Pasquino
Pasquino ist der Name einer antiken Statue in der Nähe der Piazza Navona in Rom, an die seit dem 16. Jahrhundert bis zur Gegenwart anonyme Spottverse über die aktuellen Machthaber, ihre Politik und ihre Skandale angeheftet werden. Der Pasquino diente vor allem in Zeiten, in denen die Meinungsfreiheit unterdrückt wurde, als Ventil für die Unzufriedenheit der Römer.
Von Pasquino abgeleitet ist der Begriff Pasquill für ein satirisches Gedicht.
Der Pasquino ist die berühmteste der so genannten sprechenden Statuen Roms, zu denen auch der Marforio in der Nähe des Kapitols, der Babbuino, der Abate Luigi, der Facchino, eine Brunnenfigur in der Nähe des Palazzo Doria, und Madama Lucrezia an der Piazza Venezia gehören.
Geschichte
1501 wurde während der Ausschachtungsarbeiten für den Bau des Palazzo Orsini (heute Palazzo Braschi) an der Stelle, an der sich auch heute noch der Pasquino befindet, der Torso einer hellenistischen Skulptur gefunden. Der Bauherr des Palastes, Kardinal Oliviero Carafa, bestand darauf, die stark beschädigte Figur, der Arme, Beine und die Nase fehlen, zu erhalten. Er ließ sie auf einem Sockel an der Ecke seines Palastes aufstellen, der neben dem Wappen des Bauherrn auch eine Inschrift enthält, der die Aufstellung der Figur durch Carafa dokumentiert.
Über die ursprüngliche Bedeutung der Skulptur gibt es unterschiedliche Meinungen, vermutlich ist sie Teil einer Figurengruppe, die zur Ausstattung des antiken römischen Stadion des Domitian gehörte, über dem sich die heutige Piazza Navona befindet.
Der Name Pasquino
Über die Herkunft des Namens Pasquino gibt es nur Vermutungen und Legenden. So sollen benachbarte Handwerker oder Kneipen als Taufpaten gedient haben, oder auch ein Lehrer an einer Lateinschule, der nach Meinung der Schüler dem Pasquino ähnelte, und der von ihnen durch satirische Verse an der Statue verspottet wurde. Ein Namensvetter und ebenfalls möglicher Namensgeber ist die Hauptfigur Pasquino der siebten Novelle des vierten Tages von Boccaccios Decamerone, der nach dem Genuss eines Salbeiblattes qualvoll stirbt. Seine Geliebte wird daraufhin des Mordes angeklagt, und nachdem auch sie an einem Salbeiblatt gestorben ist, entdeckt man, dass der Strauch durch eine Kröte vergiftet worden war. Eine heilsame Pflanze war in diesem Fall von fataler Wirkung, ebenso wie es der Missbrauch geistlicher Macht durch die Päpste ist, eins der beliebtesten Themen des Pasquino.
Pasquinos Verse
Pasquinos Verse sind anonym, in italienischer Sprache, in römischem Dialekt oder früher auch in Latein verfasst. Erhalten sind allerdings nur wenige Beispiele, wie der in allen Romführern zitierte Spruch Quod non fecerunt barbari fecerunt Barberini (was die Barbaren nicht getan haben, das haben die Barberini getan). Gemeint ist Papst Urban VIII. Barberini, der das bronzene Dach des Pantheon einschmelzen ließ, um Material für den Baldachin im Petersdom zu bekommen.
Zielgruppe von Pasquinos Versen sind die Inhaber der Macht, das heißt vom 16. bis zum frühen 19. Jahrhundert vor allem Papst und Kardinäle, daneben die herrschenden Adelsfamilien Roms. Während der Papstwahl Hadrians VI. benutzte Pietro Aretino den Pasquino, um mit seinen brillanten satirischen Spottgedichten die Zustände an der Kurie zu denunzieren, mit der Strategie, die Papstwahl zu beeinflussen.
Bevorzugtes Ziel römischen Spottes ist zur Zeit der italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi.