William Calley

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William Calley (1969)
Beim Massaker von Mỹ Lai ermordete vietnamesische Zivilisten (16. März 1968)

William Laws Calley, Jr. (* 8. Juni 1943 in Miami, Florida; † 28. April 2024 in Gainesville, Florida[1]) war ein US-amerikanischer Offizier. Er war der Einzige, der vor Gericht für das Massaker von Mỹ Lai, ein Kriegsverbrechen während des Vietnamkriegs, zur Verantwortung gezogen wurde.

Leben

Frühe Jahre und beruflicher Werdegang

William Laws Calley wurde am 8. Juni 1943 als einziger Sohn und als zweites von vier Kindern in Miami, Florida geboren. Sein Vater William Laws Calley Sr., ein Baumaschinenverkäufer, hatte im Zweiten Weltkrieg in der US-Navy gedient.

Eine seiner Schwestern beschrieb ihn später als einen aktiven Jungen, „früh auf und immer gut gelaunt“. Calley absolvierte zunächst die Miami Edison High School und besuchte dann ab 1963 das Palm Beach Junior College. 1964 brach er das Studium ab und arbeitete daraufhin in unterschiedlichen Berufen.

Am 26. Juli 1966 meldete sich Calley in einem Aufnahmezentrum in Albuquerque für den Eintritt in die Army. Im selben Jahr starb seine Mutter. Calley absolvierte zunächst seine Grundausbildung in Fort Benning (heute Fort Moore), Georgia, sowie eine personalisierte Ausbildung in Fort Lewis, Washington. Er wurde in die Offizieranwärterschule aufgenommen und begann Mitte März 1967 eine Offizierausbildung. Nach seinem Abschluss am 5. September 1967 wurde er zum Leutnant der Infanterie ernannt.[2]

Verbrechen

Am 16. März 1968 nahm eine Gruppe von Soldaten, u. a. aus dem 1. Platoon der C-Kompanie der Task Force Barker unter dem Kommando von Leutnant Calley, die Ortschaft Mỹ Lai und andere umliegende Dörfer der Gegend in der südvietnamesischen Provinz Quảng Ngãi ein und tötete dabei zwischen 347 und 504 Zivilisten. Die amerikanische Presse berichtete am 16. November 1969 erstmals über das „Massaker von Mỹ Lai“.

Gerichtsverhandlung

Die Kriegsgerichtsverhandlungen gegen William Calley waren für den 17. November 1969 in Fort Benning angesetzt, begannen aufgrund mehrfacher Verschiebungen jedoch erst am 16. November 1970.

Am 29. März 1971 wurde Calley, der auf Befehlsnotstand beharrte, der vorsätzlichen Tötung von 22 Zivilisten schuldig gesprochen und am 31. März 1971 zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Niemand anderer seiner Einheit wurde wegen ähnlicher Taten in Mỹ Lai verurteilt. Schon am darauffolgenden Tag, dem 1. April 1971, verfügte Präsident Richard Nixon seine Haftentlassung. Calley bekam lediglich Hausarrest. Am 20. August 1971 wurde seine nominelle Strafe durch die Army auf 20 Jahre verkürzt, danach vom Heeresstaatssekretär der Vereinigten Staaten Howard H. Callaway nochmals halbiert. 1974 wurde Calley durch Callaway endgültig begnadigt.[3]

Zuspruch und Ablehnung

Die Verurteilung von Calley führte zu Empörung in den USA. In einigen Bundesstaaten – so Indiana, Utah, Mississippi – wurden die Flaggen aus Solidarität mit dem Angeklagten auf halbmast gesetzt und die Gouverneure riefen zu Sympathiekundgebungen für Calley auf. Der Gouverneur Georgias Jimmy Carter, später US-Präsident, führte den American Fighting Man's Day ein und bat die Bürger Georgias, aus Solidarität mit Calley eine Woche mit eingeschalteten Lichtern zu fahren.[4] Die Parlamente Arkansas’, Kansas’, Texas’, New Jerseys und South Carolinas forderten die Begnadigung Calleys.[4] Alabamas Gouverneur George Wallace besuchte Calley. Das Weiße Haus erhielt 5.000 Telegramme mit einem Verhältnis von 100 zu 1 zugunsten einer Begnadigung.[5] In einer Telefonumfrage sprachen sich 79 % für Calley und gegen das Urteil aus. 81 % hielten das Urteil für zu hart und 69 % waren der Meinung, Calley sei nur ein Sündenbock.[5]

Andere hingegen unterstützten den Schuldspruch und waren empört, dass nur Calley verurteilt worden war. Die Winter Soldier Investigation in Detroit, organisiert von den Vietnam Veterans Against the War, protestierte Ende Januar 1971 gegen die für unzureichend gehaltene Strafverfolgung.[6]

Die Zeit danach

1972 veröffentlichte William Calley seine Biographie, die auf Deutsch unter dem Titel Ich war gern in Vietnam im Fischer Verlag erschien. Aus der Arbeit als Manager im Juweliergeschäft seines Schwiegervaters zog er sich 2005 zurück. Calley lebt bei seinem Sohn, nachdem er sich von seiner Ehefrau getrennt hatte. Er hat außerdem eine Tochter. Im August 2009 entschuldigte sich Calley vor Mitgliedern des Kiwanis Club von Columbus in Georgia für seine Taten.[7]

Ende Juli 2024 wurde bekannt, dass Calley bereits am 28. April 2024 im Alter von 80 Jahren in Gainesville, Florida verstorben war.

Publikationen

  • mit John Sack: Lieutenant Calley. His Own Story. Viking Adult, 1971, ISBN 0-670-42821-3.
  • Ich war gern in Vietnam. Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt 1972.

Literatur

  • Wayne Greenhaw: The Making of a Hero: The Story of Lieutenant William Calley Jr. Louisville. Touchstone, 1971.
  • Richard Hammer: The Court-martial of Lt. Calley. Coward-McCann, New York 1971.
  • Tom Tiede: Calley: Soldier or Killer? Pinnacle, New York 1971.
  • Michal R. Belknap: The Vietnam War on Trial: The My Lai Massacre and the Court-Martial of Lieutenant Calley. University Press of Kansas, Lawrence 2002.
  • Bernd Greiner: Krieg ohne Fronten – Die USA in Vietnam. Hamburger Edition, Hamburg 2007.

Einzelnachweise

  1. Washington Post: William Calley, Army officer and face of My Lai Massacre, is dead at 80. Abgerufen am 30. Juli 2024 (englisch).
  2. Time (Hrsg.): An Average American Boy?, time.com/,12. Mai, 1969, http://25thaviation.org/id299.htm, aufgerufen am 3. Juni 2021.
  3. Cordt Schnibben: My Lai – die Karriere eines Kriegsverbrechens. In: Die Zeit. 12. September 1986, abgerufen am 6. September 2019.
  4. a b David Frum: How We Got Here: The 1970s. Basic Books, New York, New York 2000, ISBN 0-465-04195-7, S. 84–85.
  5. a b Cookman, Claude., Journal of American History; Juni 2007, Vol. 94, Issue 1, S. 154–162
  6. Winter Soldier Investigation: Opening Statement of William Crandell. In: The 1960s Project. Institute for Advanced Technology in the Humanities an der University of Virginia, 31. Januar 1971;.
  7. tagesanzeiger.ch: Vietnam-Kriegsverbrecher: „Ich fühle Reue“ (Memento vom 23. August 2009 im Internet Archive)