Empirische Forschung

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Skript für Empirische Forschungsmethoden WS 2010/11

von Laura ☺

1. Einführung
a. Wissenschaft
i. Definition Empirie
ii. Induktiv vs. deduktiv
iii. Quantitativ vs. qualitativ
b. Wissenschaftlicher Anspruch der Psychologie
i. Beschreiben
ii. Erklären
iii. Vorhersagen
iv. Verändern
2. Wissenschaft im historischen und sozialen Kontext
a. Philosophiegeschichte der Psychologie
i. Leukipp & Demokrit
ii. Platon
iii. Aristoteles
iv. William von Ockham
v. Francis Bacon
vi. Galileo Galilei
vii. René Descartes
viii. Isaac Newton
ix. David Hume
x. Immanuel Kant
b. Von der Philosophie zur Psychologie
i. Franz Brentano
ii. Helmholtz und Fechner (Psychophysik)
iii. Wilhelm Wundt
iv. Sigmund Freud (Psychoanalyse)
v. Watson und Skinner (Behaviorismus)
vi. Die kognitive Wende / Moderne Kognitionswissenschaft
3. Wissenschaftstheorie
a. Was ist Wissenschaft?
b. Wissenschaftstheoretische Ansätze im Überblick
i. Positivismus
ii. Neopositivismus
iii. Kritischer Rationalismus
iv. Historisch-soziologische Analyse
v. Konstruktivismus
c. Spezialprobleme der Psychologie
d. Von der Forschung zum Lehrbuch
4. Empirische Forschung im Überblick
a. Systematik psychologischer Methoden
b. Die Forschungshypothese
c. Die Variable
Skript für Empirische Forschungsmethoden WS 2010/11

d. Forschungsethik
5. Quantitative Erhebungsmethoden
a. Beobachten, Zählen, Messen
b. Selbstberichtverfahren
c. Testen
d. Gütekriterien beim Messen und Testen
i. Objektivität
ii. Reliabilität
iii. Validität
e. Biopsychologische und Neurowissenschaftliche Messungen
f. Datenerhebung im Internet
g. Stichprobe und Population
6. Das Experiment
a. Gründe für Experimente
b. Merkmale
c. Experimentelle Variablen
i. Störvariablen
d. Varianten des Experiments
i. Labor-/ echtes Experiment
ii. Quasiexperiment
iii. Feldexperiment
iv. Feldstudie
v. Ex-Post-Facto-Studie
vi. Vorexperimentale Anordnungen
e. Gütekriterien des Experiments
i. Interne Validität
ii. Externe Validität
f. Probleme
g. Der Versuchsplan
Skript für Empirische Forschungsmethoden WS 2010/11

1. Einführung
Wissenschaft
Definition Empirie:
• ist daran interessiert, Hypothesen und Theorien zu den Fragen zu entwerfen, mit denen man sich
gerade beschäftigt
• Hypothesen und Theorien werden ihrerseits mit Realität konfrontiert
• Vergleich der gedanklichen Antwort auf die Frage mit den in der Realität diesbezüglich
vorfindbaren Sachverhalten

Induktiv vs. deduktiv:


• Induktiv: nach wiederholten Einzelbeobachtungen auf generelle Regel verallgemeinern
• Deduktiv: Ableitung des Besonderen und Einzelnen aus dem Allgemeinen, also aus Regeln,
Gesetzmäßigkeiten, Modellen, Theorien ( Prämissen…)

Quantitativ vs. qualitativ


• Quantitativ: objektiv messendes Verfahren
• Qualitativ: sinnverstehende, unstandardisierte Verfahren (Beobachtungen, Interview)

Wissenschaftlicher Anspruch der Psychologie


Gegenstand der Psychologie:
• das Erleben, Verhalten und Handeln des Menschen

Beschreiben:

• Angaben über Erscheinungsformen und Merkmale von mindestens einem Sachverhalt


• Benennen, Ordnen+Klassifizieren, Definieren, Angaben zu Häufigkeit bzw. Ausprägungsgrad
• Zusammenhangsrelation (Besteht ein Zusammenhang?)
Erklären
• Angaben über Bedingungsverhältnisse von Sachverhalten bzw. Angaben über Abhängigkeiten
zwischen Sachverhalten.
• Setzen Beschreibung von mind. 2 Sachverhalten voraus
• Abhängige vs. Unabhängige Variable (UV bedingt AV) = Kausalrelation
o Selten direkte Abhängigkeiten, oft gibt’s intervenierende Variablen
Skript für Empirische Forschungsmethoden WS 2010/11

Vorhersagen
• Prädiktor (UV) wird zur Vorhersage genutzt, das Kriterium (AV) ist dabei die vorherzusagende
Variable
• Einzelfall kann in Psychologie nur selten richtig vorhergesagt werden
• Wichtig für Genauigkeit der Vorhersage:
o Präzise Beschreibung der Sachverhalte
o Adäquate Auswahl der Prädiktoren
o Gewichtung der Prädiktoren
o Zeitraum der Prognose
Verändern
• Korrektur
• Förderung
• Prävention

2. Wissenschaft im historischen und sozialen Kontext


Philosophiegeschichte der Psychologie

Leukipp & Demokrit


• Materialismus (Nur Leere und Materie existent)
• Atomismus (unendlich viele, unteilbare Teilchen)
• Veränderung = Mischung und Entmischung dieser Teilchen
• Determinismus (alles hat Grund und Notwendigkeit)

Platon
• Gegenpol zum Materialismus
• Grundtypen/-formen des Seins, die unvergänglich und unwandelbar sind
• Ideen und Idealbilder sind geistiger Natur
• Höhlengleichnis (wir sehen nur Schatten der Wirklichkeit, die Realität würden wir nicht
aushalten)
• Einfluss auf Psychologie: ???

Aristoteles
• Naturforschung
• Einführung der Logik
• Deduktion & Induktion
• Erfahrung = Quelle der Erkenntnis
• Qualität vs. Quantität
Skript für Empirische Forschungsmethoden WS 2010/11

• Einfluss auf die Psychologie: jedes Lebewesen mindestens eine Seele, verschiedene Formen der
Seele (vegetativ, animalisch, rational), passiver und aktiver Teil der rationalen Seele (passiv:
naturwissenschaftlich, aktiv: spiritueller Teil)

William von Ockham


• Franziskaner
• Ockhams Rasiermesser (shaving away unnecessary assumptions to get the simplest
explanation…)
• Prinzip der Parsimonie (Sparsamkeit)

Francis Bacon
• Pragmatisches Wissenschaftsverständnis (Wissenschaft soll Abhängigkeit des Menschen von der
Natur verringern)
• Kritik an tradierter Wissenschaft
• Naturerkenntnis = Beherrschung der Natur („Natur auf der Anklagebank“ | „Die Natur wird nur
durch Gehorchen besiegt“)
• Bacons Idola:
o Idole des Stammes (Vorgeformtheiten durch kulturelle, gattungsmäßige Zugehörigkeit)
o Idole der Höhle (Erkenntniseinschränkung durch die individuelle Beschaffenheit des
Subjekts)
o Idole des Marktes (Verzerrung durch sprachliche Gepflogenheiten und den „gesunden“
Menschenverstand)
o Idole des Theaters (Beeinflussung durch Dogmen der Philosophie und den Zeitgeist)
• Beiläufige Erfahrung = Zufall, Absichtliche Erfahrung = Experiment

Galileo Galilei

• Präsentierte stets Beweise


• Modernste Technik
• Experimente statt reiner Beobachtung  „Man solle alles messen, was messbar ist“

René Descartes

• Zweifel als Methode


• Zweifel ist nicht bezweifelbar  „Ich denke, also bin ich“
• Dualismus: Geist und Materie sind 2 grundlegend versch. Wesenheiten
• Leib-Seele-Dualismus
• Entseelung/Mechanisierung der Natur
• Einfluss auf die Psychologie: psych. Störungen werden auch oft als rein „materiell“ gesehen,
Psychologie versucht, auch den Geist zu „mechanisieren“ (künstliche Intelligenz und zur
Messung)
Skript für Empirische Forschungsmethoden WS 2010/11

Isaac Newton

• Maschinenparadigma (Universum = komplexe Uhr)


• Determinismus
• Ideal einer durchgängig kausalen Naturbeschreibung

David Hume

• Hauptvertreter des englischen Empirismus


• Leitsatz: Sinneseindrücke und von Sinneseindrücken abgeleitete Ideen sind das grundlegende
Material des Geistes
• Kausalität entsteht durch: Kontiguität (Nachbarschaft zweier Ereignisse), zeitliche Priorität der
Ursache, regelhafte Verknüpfung oder Abfolge von Ursache und Wirkung (Kontingenz)
• Kausalität = geistige Konstruktion

Immanuel Kant

• A-priori Voraussetzungen des Erkennens (Vorbedingungen von Wahrnehmung und Denken)


• Abwendung von Metaphysik und hin zur Bedeutung des denkenden und vernünftigen Subjekts
• Empirische Basis: Introspektion, Literatur, Reiseberichte
• Voraussetzung für Entwicklung der modernen Empirischen Psychologie

Von der Philosophie zur Psychologie


Franz Brentano

• „Die Methode der Philosophie ist keine andere als die der Naturwissenschaft“
• Abspaltung der Psychologie von der Philosophie
• Deskriptive (Ergründung von Denken und Wahrnehmung durch innere Erfahrung, Introspektion,
„innere Akte“) vs. Genetische Psychologie (Bio und Physiologie)
• Deskriptive Psychologie war für ihn scharf und unbezweifelbar

Helmholtz und Fechner (Psychophysik)

• Gegen das Maschinenparadigma des Menschen


• Helmholtz:
o Farbensehen
o Reizleitung der Nervenbahnen
• Fechner:
o Anwendung der naturwissenschaftlichen Methode auf die Psychologie
o Gesetzmäßige Beziehung zwischen physik. Reiz und Empfindung
o Erstes quantitative Gesetz: E = c log R (Empfindung, Reizintensität, c = Konstante)
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Wilhelm Wundt

• Begründer der Psychologie als eigenständige Wissenschaft


• „Psychische Atome“ (Analyse des Komplexen durch Zerlegung in einfachste Teile, dadurch
Vordringen zu einfachsten Gesetzmäßigkeiten)
• Experimentelle Manipulation im Labor kann jedoch nicht das gesamte psychische Geschehen
abbilden  Psychologie des Sozialen, Völkerpsychologie sollten daher Beobachtungsmethoden
nutzen  methodische Dichotomie auch heute noch (Experim. vs. Nicht-Experim.)

Sigmund Freud (Psychoanalyse)

• Psychoanalyse = Gruppe von Theorien und Behandlungsverfahren


• Krankheitslehre
o Behandlung (Deuten, Konfrontieren, Reaktivierung des Konflikts)
o Methoden (unbewusste Konflikte zugänglich machen Traumberichte, nonverbales
Verhalten, freie Assoziationen)
• Metatheorie = Theorie über das menschliche Seelenleben
o Psychisches ist nie zufällig, kann durch Rückgriff auf Lebensgeschichte erklärt werden
o Struktur der Psyche  3 Instanzen (Es, Ich, Über-Ich)
o Entwicklungsphasen oral, anal, phallisch, latent, genital
• PA entwickelte sich parallel zur „akademischen Psychologe“  skeptische Einstellung

Watson und Skinner (Behaviorismus)

• Akademische Psychologie: Kritik an Freud  Begriffe sind hoch spekulativ und abstrahiert
• Watson:
o Psychologie = Beobachten und Verändern von Verhalten
o Innere Prozesse sind wissenschaftlich nicht greifbar
o Sprache  verbal behavior
o Denken  stilles Sprechen
o Lernregeln: Klassisches + operantes Konditionieren
• Skinner:
o Radikaler Behaviorismus
o Skinner-Box  operantes Konditionieren
o Grundlage der Verhaltenstherapie
• Kritik Behaviorismus:
o Nicht jeder Reiz führt zu Reaktion und andersum
o Umwelteinflüsse überbewertet
o Simplifizierung der Wahrnehmung
o Kein Einblick in mentale Vorgänge
o Ignoriert psychobiologische Grundlagen
o Aneignung von Sprache?  unzureichende Erklärung
o Verallgemeinerung von Tierforschung auf Menschen

Die kognitive Wende

• Kritik an Skinners Sprachtheorie (Skinner: Sprachentwicklung durch Verstärkung von wahllosem


Brabbeln)
Skript für Empirische Forschungsmethoden WS 2010/11

• Spracherwerb nicht sequentiell, sondern sprunghaft


• Erweiterung/Aufgreifen älterer Ideen
o Bedeutung innerer Akte kann wissenschaftlich zugängig gemacht werden
o Innere Stimuli können Verhalten auslösen
o Kognitionen sind wissenschaftlich bedeutsam  Interesse an Gedächtnis,
Aufmerksamkeit, Wahrnehmung, Erwartungen, Motivation etc.
o Starke experimentelle Prägung
• Computeranalogie (Gehirn = „Speicher“, „Prozessor“)

Moderne Kognitionswissenschaft

• EEG (Hans Berger in Jena)


• PET=Positronenemissionstomographie
• MRI
• fMRI
• seitdem explosionsartige Entwicklung der Neuropsychologie

3. Wissenschaftstheorie

Was ist Wissenschaft?


• Versuch menschliche Erfahrungen zu systematisieren und methodisch vor Irrtum zu sichern
(Kollektiv, Kumulativ)
• Absicherung gegen Irrtum:
o Durch Replikation
o Skepsis als Leitmotiv
o Überprüfbarkeit und Transparenz
o Archivierung und Zugänglichkeit der Daten
• Grundlagenforschung:
o Grundlagenkenntnis und Anwendung komplementär zueinander
o Je neuer, radikaler, desto schwerer ist Nutzen zu erkennen
o Nutzen lässt sich oft erst retrospektiv angeben
o Nutzen von Grundlagenforschung z.B. Verhaltenstherapie,
Wahrnehmungspsychologie  3D-Kino, Rehapsychologie

Grundlegende Begriffe & Definitionen:

• Theorie = systematisches Gefüge von Ideen und Annahmen über einen definierten
Gegenstandsbereich mit präzisen Bestandteilen
o Nicht direkt prüfbar, zu komplex, daher daraus Hypothesen
o Ansprüche: widerspruchsfrei, erklärt komplexe Phänomene, verknüpft mit anderen
o Reduktion: Zurückführung auf ein anderes Theoriegebäude, Reduktion der
Komplexität (…sind nichts als…)
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• Hypothese = ein aus der Theorie abgeleiteter Satz


o Häufig „wenn…dann-Form“

• Operationalisierung = Angabe einer Operation, um eine Frage in eine experimentelle Handlung


zu überführen

Wissenschaftstheoretische Ansätze im Überblick


• Bislang keine einheitliche wissenschaftliche Position, der alle Psychologen zustimmen würden
• Aber „Mainstream“

Positivismus

• „das Positive zum Prinzip allen wissenschaftlichen Wissens machen“


• Positives= das Gegebene, Tatsächliche oder unzweifelbar Vorhandene
• Grundannahmen:
o Einheitliche reale Welt
o Individuum, Gedächtnisprozesse, Emotionen, Gedanken sind Teil dieser Welt
o Wissenschaftszweck: Erzeugung von experimentellen Situationen
o Welt = Gefüge messbarer Variablen, die miteinander agieren
o Modelle zeigen diese Interaktion
o Forschung testet wie diese Variablen zusammenwirken  Theorien

Neopositivismus

• „Theorie darüber, wie Theorien aussehen sollen“


• Gegenbewegung zur Psychoanalyse
• Kernaussagen:
o NaWi zum Vorbild!
o Hauptinstrument: Logik
o Aussagen der Wissenschaft müssen auf Beobachtung basieren (Empirismus)
o Theorien in einer formalen Sprache (Vermeidung von Widersprüchlichkeiten)
o Antimetaphysische Haltung (alles nicht empirisch prüfbare ist sinnlos, also metaphysisch)
• Induktive Vorgehensweise
• Starke Ähnlichkeiten zum Behaviorismus (inneres ist nichts wissenschaftsfähig)
• Kritik:
o Keine Beweise durch Induktion
o Keine durchgehende Axiomisierung von Theorien möglich
o Nicht nur beobachtbares ist wissenschaftlich!
o Unmittelbar wahre Beobachtung unmöglich (Wahrnehmung kann nicht letzter
Schiedsrichter sein)
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Kritischer Rationalismus

• Theorie darüber, wie man Theorien prüfen sollte


• Kernideen:
o Allgemeingültigkeit von naturwissenschaftlichen Hypothesen kann niemals definitiv
bewiesen werden  Verifikation von Hypothese unmöglich
 Was tut man dann?  Nachweisen, dass falsch / Theorie als vorläufig ansehen /
schauen, wie häufig eine Theorie der Falsifizierung widersteht
o Aussagen müssen prinzipiell widerlegbar sein (nicht: Wenn der Hahn kräht…)
o Ausschließlich deduktive Methoden
o Wettbewerb der Theorien
• Probabilistische Falsifizierung (Popper, 1982) = eine Theorie ist falsifizierbar durch wiederholte,
stark abweichende Beobachtungen

Historisch-soziologische Analyse

• Zentraler Begriff: Paradigma = allgemein akzeptierte theoretische Annahmen, Gesetze,


Generalisierungen, Methoden und Begriffe
• Tatsächlicher Umgang mit unschlüssigen Befunden  meist Rettung der Theorie durch
Zusatzannahmen
• Wissenschaft nicht kumulativ, d.h. kein ständiger Aufbau neuer Erkenntnisse auf Alten
• Selten: Sprünge, wissenschaftliche Revolutionen

Konstruktivismus

• Wir nehmen nicht die Wirklichkeit wahr, wie sie ist, sondern konstruieren diese.
• Individuelle Konstruktion
o Wirklichkeit ist individuell
o Systemspezifische Wirklichkeit (wenn 2 Menschen durch die gleiche Straße gehen, sehen
sie das Gleiche?)
• Unterscheidung Realität (physisch) und Wirklichkeit (individuell konstruierte Sicht auf die
Realität)
• Grenzen:
o „Wenn ein Haus brennt, springt auch ein Konstruktivist aus dem Fenster“ (Walach)
• Auswirkungen auf die Psychologie:
o Systematische Therapie (befasst sich damit, wie Dinge z.B. in einem Streit auf jemanden
gewirkt haben)
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Spezialprobleme der Psychologie


• Zentrales Ziel: Erhellung nicht direkt beobachtbaren „Innenlebens“
• Probleme mit latenten Variablen wie Intelligenz, Gedächtnis, Ärger, Freude, Liebe usw.
o Kein direkter Zugriff
o Art der Messung bestimmt den Inhalt mit
o Latente Variablen sind vorläufig und können sich ändern
• Verhältnis Forscher und „Erforschter“
o Erforschte sind auch Forscher (Bsp.: Studenten, Vpn-Stunden)
• Reaktivität = bedeutet die Veränderung bzw. Verzerrung der erhobenen Dateien allein aufgrund
der Kenntnis der untersuchten Personen darüber, dass sie Gegenstand einer Untersuchung sind
o Maßnahmen zur Reduzierung von Reaktivität
 Unkenntnis über Untersuchungsteilnahme (Tagebücher)
 Zusicherung von Anonymität
 Formulierung einer Coverstory
 Verwendung nicht reaktiver Messverfahren (Aktivierung best. Hirnareale)
 Verwendung indirekter/impliziter Messverfahren

Von der Forschung zum Lehrbuch


• Forschung  Publikation: Forscher veröffentlicht in Fachjournalen
• Originalarbeit Lehrbuch:
o Genauigkeit/Allgemeinverständlichkeit
o Review/Meta-Analysen
o Bücher/Buchkapitel/Monographien
o Lehrbücher
o Populär-/Sach-/Schulbücher

3. Empirische Forschung im Überblick

Systematik psychologischer Methoden


Quantitative Verfahren
• objektiv messendes Verfahren zur numerischen Darstellung empirischer Sachverhalte
• Information in Form von Zahlen
• Methoden:
o Inferenzstatistische Methoden
o Standardisierte Tests
o Experimente
o Meist mit deduktiven Erkenntnisgewinn genutzt
• Datenauswertung:
o Korrelativ, Varianzanalytisch, Faktorenanalyse…
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• Vorteile:
o Präzision
o Vergleichbarkeit
o Verknüpfbarkeit mit einfachen Operationen
o Übersichtlichkeit
o Sparsamkeit der Zusammenfassung

Qualitative Verfahren

• sinnverstehende, interpretative wissenschaftliche Verfahrensweise (Beobachtungen, Interview)


• Methoden:
o Unstandardisiertes Interview (ohne Zahlen)
o Teilnehmende Beobachtung
o Gruppendiskussion
o Briefe, Lebensläufe, Tagebücher
• Datenauswertung:
o Inhaltsanalyse, Hermeneutik…
• Fokussiert auf den Einzelfall

Forschungsansatz

• legt die grundlegende Vorgehensweise zur Beantwortung der Frage fest  Experiment,
Einzelfallforschung, Korrelationsstudie?

Die Forschungshypothese
• Vorläufig (vermutete) Antworten, die Forscher auf ihre Fragen geben. Solange Vermutung, bis
wissenschaftlicher Nachweis komm t
• Merkmale von Hypothesen:
o Präzise und widerspruchsfreie Formulierung
o Prinzipielle Widerlegbarkeit
o Operationalisierbarkeit (die Begriffe der Hypothese müssen erfassbar und messbar sein)
o Begründbarkeit (H. muss gut begründet sein – nachvollziehbare Überlegungen?
Berücksichtigung bisheriger Erkenntnisse?)
• Arten von Hypothesen
o Universell
 Schwierig in Psychologie
 Genereller Gültigkeitsanspruch
 Ein Gegenteilfall reicht zur Widerlegung aus
o Quasiuniversell
 Extra erfunden
 Ausnahmen werden in Kauf genommen
 Großer stat. Aufwand erforderlich
• Wann formuliert man Hypothesen?
o Hypothesenprüfend
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Prüfexperiment (Forscher erstellt basierend auf Literatur/Vorerfahrung eine


vorläufige Antwort auf Hypothese  Prüfung, JA/NEIN)
 = Standardvorgehen
o Hypothesengenerierend
 Erkundungsexperiment
 Z.B. bei noch nicht so gut erforschtem Themengebiet
 Untersuchungsergebnis gibt Anlass zur Hypothese  Danach Testung der H. an
anderer Stichprobe
 Kann deduktiv, induktiv oder intuitiv (zufällig) geschehen

Die Variable
• Variablen = veränderliche Beobachtungsgrößen
• Psychologische Variablen stammen aus dem Bereich des menschlichen Erlebens, Verhaltens und
Handelns
• Mindestens zwei Ausprägungen
• Nur eine Ausprägung  Konstante
• Qualitativ: Merkmalsausprägungen unterscheiden sich in Beschaffenheit
o Bsp.: Augenfarbe
• Qualitativ: unterscheiden sich im Zahlenwert
o Bsp.: Alter, Gewicht
• Konkrete vs. abstrakte Variablen (Ausmaß der direkten Beobachtbarkeit)
• Operationalisierung von Variablen (Variablen müssen der Beobachtung und Erfassung zugänglich
gemacht werden)
o Theoretisch-inhaltliche Hypothese (nicht operationalisierte Form)
o Empirisch-inhaltliche Hypothese (operationalisierte Form)
o Valide (gültige) Operationalisierung
 D.h. Bedeutungskern getroffen und möglichst unreduzierter semantischer Gehalt
o Reliable (zuverlässige) Operationalisierung
 Wiederholte Messung sollte vergleichbares Ergebnis bringen

Forschungsethik
Folgende Anforderungen sollten erfüllt sein:

• Gewährleistung der psychischen und physischen Unversehrtheit und Integrität der Vpns
(hochemotionales Bildmaterial, Intimsphäre)
• Transparente Untersuchung (Untersuchungssituation und Fragestellung) ABER: Konflikt  Volle
Transparenz oft nicht möglich
• Vermeidung von Täuschung (werden oft als Beeinträchtigung des Selbstwertgefühls erlebt)
• Freiwilligkeit der Teilnahme (Abbruch ist möglich)
• Vertraulichkeit der Untersuchungsergebnisse (Anonymität, Aufhebung von Intransparenz nach
Experiment)
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4. Quantititave Erherbungsmethoden

Beobachten
• Probleme bei Alltagsbeobachtung (Konstruktivismus, Einfluss von Vorerfahrungen/Einstellungen)

Wissenschaftliche Beobachtung:

• Ist die systematische und regelgeleitete Registrierung des Auftretens bzw. der Ausprägung von
ausgewählten, psychologisch relevanten Merkmalen oder Ereignissen
• Folgt einem vorher festgelegtem Beobachtungsplan (was, welche Aspekte irrelevant,
Interpretationsspielraum, wann wie lange, wo, Protokollierweise)
• Perspektiven
o Offen oder verdeckt  Hawthorne-Effekt
o Wie sehr eingreifen? Experiment = max. künstlich geschaffene Situation
o Teilnehmend oder nicht? ( Gesunde in Psychiatrie)
o Wie stark standardisiert? (=Bedingungen für Beobachtung, Beobachtungseinheiten und
Auswertung genau festhalten) Abhakskala? Einstufungsskala?
o Selbstbeobachtung
o Non-reaktive Beobachtung (Mülltonnen durchschauen)
• Fehler bei Beobachtungen:
o Reaktivität Hawthorne-Effekt
o Erwartung des Beobachters  Rosenthal-Effekt (dumme und kluge Ratten)
o Observer Bias = Systematische Verfälschung durch Wahrnehmung des Beobachters
 Halo-Effekt (Merkmal „strahlt aus“)
 Observer-Drift (Veränderung der Beobachtung mit zunehmender Zeit)
 Kontrast-/Ankereffekte (2. Person wird viel besser bewertet)
o Ungenaue Beobachtung
 Gegenmaßnahmen bei ungenauer Beobachtung:
• Technische Hilfsmittel
• Schulungen
• Hohe Standardisierung
• Übereinstimmungsmaße zwischen Beobachtern
• Generalisierbarkeit
o  Stichprobe muss repräsentativ für die Population sein (da Übertragung auf nicht
untersuchte Personen/Situationen)
o Ist abhängig von der Situation und Stichprobe
• Auswahl der Situation:
o Wichtig wenn Verhalten von Werten, Normen und Ab-/Anwesenheit anderer abhängt
• Auswahl der Stichprobe:
o Sollte typisch für Population sein
o Zufallsauswahl ( „Pleite der Meinungsforscher“ beim Telefoninterview in den USA)
o Problem: Vpns oft Psychologiestudenten
o Problem: Fragebögen zurückschicken  wenn nur 20% zurückgeschickt werden, sind das
sicherlich die Interessiertesten…
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Zählen und Messen – Messtheorie

• Zählen: Bestimmung der Häufigkeit betrachteter Ereignisse  geeignet für diskrete Merkmale
• Messen: erlaubt eine feinere Erfassung von Merkmalsausprägungen (Wie stark?)  geeignet für
stetige Merkmale | es werden empirisches (Ereignisse…) und numerisches Relativ (Zahlen…)
einander zugeordnet = Zuordnung von Zahlen zu Objekten oder Ereignissen
• Diskretes Merkmal: Ein Merkmal, das nur die Erfassung der Häufigkeit in ganzen Zahlen zulässt
• Stetiges/kontinuierliches Merkmal: Ein Merkmal, mit prinzipiell unendlich vielen Ausprägungen

• Homomorphe Abbildung: Empirisches und numerisches Relativ stehen im korrekten Verhältnis


zueinander, Bsp.: Körpergröße
• Skalenniveaus
o Nominal- (Relation der Verschiedenheit)
o Ordinal- (Relation der Rangordnung)
o Intervall- (Relation der Differenz)
o Verhältnis- (Relation zwischen Merkmalsausprägungen, Nullpunkt)
o (Absolutskala)
• Transformationen: zulässig, wenn die relevanten Relationen zwischen einzelnen Messobjekten
unverändert bleiben

Selbstberichtverfahren
• Item: eine als Frage oder Urteil formulierte Aussage, zu der die befragte Person ihre Zustimmung
oder Ablehnung – ggf. in unterschiedlicher Intensität – äußern kann.
• Mündlich vs. schriftlich
o Vorteil mündlich:
 Umfassendes Bild
 Nonverbale Signale
 Forscher kann reagieren
o Nachteil mündlich:
 Unökonomisch
 Ehrlichkeit bei sensiblen Themen?
 Sorge um Anonymität
 Vertrauensverhältnis = Voraussetzung
 Intervieweffekte
o Vorteil schriftlich:
 Sehr ökonomisch
 Kein Interviewereinfluss
 Anonymität
o Nachteil schriftlich:
 Geringere Situationskontrolle
 Geringere Rücklaufquote
 Unvollständige FBs…
 Zusatzinfos fehlen ggf. (Bearbeitungszeit für Item…)
 Geringere Flexibilität
• Standardisiert vs. unstandardisiert (geschlossene oder offene Fragen)
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o Standardisiert:
 Quantitative Befragung
 Häufig bei schriftlicher Befragung
 Vorteil: schnell ausfüllbar, leicht ausfüllbar, Antworten vergleichbar
 Nachteil: geringere Flexibilität bei Antwortmöglichkeiten
o Nicht-standardisiert:
 Qualitative Befragung
 Häufig bei mündlichen Befragungen
 Vorteil: wirklich Neues
 Nachteil: mühselige Analyse
• Strukturiert vs. unstrukturiert
o Bezieht sich auf Freiheitsgrad des Forschenden
o Strukturiert: Wortlaut und Reihenfolge der Items vorgegeben
o Halbstrukturiert: Leitfaden mit vorformulierten Fragen
o Unstrukturiert: Forscher hat keine Vorgaben hinsichtlich Fragenformulierung und
Reihenfolge
• Einzel- vs. Gruppenbefragung
o Gruppenbefragung:
 Vorteil: Äußere Bedingungen vergleichbar, ökonomischer
 Nachteil: Gruppenprozess beeinflusst Ergebnis (kann auch positiv sein)
o Einzelbefragung:
 Vorteil: manchmal bei sensiblen Fragen geeigneter
 Nachteil: Vertrauensverhältnis wichtig
• Ratings
o Beurteilung auf Skalen  quantitativ
o Items: Frage oder Aussage
o Skala: unipolar oder bipolar
o 4-9 Stufen, numerisch, verbal oder grafisch bezeichnet
o Ungerade Anzahl von Stufen  neutraler Mittelpunkt für gleichgültige oder zwiespältige
o Spezialform des Ratings: Semantisches Differential = Polaritätsprofile (alt-jung|gut-
schlecht, aber auch mit Abstufungen möglich)
o Probleme:
 Tendenz zur Mitte
 Gedankenlose Reproduktion
 Primacy-Effekt
 Halo-Effekt

Testen
• Test = wissenschaftliches Routineverfahren zur Untersuchung eines oder mehrere empirisch
unterscheidbarer Merkmale mit dem Ziel einer möglichst genauen quantitativen Aussage über
den relativen Grad der individuellen Ausprägungen
• Besteht in der Regel aus mehreren Aufgaben oder Fragen (Items), die von verschiedenen
Menschen unterschiedlich gelöst werden
• Leistungstest
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o Setzen Merkmale zu einem objektiven Gütestandard in Beziehung


o Bsp.: Speed-, Powertests
• Persönlichkeitstest
o Erfassen Ausprägung von Eigenschaften
• Rohwert: individueller Gesamtwert im Test
• Testwert: Rohwert wird mit Hilfe von Normen in Testwert umgerechnet
• Test sollte viele Items haben
o Items mit offener, halboffener Antwort oder Antwortvorgaben (Multiple-Choice)
• Itemsatz/Testskala: Items, die das gleiche Merkmal erfassen
• Gütekriterien für den Test:
o Homogenität (Items erfassen gleich Merkmal)
o Differenzierung (Skala erfasst möglichst viele Ausprägungsgrade)
o Distinktionsfähigkeit (Skala ermöglicht eindeutige Unterscheidung zwischen Personen
mit hoher und niedriger Merkmalsausprägung)
• Itemebene: Schwierigkeit und Trennschärfe von Items (=Prozentsatz aller Untersuchten, die das
Item gelöst haben) Der Trennschärfe ist zu entnehmen, wie gut das gesamte Testergebnis
aufgrund der Beantwortung dieses einzelnen Items vorhersagbar ist)
• Verfälschungen:
o Leistungstests: Erraten  Gegenmaßnahme: Distraktoren, Ratekorrektur
o Persönlichkeitstests: Reaktivität = Bemühen positiver Selbstdarstellung, soziale
Erwünschtheit sowie schematische Antworttendenzen  Gegenmaßnahme:
Ausbalancierte Antwortvorgaben, Aufforderung zu korrektem Verhalten, Kontrollskalen
(Lügenskalen)

Gütekriterien beim Messen und Testen


• Wie gut ist Untersuchung, ein bestimmtes Merkmal zu erfassen?
• Standards, die jede Messung erfüllen muss

Objektivität

• Unabhängigkeit der Resultate von Versuchssituation und –leitern (d.h. Versch. Forscher müssen
unter gleichen Bedingungen zu den gleichen Ergebnissen gelangen) Durchführung, Auswertung,
Interpretation müssen standardisiert sein.
• Durchführungsobjektivität: (Testergebnisse von Verhaltensvariationen des V-Leiters unabhängig)
o Schriftliche Erklärung
o Eindeutige Erklärung  Vermeidung von Nachfragen der Vpn
o Interaktion im Test minimieren  Sympathie zum VL
• Auswertungsobjektivität: (gleiches Ergebnis für einen Probanden bei verschiedenen Auswertern)
o Klares Manual zur Auswertung offener Fragen
• Interpretationsobjektivität (verschiedene Anwender, gleiche Schlüsse)
o Normstichproben als Vergleichsmaßstab
• Objektivität = Voraussetzung dafür, dass folgende Gütekriterien erfüllt werden können
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Reliabilität („Reablabla“:D)

• Bezeichnet Zuverlässigkeit, Messgenauigkeit und Beständigkeit einer Untersuchung


• Messwert = wahrer Wert + Fehler
• Retest-Reliabilität
o = Stabilität
o Ausmaß der Übereinstimmung bei wiederholter Anwendung bei gleicher Stichprobe
o Probleme: Einfluss von Übung, Erinnerung
• Paralleltest-Reliabilität
o Vorteil: keine Erinnerungseffekte, geringer Abstand zwischen Tests
o Nachteil: Übungseffekte weiterhin möglich, Psychologe muss zwei Tests entwerfen
• Split-Half-Reliabilität
o Ein Test, 2 Teile (gerade/ungerade Items)
• Interrater-Reliabilität
o Höhe der Übereinstimmung versch. Beobachter
•  basieren alle auf Korrelationsrechnungen

Validität

• Beurteilt eine quantitative Untersuchung danach, ob sie auch das gemessen hat, was sie messen
sollte
• Gelungene Operationalisierung der richtigen latenten Variable?
• Inhaltsvalidität
o Ist ein Verfahren zur Messung eines bestimmten Merkmals die bestmögliche
Operationalisierung?
• Kriteriumsvalidität
o Zusammenhang zwischen Testergebnis und empirischen Kriterium
o Übereinstimmung durch Korrelation angegeben
o Was ist ein geeignetes Kriterium?
o Unterscheidung: Übereinstimmungsvalidität (Test und Kriterium zeitnah erhoben) und
Vorhersagevalidität (Langer Zeitraum zwischen Test und Kriterium, Bsp.: IQ-Test und
Berufserfolg)
• Konstruktvalidität
o Werden Hypothesen über das Merkmal durch die Testwerte bestätigt?

Biopsychologische und Neurowissenschaftliche Messungen


• Messungen von Indikatoren außerhalb des ZNS
o Elektrodermale Aktivität (Hautleitfähigkeit)
o EMG (Muskelaktivität)
o EOG / Eyetracker (Ausfmerksamkeit)
o Messungen der Augenaktivität (Lidschlag, Pupillendurchmesser)
Skript für Empirische Forschungsmethoden WS 2010/11

• Messungen zur Aktivität des ZNS


o EEG (Elektrisches Potential)
 Aufzeichnung elektrischer Potentiale von Neuronen
 Hauptsächlich kortikale Aktivität
 Messung per Elektroden an Schädeloberfläche
 Vorteil: zeitlich sehr genau, preiswert, weit verbreitet
 Nachteil: räumlich nicht sehr genau
o MEG (Magnetfelder)
 Erfasst Magnetfelder, verursacht durch neuronal bedingte
Pontentialschwankungen
 Vorteil: zeitlich und räumlich hohe Auflösung
 Nachteil: teuer, v.a. kortikal, Störungsanfällig
o CT (Bildgebendes Verfahren)
 Unterschiedliche Absorption von Röntgenstrahlen
o PET (Bildgebendes Verfahren)
 Radioaktive Markierungssubstanzen werden injiziert
 Aktive Strukturen werden sichtbar
o Magnetresonanzverfahren MRI, fMRI (Bildgebendes Verfahren)
 F= zusätzlich Sauerstoffgehalt des Blutes
 Vorteil: coole Bilder, Abbildung tiefer Strukturen, räumlich hoch auflösend
 Nachteil: sehr teuer, zeitlich schlecht auflösend, häufig überinterpretiert (fMRI-
Hype)

Datenerhebung im Internet
Vorteile

• Erleichterung und Effizienzsteigerung


• Große Stichproben möglich
• Geringer Zeitaufwand
• Wegfall von Versuchsleitereffekten
• Diversifizierung von Stichproben
• Motivation und Freiwilligkeit der Teilnahme
• Transparenz und Überprüfbarkeit für andere Forschende
• Verringerung der Reaktivität

Nachteile

• Verringerung der Repräsentativität der Stichproben


• Verringerung der Generalisierbarkeit
• Erschwerte Kontrolle über Bedingungen der Untersuchung
•  Gefährdung der Güte
• Erschwerte Prüfung der Identifizierbarkeit
• Erschwerter Schutz der Teilnehmer
• Erschwerte Prüfung des Verständnisses wichtiger Infos
Skript für Empirische Forschungsmethoden WS 2010/11

•  Forschungsethische Risiken

Stichprobe und Population


• Population = Menge aller potenziellen Untersuchungsobjekte für eine gegebene Fragestellung
o Vollerherbung: Alle Mitglieder der Population werden untersucht
• Stichprobe = Teilmenge aus der Population, die unter bestimmten Aspekten ausgewählt wurde
o Vorteile:
 Weniger Aufwand  größere Anzahl an Merkmalen möglich
 Gesamtpopulation oft nicht erreichbar
 Gelegentlich zerstört Untersuchung die Population  Crashtest an ALLEN Autos
:D
• Merkmalsadäquanz:
o =Repräsentativität
o Nicht SP-Größe sondern unverzerrte Auswahl ist wichtig
• Zufallsstichprobe:
o Einfache: Random Sample
 Anzahl von Objekten mit gleicher Auswahlwahrscheinlichkeit aus einer Liste von
allen Objekten ziehen
 Aufwändig + teuer
 Gesamtpopulation meist unbekannt/verstreut
 Beste Generalisierungsmöglichkeit
 Häufig nur eingeschränkte Auswahl möglich
o Geschichtete: stratifizierte Stichprobe
 Zielpopulation wird in Teilpopulationen (Schichten) eingeteilt, pro
Merkmalsausprägung entsteht eine Schicht, aus jeder dieser Schichten wird
Zufallsstichprobe entnommen (Bsp.: Bei 51% Frauen und 49% Männern)
o Klumpenstichprobe: Cluster Sample
 Zufällige Auswahl einer Anzahl von Klumpen aus einer natürlichen Gruppe und
diese dann vollständig untersucht
 Bsp.: Gesamtpopulation der Schüler  mehrere zufällig gezogene Klassen
vollständig untersucht
 Vorteil: weniger Aufwand (denn oft ist Liste aller Klumpen, aber nicht Liste aller
Populationsmitglieder vorhanden)
• Stichprobe ohne Zufallsauswahl:
o Geringere Aussagekraft!
o Anfallende Stichprobe: was am leichtesten zu bekommen ist  Psychologiestudenten
o Quotenstichprobe: Häufig bei Meinungsumfrage, Schichtung, aber ansonsten vom
Interviewer frei auswählbar
Skript für Empirische Forschungsmethoden WS 2010/11

6. Das Experiment
Unter einem (Labor-)Experiment versteht man:
• Die systematische Beobachtung einer AV unter verschiedenen Bedingungen der UV
• Die gleichzeitige Kontrolle von Störvariablen
• Sowie die Gewährleistung der zufälligen Zuordnung von Probanden und experimentellen
Bedingungen

Gründe für Experimente


• Um die Testung von Theorien zu ermöglichen
• Theorie  Hypothese  empirische Testung Rückschluss auf Theorie
• Das Experiment…
o … ist zentrales Forschungsdesign der Psychologie
o …bietet Maximum an Manipulation und Kontrolle
o … schaltet Alternativerklärungen aus
o …erlaubt am ehesten Kausalschlüsse (Wenn A und B kovariieren, A vor B auftritt und es
keine anderen Erklärungen gibt, ist A Ursache für B)

Merkmale
• Testung von Kausalhypothesen
• Auswirkung der UV auf AV
• Kausale Interpretation durch zeitliche Abfolge

Experimentelle Variablen
• Abhängige Variable
o repräsentiert den interessierenden Gegenstand, reflektiert die Wirkung von kausalen
Einflussgrößen
• Unabhängige Variable
o Kausale Einflussgrößen
o Ausprägung wird vom VL variiert
• Versuchsleiter und Versuchsperson
o Ebenfalls veränderliche Größen
• Störvariable

Störvariablen

• Konfundierung = SV variieren systematisch mit der UV  Alternativerklärung (UV-AV) möglich!!


• Arten von Störvariablen:
o Versuchspersonenmerkmale
o Merkmale der Versuchssituation (Beleuchtung, VL, Geräusche)
Skript für Empirische Forschungsmethoden WS 2010/11

Kontrolle von Störvariablen

• Bei personengebundenen Störvariablen:


o Randomisieren
 Vpn werden per Zufall den experimentellen Bedingungen zugeordnet (jede Vpn
hat gleiche Chance einer Bedingung zugeteilt werden)
 Große Stichprobe notwendig
o Parallelisieren
 Interessierende Variable wird vor dem Experiment gemessen
 Vpn werden bezgl. ihrer Ergebnisse in eine Rangfolge gebracht
 Bei 2 Versuchsbedingungen: 2 aufeinanderfolgende Personen zufällig 2
Bedingungen zuteilen
 Tauglich für kleinere Stichproben
• Bei versuchssituationsgebundenen Störvariablen
o Konstanthaltung
 = alle Maßnahmen der Standardisierung
 Situationsmerkmale (Temperatur, Geräuschpegel, Tageszeit)
 Versuchsleitermerkmale (Instruktion, Sympathie, Interaktion mit Vpn)
o Elimination
 Durch Elimination werden Einflüsse einer Variablen auf null gesetzt
 Situationsmerkmale (Geräuschpegel: Labor  Stille)
 Versuchsleitermerkmale (Instruktion: schriftlich  für alle gleich)
o Randomisieren
 Bei Versuchssituation betrifft das z.B. das Versuchsmaterial, z.B. Wortlisten
• Kontrolle von Erwartungseffekten auf VL- und Vpn-Seite
o Blindversuch
 VL oder Vpn kennt den Hintergrund der Untersuchung nicht
 Probleme bei Vpns: Demand Characteristics (absichtliche Steuerung) und
Placebo-Effekte (unbewusst)
o Doppelblindversuch
 VL und Vpn kennen den Hintergrund der Untersuchung (die
Untersuchungshypothese) nicht
• Störeffekte bei Messwiederholung
o = Vpn werden mehrfach im gleichen Experiment beobachtet
o Sequenzeffekte (störende Auswirkungen auf AV durch Abfolge der Beobachtungen)
 Positionseffekte (Ermüdungs-, Übungs-, Sensibilisierungs-, Erinnerungseffekte)
 Übertragungseffekte (Bsp.: Wortlisten: Auswendig lernen vs. Kategorisieren)
 Zwischenzeitliches Geschehen (bei Experimenten mit größerem Abstand)
o  Ausbalancieren notwendig! (alle möglichen Reihenfolgen der Bedingungen realisieren,
jede mögliche Abfolge bekommt mindestens 1 Vpn)
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Varianten des Experiments


Laborexperiment

• = „echtes“ Experiment
• Manipulation einer UV durch VL

Quasiexperiment

• Fehlende Randomisierung
• Wieso?
o Zufällige Aufteilung wegen Messwiederholung nicht möglich
o UV ist organisch, z.B. Geschlecht
o Zufallsaufteilung sinnlos
o Ethische Erwägungen
• Bsp.: Patientenstudien

Feldexperiment

• Natürliche Umgebung
• Mit Randomisierung
• Eingeschränkte Kontrolle von Störvariablen
• Bsp.: Lernexperiment in der Schule mit Klumpenstichprobe
• Geringe interne Validität (Störvariablen schwerer kontrollierbar), erhöhte externe Validität
(vergleichbar mit anderen Schulklassen, da in natürlicher Umgebung)

Feldstudie

• Natürliche Umgebung
• Ohne Randomisierung
• Bsp.: 2 Schulklassen werden nach Methode A und B unterrichtet

Ex-Post-Facto-Studie

• UV und AV erst nachträglich bestimmt


• Bsp.: Rauchen (UV) und Krebs (AV)
• Untersuchung mittels Krankenhausakten
•  Keine Kausalinterpretation möglich, nur Zusammenhangsinterpretation

Vorexperimentale Anordnungen

• Voruntersuchungen (um z.B. Hauptuntersuchungen zu optimieren)


• Erkundungsexperiment (Exploration der Forschungsfrage)
Skript für Empirische Forschungsmethoden WS 2010/11

Gütekriterien des Experiments


Interne Validität

• = Veränderungen der AV gehen ausschließlich auf Veränderungen der UV zurück  alle


Störvariablen sind kontrolliert

Externe Validität

• = Ergebnisse der Untersuchung sind übertragbar


• Populationsvalidität (Übertragung auf andere Personen)
o Adäquate Stichprobenauswahl
o Große Stichprobe
• Situationsvalidität (Bsp.: Zivilcourage im Experiment vs. Zivilcourage im Alltag)
o Meist nicht gegeben  Experiment = künstliche Situation
• Variablenvalidität (Übertragung auf andere Operationalisierungen der AV)

 Die statistische Validität beurteilt die Güte der Auswahl und Anwendung der statistischen
Analyseverfahren

 Externe und interne Validität sind oft gegenläufig

Probleme des Experiments


• Laborexperiment  externe Validität
• Feldexperiment  interne Validität (dafür externe V.)
• Quasiexperiment  interne Validität (fehlende Randomisierung) | externe Validität (Labor)
• Feldstudie  interne und externe Validität

Allgemeine Probleme

• Künstlichkeit  extern nicht valide


• Sehr großer Aufwand

Versuchsplan
• = Versuchsdesign
• Legt den genauen Ablauf der Untersuchung fest
• Manipulation von UVs
• Enthält die strukturellen Informationen des Experiments
o Anzahl der Faktoren (=UV)
o Mögliche Faktorstufen (=Abstufungen der UV)
o Beispiel: UV=Geschlecht, 2 Stufen: männlich und weiblich
• Einfaktorielles vs. mehrfaktorielles Design (Manipulation einer/mehrerer UVs)
Skript für Empirische Forschungsmethoden WS 2010/11

Mehrfaktorielles Design

Faktor

Stufe

Entscheidungen beim Versuchsplan

• Manipulation der UV zwischen oder innerhalb der Vpn (Between- oder Within-Design)
o Within- Design: die gleichen VPNs durchlaufen nacheinander die Stufen der UV.
• Anzahl der realisierten Zellen
o Jede Stufe einer UV sollte mit jeder Stufe einer anderen UV gekreuzt werden
o Vollständig und unvollständig gekreuzte Versuchspläne
• Anzahl der Vpn pro Bedingung/Zelle
• Art der Zuordnung zu den Zellen (randomisiert/nicht randomisiert)
• Mögliche Beschreibung des Versuchsplanes

Haupteffekt

• = alleinige Wirkung der UV auf die AV


• Beschreibt die Wirkung, die ein Faktor
unabhängig von den Stufen des anderen Faktors
hat
• Mittels Mittelwerten
• Daraus lassen sich Haupteffektshypothesen
formulieren

Interaktion

• = Kombinierte Wirkung der UVs auf die AV


• Interaktionshypothese, z.B. „Frustrierte Personen zeigen besonders aggressives Verhalten, wenn
aggressive Hinweisreize vorliegen.“

• Generelle Aussagen über den HE einer UV ist nur sinnvoll, wenn UV1 auf alle Stufen der UV2 in
die selbe Richtung wirkt
Skript für Empirische Forschungsmethoden WS 2010/11

Grafische Darstellung

• AV immer auf y-Achse


• Kein Anschein von Zwischenstufen
• Interaktion schwer zu sehen

• Interaktion leicht erkennbar  fehlende Parallelität


der Linien
• UV1: x-Achse
• Uv2: verschiedene Linien

Arten von Interaktion

ordinal

• Beide HE eindeutig interpretierbar


• Linien haben in beiden Diagrammen den gleichen Trend
• A1<a2 gilt für Stufe b1 und b2

Hybrid/semi-disordinal
• Links: gegenläufiger Trend
• Rechts: Überschneidung
• A1<a2 gilt nur für Stufe b1kein HE für A interpretierbar
• ABER: b1>b2 gilt für a1 und a2 (=gleichsinniger Trend)
 HE B ist interpretierbar
 Z.B.: größere Frustration führt generell zu
vermehrter Aggression, Hinweisreiz hat keinen
Einfluss
disordinal
• Beide HE nicht interpretierbar
 d.h. Faktor A nur interpretierbar, wenn b berücksichtigt
und Faktor B nur interpretierbar, wenn a berücksichtigt.

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