Z33 Bundhoehen
Z33 Bundhoehen
Z33 Bundhoehen
Kaum eine Komponente der E-Gitarre wird von Herstellern und Gitarristen so kontrovers disku-
tiert wie das Holz, aus dem der Korpus der Gitarre gefertigt ist. Einer Meinung zufolge bestimmt
das Holz den Klang zum überwiegenden Teil, wozu die Tonabnehmer – angeblich – nur mehr
Nuancen hinzufügen können. Einer wissenschaftlichen Betrachtung kann diese Hypothese jedoch
nicht standhalten, und auch Hörversuche (Blindtests) bestätigen sie nicht. Die Tonabnehmer sind,
zusammen mit ihrer peripheren Beschaltung, klangbestimmend, die von Korpus und Hals verur-
sachten Modifikationen sind demgegenüber meistens zweitrangig. Generell unbedeutend sind sie
aber auch nicht: Die Form des Halses und die Höhe der Bünde kann bei schlechter Fertigung sehr
wohl einen Einfluss auf den Klang ausüben.
Ja, es gibt schlechte Gitarren. Die Ursachen mögen vielfältig sein, und zumeist wird nur der
Gitarrenbauer erkennen können, woran das liegt. Der Gitarrist stellt häufig nur fest, dass die
Gitarre in bestimmten Bereichen ("über dem 10. Bund ...") nicht richtig klingt, und dann wird
gerne das Holz als Ursache benannt. "Zum Vergleich hatte ich eine alte Les Paul, die konnte
man in jeder Lage ohne Probleme spielen." Die Begründung, dass diese "alte Les Paul" eben
aus dem "einzig wahren" Holz-Mix gefertigt wurde und deshalb so gut klingt, ist aber ähnlich
spekulativ wie die Begründung, ihr Klang käme von den originalen Poti-Knöpfen. Wenn
Gitarren in bestimmten Bereichen nicht richtig klingen wollen, sind zuallererst der Halsver-
lauf und die Bundhöhen zu analysieren. Das gilt erst recht, wenn die Gitarre schon lange in
Gebrauch und/oder mit einem minderwertigen Hals ausgestattet ist.
Speziell bei angeschraubten Hälsen ist ein Wechsel nicht besonders schwierig – da kann es
leicht sein, dass der Originalhals im früheren Leben abbrach und dann ein Noname-Hals (mit
Fender-Abziehbild) draufgeschraubt wurde. Oder der Vorbesitzer hat den Maple-Neck gegen
einen mit Palisander-Griffbrett getauscht (oder umgekehrt), oder er hat – siehe Blackie – die
Gitarre aus verschiedenen Einzelteilen zusammengebaut. Was nicht generell schlecht sein
muss, aber kann. Der Hals kann verzogen sein, oder zu stark oder zu wenig gewölbt [1], und
die Bünde können unterschiedlich hoch aus dem Griffbrett ragen, was einer langen Saiten-
Schwingung abträglich ist. Die einzig richtige Halskrümmung gibt es aber nicht, dazu sind die
am Markt erhältlichen Saitensätze und auch die individuellen Spielweisen zu unterschiedlich.
Ein konvexer (in Richtung Saiten gewölbter) Hals wird generell als ungeeignet abgelehnt, und
auch ein linealgerader Hals findet kaum Befürworter. Üblich ist eine leicht konkave Wölbung,
deren genauer Verlauf jedoch je nach Gitarre eigenen Gesetzen gehorcht. Sowohl was die
maximale Durchbiegung betrifft (0.2 – 1 mm), als auch die Lage dieses Maximums (bzw.
Minimums, je nach Sichtweise). Und dann ist da auch noch die Saitenlage, d.h. der Abstand
Saite/Bünde, der mit der Steghöhe pauschal veränderbar ist (den Kopfsattelkerben unterstel-
len wir an dieser Stelle eine perfekte Tiefe).
In Abb. 1 ist beispielhaft ein Griffbrettprofil mit darüberliegender Saite dargestellt. Um den
Saite/Bund-Abstand sichtbar machen zu können, ist die Skalierung der beiden Koordinaten
sehr unterschiedlich, die Winkel sind deshalb verzerrt.
0
mm
-0.5
-1.0
-1.5
-2.0
-2.5
0 10 20 30 40 50 60 cm
0
mm
-0.5
-1.0
-1.5
-2.0
-2.5
0 10 20 30 40 50 60 cm
In Abb. 3 ist nun der für das Griffbrett relevante Teil der Krümmungskurve dargestellt, nor-
miert für den ersten und letzten Bund. Im Gegensatz zu einem (mittensymmetrischen) Kreis
ist das Minimum der logarithmischen Spirale leicht in Richtung Steg verschoben. Mit dieser
Erkenntnis als Bezug sollen nun ein paar reale Gitarren analysiert werden.
0
log.
mm Spirale
-0.1
Kreis
-0.2
-0.3
-0.4
-0.5
-0.6
0 5 10 15 20 25 30 35 40 cm 45
Abb. 4 zeigt die Messergebnisse, überraschenderweise mit jeweils nach links verschobenem
Minimum. Der 12-saitigen Taylor (Presentation Series, also Top-Level) könnte man noch
unterstellen, dass sie eher für das Spiel in den tiefen Lagen konzipiert ist, was durch die
Linkslastigkeit des Minimums unterstützt wird. Aber die Les Paul? Auch nicht Massenware,
sondern Customshop ... und sicher nicht die typische Rhythmusgitarre. Das Ergebnis der Ana-
lyse von 15 weiteren Gitarren: Das Minimum liegt entweder mittig, oder Richtung Kopfplatte
verschoben. Die Gitarrenbauer halten sich offenbar nicht an die Empfehlung, die Halskrüm-
mung nach einer logarithmischen Spirale zu formen, sondern gehen ihre eigenen Wege. Und
die könnten, jetzt wird's spekulativ, anhand ganz anderer Kriterien entstanden sein. Bei der
logarithmischen Spirale ist der Bereich der stärksten Halskrümmung zum Korpus hin ver-
schoben. Je dicker der Hals, desto weniger leicht lässt er sich krümmen, und folglich müsste
die dünnste Halsstelle nahe am Übergang zum Korpus sein. Das ist bei den meisten Gitarren
aber genau anders herum, da verjüngt sich der Hals vom Korpus in Richtung Kopfplatte. Ist
aber die dünnste Halsstelle weit oben, liegt dort auch der Bereich der stärksten Krümmung,
d.h. im Bild nach links verschoben. Es ist also anzunehmen (allerdings ohne eindeutige Be-
weise), dass für die Hersteller das Halsprofil bezüglich Spielkomfort an erster Stelle steht,
und erst dann – wenn überhaupt – der Saitenfreiwinkel kommt. Für viele Gitarristen ist die
0
mm
-0.1
Kreis
-0.2
-0.3
LesPaul R9
-0.4
-0.5
Taylor PS-54 CE
-0.6
0 5 10 15 20 25 30 35 40 cm 45
Abb. 4: An zwei Gitarren gemessene Halskrümmung im Vergleich zur theoretischen Kreiskurve. Um vergleich-
bar zu sein, wurden alle Messwerte auf die theoretische Mensurlänge von 65cm umgerechnet.
Form des Halsquerschnitts ein wichtiges Kriterium. Da gibt es Hälse, deren Dicke bei den
obersten Bünden nur 18 mm beträgt, es können aber auch 20, oder sogar über 23 mm sein. Ab
etwa dem 12. Bund, wenn der Halsfuß beginnt, nimmt die Halsdicke meistens zu, und damit
auch die Biegesteifigkeit. Nicht vergessen werden darf dabei der Stahlstab, der im Halsinne-
ren die Gegenkraft erzeugt und verhindert, dass der Saitenzug den Hals zu stark krümmt. Die
Stärke der im Stahlstab eingestellten Zugspannung, aber auch die durch eine Fräsnut vorgege-
bene Stahlstab-Krümmung erzeugen eine ortsabhängige Steifigkeit, deren exakter Verlauf nur
mit hohem Aufwand berechenbar ist (auch die Messung ist aufwändig). Der Gitarrenbauer
wird die Bünde beim entspannten Hals auf gleiche Höhe einklopfen oder einschleifen, der
Rest ergibt sich, wenn Saiten und Stahlstab am Hals zerren. Mit sehr unterschiedlichen
Kräften: Mit 40kg♣ beim 9er-Saitensatz, mit 74kg beim 12er. Weil Gitarristen unterschied-
liche Saiten verwenden, muss die Stahlstabspannung als Ausgleichskraft einstellbar sein.
Doch nun kommt eine weitere Variable ins Spiel: Es darf nicht erwartet werden, dass beim
Drehen an der Stahlstabmutter die Form der Halskrümmung für alle Saitensätze auf gleichen
Verlauf einstellbar ist. Die Saitenzugkraft greift, betrachtet man die Schnittfläche, immer am
gleichen Punkt an (aber mit unterschiedlicher Stärke). Der Stahlstab verursacht sowohl Zug-,
als auch Biegekräfte – da ist Formtreue zwar möglich, aber nicht generell gewährleistet. Es ist
deshalb gut vorstellbar, dass eine 1960 für einen 12er-Satz gebaute Gitarre gut zu diesem
passt, 50 Jahre später aber weniger gut zu einem 9er-Satz. Es kann sogar passieren, dass mit
dem 9er-Satz so gut wie keine Halskrümmung mehr erreichbar ist. Denn: mehr als völlig
lockern kann man die meisten Stahlstäbe gar nicht (nur wenige können auch drücken). Dabei
kann es passieren, dass dünne Saiten zu wenig Zugkraft entwickeln und den Hals zu wenig
krümmen. Sollte der gelockerte Stahlstab gar ein Eigenleben entwickeln und beim Spielen zu
rattern anfangen, muss er fester angespannt werden, wodurch die Halskrümmung noch weiter
abnimmt. Mit der Konsequenz, dass die Gitarre möglicherweise nicht richtig klingen will,
oder, bei vergrößerter Saitenlage, schwer spielbar ist.
Es soll nicht unerwähnt bleiben, dass es inzwischen möglich ist, mit computergesteuerten
Schleifmaschinen die Höhe der Bundoberkanten weitgehend unabhängig von der Halsdicke
zu gestalten. Beim Gros der Gitarren wird aber immer noch auf diesen Luxus verzichtet, da
schleift man beim unbelasteten Hals die Bünde auf gleiche Höhe, zieht Saiten auf, spannt den
Halsstab, und lebt mit der Krümmung, die sich dann einstellt.
Neben dem globalen Verlauf der Krümmungskurve muss aber auch die Feinstruktur, müssen
die differentiellen Änderungen von Bund zu Bund betrachtet werden. Ragt ein Bund unziem-
lich weit über seine Nachbarn heraus, wird die Saitenschwingung gestört, wenn am (in
Richtung Kopfplatte) daneben liegenden Bund gegriffen wird. Bei billigen Gitarren darf nicht
erwartet werden, dass die Bünde mit hoher Präzision eingeklopft wurden, ebenso wenig bei
billigen Einzelhälsen. Deren Preisspanne ist stattlich: Original-Fender (599.- €), Noname
billig (44.- €), Noname teuer (199.- €), Warmoth (157.- bis 623.- $). Bei Warmoth bekommt
man einen guten Eindruck von der Preisgestaltung: Vor allem die Holzart, aber auch Aufbau-
und Design-Unterschiede entscheiden, ob man näher am unteren oder oberen Ende ankommt.
Bei dem für 599.- € angebotenen Fender-Hals will sich dieser Eindruck nicht so recht
einstellen, findet man doch den anscheinend gleichen Hals auch für 139.- €, dann aber ohne
Fender-Logo. Inwieweit sich hier unsichtbare Unterschiede preisrelevant bemerkbar machen,
sollte nicht untersucht werden – Ziel war, einen Maple-Neck aus dem mittleren Noname-
Preissegment zu analysieren. Offenbar muss es möglich sein, Gitarrenhälse für unter 100 Euro
zu produzieren, gibt es doch Bausätze, die für 85.- € alle Einzelteile einer E-Gitarre enthalten.
♣
Die korrekte Krafteinheit ist das Newton, 1kg → 9.81N; jedoch ist kg musikerüblich.
Perfekt abgerichtete Bünde wird man in diesem Billigsegment nicht generell erwarten dürfen,
also: Wie schlecht können Noname-Hälse sein? Dazu drei Beispiele (Abb. 5). Der Noname-
Hals ('Red Cheapo') leistet sich zwei Ausrutscher: der 4. Bund ist zu tief, der 15. ist zu hoch.
Einen zu hohen Bund kann man runterschleifen, bei einem zu tief sitzenden Bund ist der
Reparaturaufwand bedeutend größer. Der Vergleich mit einer von einem Gitarrenbauer neu
bundierten Squier zeigt, dass auch ohne CNC-Schleifmaschine ein gutes Ergebnis möglich ist.
Unspielbar ist der Red-Cheapo-Hals aber auch nicht: Bei niedrig eingestelltem Steg bemerkt
man so gerade eben die Defizite, dreht man den Steg etwas höher, ist die Gitarre brauchbar.
0
mm
-0.1
Red Cheapo
-0.2
Harley Benton
-0.3
-0.4
-0.5
-0.6
0 5 10 15 20 25 30 35 40 cm 45
0
mm Supersonic
-0.1
-0.2
-0.3
-0.4
-0.5
-0.6
0 5 10 15 20 25 30 35 40 cm 45
Abb. 5: Oben: Bundhöhen eines Noname-Halses und eines indiskutabel schlechten Bausatzes (Harley Benton).
Unten: Bundhöhen einer neubundierten Squier Supersonic.
Ein weiterer Nachteil des Noname-Halses: Der Kopfsattel war nicht tief genug gekerbt. Das
scheint ein generelles Problem billiger Hälse (und Gitarren) zu sein. Verständlich: Ist die
Kerbe nicht tief genug (= Saitenlage am 1. Bund zu hoch), so ist die Gitarre etwas schwerer
spielbar. Ist die Sattelkerbe aber zu tief, ist die Gitarre unspielbar – das ist ein großer Unter-
schied. Der Gitarrenbauer, der (anno 2018) für die Neubundierung mehrere hundert Euro ver-
langt, muss sich die Zeit nehmen, den Sattel präzise zu kerben – das gehört dazu. Bei einem
Billighals gehört es anscheinend nicht (oder nur in Ausnahmefällen) dazu.
Wie macht sich ein ungünstiges Halsprofil bemerkbar, was bedeutet "schwer spielbar" oder
"die Gitarre klingt nicht"? Hier kommt nun die heilige Kuh des Gitarrenbauers auf das Eis,
von dem sie dann kaum mehr 'runterzubekommen ist, hier kommt das Sustain. Das, glaubt
man den Sprachschöpfern des Profisports, gar nicht hoch genug sterilisiert werden kann. Der
angeschlagenen Ton soll möglichst lange nachklingen, akzeptiert – und was hindert ihn
daran? Die inneren Saitendämpfung, die Strahlungsdämpfung, die Lagerdämpfung, und der
Kontakt zu den Bünden [1]. Innere Dämpfung, das sind Reibungsverluste im Metall beim
Verformen der Saite. Und hierzu gehört auch die Auswirkung von Fett und Hautresten, die
sich in der Umspinnung ablagern und das Ausschwingen bedämpfen. Abb. 6 zeigt hierzu ein
Beispiel: Über der Frequenz ist die Abklingzeit T30 aufgetragen, das ist die Zeit, die vergeht,
bis der Pegel des jeweiligen Teiltones um 30dB abgenommen hat. Die schwarze Kurve wurde
mit einer neuen E-Saite gemessen, die rote mit einer alten. Man erkennt, dass die Teiltöne im
Bereich um 5kHz bei der alten Seite 100x schneller abklingen als bei der neuen Saite. Oder:
Innerhalb von 10ms werden die Teiltöne um 5kHz bei der neuen Saite um 0.4dB gedämpft,
bei der alten Saite um 40dB! Wenn man mit dem Sustain unzufrieden ist, sollte man also
zuallererst neue Saiten verwenden. Die Strahlungsdämpfung kommt daher, dass sich die
Saite in Luft bewegt. Unvermeidlich, denn bewegen muss sie sich, um einen Ton zu produ-
zieren. Vom Kopf- und Stegsattel kommt die Lagerdämpfung: Reibungsverluste im Steg,
aber auch im Gitarrenhals sind hier zu nennen, und – bei der Massivgitarre nur wenig
ausgeprägt – Verluste im Korpusholz. Bleiben noch die Saite-Bund-Kontakte. Hiermit ist
nicht gemeint, dass die Saite von der Greifhand gegen einen speziellen Bund gedrückt wird
(das wird als ideal vorausgesetzt), sondern dass die Saite beim Ausschwingen immer wieder
gegen die Bünde schlägt [1]. Dieser Vorgang, das Prellen, hängt von mehreren Faktoren ab:
Von der Saitenlage (Halskrümmung, Steghöhe), von der Saitendicke, und von der Anschlag-
stärke. Die folgenden Messungen sind als Beispiele zu verstehen, die die prinzipielle Ausprä-
gung eines Effekts verdeutlichen – zuzüglich individueller Variationen.
50
E2
T30 /s
30
20
15
10
8
6
4
3
2
1
0.8
0.6
0.4
0.2
0.1
0.05
0.02
0.01
0.005
.08 .1 .15 .2 .3 .4 .6 .8 1 1.5 2 3 4 5 kHz 8
Auf den folgenden Bildern ist das Ausschwingen einzelner Teiltöne (die Pegelabnahme) dar-
gestellt. Bei hochgedrehtem Stegböckchen (Non-Trem-Strat-Steg) erfolgt die Pegelabnahme
(bei dieser Gitarre) zumeist als glatte Kurve, bei niedrigem Böckchen z.T. sehr irregulär.
Grund ist das o.a. Prellen, das der Saite sowohl Schwingungsenergie entziehen, als auch die
Schwingungsrichtung drehen kann. Weil der Tonabnehmer nur Schwingungen einer Ebene
detektiert, kann so der kuriose Effekt entstehen, dass der Pegel über der Zeit zunimmt. Was
keine Energiezunahme bedeutet, sondern Drehung der Schwingrichtung von einer
griffbrettparallelen zu einer griffbrettnormalen Ebene [1]. Die roten Linien dienen nur zur
Orientierung, sie stellen keinen Soll- oder Ideal-Verlauf dar.
Bei allen Bildern gehört die schwarze Kurve zu einer Messung mit hochgedrehtem Böckchen,
die blaue zu einer mit runtergedrehtem Böckchen. Schon das erste Bild (Abb. 7) könnte Ver-
wunderung hervorrufen: Allein durch leichte Veränderung der Böckchenhöhe (sonst wurde
nichts geändert) verändert sich das Sustain! Ein Effekt, den man nun wirklich nicht dem Kor-
pusholz zurechnen kann, denn das ist in beiden Fällen dasselbe. Die genaue Ursache wurde an
dieser Stelle nicht erforscht, infrage kommt die o.a. Drehung, aber auch eine geänderte Böck-
chendämpfung. Dreheffekte wurden in [1] ausführlicher untersucht, dort finden sich auch
Hinweise auf frequenzselektive Stegdämpfungen. Denn es darf nicht erwartet werden, dass
ein von zwei Billigst-Schrauben gehaltenes Billigst-Blech bezüglich seiner Dämpfungseigen-
schaften optimiert wurde.
D-String D-String
0 4. Fret 0 4. Fret
dB 186 Hz dB 186 Hz
1. Partial 1. Partial
-10 -10
-20 -20
-30 -30
-40 -40
-50 -50
-60 -60
0 0.5 1 1.5 2 2.5 s 3 0 0.5 1 1.5 2 2.5 s 3
Den Pegelabfall der 2. Harmonischen zeigt Abb. 8. Einmal für hohes Böckchen (schwarz),
dreimal für niedriges Böckchen, wobei die Saite unterschiedlich (aber arttypisch) angezupft
wurde. Generell bildet sich bei niedrigem Böckchen ein Attack-Impuls ("Snap") aus, danach
ist der Pegel niedriger als beim Ausschwingen mit hohem Böckchen. Etwas niedriger, oder
fast 10dB niedriger. Der Einfluss des Gitarristen (bzw. dessen Plektrum), das kann nicht oft
genug wiederholt werden, verdient Beachtung – mehr als das Holz.
D-String D-String
0 4. Fret 0 4. Fret
dB 371 Hz dB 371 Hz
2. Partial 2. Partial
-10 -10
-20 -20
-30 -30
-40 -40
-50 -50
-60 -60
0 0.5 1 1.5 2 2.5 s 3 0 0.5 1 1.5 2 2.5 s 3
D-String D-String
0 4. Fret 0 4. Fret
dB 371 Hz dB 371 Hz
2. Partial 2. Partial
-10 -10
-20 -20
-30 -30
-40 -40
-50 -50
-60 -60
0 0.5 1 1.5 2 2.5 s 3 0 0.5 1 1.5 2 2.5 s 3
Abb. 8: Pegelabfall der 2. Harmonischen, D-Saite am 4. Bund gegriffen; Saite unterschiedlich angezupft.
Noch größer sind die Unterschiede (bei dieser Beispiel-Gitarre) beim Abklingen der 3. Har-
monischen (Abb. 9). Und auch hier kommen die Unterschiede zwischen den blauen Kurven
nur von einem leicht geänderten Anschlag.
D-String D-String
0 4. Fret 0 4. Fret
dB 558 Hz dB 558 Hz
3. Partial 3. Partial
-10 -10
-20 -20
-30 -30
-40 -40
-50 -50
-60 -60
0 0.5 1 1.5 2 2.5 s 3 0 0.5 1 1.5 2 2.5 s 3
D-String D-String
0 4. Fret 0 4. Fret
dB 558 Hz dB 558 Hz
3. Partial 3. Partial
-10 -10
-20 -20
-30 -30
-40 -40
-50 -50
-60 -60
0 0.5 1 1.5 2 2.5 s 3 0 0.5 1 1.5 2 2.5 s 3
Abb. 9: Pegelabfall der 3. Harmonischen, D-Saite am 4. Bund gegriffen; Saite unterschiedlich angezupft.
Ähnliche Ergebnisse findet man bei anderen Harmonischen (Abb. 10) und anderen Bünden
(Abb. 11 – 12). Vor allem bei niedrigem Böckchen hing bei diesen Analysen das Abklingen
stark vom Anzupfvorgang ab, der hierbei das Prellen wesentlich beeinflusst (siehe auch [1]).
D-String D-String
0 4. Fret 0 4. Fret
dB 1860 Hz dB 1860 Hz
10. Partial 10. Partial
-10 -10
-20 -20
-30 -30
-40 -40
-50 -50
-60 -60
0 0.5 1 1.5 2 2.5 s 3 0 0.5 1 1.5 2 2.5 s 3
D-String D-String
0 4. Fret 0 4. Fret
dB 1860 Hz dB 1860 Hz
10. Partial 10. Partial
-10 -10
-20 -20
-30 -30
-40 -40
-50 -50
-60 -60
0 0.5 1 1.5 2 2.5 s 3 0 0.5 1 1.5 2 2.5 s 3
Abb. 10: Pegelabfall der 10. Harmonischen, D-Saite am 4. Bund gegriffen; Saite unterschiedlich angezupft.
D-String D-String
0 14. Fret 0 14. Fret
dB 1325 Hz dB 1325 Hz
4. Partial 4. Partial
-10 -10
-20 -20
-30 -30
-40 -40
-50 -50
-60 -60
0 0.5 1 1.5 2 2.5 s 3 0 0.5 1 1.5 2 2.5 s 3
D-String D-String
0 14. Fret 0 14. Fret
dB 2000 Hz dB 2000 Hz
6. Partial 6. Partial
-10 -10
-20 -20
-30 -30
-40 -40
-50 -50
-60 -60
0 0.5 1 1.5 2 2.5 s 3 0 0.5 1 1.5 2 2.5 s 3
Die vorliegenden Messungen zeigen deutlich, dass die Form des Gitarrenhalses und die Höhe
der Bünde einen wesentlichen Einfluss auf den Sound der Gitarre haben, vor allem bei niedrig
eingestellter Saitenlage.
Literatur:
[1] Zollner M.: Physik der Elektrogitarre, www.gitarrenphysik.de
[2] Meinel E. (Ed.): Intonation, Temperierung, Mensurkompensation bei Zupfinstrumenten, FH Zwickau, 2006.
[3] Zollner M.: Elektroakustik für Bühne und Studio, www.gitarrenphysik.de
[4] Zollner M.: Die MAC-Gitarre, www.gitarrenphysik.de
Fachartikel in www.gitarrenphysik.de: 23 Der LDR als steuerbarer Widerstand
1 Gitarren-Lautsprecher 24 Steuerbare Allpässe – Uni-Vibe & Co.
2 Studio-Lautsprecher 25 Der JFET als steuerbarer Widerstand
3 Welche ECC83 darf's denn sein? 26 Messdaten eines Nahfeld-Monitors
4 Reamping and Reguitaring 27 Bündelung: Studio- und Heimlautsprecher
5 Gitterstrom bei Trioden 28 Bündelung: Hörner
6 Der Verzerrer 29 Bündelung: Instrumentallautsprecher
7 Der Range-Master rauscht 30 Lautsprecher-Parameter: Datensammlung
8 Raumakustik 31 Lautsprecher-Parameter: Messverfahren
9 Saitenalterung 32 Lautsprecher-Parameter: Strahlungsimpedanz
10 Lautsprecherkabel 33 Bundhöhen
11 Schaltungsvarianten für das Reguitaring 34 Federhall-Systeme
12 Verzerrungen: gerade oder ungerade? 35 Alnicomagnet-Tonabnehmer
13 Die Basswiedergabe beim Studio-Monitor 36 Der Lace "Holy Grail"
14 Vom Sinn und Unsinn der CSD-Wasserfälle 37 Batterien für Effektgeräte
15 Artefakte bei Wasserfall-Spektrogrammen 38 Verzerrungsarme RC-Generatoren
16 Equalizer und Allpässe, Teil 1 – 3 39 Millivoltmeter mit echter RMS-Anzeige
17 Studio- und Messmikrofone, Teil 1 – 5 40 Einfache RC-Schaltungen
18 Die Dummy-Load als Lautsprecher-Ersatz 41 Pickup-Parameter messen – aber richtig
19 Nichtlineare Modelle 42 Frequenzgangmessungen
20 Wie misst man Elkos? 43 Stochastische Signale
21 Der Lautsprecher-Phasengang 44 Gitarrenkabel
22 Negative Gruppenlaufzeit 46 Lautsprecher-Nichtlinearitäten