen hat keine Aufenthaltsgenehmigung. Sie arbeiten meist ohne Arbeitsvertrag mit stundenweiser Bezahlung. Die Arbeits- und Lebensbedingungen sind äußerst hart.
Ausschreitungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im Februar 2000 kam es zu gewaltsamen Ausschreitungen von Einheimischen gegen marokkanische Gastarbeiter, nachdem zwei Marokkaner drei Bewohner von El Ejido getötet hatten. Der Mob von El Ejido brannte Geschäfte und Hütten der Marokkaner nieder. Zertrümmert wurde auch das Büro der Frauenorganisation Mujeres Progresistas, die sich um die illegalen Arbeiter kümmert. Diese Frauen aus El Ejido – damals zählte die Organisation 600 Mitglieder – zogen die stärksten Aggressionen auf sich: durch sie wurde das beliebte Ressentiment widerlegt, Frauen dürften sich nicht in die Nähe von Marokkanern wagen.[3] Die Behörden griffen erst nach zwei Tagen ein. Nach diesem Zwischenfall wurde ein Gesetz erlassen, welches den Bau weiterer Treibhäuser bewilligungspflichtig machte. Ein Jahr nach den Ausschreitungen wurde von den spanischen Tageszeitungen El País und El Mundo eine Bestandsaufnahme zu den im Vorjahr von der Regierung, NGOs und Gewerkschaften getroffenen Vereinbarungen veröffentlicht. Demnach wurden 20 km entfernt von El Ejido 42 neue Containerunterkünfte mit 300 Betten als Wohnraum errichtet. Eine versprochene Busanbindung nach El Ejido wurde bis dahin nicht realisiert. Zudem konnten aufgrund nicht erfüllter Bauauflagen und Einsprüchen von Nachbarn nur zwei der fünf zerstörten marokkanischen Bars wiedereröffnet werden. Eine Entschädigung wurde an 232 Personen ausgezahlt.[4] Seitdem wurden zahlreiche neue Treibhäuser ohne Genehmigung errichtet. Im Dezember 2003 wurde im Auftrag des Europäischen BürgerInnenforums (EBF) und der Confédération paysanne (franz. Bauerngewerkschaft) erneut eine Delegation nach El Ejido entsandt, um die Entwicklungen vor Ort zu untersuchen.[5]
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Europäisches Bürgerforum und Europäisches Komitee für die Verteidigung der Flüchtlinge und Gastarbeiter, CEDRI (Hrsg.): Anatomie eines Pogroms, z. B. El Ejido. Bericht einer Delegation europäischer Bürgerinnen und Bürger über die rassistischen Ausschreitungen vom Februar 2000 in Andalusien. Europ. Bürgerforum/CEDRI, Basel 2000, ISBN 3-9522125-0-4.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- elejido.org
- Heinz-Jörg Graf: Billige Vitamine. In: Deutschlandfunk-Sendung „Hintergrund Wirtschaft“. 21. Mai 2006 .
- Land unter Plastik – Moderne Sklaverei im größten Wintergarten der Welt. In: ORF Ö1. 11. Dezember 2005 .
- Über billiges Gemüse und Arbeitsmigration – El Ejido, Andalusien, Februar 2000. In: Wildcat-Zirkular Nr. 56/57. Mai 2000, S. 6–12 .
- Felicity Lawrence: Spain’s salad growers are modern-day slaves, say charities. In: The Guardian – International Edition. 7. Februar 2011 (englisch).
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Cifras oficiales de población de los municipios españoles en aplicación de la Ley de Bases del Régimen Local (Art. 17). Instituto Nacional de Estadística (Bevölkerungsstatistiken des Instituto Nacional de Estadística, Stand 1. Januar 2022).
- ↑ Heinz-Jörg Graf: Billige Vitamine. In: Deutschlandfunk-Sendung „Hintergrund Wirtschaft“. 21. Mai 2006, abgerufen am 27. April 2019.
- ↑ a b Marina Achenbach: Spanien, Region Almeria: El Dorado unter Plastik. In: Der Freitag. 20. Februar 2004, abgerufen am 23. September 2010.
- ↑ Gaston Kirsche: El Ejido – Ein Jahr nach dem Pogrom. In: LabourNet Germany. Abgerufen am 13. September 2016.
- ↑ Nicholas Bell: Die soziale Lage der MigrantInnen in den Plastikhainen Andalusiens bleibt fatal. In: no-racism.net. 17. März 2004, archiviert vom am 24. Juli 2008; abgerufen am 27. Februar 2019.