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Beanspruchungen durch elektrische Felder........................................................................2 6.1 Einleitung ...................................................................................................................2 6.2 Grundlagen des elektrischen Feldes ...........................................................................5 6.3 Analytische Auswertung der Kontinuittsgleichung................................................11 6.3.1 Kugel frei im Raum ..........................................................................................12 6.3.2 Konzentrische Kugeln (Kugelkondensator) .....................................................14 6.3.3 Koaxiale Zylinder .............................................................................................18 6.3.4 Homogenes Feld (Plattenkondensator).............................................................21 6.4 Regeln fr die grafische Feldermittlung...................................................................23 6.5 Ausnutzungsfaktoren nach Schwaiger .....................................................................26
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6.1
Zur Beurteilung der elektrischen Festigkeit einer Isolieranordnung ist die Kenntnis des elektrischen Feldes bei Anlegen einer Spannung an diese Anordnung von zentraler Bedeutung. Dabei sind sowohl deren rtlicher Verlauf als auch der Wert der maximal auftretenden Feldstrke wichtig. Diese werden, neben anderen Einflussfaktoren, ganz mageblich durch die Formgebung der Elektroden beeinflusst. Durch sie kann die Durchschlagfestigkeit einer Anordnung bei gegebener Schlagweite und gegebenem Dielektrikum in weiten Grenzen verndert werden, wie das folgende einfache Beispiel zeigt:
Anordnung 1 I1 U1 Ud1
t U1 I1
Anordnung 2 I2
t U2 Ua Ud2 t
U2 s E2 max E E1 max
I2
x Zum unterschiedlichen Durchschlagverhalten bei homogenem und stark inhomogenem elektrischen Feld
An zwei unterschiedliche Anordnungen 1 und 2 gleicher Schlagweite s werde eine langsam ansteigende Spannung angelegt. Anordnung 1 wird aus zwei Plattenelektroden gebildet, Anordnung 2 aus einer Spitze, die einer Platte gegenbersteht. An Anordnung 1 kommt es bei Erreichen der Spannung Ud1 (der Durchschlagspannung dieser Anordnung) zu einem pltzlichen Spannungszusammenbruch, verbunden mit dem pltzlichen Auftreten eines Stromes. An Anordnung 2 beginnt bereits bei vergleichsweise niedriger Spannung Ua ein sehr kleiner Strom zu flieen, und bei einer Spannung Ud2 wesentlich unterhalb Ud1 erfolgt der Spannungszusammenbruch, verbunden mit einem starken Stromanstieg. Die Spannung Ua wird Anfangsspannung genannt, bei deren Erreichen Vorentladungen (Teilentladungen)
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unmittelbar vor der Spitze einsetzen. Diese stellen einen Teildurchbruch der Isolierstrecke dar. Der Unterschied zwischen den beiden Anordnungen besteht in den Verlufen des elektrischen Feldes. In Anordnung 1 herrscht an jedem Ort innerhalb der Isolierstrecke gleiche Feldstrke, es handelt sich um ein homogenes Feld. Anordnung 2 weist dagegen ein stark inhomogenes Feld auf, das unmittelbar vor der Spitze die hchste Feldstrke aufweist, die mit zunehmendem Abstand sehr schnell abnimmt. Die beiden Anordnungen haben also trotz gleicher Schlagweiten sehr unterschiedliche Durchschlagspannungen, deren Ursache in den sich stark unterscheidenden Feldverlufen und maximalen Feldstrken zu suchen ist. Die Durchschlagfeldstrke Ed ist die maximale Feldstrke in einer Isolieranordnung bei der Durchschlagspannung Ud. Die Anfangsfeldstrke Ea ist die maximale Feldstrke in einer Isolieranordnung bei der Anfangsspannung Ua. Mit Hilfe dieser Begriffe lsst sich eine grobe Einteilung der Isolieranordnungen bzw. der bei ihnen vorliegenden Felder vornehmen: Homogenes Feld: Schwach inhomogenes Feld: Stark inhomogenes Feld: Ed = Ud/s Ea = Ed = Emax(x) > Ud/s Ea = Emax(x) < Ed bei U = Ud bei U = Ua
Das schwach inhomogene Feld ist dadurch gekennzeichnet, dass es zwar bei Erreichen einer Feldstrke, die hher ist als die in einer vergleichbaren homogenen Anordnung, auch zu Vorentladungen kommt, dass sich daraus aber unmittelbar ein vollkommener Durchschlag entwickelt. Anfangs- und Durchschlagspannung sind identisch. Die Durchschlagfeldstrke Ed im homogenen bzw. schwach inhomogenen Feld (bei der es also zu einem vollkommenen Durchschlag kommt) sowie die Anfangsfeldstrke Ea im stark inhomogenen Feld (Beginn von Teildurchschlgen oder unvollkommenen Durchschlgen) wird auch als Durchschlagfestigkeit bezeichnet. Die Dimensionierung von Isolieranordnungen in Hochspannungsgerten ist deshalb so schwierig, weil die Durchschlagfestigkeit von einer Vielzahl von zwar physikalisch begrndbaren, in vielen Fllen jedoch nur empirisch gefundenen Parametern abhngt. Die Prinzipdarstellung auf der nchsten Seite vermittelt einen groben berblick ber die verschiedenen Abhngigkeiten. Unabhngig davon bleibt jedoch die Kenntnis elektrischer Feldverlufe der Schlssel zur Konstruktion funktionstchtiger hochspannungstechnischer Gerte. In vielen Fllen gengen dabei Abschtzungen anhand einfacher, analytisch zu berechnender hnlicher Geometrien, und nicht selten ist bereits die Kenntnis der in der Anordnung auftretenden maximalen Feldstrke ausreichend. Das soll Gegenstand dieses Kapitels sein, whrend die exakte Berechnung auch komplizierter Feldgeometrien mit Hilfe von Feldberechnungsprogrammen an anderer Stelle behandelt wird.
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Qualitativer Verlauf der Durchschlagfestigkeiten von Isolieranordnungen in Abhngigkeit von verschiedenen Parametern
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6.2
Das elektrische Feld beschreibt einen physikalischen Zustand des Raumes. Es wird ber die von ihm ausgehende Kraftwirkung auf elektrische Ladungen definiert. Grundstzlich ist zwischen zwei Arten elektrischer Felder zu unterscheiden (Bild):
Im Quellenfeld haben alle Feldlinien einen Anfangs- und einen Endpunkt (der auch im Unendlichen liegen kann). Die Anfangs- und Endpunkte werden durch positive und negative elektrische Ladungen gebildet. Im Wirbelfeld sind alle Feldlinien in sich geschlossen, besitzen also weder Anfangs- noch Endpunkte. Elektrische Wirbelfelder bilden sich beispielsweise um die Feldlinien eines zeitlich vernderlichen magnetischen Feldes aus. Die elektrische Feldstrke E1 ist definiert ber die Kraftwirkung F auf eine positive Probeladung q+: E = F/q+ bzw. F = q+ E
Die Richtung der elektrischen Feldstrke entspricht der Richtung der Kraft auf die positive Probeladung (Bild).
q+ + F
F qE
Die elektrische Feldstrke ist nicht nur von der sie verursachenden Ladung abhngig, sondern auch von den Stoffeigenschaften des Raumes, in dem sie wirkt. ber die Stoffeigen-
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schaften ist sie mit einer materialunabhngigen Feldgre, der elektrischen Verschiebungsdichte D, verknpft: D = 0rE In isotropen1 Stoffen, von denen hier grundstzlich ausgegangen wird, besitzen die elektrische Verschiebungsdichte und die elektrische Feldstrke gleiche Richtung. Der Betrag D von D entspricht an der Oberflche einer ideal leitenden Elektrode der Flchenladungsdichte und hat dementsprechend die Einheit As/m2 bzw. C/m2:
D==
dq dA
Die die beiden Feldgren verknpfende Stoffkonstante setzt sich zusammen aus der elektrischen Feldkonstanten (Dielektrizittskonstante des Vakuums) 0 = 8,8542 10 12 As pF = 8,8542 m Vm
und der relativen Dielektrizittszahl r. Die relative Dielektrizittszahl hat grundstzlich Werte 1. Die folgende Tabelle nennt Werte der relativen Dielektrizittszahlen einiger fr praktische Anwendungen wichtiger Stoffe:
Tabelle einiger relativer Dielektrizittszahlen
Eine Ladung q, die gegen die Kraft des elektrischen Feldes von einem Punkt s1 nach s2 bewegt wurde, besitzt eine potentielle Energie Wpot. ber diese wird das Potential definiert:
isotrop
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Wpot q
Fds
s1
Flchen gleichen Potentials im elektrischen Feld werden als quipotentialflchen bezeichnet. Sie stehen grundstzlich senkrecht auf den Feldlinien, da nur in dieser Richtung eine Verschiebung von Ladungen ohne Energieaufwand mglich ist. quipotentialflchen, bzw. in zweidimensionaler Darstellung quipotentiallinien, sind das wichtigste und bliche Hilfsmittel zur anschaulichen grafischen Darstellung der elektrischen Feldverhltnisse an Hochspannungsgerten. Das Potential muss auf eine (frei whlbare) Bezugsebene = 0 bezogen werden. Hufiger wird aber die Potentialdifferenz zwischen zwei Punkten, gleichbedeutend mit der elektrischen Spannung U zwischen diesen Punkten angegeben: 21 = U21 Die Spannung zwischen zwei Punkten ergibt sich im Quellenfeld unabhngig von der Wahl des Integrationsweges als das Linienintegral der elektrischen Feldstrke lngs des Weges s:
U 21 = 21 = Wpot,21 q =
Fds
2
q Eds
2
= Eds
2
Ist also die rumliche Verteilung des elektrischen Feldes E(x,y,z) bekannt, so kann daraus die Potentialverteilung (x,y,z) abgeleitet werden. Umgekehrt ergibt sich bei gegebener Potentialverteilung das elektrische Feld zu1 E(x,y,z) = {Ex, Ey, Ez} = grad = , , . x y z Das elektrische Quellenfeld wird, wie bereits erwhnt, durch Ladungen auf Elektrodenoberflchen erzeugt. Eine Elektrodenanordnung kann bei einer gegebenen anliegenden Spannung eine bestimmte Ladungsmenge auf ihren Oberflchen speichern. Dieses Speichervermgen ist die Kapazitt C der Anordnung: C= q q = U
Fr die Berechnungen bestimmter Auswirkungen des elektrischen Feldes lsst sich eine ausgedehnte Feldanordnung oft nutzbringend durch eine konzentrierte Kapazitt ersetzen (nchstes Bild). So knnen z.B. viele Aspekte des Betriebsverhaltens von Betriebsmitteln in
1
Die Gleichung ist hier fr das kartesische Koordinatensystem angegeben. Hufig hat man es in der Hochspannungstechnik mit rotationssymmetrischen Anordnungen zu tun. In diesen Fllen wird man die Berechnungen zweckmigerweise in einem Kugel- oder Zylinderkoordinatensystem durchfhren.
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der elektrischen Energieversorgung durch die Abschtzung von Erdkapazitten oder Streukapazitten behandelt werden. Im Gegensatz zu elektrischen Feldbildern und Feldstrken lassen sich diese parasitren Kapazitten unmittelbar in Netzwerkberechnungsprogrammen verarbeiten (z.B. zur Ermittlung der Spannungsverteilung entlang Isolatoren, Sttzern, Spannungsteilern, berspannungsableitern). Von den Maxwellschen Gleichungen fr ruhende Krper werden fr die meisten hochspannungstechnischen Probleme nur wenige und diese teilweise in vereinfachter Form bentigt, da in der Regel mit gengender Genauigkeit von elektrostatischen stationren oder quasistationren Quellenfeldern ausgegangen werden kann. Trotzdem werden die Gleichungen an dieser Stelle kurz angefhrt, um anschlieend auf die Vereinfachungen einzugehen. Grundstzlich unterscheidet man
-
zwei Feldgleichungen ("Hauptgleichungen"): Zusammenhang zwischen zeitvernderlichen elektrischen und magnetischen Gren Induktionsgesetz, Durchflutungsgesetz; zwei Kontinuittsgleichungen ("Nebengleichungen"): Quellen der Feldgren Kontinuittsgleichung fr die magnetische Flussdichte, Kontinuittsgleichung fr Leitungs- und Verschiebungsstromdichte; drei Stoffgleichungen: Einfluss verschiedener Materialeigenschaften auf den Zusammenhang zwischen den Feldgren.
blich ist die Darstellung dieser Gleichungen entweder in differentieller oder in integraler Form. Hier erfolgt eine Beschrnkung auf die integrale Form. Auf der nchsten Seite sind die Gleichungen zusammen mit einer anschaulichen Darstellung ihres physikalischen Hintergrundes zusammengestellt1. Fr die Hochspannungstechnik von besonderer Bedeutung sind (im Bild fett eingerahmt) - das Induktionsgesetz, - die Kontinuittsgleichung fr Leitungs- und Verschiebungsstromdichte, - die Stoffgleichung fr die elektrische Verschiebungsdichte.
1
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Die beiden Maxwellschen Hauptgleichungen (Integralform) fr ruhende Krper E ... elektrische Feldstrke; B ... magnetische Flussdichte; H ... magnetische Feldstrke; J ... Leitungsstromdichte; D ... elektrische Verschiebungsdichte
Die beiden Maxwellschen Nebengleichungen (Integralform) B ... magnetische Flussdichte; J ... Leitungsstromdichte; D ... elektrische Verschiebungsdichte
Die drei Stoffgleichungen B ... magnetische Flussdichte; H ... magnetische Feldstrke; D ... elektrische Verschiebungsdichte; E ... elektrische Feldstrke; J ... Leitungsstromdichte; 0 ... Permeabilittskonstante des Vakuums; r ... relativer Permeabilittsfaktor; 0 ... Dielektrizittskonstante des Vakuums; r ... relative Dielektrizittskonstante; ... Leitfhigkeit
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Das Induktionsgesetz sagt aus, dass ein zeitlich vernderlicher magnetischer Fluss B dA ein elektrisches Wirbelfeld E induziert. Die Umlaufspannung lngs des FlchenranA
des der vom magnetischen Fluss durchsetzten Flche entspricht der zeitlichen Ableitung des Flusses. Fr die am hufigsten behandelten Probleme der Hochspannungstechnik Anordnungen mit nichtleitenden Isolierstoffen bei Beanspruchung mit netzfrequenter Wechselspannung, Schalt- oder Blitzstospannungen kann von langsam vernderlichen (quasi-stationren) kapazitiven Feldern ausgegangen werden. Das Induktionsgesetz vereinfacht sich dann zu
E dx = 0 .
Die Kontinuittsgleichung fr Leitungs- und Verschiebungsstromdichte besagt, dass die durch die Hllflche A austretende gleich der in sie eintretenden Stromdichte ist, wenn sowohl Leitungs- als auch Verschiebungsstrom betrachtet werden. Der ber einen Leiter auf eine Elektrode flieende Leitungsstrom i (t ) = J dA setzt sich im nichtleitenden
A
Dielektrikum
D dA fort. Durch Integration der t Kontinuittsgleichung ber der Zeit ergibt sich der Zusammenhang zwischen Verschiebungsdichte D und der von der Hllflche A eingeschlossenen Ladung:
als Verschiebungsstrom
Kontinuittsgleichung:
J +
A
D dA = 0 t
D dA = J dA = i (t ) A t A
A
D dA = i (t ) dt = Q
Die letzte Gleichung wird als Satz vom Hllenfluss bezeichnet und stellt eine wichtige Beziehung zur analytischen Feldberechnung in einigen grundstzlichen, praktisch wichtigen geometrischen Anordnungen dar. Versteht man die Ladung Q als Integral ber der Raumladungsdichte in dem von der Hllflche eingeschlossenen Volumen (siehe Bild), so lsst
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D dA = dV .
V
In differentieller Schreibweise lautet diese Gleichung div D = . Mit D = E und E = grad (s. Seite 7) wird daraus1 div E = div ( grad ) = / und schlielich, mit div (grad ) = : = / (in kartesischen Koordinaten:
2 2 2 + + = ) x 2 y 2 z 2
Dies ist die Poisson'sche Potentialgleichung fr das raumladungsbehaftete Feld. Fr den Spezialfall des raumladungsfreien Feldes ( = 0) wird daraus die Laplace'sche Potentialgleichung: = 0 (in kartesischen Koordinaten:
2 2 2 + + = 0) x 2 y 2 z 2
Elektrostatische, quasistationre Felder sind durch die Poisson'sche oder die Laplace'sche Potentialgleichung eindeutig beschrieben. Deren Lsung, unter Anwendung unterschiedlicher Verfahren, ist daher grundstzlich das Ziel von Feldberechnungen. Die Stoffgleichung fr die elektrische Verschiebungsdichte schlielich bercksichtigt ber den Faktor r die Vergrerung der der elektrischen Ladung proportionalen elektrischen Verschiebungsdichte durch die durch das elektrische Feld bewirkte elektrische Polarisation. Polarisation bedeutet Verschiebung vorhandener Ladungen bzw. Ausrichtung elektrischer Dipole. Da prinzipiell jede Materie mehr oder weniger stark polarisierbar ist, ist die relative Dielektrizittszahl r grundstzlich grer als Eins. Wird einer Elektrodenanordnung eine Spannung bzw. eine elektrische Feldstrke eingeprgt, so wird in dieser Anordnung umso mehr Ladung gespeichert, je grer die relative Dielektrizittszahl ist (Prinzip des Kondensators).
6.3
Das elektrische Feld einfacher geometrischer (z.B. kugel- oder zylindersymmetrischer) Anordnungen, auf die viele kompliziertere Anordnungen in der Hochspannungstechnik zurckgefhrt werden knnen, lsst sich in einfacher Weise durch die analytische Auswertung der Kontinuittsgleichung (des Satzes vom Hllenfluss) berechnen. Dazu wird in vier, ggf. fnf Schritten vorgegangen:
1
Aus Grnden einer vereinfachten Schreibweise wird hier und im weiteren 0r durch den Ausdruck ersetzt.
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Es ergibt sich damit der Zusammenhang zwischen felderzeugender Ladung Q und dem rtlichen Verlauf des Betrages der elektrischen Feldstrke E = D/.
2. Schritt: Ermittlung der Spannungsdifferenz durch Integration der Feldstrke lngs des
Weges: U 21 = E ds . Dies fhrt auf den Zusammenhang zwischen Ladung und Spannung:
2
Q = f(U).
3. Schritt: Ermittlung der Kapazitt der Anordnung: C =
Q U
4. Schritt: Ermittlung des Zusammenhanges zwischen Feldstrke E und Spannung U aus den Ergebnissen des ersten und des zweiten Schrittes: E = f(U). 5. Schritt: Ermittlung der maximalen Feldstrke; Optimierungen, z.B. Manahmen zur Minimierung der maximalen Feldstrke
Im Folgenden werden nach der oben beschriebenen Vorgehensweise einige typische Elektrodenanordnungen untersucht.
die elektrische Verschiebungsdichte D berall auf der Flche im Abstand r den gleichen Betrag D(r). Da die Vektoren der elektrischen Verschiebungsdichte und der Flche gleichgerichtet sind, ist weiterhin das Skalarprodukt DdA gleich dem Produkt der Betrge DdA. Damit wird im ersten Schritt aus dem Satz vom Hllenfluss:
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D dA = D ( r ) dA = D ( r ) A( r ) = D( r ) 4r 2 = Q
A
Fr die Betrge der elektrischen Verschiebungsdichte und der Feldstrke ergibt sich also:
Q 4r 2 Q E (r) = 4r 2 D(r ) =
Im zweiten Schritt wird durch Integration der Feldstrke lngs des Weges die Spannung zwischen der Kugeloberflche mit dem Radius r = R und der unendlich weit entfernten Gegenladung ermittelt:
U R Q 1 Q 1 Q = E ( r ) dr = r 2 dr = 4 r R = 4R 4 R R
Q = 4RU.
Im dritten Schritt wird die Kapazitt der Kugel ermittelt:
C=
Q = 4 R , U
und aus dem ersten und dem zweiten Schritt ergibt sich fr den Zusammenhang zwischen Feldstrke und Spannung im vierten Schritt:
E (r ) = U
1
R . r2
E/Emax 0 R
Nun lsst sich im fnften Schritt beispielsweise die maximale Feldstrke berechnen, die an der Kugeloberflche auftritt:
Emax = E ( R ) =
U . R
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Eine praktische Anwendung dieser Betrachtungen wurde bereits in Kapitel 2 bei der Dimensionierung von Abschirmkrpern von Prftransformatoren gezeigt. Es lassen sich so aber auch nherungsweise die Feldstrken an scharfkantigen Spitzen abschtzen, indem fr den Kugelradius extrem kleine Werte angenommen werden. Hierbei ist allerdings zu beachten, dass die Herleitungen nur solange gltig sind, wie die Elektrode vorentladungsfrei bleibt. Das ist bei so extrem kleinen Durchmessern nur fr sehr kleine Spannungen der Fall: es ergibt sich etwa fr einen Kugelradius von 1 mm und eine anliegende Spannung von 3 kV bereits eine maximale Feldstrke Emax = 30 kV/cm. Bei dieser ist die Anordnung aber schon nicht mehr vorentladungsfrei. Das Beispiel belegt aber, welch niedrige Spannungen an scharfkantige Elektroden nur angelegt werden drfen, wenn Vorentladungsfreiheit sichergestellt sein soll.
Wie fr die Kugel frei im Raum, wird von einer Punktladung ausgegangen. Die Radien der innere und der ueren Kugel bilden die Integrationsgrenzen.
1. Schritt (identisch mit dem fr die Kugel frei im Raum):
D dA = D ( r ) dA = D ( r ) A( r ) = D( r ) 4r 2 = Q
A
D(r ) =
Q 4r 2 Q E (r) = 4r 2
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U R1R2
Q = E ( r ) dr = 4 R1 R1 R2 R2 R1
R2
R2
1 Q 1 2 Q 1 1 Q R R r 2 dr = 4 r R = 4 R1 R2 = 4 R21 R21 1 R1
Q = 4U
3. Schritt:
C=
Q R R = 4 1 2 U R2 R1 s + R1 . s
C = 4 R1
Darin stellt der Ausdruck 4R1 die Kapazitt Ck einer Kugel frei im Raum mit dem Radius der inneren Kugel dar (s. Abschnitt 6.3.1), und es lsst sich die Kapazitt des Kugelkondensators direkt mit der Kapazitt einer Kugel frei im Raum vergleichen:
R C = Ck 1 + 1 . s
Die Kapazitt der koaxialen Anordnung ist also grundstzlich grer als die der Kugel frei im Raum.
4. Schritt:
Mit den Ergebnissen des ersten und des zweiten Schrittes ergibt sich der Feldstrkeverlauf zu:
E (r ) = U
R1 R2 1 R2 R1 r 2
Mit einer Abnahme mit 1/r2 entspricht der Feldstrkeverlauf also qualitativ dem an der Kugel frei im Raum.
5. Schritt:
Die Maximalfeldstrke tritt an der Oberflche der inneren Kugel auf, d.h. fr den Fall r = R1:
Emax = U R2 R1 R2 R1
In dieser Gleichung stellt der Ausdruck U/R1 die Maximalfeldstrke Emax, k einer Kugel frei im Raum dar (s. Abschnitt 6.3.1), und wiederum ist ein direkter Vergleich beider Anordnungen mglich:
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Die Maximalfeldstrke an der konzentrischen Kugelanordnung ist also grundstzlich hher als an der Kugel frei im Raum. Ist beispielsweise der Radius R2 der ueren Kugel fnfmal grer als der Radius R1 der inneren Kugel, so ergibt sich aus der obigen Gleichung eine 25 % hhere maximale Feldstrke. Setzt man in die vorletzte Gleichung fr einen gegebenen Radius R2 der Auenkugel die beiden extremen Mglichkeiten fr die Wahl von R1 ein, nmlich R1 0 und R1 R2, so zeigt sich, dass in beiden Fllen die maximale Feldstrke gegen Unendlich strebt. Dazwischen muss also ein Minimum liegen, d.h. es muss einen Radius R1, opt der Innenkugel geben, fr die die maximale Feldstrke minimal ist. Dieses Minimum lsst sich durch Nullsetzen der Ableitung der maximalen Feldstrke nach dem Radius R1 ermitteln (Anwendung von Produkt- und Quotientenregel):
Emax U R2 U R2 U R2 = + =0 = 2 R1 R2 R1 R1 ( R2 R1 )2 R1 R1 R1 R2 R1 Umformung und Auflsung nach R1 ergibt: R1, opt = R2 2 und durch Einsetzen von R1, opt: Emax, opt =
4U R2
Ein weiterer interessanter Aspekt ergibt sich, wenn in der Gleichung fr die maximale Feldstrke die Schlagweite s = R2 R1 eingefhrt wird:
Emax =
U R2 U U = + mit s = R2 R1 R1 R2 R1 R1 s
In dieser Form der Gleichung kommt zum Ausdruck, dass sich die maximale Feldstrke aus zwei Bestandteilen zusammensetzt: der Term U/R1 entspricht der maximalen Feldstrke einer Kugel frei im Raum, der Term U/s ist die Feldstrke im homogenen Feld einer Elektrodenanordnung der Schlagweite s. Man kann daher von einem Krmmungseffekt und einem Abstandseffekt sprechen:
Krmmungseffekt:
R1 << s
U U U >> Emax R1 s R1
Soll also in einer Anordnung mit R1<<s die maximale Feldstrke verringert werden, so erreicht man das nur ber eine Vernderung (d.h. Vergrerung) des Kugelradius der inneren Kugel. Eine Vernderung der Schlagweite zwischen den Kugeln bleibt praktisch wirkungslos.
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R1 >> s
U U U << Emax R1 s s
In diesem Fall ist also eine Vernderung der Schlagweite wirkungsvoller als eine Vernderung des Radius der inneren Kugel. Das folgende Bild stellt die bisher beschriebenen Zusammenhnge noch einmal dar:
Emax/Emax, min
Krmmungseffekt
Abstandseffekt
R1/R2 = 0,5
R1/R2
Abhngigkeit der maximalen Feldstrke fr konzentrische Kugeln vom Radius der Innenkugel
Da das Minimum sehr flach verluft, braucht das optimale Radienverhltnis von R1/R2 = 0,5 zur Erzielung minimaler Maximalfeldstrke nicht sehr genau eingehalten zu werden.
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Das Bild (vorherige Seite) zeigt einige praktische Beispiele, in denen mit der Annahme von Kugel- oder konzentrischen Kugelfeldern auf einfache Weise grobe Abschtzungen und Optimierungen der gnstigsten Radien und Schlagweiten vorgenommen werden knnen.
D dA = D ( r ) dA = D ( r ) A( r ) = D( r ) 2rz = Q
A
Q 2rz Q E (r ) = 2 rz D(r ) =
2. Schritt:
U R1R 2 =
Q=
R2
R1
E (r ) dr =
2 z U R ln 2 R1 Q 2 z = U ln R2 R1
3. Schritt:
C=
4. Schritt:
E (r ) =
U r ln R2 R1
5. Schritt:
Die Maximalfeldstrke tritt an der Oberflche des inneren Zylinders auf, d.h. fr den Fall r = R1: Emax = E1 = U R1 ln R2 R1
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Die Feldstrke an der koaxialen Zylinderanordnung nimmt also mit 1/r ab. Damit ergibt sich ein flacherer Kurvenverlauf als bei den konzentrischen Kugeln (dort: Abnahme mit 1/r2). Auch die maximale Feldstrke ist bei gleichen Radienverhltnissen an der Zylinderanordnung grundstzlich niedriger als an der Kugelanordnung. Das folgende Bild zeigt einen Vergleich:
E U/R1 konzentrische Kugeln
r/R1
(R1 = 1) (R2 = 5R1)
Relative Feldstrkeverteilungen im Vergleich: Kugel frei im Raum, konzentrische Kugeln, koaxiale Zylinder
Wie auch fr die konzentrischen Kugeln ergeben sich ins Unendliche anwachsende maximale Feldstrken fr die Extremflle des Durchmessers R1 0 und R1 R2. Also muss es auch fr diese Anordnung einen Radius R1, opt bzw. ein Radienverhltnis (R2/R1)opt geben, bei dem die an der Oberflche des Innenzylinders auftretende maximale Feldstrke ein Minimum hat. Am einfachsten erhlt man die Lsung durch Nullsetzen der Ableitung der maximalen Feldstrke nach dem Radienverhltnis R2/R1: R2 U U R = = 1 R2 R2 R R1 ln ln 2 R1 R1
Emax
R2 R2 R2 R1 U 1 ln R R R U Emax R 1 1 2 1 = = =0 2 R2 R2 R2 ln R2 R2 R2 ln R1 R1 R1 R1
R ln 2 = 1 R1 opt
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Der Vergleich mit der maximalen Feldstrke im optimalen Fall der konzentrischen Kugel 4U anordnung Emax, opt = zeigt unmittelbar, dass die koaxiale Zylinderanordnung gnstiger R2 ist, d.h. niedrigere Maximalfeldstrken aufweist. Das nchste Bild gibt die Abhngigkeit der maximalen Feldstrke vom Radienverhltnis wieder. Wie bei den konzentrischen Kugeln verluft das Minimum sehr flach, so dass das optimale Radienverhltnis zur Erzielung einer minimalen Maximalfeldstrke nicht genau eingehalten werden muss:
E1 E1, opt
R1 = R2/e
R1/R2
Tatschlich zeigt sich, dass die Durchschlagspannung das eigentliche Kriterium fr die Auslegung einer koaxialen Anordnung ihr Maximum bei einem etwas kleineren als dem optimalen Radienverhltnis hat. Man entscheidet sich daher in der Regel fr Auslegungen R1/R2 1/e.
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Es wird eine Hllflche definiert, die die linke Elektrode vollstndig umschliet. Sie besteht aus einer Flche A zwischen den Elektroden und aus Flchen im ueren Feldbereich, die aber von einem so geringen Verschiebungsfluss durchsetzt werden, dass er fr die folgenden Betrachtungen vernachlssigt wird. Die verbleibende elektrische Verschiebungsdichte D hat die gleiche Richtung wie der Flchenvektor dA, so dass mit den Produkten der Betrge gerechnet werden kann. Weiterhin ist der Betrag D der elektrischen Verschiebungsdichte ber die ganze Flche A konstant, und die Integration von dA ber der Flche A ergibt den Wert der Flche A selbst. Die 5 Berechnungsschritte sehen dann folgendermaen aus:
1. Schritt:
D dA = D dA = D A = Q
A
Q = const. A Q E ( x) = = const . = E0 A D( x) =
Die elektrische Feldstrke weist also ber die gesamte Schlagweite einen konstanten Wert E0 auf.
2. Schritt:
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Qs A
Q=
3. Schritt:
A U s
C=
Q A = U s
4. Schritt:
E ( x) =
Q U = = const . A s
Der fnfte Schritt Berechnung der Maximalfeldstrke erbrigt sich. Im praktischen Fall kommt es am Rand des Plattenkondensators natrlich zu erheblichen Feldstrkeerhhungen, die hier nicht detailliert untersucht werden sollen. Plattenkondensatoren werden daher aber in der Hochspannungstechnik mit verrundeten Rndern derart ausgefhrt, dass die Feldstrke an keiner Stelle hher wird als im homogenen Teil. Dabei ist das so genannte Rogowski-Profil so bemessen, dass die Feldstrke nach auen hin stetig abnimmt, whrend das wegen seiner konomischeren Bauweise hufiger eingesetzte Borda-Profil berall gleiche Feldstrke ergibt.
An dem einfachen Beispiel des homogenen Teils des Plattenkondensators soll noch gezeigt werden, dass die Berechnung in vielen Fllen auch durch analytische Auswertung der Laplaceschen Potentialgleichung mglich ist, die sich hier wegen der fehlenden Abhngigkeiten von der y- und der z-Richtung wesentlich vereinfacht zu: 2 = 2 = 0 x Durch zweifache Integration ergibt sich: = k1 x
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( x ) = k1 x + k2
Die Integrationskonstanten k1 und k2 werden aus den Randbedingungen bestimmt:
( x = 0) = U U = k2 ( x = s) = 0 k1 s + k2 = 0 k1 =
Daraus folgt fr die Potentialverteilung: x ( x) = U 1 s und fr die Feldstrke: U = = const. x s U s
E = grad =
6.4
Die bisher behandelten Beispiele betrafen Anordnungen, in denen sich aufgrund der einfachen Geometrien und Symmetrien auch einfache Feldverlufe ergeben. Reale Anordnungen sind in der Regel komplizierter. Deren Berechnung erfolgt heutzutage praktisch ausschlielich mit Feldberechnungsprogrammen. Insbesondere fr zweidimensionale rotationssymmetrische Probleme sind mittlerweile Programme verfgbar, die auf jedem PC eingesetzt werden knnen. Aber auch dreidimensionale Anordnungen sind weitestgehend berechenbar, wenn auch mit groem zeitlichen Aufwand (dieser liegt hauptschlich bei der Eingabe der Geometrien). Es macht trotzdem Sinn, sich mit einigen Grundregeln zur Erstellung eines Feldbildes von Hand vertraut zu machen. Dies verbessert einerseits das zur Interpretation der grafischen Ergebnisausgabe von Feldberechnungen erforderliche Verstndnis, andererseits kann man sich auf diese Weise mit einfachen Hilfsmitteln schnell ein grobes Bild der Feldverhltnisse an
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beliebigen Elektrodenanordnungen machen. Die Anwendung ist allerdings auf ebene, das heit zweidimensionale Probleme beschrnkt. Es gelten folgende "Zeichenregeln" (s. Bild): 1. Feldlinien (Verschiebungsdichtelinien) und quipotentiallinien stehen grundstzlich senkrecht aufeinander. 2. Elektrodenoberflchen sind quipotentiallinien. Also treten Feldlinien grundstzlich im rechten Winkel aus Elektrodenoberflchen aus bzw. in sie ein. 3. Die Potentialverteilung wird blicherweise prozentual angegeben. Das Bezugspotential entspricht einem Wert von 0 %, das Hochspannungspotential 100 %. 4. Dem Abstand a zwischen zwei quipotentiallinien entspricht immer die gleiche Potentialdifferenz U = aE. Dem Abstand b zwischen zwei Feldlinien entspricht immer die gleiche Ladung Q = DA = EA = Ebz auf den Elektroden (z ist darin die Ausdehnung der Anordnung senkrecht zur Zeichenebene). Feld- und quipotentiallinien ergeben ein Gitter von "Kstchen" mit den Seitenlngen a und b. Die jedem Kstchen zuzuordnende Teilkapazitt ist nach den obigen Ausfhrungen: C = b Q E b z = = z = const. aE a U
Auch das Seitenverhltnis b/a ist also konstant. Zweckmigerweise whlt man b/a = 1, also quadratische Kstchen. Dann lassen sich die Kstchen anhand der Bedingung konstruieren, dass ihre vier Seiten einen einbeschriebenen Kreis berhren mssen. 5. Die Gesamtkapazitt der Anordnung ergibt sich aus der Anzahl np der parallelen und der Anzahl nr der in Reihe liegenden Kstchen fr den Fall b/a = 1 zu C= np nr C = z np nr
Die Konstruktion des Feldbildes erfolgt, wie in dem Bild auf der nchsten Seite angedeutet, iterativ. Man wird in diesem Beispiel (Randfeld eines Plattenkondensators) etwa mit dem Zeichnen der quipotentiallinien 25 %, 50 % und 75 % im homogenen Bereich des Feldes beginnen und die Linien im Randbereich den Elektrodenkonturen folgend abbiegen. Anschlieend werden senkrecht dazu die Feldlinien eingezeichnet, und danach erfolgt eine erste Kontrolle der Einhaltung der Zeichenregeln (rechte Winkel, einbeschriebene Kreise). Diese fhrt naturgem zunchst auf starke Abweichungen, und der Verlauf der quipotential- und Feldlinien muss nun in sich mehrmals wiederholenden Schritten solange nachgebessert werden, bis die Regeln mit fr die jeweilige Problemstellung ausreichender Genauigkeit erfllt sind.
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6.5
Mit der analytischen Auswertung der Kontinuittsgleichung und den Regeln zur grafischen Feldermittlung sind stellvertretend nur zwei der klassischen Verfahren beschrieben worden, elektrische Quellenfelder zu beschreiben. Andere Elektrodenanordnungen als die bisher behandelten erfordern andere Lsungswege. So sind viele der in der Hochspannungstechnik vorkommenden Anordnungen, lange bevor der Einsatz von Feldberechnungsprogrammen zum Standard geworden ist, analytisch untersucht worden. Dabei kamen weitere Verfahren zur Anwendung, wie beispielsweise die Methode der konformen Abbildung oder das Ersatzladungsverfahren, auf die hier nicht weiter eingegangen werden kann. Dabei erfordert es bung und Erfahrung, fr jede Anordnung den bestgeeigneten Lsungsweg zu finden. Es existiert kein einheitliches Standardverfahren, welches gleichermaen gut auf alle Problemstellungen anzuwenden ist. Das trifft brigens auch noch heute fr die verschiedenen Arten von Feldberechnungsprogrammen zu. An dieser Stelle soll noch ein einfaches Hilfsmittel vorgestellt werden, mit dem ohne groen Rechenaufwand fr eine gegebene Anordnung die hchste auftretende Feldstrke, die Kapazitt und mit Einschrnkung auch die Durchschlagspannung ermittelt werden knnen. In vielen praktischen Anwendungsfllen ist das bereits vllig ausreichend. Von Schwaiger1 wurden Ausnutzungsfaktoren eingefhrt, die fr eine bestimmte Anordnung das Verhltnis der Feldstrke E0 einer homogenen Anordnung gleicher Schlagweite (diese kann auch als mittlere Feldstrke der Anordnung interpretiert werden) zur tatschlich auftretenden hchsten Feldstrke Emax angeben:
E0 Emax
mit E0 =
U s
Der Kehrwert 1
Emax E0
ist der so genannte Inhomogenittsgrad der Anordnung. Da die maximale Feldstrke einer beliebigen Anordnung nie kleiner sein kann als E0, gilt grundstzlich
bzw.
1 .
Der Wert von = 1/ = 1 wird nur fr eine ideale homogene Anordnung (den homogenen Bereich eines Plattenkondensators) erreicht. Fr andere Anordnungen wird der Ausnutzungsfaktor als Funktion einer oder zweier als geometrische Charakteristik bezeichneten Gren p und q angegeben, die folgendermaen definiert sind:
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mit
s ... Schlagweite r ... Radius der strker gekrmmten Elektrode R ... Radius der schwcher gekrmmten Elektrode
Es liegen mittlerweile teils analytisch, teils durch Nherungen gefundene Ausnutzungsfaktoren einer Vielzahl von Anordnungen vor, mit denen es mglich ist, die Maximalfeldstrken an fast jeder beliebigen Elektrodenanordnung zumindest nherungsweise abzuschtzen. Beispiele in Form von Wertetabellen und/oder Kurven sind auf den Seiten 30 bis 38 wiedergegeben. Mit Hilfe der Ausnutzungsfaktoren ist es grundstzlich auch mglich, die Durchschlagspannung von Elektrodenanordnungen in Gasen abzuschtzen: d = ds mit d ... Durchbruchfeldstrke
Das gilt jedoch nur, solange es beim Erreichen der Durchbruchfeldstrke unmittelbar zu einem vollkommenen Durchschlag kommt, also in homogenen bis schwach inhomogenen Anordnungen. Fr diese liegen die Ausnutzungsfaktoren bei Werten zwischen 1 und etwa 0,3. Ferner ist zu beachten, dass die Durchbruchfeldstrke keine konstante Gre ist, sondern auer von der Luftdichte und der Art des Gases auch von der Elektrodengeometrie abgngig ist: Platten: d = f(s) mit s ... Schlagweite
Zylinder ineinander, nebeneinander oder gekreuzt: mit r ... jeweils der kleinere der Radien d = f(r) Kugeln nebeneinander und ineinander: mit r .. jeweils der kleinere der Radien d = f(r) Die drei zugehrigen Abhngigkeiten sind auf Seite 39 wiedergegeben. Weiterhin lassen sich mit Hilfe der Lufteinheitskapazitt CLE die Kapazitten von Kugelund Zylinderanordnungen bestimmen: CKugel = rrCLE CZylinder = rlCLE mit r ... Radius der kleineren Kugel mit l ... Lnge der Zylinderanordnung
Die Lufteinheitskapazitt selber ist eine Funktion der geometrischen Charakteristik p. Sie ist fr verschiedene Kugel- und Zylinderanordnungen auf Seite 40 dargestellt. Fr die bereits in den Abschnitten 6.3.2 und 6.3.3 analytisch hergeleiteten Verhltnisse an konzentrischen Kugeln und koaxialen Zylindern soll im Folgenden der Gebrauch der Ausnutzungsfaktoren demonstriert werden:
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p= q=
s + r 10 + 10 = =2 r 10 R 20 = =2= p r 10
= 0,5
U U 2U = = s 0,5 ( R r ) ( R r )
Die gefundene Maximalfeldstrke stimmt exakt mit der analytisch berechneten Maximalfeldstrke (s. Seite 15) berein. Ermittlung der Kapazitt: CKugel = rrCLE Aus der Kurve S. 39, mit p = 2: CLE = 2,22 pF/cm CKugel = 10 cm 2,22 pF/cm = 22,2 pF Vergleich mit der analytisch ermittelten Kapazitt (s. Seite 15): CKugel, anal. = 4 0 r rR 10 cm 20 cm = 4 0,088542 pF / cm = 22,25 pF Rr 10 cm
p= q=
s + r 10 + 10 = =2 r 10 R 20 = =2= p r 10
= 0,693
1 U 1 = r 0,693 R 0,693 1) r
U U U = = s 0,693 ( R r ) r
Vergleich mit der analytisch berechneten Maximalfeldstrke (s. S. 19): Emax = U R r ln r = U U = r ln 2 r 0,693
Auch hier stimmt die mit Hilfe des Ausnutzungsfaktors gefundene exakt mit der analytisch berechneten Maximalfeldstrke berein.
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Die Ausnutzungsfaktoren stellen ein sehr anschauliches Hilfsmittel zum direkten Vergleich der Inhomogenitt verschiedener Anordnungen dar. Der Vergleich von Beispiel 1 und Beispiel 2 zeigt unmittelbar, dass bei gleichen Radienverhltnissen die Zylinderanordnung einen hheren Ausnutzungsgrad aufweist als die Kugelanordnung, oder, ausgedrckt ber den Inhomogenittsgrad 1/, dass die Kugelanordnung inhomogener ist als die vergleichbare Zylinderanordnung. Dies kann man sich damit erklren, dass die Kugelanordnung gegenber der Zylinderanordnung in einer zustzlichen Dimension (nmlich der z-Richtung) gekrmmt ist. Ermittlung der Kapazitt: CZylinder = rlCLE Aus der Kurve S. 39, mit p = 2: CLE = 0,775 pF/cm CZylinder = l 0,775 pF/cm Vergleich mit der analytisch ermittelten Kapazitt (s. Seite 18): CZylinder, anal. = 2 0 r l 2 0,08542 =l = l 0,7744 pF / cm R 0,693 ln r
Abschlieend soll noch in einem weiteren Beispiel die Anwendung des Ausnutzungsfaktors fr die Ermittlung der Durchschlagspannung einer Kugelfunkenstrecke gezeigt werden:
Beispiel 3: Durchschlagspannung einer Kugelfunkenstrecke, r = 5 cm, s = 5 cm
p= q=
s + r 5+5 = =2 r 5 R 5 = =1 r 5
= 0,732
d = 34 kV/cm
Damit ergibt sich fr die Durchschlagspannung: d = ds = 34 kV/cm 5 cm 0,732 = 124, 4 kV Dieser Wert weicht um nur ca. 1 % von dem in der IEC-Vorschrift 60052 angegebenen Wert fr Messkugelfunkenstrecken ab (d0 = 123 kV, vgl. Kapitel 5, S. 6).
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2r
2r
2r
s
2R 2r
p 1,0 1,5 2 3 4 5 6 7 8 9 10 15
q=1 1 0,850 0,732 0,563 0,449 0,372 0,318 0,276 0,244 0,218 0,197 0,133
q=1 1 0,834 0,660 0,428 0,308 0,238 0,193 0,163 0,140 0,123 -
q= 1 0,732 0,563 0,372 0,276 0,218 0,178 0,152 0,133 0,117 0,105 -
q=p 1 0,667 0,500 0,333 0,250 0,200 0,167 0,143 0,125 0,111 0,100 -
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2r
2R
2r
q=1 1 0,924 0,861 0,760 0,684 0,623 0,574 0,497 0,442 0,349 0,291 0,1574 0,094 0,038 0,025 0,0168 0,0138
q=2 1 0,894 0,815 0,702 0,623 0,564 0,517 0,447 0,397 0,314 0,263 -
q=3 1 0,884 0,798 0,679 0,595 0,538 0,488 0,420 0,375 0,396 0,248 -
q=5 1 0,878 0,783 0,658 0,574 0,513 0,469 0,401 0,352 0,277 0,232 -
q = 10 1 0,871 0,772 0,641 0,555 0,492 0,450 0,377 0,330 0,257 0,214 -
q = 20 1 0,864 0,766 0,632 0,548 0,486 0,435 0,368 0,324 0,249 0,202 -
q= 1 0,861 0,760 0,623 0,533 0,468 0,419 0,349 0,301 0,228 0,186 0,0932 0,0537 0,0214 0,0138 0,00922 0,0076
Zylinder ineinander:
s
2R
2r
2r 2R
q=p 1 0,811 0,693 0,549 0,462 0,402 0,358 0,297 0,256 0,193 0,158 0,0798 0,047 0,019 0,0125 0,0084 0,0069
q = 20 1 0,857 0,754 0,614 0,521 0,454 0,404 0,331 0,281 0,204 0,158 -
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Seite 34
Ausnutzungsfaktoren fr Spitzen-, Schneiden- und Kreisringanordnungen: Anordnungen R1, R2 (s. Seite 33)
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Seite 35
Ausnutzungsfaktoren fr Spitzen-, Schneiden- und Kreisringanordnungen: Anordnungen T1, T2, T3 (s. Seite 33)
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Seite 36
Ausnutzungsfaktoren fr Spitzen-, Schneiden- und Kreisringanordnungen: Anordnung T1 (s. Seite 33 und Seite 35)
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Seite 38
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Seite 39
Durchbruchfeldstrke von Luft fr Platten, Zylinder und Kugeln (nach: W. O. Schumann, Elektrische Durchbruchfeldstrke von Gasen, Springer Verlag, 1923)
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Seite 40
Lufteinheitskapazitt fr Kugel- und Zylinderanordnungen (nach: A. Schwaiger, Elektrische Festigkeitslehre, Springer Verlag, Berlin 1925)
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