Hoyer - 978 3 662 61813 4 - A3 - Leseprobe
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Grundlagen
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
1.5 Herausforderungen – 26
Literatur – 27
. Abb. 1.1 Die Struktur der Klinischen Psychologie. (Nach Baumann und Perrez 2005, mit freundlicher Genehmigung vom Hogrefe Verlag)
6 H.-U. Wittchen et al.
Fachgebiet Erläuterung
Verhaltensmedizin Interdisziplinäres Forschungs- und Praxisfeld, das sich an einem umfassenden biopsychosozialen
Modell für Gesundheits- und Krankheitsprobleme orientiert; es integriert die Erkenntnisse der ver-
haltens- und biomedizinischen Wissenschaften zur Anwendung auf Gesundheits- und Krankheits-
probleme sowie Intervention und Rehabilitation
Gesundheitspsychologie Diejenige Teildisziplin der Psychologie, die sich mit Förderung und Erhaltung von Gesundheit, Ver-
hütung von Krankheiten, Bestimmung von Risikoverhaltensweisen sowie der Verbesserung des Sys-
tems gesundheitlicher Versorgung beschäftigt
Klinische Neuropsychologie Diejenige Teildisziplin der Psychologie, die sich mit den Auswirkungen von Erkrankungen und Ver-
letzungen des Gehirns auf das Erleben und Verhalten in Forschung und Praxis befasst; vor dem Hin-
tergrund der stärkeren neurowissenschaftlichen Orientierung der Psychologie finden sich aber auch
erhebliche Ausweitungen der Anwendungsfelder, die große Überlappung mit der Klinischen Psycho-
logie im engeren Sinne aufweisen
Psychopathologie Psychiatrische Lehre von der Beschreibung abnormen Erlebens, Befindens und Verhaltens im Zusam-
menhang mit psychischen Störungen
Biologische Psychiatrie Unter diesem Begriff werden sehr weitgehend alle Forschungsansätze zusammengefasst, die sich bio-
logischen bzw. neurobiologischen Methoden der Forschung, Diagnostik und Therapie psychischer
Störungen widmen
Psychopharmakologie Lehre von der Beeinflussung seelischer Vorgänge durch Psychopharmaka (auch Psychoneurophar-
makologie genannt)
Sozialpsychiatrie Lehrfach der Psychiatrie, in dem insbesondere epidemiologische und soziologische Aspekte psychi-
scher Krankheiten bearbeitet werden
Forensische Psychiatrie Teilgebiet und Lehrfach der Psychiatrie, das sich mit allen Rechtsfragen, die psychisch Kranke betref-
fen, beschäftigt
Psychoanalyse Teilgebiet der Psychotherapie, das sich auf psychoanalytische Konzepte bezieht, wie sie vor allem
von Sigmund Freud entwickelt wurden
Kinder- und Jugendpsychiatrie Teilgebiet der Psychiatrie, das sich mit der Erforschung und Behandlung seelischer Störungen vom
Säuglingsalter bis zur Adoleszenz beschäftigt
Psychosomatische Medizin Lehrfach der Medizin, in dem vor allem körperlich in Erscheinung tretende Krankheiten im Vorder-
grundstehen, die seelisch bedingt oder mitbedingt sind
Neurologie Teilgebiet und Lehrfach der Medizin; Lehre von den organischen Erkrankungen des zentralen, peri-
pheren und vegetativen Nervensystems
einer Vielzahl nützlicher Modelle, Paradigmen, Metho- Fächerbezeichnungen der Psychiatrie und Neurologie
den und Techniken anderer Fachdisziplinen bedienen, sowie vieler ihrer Teilgebiete (. Tab. 1.1).
die ein besseres und umfassenderes Verständnis gestör- Im Hinblick auf die Lehre und Ausbildung in Klini-
ter psychischer Funktionen und psychischer Störungs- scher Psychologie impliziert die interdisziplinäre Pers-
muster versprechen und letztlich zu einer verbesserten pektive die Notwendigkeit, dass Klinische Psychologen
Diagnostik und zu effizienteren Interventionsansätzen die Konzepte, Modelle und Erkenntnisse aller Nach-
führen könnten. Im Hinblick auf die Anwendung und bardisziplinen lernen und kennen müssen.
die Berufspraxis ist eine enge interdisziplinäre Zusam-
menarbeit auch die Grundlage für Spezialisierungen
der Arbeitsfelder und Tätigkeitsbereiche mit dem Ziel 1.3 Was sind psychische Störungen?
verfahrens- oder zielgruppenbezogener Optimierung.
Die interdisziplinäre Grundorientierung ist mit ei- Ein essenzielles Merkmal der Definition des Faches
ner terminologischen Vielfalt von Fach- und Gebiets- Klinische Psychologie und Psychotherapie ist das Kon-
bezeichnungen verknüpft, die vielfach keine eindeuti- strukt „psychische Störungen“. Psychische Störungen
gen Abgrenzungen mehr erlaubt. Innerhalb des psy- sind grundlagenwissenschaftlich nicht eindeutig defi-
chologischen Fächerkanons sind dies z. B. die Begriffe nierte, feststehende Entitäten und stellen letztlich nach
Verhaltensmedizin, Gesundheitspsychologie, Klinische dem aktuellen Stand der Forschung sowie für die Pra-
Neuropsychologie und Medizinische Psychologie. Fach- xis sinnvolle und nützliche Konstrukte dar, auf die sich
grenzen überschreitend trifft dies z. B. zu auf die vielen Forscher und Praktiker als bestmögliche Lösung für
8 H.-U. Wittchen et al.
eine begrenzte Zeit geeinigt haben. Das bedeutet auch, Die Forschung zeigt zumindest, dass psychische Stö-
1 dass sich die Definition psychischer Störungen oder rungen viel „Körperliches“ enthalten und körperliche
ganzer Teile eines Klassifikationssystems ändern kann, Störungen viel „Psychisches“. Dieses Problem ist gut
z. B. wenn neue wissenschaftliche Erkenntnisse verfüg- dokumentiert – eine angemessene Lösung dieses viel-
bar werden, die eine bessere Klassifikation und No- leicht nur terminologischen Problems ist noch nicht
menklatur ermöglichen. Ein bekanntes Beispiel für sol- gefunden.
che Änderungen ist die 1980 erfolgte Aufgabe der frü-
Fundiertes Wissen um die Erscheinungsformen psychi-
heren diagnostischen Bezeichnungen Angstneurose
scher Störungen, ihre Klassifikation und die damit ver-
zugunsten der zuverlässigeren und valideren Diagno-
bundenen diagnostischen Vorgehensweisen sind für na-
sen Panikstörung und generalisierte Angststörung.
hezu alle psychologischen Anwendungsfelder eine Con-
Entsprechende Revisionen erfolgen in etwa 10-jährigen
ditio sine qua non. Nicht nur im Kontext des engeren
Abständen. Die 5. Revision des DSM (DSM-5) erfolgte
Versorgungsbereichs psychischer Störungen, also in
2013; die 11. Revision der ICD (ICD-11) wurde im Mai
psychotherapeutischen Praxen, Ambulanzen oder psy-
2019 verabschiedet und soll zum 01.01.2022 in Kraft
chiatrischen Kliniken, sondern auch im Beratungssek-
treten.
tor, dem arbeits- und organisationspsychologischen,
dem schulpsychologischen und präventiven Arbeits-
> Wichtig
bereich wird von Psychologen zumindest das Erken-
Diagnosen psychischer Störungen sind als zeitlich be-
nen einer klinisch bedeutsamen psychischen Störung
grenzte Konstrukte anzusehen, die auf dem jeweiligen
erwartet. Es ist ein weit verbreitetes Missverständnis,
Stand der wissenschaftlichen Forschung und Erkennt-
dass das Wissen um psychische Störungen nur von den-
nis in einem Konsensusverfahren von internationalen
jenigen Psychologen zu erwarten ist, die im klinischen
Experten für einen gewissen Zeitraum festgelegt wer-
Kontext tätig sind.
den. Wann immer neue Erkenntnisse nahelegen, ein-
zelne Störungen, Einteilungsgründe oder Strukturen
> Wichtig
zu ändern, wird eine neuerliche Revision vorgenom-
Auch im betrieblichen Sektor, in Beratungsstellen und
men.
im schulpsychologischen Bereich wird von Psycholo-
Unter psychischen Störungen subsumieren wir diag- gen allgemein erwartet, dass sie psychische Störun-
nostische Bezeichnungen, wie z. B. Schizophrenie und gen zumindest erkennen können. Dabei geht es nicht
Alkoholkonsumstörung, ebenso wie psychische Stö- zwangsläufig um die Fähigkeit, eine präzise Diagnose
rungsphänomene bei somatischen Erkrankungen, ver- mit Behandlungsimplikationen zu stellen, sondern
schiedenartige Verhaltensstörungen des Kindesalters darum, allgemein das Vorliegen psychischer Störun-
sowie Persönlichkeitsstörungen. Der seit 1980 über die gen zu erkennen, um die Betroffenen zu einer entspre-
DSM-Klassifikation eingeführte Begriff psychische Stö- chend differenzierteren klinisch-diagnostischen Ab-
rung ist dabei konzeptuell und inhaltlich wesentlich klärung zu motivieren und ggf. zuzuweisen.
weiter gefasst sowie berufspolitisch neutraler als die äl-
teren und daher nicht mehr aktuellen Bezeichnungen
psychiatrische Störung bzw. psychiatrische Erkrankung. 1.3.1 Wie lassen sich psychische Störungen
Dies drückt sich seither deutlich auch in der Nomen- definieren?
klatur der ICD aus, die im Kapitel V (F) der ICD-10
von „psychischen und Verhaltensstörungen“ spricht. Über ihre Lebensspanne hinweg unterscheiden sich alle
Menschen hinsichtlich ihrer Fähigkeit, Konflikte und
> Wichtig Belastungen des Lebens zu bewältigen. Art und Schwie-
Ist die Differenzierung von psychischen und somati- rigkeit von Lebensproblemen sind nicht nur von Per-
schen Störungen ein reduktionistischer Anachronis- son zu Person verschieden, sondern ändern sich auch
mus aus der Zeit des Leib-Seele-Dualismus? Haben je nach ihrer Entwicklungsphase und ihren normativen
Neurowissenschaftler recht, die vertreten, dass nur Entwicklungsschritten. Menschen, die sich die wech-
Hirnprozesse „kausale“ Auswirkungen auf die Psy- selnden Anforderungen und Herausforderungen anpas-
che haben können, aber nicht umgekehrt (Churchland sen und den elementaren Funktionsaufgaben des All-
1986)? Oder bleibt es dabei: Gehirnprozesse haben ei- tagslebens gerecht werden, werden gewöhnlich als „psy-
nen kausalen Einfluss auf psychische Prozesse, aber chisch gesund“ angesehen. Wenn aber Verhaltens- und
die Psyche beeinflusst als eigenständige Entität auch psychische Probleme die Fähigkeiten eines Menschen
Vorgänge im Gehirn? (Popper und Eccles 1977). zu oft, zu lange und/oder zu massiv beeinträchtigen,
Was ist Klinische Psychologie? Definitionen, Konzepte und Modelle
9 1
sodass es bei den alltäglichen Anforderungen zu Hause, und erleichterte Kommunikation, fraglos auch Nach-
in der Schule oder bei der Arbeit zu Schwierigkeiten teile (s. Beutler und Malik 2002, sowie 7 Kap. 2).
kommt, bzw. wenn psychische oder Verhaltensprobleme
die Person daran hindern, gesellschaftliche, normative
oder persönliche Ziele zu erreichen oder wenn sie dar- 1.3.2 Problematik der Definition und
unter „leiden“, sprechen wir bei Vorliegen bestimmter Klassifikation
Kriterien von sog. psychischen Störungen.
Die wohl weitgehendste und am ehesten konsensus- Die Grenzen zwischen „gestört und nicht gestört“ oder
fähige Definition für den Begriff der psychischen Stö- „krank und gesund“ werden zwar in Form von allge-
rung wurde im Zusammenhang mit dem US-amerika- meinen deskriptiven Aspekten (klinisch bedeutsam,
nischen DSM vorgelegt (modifiziert nach APA 1989, Leiden, Beeinträchtigung, Funktionsstörung) ange-
S. 944 sowie APA 2013, S. 26). sprochen, sind aber ungeachtet des kategorialen Cha-
rakters (liegt vor versus liegt nicht vor) in vielen Berei-
Definition chen fließend und nicht eindeutig definierbar. Der Be-
Psychische Störungen sind ein klinisch bedeutsames griff psychische Störung kann zudem durchaus auch
Verhaltens- oder psychisches Syndrom oder Mus- problematisch sein, da er u. a. sowohl eine alltags-
ter, das bei einer Person auftritt und das mit momen- sprachliche Bedeutung als auch eine fachlich definierte
tanem Leiden (z. B. einem schmerzhaften Symptom) Bedeutung haben kann. Hinzu tritt die Gefahr, dass
oder einer Beeinträchtigung (z. B. Einschränkungen in Diagnosen psychischer Störungen auch negative sozi-
einem oder in mehreren wichtigen sozialen oder Leis- ale Implikationen für den Betroffenen (Stigmata) ha-
tungsbereichen) oder mit einem stark erhöhten Ri- ben können, z. B. wenn die Diagnosevergabe mit poten-
siko einhergeht, zu sterben, Schmerz, Beeinträchti- ziell stigmatisierenden (z. B. Schizophrenie, Alkoholab-
gung oder einen tiefgreifenden Verlust an Freiheit zu hängigkeit) oder anderen gesellschaftlichen Nachteilen
erleiden. Das Syndrom oder Muster darf nicht nur (z. B. Nichtaufnahme in eine private Krankenversiche-
eine verständliche und kulturell sanktionierte Reak- rung/Lebensversicherung) verbunden sein kann. Ver-
tion auf ein Ereignis sein, wie z. B. eine normale Trau- wirrend kann ferner sein, dass der diagnostische Be-
erreaktion bei Verlust eines geliebten Menschen. Un- griff psychische Störung auf der einen Seite in der tra-
abhängig vom ursprünglichen Auslöser muss bei der ditionellen Psychiatrie und Psychopathologie oft durch
betroffenen Person eine verhaltensmäßige, psychi- die älteren Begriffe psychische oder psychiatrische
sche, entwicklungsbezogene oder biologische Funk- Krankheit (7 Kap. 2) ersetzt wird bzw. auf der ande-
tionsstörung zu beobachten sein. Weder normabwei- ren Seite in der Psychologie auch manchmal deckungs-
chendes Verhalten (z. B. politischer, religiöser oder gleich mit dem Begriff abnormes Verhalten benutzt
sexueller Art) noch Konflikte des Einzelnen mit der wird (im Englischen ist der Begriff „abnormal psycho-
Gesellschaft sind psychische Störungen, solange die logy“ für die Klinische Psychologie weit verbreitet).
Abweichung oder der Konflikt kein Symptom einer Zweifellos haben alle diese Kritikpunkte, jeweils ab-
oben beschriebenen Funktionsstörung bei der betrof- hängig von der Perspektive bzw. des Anwendungsgebie-
fenen Person darstellt. tes oder der historischen Entwicklung, eine mehr oder
minder große Berechtigung. Allerdings ist zu konstatie-
ren, dass bislang kein Ansatz oder Modell vorliegt, das
An dieser Definition ist zu erkennen, dass das Kon- befriedigender das Wesen psychischer Störungen abbil-
strukt „psychische Störungen“ eine Vielzahl von In- det. Die jüngste Revision des DSM (DSM-5) hat sich
dikatoren, Prozessen und Interaktionen umfasst, die daher auch zum Ziel gesetzt, zusätzlich zum kategoria-
sich keineswegs nur auf psychische Prozesse im enge- len diagnostischen Ansatz dimensionale und störungs-
ren Sinne, sondern auf die Gesamtheit menschlichen übergreifende sowie entwicklungsbezogene Aspekte psy-
Verhaltens einschließlich des soziokulturellen Kontexts chischer Störungen stärker zu berücksichtigen (7 Gut
und der biologischen Betrachtungsebene beziehen. Fer- zu wissen). Die ursprüngliche Vision, eine basierend auf
ner wird deutlich, dass es sich um einen „deskriptiven“ aktuellen nosologischen Erkenntnissen gänzlich neue
Ansatz handelt, der weitgehend auf ursachenbezogene Metastruktur psychischer Störungen zu schaffen („car-
(ätiologische) Erklärungen als Klassifikationsgrund ver- ving nature at its joints“, Andrews et al. 2009; Regier
zichtet. Dieser beschreibende, aber wenig erklärende et al. 2009), war jedoch aufgrund der noch unzureichen-
Ansatz hat neben einigen Vorteilen, z. B. Zuverlässigkeit den und uneinheitlichen Befundlage nicht umsetzbar.
10 H.-U. Wittchen et al.
Gut zu wissen
1 initiativen ihren Niederschlag im DSM-5. Zum einen
Was ist neu im DSM-5? wurden einzelnen Störungsbildern und -klassen di-
Wie auch seine Vorgängerversionen (DSM-IV und mensionale Instrumente hinzugefügt. Dies wird ins-
frühere) gilt das DSM-5 als Wegweiser für die ICD- besondere für die Angststörungen deutlich: Dort ist
11. Mit dem Ziel einer Verbesserung der klinischen mit Ausnahme des selektiven Mutismus für jedes Stö-
Nützlichkeit, Erhöhung der Reliabilität bzw. Validität rungsbild eine dimensionale Skala entwickelt und in
der diagnostischen Kategorien und vor allem der Inte- mehrere Sprachen übersetzt worden (7 https://www.
gration neuer Forschungsbefunde zur Symptomatolo- psychiatry.org/psychiatrists/practice/dsm/educatio-
gie, Epidemiologie, Ätiologie und Pathogenese psychi- nal-resources/assessment-measures, für deutschspra-
scher Störungen gab es gegenüber dem DSM-IV und chige Instrumente, s. auch: 7 https://www.hogrefe.de/
DSM-IV-TR eine Reihe bedeutsamer Änderungen. So downloads/dsm-5-online-material), die im Selbstbe-
wurde die multiaxiale Struktur aufgegeben. Stattdes- richt den Schweregrad über die Auftretenshäufigkeit
sen werden einzelne Störungen und Störungsklassen assoziierter klinischer Merkmale (z. B. Vermeidungs-
nun entlang einer an der Individualentwicklung und verhalten) erfasst.
phänomenologischen Ähnlichkeit der Störungen ori- Mehr als seine Vorgängerversionen versteht sich das
entierten Metastruktur angeordnet. So werden z. B. DSM-5 als „living document“, das fortwährend ak-
zuerst die Störungen der neuronalen und mentalen tualisiert werden kann (7 https://www.psychiatry.org/
Entwicklung („neurodevelopmental disorders“) an- psychiatrists/practice/dsm); derzeit befindet sich die
geführt, anschließend folgen Schizophreniespektrum- erste Textrevision des DSM-5 in Vorbereitung.
und andere psychotische Störungen sowie bipolare
und verwandte Störungen usw., zuletzt werden medi-
kamenteninduzierte Bewegungsstörungen und andere
unerwünschte Medikamentenwirkungen sowie andere 1.3.3 Möglichkeiten der Klassifikation
klinisch relevante Probleme beschrieben. Es wurden
neue Diagnosen in das Klassifikationssystem aufge- Vor dem Hintergrund des in der Psychologie seit vielen
nommen (z. B. leichte kognitive Störungen, Binge-Ea- Jahrzehnten etablierten multimodalen und multime-
ting-Störung, prämenstruelle dysphorische Störung, thodalen Ansatzes (Seidenstücker und Baumann 1978)
pathologisches Horten oder Glücksspielsucht), die zu- hat sich die Einsicht durchgesetzt, dass psychische Stö-
vor nur als sog. Forschungsdiagnosen aufgeführt wa- rungen derzeit am besten mittels eines deskriptiven
ren. Insgesamt wurde jedoch die Diagnosenanzahl multiaxialen Ansatzes (7 Klinisch betrachtet) beschrie-
reduziert. Für die einzelnen Störungsklassen erga- ben werden können. Dabei werden nicht nur die Sym-
ben sich unterschiedliche, teils nur geringe Änderun- ptome einer Störung auf mehreren Ebenen charakteri-
gen (Teil III). Ein Vorschlag für eine alternative Taxo- siert (körperlich, kognitiv, affektiv, verhaltensbezogen,
nomie der Persönlichkeitsstörungen konnte sich nicht sozial), sondern darüber hinaus auch der körperliche
gänzlich durchsetzen, wird aber als alternativer Klas- Gesamtzustand, weitere psychologische, verhaltens-
sifikationsvorschlag im DSM-5 und neben der bishe- bezogene und soziale Merkmale der Person sowie ihr
rigen Klassifikation der Persönlichkeitsstörungen an- globales Funktionsniveau berücksichtigt. Aber auch
geführt. Zusätzlich zum kategorialen diagnostischen dieser umfassendere multiaxiale Ansatz wird u. a. we-
Ansatz werden dimensionale und störungsübergrei- gen der Vernachlässigung funktionaler Aspekte sowie
fende Aspekte psychischer Störungen stärker als bis- der Zeitdynamik als unvollständig angesehen und kri-
her berücksichtigt. So fanden zwei starke Forschungs- tisiert.
Was ist Klinische Psychologie? Definitionen, Konzepte und Modelle
11 1
Klinisch betrachtet
Drei Fallbeispiele
. Abb. 1.2 Die Matrix für die Research Domain Criteria (RDoC). (Aus Lilienfeld und Treadway 2016, S. 446, republished with permission
of Annual Reviews, © 2016; permission conveyed through Copyright Clearance Center, Inc.)
Gerd S., 46 Jahre, wurde auf Bemühen seiner Ehefrau in führte sie auf dysfunktionale Kognitionen im Rahmen ei-
einem mittelschweren depressiven Zustand in die Auf- nes seit vielen Jahren bestehenden geringen Selbstwertge-
nahme einer psychiatrischen Universitätsklinik gebracht: fühls zurück, welche sich seit dem 3 Monate zurückliegen-
Wegen akuter Suizidgefahr stimmte er einer stationären den Arbeitsplatzverlust drastisch verstärkt haben. Sie emp-
Aufnahme zu. In der 10-tägigen Diagnosephase wurde er fahl eine kognitive Verhaltenstherapie.
von drei Spezialisten gesehen:
Der Psychoanalytiker beschreibt das Störungsbild als
Der Stationspsychiater kam zu dem Ergebnis, dass es sich depressive Neurose, deren Ursache er im Zusammen-
um eine ausgeprägte Episode einer Major Depression hang mit einer frühkindlichen Trennungssituation der
handelt. Die Symptome führte er auf eine gestörte Ex- Eltern auf einen verdrängten Kindheitskonflikt (Aggres-
pression von 5-HTT-1a-Neurotransmittern in bestimmten sion gegen den die Familie verlassenden Vater) zurück-
Hirnregionen zurück und empfahl die Therapie mit sero- führt, der unbewusst durch Enttäuschungs- und Krän-
tonerg wirksamen Antidepressiva. kungserlebnisse am Arbeitsplatz aktualisiert wurde. Der
Psychoanalytiker empfiehlt eine psychoanalytische The-
Die hinzugezogene Klinische Psychologin und Psychothe- rapie, um zu versuchen, die frühere Verdrängung aufzu-
rapeutin stellte ebenfalls eine Major Depression fest. Diese heben.
eigenständige Analyseebene. Wie es nicht sinnvoll wäre cher Würde behandeln sollte. Zeitgleich ergaben sich im
1 zu sagen, biologische Theorien seien nur Hilfskon- Rahmen der aufklärerischen Bewegung vielerorts vor
struktionen bis man auf der Ebene der Quantentheorie dem Hintergrund der empirischen Medizin erste An-
die „eigentlichen“ Erklärungen gefunden habe, so wenig sätze für eine rationale „Behandlung“ psychischer Er-
sinnvoll ist es auch, genuin psychologische Fragen auf krankungen. Thomas Sydenham (1624–1689) war in
neurowissenschaftliche reduzieren zu wollen. … Psycho- diesem Zusammenhang ein besonders einflussreicher
logie und Hirnforschung beziehen sich auf ganz unter- Befürworter eines empirischen Ansatzes der Klassifika-
schiedliche Analyseebenen; sie können daher nicht in tion und Diagnose in der Medizin, auf den sich auch
Konkurrenz zueinander stehen. Vielmehr kann ihr spätere Ansätze einer Klassifikation und Diagnostik
Verhältnis – dort wo sich Berührungspunkte bieten – nur psychischer Störungen beziehen.
das einer Kooperation sein (Fiedler et al. 2005, S. 59). Mit der Formulierung „Geisteskrankheiten sind
Gehirnkrankheiten“ im Jahre 1845 propagierte Wil-
z Historischer Hintergrund helm Griesinger (1817–1868; Exkurs) in seinem be-
Bis ins Mittelalter waren dämonologische Ansätze des rühmten Lehrbuch „Die Pathologie und Therapie der
Irreseins weit verbreitet. Die „Verwahrung“ von Geis- psychischen Krankheiten“ (Griesinger 1845) erstmals
teskranken war zumeist Angelegenheit der Klöster und die damals neue Einstellung, dass „Geisteskrankheiten
Kirchen oder gar Gefängnisse, von Therapie und Hei- den körperlichen Krankheiten gleichzustellen seien und
lung war noch keine Rede. Im 18. Jahrhundert entwi- durch Erkenntnisse der hirnanatomischen und phy-
ckelten sich vielerorts sog. „rationale“ Ansätze, die in siologischen Forschung zu überwinden seien“. Dieses
Verbindung mit ersten „humanitären“ Betreuungsan- Lehrbuch war bis in das frühe 20. Jahrhundert in vie-
sätzen einen Durchbruch in der Betreuung von psy- len Ländern und für viele Wissenschaftler, wie z. B. Sig-
chisch Kranken bedeuten. Die Befreiung der Kranken mund Freud, das Standardwerk. In der Tradition einer
von ihren Fesseln im Kerker war eine große humanitäre somatogenen Sichtweise, die bereits von Hippokrates
Reform, für die sich z. B. Philippe Pinel (1745–1826) vertreten worden war, forderte Griesinger, dass mit je-
in der Zeit der französischen Revolution einsetzte. In der Diagnose einer psychischen Störung auch eine phy-
Übereinstimmung mit dem Gleichheitsgebot der neuen siologische Ursache spezifiziert werden müsse. Häufig
französischen Republik war er der Ansicht, dass seine übersehen wird dabei, dass er sich explizit auch um eine
geisteskranken Patienten im Grunde ganz normale Integration psychologischer Aspekte bemühte; so ent-
Leute seien, denen man mit Mitleid und Verständ- warf er z. B. eine Psychologie des Ichs und eine Kon-
nis begegnen und die man als Menschen mit persönli- zeption der unbewussten pathogenen Faktoren.
Exkurs
Gemäß dem traditionellen medizinischen Krankheits- 5 Dieser Defekt (und nicht unbedingt die Ursache) ist
modell sind psychische Störungen „Geisteskrankheiten“ ausnahmslos körperlicher Art.
oder „Erkrankungen des Gehirns“ (Charney et al. 1999).
Krankheit ist ein theoretisches Konstrukt und ein prakti- Das traditionelle Krankheitsmodell (. Abb. 1.3) er-
sches Denkmodell. Die wesentlichen Korrolarien lauten: scheint durchaus praktikabel und wird als handlungslei-
5 Beschwerden, Abweichungen körperlicher und see- tendes Modell daher auch reduktionistisch (aus der Dia-
lischer Funktionen und Verhaltensauffälligkeiten gnose ergibt sich die Therapie) nicht nur in der medizini-
(= das Kranksein) sind auf eine primäre Störung ei- schen Versorgung, sondern auch im Zusammenhang mit
nes spezifizierbaren Defekts oder einer Störung einer psychologischen Interventionen angewendet. Unter der
Funktion zurückzuführen (die möglicherweise noch Annahme, dass Depressionen auf Störungen des Seroto-
nicht entdeckt/bekannt ist). ninhaushalts rückführbar sind, ist vom Einsatz serotonerg
5 Dieser Defekt ist in der Person gelegen und bildet die wirksamer Substanzen eine Symptombesserung und Hei-
eigentliche Krankheit. lung zu erwarten. Ebenso könnte ein Psychologe bei Vor-
5 Der Defekt ist zurückzuführen auf eine eindeutige liegen ausgeprägter depressionstypischer dysfunktionaler
Ursache (kausal) bzw. auf ein immer wiederkehrendes Kognitionen mittels der kognitiven Therapie eine Besse-
Muster von Ursachen. rung erwarten.
Was ist Klinische Psychologie? Definitionen, Konzepte und Modelle
17 1
. Abb. 1.3 Das traditionelle medizinische Modell. a Seine Anwendung auf psychische Störungen: ein Beispiel. b Seine „naive“ Anwendung
in psychologischen Störungsmodellen: ein alternatives Beispiel
Exkurs
Die Geschlechtskrankheit Syphilis mit ihren psychischen weisen. 1897 impfte Richard von Kraft-Ebing Paralysepa-
Folgen war seit vielen Jahrhunderten bekannt. Seit 1798 tienten Eiter aus syphilitischen Wunden ein. Die Kranken
wusste man, dass es bei vielen Geisteskrankheiten zu ei- entwickelten keine Syphilis, waren also bereits früher in-
nem Verfall der körperlichen und geistigen Kräfte kam. fiziert worden. 1905 wurde schließlich auch der die Sy-
So wurden bei vielen Kranken u. a. Größenwahn und ein philis verursachende Mikroorganismus von Fritz Schau-
progredienter Verlauf festgestellt, für die keine Besserung dinn entdeckt. Damit war erstmals ein Kausalzusammen-
mehr möglich war. 1825 wurde dieser Symptomkomplex hang zwischen Infektion, Zerstörung bestimmter Bereiche
unter dem Namen progressive Paralyse als Krankheit be- des Gehirns und einer psychischen Störung nachgewie-
nannt. Man stellte zwar früh fest, dass diese Paralysepa- sen worden und es konnten wirksame medikamentöse Be-
tienten früher eine Syphilis hatten, aber es dauerte viele handlungsstrategien abgeleitet werden. Dieser Modellfall,
Jahre, bis Louis Pasteur eine „Keimtheorie“ der Krank- der sich mit dem medizinischen Krankheitsmodell deckt,
heiten aufstellte, die es möglich machte, den Zusammen- bleibt bis heute der Idealfall vieler Suchstrategien im bio-
hang zwischen Syphilis und progressiver Paralyse nachzu- medizinischen Bereich.
18 H.-U. Wittchen et al.
Exkurs
1
Wilhelm Griesinger
Wilhelm Griesinger (. Abb. 1.4), der von 1860–1864 in dafür einsetzte, nicht nur psychisch Kranke aus dem
Zürich Professor für Innere Medizin und Direktor der Schattendasein von Wohltätigkeit und Ausgrenzung he-
medizinischen Klinik mit angeschlossener Irrenabteilung rauszuführen, sondern auch, indem er den Verzicht auf
war, hatte darüber hinaus entscheidenden Einfluss auf die Zwangsmaßnahmen propagierte. Nach seiner Berufung
bauliche und organisationstechnische Ausgestaltung der an die Charité in Berlin (1864) veröffentlichte er als erster
stationären Versorgung und Therapie. Die bekannte „Ir- einen durchaus noch modernen sozialpsychiatrischen An-
ren-Heilanstalt Burghölzli“ am Rande von Zürich wurde satz. So empfahl er in Ergänzung zu den derzeit grund-
zusammen mit Heinrich Hoffmann nach seinen Kon- sätzlich üblichen wohnortfernen „Heilanstalten“ schon
zepten 1865–1870 erbaut und war bis ins späte 20. Jahr- damals die Einrichtung kleinerer, zentral in der Stadt ge-
hundert ein Modell für die Einrichtung vieler Kliniken legener Einrichtungen für Kurzzeitpatienten und „Pflege-
für psychische Störungen. Dies umso mehr, als er sich familien“ für die Unterbringung von Rekonvaleszenten.
Neben Griesinger gilt Emil Kraepelin (1856–1926; drome im Idealfall auch immer auf eine physiologische
Exkurs) als Begründer der modernen Psychiatrie und Dysfunktion des Körpers zurückführen könne. Jede
Vater der noch heute durchaus aktuellen psychopatho- psychische Krankheit hat nach Kraepelin (1883) defi-
logischen Klassifikation. In seinem Lehrbuch (1883) nierte Unterschiede zu anderen psychischen Krankhei-
konzipierte er als erster ein Klassifikationssystem, das ten. Diese Unterschiedlichkeit äußere sich nicht nur in
den Grundlagen eines medizinischen Krankheitsmo- ihren Symptomen und Syndromen, sondern auch in ih-
dells psychischer Störungen den Weg bahnte. Kraepelin rer spezifischen Genese, ihrem Verlauf und in ihrer Pro-
beobachtete, dass Geisteskrankheiten regelhaft mit be- gnose. Darüber hinaus stand Kraepelin in engem Aus-
stimmten Gruppen von Symptomen, für die er den Be- tausch mit Wilhelm Wundt und seiner durch ihn be-
griff Syndrom einführte, verbunden sind. Diese Regel- gründeten experimentalpsychologischen Orientierung.
haftigkeit in den Syndromen ließ ihn auf eine zugrunde Auf dieser Basis entwickelte Kraepelin auch die Tradi-
liegende physische Ursache schließen, so wie man me- tion der experimentellen Psychopathologie als Grund-
dizinische Krankheiten und ihre Symptome und Syn- lage einer wissenschaftlich begründeten Psychiatrie.
Exkurs
Emil Kraepelin
Emil Kraepelin (. Abb. 1.5) gilt als „Vater der expe- terien ihrer Diagnose ableiten konnte. Das Kraepelin’sche
rimentellen Psychopathologie und der ersten Klassi- Klassifikationsschema ist bis heute eine der wesentlichen
fikation“. Er unterschied zwei Hauptgruppen schwe- Grundlagen der gebräuchlichen diagnostischen kategoria-
rer psychischer Krankheiten: die Dementia praecox – len Klassifikationssysteme in der Psychiatrie und der psy-
eine Bezeichnung, für die später der Begriff Schizophrenie chischen Störungen insgesamt. Kraepelin und seine Mit-
eingeführt wurde – und die manisch-depressive Psychose. arbeiter haben außerdem in ihrem Münchener Labor um
Er postulierte als Ursache ein klinisches Ungleichgewicht die Jahrhundertwende wesentliche experimentalpsycholo-
im Falle der Schizophrenie und eine Stoffwechselstörung gische Traditionen in der Psychopathologie begründet, so
als Ursache der manisch-depressiven Psychose. Obwohl es u. a. im Zusammenhang mit einer Klassifikation der Asso-
damals weder labortechnische Verfahren zur Prüfung die- ziationen und Gesetzmäßigkeiten bei verschiedenen Geis-
ser Hypothesen und zudem noch keine entsprechend spe- teskrankheiten sowie unter Fieber, Alkoholeinfluss und
zifischen Behandlungsmethoden gab, bestand der Wert des Ermüdung. Diese Tradition wurde später von vielen ande-
Kraepelin’schen Modells darin, dass man zumindest den ren aufgegriffen und experimentell fortgesetzt, so z. B. von
Verlauf der Krankheit vorhersagen sowie eindeutige Kri- Max Wertheimer, C.G. Jung und Eugen Bleuler.
Was ist Klinische Psychologie? Definitionen, Konzepte und Modelle
19 1
. Abb. 1.4 Wilhelm Griesinger (1817–1868). (© Psychiatrische . Abb. 1.5 Emil Kraepelin (1856–1926). (Foto: UAL_FS_N00155,
Universitätsklinik Zürich, mit freundlicher Genehmigung der Universitätsarchiv Leipzig, Universität Leipzig)
Universität Zürich)
Exkurs
Am Beginn der psychodynamischen Theorie des Unbe- den Trieben und der äußeren Wirklichkeit. Das Es ent-
wussten standen zwei, allerdings widersprüchliche, the- hält demnach den Gesamtbereich der Triebe und wird
oretische Vorschläge von Freud (vgl. Schüßler 2002). als Quelle der seelischen Energie konzipiert. Die Ope-
Im sog. topografischen Modell (Freud 1915) wird zwi- rationen des Es sind unbewusst und werden gemäß dem
schen dem Unbewussten, Vorbewussten und Bewuss- Primärprozess und dem Lustprinzip ausgeführt. Auch
ten als Regionen des „psychischen Apparates“ unter- Ich und Über-Ich enthalten jedoch unbewusste Anteile.
schieden. Das Unbewusste ist durch nonverbales, „pri- Die für psychopathologische Symptome ausschlagge-
märprozesshaftes“ Denken gekennzeichnet und arbeitet benden Konflikte entstehen durch Widersprüche zwi-
nach dem Lustprinzip. Das Vorbewusste und das Be- schen Ich, Es und Über-Ich sowie den Anforderungen
wusste folgen hingegen dem „Sekundärprozess“ (also der äußeren Realität.
z. B. den Regeln der Vernunft). In der Strukturtheo-
rie schlägt Freud (1923) eine neue Einteilung des seeli- Beide Modelle erscheinen jedoch inkompatibel: Während
schen Apparates vor, nämlich diejenige in Über-Ich, Ich im topografischen Modell der Primärprozess als grundle-
und Es als Bereiche, die weniger (wie im topografischen gende Arbeitsweise des Unbewussten beschrieben wird, ist
Modell) durch ihre spezifischen seelischen Qualitäten das Unbewusste im Strukturmodell durch die psychische
gekennzeichnet sind, sondern durch ihre Beziehung zu Abwehr bestimmt und beinhaltet verdrängte Inhalte.
Was ist Klinische Psychologie? Definitionen, Konzepte und Modelle
21 1
Moderne psychoanalytische Theorien wie die Ob-
jektbeziehungstheorie und die interpersonelle Kon-
flikttheorie versuchen, diese Widersprüche zu überwin-
den und die Theorie des Unbewussten weiterzuentwi-
ckeln. Ihnen ist nach wie vor die Grundannahme der
psychodynamischen Perspektive gemeinsam, dass un-
bewusste Phantasien und unbewusste mentale Reprä-
sentanzen des Selbst in Beziehung zu Objekten eine
zentrale Rolle in der Determination menschlichen Ver-
haltens spielen. Die Psychoanalyse hat also nicht nur
historisch beeindruckende Konzepte für das Verständ-
nis und die psychotherapeutische Behandlung von Pa-
tienten und Patientinnen hervorgebracht. In den letz-
ten Jahren sind neue Entwicklungen hinzugekommen,
die klassische Konzepte erweitern, ergänzen und für
den therapeutischen Alltag fruchtbar machen (Rudolf . Abb. 1.7 Wilhelm Wundt (1832–1920, 3. v. r.) in seinem
psychologischen Labor in Leipzig zusammen mit Assistenten. (Foto:
2014; 7 Kap. 15).
UAL_FS_N 06176–2, Universitätsarchiv Leipzig, Fechnerakte,
Universität Leipzig)
Verhaltenstherapie bezeichnete ursprünglich die scher Interventionen voll befriedigen kann. Deshalb
1 Anwendung aller modernen Lerntheorien auf die Be- wurden von Beginn an verschiedene Erweiterungen des
handlung abweichenden Verhaltens. Psychische Stö- Ansatzes vorgenommen. Beispiele hierfür sind die Bei-
rungen wurden als Ergebnis fehlgelaufener Konditio- träge von Hans-Jürgen Eysenck (1916‒1997) sowie Jo-
nierungsprozesse angesehen. Sie werden nach diesem hannes C. Brengelmann (1920‒1999) zur Bedeutung
Ansatz – wie jedes andere Verhalten auch – durch Ler- von Persönlichkeit, biologischen und genetischen Fak-
nen und Verstärkung erworben und sind ebenso wie- toren. Einflussreich und bis heute aktuell sind in die-
der ver- oder umlernbar. Wesentliches Element der be- sem Zusammenhang der konzeptuellen Erweiterun-
havioralen Perspektive ist neben dem komplexen Me- gen besonders die Arbeiten zum „Drei-Ebenen-Ansatz“
thoden- und Handlungsinventar, das sich aus den drei von Peter Lang (1993; . Abb. 1.8).
Lerntypen ergibt, z. B. die Methode der funktionalen Dieser psychophysiologische Ansatz betrachtet psy-
Bedingungsanalyse (z. B. im Sinne der Verhaltensglei- chologische Reaktionen und Störungen als drei asso-
chung nach Kanfer und Saslow 1969; 7 Gut zu wis- ziierte, aber unterschiedliche Reaktionssysteme oder
sen). Verhaltenstherapie stellt nach heutigem Verständ- „Ebenen“, die zwar untereinander verbunden sind,
nis eine psychotherapeutische Grundorientierung dar, aber nicht immer zur gleichen Zeit, in gleicher Weise
die störungsspezifische und -unspezifische Therapie- oder in der gleichen Richtung. Der sich daraus erge-
verfahren umfasst und aufgrund von möglichst hinrei- benden Desynchronosie der Reaktionssysteme der bio-
chend überprüftem Störungswissen und psychologi- logischen, kognitiv-affektiven und verhaltensbezoge-
schen Änderungswissen eine systematische Besserung nen Ebene wird ein wichtiger Informationsgehalt zuge-
von Verhaltensproblemen anstrebt (7 Kap. 14). schrieben, der nicht nur grundlagenbezogene, sondern
auch therapeutische Implikationen besitzt. Diese Dif-
Gut zu wissen ferenzierung hat die Entwicklung einflussreicher psy-
chophysiologischer Störungsmodelle bei Angststörun-
Verhaltensgleichung nach Kanfer und Saslow (1969): gen befruchtet sowie die Akzeptanz kognitiver Variab-
Das SORKC-Modell len und Ansätze in der Verhaltenstherapie erhöht.
Ziel der Verhaltensanalyse ist es, möglichst vollstän- Der kognitive-behaviorale Ansatz geht über die Be-
dig die funktionalen Beziehungen von situativen Rei- schreibung und Erklärung von Verhalten im objektiven
zen (S) jeglicher objektivierbarer Art und einem Ziel- Kontext von Reizen, Verstärkern und beobachtbarem
verhalten, der Reaktion (R), an einem konkreten und (offenen) Verhalten hinaus. Psychische Störungen wer-
spezifisch beschreibbaren Beobachtungssegment he- den in der kognitiven Perspektive als das Ergebnis einer
rauszuarbeiten. Der Schwerpunkt des behavioralen fehlerhaften Wahrnehmung der Situationswirklichkeit,
Ansatzes betont dabei die Bedeutung des beobacht- fehlerhafter Schlussfolgerungen oder inadäquater Pro-
baren Verhaltens. Dabei ist die Organismusvariable blemlösungen konzeptualisiert. Der Ansatz greift dabei
(O) eine entscheidende vermittelnde Größe, unter der auf das Erkenntnis- und Methodeninventar der gesam-
körperliche, wie auch kognitive und affektive Fakto- ten Psychologie zurück und schließt alle Prozesse des
ren und Prozesse Berücksichtigung finden. Unter dem Wahrnehmens, Begreifens, Urteilens und Schlussfol-
Verstärkungsplan (K) werden alle die Reaktion beein- gerns einschließlich der Handlungskontrolle ein.
flussenden Konsequenzen der Reaktion berücksich-
tigt, und zwar im Hinblick darauf, welche Konsequen-
zen die Auftrittswahrscheinlichkeit von R erhöhen
und senken, sowie einschließlich ihres Kontingenzver-
hältnisses (Verstärkerpläne).
Dieses Vorgehen ist durch verschiedene Ergänzun-
gen bis hin zu einer „Problem- und Plananalyse“
(7 Kap. 16 und 7 Kap. 21; Schulte 1974; Grawe und
Caspar 1984; Caspar 2018) schrittweise erweitert wor-
den. Dabei finden externe und interne Reize, Einstel-
lungen und Pläne, sowie affektive und soziale Modali-
täten stärkere Berücksichtigung.
In den Neurowissenschaften war eine gleicherma- Ein Beispiel für derartige interaktionale integra-
1 ßen empirisch bzw. experimentell gestützte Entwick- tive Makromodelle und ihre Komponenten im Zusam-
lung erst später zu beobachten. Gebunden an die zu- menhang mit psychischen Störungen gibt . Abb. 1.10.
nehmend differenziertere Entschlüsselung der funktio- Dabei wird die Mikroebene, also z. B. die Dynamik
nalen Bedeutung des Transmitterstoffwechsels seit den spezifischer neurobiologischer und psychologischer
1980er Jahren, die Erkenntnisse zur enormen Plastizität Prozesse, nicht ausdifferenziert. Übergeordnete Mo-
des Gehirns, die Entwicklung der modernen bildgeben- dellstrukturmerkmale sind einerseits die Differenzie-
den Verfahren und die genetische Forschung mit ihren rung von Vulnerabilitäten von triggernden Auslösern
Gen × Umwelt-Modellen und epigenetischen Mecha- (Stress bzw. Exposition), moderierenden Faktoren so-
nismen wird nunmehr auch in diesem Bereich die syste- wie Konsequenzen, die sich aus der Störung erge-
matische Ableitung zunehmend komplexerer und spezi- ben. Andererseits werden diese Faktoren in Hinblick
fischerer Wechselwirkungsmodelle möglich (Andreasen auf eine stadienspezifische Zuordnung der Einflüsse
2002). Wie sehr diese nahezu explosionsartige Entwick- im Zeitverlauf berücksichtigt. Diese betreffen im Falle
lung der Erkenntnisse aber in den letzten drei Dekaden psychischer Störungen klinisch bedeutsame Stadien der
nicht nur unser Wissen über psychische Störungen er- Entstehung und Aufrechterhaltung. Charakteristische
weitert hat, sondern auch die Psychologie als Ganzes psychologische Komponenten derartiger psychologi-
verändert hat, zeigt sich wohl am deutlichsten an den scher Vulnerabilitäts-Stress-Interaktionsmodelle sind
neuen interdisziplinären Fächern der „cognitive neu- z. B. die Konstrukte, Dispositionen, Stressereignisse,
roscience“ bzw. der „cognitive-affective neuroscience“ Resilienz und Coping (7 Gut zu wissen).
(7 Kap. 5; LeDoux 2001, 2015; Panksepp 1998), die für
die Klinische Psychologie wie für die Psychologie ins- Gut zu wissen
gesamt von zentraler Bedeutung geworden sind (Grawe
2004). Zentrale Komponenten von Vulnerabilitäts-Stress-
Im Zusammenhang mit psychischen Störungen Modellen
kann die relative Bedeutung und Rolle jedes einzelnen
dieser Faktoren, Prozesse und Perspektiven in der Aus- Vulnerabilität
lösung oder Aufrechterhaltung bestimmter Problem- Vulnerabilität bedeutet Anfälligkeit und kennzeich-
konstellationen unterschiedlich sowie kontextabhängig net damit eine Disposition. Vulnerabilität bezieht sich
und auch z. B. entwicklungs- und stadienspezifisch ver- also darauf, wie wir auf der psychologischen, biologi-
schieden relevant sein. Manche Faktoren entfalten ihre schen und sozialen Ebene bei entsprechenden Anfor-
kritische Bedeutung nur oder vor allem in bestimmten derungssituationen reagieren. Vulnerabilität an sich
frühen Lebensphasen, während sie im späteren Verlauf führt nicht zur Störung; hinzutreten muss eine dazu
sogar protektiv, z. B. im Sinne einer Erhöhung der Re- „passende“ Auslösersituation oder Konstellation,
silienz, wirken können. So wird z. B. für den Beginn der die zusammen mit der Vulnerabilität in Wechselwir-
Schizophrenie eine besonders ausgeprägte und mögli- kung eine pathogene Dynamik entfaltet. Vulnerabili-
cherweise diagnostisch spezifische Bedeutung geneti- tät kann einerseits genetisch beeinflusst und bestimmt
scher Vulnerabilitätsfaktoren angenommen. Zugleich sein, andererseits können Vulnerabilitäten auch erwor-
wird jedoch nicht postuliert, dass diese genetischen ben oder gelernt werden. Zumeist kommt es zu einer
Faktoren allein das Auftreten und den Verlauf determi- Mischung dieser beiden Pfade. Zum Beispiel wird ein
nieren oder gar dass psychologische und soziale Fakto- Kind mit einer Mutter, die unter Angst- und depres-
ren keine Bedeutung haben. Vielmehr sind die vermute- siven Störungen leidet, mit höherer Wahrscheinlich-
ten genetischen Faktoren lediglich Indikatoren für eine keit ätiologisch relevante Persönlichkeits- und Ver-
erhöhte Anfälligkeit (= Vulnerabilität oder Diathese), haltenseigenschaften zeigen, wie z. B. eine ausgepräg-
die nur beim Eintreten entsprechender weiterer Fakto- tere Tendenz, in unvertrauten Situationen mit Angst
ren (Stress, Lebensereignisse) sowie weiterer moderie- oder Rückzug zu reagieren. Auch kann die Reaktion
render Einflüsse zum Störungsausbruch führen. Dar- auf unerwartete und belastende Ereignisse häufiger
über hinaus wirken dann weitere Einflussfaktoren bei fehlangepasst sein als bei Personen ohne diese famili-
der Ausgestaltung und dem Verlauf des Störungsbildes äre Vulnerabilität.
zusammen und formen damit die akuten und länger- Diese Merkmale gehen mit einem erhöhten Risiko für
fristigen Konsequenzen. das erstmalige Auftreten einer psychischen Störung
Charakteristisch für integrative Modelle ist also, einher, ohne dass im Einzelfall bislang gesichert zu
dass alle Perspektiven eine wichtige Rolle in der Aus- beurteilen ist, ob die Anfälligkeit auf der genetischen
formung, beim Verlauf und beim Ausgang von psychi- Ähnlichkeit mit der Mutter oder auf sozialem Ler-
schen Störungen spielen können. Zudem nimmt das nen (am Modell der Mutter) beruht: Die Determinan-
Modell an, dass die relative Bedeutung eines jeden die- ten der Vulnerabilität können also sowohl biologischer
ser Faktoren über die Lebensspanne variiert.
Was ist Klinische Psychologie? Definitionen, Konzepte und Modelle
25 1
Art sein, z. B. in Form von genetischen Belastungsdis- Lebensereignissen“ als zeitlich genau bestimmbare
positionen. Vulnerabilität kann sich aber auch auf der Vorkommnisse bis hin zu diffuseren Belastungsbedin-
sozialen Ebene beschreiben lassen, z. B. wenn die so- gungen, die sich zeitlich über Wochen oder Monate
zialen Lebens- und Entwicklungsbedingungen einer hin erstrecken, von subjektiven Belastungswahrneh-
Person nachteilig sind. Zugleich können die Vulnera- mungen bis hin zu subjektiv nicht wahrgenommenen,
bilitätsfaktoren additiv oder multiplikativ zusammen- aber über Stresshormone nachweisbaren Belastungs-
spielen. konstellationen. Die Bedeutung bestimmter Stresser-
Mit dem Vulnerabilitätskonzept beschreiben wir also eignisse oder das Ausmaß von Stressbelastungen und
auf jeder Manifestationsebene – der biologischen, ihre Auswirkungen sind von vielen Faktoren und Pro-
psychologischen und sozialen – individuelle angebo- zessen abhängig: den Vulnerabilitäten, dem neurobio-
rene und/oder erlernte Anfälligkeiten, die beim Ein- logischen und psychologischen Entwicklungsstadium,
treten von bestimmten Ereignissen zu einer erhöhten der Koaggregation mit anderen Lebensereignissen im
Verletzlichkeit der Person führen und damit zum Aus- Ereignisstrom sowie den Copingressourcen und der
bruch einer Störung beitragen können. Resilienz einer Person.
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