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Umweltbewusstsein in Deutschland 2020 1

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Umweltbewusstsein
in Deutschland 2020
Ergebnisse einer repräsentativen Bevölkerungsumfrage
2 Umweltbewusstsein in Deutschland 2020

Impressum

Herausgeber
Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV)
Referat Öffentlichkeitsarbeit, Online-Kommunikation, Social Media · 11055 Berlin
E-Mail: [email protected] · Internet: www.bmuv.de

Umweltbundesamt (UBA)
Wörlitzer Platz 1 · 06844 Dessau-Roßlau
E-Mail: [email protected] · Internet: www.umweltbundesamt.de

Redaktion
BMUV, Referat G II 1: Heike Williams
UBA, Fachgebiet I 1.4: Dr. Angelika Gellrich

Gestaltung
macondo publishing GmbH, Münster

Druck
BONIFATIUS GmbH Druck – Buch – Verlag, Paderborn

Stand
Januar 2022

1. Auflage
3.000 Exemplare (gedruckt auf Recyclingpapier)

Bestellung dieser Publikation


Publikationsversand der Bundesregierung
Postfach 48 10 09 · 18132 Rostock
Telefon: 030 / 18 272 272 1 · Fax: 030 / 18 10 272 272 1
E-Mail: [email protected]
Internet: www.bmuv.de/publikationen

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Diese Publikation wird vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz kostenlos herausgegeben.
Sie ist nicht zum Verkauf bestimmt und darf nicht zur Wahlwerbung politischer Parteien oder Gruppen eingesetzt werden.
Mehr Informationen unter: www.bmuv.de/publikationen
Umweltbewusstsein in Deutschland 2020 3

Umweltbewusstsein
in Deutschland 2020
Ergebnisse einer repräsentativen Bevölkerungsumfrage

„Umweltbewusstsein in Deutschland“ ist eine Studie, die das Bundesumweltministerium alle


zwei Jahre gemeinsam mit dem Umweltbundesamt herausgibt.

Bearbeitet wurde die Studie von Janina Belz, Robert Follmer, Jana Hölscher (infas Institut für angewandte
Sozialwissenschaft) und Dr. Immanuel Stieß, Georg Sunderer (ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung)
sowie Barbara Birzle-Harder (ergo-network).
4 Umweltbewusstsein in Deutschland 2020

Inhaltsverzeichnis

Begleitworte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6

1. Ergebnistelegramm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8
1.1 Deutsche Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
1.2 English Summary . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13

2. Die Umweltbewusstseinsstudie im Jahr 2020 –


17
Bewährtes und Neues . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

3. Umweltbewusstsein in der Wissenschaft –


21
individuelle Verantwortung und die „Verhältnisse“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

4. Umweltbewusstsein und Umweltverhalten im Zeitverlauf –


24
welche Veränderungen werden sichtbar? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4.1 Gesellschaftlicher Stellenwert des Umwelt- und Klimaschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25
4.2 Wahrnehmung von Umweltqualität und Umweltbelastungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
4.3 Einstellungen zu Umweltthemen und eigenes Umweltverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32

5. Bewusstsein, Verhalten und Bereitschaften –


Ableitung von Umweltbewusstseinstypen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38
5.1 Die neuen Kenngrößen „Einstellungen zum Klimaschutz“ und „Veränderungsbereitschaft“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39
5.2 Vorgestellt: sechs verschiedene Umweltbewusstseinstypen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41
Umweltbewusstsein in Deutschland 2020 5

6. Klimawandel und Klimaschutz –


Wahrnehmungen, Einstellungen und Bereitschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46
6.1 Klimabewusstsein in der Bevölkerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47
6.2 Verantwortung für den Klimaschutz – Akteure und Strategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52
6.3 Engagement und Veränderungsbereitschaften für den Klimaschutz ................................................. 56
6.4 Umweltbewusstseinstypen und Klimaschutz – ein vertiefender Blick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60

7. Sozial-ökologische Transformation -
Handlungsfelder, Anforderungen, Bereitschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62
7.1 Bürgerinnen und Bürger zwischen Wunsch und Wirklichkeit? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63
7.2 Akzeptanz und Handlungsbereitschaften für die Transformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69
7.3 Wirtschaftlicher Strukturwandel und soziale Aspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74

8. Bewusstsein, Verhalten, Transformation –


übergreifende Zusammenhänge und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81

Abkürzungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81

Abbildungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82
6 Umweltbewusstsein in Deutschland 2020

Begleitworte des
wissenschaftlichen Beirats der
Umweltbewusstseinsstudie
Liebe Leserinnen und Leser,
wir steigen in diese Broschüre ein mit Eindrücken und Wer wissen will, wie es um die Einsicht der Deutschen
Kommentaren der Mitglieder des wissenschaftlichen hinsichtlich ihres Tuns und Lassens mit Blick auf die
Beirats zur Umweltbewusstseinsstudie 2020. Wir natürliche Umwelt bestellt ist und wie sich diese
fragten: Welches besondere „Highlight“ lässt sich in Einsichten auch wandeln können, der kommt um die
der Studie entdecken? Worin besteht der Mehrwert der Umweltbewusstseinsstudie 2020 nicht herum.
Studie? Welche spannenden Fragen wirft sie auf, die
künftig noch stärker betrachtet werden sollten?
Prof. Dr. Matthias Groß, Helmholtz-Zentrum für
Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Umweltforschung (UFZ), Department Stadt-
nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz, das Um- und Umweltsoziologie
weltbundesamt und das Forschungsteam der Umwelt-
bewusstseinsstudie 2020 danken allen Mitgliedern des
wissenschaftlichen Beirats herzlich für die Antworten,
ihre Begleitung und die wertvollen fachlichen Rück- Die Bevölkerung räumt dem Umwelt- und Klimaschutz
meldungen im Laufe des Forschungsprozesses. Ihnen, in den letzten Jahren einen immer höheren Stellenwert
liebe Leserinnen und Leser, wünschen wir eine anre- ein – auch im Verhältnis zu anderen wichtigen gesell-
gende Lektüre! schaftlichen Themen wie Flucht und Migration. Dies
geht unter anderem auf soziale Bewegungen wie
Fridays for Future zurück. Indirekt macht die Studie
somit deutlich, wie wichtig zivilgesellschaftliches
Engagement für die Entwicklung von Umweltbewusst-
sein und Umweltverhalten ist.

Prof. Dr. Sabrina Zajak, Deutsches Zentrum für


Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM), Berlin

Die Studie hält eine gute Nachricht für uns bereit – und
ein produktives Rätsel. Die gute Nachricht ist, dass die
Pandemie in Deutschland nicht dafür gesorgt hat, dass
Menschen die ökologische Krise vergessen oder für we-
niger wichtig erachten. Das Rätsel liegt darin, dass die
Unterschiede in der individuellen (umweltrelevanten)
Veränderungsbereitschaft sich auf eine Weise durch die
Bevölkerung zu verteilen scheinen, die durch die übli-
chen Faktoren wie Bildung, Einkommen, Wohnort etc.
nur noch teilweise zu erklären ist. Somit ermutigt die
Studie die Politik, ambitionierter zu werden und
fordert die Sozialwissenschaften heraus, an ihrem
Verständnis von potenziell ‚transformativen‘ Gruppen
in der Gesellschaft weiter zu arbeiten.

Dr. Manuel Rivera, Institut für transformative


Nachhaltigkeitsforschung (IASS), Potsdam
Umweltbewusstsein in Deutschland 2020 7

Sehr aufschlussreich sind die Erkenntnisse über die Der Umbau zu einer Wirtschaft ohne Treibhausgas-
zum Teil deutlichen Geschlechterdifferenzen, zum emissionen ist eine enorme Herausforderung. Die
Beispiel in Hinblick auf den Stellenwert von Umwelt- Klimapolitik benötigt dafür fundierte Informationen
und Klimaschutz, die Bewertung eines Tempolimits auf auch aus sozialwissenschaftlichen Umfragen, die die
Autobahnen oder den CO2-Fußabdruck. Für die Zu- langfristige Entwicklung des Umweltbewusstseins, des
kunft würde ich mir wünschen, dass auch die Bedeu- Umweltverhaltens, der Ökobilanz von Haushalten, der
tung der Geschlechterverhältnisse, zum Beispiel die Akzeptanz von neuen Technologien und politischen
Übernahme von Care-Arbeiten, das heißt, somit das Maßnahmen in der Bevölkerung aufzeigen. Nur wenn
Kümmern um Andere und sich, für Umwelteinstellun- die Klimapolitik auf breite Unterstützung stößt, kann
gen und Veränderungsbereitschaft untersucht wird. die klimapolitische Wende gelingen. Der Survey „Um-
weltbewusstsein in Deutschland“ trägt zu diesem In-
formationsbedarf in hohem Maße bei.
Prof. Dr. Ines Weller, artec Forschungszentrum
Nachhaltigkeit, Universität Bremen
Prof. Dr. Andreas Diekmann, Prof. em. ETH Zürich und
Seniorprofessor Universität Leipzig, Mitglied der
Deutschen Akademie der Wissenschaften Leopoldina
Die Ergebnisse der aktuellen Ausgabe der Umwelt-
bewusstseinsstudie zeigen, dass in der Bevölkerung viel
Unsicherheit herrscht, welchen Beitrag zum Klima-
schutz man als Einzelperson wirklich leisten kann. Um die Ziele des Pariser Abkommens, die Erderhitzung
Diese Erkenntnis stellt aus meiner Sicht einen ent- möglichst nahe an 1,5 Grad zu begrenzen, erreichen zu
scheidenden Mehrwert dar, da sie verdeutlicht, warum können, muss das aktuelle Jahrzehnt den Klima- und
der Klimaschutz bisher hinter den wachsenden Umweltschutz in den Fokus rücken. Dies betrifft nicht
Erwartungen zurückbleibt. nur das künftige Handeln in Politik und Wirtschaft,
sondern auch das Alltagshandeln großer Teile der
Weiterhin halte ich es für entscheidend, in öffentli- Bevölkerung wird große Veränderungen erfahren
chen sowie wissenschaftlichen Debatten den Einfluss müssen. Die Surveys „Umweltbewusstsein in Deutsch-
struktureller Bedingungen wie Sozialisationserfahrun- land“ können als ein Gradmesser für befürwortende
gen und alltagspraktischen Anforderungen deutlicher wie ablehnende Auffassungsunterschiede sowie
in den Fokus zu rücken. Politische Entscheidungsträge- Entwicklungslinien des gesellschaftlichen Wandels
rinnen und Entscheidungsträger erhalten damit wich- hierzu einen wichtigen Beitrag zur Versachlichung
tige Anregungen, wie sich Klimaschutz als alltagsrele- der Debatte liefern.
vantes gesamtgesellschaftliches Projekt denken und
umsetzen lässt. Die im Bericht betonte Förderung in-
dividueller Verantwortung, unter anderem mittels zu- Prof. Dr. Jürgen Schupp, Senior Research Fellow am
sätzlicher Aufklärung, sollte aber stärker im Kontext Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung und Freie
dieser strukturellen und alltagsweltlichen Bedingun- Universität Berlin
gen verstanden werden.

Sarah Kessler, Ludwig-Maximilians-Universität


München, Forschungsprojekt BAYSICS des Bayerischen
Klimaforschungsnetzwerks (bayklif)
8 Umweltbewusstsein in Deutschland 2020

1. Ergebnistelegramm
Umweltbewusstsein in Deutschland 2020 9

1.1 Deutsche Zusammenfassung „Luft nach oben“. Eine Ausnahme bildet die Beurtei-
lung der Umweltverbände. Ihnen wird bereits
Im Jahr 2021 besteht die Umweltbewusstseinsstudie von 68 Prozent der Befragten bestätigt, genug für den
seit 25 Jahren. 1996 begonnen, liefert sie vielfältige Umwelt- und Klimaschutz zu tun.
Einblicke in das Bewusstsein, die Einstellungen und das
Verhalten der Bevölkerung in Sachen Umwelt. Der Zustand der Umwelt bereitet vor allem beim Blick
über die Landesgrenzen hinaus Sorgen. So stufen nur
Für die vorliegende Ausgabe der Studie wurden Ende 11 Prozent der Befragten die weltweite Umweltqualität
2020 über 2.000 Bürgerinnen und Bürger ab 14 Jahren als „sehr gut“ oder „eher gut“ ein. Erheblich positiver
im Rahmen einer Onlinebefragung interviewt. Das ak- fällt dieses Urteil bezogen auf Deutschland aus (60 Pro-
tuelle Schwerpunktthema befasst sich mit den Einstel- zent). Noch günstiger ist die Einschätzung bei dem
lungen zum Klimawandel und Klimaschutz und dem Blick vor die eigene Haustür. Der eigenen Stadt oder
möglichen gesellschaftlichen Wandel. Gemeinde wird zu 73 Prozent eine gute oder sehr gute
Umweltqualität bescheinigt. Dennoch – und das zeigt
ein Blick auf die lange Zeitreihe dieser Frage – ist im
Umwelt- und Klimaschutz genießen einen Laufe der vergangenen Jahre die Besorgnis gewachsen.
hohen Stellenwert Insbesondere die Umweltqualität in Deutschland und
in der eigenen Kommune schätzen seit 2018 immer
Die Zeit vor und während der aktuellen Erhebung war mehr Befragte kritisch ein.
stark von der Corona-Pandemie bestimmt. Trotzdem
verliert das Thema Umwelt- und Klimaschutz nicht an Entsprechend ist das Bewusstsein für den schädigen-
Bedeutung. Wie in den Jahren zuvor stufen zwei Drit- den Einfluss von Umweltverschmutzung und Umwelt-
tel der Befragten dieses Thema als „sehr wichtig“ ein. schadstoffen auf die eigene Person in den letzten 20
Eine etwas höhere Bedeutung wird aktuell nur dem Jahren angewachsen. 38 Prozent sehen sich hierdurch
„Zustand des Bildungswesens“ und dem „Zustand des „sehr stark“ oder „stark“ beeinträchtigt. Dagegen füh-
Gesundheitswesens“ eingeräumt. Andere Themen wie len sich 56 Prozent „eher wenig“ und 7 Prozent „über-
„Kriminalität und öffentliche Sicherheit“ oder „Arbeits- haupt nicht“ durch Umweltverschmutzungen belastet.
losigkeit“ rangieren deutlich dahinter. Bei der Befragung im Jahr 2000 waren es dagegen noch
drei Viertel der Bürgerinnen und Bürger, die sich „eher
Diesen hohen Stellenwert bestätigen Antworten auf die wenig“ oder „überhaupt nicht“ gesundheitlich beein-
ausdrückliche Nachfrage nach der Bedeutung des Kli- trächtigt fühlten.
maschutzes im Schatten der Corona-Krise. Hier geben
70 Prozent der Befragten an, das Thema sei „weiterhin
genauso wichtig“. 16 Prozent sind sogar der Auffassung, Der Klimawandel ist im Bewusstsein als
der Klimaschutz sei „wichtiger geworden“. Damit ist der Tatsache angekommen
Klimaschutz nach mehrheitlicher Überzeugung eine
drängende Herausforderung. Beim Interesse am Klimawandel und Klimaschutz er-
gibt sich folgendes Bild: Rund ein Viertel der Befrag-
ten interessiert sich nur „ein wenig“ oder „gar nicht“ für
Nach Ansicht der Bürgerinnen und Bürger wird diese Themen, knapp die Hälfte (47 Prozent) dagegen
zu wenig für den Klimaschutz getan „ziemlich“ und 25 Prozent sogar „sehr“. Die Antworten
auf die Frage, wie gut man sich über die Themen infor-
Der hohe Stellenwert, der dem Umwelt- und Klima- miert fühlt, weisen ebenfalls in beide Richtungen. So
schutz beigemessen wird, spiegelt sich in den Augen nehmen sich 60 Prozent als „gut“ oder „sehr gut“ infor-
der Bevölkerung jedoch nicht in entsprechenden miert wahr, 40 Prozent dagegen nur „etwas“ oder „gar
Aktivitäten wider. Dies attestieren die Befragten der nicht“.
Bundesregierung, den Städten und Gemeinden, der
Wirtschaft, aber auch sich selbst. Während nur 16 Pro- Weitgehende Einigkeit herrscht jedoch bei der Be-
zent der Befragten angeben, dass Industrie und Wirt- urteilung, ob der Klimawandel vor allem durch
schaft genug tun, finden dies bei der Bundesregierung menschliches Handeln oder durch natürliche Prozesse
nur ein Viertel und bei den Städten und Gemeinden verursacht sei. 14 Prozent sagen, dass der Klimawandel
gut ein Drittel der Befragten. Nur ein Fünftel meint, alleinig und 63 Prozent vor allem menschengemacht
dass die Bürgerinnen und Bürger bereits genug für den ist. 19 Prozent der Befragten sehen die Verantwortung
Umwelt- und Klimaschutz tun. Es gibt also noch viel zu etwa gleich großen Teilen beim Menschen und in
10 Umweltbewusstsein in Deutschland 2020

natürlichen Prozessen. Nur 4 Prozent sehen vor allem Individuelle Bemühungen für den Umwelt-
natürliche Prozesse am Werk. Zu den Leugnerinnen schutz scheinen an Grenzen zu stoßen
und Leugnern des Klimawandels kann nur 1 Prozent
der Befragten gerechnet werden. Die beschriebene Unsicherheit wirkt sich auch auf das
Handeln aus. Die Umweltbewusstseinsstudie belegt
Der Klimawandel wird mehrheitlich als Bedrohung über alle Jahre hinweg eine Lücke zwischen den um-
empfunden. Nahezu 80 Prozent der Befragten sehen weltbezogenen Einstellungen und dem individuellen
durch seine Folgen die Lebensgrundlagen in Deutsch- Umweltverhalten. Hierzu wurden in der Auswertung
land in Gefahr. Gleichzeitig sagen über 90 Prozent, dass verschiedene Aussagen zu Kennwerten zusammenge-
„dringend Maßnahmen zur Anpassung an die Folgen“ fasst. Diese Kennwerte drücken auf einer Skala von
ergriffen werden müssten. Nur 11 Prozent sehen 0 bis 10 das jeweils erreichte Niveau aus. Das Umwelt-
keinen Grund, den Klimawandel zu bremsen. verhalten liegt dabei im Mittel bei dem Wert 5, Um-
welt- und Klimaeinstellungen dagegen bei Werten zwi-
schen 7 und 8. Dieser Abstand zeigt sich bei Jung und
Breiter Konsens im Allgemeinen, aber auch Alt, formal hoch oder weniger Gebildeten, Frauen und
Unterstützungsbedarf Männern, Wohlhabenden oder weniger Wohlhaben-
den. Die Bewusstseins-Verhaltenslücke betrifft also alle
Umwelt-, Natur- und Klimaschutz sind nach eigener sozio-ökonomischen Gruppen nahezu gleichermaßen.
Auskunft für breite Teile der Bevölkerung notwendig, Immerhin hat sie sich in den letzten Jahren nicht
um eine hohe Lebensqualität für alle zu sichern. Dabei weiter vergrößert.
fordern die Befragten von den Verantwortlichen in
Deutschland eine Vorbildfunktion. Vier Fünftel sehen Dies belegt auch ein Blick auf die Kohlendioxid
Deutschland in der Pflicht, beim Klimaschutz voran- (CO2)-Fußabdrücke verschiedener Bevölkerungsgrup-
zugehen, fordern ehrgeizigere Klimaziele und vermu- pen, der für die Befragten in knapper Form ermittelt
ten, dass dadurch auch Wettbewerbsvorteile entste- wurde. Von dem weltweit diskutierten Ziel, den gesam-
hen. Etwas weniger Einigkeit herrscht in Bezug auf die ten CO2-Ausstoß pro Person und Jahr bis zum Jahr 2050
anzuwendenden Maßnahmen. Insbesondere solchen, auf unter eine Tonne zu senken, sind die beobachtba-
die mit direkten höheren Kosten für Bürgerinnen und ren Werte weit entfernt. Sie liegen gegenwärtig bereits
Bürger einhergehen, wird etwas weniger zugestimmt nur für Ernährung, Mobilität und Wohnen bei rund
als beispielsweise der Förderung ökologischer Techno- sechs Tonnen. Auch motivierten Gruppen fällt es offen-
logien. bar schwer, ihren CO2-Ausstoß (weiter) zu senken.
Individuelle Bemühungen scheinen an ihre Grenzen zu
Trotz dieser kleinen Einschränkung erzielen viele der stoßen.
in der Studie benannten Maßnahmen große Zustim-
mung. Ebenso zeigt sich bei fast allen aufgeführten
Punkten nicht nur eine starke Bereitschaft, diese mit- Umweltbewusstseinstypen als neuer Ansatz
zutragen, vielmehr wird überwiegend auch gefordert,
mehr zu tun. Deutlich zeigt sich dies zum Beispiel in Trotz dieser strukturellen Ähnlichkeiten lassen sich
Bezug auf die Reduktion von Verpackungsmüll und unterschiedliche Einstellungs- und Verhaltensmuster
einer nachhaltigeren Landwirtschaft sowie hinsichtlich erkennen. Dazu wurden in der Umweltbewusstseins-
einer fahrradfreundlichen Mobilität. studie sechs „Umweltbewusstseinstypen“ gebildet. Diese
identifizierten Gruppen reichen von den Ablehnenden
Gleichzeitig ist insbesondere beim Thema Klimaschutz mit einem Anteil von 8 Prozent der Bevölkerung bis
jedoch auch eine gewisse Überforderung erkennbar. So zu den Konsequenten, die 14 Prozent umfassen. Dazwi-
geben 44 Prozent der Befragten an, dass ihnen „persön- schen liegen die Skeptischen mit 18 Prozent, die Unent-
lich oft die Möglichkeiten fehlen“ würden, etwas für schlossenen mit 22 Prozent, die Aufgeschlossenen mit 25
den Klimaschutz zu tun. Zudem ist immerhin fast ein Prozent und die Orientierten mit 13 Prozent. Während
Fünftel überzeugt, sich „nicht auch noch um den Kli- die Ablehnenden kaum Veränderungsbedarf sehen, agie-
maschutz“ kümmern zu können. Dies macht deutlich, ren die Konsequenten nach eigener Auskunft bereits ge-
dass es für viele Bürgerinnen und Bürger wichtig ist, mäß ihrem vergleichsweise stark ausgeprägten Um-
unterstützende Angebote zu erhalten und die gesell- weltbewusstsein. Die vier weiteren Gruppen platzieren
schaftlichen Rahmenbedingungen für einen klima- sich innerhalb dieser Spannweite. Sie unterscheiden
bewussten Lebenswandel zu verbessern. sich durch verschiedene Kombinationen von Einstel-
lungen, Verhalten und Veränderungsbereitschaft.
Umweltbewusstsein in Deutschland 2020 11

Werden diese sechs Umweltbewusstseinstypen grob geben sollte und die Belastung durch Luftschadstoffe
zwei Hälften zugeordnet, entsteht eine relativ gleich- und Feinstaub verringert werden muss.
gewichtige Aufteilung der Bevölkerung. Zu der einen
Hälfte gehören mit den Ablehnenden, den Skeptischen
und den Unentschlossenen Personen, die weniger Um- Fast alle gesellschaftlichen Gruppen brauchen
weltprobleme sehen oder sich weniger veränderungs- mehr Aufklärung, positive Anreize und höhere
bereit zeigen als die andere Hälfte. Diese versammelt Verhaltenssicherheit
die Orientierten, die Aufgeschlossenen und die Konse-
quenten. Werden beide Hälften hinsichtlich ihrer Zu- Die vorgestellten Befunde führen zu wichtigen
sammensetzung nach sozioökonomischen Merkmalen Schlussfolgerungen. Die Ergebnisse zeigen einerseits
betrachtet, unterscheiden sie sich zwar in einigen De- ein ausgeprägtes Umweltbewusstsein und das Gefühl,
tails, wie etwa beim Bildungs- und Einkommensniveau, es müsse mehr für den Klimaschutz getan werden. So
nach Altersgruppen oder Geschlecht, aber weniger in treffen viele Maßnahmen bereits auf breite Zustim-
der generellen Breite. Somit sind hohe und niedrige mung. Andererseits belegen die Ergebnisse Unsicher-
Umwelt- und Handlungsorientierungen mehr oder heiten und mitunter auch Überforderung bei der Klä-
weniger ausgeprägt in allen gesellschaftlichen Gruppen rung, was ein wirkungsvoller persönlicher Beitrag sein
zu finden. Damit liegt nahe, dass in Sachen Umweltbe- kann und wie dieser zu leisten sei. Trotzdem steht eine
wusstsein individuelle Prägungen eine wichtige Rol- große Gruppe der Befragten gewissermaßen auf der
le spielen. Schwelle zu einem umweltorientierteren Verhalten.
Um diese individuellen Bereitschaften besser „abzuho-
len“ als bisher, sollten Verantwortliche auf allen Ebe-
Viele Bürgerinnen und Bürger sind offen für nen für bessere Rahmenbedingungen sorgen, Trans-
Veränderungen, verlangen dies jedoch auch von parenz schaffen, mehr erklären sowie mehr positive
Politik und Wirtschaft Anreize setzen. Gefragt sind die Politik, die Zivilgesell-
schaft und jede einzelne Bürgerin und jeder einzel-
Der sozial-ökologischen Transformation, also der Ver- ne Bürger gleichermaßen. Dazu liefert das Material der
änderung von Gesellschaft, Politik und Wirtschaft zu- Umweltbewusstseinsstudie in der vorliegenden
gunsten einer höheren Umweltorientierung und mehr Broschüre und in weiteren Publikationen zahlreiche
Nachhaltigkeit, wird inzwischen mehrheitlich zuge- Ansätze und Vorschläge.
stimmt. Dies belegen die Antworten auf vielfältige
Handlungsbedarfe etwa in den Feldern Ernährung und
Landwirtschaft, Mobilität und Verkehr. Beispielswei-
se sprechen sich 90 Prozent der Befragten für regionale
Wertschöpfungsketten bei der Lebensmittelproduktion
aus. Ähnlich viele wünschen sich einen kostengünsti-
geren öffentlichen Nahverkehr, und ein Tempolimit auf
Autobahnen wird von zwei Dritteln befürwortet.

Deutlich werden in diesem Zusammenhang aber auch


Forderungen an politische und wirtschaftliche Akteure.
Hierbei zeigt sich, dass Vorbild und Orientierung offen-
bar einen hohen Stellenwert haben. So sprechen sich
91 Prozent der Befragten dafür aus, den wirtschaftli-
chen Strukturwandel zügig und gleichzeitig sozialver-
träglich voranzutreiben. Über 80 Prozent verlangen
einen Subventionsstopp für klimaschädliche Produk-
te. Auch auf die Frage, ob der Erhalt von Arbeitsplätzen
wichtiger sei als der Klimaschutz, antwortet etwas
mehr als die Hälfte, dass der Klimaschutz vorgeht. Zu-
gleich beklagt eine Mehrheit, dass nicht genug getan
werde. So sind etwa 80 Prozent der Auffassung, es wer-
de nicht genug für eine ökologischere Landwirtschaft
getan. Ebenso viele sprechen sich dafür aus, dass es
bessere Verkehrsangebote unabhängig vom Auto
12 Umweltbewusstsein in Deutschland 2020

Wie erhoben wurde. Das Wichtigste zusammengefasst.

Hintergrund der Studie Stichprobe

Die Umweltbewusstseinsstudie wird bereits seit 1996 Insgesamt wurden 2.115 Personen ab 14 Jahren be-
regelmäßig alle zwei Jahre im Auftrag des Bundes- fragt. Die Personen wurden zufällig aus einem bei infas
umweltministeriums und des Umweltbundesamtes vorhandenen Ad-hoc-Panel ausgewählt. Die poten-
(UBA) durchgeführt. Diese Broschüre gibt einen ziellen Befragten wurden je nach Wunsch per E-Mail,
Überblick über die Befragung im Jahr 2020 durch das Brief oder telefonisch zur Studienteilnahme eingela-
Institut für angewandte Sozialwissenschaft (infas) und den. Damit möglichst viele der ausgewählten Befrag-
das ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung. ten tatsächlich an der Erhebung teilnehmen würden,
Das Schwerpunktthema dieser Ausgabe sind der erhielten sie zweimal eine freundliche Erinnerung.
Klimaschutz und die sozial-ökologische Trans-
formation.
Gewichtung

Befragungszeitraum Die Daten wurden in einem


der Hauptstudie mehrstufigen Verfahren
gewichtet. Das Ziel
1. November bis einer Gewichtung be-
8. Dezember 2020 steht darin, mögliche
Verzerrungen des
gewählten Stichpro-
Befragungsmethode benansatzes auszuglei-
chen und dabei die re-
Mit einer qualitativen Vorstudie wurden Anfang 2020 alisierte Stichprobe an die
ausgewählte Aspekte des Schwerpunktthemas Struktur der Grundgesamtheit, hier die
untersucht. Die Ergebnisse flossen in die Gestaltung Bevölkerung in Deutschland ab 14 Jahren, anzupassen.
des Fragebogens für die Hauptstudie ein, der anschlie- Hierfür wurden soziodemografische und weitere ex-
ßend mithilfe von 113 Befragten getestet und über- terne Merkmale verwendet, zum Beispiel Miete/
prüft wurde. Eigentum und Carsharing-Mitgliedschaft. Die Ergeb-
nisse der Studie sind somit repräsentativ für die Bevöl-
Die Haupterhebung fand ebenso wie die vorgelagerte kerung in Deutschland.
Testung des Fragebogens als Onlinebefragung statt.
Die Teilnehmenden erhielten einen persönlichen Zu-
gangscode und konnten sich mit diesem zu der jewei- Auswertungen
ligen Befragung im Internet zuschalten. Die Interviews
dauerten etwa 35 Minuten. Die Befragten erhielten für In den Analysen wurden verschiedene statistische Ver-
ihre Teilnahme keine Vergütung. fahren eingesetzt. Diese werden in der vorliegenden
Broschüre zugunsten der Inhalte nur
Aufgrund des hohen Befragungsumfangs wurden knapp skizziert. Eine
neben der Hauptbefragung drei telefonische ausführliche me-
Zusatzbefragungen zu speziellen Themen mit jeweils thodische Be-
1.000 Befragten durchgeführt. Ergebnisse der schreibung
Zusatzbefragung zum Thema „wirtschaftlicher erfolgt im ge-
Strukturwandel“ werden in Kapitel 7.3 dargestellt. trennten wis-
Die methodische Beschreibung erfolgt getrennt im senschaftli-
wissenschaftlichen Bericht. chen Bericht.
Umweltbewusstsein in Deutschland 2020 13

1.2 English Summary provement“. One exception is the assessment of the en-
vironmental associations. They are already confirmed
In 2021, the Environmental Awareness Study will has by 68 percent of respondents to be doing enough for
been in existence for 25 years. Started in 1996, it pro- environmental protection and climate action.
vides a wide range of insights into the awareness, atti-
tudes and behaviour of the population with regard to The state of the environment is of particular concern
environmental issues. when looking beyond national borders. Only 11 percent
of the respondents rate the global environmental quality
For this edition of the study, more than 2,000 citizens as “very good” or “rather good”. This assessment is con-
aged 14 and over were interviewed in an online survey siderably more positive in relation to Germany (60 per-
at the end of 2020. The current focus topic deals with cent). The assessment is even more favourable when
attitudes towards climate change and climate action looking at one‘s own front door. A majority of 73 percent
and possible social change. of the people in their own town or municipality say that
the quality of the environment is good or very good.
Nevertheless – and a look at the long time series of this
Environmental protection and climate action question shows this – concern has grown in the course
enjoy high priority of the past years. In particular, more and more respond-
ents have been critical of the environmental quality in
The time before and during the current survey was Germany and in their own municipality since 2018.
strongly influenced by the Corona pandemic. Never-
theless, the issue of environmental protection and cli- Accordingly, awareness of the damaging influence of
mate action has not lost any of its importance. As in environmental pollution and pollutants on one‘s own
previous years, two-thirds of the respondents rate this person has grown over the last 20 years. No less than
topic as “very important”. Only the “state of the edu- 38 percent feel “very strongly” or “strongly” affected by
cation system” and the “state of the health system” are this. In contrast, 56 percent feel “rather little” and 7 per-
currently considered to be slightly more important. cent “not at all” burdened by environmental pollution.
Other topics such as “crime and public safety” or In the 2000 survey, on the other hand, three quarters of
“unemployment” rank well behind. the citizens felt that their health was affected “rather
little” or “not at all”.
This high priority is confirmed by responses to the ex-
plicit question about the importance of climate action
in the shadow of the Corona crisis. Here, 70 percent of Climate change has become a fact of life
the respondents state that the issue is “still just as im-
portant”. 16 percent are even of the opinion that cli- When it comes to interest in climate change and cli-
mate action has “become more important”. This means mate action, the picture is as follows: around a quarter
that the majority is convinced that climate action is an of respondents are only “somewhat” or “not at all” in-
urgent challenge. terested in these issues, while just under half (47 per-
cent) are “fairly” interested and 25 percent are even
“very” interested. The answers to the question of how
In the opinion of citizens, too little is being done well informed one feels about the topics also point in
for climate action both directions. Thus, 60 percent perceive themselves
as “well” or “very well” informed, while 40 percent feel
In the eyes of the population, however, the great im- only “somewhat” or “not at all” informed.
portance attached to environmental protection and cli-
mate action is not reflected in corresponding activities. However, there is broad agreement on whether climate
The respondents attest this to the federal government, change is primarily caused by human activity or by nat-
the cities and municipalities, the economy, but also to ural processes. Thus, 14 percent say that climate change
themselves. While only 16 percent of the respon- is solely man-made and 63 percent say that it is mainly
dents state that industry and business are doing man-made. Furthermore, 19 percent of the respond-
enough, only a quarter of the federal government and ents see the responsibility in roughly equal parts on the
a good third of the cities and municipalities find this part of humans and natural processes. Only 4 percent
to be the case. Only one fifth think that citizens are al- see mainly natural processes at work. Only 1 percent
ready doing enough for environmental protection and of the respondents can be counted among the climate
climate action. So there is still a lot of „room for im- change deniers.
14 Umweltbewusstsein in Deutschland 2020

Climate change is perceived by the majority as a threat. Individual efforts to protect the environment
Nearly 80 percent of those surveyed see its consequenc- seem to reach their limits
es as a threat to the basis of life in Germany. At the
same time, over 90 percent say that “urgent measures The depicted uncertainty also affects action. The envi-
must be taken to adapt to the consequences”. Only ronmental awareness study shows a gap between en-
11 percent see no reason to slow down climate change. vironmental attitudes and individual environmen-
tal behaviour across all years. For this purpose, various
statements were summarised into characteristic val-
Broad consensus in general, but also need for ues in the evaluation. On a scale of 0 to 10, these scores
support express the level reached in each case. Environmen-
tal behaviour has an average value of 5, whereas envi-
According to their own statements, environmental ronmental and climate attitudes have values between
protection, nature conservation and climate action are 7 and 8. This gap is evident among young and old, for-
necessary for broad sections of the population to en- mally highly educated or less educated, women and
sure a high quality of life for all. In this context, the re- men, wealthy or less wealthy. The awareness-behaviour
spondents demand that those responsible in Germany gap thus affects all socio-economic groups almost
set an example. Four-fifths see it as Germany‘s duty to equally. At least it has not widened further in recent
lead the way in climate action, call for more ambitious years.
climate targets and assume that this will also create
competitive advantages. There is somewhat less agree- This is evidenced by a look at the CO2 footprints of dif-
ment on the measures to be applied. In particular, those ferent population groups, which was determined for
that are associated with directly higher costs for citi- the respondents in a concise form. The observable val-
zens are approved of somewhat less than, for example, ues are far removed from the globally discussed goal of
the promotion of ecological technologies. limiting total CO2 emissions per person and year to less
than one tonne. They are currently already around six
Despite this small restriction, many of the measures tonnes just for food, mobility and housing. Even moti-
named in the study achieve great approval. Likewise, vated groups apparently find it difficult to reduce their
almost all of the points listed not only show a strong CO2 emissions (further). Individual efforts seem to have
willingness to support them, but most also call for reached their limits.
more to be done. This was clearly evident, for example,
in relation to the reduction of packaging waste and
more sustainable agriculture, as well as with regard to Environmental awareness types as a new
bicycle-friendly mobility. approach

At the same time, however, a certain excessive de- Despite these structural similarities, different attitudes
mand can be seen, especially in the area of climate ac- and behaviour patterns can be identified. For this pur-
tion. Thus, 44 percent of the respondents state that they pose, six “environmental awareness types” were formed
“personally often lack the possibilities” to do some- in the environmental awareness study. These identified
thing for climate action. In addition, almost one fifth groups range from the Rejectors, with a share of 8 per-
are convinced that they “cannot also take care of cli- cent of the population, to the Consequentialists, who
mate action”. This makes it clear that it is important for comprise 14 percent. In between are the Sceptics
many citizens to receive supportive offers and to im- with 18 percent, the Undecided with 22 percent, the
prove the social framework conditions for a climate- Open-minded with 25 percent and the Oriented with
conscious change of life. 13 percent. Whereas the Rejectors see little need for
change, the Consequentialists, according to their own
information, are already acting in accordance with
their comparatively strong environmental awareness.
The four other groups are positioned within this range.
They differ in various combinations of attitudes, be-
haviour and willingness to change.

If these six types of environmental awareness are


roughly divided into two halves, the result is a relative-
ly evenly balanced distribution of the population. One
Umweltbewusstsein in Deutschland 2020 15

half includes the Rejectors, the Sceptics and the Almost all social groups need more education,
Undecideds, who see fewer environmental problems or positive incentives and greater behavioural safety
are less willing to change than the other half. This half
gathers the Oriented, the Open-minded and the Con- The findings presented here lead to important conclu-
sistent. If both halves are considered in terms of their sions. On the one hand, the results show a pronounced
composition according to socio-economic characteris- environmental awareness and the feeling that more
tics, they differ in some details, such as education and needs to be done for climate action. Thus, many meas-
income level, age groups or gender, but less in gener- ures already meet with broad approval. On the other
al breadth. Thus, high and low environmental and ac- hand, the results show uncertainty and sometimes also
tion orientations can be found to a greater or lesser ex- excessive demands in clarifying what an effective per-
tent in all social groups. This suggests that individual sonal contribution can be and how it is to be made.
preferences play an important role in environmental Nevertheless, a large group of respondents is to a cer-
awareness. tain extent on the threshold of more environmentally
oriented behaviour. In order to “pick up” this individ-
ual willingness better than before, those responsible at
Many citizens are open to change, but also all levels should ensure better framework conditions,
demand it from politics and business create transparency, explain more and set more posi-
tive incentives. Politicians, civil society and every indi-
The majority of people now agree with the socio-eco- vidual citizen are all called upon to do their part. The
logical transformation, that means the change of socie- material of the environmental awareness study in this
ty, politics and the economy in favour of a higher envi- brochure and in other publications provides numerous
ronmental orientation and more sustainability. This is approaches and suggestions.
evidenced by the responses to various needs for ac-
tion, for example in the fields of food and agriculture,
mobility and transport. For example, 96 percent of re-
spondents are in favour of regional value chains in food
production. A similar number would like to see more
cost-effective public transport, and even a speed limit
on motor-ways is supported by two-thirds.

However, demands on political and economic ac-


tors also become clear in this context. Here it becomes
clear that role models and orientation are obviously of
great importance. Thus, 91 percent of the respondents
are in favour of pushing ahead with economic struc-
tural change quickly and at the same time in a social-
ly acceptable manner. Over 80 percent demand a subsi-
dy freeze for climate-damaging products. When asked
whether preserving jobs is more important than pro-
tecting the climate, more than half said that climate
action comes first. At the same time, a majority com-
plains that not enough is being done. About 80 percent
believe that not enough is being done to make
agriculture more ecological. Just as many are in favour
of better transport services independent of the car and
of reducing the pollution caused by air pollutants and
particulate matter.
16 Umweltbewusstsein in Deutschland 2020

How the survey was conducted. The most important in brief.

Background to the study Sample

The Environmental Awareness Study has been A total of 2,115 people aged 14 and over were inter-
conducted regularly every two years since 1996 on viewed. The persons were randomly selected from an
behalf of the Federal Environment Ministry and the ad hoc panel available at infas. The potential respon-
Federal Environment Agency (UBA). This brochure dents were invited to participate in the study by
provides an overview of the 2020 survey by the e-mail, letter or telephone, depending on their wishes.
Institute for Applied Social Science (infas) and the To ensure that as many of the selected respondents as
ISOE – Institute for Social-Ecological Research. The possible would actually take part in the survey, they
focus of this issue is climate action and the socio- received two friendly reminders.
ecological transformation.

Weighting
Survey period of the
main study The data were weighted in a
multi-stage procedure. The
1 November until aim of weighting is to
8 December 2020 compensate for possi-
ble distortions of the
chosen sampling ap-
Survey method proach and thereby to
adapt the realised sam-
A qualitative preliminary study was conducted at the ple to the structure of the
beginning of 2020 to investigate selected aspects of population, here the pop-
the main topic. The results were incorporated into the ulation in Germany aged 14 and over.
design of the questionnaire for the main study, which For this purpose, socio-demographic and other exter-
was then tested and verified with the help of 113 re- nal characteristics were used, for example rent / own-
spondents. ership and car sharing membership. The results of the
study are thus representative of the population
The main survey, like the upstream testing of the in Germany.
questionnaire, took place as an online survey. The par-
ticipants received a personal access code and could
use this to connect to the respective interview on the Analyses
internet. The interviews lasted about 35 minutes. The
respondents did not receive any remuneration for their Various statistical methods were used in the analy-
participation. ses. These are only briefly
outlined in this bro-
Due to the large, current scope of the survey, three ad- chure for the ben-
ditional telephone surveys on special topics were con- efit of the con-
ducted with 1,000 respondents each, in addition to the tent. A detailed
main survey. Results of the additional survey on the methodologi-
topic of “economic structural change” are presented cal description
in chapter 7.3. The methodological description is given is given in the
separately in the scientific report. separate scien-
tific report.
Umweltbewusstsein in Deutschland 2020 17

2. Die Umweltbewusstseinsstudie im
Jahr 2020 – Bewährtes und Neues

ist der Klimaschutz während der


70 %
Corona-Krise weiterhin genauso wichtig.

16 % ist der Klimaschutz während der


Corona-Krise wichtiger geworden.

ist der Klimaschutz während der


8%
Corona-Krise unwichtiger geworden.

5% ist der Klimaschutz während der


Corona-Krise weiterhin nicht so wichtig.
18 Umweltbewusstsein in Deutschland 2020

Die Umweltbewusstseinsstudie 2020 fand ohne Zwei- punkt Klimaschutz und sozial-ökologische Trans-
fel unter ganz besonderen Voraussetzungen statt. Seit formation Themen aufgegriffen, die aktueller und
März 2020 bestimmte die Corona-Pandemie nicht nur dringlicher nicht sein könnten.
den Alltag der Menschen, sondern sie war auch das
Top-Thema in allen Medien. Andere globale Themen Der Weltklimarat (IPCC) warnt aktuell vor irreversiblen
wie etwa die Folgen des Klimawandels rückten in den Folgen, wenn die Erderwärmung über 1,5 Grad steigt.
Hintergrund. Zum Zeitpunkt der Erhebung im Novem- „Wir müssen unsere Lebensweise und unseren Konsum
ber/Dezember 2020 gab knapp die Hälfte der Befragten neu definieren“, heißt es in dem umfassenden Bericht.
an, in ihrer persönlichen Lebenssituation negativ von Die politischen und gesellschaftlichen Weichen so zu
der Corona-Pandemie betroffen zu sein. Aber die stellen, dass gegenwärtige und nachfolgende Genera-
Ergebnisse der Studie zeigen auch: Trotz der großen tionen weiterhin gut auf unserem Planeten leben kön-
gesellschaftlichen Herausforderungen durch eine nen – genau das ist das Ziel einer sozial-ökologischen
Pandemie ist die Bedeutung des Umwelt- und Klima- Transformation. Ernst gemeinter Klimaschutz und die
schutzes keinesfalls aus den Köpfen der Menschen damit einhergehende Transformation würden einen
verschwunden. grundlegenden Umbau der Produktionsweisen und der
Konsummuster erforderlich machen. Doch was genau
Für 70 Prozent der Befragten ist Klimaschutz weiter- erwarten die Menschen von der Politik, von der Wirt-
hin genauso wichtig wie vor der Pandemie, 16 Prozent schaft, aber auch von sich selbst? Welche Maßnahmen
empfinden ihn inzwischen sogar als noch wichtiger. In sind sie bereit mitzutragen? Das sind nur zwei der
dieser Einschätzung sind sich Menschen unterschied- Fragen, mit denen sich dieser Bericht auseinandersetzt.
lichen Geschlechts, Alters und Bildungshintergrunds
nahezu einig. Viele Bürgerinnen und Bürger blicken
aufgrund der düsteren Prognosen der Wissenschaft
sorgenvoll in die Zukunft. Auch hierzulande sind
Folgen des Klimawandels wie extreme Hitze, Dürre
und Starkregen immer öfter zu spüren. Die Umwelt-
bewusstseinsstudie 2020 hat daher mit ihrem Schwer-

Abbildung 1: Wahrnehmung der Bedeutung des Klimaschutzes

Frage: Noch einmal zurück zur Corona-Krise der letzten Wochen und Monate. Wie haben diese Ereignisse die
Bedeutung des Klimaschutzes für Sie persönlich verändert?

70 % weiterhin genauso wichtig

16 % wichtiger geworden

5 % weiterhin nicht so wichtig

8 % unwichtiger geworden

1 % kann ich nicht sagen

Repräsentativerhebung bei 2.115 Befragten, Bevölkerung ab 14 Jahren,


Angaben in Prozent
Umweltbewusstsein in Deutschland 2020 19

Abbildung 2: Selbsteinschätzung zum Umweltbewusstsein

Frage: Was würden Sie über sich sagen: Wie umweltbewusst sind Sie?
Skala von 1 für gar nicht umweltbewusst bis 6 für sehr umweltbewusst

3 14 40 32 11
Gesamt

Alter 1 16 51 29 2
14 bis 29 Jahre

1 30 31 26 13
30 bis 39 Jahre

12 8 43 35 10
40 bis 49 Jahre

4 9 38 35 14
50 bis 59 Jahre

3 17 32 33 16
60 bis 69 Jahre

4 8 43 32 14
70 Jahre und älter

0% 50 % 75 % 100 %

1 = gar nicht umweltbewusst 2 3 4 5 6 = sehr umweltbewusst

Repräsentativerhebung bei 2.115 Befragten, Bevölkerung ab 14 Jahren,


Angaben in Prozent, Rundungsdifferenzen

Neben dem Schwerpunktthema, dem sich die Kapitel Erstaunlicherweise fällt dieser Wert bei den 14- bis
6 und 7 widmen, ist ein Bündel gleichbleibender Fra- 29-Jährigen zehn Prozentpunkte niedriger aus als in
gen fester Bestandteil der bereits seit 25 Jahren beste- den anderen Altersgruppen. Eine durchaus plausible
henden Umweltbewusstseinsstudie. Diese „Zeitreihen“ These wäre, dass junge Menschen wegen ihres Alters
zeigen, wie sich der Stellenwert des Umwelt- und Kli- und ihres sozialen Umfeldes die Dringlichkeit des Kli-
maschutzes im Vergleich zu anderen Themen in den maschutzes stärker spüren, gleichzeitig aber Wider-
letzten Jahren geändert oder sich die Wahrnehmung sprüche in ihrem eigenen Handeln kritischer reflek-
der Umweltqualität seit dem Jahr 2000 entwickelt hat tieren, als es andere Generationen tun. Die eigenen
(siehe Kapitel 4). Denn seit der ersten Ausgabe der Um- Maßstäbe dieser jungen Generation an andere, aber
weltbewusstseinsstudie im Jahr 1996 ist es ihre zentra- auch an sich selbst, sind vermutlich auch durch die
le Aufgabe, die umweltbezogenen Einstellungen und in dieser Altersgruppe besonders starke Klimabewe-
Handlungsmuster der Bevölkerung zu beschreiben und gung geprägt, die seit 2018 durch den symbolträchtigen
gleichzeitig Potenziale für zukünftige nachhaltige Ent- „Schulstreik fürs Klima“ von Greta Thunberg noch ein-
wicklungen aufzuzeigen. Dafür wurden in der aktu- mal stärker in den Vordergrund gerückt ist. Auch auf
ellen Erhebung 2.115 Bürgerinnen und Bürger ab 14 den großen Bühnen, bei Treffen mit Staats- und
Jahren online befragt. Ein Ergebnis sei bereits vorweg- Regierungschefs sowie in den Medien verschaffen sich
genommen: 43 Prozent der Befragten schätzen sich immer mehr junge Klimaschützerinnen und Klima-
selbst als relativ oder sehr umweltbewusst ein. schützer Gehör. Vielleicht spiegelt gerade dieser ambi-
valente Befund besonders gut wider, wie vielschichtig
das Konzept des eigenen Umweltbewusstseins ist, das
nämlich nicht nur die Einstellungen, sondern auch das
Verhalten der Menschen mit einschließen kann.
20 Umweltbewusstsein in Deutschland 2020

Beide Ebenen können Hand in Hand gehen, sich aber quent und zügig umzusetzen und Treibhausgase radi-
auch ausdrücklich gegenüberstehen. Anders gesagt, die kal zu verringern. Das fordern Klimaschützerinnen und
Sympathie für grüne Themen alleine schmälert nicht Klimaschützer aller Welt eindringlich. Deshalb werden
den CO2-Fußabdruck. Ob und wie man Umweltbe- die Ergebnisse der aktuellen Auswertung abschließend
wusstsein bei anderen, aber auch bei sich selbst wahr- noch einmal vor dem Hintergrund der Klimakrise
nimmt, hat viel mit dem sozialen Kontext zu tun, in diskutiert – vor allem in Bezug auf mögliche Maßnah-
dem man sich bewegt. men der Umweltkommunikation. Viele der folgenden
Themen, Methoden und Erkenntnisse sind darüber hi-
Um das Konzept des Umweltbewusstseins greifbarer naus Gegenstand eines wissenschaftlichen Vertiefungs-
und zugleich messbarer zu machen, wurden in der Stu- berichts, der weiterführende Informationen und Aus-
dienausgabe 2018 die drei Kenngrößen „Umweltaffekt“, wertungen zur Umweltbewusstseinsstudie 2020
„Umweltkognition“ und „Umweltverhalten“ eingeführt, enthält.
die auch in der aktuellen Ausgabe 2020 wieder berech-
net wurden (siehe Kapitel 4.3). So können emotionale
und sachliche Bewertungen gegenüber Umweltthemen
von der Handlungsebene unterschieden werden. Mit
der Wahl des Schwerpunktthemas Klimaschutz und
sozial-ökologische Transformation ergaben sich zwei
weitere zentrale Fragen: Unterscheiden sich Einstellun-
gen zum Umweltschutz von Einstellungen zum
Klimaschutz? Und wie steht es um die Veränderungs-
bereitschaft der Bevölkerung? Ist sie bereit, selbst zu
den erforderlichen Veränderungen beizutragen? Um
diese und weitere Fragen besser beantworten zu kön-
nen, wurden die zwei neuen Kenngrößen „Einstellun-
gen zum Klimaschutz“ und „Veränderungsbereitschaft“
berechnet (siehe Kapitel 5.1).

Um gesellschaftliche Gruppen in ihren Einstellungen


zum Umwelt- und Klimaschutz sowie in ihrem Verhal-
ten auch abseits von sozialen Milieus beschreiben zu
können, wurde schließlich das Konzept der Umwelt-
bewusstseinstypen entwickelt. Dieses umfasst sechs
Gruppen, die sich in ihren Einstellungen zum Umwelt-
und Klimaschutz, in ihrer Veränderungsbereitschaft
und in ihrem Verhalten voneinander unterscheiden
(siehe Kapitel 5.2). Die Umweltbewusstseinstypen wer-
den in der Analyse des Schwerpunktthemas aufgegrif-
fen und sind Ausgangspunkt für weiterführende Emp-
fehlungen. Wie bereits die vergangenen Studien zeigen
auch die Ergebnisse der diesjährigen Befragung, dass
es aktuell noch zu viele Hemmnisse und widersprüch-
liche Anforderungen an Bürgerinnen und Bürger gibt,
die einer Übersetzung von Bewusstsein zu Verhalten
entgegenstehen. Daher beschäftigt sich Kapitel 8 auch
damit, welche Potenziale es bereits gibt und welche
Rahmenbedingungen in Zukunft noch geschaffen wer-
den müssen, um das Umweltverhalten zu stärken.

Dass Regierungen, die unter großem Druck stehen,


schnell radikale Maßnahmen zum Schutz ihrer Bevöl-
kerungen treffen können, hat die Corona-Pandemie
gezeigt. Angesichts einer drohenden globalen Klima-
katastrophe gilt es, den Klimaschutz ebenso konse-
Umweltbewusstsein in Deutschland 2020 21

3. Umweltbewusstsein in der
Wissenschaft – individuelle
Verantwortung und die „Verhältnisse“

Bereitschaft
Einsicht

Handlungsmöglichkeiten !!!!!

Einstellungen

Verhalten

Gefühle

Veränderung
Bewusstsein
22 Umweltbewusstsein in Deutschland 2020

Was ist überhaupt Umweltbewusstsein? Umgangs- Umweltbewusstsein, Klimabewusstsein,


sprachlich bietet dieser Begriff viele Anknüpfungs- Veränderungsbereitschaft
punkte. Das kann Vor- und Nachteil zugleich sein. Ein
Vorteil ist, dass der Begriff nur selten hinterfragt und Diese Definition mit ihren vorteilhaften Spielräumen
vermutlich unmittelbar verstanden wird. Ein Nachteil wird im wissenschaftlichen Diskurs in die eine oder an-
besteht in eben dieser Ungenauigkeit. Und selbst dere Richtung ausgestaltet, jedoch kaum entscheidend
in wissenschaftlichen Zusammenhängen wird der hinterfragt. Sie bildet auch in dieser Studienreihe die
Begriff durchaus unterschiedlich beschrieben und Grundlage für das Verständnis von Umweltbewusst-
interpretiert. sein. Darüber hinaus wurde versucht, die Definition
stärker zu konkretisieren und das Umweltbewusstsein
Im aktuellen Rückblick auf 25 Jahre Umweltbewusst- empirisch besser messbar zu machen. Dazu wurden
seinsforschung (UBA 2021, Seite 6) wird auf eine Defini- die drei Dimensionen der sachlichen sowie emotiona-
tion des Sachverständigenrats für Umweltfragen (SRU) len Bewertung und das Handeln herangezogen, die seit
aus dem Jahr 1978 zurückgegriffen: Demnach sei Um- der Umweltbewusstseinsstudie 2018 als kognitives Um-
weltbewusstsein die „Einsicht in die Gefährdung der weltbewusstsein, affektives Umweltbewusstsein und
natürlichen Lebensgrundlagen des Menschen durch Umweltverhalten gemessen werden (siehe Kapitel 4.3).
diesen selbst, verbunden mit der Bereitschaft zur Ab-
hilfe“ (SRU 1982, Seite 445). Diese Definition wirkt auf Die diesjährige Befragung konzentriert sich nicht nur
den ersten Blick etwas abstrakt, doch sie enthält zwei auf das Umweltbewusstsein, sondern auch auf das
Kernbotschaften: Erstens wird vorausgesetzt, dass die Schwerpunktthema Klimaschutz und sozial-ökologi-
natürlichen Lebensgrundlagen durch menschliches sche Transformation. Beide Aspekte gehören mehr und
Handeln gefährdet seien. Zweitens wird diese Einsicht mehr zum Komplex des Umweltbewusstseins dazu und
mit der Handlungsbereitschaft verbunden, diesen Pro- reihen sich als solche gut in die bisherigen Betrachtun-
zess zu mildern oder zu stoppen. gen ein. Sie bieten aber auch deutliche Erweiterungen:
erstens durch den eigenständigen Blick auf das Klima-
bewusstsein und zweitens durch die sogenannte Verän-
derungsbereitschaft, also die Bereitschaft, mit seinem
alltäglichen Handeln noch mehr zum Klimaschutz
beizutragen (im Überblick siehe dazu etwa Luks 2018).

Wissenschaftliche Hintergründe

Umweltbewusstsein, Klimabewusstsein und Veränderungsbereitschaft unterliegen der Beziehung aus Einstellun-


gen, Wissen, Einsichten und Verhalten. Die englischsprachige Debatte hat hierfür die eingängige ABC-Formel ge-
funden – attitude, behaviour and choice (siehe einen guten Überblick in Shove 2010). Abgebildet werden Einstel-
lungen (A), Verhalten (B) und Handlungsmöglichkeiten (C). Damit stellt die Formel eine Verknüpfung her zwischen
der individuellen Ebene und dem sozialen Handlungskontext und geht somit einen Schritt weiter als der bereits
beschriebene Dreiklang aus Wahrnehmung, Emotion und Verhalten.

Um die Handlungsmöglichkeiten aus dem ABC-Schema etwas genauer unter die Lupe zu nehmen, kann der be-
schriebene Zugang durch Ansätze aus der Praxistheorie erweitert werden (siehe im Überblick Reckwitz 2003). Kurz
formuliert, wird hierbei nach den Handlungsspielräumen ausgehend von sozialen Vorprägungen und dem gesell-
schaftlichen Kontext gefragt. In welchen Routinen sind wir verhaftet? Inwieweit bestimmen die Routinen unse-
re Einstellungen und unser Verhalten? Was hindert uns daran, trotz des Wissens und guter Einsichten auch immer
entsprechend zu handeln?
Umweltbewusstsein in Deutschland 2020 23

Und auch die „Verhältnisse“ Eine Möglichkeit, diese Fragen mit einem neuen Im-
puls zu betrachten, bieten die in Kapitel 2 bereits kurz
Trotz der beschriebenen Erweiterungen bleibt es die erwähnten „Umweltbewusstseinstypen“. Sie umfas-
Hauptaufgabe der Studie, das Umweltbewusstsein über sen sechs verschiedene Bevölkerungsgruppen, die be-
die Zeit zuverlässig zu messen und empirisch zu be- wusst ausschließlich entlang der vier Dimensionen
schreiben. Wächst oder sinkt das Umweltbewusstsein? Einstellungen zum Umweltschutz, Einstellungen zum
In der Wahrnehmung oder in den emotionalen Aspek- Klimaschutz, eigenes Verhalten und Veränderungsbe-
ten? Was sind die Gründe dafür? Verändern sich die ge- reitschaft definiert wurden. So können die Umwelt-
sellschaftlichen Erwartungen? Inwieweit zeigen sich bewusstseinstypen selbst wiederum mit soziodemo-
Verhaltensänderungen? Wie können diese unterstützt grafischen Merkmalen gekreuzt werden. Wie Kapitel 5
werden? Spätestens mit der letzten Frage wird die in erläutert, sind alle sechs Umweltbewusstseinstypen in
der Kapitelüberschrift angedeutete Verknüpfung von allen alters-, bildungs- oder sozioökonomisch definier-
individueller Verantwortung und den Verhältnissen ten gesellschaftlichen Gruppen vertreten. Zwar unter-
angesprochen. Führen mehr Wissen und umweltbe- scheidet sich das Ausmaß der jeweiligen Anteile, ins-
wusste Einstellungen früher oder später zu einem ver- gesamt aber muss diese Vielfalt bei der Ableitung von
änderten Verhalten? So kann es sinnvoll sein, nicht auf Schlussfolgerungen berücksichtigt werden. Die Rück-
die letzte positive Einstellung in allen Bevölkerungs- besinnung auf den theoretischen Rahmen soll dabei
gruppen zu warten, sondern zunächst auf diejenigen unterstützen.
zu setzen, die bereits zu den „Einsichtigen“ zählen. Sie
können zu Vorbildern werden, indem ihre Gewinne
an Lebensqualität hervorgehoben werden. Gleichzei-
tig können offengelegte Routinen und damit verbun-
dene, mögliche individuelle Abhängigkeiten neue Per-
spektiven und Ausgangspunkte für die Transformation
eröffnen.
24 Umweltbewusstsein in Deutschland 2020

4. Umweltbewusstsein und Umwelt-


verhalten im Zeitverlauf – welche
Veränderungen werden sichtbar?

73 % beurteilen die Umweltqualität in


ihrer Stadt oder Gemeinde als gut.

beurteilen die Umweltqualität


11 %
weltweit als gut.
!!!!!

finden die Umweltqualität in


60 %
Deutschland gut.
Umweltbewusstsein in Deutschland 2020 25

Im April 2021 wurde die Publikation „25 Jahre Umwelt- grund. Angesichts der wirtschaftlichen Folgen der
bewusstseinsforschung im Umweltressort“ veröffent- Corona-Krise ist das wenig überraschend. Die wirt-
licht. Sie spannt den Bogen von den Anfängen der Um- schaftliche Bewältigung der Pandemie wird vermutlich
weltbewusstseinsstudie im Jahr 1996 bis zur aktuellen auch langfristig eine dominierende Aufgabe bleiben.
Ausgabe 2020. Mit der Studie wird alle zwei Jahre das Dagegen verliert das Thema „Zuwanderung und Integ-
Umweltbewusstsein und -verhalten der Bevölkerung ration“ (35 Prozent) für die Befragten weiter an
erforscht. Sie bildet damit eine zuverlässige wissen- Bedeutung. Im Jahr 2016 lag es mit zwei Dritteln
schaftliche Grundlage für die Umweltpolitik und ist Zustimmung deutlich weiter vorne.
aufgrund der Beobachtung über einen so langen Zeit-
raum einzigartig im Bereich der Umweltforschung in
Deutschland. Mithilfe eines Bündels feststehender Fra- Weiterhin hohe Bedeutung von Umwelt- und
gen kann ermittelt werden, ob und wenn ja wie sich Klimaschutz – mit steigenden Erwartungen an
Umweltbewusstsein und -verhalten in der Bevölkerung die Politik
verändert haben. Im folgenden Kapitel werden die ak-
tuellen Ergebnisse im Zeitverlauf dargestellt. Zeigen Aus den Antworten lässt sich ablesen, wie die Befragten
sich besonders beachtenswerte Entwicklungen, so wer- aktuelle Entwicklungen oder Ereignisse einschätzen. Es
den zusätzlich einzelne Teilergebnisse noch einmal ge- zeigen sich aber auch längerfristige Trends und Stim-
nauer etwa nach Altersgruppen oder Wohnort im länd- mungen. So ist bei der Bildung wie auch beim Umwelt-
lichen oder städtischen Raum aufgeschlüsselt. und Klimaschutz nicht nur ein Corona-Effekt erkenn-
bar. Vielmehr sind diese Themen den Befragten bereits
seit 2018 immer wichtiger und dringlicher geworden.
4.1 Gesellschaftlicher Stellenwert des Gerade beim Umwelt- und Klimaschutz kann dies auch
Umwelt- und Klimaschutzes im Kontext einer politisch lauter werdenden, jungen
Generation gesehen werden, deren Engagement etwa
Umwelt- und Klimaschutz haben durch die Corona- in Bewegungen wie Fridays for Future dazu beiträgt,
Krise nicht an Bedeutung verloren. Hierin stimmt die dass die Themen gesellschaftlich diskutiert werden. So
Mehrheit der Bevölkerung in Deutschland überein. bestätigt ein Blick auf die verschiedenen Altersgrup-
Auch wenn die Corona-Pandemie die Klimakrise zu- pen, dass 72 Prozent der 14- bis 29-Jährigen Umwelt-
mindest vorübergehend von Platz eins der wichtigs- und Klimaschutz als sehr wichtig erachten. Bei den 40-
ten gesellschaftlichen Themen verdrängt hat, ist das bis 49-Jährigen sind es nur 54 Prozent. Ebenso zeigen
Bewusstsein für die Dringlichkeit von Umwelt- und sich unabhängig von den Altersgruppen ganz generell
Klimaschutz in vielen Köpfen fest verankert. Im Fol- Unterschiede im Antwortverhalten von Männern und
genden soll genauer betrachtet werden, welchen Stel- Frauen. Die befragten Frauen räumen dem Thema ei-
lenwert der Umwelt- und Klimaschutz in der Gesell- nen höheren Stellenwert ein. Während 71 Prozent der
schaft einnimmt und wie sich die Einstellungen dazu Frauen Umwelt- und Klimaschutz sehr wichtig finden,
im Laufe der Zeit entwickelt haben. sind es bei den Männern nur 59 Prozent.

Umwelt- und Klimaschutz wird in der Bevölkerung


weiterhin als gesellschaftliches Top-Thema wahrge-
nommen, was in Abbildung 3 gut sichtbar wird. Die
Bedeutung des Themas ist seit der letzten Befragung
(2019) nur leicht gesunken. Die Corona-Pandemie prägt
die aktuelle Themen-Landschaft deutlich. Sie hat die
Befragten besonders stark für den Zustand des Bil-
dungswesens und des Gesundheitssystems sensibili-
siert. Diese beiden Themen erachten jeweils etwa drei
Viertel der Befragten als sehr wichtig. Mit etwa zehn
Prozentpunkten Abstand folgen neben „Umwelt- und
Klimaschutz“ die Themen „soziale Gerechtigkeit“ und
„Verlauf und Folgen der Corona-Pandemie“ (nur 2020),
die für jeweils etwa zwei Drittel der Befragten sehr
wichtig sind. Ebenso rücken im Vergleich zu 2019 die
„wirtschaftliche Entwicklung“ (44 Prozent) und die
„Arbeitslosigkeit“ (43 Prozent) stärker in den Vorder-
26 Umweltbewusstsein in Deutschland 2020

Abbildung 3: Stellenwert des Umwelt- und Klimaschutzes

Frage: Auf der folgenden Liste finden Sie Themen, die unser Land heute beschäftigen (bzw. bis 2019: Probleme,
denen sich unser Land heute gegenübersieht). Bitte geben Sie jeweils an, wie wichtig oder unwichtig der genannte
Aspekt aus Ihrer Sicht ist (bzw. bis 2019: wie wichtig das genannte Problem ... ist).
Antwort: „sehr wichtig“

78
65
Zustand des Bildungswesens 69
57
73
56
Zustand des Gesundheitswesens 56
48
66
63
Soziale Gerechtigkeit 65
59
65
68
Umwelt- und Klimaschutz 64
53
62
Verlauf und Folgen der Corona-Pandemie

57
52
Kriminalität, öffentliche Sicherheit 52
59
48
52
Kriege, Terrorismus 50
70
44
33
Steuer- und Wirtschaftliche Entwicklung 32
33
44
Digitalisierung

43
32
Arbeitslosigkeit 30
35
37
Datenschutz

35
43
Zuwanderung, Integration 49
63

Entwicklung städtischer und 35


31
ländlicher Räume 31
20

0% 25 % 50 % 75 % 100 %

2020 2019 2018 2016

Repräsentativerhebungen bei rund 2.000 Befragten pro Jahr, Bevölkerung ab 14 Jahren,


Angaben für 2020: 2.115 Befragte ab 14 Jahren, Angaben in Prozent
Umweltbewusstsein in Deutschland 2020 27

Abbildung 4: Bewertung des Handelns verantwortlicher Akteurinnen und Akteure

Frage: Wird von den genannten Akteuren in Deutschland genug für den Umwelt- und Klimaschutz getan?

Antwort: Summe „genug“ und „eher genug“

Industrie/Industrie 2020 16
und Wirtschaft 2019 11
2018 8
2016 15
2014 14
2012 14
2020 26
Bundesregierung 2019 18
2018 14
2016 34
2014 34
2012 46
2020 21
Bürger-/innen
2019 27
2018 19
2016 36
2014 37
2012 51
2020 34
Städte/Gemeinden
2019 36
2018 24
2016 49
2014 47
2012 50

Umweltverbände 2020 68
2019 70
2018 71
2016 80
2014 75
2012 77

0% 25 % 50 % 75 % 100 %

Repräsentativerhebungen bei rund 2.000 Befragten pro Jahr, Bevölkerung ab 14 Jahren bzw.
ab 18 Jahren im Jahr 2012, Angaben für 2020: 2.115 Befragte ab 14 Jahren,
Angaben in Prozent

Doch wird auch genug für den Klima- und Umwelt- scheinigt, dass sie weiterhin vergleichsweise viel für
schutz getan? Seit 2008 werden die Befragten hier um den Umwelt- und Klimaschutz tun. Beim Engagement
ihre Einschätzung gebeten. In der Abbildung 4 werden der Städte und Gemeinden sehen die Befragten gegen-
die Ergebnisse für den Zeitraum von 2012 bis 2020 über 2019 kaum eine Veränderung, allerdings nehmen
dargestellt, aufgeschlüsselt nach verschiedenen sie die Bürgerinnen und Bürger als etwas weniger en-
Akteuren. gagiert wahr. Die Bundesregierung und die Wirtschaft/
Industrie setzen sich nach Ansicht der Befragten dage-
Zwischen 2012 und 2016 beurteilten die Befragten gen etwas mehr für den Umwelt- und Klimaschutz ein.
das Engagement der genannten Akteure relativ sta- Generell sind die Befragten überzeugt, dass fast alle ge-
bil. Im Jahr 2018 brachen die Werte dann deutlich ein nannten Institutionen, aber auch die Bürgerinnen und
und stiegen seitdem nur langsam wieder an. Allein Bürger selbst mehr für den Umwelt- und Klimaschutz
den Umweltverbänden wird 2020 mit 68 Prozent be- tun müssen. Und sie sind sich sicher, dass es immer
28 Umweltbewusstsein in Deutschland 2020

Abbildung 5: Berücksichtigung von Umwelt- und Klimaschutz in anderen Politikbereichen

Frage: Auch andere Politikbereiche können sich auf den Umwelt und Klimaschutz auswirken. Inwieweit sollen
Ihrer Meinung nach Umwelt- und Klimaschutz in den folgenden Bereichen berücksichtigt werden?

Antwort: Erfordernisse des Umwelt- und Klimaschutzes sollten in diesem Bereich eine übergeordnete
Bedeutung haben.

2020 70
Energiepolitik 2019 71
2018 72

2020 59
Landwirtschaftspolitik 2019 63
2018 68

2020 57
Städtebaupolitik/Stadt- und
Regionalplanung 2019 52
2018 54

2020 51
Verkehrspolitik 2019 56
2018 53

2020 46
Wirtschaftspolitik 2019 40
2018 34

2020 32
Bildungspolitik 2019 nicht erhoben
2018 nicht erhoben

2020 29
Außenpolitik 2019 32
2018 22

2020 28
Steuer- und Finanzpolitik 2019 25
2018 22

2020 27
Gesundheitspolitik 2019 nicht erhoben
2018 nicht erhoben

2020 18
Arbeitsmarktpolitik 2019 22
2018 18

2020 16
Sozialpolitik 2019 19
2018 18

0% 25 % 50 % 75 % 100 %

Repräsentativerhebungen bei rund 2.000 Befragten pro Jahr, Bevölkerung ab 14 Jahren,


Angaben für 2020: 2.115 Befragte ab 14 Jahren, Angaben in Prozent
Umweltbewusstsein in Deutschland 2020 29

wichtiger wird, entschieden zu handeln – so zumindest 4.2 Wahrnehmung von Umwelt-


ließe sich der seit 2012 abnehmende Trend beim wahr- qualität und Umweltbelastungen
genommenen Engagement zumindest auch interpre-
tieren.
Bereits seit 2000 werden die Befragten gebeten, die
Die Befragung fand vor der Entscheidung des Bundes- Umweltqualität in der eigenen Stadt oder Gemeinde,
verfassungsgerichts bezüglich einer notwendigen An- in Deutschland und weltweit zu beurteilen. In all den
passung des Klimaschutzgesetzes bis Ende 2022 statt. Jahren wird die Umweltqualität „vor Ort“ stets deutlich
Dieser Aufforderung kam die Bundesregierung im Mai höher bewertet als die Umweltqualität weltweit. Zu-
2021 nach. Interessant wird daher sein, wie die neu aus- dem wird seit 2006 in der eigenen Stadt oder Gemeinde
gegebenen Ziele nach der Bundestagswahl von der durchgängig eine höhere Umweltqualität wahrgenom-
neuen Bundesregierung umgesetzt werden und wie die men als in Deutschland insgesamt. So bezeichnen auch
Befragten dann in der nächsten Umweltbewusstseins- in der diesjährigen Befragung 73 Prozent der Befrag-
studie das Engagement der Politik bewerten werden. ten die lokale Umweltqualität als sehr gut oder gut, für
Deutschland liegt der Wert bei 60 Prozent. Er hat sich
seit 2018 nicht verändert, während die lokale Umwelt-
Welcher Politikbereich steht für den qualität subjektiv leicht abgenommen hat.
Umwelt- und Klimaschutz besonders in der
Verantwortung? Insgesamt fällt auf, dass sich die gefühlte Umweltqua-
lität in Deutschland zwischen 2016 und 2018 deutlich
Seit 2018 wird nicht mehr nur allgemein nach der Rol- verschlechtert hat. Diese Entwicklung könnte auf die
le des Umwelt- und Klimaschutzes gefragt. Ergänzend immer spürbarer werdenden Folgen des Klimawandels
wird beleuchtet, inwieweit Umwelt- und Klimaschutz wie Dürren, Stürme oder lokale Starkregenereignisse
in verschiedenen Politikbereichen berücksichtigt wer- zurückzuführen sein. Vermutlich werden die Menschen
den sollten. dadurch stärker für das Thema sensibilisiert. Der Hitze-
Sommer 2018, der besonders im Osten eine extreme
An erster Stelle wird hier die Energiepolitik genannt. Trockenheit mit sich brachte, veranschaulichte die Fol-
Mit stabilen Werten um die 70 Prozent ist sich die gen des Klimawandels besonders eindrücklich. Gleich-
überwiegende Mehrheit der Befragten einig, dass in zeitig starteten in dem Jahr verschiedene öffentlich-
diesem Politikbereich der Umwelt- und Klimaschutz keitswirksame Initiativen zur Klimabewegung – der
eine übergeordnete Bedeutung haben sollte. Ähnlich Rückgang der wahrgenommenen Umweltqualität er-
viele Befragte waren 2018 noch der Meinung, dass auch scheint vor diesem Hintergrund gut nachvollziehbar.
in der Landwirtschaftspolitik der Umwelt- und Klima-
schutz starke Beachtung finden sollte – nur zwei Jahre
später ist der Anteil um etwa zehn Prozentpunkte ge-
sunken. Anders verhält es sich bei der Wirtschafts-
politik: Hier ist ein wachsender Anteil an Befragten der
Meinung, dass Belange des Umwelt- und Klimaschut-
zes vorrangig berücksichtigt werden sollten. Dieses Er-
gebnis kann im Kontext der zunehmenden Diskussio-
nen um die Notwendigkeit eines staatlich geförderten
ökologischen Strukturwandels in der Wirtschaft gese-
hen werden, etwa im Zusammenhang mit dem Kohle-
ausstieg oder der Förderung von Elektromobilität.
Zudem nehmen Verbraucherinnen und Verbraucher
immer stärker selbst umweltfreundliche Trends in ver-
schiedenen Wirtschaftssektoren wahr, etwa bei nach-
haltiger Mode oder nachhaltigen Finanzprodukten. In
diesem Zusammenhang ist auch interessant, dass 2020
ein Diskurs darüber geführt wurde, wie umweltfreund-
lich Corona-Konjunkturpakete sein sollten. So könnte
jedenfalls der leichte Bedeutungszuwachs von Umwelt-
und Klimaschutz in der Steuer- und Finanzpolitik
erklärt werden.
30 Umweltbewusstsein in Deutschland 2020

Abbildung 6: Bewertung der Umweltqualität

Frage: Wie würden Sie die Umweltqualität jeweils beurteilen: in Ihrer Stadt bzw. Ihrer Gemeinde/in
Deutschland/weltweit?

Antwort: Summe aus „sehr gut“ und „eher gut“

Weltweit 11
2020 Deutschland 60
Stadt/Gemeinde 73

Weltweit 7
2019 Deutschland 60
Stadt/Gemeinde 76

Weltweit 8
2018 Deutschland 60
Stadt/Gemeinde 77
Weltweit 8
2016 Deutschland 75
Stadt/Gemeinde 85

Weltweit 7
2014 Deutschland 73
Stadt/Gemeinde 86

Weltweit 21
2012 Deutschland 69
Stadt/Gemeinde 84

Weltweit 18
2010 Deutschland 66
Stadt/Gemeinde 87
Weltweit 18
2008 Deutschland 64
Stadt/Gemeinde 85

Weltweit 9
2006 Deutschland 66
Stadt/Gemeinde 84

Weltweit 16
2004 Deutschland 82
Stadt/Gemeinde 86

Weltweit 20
2002 Deutschland 82
Stadt/Gemeinde 82

Weltweit 16
2000 Deutschland 75
Stadt/Gemeinde 79

0% 25 % 50 % 75 % 100 %

Repräsentativerhebungen bei rund 2.000 Befragten pro Jahr, Bevölkerung ab 14 Jahren bzw. ab 18 Jahren in den Jahren 2000,
2010 und 2012, Angaben für 2020: 2.115 Befragte ab 14 Jahren, Angaben in Prozent
Umweltbewusstsein in Deutschland 2020 31

Die gesundheitlichen Auswirkungen von Umweltver- Schaut man auf die Altersgruppen, so zeigt sich, dass
schmutzung und Umweltschadstoffen sind im Laufe sich die 60- bis 69-Jährigen vergleichsweise häufig
der Jahre immer stärker ins Bewusstsein der Men- durch Umweltverschmutzung und Umweltschadstof-
schen vorgedrungen. Dazu haben vermutlich auch fe gesundheitlich belastet fühlen (47 Prozent), während
öffentlich geführte Diskussionen, beispielsweise um dies Personen, die 70 Jahre und älter sind, deutlich we-
Diesel-Fahrverbote, beigetragen. Entsprechend neh- niger angeben (36 Prozent). Vermutlich ist dies auch
men immer mehr Befragte eine Belastung durch auf die eingeschränkte oder geringere Mobilität älterer
Umweltverschmutzung und Umweltschadstoffe wahr Menschen zurückzuführen, die dadurch beispielswei-
– der Wert stieg seit 2000 um 15 Prozentpunkte und se seltener dem Straßenverkehr ausgesetzt sind als die
liegt 2020 bei knapp 40 Prozent. Während vor 20 Jah- mobileren jüngeren Menschen.
ren noch knapp ein Viertel der Befragten angab, über-
haupt nicht durch Umweltfaktoren gesundheitlich Wie schon in den Jahren zuvor wird bei der Frage nach
belastet zu sein, sind es aktuell nur noch 7 Prozent. der Belästigung durch Lärm an erster Stelle der Stra-
Männer äußern sich dabei mit ihren Angaben in den ßenverkehrslärm genannt. Jede oder jeder fünfte Be-
oberen Ausprägungen der Antwortskala stärker be- fragte gibt an, sich äußerst oder stark gestört oder
troffen als Frauen (43 Prozent zu 32 Prozent), geben belästigt zu fühlen. Insgesamt fühlen sich von Straßen-
aber gleichzeitig auch zu einem etwas höheren Anteil verkehrslärm rund drei Viertel zumindest etwas gestört
an, überhaupt nicht belastet zu sein (10 Prozent zu oder belästigt. Von Fluglärm fühlen sich 43 Prozent der
4 Prozent). Bevölkerung belästigt, bei Schienenverkehrslärm sind

Abbildung 7: Gesundheitliche Belastungen durch Umweltverschmutzung

Frage: Was meinen Sie: In welchem Ausmaß belasten Umweltverschmutzung und Umweltschadstoffe derzeit
Ihre Gesundheit?

100 % 4 4 sehr stark


4 4

19
28
34
75 % 39 eher stark

50 % 55

56 65
47 eher wenig

25 %

22
10 überhaupt nicht
7 4
0%
Gesamt Gesamt Frauen Männer
2000 2020 2020 2020

Repräsentativerhebungen bei rund 2.000 Befragten pro Jahr, Bevölkerung ab 14 Jahren bzw. 18 Jahren im Jahr 2000,
Angaben für 2020: 2.115 Befragte ab 14 Jahren, Angaben in Prozent, Rundungsdifferenzen
32 Umweltbewusstsein in Deutschland 2020

Abbildung 8: Belastung durch einzelne Lärmquellen

Frage: Wenn Sie einmal an die letzten 12 Monate hier bei Ihnen denken, wie stark haben Sie sich persönlich durch
den Lärm von folgenden Dingen gestört oder belästigt gefühlt?

100 %
24
44 überhaupt nicht gestört
75 % 49
57 oder belästigt
66
33 etwas gestört oder belästigt
50 %
30 mittelmäßig gestört oder belästigt
28
23 23
25 % 19 stark gestört oder belästigt
18
15 11 17
10
5 6 äußerst gestört oder belästigt
0% 6 4 3 4 1 4 1
Straßen- Flug- Lärm Schienen- Industrie-
verkehrs- verkehrs- von verkehrs- und
lärm lärm Nachbarn lärm Gewerbe-
lärm

Repräsentativerhebung bei 2.115 Befragten, Bevölkerung ab 14 Jahren,


Angaben in Prozent, Rundungsdifferenzen

es 34 Prozent. Interessanterweise sind in Bezug auf den malslisten noch einmal aktualisiert. Ziel war es, das
Wohnort in der Stadt oder auf dem Land keine eindeu- Befragungsinstrument abzusichern, mit dem Umwelt-
tigen Zusammenhänge feststellbar. Ebenso zeigen sich bewusstsein weiterhin erhoben wird. Dabei wurde wie
in diesem Punkt keine Unterschiede zwischen Frauen schon zuvor ein mehrdimensionaler Ansatz gewählt,
und Männern. Einzig Personen ab 70 Jahren nehmen der zu einem Messinstrument mit drei Kenngrößen
eine etwas geringere Lärmbelästigung wahr, was an der führt:
oftmals abnehmenden Hörfähigkeit im höheren Alter
liegen könnte.

Umweltaffekt: Einstellungen, in denen emotiona-


4.3 Einstellungen zu Umweltthemen le Reaktionen auf Umweltthemen im Vordergrund
und eigenes Umweltverhalten stehen. Die Fragen hierzu enthalten in der Regel
positive oder negative Gefühlsaussagen (zum Bei-
Die bisher berichteten Ergebnisse können zusammen spiel: „Ich freue mich“, „Es macht mich wütend“).
mit vielen weiteren Einstellungsmerkmalen und Ver-
haltensweisen von Bürgerinnen und Bürgern auf ein Umweltkognition: Einstellungen, in denen sachli-
mehr oder weniger ausgeprägtes Umweltbewusstsein che Aussagen zu Umweltthemen beurteilt werden,
hinweisen. Dieses „Umweltbewusstsein“, das namens- etwa in Bezug auf Ressourcennutzung oder die
gebend für diese Studie ist, ist gleichzeitig ein sehr viel- Verantwortung für die Umweltsituation künftiger
fältiges theoretisches Konzept, das ganz unterschied- Generationen.
lich gemessen und interpretiert werden kann. So kann
Umweltbewusstsein allein auf die Einstellungen be- Umweltverhalten: Aussagen zu eigenen Verhal-
zogen ausgewertet oder als Summe verschiedener Ka- tensweisen in unterschiedlichen umweltrelevanten
tegorien wie Einstellungen und Verhalten verstanden Lebensbereichen wie Ernährung, Einkauf, Alltags-
werden. In der Studienausgabe 2018 wurde die Frage, mobilität; auch selbstberichtetes Engagement für
was Umweltbewusstsein ausmacht und wie es gemes- Umwelt- und Klimaschutz.
sen werden kann, innerhalb der bestehenden Merk-
Umweltbewusstsein in Deutschland 2020 33

Jede dieser drei Kenngrößen wird mit unterschiedli- Frauen essen deutlich weniger Fleisch und kaufen eher
chen Aussagen („Items“) abgefragt, die die Haltungen Bio-Lebensmittel. Wenig überraschend ist ebenso, dass
und Einstellungen der Menschen zu verschiedenen gerade jüngere Menschen vergleichsweise häufiger auf
Umweltaspekten und umweltfreundlichem Verhalten umweltfreundliche Verkehrsmittel setzen. Hier spie-
widerspiegeln. len neben dem teilweise stärker ausgeprägten Umwelt-
bewusstsein auch finanzielle Möglichkeiten und ein
Beim Umweltaffekt sind seit 2018 teilweise gegenläufi- niedriger Führerscheinbesitz eine Rolle, ebenso wie ein
ge Entwicklungen zu berichten. Einerseits geben aktu- höherer Digitalisierungsgrad. Jüngere Altersgruppen
ell mehr Befragte an, sich zu freuen, „wenn Menschen haben zum einen oftmals eine höhere technische
nachhaltige Lebensweisen ausprobieren“. Anderer- Affinität und sind zum anderen meist mit den neue-
seits ärgern sich auch mehr Befragte über eine wahr- ren digitalen Endgeräten ausgestattet, die das Nutzen
genommene Bevormundung durch Umweltschütze- von app-basierten Mobilitätslösungen (zum Beispiel
rinnen und Umweltschützer. Bei der ersten Aussage Car- oder Bikesharing) erleichtern. Aufschlussreich sind
zeigen sich keine nennenswerten Unterschiede nach auch die Antworten auf die Frage nach dem bewussten
Alter und Geschlecht, bei der zweiten dagegen schon. Konsumverzicht im Alltag. Insgesamt sagen 28 Prozent
Männer stimmen deutlich häufiger als Frauen zu, sich der Bevölkerung, dass sie immer oder fast immer ihren
über „Vorschriften von Umweltschützerinnen und Um- Konsum im Alltag einschränken. In der Altersgruppe
weltschützern“ zu ärgern (57 zu 46 Prozent). Außerdem bis 29 Jahre sind dies jedoch nur 17 Prozent. Hier könn-
ärgern sich mehr ältere Personen ab 70 Jahren darüber te wieder die These aufgegriffen werden, dass die jun-
als 14- bis 29-Jährige (62 zu 45 Prozent). Bei den Aus- ge Generation ihr Handeln durch höhere Ansprüche an
sagen zum Klimawandel ging die Zustimmung insge- sich selbst möglicherweise kritischer bewertet als an-
samt leicht zurück. Dies könnte auch daran liegen, dass dere Generationen. Zumindest berichten die jungen
Deutschland für das Jahr 2020 fast alle Klimaschutz- Menschen ein insgesamt nur durchschnittliches Um-
ziele erreichen konnte – was unter anderem an der weltverhalten, sie sind aber durchaus bereit, zukünftig
Corona-Pandemie und den damit verbundenen Ein- umweltfreundlicher zu handeln.
schränkungen von Mobilität und Wirtschaft lag. Dieser
Punkt wird in Kapitel 6.1 noch einmal vertiefend auf- Bei der Interpretation der Ergebnisse sollte jedoch auch
gegriffen. berücksichtigt werden, dass die Befragung während
der Corona-Pandemie stattfand und diese die Antwor-
Für die Umweltkognition ist festzuhalten, dass mög- ten geprägt hat. Dies gilt insbesondere für die Aussa-
liche Einschränkungen im Lebensstil von etwas mehr ge zu den Flugreisen. Durch die Corona-Pandemie ist
Befragten akzeptiert werden als noch vor zwei Jahren. der Personenflugverkehr fast komplett eingebrochen.
Ebenfalls erkennbar ist eine erhöhte Skepsis gegenüber Gleichzeitig wurde, vor allem im Arbeitsbereich, ver-
einem weiteren Wirtschaftswachstum. Die hohe Zu- stärkt auf digitale Lösungen gesetzt, und bei Urlaubs-
stimmung bei beiden Aussagen ist insbesondere auf das reisen spielte Regionalität zumindest vorübergehend
Antwortverhalten von Frauen zurückzuführen, deren eine deutliche größere Rolle. Hier wird sich bei der Be-
Werte jeweils etwa zehn Prozentpunkte über denen der fragung im Jahr 2022 zeigen, ob weiterhin auf Flugrei-
männlichen Befragten liegen. sen verzichtet wird oder nicht – wobei neben dem Kli-
maschutz, je nach Preisentwicklung von Flugreisen,
Beim Umweltverhalten zeigt sich insgesamt eine leicht verstärkt auch finanzielle Aspekte von Bedeutung sein
positive Tendenz. So wird 2020 etwas mehr „Bio“ und könnten. Ebenso denkbar und gleichfalls nicht un-
etwas weniger Fleisch gegessen, es werden etwas häufi- wahrscheinlich ist auch, dass an ein Vor-Corona-
ger umweltfreundliche Verkehrsmittel genutzt, es wird Nachfrageniveau angeknüpft oder dieses sogar über-
mehr Ökostrom verwendet und sich stärker für den troffen wird.
Umwelt- und Naturschutz engagiert. Der Anteil der
Personen, die in Bezug auf diese drei Aussagen ange-
ben, „immer“ umweltfreundlich zu handeln, bleibt da-
gegen stabil. Der Anteil derjenigen, die energieeffizi-
ente Haushaltsgeräte verwenden, geht sogar deutlich
zurück.

Wie auch in anderen wissenschaftlichen Studien schon


festgestellt wurde, verhalten sich Frauen hinsichtlich
ihrer Ernährung umweltfreundlicher als Männer:
34 Umweltbewusstsein in Deutschland 2020

Abbildung 9: Aussagen zu Umweltaffekt

Frage: Im Folgenden sehen Sie verschiedene Aussagen zum Thema Umwelt. Bitte geben Sie an, inwieweit Sie der
jeweiligen Aussage zustimmen.

Menschengemachte Umwelt- 2020 1 1 24 74


probleme wie die Abholzung der
Wälder oder das Plastik in den
Weltmeeren empören mich. 2018 1 3 24 72

Ich freue mich, wenn Menschen 2020 1 3 39 57


nachhaltige Lebensweisen
einfach ausprobieren.* 2018 3 16 41 33

Es beunruhigt mich, wenn ich 2020 5 10 33 52


daran denke, welche Umwelt-
verhältnisse wir zukünftigen
Generationen hinterlassen.* 2018 4 11 32 51

Der Klimawandel bedroht auch 2020 3 19 43 36


unsere Lebensgrundlagen hier in
Deutschland. 2018 2 11 34 51

Es macht mich wütend, wenn 2020 8 24 40 27


ich sehe, dass Deutschland seine
Klimaschutzziele verfehlt. 2018 5 19 37 37

Ich ärgere mich, wenn Umwelt- 2020 11 37 34 18


schützer/-innen mir vorschreiben
wollen, wie ich leben soll.* 2018 23 38 23 14

Wenn es um die Folgen des 33 45 15 7


Klimawandels geht, wird 2020
vieles sehr übertrieben.
2018 nicht erhoben.

0% 25 % 50 % 75 % 100 %

stimme überhaupt stimme eher stimme stimme voll


nicht zu nicht zu eher zu und ganz zu

Repräsentativerhebungen bei rund 2.000 Befragten pro Jahr, Bevölkerung ab 14 Jahren,


Angaben für 2020: 2.115 Befragte ab 14 Jahren, Angaben in Prozent, an 100 % Fehlende: „kann ich nicht sagen“,
*Diese Aussagen wurden im Vergleich zu 2018 im Wortlaut leicht geändert oder gekürzt.
Umweltbewusstsein in Deutschland 2020 35

Abbildung 10: Aussagen zu Umweltkognition

Frage: Im Folgenden sehen Sie verschiedene Aussagen zum Thema Umwelt. Bitte geben Sie an, inwieweit Sie der
jeweiligen Aussage zustimmen.

Jede/r Einzelne trägt 2020 1 1 28 70


Verantwortung dafür, dass wir
nachfolgenden Generationen
eine lebenswerte 2018 3 22 74
Umwelt hinterlassen.

Wir müssen Wege finden, wie wir 2020 6 37 56


unabhängig vom Wirtschafts-
wachstum gut leben können. 2018 1 7 39 51

Mehr Umweltschutz bedeutet 2020 2 10 41 46


auch mehr Lebensqualität und
Gesundheit für alle. 2018 1 7 32 58

Es gibt natürliche Grenzen des 2020 2 11 47 40


Wachstums, die unsere
industrialisierte Welt längst
erreicht hat. 2018 3 14 41 37

Zugunsten der Umwelt sollten 2020 4 13 48 34


wir alle bereit sein, unseren
derzeitigen Lebensstandard
einzuschränken. 2018 3 17 46 32

Der Umweltschutz wird häufig 2020 3 27 40 29


als Vorwand genutzt, um die
Preise zu erhöhen.
2018 nicht
. erhoben

0% 25 % 50 % 75 % 100 %

stimme überhaupt stimme eher stimme stimme voll


nicht zu nicht zu eher zu und ganz zu

Repräsentativerhebungen bei rund 2.000 Befragten pro Jahr, Bevölkerung ab 14 Jahren,


Angaben für 2020: 2.115 Befragte ab 14 Jahren, Angaben in Prozent, an 100 % Fehlende: „kann ich nicht sagen“
36 Umweltbewusstsein in Deutschland 2020

Auf einen Blick: die drei zentralen Kenngrößen wertes auf einer Skala von 0 bis 10 zusammengefasst.
des Umweltbewusstseins Auch in dieser Studie wurden die drei Kenngrößen be-
rechnet. In welcher Weise die Berechnung der Kenn-
Bereits 2018 und 2019 wurden die Ergebnisse für die größen in der diesjährigen Studie angepasst wurde,
drei Kenngrößen Umweltaffekt, Umweltkognition kann im wissenschaftlichen Bericht nachgelesen
und Umweltverhalten jeweils in Form eines Mittel- werden.

Abbildung 11: Aussagen zum Umweltverhalten I

Frage: Nun zu Ihrem persönlichen Verhalten bei Kauf und der Nutzung von Produkten und Dienstleistungen.
Bitte geben Sie an, wie oft Sie dies jeweils tun.

Beim Kauf von Haushaltsgeräten 2020 2 3 7 14 40 35


wähle ich Geräte mit einer
besonders guten Energie- 2018 1 2 3 8 31 51
effizienzklasse.*

Für meine alltäglichen Wege 2020 10 16 16 18 18 22


benutze ich das Fahrrad,
öffentliche Verkehrsmittel oder
gehe zu Fuß. 2018 9 19 16 18 16 21

Beim Einkaufen wähle ich


Produkte mit Umweltsiegel wie 2020 6 12 20 32 24 5
zum Beispiel dem Blauen Engel,
dem EU-Biosiegel oder dem 2018 7 12 19 32 21 7
EU-Ecolabel.

2020 5 9 22 36 22 6
Ich schränke meinen Konsum
im Alltag bewusst ein.
2018 nicht erhoben

Ich kaufe Lebensmittel aus 2020 6 12 22 34 21 5


kontrolliert-biologischem
Anbau. 5 15 22 32 20 5
2018

2020 7 24 28 29 9 3
Zu den Hauptmahlzeiten
esse ich Fleisch.
2018 5 19 30 26 15 4

Ich heize meine Wohnung im 2020 33 21 23 16 6


Winter so, dass mir auch im
T-Shirt warm genug ist.
2018 nicht erhoben

0% 25 % 50 % 75 % 100 %

0 = nie 1 2 3 4 5 = immer

Repräsentativerhebungen bei rund 2.000 Befragten pro Jahr, Bevölkerung ab 14 Jahren,


Angaben für 2020: 2.115 Befragte ab 14 Jahren, Angaben in Prozent, an 100 % Fehlende: „kann ich nicht sagen“,
*Diese Aussage wurden im Vergleich zu 2018 im Wortlaut leicht geändert oder gekürzt.
Umweltbewusstsein in Deutschland 2020 37

Abbildung 12: Aussagen zum Umweltverhalten II

Frage: Nun zu Ihrem persönlichen Verhalten bei Kauf und der Nutzung von Produkten und Dienstleistungen. Bitte
geben Sie an, wie oft Sie dies jeweils tun.

Aus Klimaschutzgründen 2020 39 61


verzichte ich ganz oder teilweise
auf Flugreisen. 2018 nicht erhoben

2020 47 53
Ich bzw. unser Haushalt bezieht
Ökostrom.
2018 47 38

2020 75 25
Ich spende Geld für Umwelt-
oder Naturschutzgruppen.* 2018 77 20

Ich engagiere mich aktiv für den 2020 81 19


Umwelt- und Naturschutz.*
2018 81 15

0% 25 % 50 % 75 % 100 %

nein, trifft nicht zu ja, trifft zu

"Repräsentativerhebungen bei rund 2.000 Befragten pro Jahr, Bevölkerung ab 14 Jahren,


Angaben für 2020: 2.115 Befragte ab 14 Jahren, Angaben in Prozent, an 100 % Fehlende: „kann ich nicht sagen“,
*Diese Aussagen wurden im Vergleich zu 2018 im Wortlaut leicht geändert oder gekürzt.

Gemessen an den dargestellten Durchschnittswerten Abbildung 13: Zentrale Kenngrößen des


der jeweiligen Kenngröße bleiben Umweltaffekt und Umweltbewusstseins
Umweltkognition über die drei Messzeitpunkte
hinweg stabil. Dies liegt an dem zuvor berichteten, bei Analytische Merkmale
einzelnen Aussagen teils gegenläufigen Antwortver-
halten. Nur beim Umweltverhalten haben sich Verän- Die dargestellten Werte zeigen die Stichproben-Mittelwerte
derungen ergeben: Der Durchschnittswert steigt des jeweiligen Teilbereichs, standardisiert von 0 bis 10.
innerhalb von zwei Jahren von 4,6 auf 4,9. Zugleich
bestätigt sich auch 2020 der schon bekannte Befund,
dass Umweltaffekt und Umweltkognition ein deutlich Bereich 2018 2019 2020
höheres Niveau erreichen als das Umweltverhalten. Umweltaffekt 7,2 7,2 7,1
Das folgende Kapitel ergänzt die hier dargestellten Umweltkognition 7,9 7,9 7,9
Kenngrößen um zwei weitere aus dem Bereich des
Umweltverhalten 4,6 4,7 4,9
Schwerpunktthemas der diesjährigen Studie: die Kli-
maeinstellungen und die Veränderungsbereitschaft.
Zusammen mit den Umwelteinstellungen (Umwelt-
affekt und -kognition) und dem Umweltverhalten wird
Repräsentativerhebungen bei rund 2.000 Befragten pro Jahr,
daraus eine Umwelttypologie abgeleitet, die einige Bevölkerung ab 14 Jahren, Angaben für 2020: 2.115 Befragte
zentrale Befunde der diesjährigen Ausgabe bündelt ab 14 Jahren, Angaben in Mittelwerten
und veranschaulicht.
38 Umweltbewusstsein in Deutschland 2020

5. Bewusstsein, Verhalten und


Bereitschaften – Ableitung von
Umweltbewusstseinstypen

!!!!!

Die Konsequenten Die Ablehnenden

14 % 8 %
13 % 18 %
Die Orientierten Die Skeptischen

25 % 22 %

Die Aufgeschlossenen Die Unentschlossenen


Umweltbewusstsein in Deutschland 2020 39

Bereits in den vergangenen Umweltbewusstseinsstu- Bildung der vier Kenngrößen


dien wurde mit Kenngrößen gearbeitet, um Einzel-
ergebnisse zusammenzufassen und die Ergebnisse so Die Kenngröße „Umweltverhalten“ umfasst alle
verständlicher zu vermitteln. Da sich die Umweltbe- bereits in Abbildung 11 genannten Aussagen und
wusstseinsstudie 2020 in ihrem aktuellen Schwerpunkt bleibt gegenüber der Ausgabe von 2018 unverän-
mit den Themen Klimaschutz und Klimawandel und dert.
der (notwendigen) Transformation der Gesellschaft be-
schäftigt, wurde ein neuer Satz von Kenngrößen gebil- Von den Aussagen zum „Umweltaffekt“ (Abbil-
det, der stärker auch Klimaschutzaspekte einbezieht. dung 9) und zur „Umweltkognition“ (Abbildung 10)
Die Entwicklung dieser neuen Kenngrößen wird nach- wurden sieben herangezogen, um die neue Kenn-
folgend vorgestellt. größe „Umwelteinstellungen“ zu bilden. Die Ver-
einfachung zu einer Kenngröße erscheint gerecht-
Außerdem widmet sich dieses Kapitel erneut der Fra- fertigt, da statistisch kein Unterschied zwischen den
ge, wie Umweltbewusstsein greifbar oder messbar ge- Ebenen „Affekt“ und „Kognition“ festgestellt
macht werden kann. Bereits in der Vergangenheit gab werden konnte.
es verschiedene Ansätze und Modelle, um Ergebnis-
se besser zu verstehen und auch im Hinblick auf Bevöl- Zwei der Aussagen mit Klimabezug, die bisher der
kerungsgruppen greifbarer zu machen. Dazu wurde in Kenngröße „Umweltaffekt“ zugeordnet waren (sie-
dieser Studie mit den „Umweltbewusstseinstypen“ eine he Kapitel 6.1 „Bedrohung durch den Klimawandel“,
neue Kategorie eingeführt, die es erleichtern soll, ge- „Verärgerung angesichts verfehlter Klimaschutzzie-
sellschaftliche Gruppen in ihrem Umwelt- und Klima- le“), gingen wiederum in die neue Kenngröße
bewusstsein voneinander zu unterscheiden. „Klimaeinstellungen“ ein. Außerdem flossen in
diese Kenngröße gezielte Fragen zu Emotionen und
Einstellungen hinsichtlich des Klimawandels ein
(siehe Abbildung 20).
5.1 Die neuen Kenngrößen „Ein-
stellungen zum Klimaschutz“ Ebenfalls neu ist die Kenngröße „Veränderungs-
und „Veränderungsbereitschaft“ bereitschaft“. Die hierfür verwendeten Fragen sind
in Kapitel 6.4 (Abbildung 28) dargestellt.
Ausgangspunkt für die Entwicklung der neuen Kenn-
größen war die Überlegung, die Themenfelder Um-
weltschutz und Klimaschutz stärker voneinander ab-
zugrenzen, um so die jeweiligen Einstellungen genauer
unterscheiden und beschreiben zu können. Zudem Wie unterscheiden sich die Kenngrößen insge-
zeigten die ersten Auswertungen, dass die Aussagen samt und hinsichtlich ausgewählter sozio-
zum Umweltschutz zu einem gewissen Grad auf ei- demografischer Merkmale?
ner anderen Inhaltsebene liegen als die Aussagen zum
Klimaschutz. Beide Themen unterscheiden sich dem- In Abbildung 14 sind die durchschnittlichen Werte für
nach in ihrer Wahrnehmung. Insofern erschien es ge- die vier Kenngrößen dargestellt, die auf einer Skala
rechtfertigt, die beiden Kenngrößen „Einstellungen von 0 bis 10 ermittelt wurden. Demnach erzielen Ein-
zum Umweltschutz“ (kurz: Umwelteinstellungen) und stellungen zum Umweltschutz mit einem Mittelwert
„Einstellungen zum Klimaschutz“ (kurz: Klimaeinstel- von 8,1 eine etwas höhere Zustimmung als die Einstel-
lungen) zu bilden. Die Kenngröße „Umweltverhalten“, lungen zum Klimaschutz mit einem Mittelwert von
die ebenfalls wichtig für die Bewertung des Umwelt- 7,1. Insgesamt wird hier sichtbar, dass beiden Themen
bewusstseins ist, wurde unverändert übernommen. eine große Bedeutung beigemessen wird. Die Verände-
Zusätzlich wurde die Kenngröße „Veränderungsbe- rungsbereitschaft erreicht einen Wert von 6,1. Das Um-
reitschaft“ entwickelt, die die Bereitschaft anzeigt, zu- weltverhalten bleibt im Jahr 2020 mit einem Mittelwert
künftig umwelt- und klimafreundlicher zu handeln. von 4,9 auf einem eher niedrigen Niveau.
40 Umweltbewusstsein in Deutschland 2020

Abbildung 14: Mittelwerte der Kenngrößen Umwelt- und Klimaeinstellungen, Umweltverhalten


und Veränderungsbereitschaft

Analytische Merkmale

Die dargestellten Werte zeigen die Stichproben-Mittelwerte der jeweiligen Dimension, standardisiert von 0 bis 10.

Gesamt 4,9 6,1 7,1 8,1

Geschlecht
Männlich 4,7 5,9 6,7 7,9

Weiblich 5,3 6,4 7,5 8,4

Alter
14 bis 29 Jahre 4,6 6,5 7,6 8,0

30 bis 39 Jahre 5,5 6,8 7,5 8,1

40 bis 49 Jahre 5,0 5,8 6,5 7,7

50 bis 59 Jahre 5,2 5,9 6,7 8,2

60 bis 69 Jahre 5,2 6,2 7,2 8,3

70 Jahre und älter 4,4 5,6 7,0 8,4

Bildungsniveau
Einfach 4,6 5,7 6,6 8,1

Mittel 4,8 5,9 6,8 7,9

Hoch 5,2 6,9 8,1 8,6

Sehr hoch 5,7 7,0 7,9 8,3

0 2 4 6 8 10

Kenngröße Kenngröße Kenngröße Kenngröße


Umweltverhalten Veränderungsbereitschaft Klimaeinstellungen Umwelteinstellung

Repräsentativerhebung bei 2.115 Befragten, Bevölkerung ab 14 Jahren,


Angaben in Mittelwerten
Umweltbewusstsein in Deutschland 2020 41

Insgesamt scheinen demnach die Veränderungsbe- schaftlichen Gruppen und weist darauf hin, dass hier
reitschaft und das Umweltverhalten in der Bevölke- möglicherweise unterschiedliche Kommunikations-
rung weniger ausgeprägt zu sein als ihre Einstellungen strategien zur Vermittlung politischer Ziele und Maß-
zum Umwelt- und Klimaschutz. Aufschlussreicher als nahmen sinnvoll sein können.
die Betrachtung der Mittelwerte ist es jedoch, hier noch
einmal genauer nach Geschlecht, Alter und formaler
Bildung zu unterscheiden: 5.2 Vorgestellt: sechs verschiedene
Umweltbewusstseinstypen
• In allen Kenngrößen weisen Frauen höhere Werte auf
als Männer. Sie sagen von sich, dass sie sich stärker an Unsere Gesellschaft ist vielfältig. Daher unterscheiden
Fragen des Umwelt- und Klimaschutzes orientieren, sich die Ausprägungen der genannten vier Kenngrößen
auch eher umweltfreundlich handeln und zu ent- nach Bevölkerungsgruppen, entlang soziodemo-
sprechenden Veränderungen in ihrem Lebensstil be- grafischer Merkmale oder nach Lebenssituationen und
reit sind. Einstellungen. In den vergangenen Studienausgaben
wurden verschiedene „soziale Milieus“ hinsichtlich
• Im Vergleich der Altersgruppen zeigen die 14- bis ihrer Umweltschutzorientierung betrachtet. Diese wur-
29-Jährigen sehr ausgeprägte Einstellungen zum Kli- den primär anhand bestimmter Lebensstilmerkmale,
maschutz und eine hohe Veränderungsbereitschaft. soziodemografischer Merkmale und Wertorientierun-
Gleichzeitig liegt ihr Kenngrößenwert zum Umwelt- gen abgegrenzt. Auf diese umfassende Erhebung unter-
verhalten unter dem Durchschnitt. Bei genauerem schiedlicher Lebensstile wurde in der aktuellen Studie
Blick auf die einzelnen Verhaltensweisen wird deut- verzichtet.
lich, dass diese vermutlich mit den finanziellen Mög-
lichkeiten der Befragten zusammenhängen. So liegen Ausschlaggebend dafür war die Überlegung, in erster
die jüngeren Altersgruppen vor allem in solchen Ver- Linie entlang der vier Kenngrößen nach gesellschaft-
haltensweisen unter dem Durchschnitt, die mit hö- lichen Gruppen mit einer ähnlichen Umweltschutz-
heren Kosten verbunden sind, zum Beispiel der Kauf oder Klimaschutzorientierung zu suchen. Erst in einem
von Bio-Lebensmitteln und umweltfreundlicheren zweiten Schritt sollte geprüft werden, ob diese Grup-
Produkten oder das Spenden an Umwelt- oder Natur- pen auch in soziodemografischen Merkmalen oder in
schutzgruppen. einzelnen Lebensstilfragen deutlich voneinander ab-
weichen. Oder ob im Gegenteil festgestellte Einstel-
• Ebenfalls niedrigere Werte im Umweltverhalten bei lungs- und Verhaltensmuster in verschiedenen Bevöl-
zusätzlich sehr niedriger Veränderungsbereitschaft kerungsgruppen auftreten und nicht immer eindeutig
zeigen sich bei den Personen ab 70 Jahren, und dies, etwa mit Einkommens-, Alters- oder Geschlechtsmerk-
obwohl die Umwelteinstellungen in dieser Alters- malen verknüpft sind. Für diese Annahme spricht, dass
gruppe besonders ausgeprägt sind. Dies kann unter sowohl Aussagen zum Umweltbewusstsein als auch zu
der Annahme plausibel erscheinen, dass Personen im den Klimaeinstellungen mit Anteilen von 70 Prozent in
höheren Alter möglicherweise weniger bereit sind, der Bevölkerung eine breite Zustimmung finden, somit
eingeübte Gewohnheiten im Alltag zu ändern. also kaum auf bestimmte soziodemografische oder so-
zioökonomische Gruppen begrenzt sein können.
• Die 30- bis 39-Jährigen weisen vergleichsweise hohe
Werte bei den Klimaeinstellungen und beim Umwelt- Um einen geeigneten Zugang zu finden, der auch in
verhalten auf. Die mittleren Altersgruppen zwischen den noch folgenden Auswertungen zum Schwerpunkt-
40 und 59 Jahren fallen dagegen in ihren Klimaein- thema herangezogen werden kann, wurden „Umwelt-
stellungen und in ihrer Veränderungsbereitschaft ge- bewusstseinstypen“ gebildet. Diese basieren auf den
genüber anderen Altersgruppen deutlich zurück. vier Kenngrößen Umwelteinstellungen, Klimaeinstel-
lungen, Umweltverhalten und Veränderungsbereit-
• Beim Blick auf das formale Bildungsniveau ergibt schaft. Die Kenngröße Klimaeinstellung wurde zudem
sich folgendes Bild: Umweltverhalten, Klimaeinstel- durch Angaben zu der Verursachungseinschätzung des
lungen und Veränderungsbereitschaft steigen ten- Klimawandels ergänzt („Ursachenwissen“, siehe Kapi-
denziell mit dem Bildungsstand. Bei den Umwelt- tel 6.1, Abbildung 19). Die Klimaschutzorientierung der
einstellungen kann ein solcher Effekt in dem Maße Befragten wurde dann niedriger eingestuft, wenn diese
nicht festgestellt werden. Dies unterstreicht noch ein- den Einfluss des Menschen beim Klimawandel unter-
mal die unterschiedliche Wahrnehmung von Um- schätzen. Das genaue statistische Verfahren zur Bildung
welt- oder Klimathemen in verschiedenen gesell- der Umweltbewusstseinstypen wird in dem getrennt
42 Umweltbewusstsein in Deutschland 2020

vorliegenden wissenschaftlichen Bericht zur Umwelt- Die Ablehnenden umfassen 8 Prozent der Bevölkerung.
bewusstseinsstudie 2020 beschrieben und kann dort Sie kennzeichnet nach ihren Angaben eine relativ nied-
nachgelesen werden. rige Umweltschutzorientierung, ein vergleichsweise
sehr gering ausgeprägtes Umweltverhalten, eine sehr
skeptische Klimaeinstellung und eine schwache Ver-
Welche Umweltbewusstseinstypen wurden änderungsbereitschaft. In ihrer ablehnenden Haltung
gebildet? stimmen sie in allen abgefragten Aspekten überein. Sie
scheinen für ökologische Themen schwer bis gar nicht
Im Folgenden werden die sechs Umweltbewusstseins- erreichbar zu sein. Unter den Ablehnenden sind höhere
typen entlang der vier Kenngrößen zusammenfassend formale Bildungsgruppen eher unterdurchschnittlich
entsprechend ihrer Umweltschutz- und Klimaschutz- vertreten, unter ihnen befinden sich zu drei Vierteln
orientierung und mit Blick auf verschiedene sozio- Männer, und der Altersschnitt ist überdurchschnittlich
demografische Merkmale vorgestellt. hoch. Ihr Anteil an der Bevölkerung fällt in den ost-
deutschen Bundesländern mit 19 Prozent höher aus als
Alle Zuordnungen beruhen dabei auf den Angaben der in den westdeutschen Ländern mit 6 Prozent.
Befragten.

Beschreibung verschiedener soziodemografischer Merkmale

Bildungsniveau:
Das Bildungsniveau wurde anhand der Frage nach dem „höchsten Schulabschluss“ der/des Befragten gebildet.
Die Einteilung erfolgte dabei wie folgt:
einfach: kein Abschluss, Volks- / Hauptschulabschluss oder Polytechnische Oberschule mit Abschluss 8./9. Klasse
mittel: mittlere Reife / Realschulabschluss oder Polytechnische Oberschule mit Abschluss 10. Klasse
hoch: Abitur oder Fachabitur, Abschluss einer Fachoberschule (Hochschul- oder Fachhochschulreife),
jedoch kein abgeschlossenes Studium
sehr hoch: Hochschulabschluss (Universität, Hochschule, Fachhochschule)

Ökonomischer Haushaltsstatus:
Diese Variable beruht auf dem geschätzten monatlichen Äquivalenzeinkommen pro Kopf. Das Äquivalenz-
einkommen ist ein gewichtetes Pro-Kopf-Einkommen je Haushaltsmitglied, das Kinder niedriger gewichtet als
erwachsene Personen. Die Grundannahme ist, dass sich durch ein gemeinsames Wirtschaften Einsparungen
erreichen lassen. Bei fehlender Angabe wurde das Einkommen über die Berufsgruppe geschätzt. Die Einteilung
erfolgte dabei wie folgt:
sehr niedrig: bis 749 Euro
niedrig: 750 bis 1.249 Euro
mittel: 1.250 bis 1.749 Euro
hoch: 1.750 bis 2.499 Euro
sehr hoch: 2.500 Euro und mehr
Umweltbewusstsein in Deutschland 2020 43

Die Skeptischen machen 18 Prozent aus. Sie zählen mit besser zueinander als bei den Aufgeschlossenen – beides
Blick auf den ökonomischen Haushaltsstatus zum Mit- bewegt sich bereits auf einem relativ hohen Niveau. Vor
telstand. Ihr Bildungsniveau ist überwiegend einfach allem bezogen auf die Klimaeinstellungen ist jedoch
bis mittel, ein hoher Anteil von ihnen ist männlich, das auch in dieser Gruppe noch Luft nach oben. Zudem
durchschnittliche Alter liegt ebenso wie bei den Ableh- sind sie nur durchschnittlich zu (weiteren) Verände-
nenden über dem Schnitt. Die Skeptischen haben keine rungsmaßnahmen bereit. Die Orientierten leben etwas
besonders ausgeprägte Umweltschutzorientierung und häufiger als der Bevölkerungsschnitt in einer Groß-
ihr Klimabewusstsein ist noch einmal deutlich gerin- stadt, und der Anteil der Frauen ist überdurchschnitt-
ger. Dies ist gleichzeitig das charakteristische Merkmal lich hoch.
dieser Gruppe. Auch verhalten sie sich wenig umwelt-
schutzorientiert. Diese Gruppe ist vermutlich nur mit Die Konsequenten umfassen 14 Prozent der Bevölke-
starken Anreizen, möglicherweise auch nur über ein- rung. Sie weisen bei allen vier Kenngrößen hohe Wer-
schränkende Maßnahmen für Veränderungen erreich- te auf. Sie sind umweltbewusst und verhalten sich ent-
bar. Da diese Gruppe relativ groß ist und sich „mitten in sprechend, sind sensibel in Sachen Klimaschutz und
der Gesellschaft“ befindet, sollte sie nicht aus den Au- schließen auch weitere Verhaltensänderungen nicht
gen verloren werden. Sie gehören zusammen mit den aus. Sie sind ebenso wie die Aufgeschlossenen und die
Ablehnenden und den Unentschlossenen zu denjenigen, Orientierten weiblich geprägt. Zudem leben sie über-
die vermutlich am schwierigsten durch Umweltkom- durchschnittlich häufig im großstädtischen oder städ-
munikation erreichbar sind. tischen Raum. Sie verfügen über ein deutlich höheres
Bildungsniveau als die anderen Gruppen, aber gleich-
Die Unentschlossenen umfassen 22 Prozent. Ihr Um- zeitig über verhältnismäßig niedrige finanzielle Mittel.
welt- und Klimabewusstsein bewegt sich zwar auf Jede achte Person dieser Gruppe befindet sich in
durchschnittlichem Niveau, sie verhalten sich jedoch Elternzeit oder bezieht Elterngeld.
vergleichsweise wenig umweltfreundlich. Unentschlos-
sene sind eher männlich und formal oft wenig gebil-
det. Die Unentschlossenen, anteilsmäßig die zweitgrößte
Gruppe, liegen hinsichtlich der Veränderungsbereit-
schaft nur knapp unter dem Durchschnitt, sind also
offenbar nicht grundsätzlich abgeneigt, ihr Verhalten
im Sinne des Umwelt- und Klimaschutzes zu verän-
dern. Ihre Umwelt- und Klimaeinstellungen und ihre
knapp durchschnittliche Veränderungsbereitschaft las-
sen darauf schließen, dass sie etwas eher für Belange
des Umwelt- und Klimaschutzes ansprechbar sind als
die Gruppe der Ablehnenden.

Die Aufgeschlossenen stellen mit einem Anteil von


25 Prozent die zahlenmäßig größte Gruppe dar. Zu den
Aufgeschlossenen gehören vergleichsweise viele Frau-
en und sehr viele jüngere Menschen. Formal sind sie
etwas besser gebildet als der Durchschnitt. Unter den
Aufgeschlossenen ist die Kluft zwischen dem Bewusst-
sein und dem Verhalten besonders groß. Ihre Umwelt-
schutz- und Klimaschutzorientierung ist relativ hoch,
die Umweltpraxis fällt dagegen deutlich zurück. Sie
bringen jedoch eine große Offenheit und Verände-
rungsbereitschaft mit. Deshalb sollten sie bei umwelt-
und klimapolitischen Maßnahmen besondere Beach-
tung finden.

Die Orientierten zählen 13 Prozent. In dieser Gruppe


liegt eine vergleichsweise hohe Umweltschutzorientie-
rung vor und zudem auch ein ausgeprägtes Umwelt-
verhalten. Insofern passen Einstellungen und Verhalten
44 Umweltbewusstsein in Deutschland 2020

Abbildung 15: Vorstellung der Umweltbewusstseinstypen anhand ausgewählter Merkmale

„Umwelt- und Alters- Anteil Anteil Anteil Anteil Anteil


Klimaschutz ...“ durch- Frauen (sehr) (sehr) Großstadt West
schnitt hohe niedriger
Bildung ökonomi-
scher
Die Ablehnenden Status
8%
„Das ist grundsätzlich
nichts für mich.“ 53 Jahre 24 % 21 % 39 % 34 % 64 %

Die Skeptischen
18 % „Ich bin nicht sicher, ob ich
was tun kann, und es ist mir
auch nicht wichtig.“ 52 Jahre 37 % 16 % 26 % 26 % 89 %

Die Unentschlossenen
22 %
„Kann sein, dass man was tun müsste,
bei mir geht das aber nicht.“ 49 Jahre 40 % 23 % 38 % 23 % 85 %

Die Aufgeschlossenen
25 % „Ich sehe das Problem, kann aber im
Moment nicht entsprechend handeln,
möchte dies gerne in der Zukunft.“ 46 Jahre 64 % 41 % 41 % 31 % 86 %

Die Orientierten
13 %
„Für die Umwelt bin ich schon aktiv,
51 Jahre 60 % 28 % 35 % 35 % 82 %
mehr geht nicht.“

Die Konsequenten
14 %
!!!!! „Mache ich alles bereits und in
48 Jahre 64 % 60 % 43 % 40 % 89 %
Zukunft sogar noch mehr.“

Repräsentativerhebung bei 2.115 Befragten, Bevölkerung ab 14 Jahren,


Angaben in Prozent
Umweltbewusstsein in Deutschland 2020 45

Die folgende Abbildung zeigt noch einmal anschaulich mit unterschiedlich stark in fast allen Gesellschafts-
am Beispiel der zwei Kenngrößen „Klimaeinstellungen“ schichten und Altersgruppen zu finden. Zudem sind die
und „Veränderungsbereitschaft“, wie sich die sechs Um- Umweltbewusstseinstypen als dynamisches Konzept zu
weltbewusstseinstypen voneinander unterscheiden. verstehen. Das Gefüge der Gruppen zueinander kann
Eindrücklich wird sichtbar, wie weit entfernt die Ab- sich im Zeitverlauf ebenso ändern wie die individuelle
lehnenden von den anderen Gruppen positioniert sind. Zugehörigkeit zu einer der Gruppen.
Insgesamt wird deutlich, dass auf der Einstellungsebe-
ne größere Unterschiede zwischen den Gruppen fest-
zustellen sind als hinsichtlich der Veränderungsbereit-
schaft.

Die sechs Umweltbewusstseinstypen weisen bei allen


vier Kenngrößen, die im weitesten Sinne das Umwelt-
bewusstsein abbilden, jeweils charakteristische Beson-
derheiten auf. Dennoch kann keiner der Gruppen ein
klar beschreibbarer und abgrenzbarer Lebensstil zuge-
ordnet werden. Ebenso zeigen sich zwar einige sozio-
demografische Auffälligkeiten, diese sind aber nicht so
ausgeprägt, dass sie zu homogenen Gruppen führen.
Alle beschriebenen Umweltbewusstseinstypen sind da-

Abbildung 16: Umweltbewusstseinstypen – Darstellung für Klimaeinstellungen und


Veränderungsbereitschaft
Analytische Merkmale

Interpretationsschema
Umwelt / Klima / Verhalten / Veränderung
-„niedrig“
0 „mittel“
Veränderungsbereitschaft

+ „hoch“
+/+/+/+ 14 %
Die
Konsequenten
25 %
+/+/0/+ Die Aufge-
schlos-
13 % senen
+/0/0/0 18 % 22 % Die Orien-
Die Die Unent- tierten
Klimaeinstellungen Skeptischen schlossenen +/+/+/0
+/+/-/0

0/-/-/- 8%
Die
Ablehnenden

Repräsentativerhebung bei 2.115 Befragten, Bevölkerung ab 14 Jahren,


Angaben in Prozent
46 Umweltbewusstsein in Deutschland 2020

6. Klimawandel und Klimaschutz –


Wahrnehmungen, Einstellungen und
Bereitschaften

fühlen sich sehr


8%
gut informiert.

fühlen sich gut informiert.


52 %

39 % fühlen sich etwas informiert.

1% fühlen sich gar nicht


informiert.
Umweltbewusstsein in Deutschland 2020 47

Hitzesommer, Dürren und Starkregenereignisse haben interessieren sich tendenziell etwas mehr für das The-
in den vergangenen Jahren die Folgen der Klimaerwär- ma. Außerdem äußerten Personen mit (sehr) hohem
mung auch in Deutschland spürbar werden lassen. Vor Bildungsniveau ein stärkeres Interesse als Personen mit
allem durch das Engagement von Jugendlichen und mittlerem oder niedrigem Bildungsniveau.
jungen Erwachsenen ist zugleich eine globale Klima-
bewegung entstanden, die auf die Einhaltung des Pa- Und wie gut informiert fühlen sich die Menschen? Hier
riser Klimaabkommens pocht und deshalb ambitio- zeigen sich deutlichere Unterschiede: Eine Mehrheit
nierte Klimaschutzmaßnahmen fordert. Das Urteil des der Befragten fühlt sich zwar sehr gut oder gut infor-
Bundesverfassungsgerichts und die neuen Klimaziele miert, doch sagten auch 39 Prozent von sich, dass sie
auf nationaler und EU-Ebene bekräftigen die Notwen- nur etwas informiert sind. Positiv hervorzuheben ist:
digkeit, die Transformation zu einer postfossilen Wirt- Auch bei der Frage zur Informiertheit antwortete nur
schaft und Gesellschaft zu beschleunigen. Dies stellt ein sehr geringer Prozentsatz mit „gar nicht“.
eine gewaltige Herausforderung für die Politik, die
Wirtschaft und die Bürgerinnen und Bürger dar. Die aktuelle Klimabewegung wird vor allem von Ju-
gendlichen und jungen Erwachsenen vorangetrieben.
Vor diesem Hintergrund bilden Klimaschutz und Daher könnte man vermuten, dass diese Altersgrup-
sozialökologische Transformationen das Schwerpunkt- pe sich besonders gut informiert fühlt. Diese These be-
thema der diesjährigen Umweltbewusstseinsstudie. stätigt sich jedoch nicht. Auch bei dieser Altersgruppe
Folgende Fragen stehen dabei im Zentrum: Wie werden fühlen sich viele nur etwas informiert. Insgesamt wird
die Risiken des Klimawandels eingeschätzt? Wie groß die eigene Informiertheit als durchschnittlich einge-
ist die Bereitschaft, zum Schutz des Klimas das eigene schätzt. Dieses Ergebnis knüpft an Erkenntnisse aus der
Handeln zu verändern oder sich gesellschaftlich zu en- BMU-Studie „Zukunft? Jugend fragen!“ an, die aufzei-
gagieren? Wer ist aus Sicht der Bevölkerung für die Be- gen, dass es nicht die „eine“ junge Generation gibt und
kämpfung des Klimawandels verantwortlich? Welche auch bei den Jüngeren unterschiedliche Lebenswelten
Maßnahmen sollten getroffen werden?

Abbildung 17: Interesse am Thema


6.1 Klimabewusstsein in der Klimawandel
Bevölkerung
Frage: Als nächstes möchten wir näher auf das
Dem Umweltwissen und den Einstellungen gegenüber Thema Klimawandel und Klimaschutz eingehen.
Umweltproblemen galt in den Umweltbewusstseins- Wie stark interessieren Sie sich für dieses Thema?
studien von Anfang an ein besonderes Interesse, denn
diese bilden eine wichtige Grundlage für Verhaltensän-
1 % gar nicht
derungen und die Akzeptanz von Maßnahmen inner- 25 % sehr
halb der Bevölkerung. Die diesjährige Umweltbewusst- 27 % ein wenig
seinsstudie widmet sich insbesondere bezogen auf das
Schwerpunktthema diesen beiden Aspekten. Deshalb
wurde ein Fragenbündel entwickelt, mit dessen Hilfe
zentrale Wissens- und Einstellungsaspekte zu Klima-
wandel und Klimaschutz abgebildet werden können.

Das Thema Klimawandel und Klimaschutz stößt


auf breites Interesse in der Bevölkerung

Zunächst wurde nach dem Interesse am Thema Klima-


wandel und Klimaschutz gefragt. Ein Großteil gab an, 47 % ziemlich
„sehr“ (25 Prozent) oder „ziemlich“ (47 Prozent) an die-
sem Thema interessiert zu sein. Nur eine verschwin-
dend kleine Minderheit sagte, dass sie sich überhaupt
Repräsentativerhebung bei 2.115 Befragten,
nicht dafür interessiert. Allerdings ist das Interesse Bevölkerung ab 14 Jahren,
nicht in allen Bevölkerungsgruppen gleich groß. Jünge- Angaben in Prozent
re (unter 30 Jahre) und ältere Menschen (über 60 Jahre)
48 Umweltbewusstsein in Deutschland 2020

Abbildung 18: Informationsstand zum Der Mensch wird mehrheitlich als Treiber des
Thema Klimawandel Klimawandels gesehen

Frage: Wie gut fühlen Sie sich über das Thema In der Wissenschaft gibt es einen breiten Konsens dar-
Klimawandel und Klimaschutz insgesamt informiert? über, dass der Klimawandel vor allem durch menschli-
che Aktivitäten verursacht wird. Eine Mehrheit der Be-
fragten stimmt dieser Einschätzung zu (63 Prozent).
1 % gar nicht Weitere 14 Prozent sind sogar der Ansicht, der Klima-
informiert 8 % sehr gut
informiert wandel sei ausschließlich auf menschliches Handeln
39 % etwas zurückzuführen. Knapp ein Viertel der Befragten
informiert
schätzt den Anteil, mit dem der Mensch zum Klima-
wandel beiträgt, geringer ein, als er entsprechend des
wissenschaftlichen Kenntnisstandes ist. Der weitaus
größere Teil dieser Gruppe hält natürliche Prozesse und
menschliches Handeln gleichermaßen für ursächlich.
Nur wenige sind der Ansicht, dass der Klimawandel vor
allem oder ausschließlich durch natürliche Prozesse
vorangetrieben wird. Bezogen auf alle Befragten sind
dies 4 Prozent. Damit wird deutlich, dass der menschli-
che Faktor lediglich von einer kleinen Gruppe in Frage
gestellt wird. Außerdem zeigen die Antworten, dass nur
52 % gut informiert eine verschwindend kleine Minderheit den Klimawan-
del komplett leugnet. Insgesamt wird der Klimawandel
also fast nicht mehr bestritten. Es sind dabei vergleichs-
weise häufig Personen mit (sehr) hohem Bildungsni-
Repräsentativerhebung bei 2.115 Befragten,
Bevölkerung ab 14 Jahren, veau und solche unter 40 Jahren, die die entscheidende
Angaben in Prozent Ursache für den Klimawandel im menschlichen
Handeln sehen.

Ein genauerer Blick auf diejenigen, die den Einfluss na-


und Einstellungen gegenüber Umwelt, Klima und türlicher Prozesse betonen, ist interessant, denn sie ge-
Nachhaltigkeit auftreten. ben mehrheitlich an, sich gut über den Klimawandel
informiert zu fühlen. Offenbar fehlt es ihnen nicht an
Etwas besser informiert fühlen sich dagegen die 30- bis Informationen, vielmehr beruht ihre Einschätzung auf
39-Jährigen und die 60- bis 69-Jährigen. Unterschie- Überzeugungen und Deutungen, die nicht mit der wis-
de zeigen sich auch mit Blick auf das Bildungsniveau. senschaftlichen Beurteilung übereinstimmen. Even-
Personen mit hohem und sehr hohem Bildungsniveau tuell informieren sich diese Personen vorrangig über
fühlen sich besser informiert als die anderen Gruppen. solche sozialen Medien, in denen der Klimawandel re-
lativiert und das menschliche Handeln als Ursache an-
Zudem gaben Männer häufiger als Frauen an, sich gezweifelt wird. Der notwendige Dialog mit dieser
(sehr) gut informiert zu fühlen. Allerdings ist mit der Gruppe wird dadurch deutlich erschwert, denn es ist zu
Angabe, sich gut informiert zu fühlen, noch nichts da- befürchten, dass die klare wissenschaftliche Datenlage
rüber gesagt, ob der Klimawandel als bedrohlich ein- grundsätzlich in Frage gestellt wird.
geschätzt wird und ob Maßnahmen zu seiner Bekämp-
fung als wichtig angesehen werden. Im Verlauf dieses Unter den 19 Prozent, die den Klimawandel zu etwa
Kapitels wird auf diesen Punkt weiter eingegangen. gleichen Teilen natürlichen Prozessen und menschli-
chem Handeln zuschreiben, gibt es dagegen vergleichs-
weise viele Personen, die sich nicht oder nur etwas
über den Klimawandel informiert fühlen. Diese Gruppe
dürfte daher eher über Informationen und Aufklärung
erreichbar sein.
Umweltbewusstsein in Deutschland 2020 49

Abbildung 19: Vermutete Ursache/n für den Klimawandel

Frage: Wodurch wird der Klimawandel Ihrer Meinung nach verursacht? Bitte wählen Sie die Angabe aus, die Ihrer
persönlichen Auffassung am nächsten kommt.

1% 0% 4% 19 % 63 % 14 %
Ich bezweifle, nur durch vor allem durch zu etwa vor allem durch nur durch
dass es derzeit natürliche natürliche gleichen menschliches menschliches
einen Klima- Prozesse Prozesse Teilen durch Handeln Handeln
wandel gibt. natürliche
Prozesse und
menschliches
Handeln

Repräsentativerhebung bei 2.115 Befragten, Bevölkerung ab 14 Jahren,


Angaben in Prozent, Rundungsdifferenzen

Problemlage, emotionale Betroffenheit und • Einstellungsfragen, die die gefühlsmäßige Betroffen-


Handlungsbedarf – facettenreiche Erhebung der heit gegenüber der Klimaproblematik aufzeigen. Da-
Klimaeinstellungen bei kann es sich zum Beispiel um negative Emotionen
wie Angst oder Wut bezogen auf den Klimawandel
Um die Einstellungen zum Klimawandel und Klima- und seine Folgen handeln.
schutz systematisch zu erfassen, wurde den Befragten
ein Frageblock mit verschiedenen Aussagen vorgelegt. • Einstellungsitems, die auf die Einsicht abzielen, dass
Angewendet auf das Thema Klimawandel und Klima- mit Blick auf den Klimawandel dringender Hand-
schutz lassen sich die Fragen zu den Einstellungen drei lungsbedarf besteht. Dabei geht es neben dem Klima-
Gruppen zuordnen: schutz auch um Maßnahmen zur Klimaanpassung.

• Einstellungsfragen, die auf die Einsicht in die Ausgehend von diesen drei Gruppen wurden insgesamt
Problemlage des Klimawandels zielen, also beispiels- sieben klimabezogene Aussagen abgefragt.
weise, ob der Klimawandel negative Folgen hat und
dadurch die natürlichen Lebensgrundlagen der
Menschheit bedroht sind.
50 Umweltbewusstsein in Deutschland 2020

Abbildung 20: Einstellungen zum Klimawandel

Frage: Im Folgenden sehen Sie allgemeine Aussagen zum Thema Klimawandel. Bitte geben Sie auch hier an,
inwiefern Sie jeweils zustimmen.

Der Klimawandel findet


bereits statt, deswegen
sollten wir dringend
Maßnahmen zur Anpassung 2 6 43 49
an seine Folgen ergreifen.

Durch unsere Lebensweise


sind wir für die Folgen des
Klimawandels in ärmeren 6 14 37 42
Ländern mit verantwortlich.

Der Klimawandel bedroht


auch unsere Lebensgrundlagen 3 19 43 36
hier in Deutschland.

Es macht mich wütend, wenn


ich sehe, dass Deutschland 8 24 40 27
seine Klimaschutzziele verfehlt.

Vor den Folgen des


Klimawandels habe ich Angst. 8 29 37 26

Wenn es um die Folgen des


Klimawandels geht, wird 33 45 15 7
vieles sehr übertrieben.

Das mit dem Klimawandel


halte ich nicht für so drama-
tisch, deswegen sehe ich auch 62 28 9 2
keinen Bedarf, ihn zu bremsen.

0% 25 % 50 % 75 % 100 %

stimme überhaupt stimme eher stimme stimme voll


nicht zu nicht zu eher zu und ganz zu

Repräsentativerhebung bei 2.115 Befragten, Bevölkerung ab 14 Jahren,


Angaben in Prozent, an 100 % Fehlende: „kann ich nicht sagen“

Breite Einsicht in die Problemlage und die meisten Befragten scheint bewusst zu sein, dass vor al-
Handlungsnotwendigkeit lem die reicheren Länder zum Klimawandel beitra-
gen. Dementsprechend sind fast 80 Prozent der Mei-
Rund 80 Prozent der Befragten sehen die Lebensgrund- nung, dass wir mit unserer Lebensweise für die Folgen
lage in Deutschland durch den Klimawandel bedroht. des Klimawandels in ärmeren Ländern mitverantwort-
Entsprechend sind nur etwa 20 Prozent der Ansicht, lich sind.
vieles werde sehr übertrieben, wenn es um die Folgen
des Klimawandels geht. Eine Verharmlosung oder gar Analog dazu werden Maßnahmen zur Klimaanpassung
Leugnung findet also lediglich in relativ geringem Um- von 90 Prozent der Befragten als notwendig angesehen.
fang statt. Außerdem lehnen fast 90 Prozent die Aussage ab, der
Klimawandel sei nicht so dramatisch und es gäbe des-
Zur Einschätzung der Problemlage gehört auch, wie wegen keinen Bedarf, ihn zu bremsen.
globale Zusammenhänge und damit verbundene Fra-
gen der Klimagerechtigkeit bewertet werden. Den
Umweltbewusstsein in Deutschland 2020 51

Die emotionale Betroffenheit ist etwas schwächer aus- Abbildung 21: Klimaeinstellungen
geprägt. Dennoch gibt mit fast zwei Dritteln der Be- zusammengefasst
fragten eine klare Mehrheit an, dass sie Angst vor den
Folgen des Klimawandels hat, denn viele Auswirkun-
gen des Klimawandels wie Hitzewellen oder Dürren
werden auch für die Menschen in Deutschland immer sehr hohes
34% Klimabewusstsein
spürbarer. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Befra-
gung im November/Dezember 2020 stattfand, also vor
der Hochwasserkatastrophe im Sommer 2021, die die
existenzielle Bedrohung durch den Klimawandel auf
drastische Weise vor Augen führte.
32%
Die Einstellungen zur „Bedrohung der Lebensgrund-
lagen“ und zur „Wut über das Verfehlen der Klima-
schutzziele“ wurden bereits in der Umweltbewusst-
seinsstudie 2018 abgefragt. Im Vergleich zeigt sich, dass
die Zustimmung zu beiden Aussagen etwas gesun- 17%
ken ist („Bedrohung“ von 85 auf 78 Prozent; „Wut über
Verfehlung Klimaschutzziele“ von 74 auf 67 Prozent).
Das Bundes-Klimaschutzgesetz, das die Bundesregie-
rung im Herbst 2019 beschlossen hat, könnte zu die- 11%
sem Rückgang beigetragen haben. Zudem hat die Co-
rona-Pandemie das Thema Klimaschutz 2020 von Platz
3%
eins der in der Öffentlichkeit diskutierten Themen ver-
drängt. Außerdem könnte dämpfend gewirkt haben,
dass Deutschland – unter anderem durch die Auswir- 3% sehr niedriges
kungen der Corona-Pandemie – sein Klimaziel für 2020 Klimabewusstsein
erreicht hat. Schlussendlich ist aber festzuhalten, dass
eine Mehrheit der Bevölkerung den Klimawandel trotz
Repräsentativerhebung bei 2.115 Befragten,
der Corona-Pandemie weiterhin als Bedrohung wahr-
Bevölkerung ab 14 Jahren,
nimmt und sich eine Einhaltung der Klimaschutzzie- Kenngröße aus 7 Einstellungs-Items,
le wünscht. Angaben in Prozent

Zwei Drittel der Befragten besitzen ausgeprägte


Klimaeinstellungen fühlen sich zwar mit einem Anteilswert von 72 Pro-
zent am häufigsten gut informiert. Dies geben die Be-
Um ein zusammenfassendes Bild zu den erhobenen fragten mit gering ausgeprägten Klimaeinstellungen
Klimaeinstellungen zu erhalten, wurde aus den Ant- mit 58 Prozent jedoch ebenfalls mehrheitlich an. Ein
worten zu den in Abbildung 20 vorgestellten Aussa- vergleichbares Ergebnis wurde oben schon für den Zu-
gen ein Gesamtwert gebildet, der auf einer Skala von 0 sammenhang zwischen dem Ursachenwissen und der
bis 10 liegen kann, wobei höhere Werte auf stärker aus- selbsteingeschätzten Informiertheit berichtet. Insge-
geprägte Klimaeinstellungen hinweisen (siehe hier- samt wird damit deutlich: Skepsis und Ablehnung ge-
zu Kapitel 5). Insgesamt zeigt sich, dass zwei Drittel der hen oft mit der Einschätzung einher, gut informiert zu
Befragten ein (sehr) ausgeprägtes Klimabewusstsein be- sein.
sitzen. Nur eine kleine Gruppe von etwa 6 Prozent hat
(sehr) gering ausgeprägte Klimaeinstellungen. Des Weiteren zeigt sich, dass Frauen und Personen mit
hohem Bildungsniveau stärker ausgeprägte Klimaein-
Der Gesamtwert kann zudem genutzt werden, um Zu- stellungen besitzen. Ebenso erreichen die Jüngeren (bis
sammenhänge zu überprüfen. Beispielsweise zeigt sich, 39 Jahre) einen vergleichsweise hohen Wert und die
dass die Einschätzung der eigenen Informiertheit und mittleren Altersgruppen (40 bis 59 Jahre) einen niedri-
die Einstellung zum Klimawandel und Klimaschutz gen. Bei den Älteren (60 Jahre und älter) ergibt sich kein
eher schwach miteinander verbunden sind: Die Befrag- klares Bild, sodass im Mittel ein eher durchschnittli-
ten mit sehr stark ausgeprägten Klimaeinstellungen cher Wert vorliegt.
52 Umweltbewusstsein in Deutschland 2020

6.2 Verantwortung für den Klima- men. Passend dazu meinen lediglich 20 Prozent, dass
schutz – Akteure und Strategien Deutschland drängendere Probleme hat und sich beim
Klimaschutz zurückhalten sollte. Und wieder sind es
Internationale Klimapolitik: Deutschland soll insbesondere die Jüngeren, die sagen, dass Deutschland
beim Klimaschutz Vorreiter sein beim Klimaschutz vorangehen sollte.

Der Klimawandel ist eine globale Herausforderung, die 76 Prozent der Befragten stimmen der Einschätzung
alle Staaten dieser Erde betrifft. Auch der Klimaschutz zu, dass sich Deutschland ehrgeizigere Klimaziele set-
ist eine Aufgabe, die nur durch gemeinsames Handeln zen sollte, um das Pariser Klimaabkommen zu erfül-
bewältigt werden kann. Wer welche Lasten tragen soll len. 80 Prozent der Befragten sind davon überzeugt,
und wie schnell einzelne Staaten ihre Treibhausgas- dass ambitionierter Klimaschutz der wirtschaftlichen
emissionen reduzieren sollen, wird allerdings kontro- Entwicklung des Landes nicht entgegensteht, sondern
vers diskutiert. In der Umweltbewusstseinsstudie 2020 vielmehr Arbeitsplätze schaffen und die internationale
wurde daher gefragt, wie die Rolle Deutschlands in der Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands fördern würde.
internationalen Klimapolitik im Vergleich zu anderen
Staaten gesehen wird: Wird in Deutschland zu viel oder Etwas zurückhaltender sind die Befragten, wenn es da-
eher zu wenig für den Klimaschutz getan? rum geht, ob Deutschland andere Staaten beim Klima-
schutz und bei der Bewältigung der Folgen des Klima-
Das Ergebnis ist eindeutig: Eine große Mehrheit von wandels unterstützen soll. Zwar stimmt auch hier eine
83 Prozent der Befragten ist der Ansicht, dass Industrie- Mehrheit von 73 Prozent zu, allerdings nur 23 Prozent
staaten wie Deutschland international in der Pflicht voll und ganz.
seien, eine Vorreiterrolle beim Klimaschutz einzuneh-

Abbildung 22: Rolle Deutschlands für den Klimaschutz

Frage: Manche meinen, dass in Deutschland zu wenig für den Klimaschutz getan wird, andere finden, es werde
zu viel getan. Wie stehen Sie zu folgenden Aussagen?

Industriestaaten wie Deutsch-


land sind international in der 5 12 37 46
Pflicht, mit dem Klimaschutz
voranzugehen.
Es liegt im eigenen Interesse
Deutschlands, beim 4 15 44 36
Klimaschutz voranzugehen,
das schafft Arbeitsplätze.
Deutsche Klimaschutzziele
sollten ehrgeiziger sein mit 6 17 39 37
Blick auf das Paris-Abkommen
(Begrenzung Erderwärmung).

Deutschland sollte andere


Staaten beim Klimaschutz 7 20 50 23
stärker unterstützen.

Deutschland hat drängen-


dere Probleme und sollte 34 46 12 8
beim Klimaschutz nicht
vorangehen.
0% 25 % 50 % 75 % 100 %

stimme überhaupt stimme eher stimme stimme voll


nicht zu nicht zu eher zu und ganz zu

Repräsentativerhebung bei 2.115 Befragten, Bevölkerung ab 14 Jahren,


Angaben in Prozent, Rundungsdifferenzen
Umweltbewusstsein in Deutschland 2020 53

Abbildung 23: Verantwortlichkeit für den Klimaschutz

Frage: Wie sehr sind die folgenden Akteure Ihrer Meinung nach für den Klimaschutz verantwortlich?

Industrie und Wirtschaft 2% 8% 33 % 57 %

Europäische Union 1% 17 % 47 % 35 %

Bundesregierung 1% 17 % 42 % 40 %

Vereinte Nationen (UN) 3% 21 % 45 % 32 %

Bürgerinnen und Bürger 1% 23 % 44 % 31 %

Städte und Gemeinden 2% 23 % 55 % 19 %

Bundesländer 1% 24 % 49 % 25 %

Wissenschaft 8% 24 % 44 % 25 %

Umweltverbände 10 % 26 % 37 % 26 %

gar nicht sehr stark


etwas stark
verantwortlich verantwortlich

Repräsentativerhebung bei 2.115 Befragten, Bevölkerung ab 14 Jahren,


Angaben in Prozent

Verantwortung für den Klimaschutz: viele Die Bundesregierung folgt in der Rangliste an zweiter
Akteure stehen in der Pflicht Stelle. 82 Prozent sehen sie in der Pflicht, den Klima-
wandel zu bremsen. Ebenso viele sagen, dass die
Eng verbunden mit der Rolle Deutschlands beim Kli- Europäische Union verantwortlich ist, allerdings ist
maschutz ist die Frage, wer für die Bekämpfung des hier der Anteil derjenigen, die die EU für „sehr stark
Klimawandels in der Verantwortung steht. Deutlich verantwortlich“ hält, etwas kleiner.
wird, dass der Klimaschutz eine Aufgabe ist, die nicht
nur an einzelne Akteure delegiert werden kann. Den- Internationalen Organisationen wird eine etwas gerin-
noch gibt es klare Vorstellungen darüber, wer die größ- gere Zuständigkeit zugesprochen. So werden die Ver-
te Verantwortung für den Klimaschutz tragen sollte. einten Nationen von 77 Prozent der Befragten genannt.

Am häufigsten werden Wirtschaft und Industrie ge- Und nicht zuletzt sehen sich auch die Bürgerinnen und
nannt. 90 Prozent der Befragten sehen die Akteure in Bürger in der Pflicht. 75 Prozent der Befragten sagen,
diesen beiden Bereichen in der Verantwortung. Eine dass die Bevölkerung auch selbst dafür verantwortlich
sehr breite Mehrheit erwartet also, dass Unternehmen ist, etwas gegen den Klimawandel zu tun.
einen Beitrag zur Bekämpfung des Klimawandels
leisten.
54 Umweltbewusstsein in Deutschland 2020

Abbildung 24: Bewertung von politischen Maßnahmen zum Klimaschutz

Frage: Es gibt unterschiedliche Vorschläge, um den Klimaschutz voranzubringen. Inwieweit sind die folgenden
politischen Herangehensweisen Ihrer Ansicht nach dafür wichtig?

Entwicklung von klimafreundlichen Produkten und


Technologien stärker fördern 5% 40 % 54 %

Bildung und Ausbildung für mehr Klimaschutz


stärken (z.B. an Schulen und in Betrieben) 2% 8% 41 % 48 %

Klimaschädliche Subventionen abbauen


(z.B. die Steuerbefreiung für Flugbenzin 2% 9% 33 % 55 %
aufheben)
Klimafreundliche Produkte besser
kennzeichnen (z.B. mittels Blauem Engel 2% 13 % 42 % 44 %
oder Angaben zum Energieverbrauch)
Ökologische Anforderungen an Produkte,
Technologien und Dienstleistungen 5 % 13 % 49 % 32 %
kontinuierlich verschärfen
Klimaschädliche Produkte verteuern,
damit klimafreundliche Produkte 5% 15 % 44 % 36 %
wettbewerbsfähiger werden
Besonders klimaschädliche Produkte
verbieten (z.B. keine neuen 4% 16 % 38 % 42 %
Ölheizungen mehr ab 2026)

überhaupt eher nicht eher sehr


nicht wichtig wichtig wichtig wichtig

Repräsentativerhebung bei 2.115 Befragten, Bevölkerung ab 14 Jahren,


Angaben in Prozent, an 100 % Fehlende: „kann ich nicht sagen“

Auffällig ist, dass auch der Wissenschaft mehrheitlich zum Beispiel in Schulen oder Betrieben, verankert wer-
eine verantwortliche Rolle für den Klimaschutz zuge- den. Breite Zustimmung gibt es auch für Maßnahmen,
schrieben wird. 69 Prozent der Befragten sind der Auf- die es Verbraucherinnen und Verbrauchern erleichtern,
fassung, dass die Wissenschaft eine aktive Rolle bei den sich im Alltag für klimafreundliche Produkte zu ent-
gesellschaftlichen Anstrengungen zur Bewältigung des scheiden. 86 Prozent der Befragten halten es für wich-
Klimawandels einnehmen soll. tig, klimafreundliche Produkte durch Umweltzeichen
wie den Blauen Engel zu kennzeichnen.

Politisches Vorgehen beim Klimaschutz: Einschränkenden Maßnahmen wie Verboten, höhe-


auch hohe Zustimmung zu einschränkenden ren Preisen oder verschärften Standards wird etwas
Maßnahmen weniger zugestimmt, sie werden aber ebenfalls mehr-
heitlich als wichtig erachtet. So sprechen sich 80 Pro-
Wenn es darum geht, wie Klimaschutz vorangebracht zent der Befragten dafür aus, klimaschädliche Produk-
werden kann, liegen bestimmte ökonomische Anrei- te wie zum Beispiel Ölheizungen zu verbieten. Ebenso
ze in der Gunst der Befragten vorne: 94 Prozent finden viele sagen, dass klimaschädliche Produkte teurer wer-
es wichtig, dass klimafreundliche Produkte und Tech- den sollten, damit klimafreundliche Produkte wettbe-
nologien stärker gefördert werden. Zudem halten es werbsfähiger werden.
88 Prozent für wichtig, dass Subventionen für Produk-
te und Dienstleistungen, die das Klima schädigen, abge-
baut werden.

Auch die Vermittlung von Wissen spielt eine zentra-


le Rolle: Knapp 90 Prozent der Befragten meinen, das
Thema Klimaschutz müsste stärker in der Ausbildung,
Umweltbewusstsein in Deutschland 2020 55

Einnahmen aus der CO2-Bepreisung für mehr gramme zu verwenden, die den Klimaschutz fördern.
und bessere klimafreundliche Angebote 15 Prozent bevorzugen ein Modell, bei dem ein fester
einsetzen Betrag des eingenommenen Geldes an jede Bürgerin
und jeden Bürger zurückgegeben wird. Wer wenig CO2
Seit Januar 2021 wird in Deutschland ein Preis auf fos- verursacht, hätte dadurch einen finanziellen Vorteil,
sile Energieträger wie Heizöl oder Kraftstoff erhoben, während Personen mit einem hohen CO2-Fußabdruck
der sich nach der Menge des freigesetzten CO2 richtet. insgesamt stärker belastet werden. Personen aus Regio-
Klimaschädliche Produkte und Technologien sollen so nen mit verhältnismäßig schlechtem Infrastrukturzu-
teurer werden, um klimafreundliche Angebote attrak- gang (öffentlicher Verkehr, Nahversorgung) und relativ
tiver zu machen. Zum Zeitpunkt der Befragung war geringer Kaufkraft sprechen sich etwas häufiger für die
das Gesetz zwar noch nicht in Kraft, aber die Befragten Pro-Kopf-Rückzahlung aus (25 Prozent). 11 Prozent der
wurden um ihre Meinung gebeten, wie die Einnahmen Befragten sagen, dass mit den Einnahmen die Strom-
aus der CO2-Bepreisung verwendet werden sollen. kosten für die Verbraucherinnen und Verbraucher ge-
senkt werden sollten. Eine Minderheit von 18 Prozent
Die Mehrheit der Befragten spricht sich dafür aus, die lehnt die CO2-Bepreisung grundsätzlich ab.
Einnahmen aus der sogenannten CO2-Abgabe für Pro-

Abbildung 25: Verwendung der Einnahmen aus der CO2-Bepreisung

Frage: Um die klimaschädlichen CO2-Emissionen im Verkehr oder im Gebäudebereich zu verringern, wird der Staat
ab 2021 Kraftstoffe und fossile Heizstoffe (zum Beispiel Heizöl, Gas) mit einem CO2-Preis belegen.
Wenn Sie entscheiden könnten, wie diese staatlichen Einnahmen genutzt werden, welche der folgenden
Möglichkeiten würden Sie wählen?

55 % 15 % 11 % 18 %
Die Einnahmen sollen Die Einnahmen sollen an Mit den Einnahmen Ich bin grundsätzlich
für Förderprogramme die Bürgerinnen und sollen die Stromkosten gegen einen CO2-Preis.
verwendet werden, die Bürger zurückgegeben für Verbraucherinnen
es ermöglichen, in werden. Dabei erhält und Verbraucher gesenkt
Zukunft weniger CO2 jeder/jede den gleichen werden.
auszustoßen. Betrag.

Repräsentativerhebung bei 2.115 Befragten, Bevölkerung ab 14 Jahren,


Angaben in Prozent
56 Umweltbewusstsein in Deutschland 2020

Bevölkerung. Allerdings ist die Gruppe derjenigen, die


6.3 Engagement und Veränderungs- das Anliegen der Klimabewegung voll und ganz teilt,
bereitschaften für den mit nur 24 Prozent deutlich kleiner.
Klimaschutz
Entsprechend gibt es auch eine starke Minderheit, die
Wahrnehmung des Engagements anderer: den Klimaprotesten kritisch gegenübersteht. So stim-
Zustimmung, aber auch Skepsis men 35 Prozent der Befragten zu, dass Klimaaktivistin-
nen und Klimaaktivisten übertriebene Aufregung und
Viele Menschen haben sich in den vergangenen Jahren Panik verbreiten würden. Knapp ein Drittel der Befrag-
weltweit für den Klimaschutz engagiert. Neben breiter ten meint, dass die Demonstrierenden nicht glaubwür-
öffentlicher Zustimmung wurden aber auch Stimmen dig seien. Skepsis oder Kritik zeigen sich damit etwas
laut, die dieses Engagement eher kritisch sehen. Die Re- häufiger als bei den Einstellungen zum Klimaschutz
aktionen der Bevölkerung auf das Klimaengagement (siehe hierzu Kapitel 6.1). Der harte Kern der Ablehnen-
waren daher auch Bestandteil der Befragung. den, der die Klimaaktivistinnen und Klimaaktivisten
für vollkommen unglaubwürdig hält und ihnen Panik-
Eine deutliche Mehrheit äußert grundsätzliche Sympa- mache vorwirft, ist allerdings relativ klein (9 Prozent).
thie, Wertschätzung und Anerkennung für das Engage-
ment der Klimaaktivistinnen und Klimaaktivisten.
73 Prozent stimmen der Aussage zu, dass sie großen
Respekt vor denjenigen haben, die sich für den Klima-
schutz einsetzen. 67 Prozent geben an, dass sie das An-
liegen der Klimabewegung unterstützen. Für viele hat-
ten deren Aktionen auch eine mobilisierende Wirkung.
60 Prozent der Befragten sagen, dass die Klima-
proteste für sie ein wichtiger Anstoß sind, selbst mehr
für den Klimaschutz zu tun. Das Engagement für den
Klimaschutz findet also einen breiten Rückhalt in der

Abbildung 26: Bewertung des Engagements anderer

Frage: In den vergangenen Jahren sind weltweite Bewegungen für den Klimaschutz entstanden. Dazu gehört zum
Beispiel Fridays for Future. Wie bewerten Sie solche Aktivitäten alles in allem?

Vor dem Engagement der Menschen, die bei


solchen Bewegungen mitmachen, habe ich 10 % 17 % 40 % 33 %
großen Respekt.

Ich unterstütze die Anliegen dieser


Bewegungen. 13 % 20 % 43 % 24 %

Die Aktionen der Klimaaktivistinnen und


-aktivisten sind für mich ein wichtiger Anstoß, 14 % 26 % 43 % 17 %
selbst mehr für den Klimaschutz zu tun.
Ich finde, die Klimaaktivistinnen
und -aktivisten verbreiten vor allem 31 % 34 % 26 % 9%
übertriebene Panik und Aufregung.
Für mich sind die Klimaaktivistinnen
und -aktivisten nicht glaubwürdig. 30 % 38 % 22 % 9%

stimme
überhaupt stimme eher stimme stimme voll
nicht zu nicht zu eher zu und ganz zu

Repräsentativerhebung bei 2.115 Befragten, Bevölkerung ab 14 Jahren,


Angaben in Prozent
Umweltbewusstsein in Deutschland 2020 57

Abbildung 27: Formen des Engagements für den Klimaschutz

Frage: Haben Sie Folgendes in letzter Zeit schon gemacht bzw. können Sie sich grundsätzlich vorstellen, dies
zu tun?

Eine Partei wählen, die sich für 8 14 19 4 55


Klimaschutz einsetzt

Andere Personen in Gesprächen vom 6 25 16 2 52


Klimaschutz überzeugen

Bei Online-Petitionen oder


Initiativen für Klimaschutz 11 21 24 5 40
unterzeichnen

Geld für derartige Organisationen 15 36 22 3 24


spenden

Mit einer Meinungsäußerung öffentlich


für den Klimaschutz eintreten, z.B. in 13 40 20 4 23
sozialen Medien oder Leserbriefen
Geld ökologisch anlegen (z.B. in
ökologische Fonds und Solar- oder 10 41 23 8 19
Windenergieprojekte)

Mich an Demonstrationen für 23 41 15 6 16


Klimaschutz beteiligen

Aktiv bei Initiativen oder


Organisationen aus diesem 11 51 24 2 12
Bereich mitarbeiten

0% 25 % 50 % 75 % 100 %

nein, auf eher nein eher ja ja, auf jeden Fall wird bereits
keinen Fall gemacht

Repräsentativerhebung bei 2.115 Befragten, Bevölkerung ab 14 Jahren,


Angaben in Prozent, Rundungsdifferenzen

Vergleichsweise häufig wird das Anliegen der Klima- Engagement für den Klimaschutz: Viele sind
bewegung von Frauen unterstützt, von unter 40-Jäh- aktiv, aber nur wenige sind zu mehr bereit
rigen sowie von Befragten mit (sehr) hoher Bildung.
Skepsis oder Ablehnung zeigt sich dagegen in stärke- Es gibt viele Möglichkeiten, sich für den Klimaschutz
rem Umfang bei Männern, Personen im mittleren Alter zu engagieren. Am häufigsten wird hier die Wahl von
(40 bis 49 Jahre), Befragten mit sehr hohem ökonomi- politischen Parteien genannt. 55 Prozent der Befragten
schem Status sowie Befragten in ländlichen Regionen. geben an, dass sie in letzter Zeit eine Partei gewählt ha-
Personen dieser Gruppen sind zudem häufiger der ben, die sich für den Klimaschutz einsetzt. Eine weite-
Ansicht, die Klimabewegung würde vor allem über- re Form des Engagements ist das Gespräch im eigenen
triebene Panik und Aufregung verbreiten. sozialen Umfeld. Hier erklären 52 Prozent der Befrag-
ten, dass sie versucht haben, andere im Gespräch vom
Klimaschutz zu überzeugen. Ebenfalls recht weit ver-
breitet ist die Unterstützung von Aufrufen im Internet
oder in den sozialen Medien. 40 Prozent haben in letz-
ter Zeit eine Online-Petition oder Initiative für den Kli-
maschutz unterzeichnet. Die Befragten engagieren sich
aber auch öffentlich. So haben sich 23 Prozent von ih-
nen in letzter Zeit zum Beispiel in Blogs oder Leser-
briefen zum Thema Klimaschutz geäußert. 16 Prozent
58 Umweltbewusstsein in Deutschland 2020

berichten, dass sie an einer Demonstration für den Kli- Jugendliche und junge Erwachsene beteiligen sich ver-
maschutz teilgenommen haben. 12 Prozent der Befrag- gleichsweise häufig an Demonstrationen, Online-
ten haben sich in einer klimapolitischen Initiative oder Petitionen und Meinungsäußerungen in den sozialen
Organisation engagiert. Medien, und arbeiten öfter in Initiativen für den Kli-
maschutz mit. Weibliche Befragte geben relativ häu-
Generell ist das Engagement für den Klimaschutz bei fig an, Online-Petitionen zu unterstützen, sich an De-
den jüngeren Altersgruppen am stärksten ausgeprägt. monstrationen für den Klimaschutz zu beteiligen oder

Abbildung 28: Bereitschaft zu Verhaltensänderungen

Frage: Es gibt verschiedene Möglichkeiten, mit seinem alltäglichen Handeln zum Klimaschutz beizutragen.
Bitte geben Sie für die folgenden Handlungen an, ob Sie zu diesen bereit wären oder nicht.

Bereitschaft, …

auf Flugreisen ganz oder 7 14 15 3 61


teilweise zu verzichten

zu einem Ökostromtarif zu wechseln 2 11 26 8 53

Haushaltsgeräte konsequenter mit


sehr guter Energieeffizienzklasse 1 4 35 25 35
zu kaufen

die Wohnung im Winter weniger 3 19 36 10 33


zu beheizen

für alltägliche Wege seltener das Auto 3 19 41 15 22


zu nutzen

weniger Mahlzeiten mit Fleisch zu 7 18 37 30 7


essen

insgesamt weniger zu konsumieren 5 15 52 22 6

auf weniger Wohnfläche


zu leben 12 52 28 8

0% 25 % 50 % 75 % 100 %

nein, auf wird bereits


keinen Fall eher nein eher ja ja, auf jeden Fall
gemacht

Repräsentativerhebung bei 2.115 Befragten, Bevölkerung ab 14 Jahren,


Angaben in Prozent, Rundungsdifferenzen
Umweltbewusstsein in Deutschland 2020 59

eine Partei zu wählen, die für den Klimaschutz ein- ein Hindernis für klimafreundliches Handeln. Fast jede
tritt. Finanzielle Unterstützung wie ökologische Geld- oder jeder Zweite (44 Prozent) stimmt dieser Aussage
anlagen oder Spenden für klimapolitische Organisati- zu. Anscheinend geht es dabei auch um fehlende
onen und Initiativen ist insbesondere unter den 30- bis finanzielle Ressourcen, denn Personen in Ausbildung
39-Jährigen verbreitet. (65 Prozent) und mit sehr niedrigem ökonomischem
Status (56 Prozent) stimmen hier vergleichsweise oft zu.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass Oder man fühlt sich überfordert, klimafreundlich zu
etwa jede oder jeder Sechste fünf oder mehr Formen handeln. Um beispielsweise auf einen Pkw zu verzich-
des Engagements angibt und somit vielfältig engagiert ten oder weniger Fleisch zu essen, müssen alltägliche
ist. 21 Prozent erklären dagegen, dass sie in keiner der Routinen aufgebrochen und gewohnte Verhaltensori-
genannten Formen aktiv waren. entierungen infrage gestellt werden. Nicht alle finden
ausreichend Zeit und Energie, solche Veränderungen
Zusätzlich wurde nach der Bereitschaft gefragt, sich im Alltag umzusetzen, vor allem dann nicht, wenn sie
zukünftig zu engagieren, sofern man in der entspre- vielfältige Anforderungen zum Beispiel durch Familie
chenden Form noch nicht aktiv war. Als besonders und Beruf miteinander vereinbaren müssen. So stim-
attraktiv für ein künftiges Engagement werden ökolo- men 19 Prozent der Befragten der Aussage zu, dass sie
gische Geldanlagen (8 Prozent), die Beteiligung an sich „nicht auch noch um den Klimaschutz kümmern“
Demonstrationen (6 Prozent) sowie die Unterstützung können. Dabei ist hier der Anteil bei den 30- bis 39-Jäh-
von Onlinepetitionen (5 Prozent) angesehen. Insgesamt rigen (30 Prozent) vergleichsweise hoch.
wird allerdings deutlich: Wurde eine bestimmte Form
des Engagements bislang nicht ausgeübt, dann wird Insgesamt weisen die Ergebnisse darauf hin, dass all-
auch nur relativ selten eine klare Bereitschaft geäußert, tagspraktische Anforderungen wie Zeitmangel, famili-
dies künftig zu tun. äre und berufliche Belastungen sowie fehlende finanzi-
elle Ressourcen Gründe dafür sein können, warum die
Menschen trotz ihres hohen Umweltbewusstseins nicht
Veränderungsbereitschaften für den Klima- entsprechend handeln. Fehlende Angebote oder Infra-
schutz: hohe Potenziale, aber auch Barrieren strukturen könnten weitere Barrieren bedeuten, also
zum Beispiel eine unzureichende Anbindung an den
Neben dem Engagement bietet auch das Verhalten im öffentlichen Nahverkehr oder ein eingeschränktes An-
Alltag vielfältige Möglichkeiten, das Klima zu schützen. gebot an klimafreundlichen Produkten im lokalen Ein-
Wie verbreitet umwelt- und klimafreundliche Verhal- zelhandel.
tensweisen bisher in der Bevölkerung sind, wurde be-
reits in Kapitel 4.3 beschrieben. Doch wie sehr sind die
Menschen bereit, zum Schutz des Klimas ihr Verhalten
zu ändern? Die Ergebnisse zu dieser Frage sind in Ab-
bildung 28 dargestellt. Neben den geäußerten Bereit-
schaften wird auch der Anteil derjenigen berichtet,
die sich bereits entsprechend verhalten oder „immer“
angegeben haben, die also zum Beispiel bereits konse-
quent Haushaltsgeräte mit einer sehr guten Energie-
effizienzklasse kaufen. Auf diese Weise erhält man ein
vollständiges Bild der Veränderungspotenziale. Die Er-
gebnisse verdeutlichen: Die größten Potenziale liegen
in den Verhaltensweisen „weniger Fleisch essen“
(30 Prozent für „ja, auf jeden Fall“), „konsequenter
besonders energieeffiziente Geräte kaufen“ (25 Prozent)
und „insgesamt weniger konsumieren“ (22 Prozent).

Die geäußerte Bereitschaft, mehr für den Klimaschutz


zu tun, geht allerdings häufig nicht mit dem entspre-
chenden Verhalten einher. Die Ergebnisse legen nahe,
dass dies nicht nur auf mangelndes Wissen oder feh-
lende Motivation zurückzuführen ist. Vielfach bildet
auch ein wahrgenommener Mangel an Möglichkeiten
60 Umweltbewusstsein in Deutschland 2020

Abbildung 29: Hemmnisse für klimafreundliches Verhalten

Frage: Im Folgenden sehen Sie allgemeine Aussagen zum Thema Klimawandel. Bitte geben Sie auch hier an,
inwiefern Sie jeweils zustimmen.

Ich kann mich nicht auch noch um den Mir persönlich fehlen oft die Möglichkeiten,
Klimaschutz kümmern. etwas für den Klimaschutz zu tun.

48 % stimme 33 % stimme 43 % stimme


eher nicht zu überhaupt eher nicht zu
nicht zu

13 % stimme
17 % stimme überhaupt
eher zu nicht zu
1 % kann ich 38 % stimme
nicht sagen eher zu

2 % stimme voll 6 % stimme voll


und ganz zu und ganz zu

Repräsentativerhebung bei 2.115 Befragten, Bevölkerung ab 14 Jahren,


Angaben in Prozent

6.4 Umweltbewusstseinstypen und


che Maßnahmen vorliegen. Die Ablehnenden wird man
Klimaschutz – ein vertiefender dagegen mit reiner Wissensvermittlung nicht errei-
Blick chen.

In Kapitel 5 wurde bereits erläutert, wie sich die sechs Um das Klimabewusstsein abzubilden, floss zusätzlich
beschriebenen Umweltbewusstseinstypen hinsicht- zur Kenngröße „Klimaeinstellungen“ auch die Frage
lich ihrer Einstellung gegenüber dem Klimawandel zum Ursachenwissen mit in die Typenbildung ein (sie-
und Klimaschutz unterscheiden. Doch welche weiteren he hierzu Kapitel 5.2). Im Ergebnis zeigen sich deutliche
charakteristischen Merkmale lassen sich bezogen auf Unterschiede für die Umweltbewusstseinstypen: Fast
dieses Thema feststellen? 80 Prozent der Ablehnenden unterschätzen den Ein-
fluss des Menschen beim Klimawandel. Die Hälfte von
Passend zu ihrer relativ stark ausgeprägten Klimaein- diesen Personen geht sogar davon aus, dass der Klima-
stellung interessieren sich insbesondere die Aufge- wandel nur oder vor allem durch natürliche Prozesse
schlossenen, die Orientierten und die Konsequenten für erzeugt wird. Die übrigen sehen ihn zu gleichen Teilen
das Thema Klimawandel. Das gleiche Ergebnis liegt durch natürliche Prozesse und menschliches Handeln
für die gefühlte Informiertheit vor. Aber auch die Ab- hervorgerufen. Außerdem sind die wenigen Personen,
lehnenden fühlen sich gut informiert. Dieses Resultat die generell am Klimawandel zweifeln, fast alle in die-
stimmt mit dem bereits berichteten Ergebnis überein, ser Gruppe. Bei den Skeptischen ist der Anteil der Per-
dass Skepsis und Ablehnung gegenüber dem Klima- sonen, die den menschlichen Faktor unterschätzen,
schutz oft auf der Einschätzung beruhen, gut infor- ebenfalls relativ hoch (58 Prozent), geleugnet wird er al-
miert zu sein. Die Skeptischen und insbesondere die lerdings nur von 6 Prozent. Bei allen anderen Gruppen
Unentschlossenen nehmen sich dagegen als weniger (also auch bei den Unentschlossenen) wird der Einfluss
gut informiert wahr. Damit wird deutlich, dass vor al- des Menschen dagegen relativ selten unterschätzt.
lem bei diesen beiden Gruppen Bedarf an Aufklärungs-
arbeit besteht, aber auch gute Erfolgsaussichten für sol-
Umweltbewusstsein in Deutschland 2020 61

Die drei Gruppen mit den am stärksten ausgeprägten zu den Aufgeschlossenen – analog zur Klimabewegung
Klimaeinstellungen (die Aufgeschlossenen, die Orientier- – vergleichsweise viele junge Menschen gehören (sie-
ten und die Konsequenten) sehen beim Klimaschutz die he hierzu Kapitel 5.2). Die Ablehnenden und Skepti-
Politik und die Bevölkerung stärker in der Verantwor- schen lehnen die Anliegen der Klimabewegung dagegen
tung. Bei den Aufgeschlossenen fällt zudem auf, dass sie mehrheitlich ab und halten die Klimaaktivistinnen und
besonders stark die Wirtschaft in die Verantwortung Klimaaktivisten für nicht glaubwürdig.
nehmen. Dies könnte darauf hinweisen, dass vor allem
von der Wirtschaft Angebote und Maßnahmen erwar-
tet werden, die die Umsetzung von klimafreundlichem
Verhalten erleichtern.

Klimapolitische Maßnahmen werden von den Ableh-


nenden generell als weniger wichtig angesehen, was
vermutlich im Sinne einer mangelnden Akzeptanz ge-
sehen werden kann. Insbesondere betrifft dies Maß-
nahmen, die mit Kosten oder Einschränkungen ver-
bunden sind (Produkte verbieten, Anforderungen
erhöhen, Produkte verteuern). Die Skeptischen stufen
die Wichtigkeit bei allen Maßnahmen am zweitnied-
rigsten ein. Auch sie bewerten insbesondere Maßnah-
men, die mit Kosten oder Einschränkungen verbun-
den sind, häufiger als (eher) unwichtig. Anders als bei
den Ablehnenden schätzt aber stets eine Mehrheit diese
Maßnahmen als eher oder sehr wichtig ein. Bei den üb-
rigen vier Gruppen werden alle Maßnahmen von einer
breiten Mehrheit als eher oder sehr wichtig angesehen.
Dabei liegen in der Regel für die Aufgeschlossenen und
Konsequenten die höchsten Werte vor.

Bei der Frage, wofür die Einnahmen aus der CO2-Be-


preisung verwendet werden sollen, zeigt sich, dass die
Ablehnenden mehrheitlich gegen den CO2-Preis sind
(79 Prozent). Zudem liegt hier bei den Skeptischen ein
vergleichsweise hoher Wert vor (31 Prozent). Die Opti-
onen „Rückgabe an die Bürgerinnen und Bürger“ und
„Reduktion der Stromkosten“ werden von den Unent-
schlossenen etwas häufiger als von den anderen ge-
nannt. Das könnte damit zusammenhängen, dass die
Personen dieser Gruppe auch etwas öfter einen Mangel
an Möglichkeiten für sich sehen, etwas für den Klima-
schutz tun. Die Option „Förderung von Klimaschutz-
maßnahmen“ erhält dagegen, wie zu erwarten war, bei
den Konsequenten den stärksten Zuspruch.

Das eigene Klimaengagement ist analog zum Um-


weltverhalten insbesondere bei den Orientierten und
den Konsequenten ausgeprägt. Bei manchen Formen
zeigt sich aber auch bei den Aufgeschlossenen eine ver-
gleichsweise hohe Beteiligung (zum Beispiel „Par-
tei wählen“, „andere im Gespräch überzeugen“, „Mei-
nung in sozialen Medien veröffentlichen“). Zudem sind
die Aufgeschlossenen neben den Konsequenten die-
jenigen, die dem Engagement anderer am positivs-
ten gegenüberstehen. Dies könnte daran liegen, dass
62 Umweltbewusstsein in Deutschland 2020

7. Sozial-ökologische Transformation –
Handlungsfelder, Anforderungen,
Bereitschaften

stimmen voll und ganz zu, dass die Politik den


65 %
Strukturwandel zügig, aber auch
sozialverträglich vorantreiben soll.

26 % stimmen eher zu, dass die Politik den


Strukturwandel zügig, aber auch
sozialverträglich vorantreiben soll.

stimmen eher nicht zu, dass die Politik


3%
den Strukturwandel zügig, aber auch
sozialverträglich vorantreiben soll.

5% stimmen überhaupt nicht zu, dass die


Politik den Strukturwandel zügig, aber
auch sozialverträglich vorantreiben soll.
Umweltbewusstsein in Deutschland 2020 63

Dieses Kapitel befasst sich mit dem zweiten Teil des


Schwerpunktthemas dieser Umweltbewusstseins-
7.1 Bürgerinnen und Bürger
studie und beleuchtet, in welchem Maße die Menschen zwischen Wunsch und
in Deutschland die Notwendigkeit für grundlegende Wirklichkeit?
Veränderungen in verschiedenen gesellschaftlichen
Bedürfnisfeldern sehen. Konkret geht es um folgende Der Schutz von Umwelt, Natur und Klima hat
Fragen: Wie notwendig scheinen Veränderungen beim eine große Bedeutung für die Lebensqualität
Umwelt- und Klimaschutz, wenn es um bessere
Lebensumstände für alle geht? Wie spiegelt sich dies Zunächst geht es um die Frage, in welchen Bereichen
im Lebensstil der Bürgerinnen und Bürger wider? die Menschen Veränderungen als besonders dringend
Welche Anforderungen stellt die Bevölkerung an die ansehen. An erster Stelle werden hier Maßnahmen im
Ausgestaltung bestimmter Handlungsfelder und Bereich Gesundheit und Pflege genannt. Diese Antwort
Veränderungen in den Bereichen Ernährung, Landwirt- ist sicher auch geprägt von den Notwendigkeiten und
schaft, Verkehr und Mobilität? Inwieweit werden Erkenntnissen aus der Corona-Pandemie. Gleich an
unterschiedliche Wirtschaftsstrukturmaßnahmen von zweiter Stelle folgt die Forderung nach mehr Umwelt-,
der Bevölkerung unterstützt? Natur- und Klimaschutz. Dieser Bereich wird damit

Abbildung 30: Veränderungen zur Verbesserung der Lebensqualität

Frage: In welchen Bereichen sind aus Ihrer Sicht dringend Veränderungen erforderlich, um ein gutes Leben für
alle zu ermöglichen? Bitte wählen Sie die fünf wichtigsten aus.

Gesundheitswesen/ Pflege stärken 71

mehr Umwelt-, Natur- und Klimaschutz 61

ausreichender und bezahlbarer


Wohnraum 55

Verringerung von Armut und


sozialer Ungleichheit 54

Verbesserung von Bildungschancen 41

Diskriminierung verhindern/
Chancengleichheit 36

besseres Arbeitsplatzangebot/
faire Löhne 35

Digitalisierung voranbringen 32

Verbesserung der öffentlichen


Sicherheit 27

mehr Investitionen in Infrastrukturen 27

Versorgung mit gesunden/


bezahlbaren Lebensmitteln 27

Integration von Zugewanderten 23

0% 25 % 50 % 75 % 100 %

Repräsentativerhebung bei 2.115 Befragten, Bevölkerung ab 14 Jahren,


Angaben in Prozent
64 Umweltbewusstsein in Deutschland 2020

noch vor anderen zentralen Bedürfnissen wie Wohnen, scheinen. Womöglich sind hier die Erwartungen und
soziale Gerechtigkeit, bessere Bildungschancen, Chan- Wünsche nicht so hoch oder bereits in höherem Maße
cengleichheit und bessere Arbeitsbedingungen ange- erfüllt. Veränderungen bei der Integration von Zuge-
führt und belegt dessen hohen Stellenwert. Umwelt-, wanderten sind nur für ein knappes Viertel ein wichti-
Natur- und Klimaschutz sind also nach Ansicht der Be- ger Ansatzpunkt für ein gutes Leben aller.
völkerung dringend erforderlich, um eine gute Lebens-
qualität für alle zu ermöglichen. Frauen sehen Veränderungen in allen häufiger genann-
ten Bereichen vom Gesundheitswesen bis zur Chan-
Wenn in den genannten Bereichen Veränderungen als cengleichheit als noch dringlicher an als Männer. Män-
besonders dringend empfunden werden, kann dies da- ner sprechen sich dagegen öfter für Verbesserungen in
rauf hindeuten, dass hier die bisherige Situation als den Bereichen Arbeitssituation, Digitalisierung, Sicher-
nicht zufriedenstellend erlebt wird und es noch „Luft heit, Infrastruktur und Versorgung aus. Der Forderung
nach oben“ gibt. Die Bereiche können aber auch als ein nach mehr Umwelt,- Natur- und Klimaschutz stimmen
besonders wichtiger Hebel für eine bessere Lebensqua- 70 Prozent der Frauen und 52 Prozent der Männer zu,
lität angesehen werden. Im Umkehrschluss zeigt sich, im Altersvergleich sind es mit 75 Prozent vor allem die
dass Aspekte von Infrastruktur und Versorgung, wie 30- bis 39-Jährigen, unter Befragten ab 70 Jahren sind
etwa Digitalisierung oder gesunde Lebensmittel, aus es nur 53 Prozent.
Sicht der Bürgerinnen und Bürger in Relation zu den
anderen vorgestellten Themen weniger dringlich er-

Abbildung 31: Veränderungen zur Verbesserung der Lebensqualität nach


Umweltbewusstseinstypen

Frage: In welchen Bereichen sind aus Ihrer Sicht dringend Veränderungen erforderlich, um ein gutes Leben für
alle zu ermöglichen? Bitte wählen Sie die fünf wichtigsten aus.

Gesundheitswesen/Pflege stärken 73 82 77 67 62 63
mehr Umwelt-, Natur- und Klimaschutz 1 28 59 78 76 94
ausreichender und bezahlbarer Wohnraum 36 61 53 69 51 43
Verringerung von Armut und sozialer Ungleichheit 28 47 50 58 63 65
Verbesserung von Bildungschancen 29 32 38 47 50 43
Diskriminierung verhindern/Chancengleichheit 31 24 36 36 44 50
Versorgung mit gesunden/bezahlbaren
Lebensmitteln 44 28 26 21 26 26
besseres Arbeitsplatzangebot/faire Löhne 59 52 34 26 17 32
Digitalisierung voranbringen 29 29 44 31 35 21
Verbesserung der öffentlichen Sicherheit 66 51 26 12 17 11
mehr Investitionen in Infrastrukturen 50 29 35 23 21 15
Integration von Zugewanderten 15 15 12 29 34 28

Repräsentativerhebung bei 2.115 Befragten, Bevölkerung ab 14 Jahren,


Angaben in Prozent
Umweltbewusstsein in Deutschland 2020 65

Abbildung 32: Mögliche Wege, den Klimawandel zu bremsen

Frage: Es folgen verschiedene Ansichten darüber, wie es gelingen kann, den Klimawandel zu bremsen. Inwieweit
stimmen Sie jeweils zu?

Es muss auf allen genannten Ebenen


entschieden gehandelt werden, um den 3% 5% 39 % 53 %
Klimawandel zu bremsen.

Um den Klimawandel zu bremsen, muss


die Politik rascher und konsequenter 5% 8% 36 % 51 %
handeln als bisher.

Nur wenn wir alle selbst aktiv werden und


unsere Lebensweise grundlegend verändern, 5% 11 % 49 % 35 %
können wir den Klimawandel noch aufhalten.

Ich bin mir sicher, mit guter Technik


werden wir das Problem des Klima-
wandels lösen, ohne dass wir unsere 20 % 50 % 23 % 6%
Lebensweise grundlegend ändern müssen.
Das mit dem Klimawandel halte
ich nicht für so dramatisch,
deswegen sehe ich auch keinen 62 % 28 % 9% 2%
Bedarf, ihn zu bremsen.

stimme stimme eher stimme stimme voll


gar nicht zu nicht zu eher zu und ganz zu

Repräsentativerhebung bei 2.115 Befragten, Bevölkerung ab 14 Jahren,


Angaben in Prozent

Sehr deutlich unterscheiden sich die Antworten, wenn von Armut, die Orientierten ebenfalls die Verringerung
man sie den sechs Umweltbewusstseinstypen zuordnet. von Armut, bessere Bildungschancen und die Integra-
Der Zuspruch zur Forderung nach mehr Umwelt- und tion von Zugewanderten. Die Gruppe der Konsequenten
Klimaschutz fällt mit nur 1 Prozent bei den Ablehnen- zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass sie Forderun-
den am geringsten aus, bei den Konsequenten beträgt gen nach mehr Umwelt- und Klimaschutz besonders
er dagegen 94 Prozent. Dazwischen steigt die Zustim- stark unterstützt.
mung von Gruppe zu Gruppe nahezu stetig an, er-
reicht unten den Aufgeschlossenen und Orientierten un- Doch welche Wege sehen die Menschen in Deutsch-
gefähr denselben hohen Wert, der dann nur noch von land als geeignet an, um der Forderung nach mehr Um-
den Konsequenten übertroffen wird. Die Unterschiede welt- und Klimaschutz nachzukommen und den Kli-
zwischen den Gruppen verdeutlichen, wie sehr die Hal- mawandel zu bremsen? Ist dies vordringlich eine Frage
tung in der Bevölkerung zwischen der fast kompletten politischer Entscheidungen und Maßnahmen? Ist jede
Ablehnung und der fast vollständigen Befürwortung und jeder Einzelne verantwortlich? Können technische
von mehr Umwelt- und Klimaschutz auseinanderläuft. Maßnahmen alleine bereits Abhilfe schaffen? Ist es aus
Sicht der Bevölkerung überhaupt notwendig, den Kli-
Interessant ist auch ein Blick auf weitere Inhalte, die mawandel einzudämmen?
den einzelnen Gruppen wichtig sind, um bessere Le-
bensbedingungen für alle zu erreichen. Die Ablehnen- Nur 11 Prozent der Befragten halten das Thema Klima-
den heben stärker als andere Gruppen die Themen Ar- wandel für so wenig besorgniserregend, dass sie in die-
beitsplätze, öffentliche Sicherheit, Infrastruktur und ser Hinsicht keinerlei Handlungsbedarf sehen (siehe
die Versorgung mit bezahlbaren und gesunden Lebens- auch Kapitel 6). Die breite Mehrheit von knapp
mitteln hervor. Die Skeptischen betonen vergleichs- 90 Prozent ist anderer Meinung und bekundet dies
weise stärker die Bereiche Gesundheit/Pflege und auch sehr entschlossen (62 Prozent „stimme gar nicht
Wohnraum, die Unentschlossen die Digitalisierung, die zu“). Vor allem wird in dieser Frage ein rascheres und
Aufgeschlossenen den Wohnraum und die Verringerung konsequenteres Handeln der Politik gefordert (87 Pro-
66 Umweltbewusstsein in Deutschland 2020

Abbildung 33: Anteil ausgewählter Einflussgrößen auf den CO2-Fußabdruck

Analytische Variable, gebildet in Anlehnung an den CO2-Rechner des Umweltbundesamtes, ohne den weiteren
privaten Konsum, in Tonnen (t)

1,7 t 0,5 t 1,6 t 0,5 t 1,4 t 0,6 t


Ernährung Autobesitz Autonutzung Flugreisen Heizung Strom-
(Frage zum und verbrauch
Fleischkonsum) Heizverhalten

Repräsentativerhebung bei 2.115 Befragten, Bevölkerung ab 14 Jahren, CO2-Fußabdruck für 2.061 Fälle ermittelbar

zent), aber auch das eigene Engagement und eine ver- Beim CO2-Ausstoß noch auf zu großem Fuß
änderte Lebensweise werden als notwendig angesehen, unterwegs
um den Klimawandel aufzuhalten (84 Prozent). Tech-
nische Möglichkeiten alleine können den Klimawandel Der CO2-Rechner des Umweltbundesamtes (https://
nur aus Sicht einer Minderheit (29 Prozent) bremsen. uba.co2-rechner.de/de_D) weist als aktuellen Refe-
Damit erweisen sich die Bürgerinnen und Bürger als renzwert einen durchschnittlichen Ausstoß von rund
verantwortungsbewusst und sehen neben einem ent- 11,2 Tonnen CO2-Äquivalenten pro Person und Jahr
schlossenen politischen Handeln auch ihr eigenes Han- in Deutschland aus. Hierbei entfallen auf die Bereiche
deln als wichtige Stellschraube, um den Klimawandel Wohnen und Strom, Mobilität und Ernährung etwa
zu bekämpfen. Dementsprechend stößt ein entschie- 6,5 Tonnen CO2. Für die genannten Bereiche wurden
denes Handeln auf allen Ebenen auf die größte Zustim- mit den Daten der Umweltbewusstseinsstudie in einem
mung. hieran angelehnten Verfahren vergleichbare 6,3 Ton-
nen CO2 pro Person und Jahr als Durchschnittswert
Und wie sehr spiegelt sich diese Erkenntnis im indi- berechnet.
viduellen Lebensstil wider? Um diese Frage zu beant-
worten, wurden die befragten Bürgerinnen und Bürger Wie Abbildung 33 zeigt, wird die Höhe des ermittel-
gebeten, über ihr Verhalten in unterschiedlichen Berei- ten Ausstoßes an CO2-Äquivalenten deutlich durch die
chen des Alltagslebens zu berichten. Aus den entspre- Faktoren Ernährung, Auto und Heizen bestimmt. Auto-
chenden Fragen hierzu wurde wiederum der individu- besitz, Flugreisen und Stromverbrauch tragen demge-
elle CO2-Fußabdruck abgeleitet. Gemeint ist die Menge genüber in erheblich geringerem Maße zum individu-
an Treibhausgasemissionen, die eine Person im Laufe ellen CO2-Fußabdruck bei. Ein weiterer starker Treiber
eines Jahres durch ihre Lebensführung verursacht. des CO2-Ausstoßes ist der sonstige private Konsum. Er
Berücksichtigt wurden die Bereiche Fleischkonsum, macht im CO2-Rechner des UBA einen Anteil von
Autobesitz, Autonutzung, Flugreisen, Heizen und 3,8 Tonnen aus und erklärt zusammen mit einem wei-
Stromverbrauch. Sie bestimmen zusammen mit dem teren Anteil für öffentliche Emissionen (0,9 Tonnen)
privaten Konsumverhalten am stärksten, ob die den Restbetrag zum Gesamtwert von 11,2 Tonnen. Da
Lebensweise einer Person als eher CO2-intensiv oder die Erfassung des privaten Konsumverhaltens sehr
eher CO2-arm gelten kann. komplex ist, wurde in der Umweltbewusstseinsstudie
darauf verzichtet. Auch mit den übrigen Bereichen er-
hält man bereits ein aussagekräftiges Bild vom indivi-
duellen CO2-Ausstoß.
Umweltbewusstsein in Deutschland 2020 67

Die CO2-Berechnung wurde in Anlehnung an die durch bedarf für das Heizen ihrer Wohnung durchschnitt-
das Umweltbundesamt in 2020 veröffentlichte Doku- lich oder eher hoch ein. Dem stehen knapp 40 Pro-
mentation „Weiterentwicklung einer Skala zur Mes- zent gegenüber, die den Energiebedarf als eher oder
sung von zentralen Kenngrößen des Umweltbewusst- sehr niedrig betrachten. Auch diese Ergebnisse ent-
seins“ vorgenommen, in der der CO2-Fußabdruck für sprechen der Erwartung und sind mit denen anderer
fünf aussagestarke Verhaltensweisen ermittelt wird. Es Studien zu den Themen Wohnen und Energie
gehen folgende Bereiche ein: vergleichbar.

• F leischkonsum: Befragt zu ihrem Fleischkonsum zu • S tromverbrauch: Die monatliche Abschlagszah-


den Hauptmahlzeiten anhand einer Skala von 0 bis 5 lung als Anzeichen für den Stromverbrauch wird im
antworten 7 Prozent mit „nie“ und 3 Prozent mit „im- Schnitt mit 101 Euro beziffert. 53 Prozent der Befrag-
mer“. Ein knappes Viertel isst selten Fleisch zu den ten geben an, dass ihr Haushalt Ökostrom bezieht. Al-
Hauptmahlzeiten (Wert 1), 57 Prozent liegen im Be- lerdings ist davon auszugehen, dass die tatsächlichen
reich des mittleren Fleischkonsums (Werte 2 und 3) Stromkosten im Bundesschnitt etwas geringer ausfal-
und weitere 9 Prozent essen sehr häufig Fleisch len dürften. Das Statistische Bundesamt ermittelt für
(Wert 4). 2020 Stromkosten in Höhe von durchschnittlich 62
Euro für die privaten Haushalte.
•A
 utobesitz und -nutzung: Die große Mehrheit der
Befragten lebt in Haushalten, die über mindestens ei- Beim Blick auf soziodemografische Merkmale wird
nen Pkw verfügen, der auch privat genutzt werden deutlich, dass die befragten Männer einen höheren
kann (88 Prozent). Die Hälfte von ihnen besitzt ei- CO2-Ausstoß aufweisen als die befragten Frauen. Au-
nen Pkw und ein weiteres Drittel zwei Pkw, drei oder ßerdem wird der CO2-Fußabdruck mit dem Lebens-
mehr Pkw sind es in 7 Prozent der Haushalte. Im alter größer und erreicht Höchstwerte bei den 50- bis
Schnitt werden mit dem Auto gut 14 Tausend Kilo- 59-Jährigen sowie den 70- bis 79-Jährigen. Auch der
meter pro Jahr gefahren. Dies kann eigenständig oder ökonomische Haushaltsstatus wirkt sich maßgeblich
über Mitfahrten mit einem oder mehreren Autos er- auf den CO2-Ausstoß aus. Hier bestätigt sich, dass ins-
folgen. Die Fahrleistung liegt damit etwa im Durch- besondere die statushöheren Gruppen zum CO2-Aus-
schnitt der üblicherweise berichteten Jahreswerte. stoß beitragen. Der geschätzte CO2-Fußabdruck reicht
von 5,4 Tonnen in der sehr niedrigen Statusgruppe bis
• F lugreisen: Im Hinblick auf das Reiseverhalten der zu 8,2 Tonnen in der sehr hohen Statusgruppe.
Bevölkerung wurde bewusst das Referenzjahr 2019
als letztes reguläres Reisejahr vor Ausbruch der Co- Ordnet man die Ergebnisse nach den sechs Umweltbe-
rona-Pandemie gewählt. Für das Jahr 2019 berichten wusstseinstypen, so erweisen sich die Ablehnenden und
drei von zehn Befragten über mindestens eine priva- die Unentschlossenen als die beiden Gruppen mit dem
te Flugreise, hierunter durchschnittlich 0,8 Kurzstre- größten CO2-Fußabdruck. In den anderen Gruppen
ckenreisen, 0,7 Mittelstreckenreisen und 0,7 Reisen fällt er kleiner aus und erreicht unter den Konsequenten
in der Langstrecke, wobei der Hin- und Rückflug je- den niedrigsten Wert.
weils als eine Reise gezählt wurde. Hochgerechnet auf
die bundesdeutsche Bevölkerung entspräche dies ei- Der CO2-Ausstoß unterscheidet sich demnach deut-
nem Reiseaufkommen von gut 50 Millionen privaten lich zwischen den betrachteten Bevölkerungsgruppen.
Flugreisen. Allerdings muss davon ausgegangen wer- Zudem ist es offenbar auch für hochmotivierte Grup-
den, dass die Befragten ihr Flugreiseverhalten rückbli- pen wie etwa die Konsequenten schwer, ihren CO2-Aus-
ckend eher unterschätzen. stoß im Hinblick auf Ernährung, Mobilität und Woh-
nen noch stärker abzusenken. Ersteres ist ein Hinweis
•H
 eizen: In die Bilanz für den Bereich Heizen ging auf die Spielräume, die Individuen innerhalb gegebe-
die Wohnfläche zusammen mit dem Energiebedarf ner gesellschaftlicher Rahmenbedingungen haben.
des Wohnsitzes ein. Die Befragten bewohnen mit ih- Das Zweite verweist auf die mit diesen Rahmenbedin-
ren jeweiligen Haushalten im Schnitt eine Fläche von gungen verbundenen Grenzen für individuelle Bemü-
etwa 100 Quadratmetern. Bei einer durchschnittli- hungen. Werden die Rahmenbedingungen im Sinne
chen Haushaltsgröße von 2,4 Personen entspricht dies des Klimaschutzes politisch weiterentwickelt, eröffnen
einer Wohnfläche von 42 Quadratmetern pro Person sich im Wechselspiel auch wiederum für Individuen
und liegt somit geringfügig unter dem Schnitt von 47 neue Handlungsmöglichkeiten. Diese Erweiterung von
Quadratmetern, den das Statistische Bundesamt für Handlungsspielräumen können Menschen auch jen-
2019 ausweist. Gut 60 Prozent schätzen den Energie- seits eigener CO2-Sparmaßnahmen voranbringen.
68 Umweltbewusstsein in Deutschland 2020

Abbildung 34: CO2-Fußabdruck nach Soziodemografie und Umweltbewusstseinstypen

Analytische Variable, gebildet in Anlehnung an den CO2-Rechner des Umweltbundesamtes, ohne den weiteren
privaten Konsum, in Tonnen (t)

CO2-Fußabdruck in in Tonnen (t) – Mittelwert

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9

Frauen 5,7 t
Geschlecht
Männer 6,9 t

bis 29 Jahre 5,8 t

30 bis 39 Jahre 5,7 t

40 bis 49 Jahre 6,3 t

Alter 50 bis 59 Jahre 6,8 t

60 bis 69 Jahre 6,0 t

70 bis 79 Jahre 7,0 t

80 Jahre und älter 6,2 t

sehr niedrig 5,4 t

niedrig 5,6 t
ökonomischer
Haushaltsstatus mittel 5,7 t

hoch 7,2 t

sehr hoch 8,2 t

die Ablehnenden 7,9 t

die Skeptischen 6,7 t

die Unentschlossenen 7,3 t


Umweltbewusst-
seinstypen
die Aufgeschlossenen 5,8 t

die Orientierten 5,5 t

die Konsequenten 5,0 t

Repräsentativerhebung bei 2.115 Befragten, Bevölkerung ab 14 Jahren, CO2-Fußabdruck für 2.061 Fälle ermittelbar
Umweltbewusstsein in Deutschland 2020 69

Freiwillige Kompensationszahlungen bieten zum mit sich bringen. Knapp 70 Prozent der Befragten
Beispiel die Möglichkeit, Klimaschutzprojekte zu un- sehen die Bemühungen um ein besseres Angebot an
terstützen und CO2-Einsparungen „bei anderen“ zu vegetarischen und veganen Produkten und Speisen als
initiieren. Gleiches gilt für nachhaltige und klima- ausreichend an. Demnach wird Handlungsbedarf vor
freundliche Geldanlagen. Zudem kann jeder und jede allem in den Handlungsfeldern „Vermeidung von Ver-
durch Engagement und Überzeugungsarbeit im packungsmüll“ und „Lebensmittelverschwendung“ ge-
persönlichen, beruflichen und öffentlichen Umfeld sehen, wohingegen die Bereiche „günstigere Preise“
zur CO2-Reduktion beitragen. und „besseres Angebot an vegetarischen/veganen Pro-
dukten“ nur wenig veränderungsbedürftig erscheinen.

7.2 Akzeptanz und Handlungsbereit- Um die 85 Prozent der Befragten sehen einen Hand-
schaften für die Transformation lungsbedarf bei Artenschutz und Tierwohl. Zudem
sprechen sich etwa 80 Prozent für weniger Pestizide
Wenn es also darum geht, den CO2-Ausstoß insgesamt und Schadstoffe aus sowie für faire Löhne und Arbeits-
zu verringern, stellt sich die Frage, inwiefern die Be- bedingungen der Beschäftigten. Dass sich die Bedar-
völkerung bereit ist, bestimmte Maßnahmen und fe nach Lohngerechtigkeit und niedrigen Lebensmittel-
Regelungen zu unterstützen. Dazu werden ausgewählte preisen inhaltlich teilweise ausschließen, lässt sich auch
Themen in den Bereichen Ernährung, Landwirtschaft, mit den hierzu abgegebenen Antworten belegen: Wer
Verkehr und Mobilität betrachtet, bei denen es sich um für Lohngerechtigkeit ist, stimmt in der Regel nicht für
zentrale Handlungsfelder für die Umsetzung der sozial- niedrige Verbraucherpreise. Den eher allgemein formu-
ökologischen Transformation handelt. Sie betreffen die lierten Handlungsbedarfen für mehr ökologische Land-
Bevölkerung direkt in ihrem Alltag, sodass sie sich zu wirtschaft oder eine ökologischere Produktion von Le-
deren Auswirkungen äußern können. Aus den Antwor- bensmitteln wird ebenfalls überwiegend zugestimmt
ten soll abgeleitet werden, wie der Weg in diesen Hand- (knapp 80 Prozent), allerdings sinken die Anteile für die
lungsfeldern in Richtung Transformation gestaltet und stärkste Zustimmungskategorie. Bei den Themen „ver-
gemeinsam bewältigt werden kann. Konkret geht es besserte Angebote für regionale Lebensmittel“ und „ge-
um folgende Fragen: Für welche Ziele wird derzeit aus sunde Ernährung“ fallen die geäußerten Handlungsbe-
Sicht der Bürgerinnen und Bürger noch nicht genug darfe noch geringer aus.
getan? Wo wird bereits genug getan? Welche Zustim-
mung erfahren ausgewählte Maßnahmen der Transfor- Insgesamt wird aber aus Sicht der Bürgerinnen und
mation? Bürger in fast allen genannten Bereichen nicht genug
getan. Betrachtet man ausschließlich die Anteile für
„nicht genug getan“ als stärkste Zustimmungswerte,
Viel Zustimmung, insbesondere zu Maßnahmen, zeichnet sich eine deutliche Rangfolge der Handlungs-
die das tägliche Leben betreffen felder ab, wie Abbildung 35 zeigt.

Für den Bereich Ernährung und Landwirtschaft wur- Im nächsten Schritt wurden die Befragten um ihre Ein-
den 13 mögliche Handlungsfelder mit Blick auf den Er- schätzung gebeten, inwiefern sie der Umsetzung ver-
halt der natürlichen Lebensgrundlagen und andere re- schiedener Maßnahmen für eine sozial-ökologische
levante Zielsetzungen formuliert. Hierzu wurde jeweils Transformation zustimmen. Insgesamt scheinen diese
erfragt, ob aus Sicht der Bürgerinnen und Bürger für Maßnahmen eine starke Unterstützung zu finden. Eine
die verschiedenen Ziele derzeit genug oder nicht ge- Reihe der vorgestellten Maßnahmen wird von mehr
nug getan werde. Mehrheitliche Antworten in Richtung als der Hälfte voll und ganz befürwortet, hinzukom-
„nicht genug getan“ können in Richtung eines Verän- men weitere Anteile für „eher ja“. Die Ergebnisse bestä-
derungsbedarfs interpretiert werden. So bekunden bei- tigen einige der bereits beschriebenen Forderungen. So
spielsweise 93 Prozent, dass nicht genug für weniger stimmen neun von zehn Befragten einer Verschärfung
Verpackungsmüll getan wird. Weitere 89 Prozent sagen, der ökologischen Anforderungen an Lebensmittelver-
dass nicht ausreichend dafür gesorgt wird, weniger Le- packungen zu. Es zeigen sich aber auch Unterschiede:
bensmittel wegzuwerfen. Dabei werden die Lebensmit- Trotz einer hohen Dringlichkeit, Lebensmittelabfälle zu
telpreise überwiegend als nicht zu hoch empfunden. vermeiden, werden staatliche Vorgaben zwar von
68 Prozent meinen, dass derzeit genug für die Siche- 84 Prozent der Befragten gewünscht, aber nur von
rung niedriger Lebensmittelpreise getan wird. Dieses 38 Prozent „auf jeden Fall“.
Ergebnis weist darauf hin, dass es einen gewissen Spiel-
raum für politische Instrumente gibt, die höhere Preise
70 Umweltbewusstsein in Deutschland 2020

Abbildung 35: Handlungsbedarfe bei Landwirtschaft und Ernährung

Frage: Uns interessiert Ihre Meinung: Es geht es um die Lebensmittelversorgung und -herstellung. Finden Sie, dass
in diesem Bereich in Hinblick auf folgende Ziele derzeit genug oder nicht genug getan wird?

Niedrige Lebensmittelpreise
sicherstellen 5% 26 % 47 % 21 %

Besseres Angebot an vegetarischen und


veganen Produkten und Speisen schaffen 10 % 22 % 48 % 20 %

Besseres Angebot für gesunde/ausgewogene


Ernährung schaffen 21 % 43 % 29 % 6%

Besseres Angebot an Lebensmitteln aus


der Region schaffen 24 % 51 % 23 % 3%

Den Ausstoß von Treibhausgasen durch


die Landwirtschaft reduzieren 35 % 40 % 20 % 5%

Den Anbau und die Produktion von


Lebensmitteln ökologischer gestalten 30 % 48 % 19 % 3%

Ökologische Landwirtschaft ausweiten 33 % 46 % 17 % 3%

Pestizid- und Schadstofffreiheit von 42 % 41 % 11 % 6 %


Lebensmitteln sicherstellen

Faire Löhne und Arbeitsbedingungen für


die Beschäftigten in der Produktion und 41 % 43 % 14 % 1 %
Verarbeitung von Lebensmitteln sicherstellen

Das Wohlergehen von Nutztieren


gewährleisten 48 % 37 % 12 % 2 %

Den Rückgang der Artenvielfalt aufhalten 51 % 35 % 11 % 3 %

Dafür sorgen, dass weniger Lebensmittel 55 % 34 % 8% 2%


weggeworfen werden

Verpackungsmüll reduzieren 64 % 29 % 5 % 2 %

nicht genug eher nicht genug eher genug genug

Repräsentativerhebung bei 2.115 Befragten, Bevölkerung ab 14 Jahren,


Angaben in Prozent
Umweltbewusstsein in Deutschland 2020 71

Weitere Maßnahmen wie die Stärkung der regiona- befürwortet. Etwa 63 Prozent sprechen sich für ein
len Wertschöpfungsketten, der verringerte Einsatz von besseres Angebot an vegetarischen und veganen Spei-
Pestiziden, die Einführung eines Tierwohl-Siegels und sen in Kantinen und Restaurants aus. Insgesamt wird
die stärkere Förderung der ökologischen Landwirt- deutlich, dass die Bevölkerung für umfassende politi-
schaft werden von der Bevölkerung unterstützt. All sche Maßnahmen erreichbar ist und diesen nicht
diesen Maßnahmen stimmen insgesamt jeweils etwa entgegensteht.
90 Prozent der Befragten zu. Informationskampagnen
zu klimafreundlicher Ernährung zum Beispiel in Schu-
len und Kantinen werden ebenfalls von gut 80 Prozent

Abbildung 36: Akzeptanz von Maßnahmen im Bereich Landwirtschaft und Ernährung

Frage: Kommen wir nun zu möglichen Maßnahmen im Bereich Lebensmittelversorgung und -herstellung. Sind Sie
der Ansicht, dass die folgenden Maßnahmen umgesetzt werden sollten oder nicht?

Die ökologischen Anforderungen an die


Verpackungen von Lebensmitteln 3% 4% 30 % 63 %
verschärfen

Regionale Wertschöpfungsketten bei 1% 3% 35 % 61 %


der Lebensmittelproduktion stärken

Den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und 2% 6% 35 % 58 %


Pestiziden reduzieren

Ein einheitliches Gütesiegel einführen,


das transparent macht, welche 2% 6% 37 % 55 %
Tierwohl-Standards eingehalten werden

Den Ausbau der ökologischen 3% 5% 38 % 54 %


Landwirtschaft stärker fördern

Informations- und Beratungskampagnen


zu klimafreundlicher Ernährung 3% 12 % 37 % 47 %

Den Einsatz von Düngemitteln


reduzieren 3 % 11 % 41 % 45 %

Agrarsubventionen/staatliche Beihilfen
an die ökologischen Leistungen der 4% 9% 43 % 43 %
Landwirte koppeln

Staatliche Vorgaben zur Begrenzung


von Lebensmittelabfällen ausweiten 4 % 11 % 46 % 38 %

Das Angebot an vegetarischen und


veganen Speisen in Kantinen und 5% 32 % 38 % 25 %
Restaurants verbessern

nein, auf
eher nein eher ja ja, auf jeden Fall
keinen Fall

Repräsentativerhebung bei 2.115 Befragten, Bevölkerung ab 14 Jahren,


Angaben in Prozent
72 Umweltbewusstsein in Deutschland 2020

Bei Mobilität und Verkehr geringerer Bei anderen Themen wird der Handlungsdruck nicht
Handlungsbedarf als bei Ernährung und ganz so groß eingeschätzt, etwa wenn es um eine
Landwirtschaft verbesserte Barrierefreiheit im ÖPNV (69 Prozent),
weniger Verkehrslärm (67 Prozent) und eine höhere
Auch für den Bereich Mobilität und Verkehr wurde ge- Sicherheit im Straßenverkehr (55 Prozent) geht.
fragt, inwiefern in Hinblick auf verschiedene Hand- Deutlich sinkt bei diesen Themen auch der Anteil
lungsfelder genügend getan werde und wie stark die derer, die diese Aspekte uneingeschränkt fordern.
Unterstützung von Maßnahmen für eine sozial-ökolo- Abschließend kann festgehalten werden, dass die
gische Transformation ist. Insgesamt sehen die Befrag- Mehrheit der Befragten bei allen Punkten trotz der
ten in diesem Bereich keinen ganz so großen Hand- Einschränkungen Handlungsbedarf sieht.
lungsbedarf wie bei Ernährung und Landwirtschaft.

80 Prozent der Befragten bekunden, dass nicht ge- ÖPNV und Rad stärken, Autoverkehr eindämmen
nug dafür getan wird, dass die Alltagswege praktikabel
und bequem ohne Auto zurückgelegt werden können. Bei den umzusetzenden Maßnahmen im Verkehr wird
Ebenso viele sprechen sich dafür aus, die verkehrsbe- an erster Stelle das Thema Kosten genannt: Für 93 Pro-
dingten Treibhausgasemissionen stärker zu reduzieren. zent der Befragten soll der ÖPNV günstiger werden.
Auch eine kostengünstige Gestaltung der Alltagswege 89 Prozent fordern, den ÖPNV zu stärken, indem das
fordern 81 Prozent. Des Weiteren wird für 75 Prozent Verkehrsnetz erweitert und die Taktfrequenz erhöht
der Befragten nicht genug für die Verringerung von werden. Außerdem geht es um das Verhältnis der Ver-
Luftschadstoffen wie Stickoxiden und Feinstaub getan. kehrsmittel zueinander, insbesondere um die Stärkung

Abbildung 37: Handlungsbedarfe im Bereich Mobilität

Frage: Finden Sie, dass hier in Hinblick auf die folgenden Ziele derzeit genug oder nicht genug getan wird?

Die Sicherheit im Straßenverkehr erhöhen 17 % 38 % 35 % 9%

Den Verkehrslärm reduzieren 22 % 45 % 27 % 6%

Die Barrierefreiheit des ÖPNV verbessern 25 % 44 % 26 % 4%

Die Luftschadstoffe wie Stickoxide und


Feinstaub verringern
34 % 41 % 19 % 6%

Die Treibhausgasemissionen durch den


Verkehr reduzieren 32 % 48 % 15 % 5 %

Sicherstellen, dass die Alltagswege


praktikabel und bequem ohne Auto 34 % 46 % 14 % 5 %
zurückgelegt werden können
Gewährleisten, dass die Alltagswege
kostengünstig zurückgelegt werden 30 % 51 % 16 % 2 %
können

nicht genug eher nicht genug eher genug genug

Repräsentativerhebung bei 2.115 Befragten, Bevölkerung ab 14 Jahren,


Angaben in Prozent
Umweltbewusstsein in Deutschland 2020 73

Abbildung 38: Akzeptanz von Maßnahmen im Bereich Mobilität

Frage: Und sind Sie der Ansicht, dass im Bereich Mobilität die folgenden Maßnahmen umgesetzt werden sollen
oder nicht?

Den öffentlichen Nahverkehr für Nutzerinnen


und Nutzer kostengünstiger machen 2% 6% 31 % 62 %

Mehr Radwege und Fahrradstreifen anlegen, um


lückenlose und sichere Radwegenetze zu schaffen 3% 14 % 35 % 49 %

Das Verkehrsnetz des öffentlichen Nahverkehrs


erweitern und die Haltestellen häufiger bedienen 1 % 10 % 45 % 44 %

Ein Tempolimit von 130 km/h auf Autobahnen


einführen, um die Umwelt zu schonen und die Sicher- 21 % 15 % 22 % 42 %
heit für alle Verkehrsteilnehmer/-innen zu erhöhen

Die gesundheitlichen Belastungen für


Menschen verringern, die an vielbefahrenen
Straßen wohnen, z. B. durch die Begrenzung der 5 % 19 % 46 % 30 %
Höchstgeschwindigkeit oder Fahrverbote

Die staatliche Förderung der Ladeinfrastruktur


für Elektrofahrzeuge ausweiten, auch für das 8% 20 % 42 % 29 %
Laden zuhause

Die Aufteilung des Straßenraums so verändern,


dass es mehr Platz für den Rad- und Fußverkehr 9% 25 % 37 % 29 %
gibt und weniger für das Auto

Eine fahrleistungsabhängige Pkw-Maut


einführen, so dass jemand, der/die viel Auto 21 % 29 % 31 % 19 %
fährt, auch mehr bezahlen muss

nein, auf
eher nein eher ja ja, auf jeden Fall
keinen Fall

Repräsentativerhebung bei 2.115 Befragten, Bevölkerung ab 14 Jahren,


Angaben in Prozent

des Radverkehrs durch ein erweitertes Radwegenetz. spricht sich nur jede oder jeder Zweite aus, ein eben-
Zudem soll der Straßenraum stärker zugunsten von so großer Teil lehnt diese ab. Eine starke Zustimmung
Fahrrad- und Fußwegen aufgeteilt werden. Während erfährt die staatliche Förderung der Ladeinfrastruk-
sich 84 Prozent der Befragten für mehr Radwege und tur für Elektroautos. Diese wird von immerhin 71 Pro-
Fahrradstreifen aussprechen, fällt die Zustimmung zur zent befürwortet – und dies, obwohl derzeit der Anteil
veränderten Aufteilung des bisher vorwiegend dem der Elektroautos am Pkw-Bestand in Deutschland nur
Auto zugedachten Straßenraums mit 66 Prozent knapp über 1 Prozent liegt.
geringer aus.
Die Ergebnisse legen nahe, dass einer Verkehrswende
Einem Tempolimit von 130 Kilometern/Stunde auf Au- mit einer gewissen Zurückhaltung begegnet wird, ins-
tobahnen stimmen 64 Prozent zu, darunter 42 Pro- besondere, wenn der Autoverkehr betroffen ist. Vor die-
zent „auf jeden Fall“. Tempolimits oder Fahrverbote in sem Hintergrund ist die Zustimmung zum Tempolimit
Wohngebieten befürworten insgesamt 76 Prozent, dar- von 130 Kilometern/Stunde auf Autobahnen umso hö-
unter allerdings nur 30 Prozent „auf jeden Fall“. Für die her zu bewerten. Sie wird zudem von Frauen deutlich
Einführung einer fahrleistungsabhängigen Pkw-Maut stärker akzeptiert als von Männern.
74 Umweltbewusstsein in Deutschland 2020

7.3 Wirtschaftlicher Strukturwandel Einen wirtschaftlichen Strukturwandel zugunsten des


und soziale Aspekte Klimaschutzes lehnt nur eine Minderheit von 22 Pro-
zent grundsätzlich ab. Zu dieser Gruppe gehören etwas
An die eben dargestellte Betrachtung schließt sich häufiger Personen ab 55 Jahren, mit eher niedrigem
die Frage an, wie die Bürgerinnen und Bürger zu aus- ökonomischem Status und niedriger formaler Bildung
gewählten Positionen des wirtschaftlichen Struktur- sowie eher Personen aus dem ländlichen Raum. Ins-
wandels stehen, den eine sozial-ökologische Transfor- gesamt werden die untersuchten Maßnahmen etwas
mation erforderlich machen würde. Dafür wurde im stärker von Frauen unterstützt als von Männern. Mit
November 2020 eine telefonische Repräsentativbefra- Blick auf die Altersgruppen zeigt sich, dass insbesonde-
gung der Bevölkerung ab 16 Jahren durchgeführt. re die mittleren Altersgruppen zwischen 35 und 55 Jah-
ren weniger der Ansicht sind, dass der Strukturwan-
Die Antworten der Befragten zeigen, dass ein wirt- del zügig und sozialverträglich stattfinden solle und
schaftlicher Strukturwandel eine sehr hohe Zustim- dass dabei alle Betroffenen beteiligt werden sollten. Sie
mung innerhalb der Bevölkerung erfährt. 87 Prozent sprechen sich auch weniger für umfassende Qualifizie-
der Befragten sagen, dass der Strukturwandel zügig, rungsmaßnahmen aus als die Jüngeren und die Älteren.
aber auch sozialverträglich erfolgen sollte. Außerdem Gleichzeitig sind die mittleren Altersgruppen etwas
sehen 92 Prozent der Befragten durch den Umstieg auf häufiger der Meinung, dass der Erhalt der Arbeitsplät-
umwelt- und klimafreundliche Produkte und Produk- ze wichtiger sei als der Klimaschutz. Vermutlich wären
tionsverfahren große Beschäftigungschancen, die ge- diese Altersgruppen auch am stärksten von den Folgen
nutzt werden sollten. eines Strukturwandels betroffen.

Ein breiter Konsens besteht auch bei weiteren Aspek-


ten, die bei der Umsetzung des ökologischen Struk-
turwandels berücksichtigt werden sollten. 93 Prozent
der Befragten meinen, dass bei der Planung von Ver-
änderungen alle Betroffenen beteiligt werden sollen.
Förderprogramme zur Unterstützung der Unterneh-
men beim Umstieg auf klimafreundliche Produktions-
verfahren und Produkte werden ebenfalls von 93 Pro-
zent der Befragten befürwortet. Gleichzeitig sollen aus
Sicht der Bürgerinnen und Bürger umwelt- oder klima-
schädliche Produkte oder Verfahren nicht länger sub-
ventioniert werden (83 Prozent).

Außerdem sollen die Arbeitskräfte stärker durch Qualifi-


zierungsmaßnahmen auf zukunftsträchtige Tätigkeiten
vorbereitet werden: 88 Prozenten der Befragten spre-
chen sich dafür aus. Auch finanzielle Unterstützungen
für stark betroffene Regionen beim Umstieg auf nach-
haltige Produktionsweisen werden sehr stark befürwor-
tet. Dies deckt sich mit der hohen Zustimmung zu einer
sozialverträglichen Gestaltung des Strukturwandels.

Wie wichtig den Befragten die sozialverträgliche Ge-


staltung des Strukturwandels ist, zeigt sich auch bei der
Aussage, dass vom Strukturwandel betroffene Arbeits-
plätze möglichst lange erhalten werden sollten, wenn
es für diese keine passenden Alternativen gibt. Dem
stimmen 64 Prozent der Befragten zu. Allerdings lehnt
auch ein Drittel diese Aussage ab. Ein deutlicher geteil-
tes Meinungsbild ergibt sich bei der Frage, ob der Erhalt
von Arbeitsplätzen wichtiger ist als der Klimaschutz:
46 Prozent der Befragten stimmen dem zu und 51 Pro-
zent lehnen dies ab.
Umweltbewusstsein in Deutschland 2020 75

Breite Zustimmung zu Maßnahmen zur sozial- verschiedene Maßnahmen zur sozialverträglichen


verträglichen Gestaltung des Klimaschutzes Gestaltung des Klimaschutzes zu bewerten sind. Im
Mittelpunkt stand dabei das Wohnen.
Die sozial-ökologische Transformation kann mit finan-
ziellen Belastungen für Haushalte mit niedrigem Ein- Besonders wichtig ist den Befragten, dass Warmmie-
kommen verbunden sein. Daher wurde gefragt, wie ten nach einer energetischen Sanierung nicht höher

Abbildung 39: Wirtschaftlicher Strukturwandel und Beschäftigung

Frage: Der Wandel hin zu einer nachhaltigen Wirtschaft erfordert einen Umstieg auf umwelt- und klima-
freundliche Produkte und Produktionsverfahren (zum Beispiel neue Antriebstechnologien oder Ausstieg aus
der Kohleverstromung). Wie bewerten Sie die folgenden Aussagen hinsichtlich dieses Strukturwandels?

Es sollte Förderprogramme geben, die Unternehmen beim


Umstieg auf klimafreundliche Produktionsverfahren und 2% 4% 31 % 62 %
Produkte unterstützen.

Bei der Planung und Umsetzung von Veränderungen


sollten alle Betroffenen beteiligt werden. 2% 4% 37 % 56 %

Der Umstieg auf umwelt- und klimafreundliche Produkte


und Produktionsverfahren bietet große 1% 4% 33 % 60 %
Beschäftigungschancen, die genutzt werden sollten.

Stark betroffene Regionen sollten umfangreiche


finanzielle Unterstützung für einen nachhaltigen 1% 5% 35 % 57 %
Strukturwandel erhalten.

Die Politik sollte den Strukturwandel zügig, aber 5 % 3 % 26 % 65 %


auch sozialverträglich vorantreiben.

Die Arbeitskräfte sollten stärker für


zukunftsträchtige Tätigkeiten qualifiziert werden. 3% 7% 33 % 55 %

Umweltschädliche oder klimaschädliche Produkte


und Produktionsverfahren sollten nicht mehr 3 % 10 % 27 % 56 %
subventioniert werden.

Falls es für die vom Strukturwandel betroffenen


Arbeitsplätze keine passenden Alternativen gibt, 7 % 27 % 35 % 29 %
sollten diese möglichst lange erhalten werden.

Der Erhalt von Arbeitsplätzen


ist wichtiger als der Klimaschutz. 18 % 33 % 27 % 19 %

Einen wirtschaftlichen
Strukturwandel, um das
Klima zu schützen, lehne 50 % 25 % 13 % 9%
ich grundsätzlich ab.

stimme
überhaupt stimme eher stimme stimme voll
nicht zu eher zu und ganz zu
nicht zu

Repräsentativerhebung bei 1.044 Befragten, Bevölkerung ab 16 Jahren, telefonische Befragung,


Angaben in Prozent, an 100 % Fehlende: „weiß nicht, keine Angabe“
76 Umweltbewusstsein in Deutschland 2020

ausfallen als zuvor. Insgesamt 89 Prozent stimmen zu, energiesparender Haushaltsgeräte (84 Prozent). Beim
dass hierfür gesetzliche Regelungen getroffen werden Blick auf die Einkommensgruppen zeigt sich, dass hier
müssen. vor allem Personen mit niedrigem Einkommen zu-
stimmen (95 Prozent). Aber auch in den finanziell bes-
Auch drei weitere Maßnahmen, mit denen Haushalte ser gestellten Haushalten fällt die Zustimmung mit
mit niedrigem Einkommen vor übermäßigen finanziel- 73 bis 89 Prozent noch hoch aus.
len Belastungen geschützt werden sollen, finden
breite Zustimmung. Konkret geht es um Beratungs- Demnach kann die Politik bei Angeboten und Maß-
angebote zur Einsparung von Energiekosten beim nahmen zur sozialverträglichen Gestaltung des Klima-
Wohnen (89 Prozent), finanzielle Unterstützung bei schutzes mit einer breiten Unterstützung in der Bevöl-
steigenden Kosten für Strom, Wärme oder Mobilität kerung rechnen.
(87 Prozent) und Förderung der Neuanschaffung

Abbildung 40: Soziale Gerechtigkeit und Klimaschutz

Frage: Der Wandel hin zu einer klimaverträglichen Lebensweise kann verschiedene Bevölkerungsgruppen
unterschiedlich stark betreffen. Wie bewerten Sie die folgenden Vorgehensweisen?

Es müssen geeignete gesetzliche


Regelungen getroffen werden,
damit nach einer energetischen 2% 7% 27 % 62 %
Sanierung die Warmmiete nicht
höher ist als vorher.

Es sollte flächendeckende
Beratungsprogramme für
Haushalte mit niedrigem
Einkommen geben, die helfen 2% 7% 30 % 59 %
Energiekosten beim Wohnen
einzusparen.

Personen mit niedrigem


Einkommen sollten finanziell
stärker unterstützt werden,
wenn wegen Klimaschutz- 3% 9% 36 % 51 %
maßnahmen die Kosten für
Strom und Wärme oder
Mobilität steigen.

Für Haushalte mit niedrigem


Einkommen sollte es Förder-
programme geben, die den Kauf
energiesparender Haushaltsgeräte 3 % 11 % 36 % 48 %
finanziell unterstützen, wenn man
dafür ein altes entsorgt oder abschafft.

stimme gar nicht zu stimme eher nicht zu stimme eher zu stimme voll und ganz zu

Repräsentativerhebung bei 1.044 Befragten, Bevölkerung ab 16 Jahren, telefonische Befragung,


Angaben in Prozent, an 100 % Fehlende: „weiß nicht, keine Angabe“
Umweltbewusstsein in Deutschland 2020 77

8. Bewusstsein, Verhalten,
Transformation – übergreifende
Zusammenhänge und Ausblick

!!!!!

!!!!!

!!!!!
78 Umweltbewusstsein in Deutschland 2020

Umwelt- und Klimaschutz ist auch in der aktuellen Wel- allen Teilen der Gesellschaft wiederfinden. Deshalb soll
le der Umweltbewusstseinsstudie trotz Corona aus Sicht an dieser Stelle noch einmal systematisch betrachtet
der Bevölkerung ein Top-Thema geblieben und hat ge- werden, wie stark der Zusammenhang verschiedener
genüber 2018 den ersten Rang der wichtigsten Themen Faktoren mit den Umwelteinstellungen und dem Han-
lediglich aufgrund der aktuellen pandemiebedingten deln ist. Sind es beispielsweise eher das Alter oder das
Notwendigkeiten an die Themen Bildungs- und Ge- Geschlecht, die Bildung oder der ökonomische Status,
sundheitswesen abgegeben. Im persönlichen Erleben die es wahrscheinlicher werden lassen, dass sich eine
vieler Bürgerinnen und Bürger sind umwelt- und klima- Person stärker oder weniger stark umweltorientiert
bezogene Themen während Corona mindestens genau zeigt? Welche Faktoren können dazu beitragen, dass die
so dringlich, wenn nicht noch dringlicher geworden. Umwelttypen sich verändern oder weiter entwickeln?
Als weitere potenzielle Einflussfaktoren wurden neben
Der Blick auf die Erwartungen der Bürgerinnen und soziodemografischen Merkmalen auch solche mit Be-
Bürger an mögliche Entwicklungen und auf die Bereit- zug zur Umweltwahrnehmung untersucht, die nicht
schaften, einen eigenen Beitrag zu Umwelt- und Kli- bei der Bildung von Kenngrößen zu Einstellungs- und
maschutz zu leisten, zeigt viel persönliche Unterstüt- Verhaltensaspekten enthalten waren.
zungsbereitschaft und Zustimmung. Aber es wird auch
Zurückhaltung deutlich, wenn Maßnahmen im Spiel Alle vier Kenngrößen, die im Rahmen der diesjähri-
sind, die finanzielle Belastungen zur Folge haben könn- gen Studie gebildet und betrachtet wurden, hängen
ten oder gewohnte Strukturen infrage stellen, wie bei- stark mit der wahrgenommenen Umweltqualität vor
spielsweise im Bereich Mobilität die Einführung ei- Ort, in Deutschland und weltweit sowie mit der emp-
ner fahrleistungsabhängigen Pkw-Maut oder eine neue fundenen eigenen gesundheitlichen Belastung durch
Aufteilung des Straßenraums. In diesem und in ande- Umweltmerkmale zusammen. Wer sich besorgter über
ren Lebensbereichen soll die überwiegend als notwen- die Umweltbedingungen äußert, zeigt sich umwelt-
dig erachtete Transformation so sozialverträglich wie und klimabewusster, verhaltensorientierter und eher
möglich gestaltet werden. Daher stellt sich die Frage handlungsbereit. Ebenso wirkt sich ein hohes politi-
nach den Bedingungen, die gegeben sein oder sich ver- sches Interesse auf die Kenngrößen – mit Ausnahme
ändern müssen, damit die stark ausgeprägten Umwelt- der Veränderungsbereitschaft – aus, wobei der Einfluss
einstellungen noch leichter in entsprechendes Handeln vermutlich in beide Richtungen besteht, also politi-
übersetzt werden können. sches Interesse das Umweltbewusstsein stärkt und um-
gekehrt. Außerdem spielen noch andere, eher struktu-
relle Faktoren eine Rolle. So beeinflusst beispielsweise
Einstellungen und Verhalten: Potenziale noch ein formal hohes Bildungsniveau das Umweltverhal-
nicht voll ausgeschöpft ten, das Klimabewusstsein und die Veränderungsbe-
reitschaft positiv, nicht aber die eigentlichen Umwelt-
Ein erneuter Blick auf die Umwelttypologie zeigt, dass einstellungen. Ein sehr hoher ökonomischer Status
ein gutes Viertel der Bürgerinnen und Bürger gegen- wiederum kann das Ausmaß des Umweltbewusstseins
wärtig als sehr aufgeschlossen für Maßnahmen im Um- bremsen. Vermutlich lassen sich in dieser Gruppe Le-
welt- und Klimaschutz und deren Umsetzung im ei- bensstil und Konsumverhalten nur bedingt mit einem
genen Alltag angesehen werden kann. Insbesondere sehr hohen Umweltbewusstsein vereinbaren.
zählen dazu die Konsequenten (14 Prozent) und die Ori-
entierten (13 Prozent). Weitere zwei Drittel befinden Durchgängig zu beobachten ist ein deutlicher Unter-
sich auf dem Weg dorthin, sind in ihren Einstellungen schied zwischen Frauen und Männern. Frauen weisen
oder ihrer täglichen Praxis aber weniger konsequent. bei allen vier Kenngrößen höhere Werte auf, sie sind
Dazu gehören die Aufgeschlossenen (25 Prozent), die also umwelt- und klimabewusster, verhaltens- und ver-
Unentschlossenen (22 Prozent) und die Skeptischen (18 änderungsorientierter. Zwischen den Altersgruppen
Prozent). Hervorzuheben ist allerdings auch, dass sich zeigen sich dagegen kaum Unterschiede, lediglich die
eine Minderheit von 8 Prozent (die Ablehnenden) dem jüngeren Altersgruppen bis 25 Jahre sind klimabewuss-
Thema fast vollständig entzieht und jede Veränderung ter und veränderungsbereiter als die anderen. Mit Aus-
oder kritische Infragestellung ablehnt. nahme der Umwelteinstellungen können für die drei
übrigen Kenngrößen höhere Werte in Westdeutschland
Bei der genauen Betrachtung der Umweltbewusstseins- beobachtet werden. Dies gilt besonders für die groß-
typen wird deutlich, dass diese nicht eindeutig in be- städtischen Regionen. Schließlich zeigt sich, dass das
stimmten gesellschaftlichen Gruppen verankert sind, Umweltbewusstsein umso größer ist, je weniger Pkw in
sondern sich alle in unterschiedlicher Ausprägung in einem Haushalt vorhanden sind.
Umweltbewusstsein in Deutschland 2020 79

Zu berücksichtigen ist, dass über die beschriebenen Zu- Mit dem Umweltbewusstsein wächst auch die Hand-
sammenhänge hinaus auch andere Faktoren wirksam lungsbereitschaft. Um diese Verknüpfung zu stärken,
sind, die nicht in der Umweltbewusstseinsstudie unter- sollten Maßnahmen der Umweltkommunikation und
sucht wurden, beispielsweise Persönlichkeitsmerkmale, der Umweltbildung auf den Vermittlungskontext
Sozialisationserfahrungen, spezifische umweltbezoge- achten und mit konkreten lebensweltlichen Bezügen,
ne Kenntnisse, individuelle Handlungsoptionen sowie positiven Botschaften und Hinweisen auf mögliche
ökonomische und gesellschaftliche Rahmenbedingun- Zugewinne an Lebensqualität arbeiten. Eine Stärkung
gen, wie sie in der ABC-Formel in Kapitel 3 beschrie- des Umweltbewusstseins könnte so gleichzeitig dazu
ben wurden. beitragen, die verschiedenen Bevölkerungsgruppen in
ihrer aktuellen Lebenswelt „abzuholen“ und auf den
Für die weitere Forschung rund um Umweltbewusst- Pfad der Transformation mitzunehmen. Die ökonomi-
sein und Umweltverhalten bieten die Ergebnisse der schen, rechtlichen und infrastrukturellen Rahmenbe-
aktuellen Studie vielfältige Anknüpfungspunkte und dingungen spielen dabei eine wichtige Rolle.
Vertiefungsfelder. Im Hinblick auf den sozial-ökolo-
gischen Wandel der Gesellschaft wird zu untersuchen
sein, welche Veränderungen im Alltagshandeln der Was bedeutet das für die Transformation?
Menschen rund um die Lebensbereiche Arbeit, Empfehlungen für Politik und Zivilgesellschaft
Mobilität, Freizeit, Einkaufen und Ernährung sich in
der Zeit nach der Corona-Pandemie etablieren werden Die politisch verantwortlichen Akteure stehen in den
und welche Chancen und Herausforderungen sich kommenden Jahren zweifellos vor großen Herausfor-
daraus für die Umwelt und das Klima ergeben. derungen. Die aktuellen Erkenntnisse der Klimafor-
schung unterstreichen dies. Während die Bevölkerung
mehrheitlich über ein ausgeprägtes Umwelt- und Kli-
Aus den Ergebnissen abgeleitete Anregungen mabewusstsein verfügt, stoßen die (unterschiedlich
für die Umweltkommunikation ausgeprägten) Bemühungen und Bereitschaften für ein
umwelt- und klimafreundliches Alltagshandeln viel-
Die wahrgenommene Umweltqualität hängt stark mit fach an Grenzen, beispielsweise bei der Alltagsmobilität
dem eigenen Umweltbewusstsein zusammen. Dieses oder beim Wohnen. Um das bestehende Veränderungs-
Ergebnis weist darauf hin, wie wichtig Umwelterfah- potenzial in der Bevölkerung zu nutzen, ist konse-
rungen sind, also Erlebnisse in der Natur und Erfah- quentes politisches Handeln erforderlich, das prakti-
rungen mit der eigenen Umwelt sowie die Kennt- kable Handlungsalternativen und geeignete rechtliche
nis von Auswirkungen, die im Zusammenspiel von und ökonomische Rahmenbedingungen für die Bürge-
Mensch und Umwelt entstehen. Dies können nega- rinnen und Bürger bereitstellt. Es muss darum gehen,
tiv geprägte Beobachtungen sein wie aktuell die Häu- schrittweise Veränderungen der Orientierungen und
fung extremer Wetterereignisse oder positive wie die Gewohnheiten zu ermöglichen und zu erleichtern, um
wiedergewonnene Qualität vieler Flüsse und ande- die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen.
rer Lebensräume. Je ausgeprägter die Sensibilität für
die Umweltbedingungen und die Zusammenhänge ist Dabei sollte die Politik vermehrt auf die Unterstützung
und je mehr Einschränkungen und mögliche Erfolgs- der Bevölkerung durch veränderte Rahmenbedingun-
geschichten im unmittelbaren Umfeld erfahrbar sind, gen und Möglichkeiten setzen. Politische Akteure al-
desto ausgeprägter zeigen sich gleichzeitig umweltbe- ler Verantwortungsebenen müssen unterschiedlichen
zogene Einstellungen, Verhaltensweisen und die Ver- Menschen mit ihren jeweils spezifischen Bedürfnissen
änderungsbereitschaft. Werden Aufmerksamkeit, Er- noch intensiver zuhören, aber ebenso müssen Fakten
fahrung und Wissen durch entsprechende Strategien verständlich vermittelt und Auswirkungen des eigenen
gestärkt, vergrößert dies die Chance, dass diese Um- Verhaltens verdeutlicht werden. Die Folgen eines „Wei-
weltorientierung im täglichen Erleben und Handeln ter so“ sollten klar benannt werden. Viel wichtiger sind
der Menschen und in ihrem Miteinander mehr Ge- jedoch die Antworten auf die Frage, wofür sich Verän-
wicht erhält. derungen lohnen. Dabei sollten auch Erfolgsbeispie-
le klar kommuniziert werden, die deutlich machen, wie
Umwelterleben und Umweltverhalten, aber auch Kli- eine sozial-ökologische Transformation die Lebensqua-
maeinstellungen und Veränderungsbereitschaft sind lität für viele Menschen verbessern kann. Derartige Lö-
eng miteinander verknüpft. Eine Erlebnis- und Erfah- sungen sollten in der politischen Auseinandersetzung
rungsvermittlung sollte dabei möglichst zielgruppen- mit möglichst vielen gesellschaftlichen Gruppen ent-
orientiert innerhalb der eigenen Lebenswelt erfolgen. stehen, damit sie von einer breiten Mehrheit getragen
80 Umweltbewusstsein in Deutschland 2020

werden und die verschiedenen Lebensrealitäten be- künftig die unbequemere Alternative sein. Und ökolo-
rücksichtigen. So entstehen möglicherweise auch Be- gisch orientierte Muster sollten mehr als bisher belohnt
rührungspunkte mit gesellschaftlichen Gruppen, die werden. Jede und jeder Einzelne trägt damit weiterhin
dem Umwelt- und Klimaschutz bisher skeptisch oder Verantwortung, kann diese aber so leichter wahrneh-
ablehnend gegenüberstehen. men. Bürgerinnen und Bürger können zudem mit ihrer
Handlungs- und Mitgestaltungsbereitschaft, mit ihrem
Das politische Handeln muss konsequenter und mu- Engagement und eigenem umweltorientierten Verhal-
tiger als bisher die Weichen stellen, wenn sich indi- ten zeigen, dass sie bereit sind, ihren Teil der Verant-
viduelles Handeln stärker verändern soll. Dies wird wortung zu tragen und den Weg der Transformation
auch Konflikte mit sich bringen. Aber der Resonanz- mitzugehen. Als zivilgesellschaftliche Akteure kön-
boden für überlegte und zügig wirksame Maßnahmen nen sie dabei auch aktiv strengere Regeln zum Schutz
ist vorhanden – dies zeigen die Ergebnisse der aktu- der Umwelt einfordern und andere Akteure zu ihrer
ellen Umweltbewusstseinsstudie. Konkrete politische Mit-Verantwortung rufen. Und sie können in ihrem
„Leitplanken“ können zu mehr Handlungssicherheit persönlichen Lebensumfeld und gemeinsam mit an-
beitragen und so individuelle Überforderungen ver- deren Menschen eigenständige Lösungsansätze entwi-
ringern. Dazu gehört auch, gewachsene Lebensbedin- ckeln, neue Lebensentwürfe oder Konsumformen aus-
gungen und Strukturen zu berücksichtigen und Ange- probieren und in den eigenen Alltag integrieren.
bote zu machen, die diese nicht außer Acht lassen. So
wird ein Autoverzicht im ländlichen Raum erst mög- Letztlich ist die Transformation in eine sozial-ökologi-
lich beziehungsweise nicht mehr als Barriere empfun- sche Zukunft eine Gemeinschaftsaufgabe. Diese kann
den werden, sobald ausreichend attraktive Alternativen nur im Wechselspiel zwischen den verschiedenen Ak-
vorhanden sind. Die Nutzung der alternativen Angebo- teuren und Ebenen gelingen. Grundvoraussetzung
te kann dadurch befördert werden, dass stärker die Vor- hierfür ist auf allen Seiten die Bereitschaft, sich mit
teile betont werden statt eventueller Einschränkungen. Respekt und Offenheit zu begegnen und gemeinsam
auf ein Ziel hinzuarbeiten: den Schutz von Natur,
Die Bürgerinnen und Bürger müssen klar erkennen Umwelt und Klima und ein gutes Leben für diese und
können, dass sie respektiert, unterstützt und mitge- kommende Generationen.
nommen werden. Nicht-ökologisches Verhalten sollte
Umweltbewusstsein in Deutschland 2020 81

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Umweltbundesamt (UBA) (Hrsg.) (2021): 25 Jahre Umweltbewusstseinsforschung im Umweltressort. Langfristige


Entwicklungen und aktuelle Ergebnisse, Hintergrundpapier, Dessau-Roßlau.

Abkürzungsverzeichnis
ABC-Formel Attitude, Behaviour and Choice/Einstellungen, Verhalten und Handlungsmöglichkeiten
bayklif Bayerisches Klimaforschungsnetzwerk
BLE Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung
BMU Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit
BMUV Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz
CO2 Kohlenstoffdioxid
DeZIM Deutsches Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung
ETH Zürich Eidgenössische Technische Hochschule Zürich
EU Europäische Union
IASS Institut für transformative Nachhaltigkeitsforschung
infas Institut für angewandte Sozialwissenschaft
IPCC Intergovernmental Panel on Climate Change/Weltklimarat
ISOE Institut für sozial-ökologische Forschung
km/h Kilometer per hour/Kilometer pro Stunde
ÖPNV Öffentlicher Personennahverkehr
Pkw Personenkraftwagen
SRU Sachverständigenrat für Umweltfragen
t Tonnen
UBA Umweltbundesamt
UFZ Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung
UN United Nations/Vereinte Nationen
82 Umweltbewusstsein in Deutschland 2020

Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Wahrnehmung der Bedeutung des Klimaschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
Abbildung 2: Selbsteinschätzung zum Umweltbewusstsein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19
Abbildung 3: Stellenwert des Umwelt- und Klimaschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26
Abbildung 4: Bewertung des Handelns verantwortlicher Akteurinnen und Akteure . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27
Abbildung 5: Berücksichtigung von Umwelt- und Klimaschutz in anderen Politikbereichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28
Abbildung 6: Bewertung der Umweltqualität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
Abbildung 7: Gesundheitliche Belastungen durch Umweltverschmutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31
Abbildung 8: Belastung durch einzelne Lärmquellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
Abbildung 9: Aussagen zu Umweltaffekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34
Abbildung 10: Aussagen zu Umweltkognition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
Abbildung 11: Aussagen zum Umweltverhalten I . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36
Abbildung 12: Aussagen zum Umweltverhalten II . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37
Abbildung 13: Zentrale Kenngrößen des Umweltbewusstseins . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37
Abbildung 14: Mittelwerte der Kenngrößen Umwelt- und Klimaeinstellungen,
Umweltverhalten und Veränderungsbereitschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40
Abbildung 15: Vorstellung der Umweltbewusstseinstypen anhand ausgewählter Merkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
Abbildung 16: Umweltbewusstseinstypen – Darstellung für Klimaeinstellungen und
Veränderungsbereitschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45
Abbildung 17: Interesse am Thema Klimawandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47
Abbildung 18: Informationsstand zum Thema Klimawandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48
Abbildung 19: Vermutete Ursache/n für den Klimawandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49
Abbildung 20: Einstellungen zum Klimawandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50
Abbildung 21: Klimaeinstellungen zusammengefasst . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51
Abbildung 22: Rolle Deutschlands für den Klimaschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52
Abbildung 23: Verantwortlichkeit für den Klimaschutz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53
Abbildung 24: Bewertung von politischen Maßnahmen zum Klimaschutz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54
Abbildung 25: Verwendung der Einnahmen aus der CO2-Bepreisung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55
Abbildung 26: Bewertung des Engagements anderer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56
Abbildung 27: Formen des Engagements für den Klimaschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57
Abbildung 28: Bereitschaft zu Verhaltensänderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58
Abbildung 29: Hemmnisse für klimafreundliches Verhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60
Abbildung 30: Veränderungen zur Verbesserung der Lebensqualität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63
Abbildung 31: Veränderungen zur Verbesserung der Lebensqualität nach Umweltbewusstseinstypen . . . . . . . . . . . . . . . . 64
Abbildung 32: Mögliche Wege, den Klimawandel zu bremsen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65
Abbildung 33: Anteil ausgewählter Einflussgrößen auf den CO2-Fußabdruck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66
Abbildung 34: CO2-Fußabdruck nach Soziodemografie und Umweltbewusstseinstypen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68
Abbildung 35: Handlungsbedarfe bei Landwirtschaft und Ernährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70
Abbildung 36: Akzeptanz von Maßnahmen im Bereich Landwirtschaft und Ernährung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71
Abbildung 37: Handlungsbedarfe im Bereich Mobilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72
Abbildung 38: Akzeptanz von Maßnahmen im Bereich Mobilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73
Abbildung 39: Wirtschaftlicher Strukturwandel und Beschäftigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75
Abbildung 40: Soziale Gerechtigkeit und Klimaschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76
84 Umweltbewusstsein in Deutschland 2020

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