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„Isländische Sprache“ – Versionsunterschied

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Geschichte: Lautsystem und Danisierung verlinkt
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== Geschichte ==
== Geschichte ==
Bemerkenswert ist, dass sich das Isländische (zusammen mit dem [[Färöische Sprache|Färöischen]]) in den letzten tausend Jahren im Bereich der Formenlehre ([[Morphologie (Sprache)|Morphologie]]) kaum verändert hat und somit dem [[Altnordische Sprache|Altnordischen]] noch am ehesten ähnelt.<ref>Kurt Braunmüller: ''Die skandinavischen Sprachen im Überblick''. Tübingen und Basel: A. Francke Verlag, 1991, ISBN 3-7720-1694-4. Abschnitte: ''Isländisch, Kurzcharakteristik'' und ''Färöisch, Kurzcharakteristik''.</ref> [[Grammatik]]alische Eigenheiten, die sich in anderen Sprachen im Laufe ihrer Entwicklung abgeschliffen haben, blieben im Isländischen weitestgehend erhalten, während das Lautsystem – besonders der Vokalismus – sich erheblich geändert hat.<ref>Pétursson 1978, S. 35f.</ref> Entscheidender Grund für diese auffällige Sprachkonstanz dürfte jedoch kaum die vielzitierte Funktion Islands als „germanischer Eisschrank“ sein. Vielmehr war es im Laufe der Abhängigkeit von [[Dänemark]] auch zu einer erheblichen Danisierung der isländischen Sprache gekommen, wie man sie auch auf den [[Färöer]]n beobachten konnte. Im Rahmen zunehmender Loslösungbestrebungen kamen auch sprachpflegerische Ideen auf. Um die eigene Sprache von Einflüssen der dänischen Herrscher zu reinigen, wurde das Isländische anhand alter Schriftquellen rekonstruiert.<ref>Über die Entwicklung der Sprachpflege in Island und ihre gegenwärtigen Tendenzen informiert: Betty Wahl: „Kann man eine Sprache »reinhalten«? Das Beispiel des Isländischen“. In: ''Der Sprachdienst'', 54, Heft 2, 2010, S. 42–54.</ref>
Bemerkenswert ist, dass sich das Isländische (zusammen mit dem [[Färöische Sprache|Färöischen]]) in den letzten tausend Jahren im Bereich der Formenlehre ([[Morphologie (Sprache)|Morphologie]]) kaum verändert hat und somit dem [[Altnordische Sprache|Altnordischen]] noch am ehesten ähnelt.<ref>Kurt Braunmüller: ''Die skandinavischen Sprachen im Überblick''. Tübingen und Basel: A. Francke Verlag, 1991, ISBN 3-7720-1694-4. Abschnitte: ''Isländisch, Kurzcharakteristik'' und ''Färöisch, Kurzcharakteristik''.</ref> [[Grammatik]]alische Eigenheiten, die sich in anderen Sprachen im Laufe ihrer Entwicklung abgeschliffen haben, blieben im Isländischen weitestgehend erhalten, während das [[Lautsystem]] – besonders der Vokalismus – sich erheblich geändert hat.<ref>Pétursson 1978, S. 35f.</ref> Entscheidender Grund für diese auffällige Sprachkonstanz dürfte jedoch kaum die vielzitierte Funktion Islands als „germanischer Eisschrank“ sein. Vielmehr war es im Laufe der Abhängigkeit von [[Dänemark]] auch zu einer erheblichen [[Danismus|Danisierung]] der isländischen Sprache gekommen, wie man sie auch auf den [[Färöer]]n beobachten konnte. Im Rahmen zunehmender Loslösungbestrebungen kamen auch sprachpflegerische Ideen auf. Um die eigene Sprache von Einflüssen der dänischen Herrscher zu reinigen, wurde das Isländische anhand alter Schriftquellen rekonstruiert.<ref>Über die Entwicklung der Sprachpflege in Island und ihre gegenwärtigen Tendenzen informiert: Betty Wahl: „Kann man eine Sprache »reinhalten«? Das Beispiel des Isländischen“. In: ''Der Sprachdienst'', 54, Heft 2, 2010, S. 42–54.</ref>


Das älteste im Original erhaltene Dokument in isländischer Sprache ist der [[Reykjaholtsmáldagi]]. Schon vor der Niederschrift der [[Edda]] und anderer dichterischer Werke (vermutlich ab dem 12. Jh.) gab es in Island und anderen Teilen der nordischen Welt eine besondere [[Dichtersprache]], in der nach bestimmten Regeln oft hochformalisierte Gedichte verfasst wurden. Die Dichter, die diese Gedichte in [[Altnordische Sprache|altwestnordischer]] (altisländischer) Sprache verfassten und vortrugen, nannte man „[[Skalde]]n”. Sie benutzten poetische Umschreibungen (sogenannte ''Kenninge'' und ''Heiti''), die auf Figuren und deren Taten aus (nord-)germanischen [[Heldensage]]n und der (nord-)germanischen [[Mythologie]] anspielten.
Das älteste im Original erhaltene Dokument in isländischer Sprache ist der [[Reykjaholtsmáldagi]]. Schon vor der Niederschrift der [[Edda]] und anderer dichterischer Werke (vermutlich ab dem 12. Jh.) gab es in Island und anderen Teilen der nordischen Welt eine besondere [[Dichtersprache]], in der nach bestimmten Regeln oft hochformalisierte Gedichte verfasst wurden. Die Dichter, die diese Gedichte in [[Altnordische Sprache|altwestnordischer]] (altisländischer) Sprache verfassten und vortrugen, nannte man „[[Skalde]]n”. Sie benutzten poetische Umschreibungen (sogenannte ''Kenninge'' und ''Heiti''), die auf Figuren und deren Taten aus (nord-)germanischen [[Heldensage]]n und der (nord-)germanischen [[Mythologie]] anspielten.

Version vom 30. Dezember 2011, 12:30 Uhr

Isländisch (íslenska)

Gesprochen in

Island
Sprecher 300.000
Linguistische
Klassifikation
Offizieller Status
Amtssprache in Island Island (de facto)
Sprachcodes
ISO 639-1

is

ISO 639-2 (B) ice (T) isl
ISO 639-3

isl

Isländisch (isländisch íslenska) ist eine Sprache aus dem germanischen Zweig der indogermanischen Sprachfamilie. Sie ist die Amtssprache in Island. Derzeit wird Isländisch von circa 300.000 Menschen gesprochen.

Der Sprachcode ist is bzw. ice oder isl (nach ISO 639).

Geschichte

Bemerkenswert ist, dass sich das Isländische (zusammen mit dem Färöischen) in den letzten tausend Jahren im Bereich der Formenlehre (Morphologie) kaum verändert hat und somit dem Altnordischen noch am ehesten ähnelt.[1] Grammatikalische Eigenheiten, die sich in anderen Sprachen im Laufe ihrer Entwicklung abgeschliffen haben, blieben im Isländischen weitestgehend erhalten, während das Lautsystem – besonders der Vokalismus – sich erheblich geändert hat.[2] Entscheidender Grund für diese auffällige Sprachkonstanz dürfte jedoch kaum die vielzitierte Funktion Islands als „germanischer Eisschrank“ sein. Vielmehr war es im Laufe der Abhängigkeit von Dänemark auch zu einer erheblichen Danisierung der isländischen Sprache gekommen, wie man sie auch auf den Färöern beobachten konnte. Im Rahmen zunehmender Loslösungbestrebungen kamen auch sprachpflegerische Ideen auf. Um die eigene Sprache von Einflüssen der dänischen Herrscher zu reinigen, wurde das Isländische anhand alter Schriftquellen rekonstruiert.[3]

Das älteste im Original erhaltene Dokument in isländischer Sprache ist der Reykjaholtsmáldagi. Schon vor der Niederschrift der Edda und anderer dichterischer Werke (vermutlich ab dem 12. Jh.) gab es in Island und anderen Teilen der nordischen Welt eine besondere Dichtersprache, in der nach bestimmten Regeln oft hochformalisierte Gedichte verfasst wurden. Die Dichter, die diese Gedichte in altwestnordischer (altisländischer) Sprache verfassten und vortrugen, nannte man „Skalden”. Sie benutzten poetische Umschreibungen (sogenannte Kenninge und Heiti), die auf Figuren und deren Taten aus (nord-)germanischen Heldensagen und der (nord-)germanischen Mythologie anspielten.

Wortschatz

Reiche Differenzierungen

Das Isländische bietet in vielen Bereichen reiche Differenzierungen. So lautet etwa die Übersetzung des Wortes "gefleckt" – je nachdem, auf welches Tier sich das Wort bezieht – skjöldóttur (Kuh), flekkóttur (Schaf) oder skjóttur (Pferd). Das Isländische unterscheidet des Weiteren zwischen Seehundmännchen (brimill) und -weibchen (urta), männlichem Lamm (gimbill) und weiblichem Lamm (gimbur) usw.

Fremdwörter

Man achtet konsequent darauf, die Übernahme von Fremdwörtern so gering wie möglich zu halten. Neue Begriffe erschafft man in der Regel aus dem vorhandenen Wortschatz. So entstand das Wort für „Computer”, tölva, aus den Worten tala, „Zahl”, und völva, „Wahrsagerin, Seherin”. Der Begriff für „Aids”, alnæmi, wurde aus al-, „all-”, und næmi, „Empfindlichkeit”, gebildet. Ein ähnliches Wort ist skrifstofa („Schreibstube“) für Büro.

Dennoch gibt es eine beträchtliche Anzahl älterer Lehnwörter wie hótel („Hotel”) oder prestur („Priester”); ein Anschwellen von Anglizismen, ähnlich wie im Deutschen, ist seit den 1950er-Jahren auch auf Island zu bemerken. Seit 1964 besteht darum in Island ein eigenes Komitee, das für neumodische Begriffe rein isländische Ausdrücke findet.

Alphabet

Das isländische Alphabet (erste Tabelle) umfasst 32 Buchstaben, die größtenteils den lateinischen entsprechen. Alle Vokalzeichen einschließlich y gibt es in einer zweiten Form mit Akzent, die, historisch bedingt, entweder Diphthonge oder Langvokale markiert. Die Buchstaben C, W, Q und Z kommen in isländischen Wörtern nicht vor. Im Fall des Buchstaben Z ist dies Folge einer nicht von jedem Schreiber befolgten Rechtschreibreform im 20. Jahrhundert. Zusätzlich zu den lateinischen gibt es die Buchstaben Ð/ð (stimmhaft, wie „weiches” englisches th, wie z. B. in englisch „this” – aber mit heruntergebogener Zungenspitze, desgleichen der folgende), Þ/þ (dieser stammt aus dem Runen-Alphabet und wird stimmlos wie ein „hartes” englisches th ausgesprochen wie in „thing”), Æ/æ (wie deutsches ei) und Ö/ö (wie deutsches ö). Zu beachten ist, dass die Buchstaben þ, æ und ö erst am Ende des Alphabets nach dem ý eingereiht sind. Die zweite Tabelle zeigt die Unicode-Nummern und die Tastenkombinationen unter Windows bzw. X11 für die spezifisch isländischen Sonderzeichen.

Isländisches Alphabet
A / a Á / á B / b D / d Ð / ð E / e É / é F / f
G / g H / h I / i Í / í J / j K / k L / l M / m
N / n O / o Ó / ó P / p R / r S / s T / t U / u
Ú / ú V / v X / x Y / y Ý / ý Þ / þ Æ / æ Ö / ö
Sonderzeichen
Name Groß Unicode Windows X11 Klein Unicode Windows X11
Eth Ð U+00D0 ALT-209 od. ALT-0208 <Multi_key> <D> <h> ð U+00F0 ALT-208 od. ALT-0240 <Multi_key> <d> <h>
Thorn Þ U+00DE ALT-232 od. ALT-0222 <Multi_key> <T> <h> þ U+00FE ALT-231 od. ALT-0254 <Multi_key> <t> <h>
A-E-Ligatur Æ U+00C6 ALT-146 od. ALT-0198 <Multi_key> <A> <e> æ U+00E6 ALT-145 od. ALT-0230 <Multi_key> <a> <e>

Phonologie

Siehe auch: Isländische Aussprache

Konsonanten

Bei den Plosiven hat das isländische Lautsystem eher einen Aspirations-Kontrast als einen Kontrast der Stimmhaftigkeit. Präaspirierte stimmlose Plosive sind ebenfalls anzutreffen. Die isländischen Frikative und Sonoranten zeigen regelmäßige Kontraste in der Stimmhaftigkeit. Das gilt auch für die Nasale, was in den Sprachen der Welt ein seltenes Phänomen ist. Darüber hinaus ist Länge kontrastiv für alle Phoneme mit Ausnahme der stimmlosen Sonoranten. Die Tabelle der Konsonantenphoneme und ihrer Allophone folgt der Darstellung bei Scholten (2000, S. 22).

Konsonanten des Isländischen (in IPA-Lautschrift)
  bilabial labio-
dental
dental alveolar palatal velar glottal
Plosive p   t   c k ʔ
Nasal m   n   ɲ̊ ɲ ŋ̊ ŋ  
Frikative   f v θ ð s ç j x ɣ h
Trills       r      
Laterale       l   ɬ ɮ  

Die stimmhaften Frikative [v], [ð], [j] und [ɣ] erscheinen oft weiter geöffnet als Approximanten.

Der Status von [c] und [cʰ] als Phoneme oder als Allophone von /k/ and /kʰ/ ist Gegenstand der Diskussion. Auf der anderen Seite impliziert das Vorhandensein von Minimalpaaren wie gjóla [couːla] „leichter Wind” versus góla [kouːla] „Schrei“ und kjóla [cʰouːla] „Kleider” versus kóla [kʰouːla] „Cola”, dass die palatalen Plosive Phonemstatus besitzen. Nur die palatalen, nicht die velaren Plosive, können aber vor vorderen Vokalen erscheinen, und einige Linguisten (vgl. Rögnvaldsson 1993) plädieren daher für die zugrundeliegenden Formen [couːla] und [cʰouːla] für /kjoula/ und /kʰjoula/ sowie für einen phonologischen Prozess, der /k(ʰ)j/ in [c(ʰ)] überführt. Ob dieser Ansatz, der mit der Orthographie und Sprachgeschichte konformgeht, eine synchrone Realität darstellt, ist umstritten.

Die dentalen Frikative [θ] and [ð] sind Allophone eines Phonems. [θ] erscheint wortinitial, wie zum Beispiel in þak [θaːk] „Dach”, und vor stimmlosem Konsonanten, wie in maðkur [maθkʏr] „Wurm”. [ð] steht intervokalisch, wie beispielsweise in iða [ɪːða] „Strudel”, und final wie in bað [paːð] „Bad”, kann aber am Phrasenende auch zu [θ] entstimmt werden.

Von den stimmlosen Nasalen erscheint nur [n̥] in wortinitialer Position, wie zum Beispiel in hné [n̥jɛː] „Knie”. In letzter Zeit gibt es eine Tendenz, vor allem unter jungen Leuten, die Stimmlosigkeit hier aufzuheben (Beispiel hnífur [nivʏr] „Messer“ statt [n̥ivʏr]). Der palatale Nasal steht vor palatalem Plosiv, die velaren vor velaren Plosiven. [ŋ] steht auch vor [l] und [s], wegen des Ausfalls von [k] in den Konsonantenverbindungen [ŋkl] und [ŋks].

Die präaspirierten [hp ht hc hk] (zum Beispiel löpp [lœhp] „Fuß”) erscheinen nicht wortinitial. Die Geminaten [pp tt cc kk] sind in der Regel nicht länger als die einfachen Konsonanten [p t c k]; sie bewirken aber eine Verkürzung des vorangehenden Vokals. Sie können aber situativ lang gesprochen werden, so unter anderem beim Sprechen mit kleinen Kindern.

Vokale

Das Isländische hat 13 Vokalphoneme, 8 Monophthonge und 5 Diphthonge. Alle Vokale, auch die Diphthonge, können sowohl lang als auch kurz auftreten. Die Vokallänge ist aber kontextabhängig und damit nicht distinktiv.

Monophthonge des Isländischen
  vorne zentral hinten
geschlossen i   u
fast geschlossen ɪ ʏ    
mittel ɛ œ   ɔ
offen   a  

Die Diphthonge sind [ai], [au], [ei], [øy], [ou].

Die Vokale unterscheiden sich oft von ihren deutschen Entsprechungen:

  • a [a]: ähnlich deutsch a
  • á [au]: ähnlich dt. au
  • e [ɛ]: wie dt. ä
  • é []: wie je in dt. jetzt
  • i / y [ɪ]: = (siehe nächstes Kapitel)
  • í / ý [i]: = (siehe nächstes Kapitel)
  • o [ɔ]: wie dt. o in Gott
  • ó [ou]: ähnlich englisch o in rose
  • u [ʏ]: wie dt. ü in küssen
  • ú [u]: wie dt. u
  • au [øy]: wie niederländisch ui, ähnlich wie dt. eu/äu
  • æ [ai]: ähnlich dt. ei/ai
  • ei [ei]: ähnlich nl. ei/ij.

Vokallänge ist im Isländischen vorhersagbar (Orešnik und Pétursson 1977). Betonte Vokale oder Diphthonge sind generell länger als unbetonte. Nur betonte Vokale können aber auch phonologisch lang sein. Langvokale treten auf:

  • wortfinal in einsilbigen Wörtern:

Vor anderen Konsonantenverbindungen sowie den präaspirierten Lauten [hp ht hk] und den Geminaten sind betonte Vokale kurz. Beispiele:

Die i-Vokale

Wer die Aussprache der ersten drei Silben in dem deutschen Ausdruck „ihn in Ehren halten“ genau analysiert, wird bemerken, dass der zweite i-Laut nicht nur kürzer ist als der erste, sondern auch anders klingt – das kurze i wird weniger gespannt („laxer“) ausgesprochen und nimmt klanglich eine Mittelstellung zwischen dem langen i und dem e („Ehren“) ein. Im Deutschen sind alle langen i gespannt, alle kurzen i nicht; im Isländischen existieren hier alle vier Möglichkeiten. Die Schrift unterscheidet das gespannte i durch das Akzentzeichen.

Grammatik

Das Isländische verfügt über eine reichhaltige Vielfalt an Formen bei den flektierbaren Wortarten Pronomen, Substantiv, Verb, Adjektiv und Zahlwort, die eine ziemliche Schwierigkeit beim Erlernen der Sprache darstellen. Im folgenden sind Flexionsbeispiele für alle relevanten Wortklassen aufgeführt.

Personalpronomen

Im Isländischen werden Personalpronomina wie im Deutschen durch vier Fälle gebeugt; in der 3. Person werden drei Geschlechter (Genera) unterschieden. Eine Übersicht über die Flexion der Personalpronomina:

Singular 1. Person 2. Person 3. Person (m) 3. Person (f) 3. Person (n)
nom: ég (ich) þú (du) hann (er) hún (sie) það (es)
akk: mig (mich) þig (dich) hann (ihn) hana (sie) það (es)
dat: mér (mir) þér (dir) honum (ihm) henni (ihr) því (ihm)
gen: mín (meiner) þín (deiner) hans (seiner) hennar (ihrer) þess (seiner)

Anders als im Deutschen findet eine Unterscheidung nach Geschlechtern auch im Plural der 3. Person statt. Dabei kommt die maskuline Form þeir nur bei rein männlichen Gruppen zur Anwendung, die feminine Form þær nur bei rein weiblichen Gruppen, während die Neutrumform þau für gemischte Personengruppen (und damit am häufigsten) benutzt wird.

Plural 1. Person 2. Person 3. Person (m) 3. Person (f) 3. Person (n)
nom: við (wir) þið (ihr) þeir (sie) þær þau
akk: okkur (uns) ykkur (euch) þá (sie) þær þau
dat: okkur (uns) ykkur (euch) þeim (ihnen) þeim þeim
gen: okkar (unser) ykkar (euer) þeirra (ihrer) þeirra þeirra

Zur Anrede einer Person dient im Isländischen stets das Pronomen þú, es wird also – wie heute in skandinavischen Ländern üblich – grundsätzlich geduzt (und jeder mit dem Vornamen angesprochen). Nur den Präsidenten oder Bischof des Landes würde man bei festlichen Anlässen mit dem ansonsten veralteten Höflichkeitspronomen þér (gen.: yðar, dat. und akk.: yður) bezeichnen. Des Weiteren existiert in Gedichten oder auch in der Nationalhymne noch die Form vér „wir“ (gen.: vor, dat. und akk.: oss) statt við (bedeutete im Altnordischen noch „wir beide“).

Fragepronomina und -adverbien

Fragepronomina unterscheiden nach den drei Genera:

maskulin (wer? m. sing.) feminin (wer? f. sing.) neutrum (wer? n. sing.) neutrum (was?)
nom: hver hver hvert hvað
akk: hvern hverja hvert hvað
dat: hverjum hverri hverju hverju
gen: hvers hverrar hvers hvers

Weitere wichtige Frageadverbien sind überdies: hvar „wo”, hvenær „wann”, hve „wie”, hvernig „wie, auf welche Weise”, af hverju „warum”, hvert „wohin”, hvaðan „woher”.

Zahlwörter

Die Zahlwörter für 1 bis 4 werden im Isländischen flektiert und müssen mit dem jeweils betreffenden Substantiv in Genus und Kasus kongruieren; als Beispiel das Zahlwort für die „2”:

"zwei" "drei" "vier"
maskulin feminin neutrum maskulin feminin neutrum maskulin feminin neutrum
nom: tveir tvær tvö þrír þrjár þrjú fjórir fjórar fjögur
gen: tveggja þriggja fjög(ur)ra
dat: tveim(ur) þrem(ur) fjórum
akk: tvo tvær tvö þrjá þrjár þrjú fjóra fjórar fjögur

Beim Abzählen usw. verwenden Isländer üblicherweise die maskulinen Formen der Numeralia.

Ein Überblick über die wichtigsten unflektierbaren Kardinalzahlen:

5 bis 12 13 bis 20 30 bis 100 200 +
5 fimm 13 þrettán 30 þrjátíu 200 tvö hundruð
6 sex 14 fjórtán 40 fjörutíu 300 þrjú hundruð
7 sjö 15 fimmtán 50 fimmtíu etc.
8 átta 16 sextán 60 sextíu 1000 (eitt/ein) þúsund (n/f)
9 níu 17 sautján 70 sjötíu 2000 tvö þúsund (n)/
tvær þúsundir (f)
10 tíu 18 átján 80 áttatíu
11 ellefu 19 nítján 90 níutíu etc.
12 tólf 20 tuttugu 100 (eitt) hundrað (n) 1000000 (ein) milljón (f)

Eine vertiefende Übersicht der Zahlen ist im isländischen Wiktionary einzusehen.

Substantive

Isländische Substantive werden ebenso wie deutsche in drei Genera unterteilt, nämlich Maskulina, Feminina und Neutra. Diese drei Genera werden im Unterschied zum Deutschen auch im Plural unterschieden. Dabei wird jedes Wort seinem Genus entsprechend flektiert; außerdem gibt es innerhalb der Genera verschiedene Flexionsklassen.

Innerhalb des Paradigmas eines Substantivs gibt es jeweils vier Fälle (Kasus), die den vier deutschen Fällen Nominativ, Genitiv, Dativ und Akkusativ entsprechen; diese werden durch Anfügen einer Flexionsendung an den Wortstamm gebildet. Im Plural gibt es für Dativ (-um) (fast immer) und Genitiv (-a) (ausnahmslos) einheitliche Flexionsendungen, gleich welchem Genus sie angehören.

Als Beispiel für ein Maskulinum der starken Flexionsklasse M1 dient das Wort hestur „Pferd“:

M1 Singular Plural Singular Plural
nom: hestur hestar hesturinn hestarnir
akk: hest hesta hestinn hestana
dat: hesti hestum hestinum hestunum
gen: hests hesta hestsins hestanna

In der linken Hälfte der Tabelle wird das Wort ohne Artikel flektiert, in der rechten dagegen mit bestimmtem Artikel, der dem deutschen „das Pferd, des Pferdes etc.” entspricht. Einen unbestimmten Artikel gibt es im Isländischen nicht.

Ähnlich flektiert dalur „Tal” aus M2, der sogenannten i-Klasse:

M2 Singular Plural Singular Plural
nom: dalur dalir dalurinn dalirnir
akk: dal dali dalinn dalina
dat: dal dölum dalnum dölunum
gen: dals dala dalsins dalanna


Ein Beispiel für die Deklination starker Feminina ist borg „Stadt”:

F1 Singular Plural Singular Plural
nom: borg borgir borgin borgirnar
akk: borg borgir borgina borgirnar
dat: borg borgum borginni borgunum
gen: borgar borga borgarinnar borganna

Um sich durch diesen Wust von Formen beim Erlernen durchzukämpfen, merke man sich folgende Faustregeln, die auf die meisten Deklinationen zutreffen:

  • der Akkusativ Singular eines Maskulinums entspricht seinem Stamm
  • Nominativ und Akkusativ Plural sind bei Feminina und Neutra miteinander identisch, bei Maskulina nicht
  • der Dativ Plural endet immer auf -um; mit dem bestimmten Artikel verschmilzt diese Endung zu -unum. Ausnahmen gibt es doch, wenn der Vokal „breit“ ist. Beispiele sind kýr (Kuh) mit Dativ Plural kúm, á (Fluss) mit Dativ Plural ám oder kló (Kralle) mit Dativ Plural klóm.
  • der Genitiv Plural endet immer auf -a, mit bestimmtem Artikel auf -anna
  • die Artikelflexion ist innerhalb eines Genus immer identisch (bis auf i-Einschübe, wenn zu viele Konsonanten aufeinandertreffen würden)

Ein weiteres Beispiel aus der Klasse der starken Neutra ist borð „Tisch”:

N1 Singular Plural Singular Plural
nom: borð borð borð borðin
akk: borð borð borð borðin
dat: borði borðum borðinu borðunum
gen: borðs borða borðsins borðanna

Es zeigen sich Übereinstimmungen bei der Flexion von starken Maskulina und Neutra:

  • die Endung für den Genitiv bzw. Dativ Singular ist -s bzw. -i. (Die Maskulina können jedoch die Genitivendung -ar haben, und mit dem -i im Dativ kann man bei Maskulina auch nicht rechnen).
  • Sowohl im Singular als auch im Plural sind bei einem Neutrum Nominativ und Akkusativ identisch (wie in allen indogermanischen Sprachen).

u-Umlaut

Bei der Nominalflexion tritt im Isländischen der u-Umlaut auf. Dieser betrifft Substantive mit Stammvokal -a- unabhängig von ihrem Geschlecht; der Stammvokal wird dabei zu -ö- umgelautet, wenn ihm in der unbetonten Silbe (also in der Kasusendung) ein -u- nachfolgt; da dieses -u- jedoch im Laufe der isländischen Sprachgeschichte bereits geschwunden sein kann, merke man sich folgende Regel:

Der Umlaut a > ö tritt ein

  • im gesamten Singular der starken Feminina außer im Genitiv
  • im Nominativ und Akkusativ Plural der Neutra
  • im Dativ Plural bei allen Genera

Beispiele für ein starkes Femininum der zuvor bereits gezeigten Klasse F1, vör „Lippe”, sowie ein starkes Neutrum der Klasse N1, land „Land” sehen folgendermaßen aus (Umlaute sind fett hervorgehoben):

Singular Plural Singular Plural
nom: vör varir land lönd
akk: vör varir land lönd
dat: vör vörum landi löndum
gen: varar vara lands landa

Da u-Umlaut bei Feminina im Nominativ Singular auftritt und diese Form auch im Wörterbuch das Lemma bildet, ist dies bei der Flexion besonders zu beachten.

Verben

Wie im Deutschen teilt sich das System der isländischen Verben in eine Gruppe starker Verben und eine Gruppe schwacher Verben. Es existieren dennoch einige Verben, die zwischen beiden Gruppen schwanken. Innerhalb der schwachen Verben gibt es vier Gruppen, von denen die größte W4, die sog. a-Klasse, ist. Als Beispiel sei das Paradigma von hjálpa „helfen“ aufgeführt: dabei ist dessen Themavokal -a-, die Endungen dahinter erscheinen kursiv:

W4 Präs. Sg. Präs. Pl. Prät. Sg. Prät. Pl.
1) ég hjálpa við hjálpum ég hjálpi við hjálpum
2) þú hjálpar þið hjálp þú hjálpir þið hjálp
3) hann hjálpar þeir hjálpa hann hjálpi þeir hjálpu

Hjálpa (Altisländisch hjalpa) war übrigens ursprünglich ein starkes Verb wie im Deutschen. Ein Rest davon befindet sich in dem Adjektiv (ursprünglich das Präteritum Perfekt) hólpinn, gerettet, geborgen.

In der linken Hälfte der Spalte finden sich die Indikativformen des Präsens, in der rechten die des Präteritums, welches bei Verben der Klasse W4 mit dem Suffix -að- (Singular) bzw. -uð- (Plural) gebildet wird.

Weiters ein Beispielverb der i-Klasse mit Themavokal -i- im Präsens Singular: reyna „versuchen“. Das Präteritalsuffix zeigt hier die Form -d-:

W3 Präs. Sg. Präs. Pl. Prät. Sg. Prät. Pl.
1) ég reyni við reynum ég reyndi við reyndum
2) þú reynir þið reyn þú reyndir þið reynd
3) hann reynir þeir reyna hann reyndi þeir reyndu

Zur sog. Nullklasse der schwachen Verben gehört telja „zählen“, welches im Präteritum Rückumlaut e > a/ö zeigt. Diese Verben haben keinen Themavokal, zeigen jedoch j-Suffix im Präsens Plural:

W1 Präs. Sg. Präs. Pl. Prät. Sg.
(Rückumlaut)
Prät. Pl.
(Rückumlaut)
1) ég tel við teljum ég taldi við töldum
2) þú telur þið telj þú taldir þið töld
3) hann telur þeir telja hann taldi þeir töldu

Starke Verben flektieren wie die Klasse W1 im Präsens, zeigen jedoch, falls möglich Umlaut im Singular (a > e, o > e, ó > æ, ú > ý). Das Präteritum wird nicht mittels Dentalsuffix, sondern (wie im Deutschen) durch Ablautung des Stammvokals gebildet – als Beispiel taka „nehmen” aus der 6. Gruppe (Ablautreihe) der starken Verben:

S6 Präs. Sg.
(Umlaut)
Präs. Pl. Prät. Sg.
(Ablaut)
Prät. Pl.
(Ablaut)
1) ég tek við tökum ég tók við tókum
2) þú tekur þið tak þú tókst þið tók
3) hann tekur þeir taka hann tók þeir tóku

Noch nicht aufgeführt sind die Konjunktivformen der einzelnen Verbklassen.
Eine detailliertere Übersicht der schwachen und starken Verben ist im isländischen Wiktionary zu finden.

Adjektive

Im Isländischen existieren starke und schwache Adjektivdeklinationen, deren Wahl von der Determination des Substantives resp. der prädikativen Stellung des Adjektivs abhängt. Kasus, Numerus und Genus des Adjektivs sind mit denen des Substantives kongruent.

Die starke Deklination kann am Beispiel des Adjektivs veik- „krank” in allen drei Genera demonstriert werden:

Singular maskulin feminin neutrum
nom: veikur veik veikt
akk: veikan veika veikt
dat: veikum veikri veiku
gen: veiks veikrar veiks

Wie bei den Personalpronomina wird auch bei den Adjektiven im Plural zwischen den Genera unterschieden; es gibt allerdings Einheitsendungen im Genitiv und Dativ:

Plural maskulin feminin neutrum
nom: veikir veikar veik
akk: veika veikar veik
dat: veikum veikum veikum
gen: veikra veikra veikra

Die schwache Deklination entspricht im Singular den schwachen Substantivdeklinationen und kann am Beispiel des Adjektives rík- „reich” gezeigt werden:

Singular maskulin feminin neutrum
nom: ríki ríka ríka
akk: ríka ríku ríka
dat: ríka ríku ríka
gen: ríka ríku ríka

Die einheitliche Pluralendung aller Genera lautet in der schwachen Adjektivflexion u.

Vertiefend hierzu kann der Anhang zu Adjektiven im isländischen Wörterbuch genannt werden.

Syntax

Die unmarkierte Wortstellung im Isländisch ist Subjekt – Prädikat – Objekt (SPO) wie im Deutschen, allerdings auch im Nebensatz (während im Deutschen dort das Prädikat am Satzende steht). Isländisch ist also eine klassische V2-Sprache; man vergleiche folgenden Beispielsatz zur Verdeutlichung der Unterschiede:

Isländisch Deutsch
einfacher Satz: Ég elska hana. „Ich liebe sie.“
Struktur: S – P – O S – P – O
Satzgefüge: Hann veit að [ég elska hana]. „Er weiß, dass [ich sie liebe].“
Struktur: S – P – [S – P – O] S – P – [S – O – P]

Verwandte Themen

Der Quirky Case (lexikalischer Kasus) gilt vielfach als Besonderheit der isländischen Sprache: So können Sätze gebildet werden, in denen sowohl logisches Subjekt (Agens) als auch logisches Objekt (Patiens) im gleichen Kasus (hier: Akkusativ) stehen. Die isländische Bezeichnung ist ópersónuleg sögn, das heißt unpersönliches Verb.

Siehe auch

Literatur

  • Christine Jörg: Isländische Konjugationstabellen. Buske, Hamburg 1989, ISBN 3-87118-893-X.
  • Robert Nedoma: Kleine Grammatik des Altisländischen. 3. Auflage. Winter, Heidelberg 2010, ISBN 978-3-8253-5786-3.
  • Janez Orešnik und Magnús Pétursson: Quantity in Modern Icelandic. Arkiv för Nordisk Filologi 92 (1977), S. 155–71.
  • Magnús Pétursson: Lehrbuch der isländischen Sprache. Buske, Hamburg 1992, ISBN 3-87548-028-7.
  • Eiríkur Rögnvaldsson: Íslensk hljóðkerfisfræði. Reykjavík: Málvísindastofnun Háskóla Íslands, 1993, ISBN 9979-853-14-X.
  • Hans Ulrich Schmid: Wörterbuch Isländisch-Deutsch. Buske, Hamburg 2001, ISBN 3-87548-240-9.
  • Daniel Scholten: Einführung in die isländische Grammatik. Philyra, München 2000, ISBN 3-935267-00-2.
  • Colin D. Thompson: Isländische Formenlehre. Buske, Hamburg 1987, ISBN 3-87118-841-7.
  • Betty Wahl: Isländisch: Sprachplanung und Sprachpurismus. Winter, Heidelberg 2008, ISBN 978-3-8253-5513-5.
  • Bruno Kress: Isländische Grammatik. Verlag Enzyklopädie, Leipzig 1982.

Einzelnachweise

  1. Kurt Braunmüller: Die skandinavischen Sprachen im Überblick. Tübingen und Basel: A. Francke Verlag, 1991, ISBN 3-7720-1694-4. Abschnitte: Isländisch, Kurzcharakteristik und Färöisch, Kurzcharakteristik.
  2. Pétursson 1978, S. 35f.
  3. Über die Entwicklung der Sprachpflege in Island und ihre gegenwärtigen Tendenzen informiert: Betty Wahl: „Kann man eine Sprache »reinhalten«? Das Beispiel des Isländischen“. In: Der Sprachdienst, 54, Heft 2, 2010, S. 42–54.
Wiktionary: Isländisch – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
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