Originalprüfung Bio Abi 2008 Nordrhein-Westfalen

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Originalklausur

mit Musterlösung

Abitur Biologie
Aufgabe I: Homo sapiens / Neandertaler
Aufgabe II: MERFF-Syndrom
Aufgabe III: Lebensgemeinschaft Ameisen / Ameisenpflanzen

In den Aufgabenstellungen werden unterschiedliche Operatoren (Arbeitsan-


weisungen) verwendet; sie weisen auf unterschiedliche Anforderungsbereiche
(Schwierigkeitsgrade) hin und bedeuten, dass unterschiedlich viele Punkte
erzielt werden können. Die Lösungen zeigen beispielhaft, welche Antworten
die verschiedenen Operatoren erfordern.

Alles Wissenswerte rund um die Abiprüfung finden Sie im Buch im Kapitel


„Prüfungsratgeber und Prüfungsaufgaben“.

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Für die Fächer Deutsch, Englisch, Mathematik, Geschichte,


Biologie, Chemie, Physik sowie Politik und Wirtschaft
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Abiturprüfung 2008
Biologie, Leistungskurs

Aufgabenstellung:

Thema: Homo sapiens und Neandertaler

I.1 Erläutern Sie die Bedeutung der DNA-Sequenzanalyse bei dem Erstellen von Stamm-
bäumen. Werten Sie die in den Materialien A und B angeführten Informationen (Se-
quenzanalyse, Datierungen, räumliche Zuordnung) aus und entwickeln Sie im Hin-
blick auf die Verwandtschaftsbeziehungen der Neandertalerpopulationen Hypothesen
zur Erklärung der dargestellten Befunde. (18 Punkte)

I.2 Beschreiben Sie die PCR-Methode und erläutern Sie vor dem Hintergrund möglicher
Untersuchungsaussagen den Einsatz der verschiedenen Primer. Fassen Sie das Er-
gebnis von Tabelle 2 (Material C) zusammen und erläutern Sie es. (22 Punkte)

I.3 Werten Sie die Daten der Materialien D und E aus und diskutieren Sie auch unter
Berücksichtigung von Material C, ob die Daten eine schlüssige Aussage bezüglich
einer Vermischung oder Nichtvermischung der Neandertaler- und Homo-sapiens-
Populationen erlauben. (12 Punkte)

I.4 Erläutern Sie die globale Ausbreitung von Homo sapiens unter Hinweis auf DNA-
Untersuchungen und Fossilfunde (Material F). Entwickeln Sie eine begründete
Stammbaumhypothese zur Evolution von Homo sapiens und von Neandertalern un-
ter Einbeziehung deren Ausbreitung, die von Homo erectus ausgeht, und erörtern Sie
die Frage, ob Homo sapiens die Neandertaler in Europa verdrängt haben könnte.
(14 Punkte)

Zugelassene Hilfsmittel:

• Wörterbuch zur deutschen Rechtschreibung

Nur für den Dienstgebrauch!


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Material A: Stand der Forschung


1856 wurden in der Feldhofer Grotte im Neandertal bei Düsseldorf große Teile des Skeletts
eines Mannes gefunden. Die deutlichen Unterschiede vor allem in der Anatomie des Schä-
dels führten zu der Erkenntnis, dass es sich um eine ausgestorbene Menschenform (den
„Neandertaler“) handeln müsse.
Das Alter des Skeletts wurde mit einer Radiokarbondatierung auf 42 000 Jahre bestimmt.
Seitdem wurden etwa 300 weitere Überreste von Neandertalern ausschließlich in Europa und
Westasien gefunden. Die jüngsten Überreste von Neandertalern sind ca. 30 000 Jahre alt. In-
zwischen geht man davon aus, dass es im Zuge der Eis- und Zwischeneiszeiten zu Verände-
rungen der Areale von verschiedenen Populationen gekommen ist.

Material B: Ein neuer Fund aus Spanien


2005 wurde in einer Höhle in El Sidrón in Spanien ein Neandertaler-Oberschenkelknochen
ausgegraben. Die Wissenschaftler haben mtDNA (Mitochondrien-DNA) aus diesem Kno-
chen untersucht und konnten eine Teilsequenz bestimmen. Tabelle 1 zeigt das Ergebnis im
Vergleich zu bisher bekannten mtDNA-Sequenzen von anderen Fundorten (Abb. 1).

Tabelle 1: Anzahl der Basenunterschiede von Neandertaler-mtDNA-Teilsequenzen

El Sidrón Düsseldorf Monti Lessini Vindija Mezmaiskaya


El Sidrón
(43 000 Jahre alt)
Düsseldorf
2
(42 000 Jahre alt)
Monti Lessini
7 7
(50 000 Jahre alt)
Vindija 77
1 1 6
(39 000 Jahre alt)
Mezmaiskaya
5 5 8 4
(29 000 Jahre alt)

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Abb. 1:
Fundorte von Neandertaler-Fossilien, deren DNA untersucht wurde.

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Material C: Verschiedene Primer als Test


Um genügend Genmaterial für eine Analyse der DNA aus Fossilien zu gewinnen, wird
normalerweise die PCR-Methode (polymerase chain reaction) eingesetzt. Entscheidend ist
dabei die Verwendung der richtigen Primer. Der Leipziger Biologe David Serre hat 2004
zwei verschiedene Typen von Primern eingesetzt: „Hominoiden-Primer“, die auf homologe
Mitochondrien-DNA-Stücke von Neandertalern, Homo sapiens und Menschenaffen passen
und „Neandertaler-Primer“, die nach bisherigen Erkenntnissen die Vervielfältigung von
Stücken der Neandertaler-DNA ermöglichen.

Tabelle 2: DNA-Vervielfältigung mit Hominoiden-Primern und Neandertaler-Primern bei


Neandertalern und frühen Homo-sapiens-Funden. Die Angabe 2/3 bedeutet:
2 erfolgreiche Vervielfältigungen bei 3 Versuchsansätzen

Hominoiden-Primer Neandertaler-Primer
Neandertaler-Funde
Vindija 77 (Kroatien) 39.000 Jahre 3/3 2/3
Engis 2 (Belgien) (Alter bisher nicht feststellbar) 2/3 2/3
La Chapelle-aux-Saints (Frankreich) 45.000 Jahre 3/3 2/3

Homo-sapiens-Funde
Mladec 25 C (Tschechien) 31.000 Jahre 3/3 0/3
Mladec 2 (Tschechien) 31.000 Jahre 2/2 0/2
Cro Magnon (Frankreich) 30.000 Jahre 3/3 0/3
Abri Pataud (Frankreich) 18.600 Jahre 3/3 0/3
La Madeleine (Frankreich) 15.000 Jahre 2/3 0/3

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Material D: Ergebnisse der mtDNA-Analyse des


Düsseldorfer Neandertalers
Der deutsche Wissenschaftler M. Krings und seine Mitarbeiter haben Knochenmark aus dem
Skelett des 1856 in der Nähe von Düsseldorf gefundenen Neandertalers untersucht und die
Ergebnisse 1997 veröffentlicht. Es gelang ihnen, eine Sequenz zu rekonstruieren, die insge-
samt 379 Basenpaare umfasste.

Diese Sequenz wurde mit 994 verschiedenen mtDNA-Sequenzen verglichen, die von heute
lebenden Menschen stammten.

Auch heute lebende Menschen unterscheiden sich natürlich untereinander in ihren mtDNA-
Sequenzen. Diesbezügliche Untersuchungen ergaben, dass sich die Europäer um 5 Basen,
Asiaten um 6 Basen und Afrikaner um 8 Basen im statistischen Mittel innerhalb der jewei-
ligen Bevölkerungsgruppe voneinander unterscheiden.

Tabelle 3: Anzahl unterschiedlicher Basen der mtDNA heute lebender Menschen


im Vergleich zu der des Düsseldorfer Neandertalers

Anzahl unterschiedlicher Basen


Düsseldorfer Neandertaler – Europäer 28
Düsseldorfer Neandertaler – Ureinwohner Australiens 28
Düsseldorfer Neandertaler – Afrikaner 27
Düsseldorfer Neandertaler – Ureinwohner Nordamerikas 27
Düsseldorfer Neandertaler – Asiaten 28

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Material E: Vergleich der mtDNA des Düsseldorfer Neandertalers


und des Kaukasus-Neandertalers aus Mezmaiskaya
Die Analyse der Mitochondrien-DNA (mtDNA) eines etwa zwei Monate alten Neanderta-
ler-Säuglings aus der Berghöhle bei Mezmaiskaya im Kaukasus (ca. 2500 km von Düssel-
dorf entfernt) konnte im Jahr 2000 durchgeführt werden.

Radiokarbonuntersuchungen zeigten, dass der Fund etwa 29 000 Jahre alt war.

Tabelle 4: Anzahl unterschiedlicher Basen der mtDNA (Die Längen der untersuchten
mtDNA- Sequenzausschnitte unterscheiden sich von denen in Material B.)

Anzahl unterschiedlicher
Basen (Mittelwerte)
Neandertaler aus Mezmaiskaya – Düsseldorfer Neandertaler 12
Neandertaler aus Mezmaiskaya – heute lebende Afrikaner 23
Neandertaler aus Mezmaiskaya – heute lebende Asiaten 23
Neandertaler aus Mezmaiskaya – heute lebende Europäer 25

Material F: Die Ursprünge von Homo sapiens


Homo erectus lebte vor 1,8 Millionen Jahren bis etwa 400 000 Jahren vor heute in Afrika,
Europa und Asien.

Neandertaler-Fossilien fand man bisher nur in Europa und Westasien; die jüngsten Fossilien
sind ca. 30 000 Jahre alt.

Die ältesten Fossilien von Homo sapiens stammen aus Afrika (Äthiopien, 195 000 Jahre); die
ältesten Homo-sapiens-Funde aus Asien (China) sind 67 000 Jahre alt und die ältesten Homo-
sapiens-Funde in Europa (36 000 Jahre alt) stammen aus Rumänien. Der amerikanische Bio-
loge Allan Wilson veröffentlichte 1987 die Ergebnisse seiner Untersuchungen der Mito-
chondrien-DNA (mtDNA) von 147 heute lebenden Individuen aus Afrika, Asien, Australien,
Neuguinea und Europa. Das Ergebnis waren 133 verschiedene Typen von mtDNA, die mit
mathematischen Methoden in einem „Ähnlichkeits-Stammbaum“ dargestellt werden konnten.
Es stellte sich heraus, dass der Stammbaum in zwei Gruppen zerfiel: eine rein afrikanische
und eine mit Vertretern aus allen untersuchten Kontinenten. Die afrikanische Gruppe zeigt re-
lativ größere Unterschiede untereinander und ist älter. Das Alter des (weiblichen) gemeinsa-
men Vorfahren („Eva“) schätzte Wilson auf ca. 200 000 Jahre.

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Abiturprüfung 2008
Biologie, Leistungskurs

Aufgabenstellung:

Thema: Das MERRF-Syndrom

II.1 Begründen Sie, warum x-chromosomale Vererbung des MERRF-Krankheitsbildes,


wie in Material C dargestellt, ausgeschlossen ist und eine autosomal rezessive Ver-
erbung wenig wahrscheinlich ist. Erläutern Sie dies anhand geeigneter Falldarstel-
lungen aus Abbildung 1. (16 Punkte)

II.2 Beurteilen Sie, inwieweit eine mitochondriale Vererbung durch das Material A bis D
abgesichert erscheint, und erklären Sie das Zustandekommen des Krankheitsbildes.
(12 Punkte)

II.3 Beschreiben Sie kurz die Vorgänge bei der Translation und gehen Sie dabei beson-
ders auf die Rolle der tRNA ein. Erläutern Sie unter Bezug auf die in Material E
dargestellten Erkenntnisse die molekulargenetische Ursache des MERRF-
Krankheitsbildes. (24 Punkte)

II.4 Stellen Sie dar, welche Inhalte eine genetische Beratung der Schwestern und Brüder
der Mutter des Patienten in Material B anlässlich geäußerter Kinderwünsche haben
muss. (14 Punkte)

Zugelassene Hilfsmittel:

• Wörterbuch zur deutschen Rechtschreibung

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Material A: MERRF-Syndrom und Mitochondrien


Beim MERRF-Syndrom, einer recht seltenen Krankheit, wurde nach seiner Entdeckung eine
erbliche Komponente zunächst widersprüchlich diskutiert. MERRF bedeutet: Myoclonic
epilepsy associated with ragged-red muscle fibers (Muskelschüttelkrämpfe verbunden mit
ausgefransten roten Muskelfasern).
Aufgrund der Symptome wurden die Mitochondrien in die Untersuchungen einbezogen.
Mitochondrien vermehren sich durch eine vom Zellzyklus unabhängige Teilung, die der
Zellteilung von Bakterien sehr ähnlich ist. Tatsächlich fand man Mitochondrien mit einge-
schränkter Funktion („defekte Mitochondrien“) in den Gewebszellen von MERRF-Kranken,
daneben allerdings auch vollständig intakte Mitochondrien. Denn bei jeder Zellteilung erfolgt
eine zufällige Verteilung der Mitochondrien, so dass in den Tochterzellen intakte und defekte
Mitochondrien nebeneinander existieren (Heteroplasmie) oder alle Mitochondrien die glei-
che Mutation in ihrer DNA tragen (Homoplasmie). Innerhalb eines Gewebes treten entspre-
chend gesunde Zellen neben krankhaft veränderten auf. Die Krankheit wird erst dann auf-
fällig, wenn der Heteroplasmiegrad im entsprechenden Gewebe 50 – 80% beträgt.

Material B: Patient mit MERRF-Syndrom


(gekürzte Schilderung aus einem Patientenforum)

„Sven ist heute 6½ Jahre alt und die Diagnosesuche ging los, da war er fast 2 Jahre alt und
bis wir die Diagnose hatten, gingen ca. 1½ Jahre ins Land. Bei uns war es auch so, dass die
Ärzte die Muskelbiopsie, also die Entnahme und Untersuchung von Muskelzellen aus dem
Oberschenkelmuskel erstmal nicht machen wollten, aber letztendlich nicht drum herum
kamen. ...
Sven war leider noch ein Frühchen (Frühgeburt) aus der 27. Schwangerschaftswoche und
da wurden viele Auffälligkeiten erstmal auf seine Frühgeburt geschoben. …
Trotzdem fiel auf, dass sich seine Muskulatur wie Wackelpudding anfühlte und auch sehr
wenig Muskelgewebe überhaupt da war. Nach allen Seiten drehen konnte er sich erst mit
fast 3 Jahren. Es hieß, er würde nie laufen lernen und nie sprechen lernen. Aber, die Ärzte
irrten sich, Gott sei Dank. Er lernte sprechen, viel später, aber das ist egal. Und er lernte so-
gar das freie Laufen mit fast 5 Jahren. Allerdings hat er eine starke Belastungsintoleranz
[...] aufgrund des Energiemangels. Kurze Strecken geht er, und für draußen hat er seinen
Rolli. Er hat auch immer wieder sehr schlappe Phasen, wo er fast den ganzen Tag nur
liegt.“

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Material C: Stammbaum einer betroffenen Familie

Abb. 1: MERRF-Stammbaum, Merkmalsträger sind schwarz dargestellt. Die Personen 3, 6 und 10 stammen
aus Familien, in denen das Krankheitsbild nachweislich nie aufgetreten ist.

Material D: Mitochondrien in Eizellen, Spermien und verschiedenen


Geweben
Jedes Spermium besitzt im Halsteil weniger als 50 Mitochondrien, jede Eizelle im Plasma
Tausende. Bei der Befruchtung dringt nur der Kopf des Spermiums in die Eizelle ein.
Den höchsten Mitochondriengehalt haben die Gewebe, in denen der Sauerstoffbedarf sehr
hoch ist, dazu gehören die Skelettmuskulatur (vor allem Arme und Beine), das Gehirn und
das Herz.
Mitochondrien besitzen eigene DNA, eigene Ribosomen, eigene Proteine und vermehren
sich unabhängig vom Zellzyklus.

Abb. 2: Größenvergleich Eizelle/Spermium

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Material E: Molekulare Ursachen des MERRF-Krankheitsbildes

Abb. 3: Karte der mitochondrialen DNA des Menschen.

Dargestellt sind der ringförmige DNA-Strang eines Mitochondriums sowie beispielhaft für
einige Bereiche die Position der Basen; so codiert z. B. der Bereich von 648 bis 1601 für
die kleine Untereinheit der Ribosomen (12s rRNA). Beschriftet sind außerdem Bereiche,
die für bestimmte Proteine codieren, z. B. „ND“ für NADH-Dehydrogenase und „CO“ für
Cytochrom c-Oxidase, beides Enzyme, die an der Energiebereitstellung beteiligt sind. Zu-
sätzlich erkennt man, welche Bereiche in tRNA transkribiert werden, so steht z. B. „K“ für
die tRNALysin und „G“ für die tRNAGlycin.

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Genom: Homo sapiens, Mitochondrium, Positionen 8295 – 8364


normal:
CACTGTAAAGCTAACTTAGCATTAACCTTTTAAGTTAAAGATTAAGAGAACCAACACCTCTTTACAGTGA
8300 8350
MERRF:
CACTGTAAAGCTAACTTAGCATTAACCTTTTAAGTTAAAGATTAAGAGAGCCAACACCTCTTTACAGTGA
8300 8350

Abb. 4: Ausschnitt aus der mitochondrialen DNA eines Gesunden und eines an MERRF Erkrankten

Dargestellt ist der Prozentsatz vollständiger Proteine in


Prozentzahl vollständiger Proteine (Vergleich mit Gesundem)

den Mitochondrien eines MERRF-Kranken (verglichen


mit einem gesunden Menschen) und zwar in Abhän-
gigkeit von der Anzahl des in den Proteinen vorhande-
nen Aminosäurebausteins Lysin.
Die Kurve stellt einen mathematischen Zusammenhang
dar, der hier nicht berücksichtigt werden muss.

Anzahl der Lysin-Bausteine im fertigen Protein

Abb. 5: Proteine in Mitochondrien eines MERRF-Kranken.

Außer den in Abbildung 5 angeführten Proteinen findet man in den Mitochondrien Erkrank-
ter ein sogenanntes MERRF-Protein. Es handelt sich dabei um unvollständige Reste des
Proteins COI; auch fand man unvollständige Reste des Proteins ND2 in hoher Konzentrati-
on in MERRF-Mitochondrien.

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Abiturprüfung 2008
Biologie, Leistungskurs

Aufgabenstellung:

Thema: Eine Lebensgemeinschaft von Ameisen und Ameisenpflanzen

III.1 Fassen Sie die in den Materialien A und B dargestellten Ergebnisse der durchgeführ-
ten Versuche zusammen. (18 Punkte)

III.2 Begründen Sie mit Hilfe der Materialien A und B, dass es sich bei der Lebensge-
meinschaft von Ameisen und den verschiedenen Ameisenpflanzen um eine Sym-
biose entsprechend der in Material C angegebenen Definition handelt. Diskutieren
Sie diese Lebensgemeinschaften vor dem Hintergrund von Aufwand und Nutzen.
(22 Punkte)

III.3 Fassen Sie die Aussagen der Abbildungen 3, 4 und 5 aus Material D zusammen und
erläutern Sie mit Hilfe der Abbildung 6 und unter Einbezug aller Materialien, auf
welche Weise die Produktion von Blattnektar über den Fraßdruck reguliert wird. Er-
klären Sie die biologische Funktion dieses Regulationsmechanismus in Bezug auf
Aufwand und Nutzen. (26 Punkte)

Zugelassene Hilfsmittel:

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Material A:
In Südostasien, speziell in West-Malaysia und auf Borneo, ist die Baumgattung Macaranga
beheimatet. Auf vielen dieser Macaranga-Bäumen leben Ameisenkolonien der Gattung
Crematogaster. Es handelt sich bei den Bäumen um ein Beispiel von so genannten „Amei-
senpflanzen“. Das Verhalten dieser Ameisen gegenüber Insekteneiern und Raupen wird in
Tabelle 1 dargestellt. Außerdem kappen sie die Ranken von Schlingpflanzen, sobald diese
ihren Wirtsbaum berühren.
Viele Macaranga-Bäume produzieren auf ihren Blättern so genannten extrafloralen Nektar
(Blattnektar), der nicht der Anlockung von bestäubenden Insekten dient, sondern eine Nah-
rungsquelle für Ameisen, Wespen und andere räuberische Insekten darstellt. Außerdem
werden Futterkörperchen von diesen Bäumen produziert. Sie werden von diesen Bäumen
von ihren Nebenblättern als spezielle Produkte gebildet.
Als fakultative Ameisenpflanzen bezeichnet man solche, die nur zum Nahrungserwerb
besucht werden.
Als obligate Ameisenpflanzen bezeichnet man Arten, die dauerhaft bewohnt werden.

Versuch 1
In einem Versuch untersuchte man das Verhalten von Ameisen auf einer obligaten Amei-
senpflanze.
Tabelle 1: Untersuchungen zum Verhalten von Ameisen gegenüber Eiern von Insekten,
Raupen und Futterkörperchen nach ihrer Entdeckung
Eier von Insekten 90 % wurden von den Ameisen von den Blättern entfernt, keine Nahrungsquelle
Raupen 80,5 % wurden von den Ameisen durch Bisse vertrieben, keine Nahrungsquelle
Futterkörperchen wurden von den Ameisen gefressen

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Versuch 2
Eine Analyse der chemischen Zusammensetzung der Futterkörperchen unterschiedlicher
fakultativer und obligater Ameisenpflanzen wurde durchgeführt. Ziel war es, die Bedin-
gungen zu ermitteln, nach denen Ameisen obligate Pflanzen auswählen.

Tabelle 2: Chemische Zusammensetzung und Energiegehalt der Futterkörperchen ver-


schiedener obligater und fakultativer Ameisenpflanzen
Pflanzenarten Vergesell- Kohlenhydrate Proteine Lipide Energiegehalt
schaftung (mg/g Frisch- (mg/g Frisch- (mg/g Frisch- (kJ/g Frisch-
Pflanze/ gewicht) gewicht) gewicht) gewicht)
Ameise
Macaranga triloba obligat 10,3 15,9 146,9 6,0
M. hullettii obligat 19,7 17,8 156,4 6,6
M. hosei obligat 22,4 21,8 91,5 4,2
M. tanarius fakultativ 39,3 6,1 82,6 3,9
Pseudomyrmextricuspidata fakultativ 14,8 6,0 5,0 0,5

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Material B:
Versuch 3
Es wurde eine Langzeitstudie bei Pflanzen der Art Macaranga triloba durchgeführt, bei der
während eines Jahres das relative Blattwachstum bzw. der relative Blattverlust bedingt
durch pflanzenfressende Insekten untersucht wurden. Untersucht wurden Pflanzen, die von
Ameisen bewohnt waren und solche ohne Ameisen.

Die Ergebnisse dieser Studie werden in der folgenden Abbildung 1 dargestellt.

Macaranga triloba
400
300
200
100
0
-100

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17
Nummer des Pflanzenpaares
in Anwesenheit von Ameisen
ohne Anwesenheit von Ameisen
kennzeichnet eine Versuchspflanze, die während der
Versuchsdauer wieder besiedelt wurde.
Werte von zwei vergleichbaren Pflanzen (eine mit, eine ohne Ameisen)
wurden nebeneinander gezeichnet und bilden ein Paar.

Abb. 1: Relatives Blattwachstum bzw. relativer Blattflächenverlust (Zuwachs bzw. Verzehr durch pflanzen-
fressende Insekten bezogen auf einen Durchschnittswert) von Pflanzen der Art Macaranga triloba in-
nerhalb eines Jahres mit und ohne Ameisen

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Versuch 4
Bei einem weiteren Versuch wurde bei jeweils 30 Ameisenpflanzen die Ausbildung von
zusätzlichen Futterkörperchen angeregt (+ Futterkörperchen) bzw. entfernt (- Futterkörper-
chen) oder die Pflanzen wurden nicht manipuliert (Kontrolle). Nach 30 Tagen wurden die
Anzahl der Ameisen und die Altersstruktur der Ameisenpopulation (Eier, Larven, Puppen)
bestimmt (Abb. 2).

Abb. 2: Abhängigkeit einer Ameisenkolonie von dem Vorhandensein bzw. Fehlen der Futterkörperchen

Material C:
In einem Schulbuch findet man folgende Definition für ein Beispiel einer interspezifischen
Beziehung:

Ein Symbiose ist „eine Beziehung zwischen artverschiedenen Lebewesen, die für beide
Partner vorteilhaft und durch enges räumliches Zusammenleben gekennzeichnet ist.“

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Material D:
In einem Experiment wurden 30 von Ameisen besiedelte Ameisenpflanzen sechs Wochen
lang alle vier Tage mit Jasmonsäure besprüht, durch Fraß oder gezielt mit Nadelstichen be-
schädigt. Jasmonsäure ist ein Stoff, der in Pflanzen produziert wird und verschiedene Reak-
tionen bewirkt. Jasmonsäure kann auch in Experimenten auf die Pflanzen gesprüht werden
und wirkt dann ebenfalls.

Die Ergebnisse des Experiments zeigen Abb. 3, 4 und 5.

Abb. 3:
Nektarproduktion von Macaranga tanarius unter
verschiedenen Bedingungen (Nektar: ausge-
schiedener, stark zuckerhaltiger Pflanzensaft)
Kontrolle: Pflanzen wurden nicht behandelt
Sprüh-Kontrolle: die Pflanzen wurden nur mit dem
Lösungsmittel und nicht mit Jasmonsäure besprüht
Künstlicher Schaden: die Pflanzen wurden ge-
zielt mit Nadelstichen beschädigt (Löcher)
Fraß: man lässt Insekten fressen
Jasmonsäure: wurde aufgesprüht

Abb. 4:
Auswirkung von einer mechanischen Beschädi-
gung und einer Behandlung mit Jasmonsäure auf
Fraßschäden durch pflanzenfressende Insekten.
Die von Ameisen besiedelten Pflanzen wurden
erst mit Jasmonsäure behandelt bzw. künstlich
beschädigt. Anschließend wurde das Ausmaß an
Fraßschäden ermittelt.
Kontrolle: Die untersuchten Pflanzen wurden
nicht behandelt bzw. nicht beschädigt.

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Abb. 5: Anzahl der auf mit Jasmonsäure behandelten und auf Kontrollpflanzen auftretenden räuberischen
Insekten und nektarsuchenden Insekten (z. B. Ameisen)

Abb. 6: Regulation der Blattnektar-Produktion von Ameisenpflanzen:


Dargestellt sind die relative Konzentration an der von der Pflanze selbst im Gewebe gebildeten
Jasmonsäure, die relative Menge des von der Pflanze gebildeten Nektars, die relative Anzahl der
Raupen, die relative Anzahl der Ameisen, die relative Anzahl der Futterkörperchen sowie das
Wachstum der Knospen in Symbolen.

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Musterlösungen für die
Prüfungsaufgaben Abitur

Prüfungsfach: Biologie (Nordrhein-Westfalen 2008)


Autor: Elke Schindler

I. Aufgabe I: Homo sapiens und Neandertaler

I.1
Bei einer DNA-Sequenzanalyse wird die exakte Reihenfolge der Nucleotide in einem DNA-
Strang durch Sequenzierung ermittelt. Der Vergleich von DNA-Sequenzen z. B. mitochon-
drialer DNA kann ziemlich genau Aufschluss darüber geben, ob zwei Arten miteinander
verwandt sind und wenn mehrere Arten oder Gruppen verglichen werden, welche näher
miteinander verwandt sind als andere. Der Verwandtschaftsgrad wird dabei an Basen- bzw.
Nucleotidunterschieden festgemacht. Jedoch ist sie als einzige Methode nicht ausreichend
um Stammbäume zu erstellen, denn dies würde eine konstante Mutationsrate und damit
konstante Austauschrate von Nucleotiden voraussetzen. Es scheint aber, dass die
Mutationsrate unter wechselnden äußeren Bedingungen variabel ist. Daher erlaubt die DNA-
Sequenzanalyse anhand der Basenunterschiede nur quantitative Aussagen wie „näher
verwandt“ oder „nicht näher verwandt“, nicht aber Aussagen darüber, wann sich z. B.
verschiedene systematische Gruppen aufgespalten haben. Erst wenn beides bekannt ist,
kann ein Stammbaum aufgestellt werden. Deshalb benötigt man zusätzlich zu DNA-
Sequenzanalysen i. d. R. auch Fossilien, anhand derer die zeitliche Abfolge des Auftretens
neuer Merkmale mithilfe von morphologischen Untersuchungen und Altersbestimmungen
nachvollzogen werden kann.
Die Fundorte der Neandertaler-Fossilien sind ausschließlich auf Europa und Westasien
verteilt. Die jüngsten Überreste sind 29000 Jahre alt, die ältesten der in Material B
untersuchten Neandertaler sind 50000 Jahre alt. Insgesamt gesehen sind die
Basenunterschiede in den untersuchten mtDNA-Sequenzen mit 1 bis maximal 8 Basen
Unterschied recht gering. Der größte Basenunterschied besteht zwischen dem ältesten
(Monti Lessini, 50000 Jahre alt) und dem jüngsten Fund (Mezmaiskaya, 29000 Jahre alt).
Ähnlich alte Funde haben nur wenige Basen Unterschied. Man könnte annehmen, dass z. B.
die Funde von El Sidrón, Düsseldorf und Vindija, die ähnlich alt sind und sich nur durch 1
oder 2 Basen unterscheiden, ursprünglich einer Population entstammen, von der
Teilpopulationen z. B. in Zwischeneiszeiten nach Norden gezogen bzw. bei Eintritt einer
Eiszeit nach Süden gezogen sind. Zumindest scheinen die Individuen aus diesen drei
Fundorten näher miteinander verwand zu sein, als mit den beiden Funden aus Monti Lessini
und Mezmaiskaya und auch als die beiden Letzeren untereinander. Dafür spricht auch, dass
sie mit 43000, 42000 und 39000 Jahren ähnlich alt sind.

© Dudenverlag, Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG, Mannheim, 2008 1


I.2
Die Polymerase-Kettenreaktion ist eine Methode, die zur Vervielfältigung von DNA-Abschnit-
ten eingesetzt wird, aber auch zum Nachweis bestimmter Gensequenzen. Hierzu wird die zu
untersuchende doppelsträngige DNA bei 94 °C denaturiert und in die Einzelstränge gespal-
ten. Nach Abkühlung auf 50 °C wird ein Primer zugesetzt, das ist ein künstlich hergestellter
Polynucleotidabschnitt mit der komplementären Basensequenz des gesuchten DNA-Ab-
schnitts. Will man eine bestimmte Gensequenz nachweisen, benötigt man zwei Primer, mit
denen man Anfang und Ende des zu kopierenden Abschnitts festlegt. Die Primer heften sich
an die nachzuweisende DNA-Sequenz an und nach Zugabe von DNA-Polymerase und
Nucleotiden stellt die DNA-Polymerase eine Kopie der Ausgangs-DNA her. Dieser Zyklus
aus Denaturierung, Zugabe und Bindung des Primers sowie DNA-Synthese wird so oft wie-
derholt, bis eine analytisch messbare Menge der gesuchten DNA-Sequenz vorhanden ist.
In den Versuchen in Material C wurden von den zu testenden DNAs jeweils zwei Ansätze mit
zwei verschiedenen Primern gefahren. Der Hominoiden-Primer ist komplementär zu Stücken
aus der mtDNA von Neandertaler, Homo sapiens und Menschenaffen und ermöglicht so
deren Vervielfältigung. Der Neandertaler-Primer hingegen ist nach bisherigen Kenntnisstand
nur komplementär zu Stücken aus der Neandertaler-mtDNA, d. h. man kann mit ihm ganz
spezifisch diese Neandertaler-DNA vervielfältigen, nicht aber z. B. DNA von Homo sapiens.
Mit jedem der acht Funde (drei Neandertaler-Funde und fün Homo sapiens-Funde) wurden
mit jedem der Primer je drei Ansätze gefahren und notiert, bei wie viel Ansätzen es zur
Vervielfältigung kam.
Alle Ansätze mit dem Hominoiden-Primer zeigten bei mindestens zwei der drei Ansätze
Vervielfältigungen, egal ob es sich um Neandertaler- oder Homo sapiens-Funde handelt.
Dieses Ergebnis war zu erwarten, da dieser Primer auf homologe mtDNA-Stücke von
Neandertaler und Homo sapiens (und Menschenaffen) passt.
Beim Einsatz des Neandertaler-Primers zeigt sich ein anderes Bild: Bei den Neandertaler-
Funden kommt es bei zwei von drei Ansätzen zu Vervielfältigungen. Bei den Homo sapiens
Funden hingegen kommt es bei keinem der Ansätze zu einer Vervielfältigung. Dieses
Ergebnis ist eindeutig und es bestätigt, dass die dem Neandertaler zugeordneten Funde
auch wirklich Neandertaler sind und die Homo sapiens zugeordneten Funde auf jeden Fall
keine Neandertaler sind, da der Primer spezifisch nur auf Neandertaler-mtDNA anspricht.

I.3
Die Anzahl der Basenunterschiede zwischen Neandertaler und heute lebenden Menschen
aller Kontinente liegen durchweg bei 27 bzw. 28 Basen. Hingegen liegen die Basenunter-
schiede zwischen den untersuchten Gruppen der heute lebenden Menschen bei fünf bis acht
Basen, sind also deutlich geringer. Ein ähnliches Bild zeigte sich ja beim Vergleich der
mtDNA-Teilsequenzen der Neandertaler aus den verschiedenen europäischen Fundorten
(Material B). Auch bei ihnen beträgt die Zahl der unterschiedlichen Basen maximal acht, bei
drei Gruppen untereinander sogar nur eins bis zwei Basen. Allerdings kann dies auch an der
Länge der Teilstücke liegen, denn in Material E wurden immerhin 12 unterschiedliche Basen
zwischen einem Neandertaler aus Düsseldorf und einem aus dem Kaukasus festgestellt.
Dies ist aber immer noch höchstens die Hälfte der Unterschiede zwischen Neandertaler und
Homo sapiens.
Zwar kann aufgrund der Daten nicht vollkommen ausgeschlossen werden, dass es eine
Vermischung von Neandertaler- und Homo-sapiens-Populationen gab, doch fand sie
vermutlich, wenn überhaupt, nur in äußerst geringem Ausmaß statt bzw. führte nicht dazu,
dass sich bedeutendere Mengen Neandertaler-DNA im Homo-sapiens-Erbgut wiederfinden.
Selbst wenn es zu sexuellen Kontakten gekommen sein kann, ist es möglich, dass daraus
entweder keine Nachkommen entstehen konnten (im Sinne einer Artbarriere zwischen
Neandertaler und Homo sapiens) oder eventuelle Hybride von Neandertaler und Homo
sapiens waren steril und das Erbgut konnte deshalb nicht an weitere Generationen
weitergegeben werden. Außerdem muss auch berücksichtig werden, dass die in den
Materialien betrachteten Basenunterschiede sich auf die mtDNA beschränken. Dies ist ein
geringer Teil der Gesamt-DNA, der zudem nur maternal vererbt wird. Um wirklich

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verbindliche Aussagen treffen zu können, müssen die Ergebnisse weiterer Untersuchungen
von Neandertaler und Homo-sapiens-DNA abgewartet werden.

I.4
ˆ Globale Ausbreitung von Homo sapiens: Aus Material F geht hervor, dass aufgrund
von Untersuchungen der mtDNA die Linie des modernen Homo sapiens vor rund
200000 Jahren in Afrika entstanden ist. Davon ist eine Gruppe in Afrika verblieben,
eine andere verließ Afrika und besiedelte die anderen Kontinente. Wann das geschah,
geht aus dem Material nicht hervor. Sicher ist danach nur, dass Asien früher besiedelt
wurde (älteste Funde in China 67000 Jahre alt) als Europa (älteste Funde 36000 Jahre
alt). Dass die afrikanische Gruppe untereinander größere Unterschiede zeigt, als die
über alle Kontinente verstreute Gruppe, lässt zumindest darauf schließen, dass die
Auswanderungswelle erst deutlich später stattfand. Denn, bei Annahme einer
konstanten Mutationsrate, sind die Basenunterschiede innerhalb einer Gruppe umso
größer, je älter sie ist, je länger also Zeit für das Entstehen von Mutationen war. Wenn
sich z. B. die Auswanderungsgruppe erst 100000 Jahre nach Entstehen des modernen
Homo sapiens aufmachte, sich über die Erde verstreute und sich dabei wiederum in
Populationen aufspaltete, die die verschiedenen Kontinente besiedelten, dann hatte
deren mtDNA nur 100000 Jahre (bis heute) Zeit, um untereinander wiederum
Unterschiede zu entwickeln, sie sind demnach untereinander ähnlicher als mit ihrer
afrikanischen (Stamm)Gruppe.
ˆ Stammbaumhypothese: Aus Homo erectus, der bis vor rund 400000 Jahren in Afrika,
Europa und Asien lebte entwickelten sich sowohl eine Linie, aus der später der
Neandertaler hervorging, als auch eine Linie, aus der Homo sapiens hervorging. Diese
Abspaltung geschah früh. Aus der Homo sapiens-Linie spalteten sich dann von der
(älteren) afrikanischen Gruppe die Gruppen ab, die auswanderten und nach und nach
alle Kontinente besiedelten, wobei Letztere untereinander ähnlicher sind, als mit der
(ursprünglichen) afrikanischen Gruppe, aus der sie stammen.
ˆ Aus den Daten in Material B, D und E kann interpretiert werden, dass sich
Neandertaler und Homo sapiens nicht oder nicht nennenswert miteinander
vermischten. Sie müssen aber andererseits zumindest eine gewisse Zeit (Material F)
gleichzeitig in Europa gelebt haben. Daher liegt es durchaus im Bereich des Mögli-
chen, dass die Neandertaler von Homo sapiens in Europa verdrängt wurde. Wie dies
geschehen sein soll, geht aus dem Material nicht hervor. Es gibt verschiedene Möglich-
keiten: z. B. könnte Homo sapiens letztlich sich besser an das sehr wechselhafte Klima
(Eiszeiten und Zwischeneiszeiten, Material A) angepasst und dadurch einen größeren
Fortpflanzungserfolg gehabt haben. Homo sapiens könnte, zumindest regional, die
erfolgreichere Art im Kampf um eventuell begrenzte Ressourcen gewesen sein und
dadurch wiederum einen höheren Fortpflanzungserfolg gehabt haben. Vielleicht war
aber auch insgesamt die Fortpflanzungsrate von Homo sapiens (artbedingt) höher als
die der Neandertaler; vielleicht starben die Neandertaler aber auch aus, weil sie sich
nicht dauerhaft an die Klimaschwankungen oder rauen Klimaverhältnisse so anpassen
konnten, dass sie sich ausreichend fortpflanzen konnten.

II. Aufgabe II: Das MERRF-Syndrom

II.1
Bei Betrachtung des Stammbaums in Material C, fällt auf den ersten Blick auf, dass, wenn
die Mutter am MERRF-Syndrom erkrankt ist, alle Nachkommen erkrankt sind, ist die Mutter
gesund (Person 10), dann sind alle Nachkommen gesund. Da männliche und weibliche
Nachkommen bei einer kranken Mutter gleichermaßen erkranken, müsste bei einer X-chro-
mosomalen Vererbung der Erbgang dominant sein, sonst würden nicht alle weiblichen
Nachkommen erkranken. Im Falle der Nachkommen der Eltern 9 und 10 sind die Nach-

© Dudenverlag, Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG, Mannheim, 2008 3


kommen jedoch alle gesund, das aber kann überhaupt nur möglich sein, wenn der Erbgang
rezessiv wäre. Daher ist eine X-chromosomale Vererbung auszuschließen.
Ein autosomal rezessiver Erbgang kann eigentlich auch nicht vorliegen. Die Symptom-
träger müssten auf jeden Fall homozygot in Bezug auf das Merkmal sein, sonst hätten sie
keine Symptome (ein krankes rezessives Allel wird durch ein gesundes dominantes kom-
pensiert). Und wenn sicher ist, dass in den Familien der Personen 3,6 und 10 niemals das
Krankheitsbild aufgetreten ist, sollte man davon ausgehen, dass diese Personen das kranke
Allel überhaupt nicht besitzen. Dies aber wäre Voraussetzung, dass die Personen 3 und 4
sowie 6 und 7 überhaupt kranke Nachkommen haben, denn diese müssten ja wieder
homozygot in Bezug auf das Merkmal sein, das kranke Allel also von beiden Eltern geerbt
haben, was nach den vorliegenden Angaben nicht wahrscheinlich ist. Ein autosomal
rezessiver Erbgang ist also ebenfalls weitgehend auszuschließen.

II.2
Für eine mitochondriale Vererbung sprechen folgende Indizien:
ˆ Mitochondrien spielen auf jeden Fall eine Rolle beim MERRF-Syndrom, denn wie aus
Material A hervorgeht, wurden beim MERRF-Kranken defekte Mitochondrien gefunden,
wobei die Krankheit erst auffällig wird, wenn der Anteil der defekten Mitochondrien im
Gewebe mindestens 50 % beträgt.
ˆ Mitochondrien besitzen eine eigene DNA, eigene Ribosomen und eigene Proteine und
sie vermehren sich unabhängig vom Zellzyklus (Material D). In der mitochondrialen
DNA können Mutationen entstehen, die dann bei der Teilung der Mitochondrien
weitergegeben werden, sodass neben intakten auch defekte Mitochondrien gebildet
werden. Da bei der Zellteilung die Mitochondrien zufällig auf die Tochterzellen verteilt
werden (Material A), erklärt sich daraus die Tatsache, dass bei MERRF-Kranken in
unterschiedlichem Verhältnis intakte und defekte Mitochondrien nebeneinander
gefunden werden (Heteroplasmie).
ˆ Mitochondrien sind besonders zahlreich in der Skelettmuskulatur (insbesondere der
Arme und Beine) sowie im Gehirn und im Herz (Material D). Das erklärt sich daraus,
dass Mitochondrien als „Kraftwerke der Zelle“ für die Bereitstellung von Energie aus
dem oxidativen Abbau (Atmungskette) zuständig sind und die betreffenden Gewebe
einen sehr hohen Energiebedarf haben, den sie vorwiegend bis ausschließlich (Herz,
Gehirn) aus dem oxidativen Abbau decken. MERRF-Kranke haben vor allem Probleme
mit der Muskulatur (ausgefranste rote Muskelfasern und insgesamt wenig Muskel-
gewebe, das sich weich anfühlt, Material A und B). Außerdem haben sie neurologische
Probleme (Muskelkrämpfe, Material A) und sie haben Probleme mit der
(ausreichenden) Energiebereitstellung für jedwede Muskelarbeit (Material B). Diese
Symptome sind mit einem mitochondrialen Defekt sehr gut in Einklang zu bringen.
ˆ Aus allen Verbindungen, in denen die Mütter erkrankt waren, gehen ausschließlich
kranke Nachkommen hervor. Aus Material D ist zu entnehmen, dass die Eizelle
Tausende von Mitochondrien besitzt, das Spermium jedoch nur weniger als 50. Und
diese wenigen Mitochondrien kommen bei der Befruchtung nicht in die Eizelle, da sie
im Halsteil des Spermium sitzen, bei der Befruchtung jedoch nur der Kopf des Sper-
miums in die Einzelle dringt. Sind die Mitochondrien der Eizelle defekt, wird dies in
jedem Fall auf alle Nachkommen vererbt, denn ein maternaler Erbgang folgt nicht den
mendelschen Regeln. Ob die Krankheit dann auffällig wird oder nicht, hängt nur noch
vom Anteil der defekten Mitochondrien in den betroffenen Geweben ab (Material A)
und diese werden ungleichmäßig auf die Gewebe des Embryos verteilt, da die
Verteilung der Mitochondrien bei der Zellteilung zufällig erfolgt.

II.3
Bei der Translation werden die Basentripletts der mRNA in die Aminosäuresequenz
übersetzt und die entstehenden Aminosäuren in der vorgegebenen Reihenfolge aneinander
geknüpft. Die Translation findet an den Ribosomen statt und für die „Anlieferung“ der jeweils
richtigen Aminosäure sorgt die tRNA. Für jedes mögliche Basentriplett gibt es eine passende
tRNA, die am einen Ende ein dem Codon der mRNA entsprechendes Basentriplett trägt, das

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Anticodon. Am anderen Ende der tRNA wird bei Bedarf die dazu passende Aminosäure
angehängt. Dies wird katalysiert durch das Enzym Aminoacyl-tRNA-Synthetase. Dieses
Enzym hat eine sehr hohe Substratspezifität. Die eindeutige Zuordnung der tRNA wird durch
die Komplementarität von Codon und Anticodon gewährleistet. Ein Ribosom besteht aus
zwei Untereinheiten, von denen die kleinere Untereinheit die mRNA gebunden wird, während
die größere Untereinheit die katalytische Aktivität für die Ausbildung der Peptidbindung zur
Verfügung stellt. Sie besitzt drei Bindungsstellen für die tRNA (A, P und E-Stelle), wobei
immer zwei Bindungsstellen besetzt sind. An ein mRNA-Molekül lagern sich immer mehrere
Ribosomen an, sodass immer zeitgleich mehrere Polypeptide synthetisiert werden. Diese
Komplexe aus mehreren nebeneinander liegenden Ribosomen werden als Polysomen
bezeichnet. Die wachsende Polypeptidkette beginnt schon am Ribosom damit, sich zur
Sekundär- und Tertiärstruktur zu falten.
Die Translation wird in drei Phasen unterteilt, die Initiation, Elongation und Termination
bezeichnet werden:
1. Initiation: Die Bildung des Initiationskomplexes wird durch das Startcodon AUG initiiert.
Hierbei vereinigen sich mRNA, die erste tRNA (beladen mit Methionin) sowie die Unter-
einheiten des Ribosoms. Dabei ist die Met-tRNA an der Peptidylbindungsstelle (= P-
Stelle) lokalisiert, das ist die mittlere der Bindungsstellen.
2. Elongation: An der Aminoacyl-Bindungsstelle (= A-Stelle) kommt es zur Codon-Anti-
codon-Paarung zwischen mRNA und tRNA. Von der tRNA auf der P-Stelle (im ersten
Durchgang Met) wird der Aminosäurerest (später die wachsende Peptidkette) auf die
Aminosäure der tRNA in der A-Stelle übertragen (Peptidyltransfer). Dann kommt es zur
Translokation, d. h. die neu beladene Peptidyl-RNA rückt mit der mRNA von der A-Stelle
ein Triplett weiter auf die P-Stelle und die vorher entladene tRNA rückt auf die E-Stelle,
wo sie wieder freigegeben wird. Nun wird die frei gewordene A-Stelle durch die nächste
tRNA besetzt und ein neuer Zyklus der Elongation beginnt.
3. Termination: Kommt eines der Stoppcodons (UAA, UAG, UGA) an die A-Stelle, dann
wird die Proteinsynthese abgebrochen, das gebildete Protein freigesetzt und die Unter-
einheiten des Ribosoms trennen sich wieder.

Wie aus Material E Abb. 3 und 4 hervorgeht, liegt beim MERRF-Syndrom eine Punktmuta-
tion der mitochondrialen DNA vor, die für die tRNA für Lysin codiert. Hierbei ist ein Adenin
durch ein Guanin ersetzt. Die Folge ist, dass die tRNA für Lysin funktionsunfähig ist und die
Folge davon ist, dass bei der Proteinbiosynthese (die Mitochondrien haben eine eigene Pro-
teinbiosynthese) in die Proteine kein Lysin eingebaut wird. Dadurch werden die Proteine je-
doch verändert bzw. unvollständig und zwar umso mehr, je höher der Lysinanteil im Protein
ist. Dies geht aus der Abb. 5 hervor, in welcher der Anteil vollständiger Proteine in Prozent in
Abhängigkeit von der Anzahl der Lysin-Bausteine im fertigen Protein aufgetragen ist. Die Er-
gebnisse entstammen den Mitochondrien eines MERRF-Kranken und der Anteil in Prozent
vollständigen Proteins wird verglichen mit dem Anteil an vollständigen Proteinen eines Ge-
sunden. Hierbei zeigt sich, dass der Ausfall der Lysin-Bausteine verheerende Folgen hat.
Bereits bei etwa zwei Lysinbausteinen (Protein: NADH-Dehydrogenase 6) führt der Defekt
dazu, dass nur noch etwa 60 % der gebildeten Proteine vollständig sind, bei etwa drei Lysin-
bausteinen sind nur noch 30 % vollständig (dies betrifft z. B. die Cytochrom-C-Oxidase III
und die NADH-Dehydrogenase 3) und bei zehn Lysinbausteinen im Proteinmolekül (Cyto-
chrom-C-Oxidase I) sind nur noch 10 % der gebildeten Proteine vollständig. Bei Proteinen,
die noch mehr Lysin-Bausteine enthalten geht der Anteil der vollständigen Proteine gegen
Null. Die betroffenen Enzyme, im Wesentlichen NADH-Dehydrogenasen und Cytochrom-C-
Oxidasen, sind wichtige Enzyme der Atmungskette und damit essentiell für die Energie-
bereitstellung im Organismus. Dies erklärt auch die in Material B geschilderten Symptome.

II.4
ˆ Den Brüdern der Mutter kann gesagt werden, dass sie bedenkenlos eigene Kinder be-
kommen können, selbst wenn sie selber vom MERRF-Syndrom betroffen sein sollten.
Dies aus dem Grund, dass hier aufgrund der mitochondrialen Vererbung ein rein ma-
ternaler Erbgang vorliegt und Männer die Krankheit nicht weiter vererben können.

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ˆ Bei den Schwestern der Mutter sollte vor der genetischen Beratung nach Anzeichen
der Erkrankung gesucht werden: Muskelbiobsie mit Suche nach Cytochrom-C-Oxi-
dase-negativen Muskelfasern und Aussehen der Muskelfasern (ragged-red muscle
fibers), Laktatwerte im Blut (denn wenn der oxidative Energiestoffwechsel gestört ist,
läuft die Energiegewinnung verstärkt über anaerobe Glykolyse Î höhere Laktat-
produktion).
Unabhängig von der Schwere der Erkrankung bei den Schwestern sollte ihnen
Folgendes mitgeteilt werden:
- der Nachweis der Erkrankung, v. a. in leichten Fällen ist schwierig, da Heteroplasmie
vorliegt, also verschiedene Gewebe unterschiedlich stark betroffen sind.
- der Erbgang ist maternal, d. h., wenn die Frau betroffen ist, vererbt sie die Krankheit.
- Die Heteroplasmie durch die zufällige Verteilung der Chromosomen bei Zellteilungen
macht die Einschätzung schwer, wie hoch das Risiko für die Nachkommen jeweils ist.
Das Ausmaß der Erkrankung bei der Mutter lässt letztendlich keine Rückschlüssen
darauf zu, wie sie bei ihren Kindern zum Ausbruch kommen wird.
- Eine pränatale Diagnostik ist wenig aussagekräftig, da infolge der Heteroplasmie in
den verschiedenen Geweben unterschiedliche Anteile an mutierter mitochondrialer
DNA vorhanden sind. Es ist also sowohl bei der Chorionzottenbiopsie als auch bei der
Amniozentese vom Zufall abhängig, ob mutierte DNA gefunden wird oder nicht und
dies lässt keine verlässliche Aussage darüber zu, ob und wie stark der Fötus von der
Mutation betroffen ist.
-Entscheiden sich die Schwestern dafür, auch bei bestehendem Risiko eigene Kinder
zu bekommen, sollten sie über Möglichkeiten der Früherkennung informiert werden
bzw. auch den zuständigen Arzt über ihr Risiko informieren, damit notwendige medi-
zinische Behandlungen möglichst frühzeitig einsetzen können.

III. Aufgabe III: Eine Lebensgemeinschaft von Ameisen und Ameisenpflanzen

III.1
In Tabelle 1 von Material A ist das Verhalten von Ameisen gegenüber Fressfeinden der von
den Ameisen besiedelten Pflanze dargestellt und gegenüber den von der Pflanze produ-
zierten Futterkörperchen. Es zeigt sich, dass die Ameisen sowohl die Eier von Insekten (die
schlüpfenden Larven könnten die Pflanze befressen) als auch Raupen fast vollständig,
nämlich zu 90 % bzw. 80,5 % von der Pflanze durch Beißen vertreiben, wobei beide keine
Nahrungsquelle für die Ameisen darstellen. Die Ameisen handeln hier also vordergründig im
Interesse der Pflanze. Gleiches gilt im Übrigen für das Kappen der Ranken von Schling-
pflanzen. Auch diese sind keine Nahrungsquelle für die Ameise, könnten jedoch „ihre“
Pflanze gefährden, indem sie sie zuwuchern. Die von der Pflanze produzierten Futterkörper-
chen hingegen werden von den Ameisen gefressen.
Aus Tabelle 2, Material A geht nun hervor, dass die Zusammensetzung und der Energie-
gehalt der von verschiedenen Ameisenpflanzen produzierten Futterkörperchen einen
Einfluss darauf hat, ob die Ameisen eine Pflanze dauerhaft besiedeln (obligate Ameisen-
pflanze) oder sie nur zum Nahrungserwerb besuchen (fakultative Ameisenpflanze). Die
Tabelle zeigt die Gehalte an Kohlenhydraten, Proteinen und Lipiden (in mg/g Frischgewicht)
sowie den Energiehalt (in kJ/g Frischgewicht) von fünf verschiedenen Pflanzenarten und den
Charakter der Vergesellschaftung zwischen Ameise und Pflanze. Die Ergebnisse zeigen,
dass insbesondere der Proteingehalt ausschlaggebend dafür ist, ob die Pflanze eine obligate
oder eine fakultative Ameisenpflanze ist. Alle obligaten Pflanzen zeigen einen Proteingehalt,
der den 2,5- bis 3,5-fachen Wert der fakultativen Pflanzen hat. In zweiter Linie scheint der
Lipidgehalt eine Rolle zu spielen, denn die obligaten Pflanzen haben deutlich höhere
Lipidgehalte als die fakultativen. Die Unterschiede sind recht groß, ein relativ niedrigerer
Lipidgehalt bei Macaranga hosei scheint durch den im Vergleich höheren Gehalt an
Proteinen ausgeglichen zu werden. Zwar spielt die Höhe des Energiegehalts, der im
Wesentlichen durch den Anteil an Lipiden bestimmt wird, auch eine Rolle, denn die Pflanzen

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mit dem höheren Energiegehalt sind die obligaten Pflanzen. Doch bleibt der Anteil an
Proteinen (die ja eigentlich einen niedrigeren Brennwert haben als Kohlenhydrate und Lipide)
der ausschlaggebende Faktor. Der Anteil an Kohlenhydraten spielt für die Dauerbesiedlung
offensichtlich keine Rolle, da die fakultativen Pflanzen höhere Kohlenhydratgehalte haben
als die obligaten Pflanzen.
Abb. 1 aus Material B zeigt die Ergebnisse eines Versuches, in dem während eines Jahres
das relative Blattwachstum bzw. der relative Blattverlust durch pflanzenfressende Insekten
an Pflanzen untersucht wurde. Dabei wurden 17 Pflanzenpaare aus miteinander vergleich-
baren Pflanzen untersucht, von denen die eine Pflanze von Ameisen besiedelt ist und die
andere nicht. Die Ergebnisse zeigen, dass bei den von Ameisen besiedelten Pflanzen 12 von
17 über den Versuchszeitraum einen Zuwachs an Blattfläche zeigen, während bei den nicht
besiedelten Pflanzen 15 von 17 einen relativen Blattflächenverlust durch Verzehr aufweisen.
Eine zuvor ameisenfreie Pflanze, die während des Versuchs durch Ameisen besiedelt wurde,
zeigt ebenfalls einen Zuwachs an Blattfläche, der einem relativen Blattwachstum in der
Größenordnung von 150 % entspricht. Die Werte für das relative Blattwachstum bei den
besiedelten Pflanzen sind sehr unterschiedlich die höchsten Werte liegen bei 400 % (1
Individuum) bzw. 250 % (2 Individuen) und 160 % (2 Individuen), der Rest schwankt um die
50 % relatives Blattwachstum. Fünf besiedelte Pflanzen zeigen einen relativen Blattflächen-
verlust, der jedoch mit Werten für den relativen Blattflächenverlust um -10 % bis -50 %
deutlich geringer ist, als derjenige bei den unbesiedelten Pflanzen. Hier schwanken die
Werte für den relativen Blattflächenverlust um -100 %. Die Ergebnisse zeigen insgesamt,
dass sich die Besiedlung mit Ameisen sehr positiv auf das relative Blattwachstum der
besiedelten Pflanzen auswirkt. Besiedelte Pflanzen zeigen in diesem Versuch nur bei knapp
30 % der Individuen einen relativen Blattverlust und der ist dann im Vergleich zu nicht
besiedelten deutlich geringer.
In Abb. 2 von Material B ist die Abhängigkeit der Größe von Ameisenkolonien von dem
Vorhandensein bzw. Fehlen der Futterkörperchen aufgetragen. Angegeben werden jeweils
die mittlere Individuenzahl und die Altersstruktur, wobei differenziert wird zwischen adulten
Ameisen sowie den einzelnen Entwicklungsstadien Eier, Larven und Puppen. Verglichen
wurde eine Kontrollgruppe (ohne Manipulation der Pflanze) mit einer Gruppe, bei der die
Ameisenpflanzen zur Bildung zusätzlicher Futterkörperchen angeregt wurden sowie mit einer
Gruppe, bei der die Bildung der Futterkörperchen bei den Pflanzen unterdrückt wurde.
Bei Anregung der Bildung der Futterkörperchen ist die Zahl der Individuen in den Ameisen-
populationen deutlich gestiegen (mittlere Individuenzahl 1800 gegenüber 1400 in der Kon-
trollgruppe). Die Altersstruktur ist dabei im Vergleich zur Kontrollgruppe gleich geblieben:
50 % adulte Ameisen und 50 % Entwicklungsstadien, wobei die Verteilung der drei Stadien
auf die 50 % gleichmäßig ist, also je ein Drittel Eier, Larven und Puppen. Offensichtlich ist
die Fortpflanzungsrate zwar gleichgeblieben, doch konnten sich mehr Eier erfolgreich bis
zum adulten Tier entwickeln, sodass die Individuenzahl insgesamt anstieg.
Wurden die Futterkörperchen entfernt, so zeigt sich ein anderes Bild: Die mittlere Indivi-
duenzahl ist auf 800 gesunken (Kontrollgruppe 1400) und auch die Altersstruktur hat sich
verändert: Hier nehmen die verschiedenen Entwicklungsstadien nur noch ein Drittel der
Gesamtindividuenzahl ein, d. h. die Fortpflanzungsrate ist deutlich gesunken und der Zu-
wachs an Individuen liegt unter der Sterberate, sodass auch die Zahl der adulten Ameisen
und damit die Gesamtindividuenzahl abnimmt.
Die Futterkörperchen als Nahrungsquelle scheinen demnach einen direkten Einfluss auf den
Fortpflanzungserfolg der Ameisen zu haben.

III.2
Um die Frage zu beantworten muss man prüfen, ob die verschiedenen Bedingungen erfüllt
sind, damit die Lebensgemeinschaft zwischen Ameisen und Ameisenpflanzen als Symbiose
bezeichnet werden kann.
ˆ 1. Bedingung: „Beziehung zwischen artverschiedenen Lebewesen“. Diese Bedingung
ist auf jeden Fall erfüllt, zumal die beiden Partner der Lebensgemeinschaft sogar
verschiedenen Reichen zugehören, die Ameisen den Tieren und die Ameisenpflanzen
eben den Pflanzen.

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ˆ 2. Bedingung: „Beziehung ..., die für beide Partner vorteilhaft ist“. Von einem Vorteil
kann man jedoch nur dann sprechen, wenn der Nutzen den Aufwand überwiegt.
Der Nutzen der Ameisenpflanzen liegt darin, dass die Ameisen sie durch Entfernen
der Insekteneier und der Raupen vor Fressfeinden schützen und zudem noch vor
Konkurrenten um Licht und Nährstoffe, indem die Ameisen die Ranken von Schling-
pflanzen kappen, wenn sie die Ameisenpflanze berühren. Der Aufwand, den die
Ameisenpflanzen betreiben müssen besteht darin, dass sie Nährstoffe, wie Tabelle
2 zeigt, insbesondere Proteine und Lipide, abzweigen müssen, um sie den Ameisen
zur Verfügung zu stellen. Denn nur so bringen sie die Ameisen dazu, sie zu besiedeln
und vor Fressfeinden und Konkurrenten zu schützen. Der Vorteil der obligaten
Ameisenpflanzen besteht nun darin, dass ihr relatives Blattwachstum durch die
Besiedlung mit Ameisen gefördert wird (Material B, Abb. 1). Sie sind kräftiger und
können mehr Nährstoffe produzieren, der Nutzen überwiegt also den Aufwand.
Der Nutzen der Ameisen liegen darin, dass die Ameisenpflanzen ihnen mit den
Futterkörperchen und dem extrafloralen Nektar hochwertige Nährstoffe in genügender
Menge zur Verfügung stellen, welche die Ameisen zudem ohne großen Aufwand
„ernten“ können. Der Aufwand der Ameisen besteht darin, dass sie Fressfeinde der
Pflanze abwehren und zudem die Ranken der Schlingpflanzen kappen, Tätigkeiten, für
die sie Energie aufwänden müssen. Dagegen ist ein Vorteil der Ameisen, dass sie bei
Besiedlung der Ameisenpflanzen wenig Aufwand mit der Nahrungssuche haben, da
ihnen energiereiche Nahrung in Form der Futterkörperchen praktisch „auf dem Silber-
tablett“ präsentiert wird. Der Vorteil der guten Versorgung mit Nährstoffen zeigt sich in
den Ergebnissen von Versuch 4 (Material B, Abb. 2), denn die zeigen, dass die Ver-
sorgung mit Futterkörperchen sich direkt auf den Fortpflanzungserfolg der Ameisen
auswirkt und dass der Aufwand durch den Nutzen übertroffen wird.
Diese Betrachtungen gelten für die Lebensgemeinschaft zwischen Ameisen und
obligaten Ameisenpflanzen. Bei der Beziehung zwischen Ameisen und fakultativen
Ameisenpflanzen sieht die Aufwand-Nutzen-Betrachtung anders aus: Fakultative
Ameisenpflanzen bieten weniger nährstoffreiche Fruchtkörperchen, sind aber auch
nicht vor Fressfeinden und Konkurrenten wie die Schlingpflanzen geschützt. Die sie
besuchenden Ameisen betreiben zwar keinen Aufwand für die Abwehr von Insekten-
eiern und -larven sowie Schlingpflanzen, bekommen aber weniger nährstoffreiche
Nahrung und müssen zudem mehr Aufwand zur Nahrungsbeschaffung betreiben, da
sie die Pflanze erst aufsuchen müssen. Hier liegt der Verdacht nahe, dass Aufwand
und Nutzen sich höchstens die Waage halten und daher die Partner dieser Beziehung
nicht unbedingt Vorteile haben. Zumindest müsste im Einzelfall geprüft werden, ob die
Bedingung, dass beide Partner Vorteile haben, wirklich erfüllt ist. Darüber geben auch
die vorliegenden Materialien keine Auskunft.
ˆ 3. Bedingung: „Beziehung ..., die ... durch enges räumliches Zusammenleben gekenn-
zeichnet ist“. Dies trifft nur für das Zusammenleben von Ameisen und obligaten Amei-
senpflanzen zu, nicht aber für die Beziehung zwischen Ameisen und fakultativen Pflan-
zen, da Letztere von den Ameisen nur zum Nahrungserwerb aufgesucht werden.
Fazit: Nur die Lebensgemeinschaft zwischen Ameisen und obligaten Ameisenpflanzen erfüllt
demnach alle drei Bedingungen einer Symbiose und ist daher als solche anzusehen.

III.3
Die Abbildungen in Material D zeigen Ergebnisse eines Experimentes, in dem 30 von Amei-
sen besiedelte Ameisenpflanzen sechs Wochen lang alle vier Tage mit Jasmonsäure be-
sprüht, durch Fraß oder durch Nadelstiche geschädigt wurden.
ˆ Abb. 3 zeigt die Nektarproduktion von Macaranga tanarius in Abhängigkeit von ver-
schiedenen Behandlungen: Besprühen mit Jasmonsäure, Insektenfraß, Anstechen der
Blätter mit einer Nadel, Besprühen mit Lösungsmittel, ohne Behandlung (Kontrolle).
Dabei zeigt sich, dass die Nektarproduktion besonders stark durch Jasmonsäure (etwa
590 % Zunahme der relativen Nektarmenge) und durch künstliche Beschädigung (etwa
550 % Zunahme der relativen Nektarmenge) angeregt wird. Fraß durch Insekten bringt
eine relative Nektarzunahme von 200 %, also gut ein Drittel der durch Jasmonsäure

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oder Nadelstiche induzierten Zunahme. Die Kontrollbäume und auch die nur mit
Lösungsmittel besprühten Bäume zeigten keinerlei Veränderung der Nektarmenge.
ˆ Abb. 4 zeigt die Abhängigkeit des Ausmaßes von Fraßschäden (in % Blattfläche) von
der Behandlung der Bäume mit Nadelstichen (mechanische Schädigung) bzw. Jas-
monsäure. Während bei der (unbehandelten) Kontrolle die Fraßschäden bei rund
8,5 % liegen, nehmen sie bei Behandlung mit Jasmonsäure auf weniger als 1 % ab
und bei Hervorrufen künstlicher Schäden auf ungefähr 1 %. Hier ist also sowohl durch
künstliche Schädigung als auch durch Jasmonsäurebehandlung eine drastische Ab-
nahme der Fraßschäden zu verzeichnen, wobei die Jasmonsäurebehandlung geringfü-
gig wirksamer scheint.
ˆ Abb. 5 zeigt die Anzahl von nektarsuchenden Insekten sowie von räuberischen Insek-
ten auf Pflanzen, die mit Jasmonsäure behandelt wurden, im Vergleich mit unbehan-
delten Kontrollpflanzen. Hierbei zeigt sich, dass vor allem die Anzahl nektarsuchender
Insekten nach Behandlung mit Jasmonsäure stark zunimmt, etwa auf das 9fache der
Anzahl auf den Kontrollpflanzen. Aber auch die Anzahl der räuberischen Insekten
nimmt deutlich zu nach Behandlung mit Jasmonsäure, etwa auf das 4,5fache der An-
zahl auf den Kontrollpflanzen. Dies steht in Einklang mit den Ergebnissen, die in Abb. 3
dargestellt sind, nämlich dass durch Behandlung mit Jasmonsäure die Nektarproduk-
tion der Pflanzen stark angeregt wird. Dies wiederum lockt verstärkt nektarsuchende
Insekten (z. B. Ameisen) an. Diese sind in der Kontrollgruppe nur in sehr geringer Zahl
vorhanden, da kein oder wenig Blattnektar auf der Pflanze ist.
Die räuberischen Insekten werden angelockt, weil die Jasmonsäure ihnen signalisiert,
dass pflanzenfressende Insekten und damit Beute auf der Pflanze zu finden sind, denn
auch Insektenfraß induziert die Bildung von Jasmonsäure (Abb. 3). Die Zunahme ist
nur etwa halb so hoch wie bei den nektarsuchenden Insekten, was nicht zuletzt auch
daran liegt, dass die Anzahl räuberischer Insekten in der Kontrollgruppe von vorne-
herein höher war. Vermutlich deshalb, weil es immer irgendwelche Beutetiere auf der
Pflanze gibt, die sie erbeuten können. Die räuberischen Insekten haben für die Pflanze
die Funktion von Schutzinsekten.
ˆ Abb. 6 zeigt, wie die Blattnektar-Produktion von Ameisenpflanzen reguliert wird: Ohne
Schadinsekten ist die relative Menge an Jasmonsäure und an Nektar verhältnismäßig
gering. Sobald in diesem Beispiel Raupen beginnen, die Pflanze zu befressen, steigt
die Jasmonsäureproduktion stark an (geschätzt auf das Drei- bis Vierfache). Als Folge
steigt die Nektarproduktion extrem stark an (geschätzt auf das siebenfache) und auch
die Produktion von Futterkörperchen nimmt stark zu. Die Zunahme an Blattnektar und
Futterkörperchen wiederum lockt verstärkt Ameisen an, welche die Zahl der Raupen
vermindern, indem sie sie vertreiben. Die Pflanze beginnt parallel neue Knospen zu bil-
den. Sobald die Raupen weg sind, sinken zuerst die Jasmonsäurekonzentration und
die Zahl der Futterkörperchen sowie nachfolgend die Menge an Blattnektar und die
Zahl der Ameisen, bis der Ausgangswert wieder erreicht ist. Die Zahl der neugebilde-
ten Knospen nimmt zu.
Dies zeigt, dass erhöhter Fraßdruck die Produktion von Blattnektar anregt, wobei
Jasmonsäure eine Schlüsselfunktion im Hinblick auf das Auslösen der erhöhten
Blattnektarproduktion hat. Die biologische Funktion ist eindeutig: Die Pflanze lockt
bei Befall durch Fraßinsekten über die vermehrte Produktion von Blattnektar und
Futterkörperchen nektarsuchende Insekten (in diesem Beispiel Ameisen) an und
zusätzlich mit der vorher gebildeten Jasmonsäure auch noch räuberische Insekten
(Abb. 5). Sowohl nektarsuchende als auch räuberische Insekten vertreiben bzw.
fressen die Fraßinsekten und schützen so die Pflanze vor größeren Schäden. Die
Pflanze muss zwar einen gewissen Aufwand betreiben, indem sie Jasmonsäure,
Blattnektar und Futterkörperchen produziert, hat jedoch einen großen Nutzen, denn
der Schaden durch Fraßinsekten kann kontrolliert werden. Darüber hinaus ist sie dann
wieder in der Lage durch Bildung neuer Knospen wieder Blätter zu bilden, die ihrerseits
wieder Nährstoffe bilden und dadurch der Pflanze helfen, die Fraßschäden
auszugleichen und ihr weiteres Wachstum ermöglichen.

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Die hier abgedruckten Lösungsvorschläge sind nicht die amtlichen Lösungen des
zuständigen Kultusministeriums.

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