Leitfaden-Bildung Und Vermittlung Im Museum Gestalten
Leitfaden-Bildung Und Vermittlung Im Museum Gestalten
Leitfaden-Bildung Und Vermittlung Im Museum Gestalten
ISBN 978-3-9819866-7-9
INHALT
VORWORT4
ZUM LEITFADEN 7
PUBLIKUMSORIENTIERUNG 17
OBJEKTBEZUG27
VERNETZUNG 51
PROZESSHAFTIGKEIT63
BILDNACHWEISE82
BETEILIGTE84
VORWORT
Bildungs- und Vermittlungsarbeit ist Kernaufgabe des Museums.
Sie ist der treibende Motor, die Institution Museum für ein diverses
Publikum zu öffnen und zu demokratisieren. Dafür ist es notwendig,
bestehende Barrieren und Ausschlüsse zu identifizieren und abzu-
bauen. Als Bildungsakteure müssen sich Museen mehr denn je zu ihrer
gesellschaftlichen Verantwortung bekennen, damit sie zugänglicher
werden und ihr volles Potenzial entfalten.
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Der neue Leitfaden stellt nun einen Orientierungsrahmen vor:
Wie kann Bildungs- und Vermittlungsarbeit unter den neuen
Maßgaben gelingen?
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ZUM LEITFADEN
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GRUNDLAGEN.
BILDUNG UND VERMITTLUNG
IM MUSEUM
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Grundlagen. Bildung und Vermittlung im Museum
Die Gesellschaft verändert sich, sie wird pluraler und digitaler. Immer mehr
Menschen streben Teilhabe und Mitbestimmung an. Neue gesellschaftliche und
politische Erwartungen werden auch an die Museen herangetragen. Wollen sie
relevant bleiben, so greifen sie diese Impulse auf: Sie wirken in, mit und für die
Gesellschaft und sind Teil deren Entwicklung. In diesem Prozess nimmt Bildungs-
und V ermittlungsarbeit eine Schlüsselrolle ein. Sie greift auf vielfältige Erfah
rungen und Instrumente zurück und entwickelt diese beständig fort.
Die Begriffe Bildung und Vermittlung sind nicht deckungsgleich: So richtet der
Begriff Bildung den Blick mehr auf die Eigeninitiative des Publikums und bezeich-
net das Ergebnis lebenslanger Lernprozesse. Der Begriff Vermittlung hingegen
rückt die Perspektive des Museums in den Vordergrund und meint vorwiegend
Intentionen, die auf (informelle) Lernprozesse beim Publikum ausgerichtet sind.
Dem Leitfaden liegt ein weites und offenes Verständnis des Lernbegriffs zugrunde,
das ganz verschiedene Facetten umfasst. Wenn von Bildungs- und Vermittlungs-
arbeit gesprochen wird, geht es immer um die Verknüpfung der verschiedenen Per-
spektiven, um den wechselseitigen Austausch zwischen Museum und Publikum.
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Dimensionen von Lernen im Museen
▶ geistige Fähigkeiten
▶ Informationen managen
▶ soziale Fähigkeiten
▶ Kommunikationsvermögen
▶ körperliche Fähigkeiten
▶ Selbsteinschätzung
▶ gesteigertes Toleranzvermögen
▶ inspiriert werden
Die Übersicht basiert auf den Generic Learning Outcomes des Museums, Libraries and
Archives Council, England.
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Grundlagen. Bildung und Vermittlung im Museum
RAHMENBEDINGUNGEN
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Fünf Gelingensfaktoren von Bildungs- und Vermittlungsarbeit
PUBLIKUMSORIENTIERUNG
OBJEKTBEZUG
VERNETZUNG
PROZESSHAFTIGKEIT
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Kulturelle Bildung und Vermittlung sind Kernaufgaben
zeitgemäßer Museumsarbeit. Im Landesmuseum Württemberg
ist es ein von der Direktion gesetzter und gewünschter Standard,
dass die Kulturvermittlung gleichberechtigt, und damit auch
stimmberechtigt, am kuratorischen Prozess teilhat und von Beginn an
die Publikumsperspektive intensiv einbringt.
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PUBLIKUMSORIENTIERUNG.
FÜR UND MIT EINEM
DIVERSEN PUBLIKUM
AGIEREN
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Publikumsorientierung. Für und mit einem diversen Publikum agieren
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Ein Anliegen ist es dabei, die Kompetenzen von Besucher*innen zu fördern und
ihre Handlungsfähigkeit nachhaltig zu stärken. Zugleich bereichert das Publikum
das Museum, indem es z. B. diverse Fragestellungen oder vielfältiges Wissen
einbringt.
Von der Bildungs- und Vermittlungsarbeit sollen möglichst viele Menschen unab-
hängig von ihren jeweiligen Voraussetzungen profitieren. Ziel ist eine umfassende
Inklusion, die sich in der Haltung des gesamten Hauses widerspiegelt.
Dies umfasst sowohl Anforderungen einer Barrierefreiheit, wie sie in der UN-
Behindertenrechtskonvention verankert ist, als auch Anforderungen, die aus der
gesellschaftlichen Diversität erwachsen und dem allgemeinen Gleichbehand-
lungsgesetz entsprechen.
▶ Zwei-Sinne-Regel: mindestens zwei der Sinne Hören, Sehen und Tasten anspre-
chen sowie Räder-Füße-Regel: gleiche Wege für Besucher*innen mit Kinder
wagen, Rollstühlen oder Rollatoren und Fußgänger*innen ermöglichen, ...
Um diesen Anliegen möglichst gut gerecht zu werden, sind sichtbare wie unsicht-
bare Barrieren und Ausschlüsse zu identifizieren. Diese können z. B. in der Höhe
der Eintrittspreise oder Programmgebühren, in der Gestaltung der Eingangs
situation oder in Haltungen von Mitarbeiter*innen sowie in der Nicht-Beachtung
bestimmter Themen und Perspektiven liegen. Inklusive und zielgruppenspezi
fische Angebote schließen sich in der Programmgestaltung nicht aus, sondern
ergänzen einander.
OUTREACH
PARTIZIPATION
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Jugendlichen gemeinsam kuratieren. Partizipative Arbeit ist für beide Seiten mit
Aufwand verbunden, sie lohnt sich aber und trägt dazu bei, das Museum als Ort
der Begegnung und Aushandlung weiterzuentwickeln. Für alle Beteiligten muss
der Grad der Mitbestimmung transparent sein. Zudem ist eine wertschätzende
und lernende Haltung der Institution Voraussetzung.
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Uns ist es wichtig, den Menschen auf Augenhöhe zu begegnen und
sie in ihrer Vielfalt anzuerkennen und wertzuschätzen. Inklusion,
Diversität und Publikumsorientierung brauchen mehr als nur
wohlklingende Worte. Wichtig sind strukturelle Veränderungen.
Deshalb wurde ein Kartenset entwickelt, das ein Gespräch über
Barrieren im Museum mit Gruppen ermöglicht.
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Publikumsorientierung. Für und mit einem diversen Publikum agieren
Je mehr ein Museum über seine Besucher*innen und Nutzer*innen weiß, desto
besser kann es seine Arbeit gestalten. Hierfür liefert die Publikumsforschung wich-
tige Erkenntnisse. Blickt das Museum dabei auch auf seine N icht-Besucher*innen,
schafft es eine wichtige Grundlage, im Sinne eines Audience Development
k ünft ig ein breiteres Publikum anzusprechen. Bei der Betrachtung helfen Milieu-
Analysen, repräsentative Umfragen oder Marktforschungstools. Die Lern- und
Bildungsforschung richtet den Fokus hingegen stärker auf die Wahrnehmungs-
und Lernprozesse und kann wichtige Aussagen darüber liefern, inwieweit
die intendierten Ziele erreicht werden. In all diesen Ansätzen sind auch die
Nutzer*innen im digitalen Raum zu mitzudenken.
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Direktes und schnelles Feedback zu Ausstellungen, Programmen oder digitalen
Angeboten zu erhalten, ist auf vielen Wegen möglich und kann für das g esamte
Team transparent gestaltet werden. Hierfür bieten sich z. B. Gästebücher,
Kommentar-Funktionen oder Umfragen auf Social-Media-Kanälen an. Auch ein
regelmäßiger Kontakt mit den Besucher*innen und der Erfahrungsaustausch
mit Aufsichten oder Kassenpersonal über deren Erfahrungen unterstützen die
kontinuierliche Qualitätssicherung. Zudem können systematische Evaluierungen
von Angeboten wertvolle Informationen zum Publikum bzw. seiner Zufriedenheit
erbringen. Je nach Ressourcen und Zielstellung können konkrete Fragestellungen
in den Blick genommen oder größer angelegte Forschungsprojekte z. B. in Koope-
ration mit Hochschulen durchgeführt werden.
▶ Wen erreichen wir mit unseren Angeboten tatsächlich und wen nicht?
▶ Was sind die Bedürfnisse und die Spezifika unserer Besucher*innen und
Nutzer*innen, für die wir bzw. mit denen wir ein Angebot planen?
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OBJEKTBEZUG.
MIT SAMMLUNGEN UND
AUSSTELLUNGEN ARBEITEN
27
Objektbezug. Mit Sammlungen und Ausstellungen arbeiten
Ein wichtiger Gelingensfaktor für Bildungs- und Vermittlungsarbeit ist ihre Aus-
KURZ GEFASST
Folgende Prinzipien bieten einen Orientierungsrahmen für die Arbeit mit Objekten
und setzen spezifische Fachkenntnisse voraus:
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Umgang ebenso wie um passgenaue Methoden zu ihrer Erschließung.
Die Themen generieren sich aus den Objekten und Sammlungen und richten
sich am Publikum aus bzw. können mit diesem gemeinsam entwickelt werden.
▶ transparent
Bildungs- und Vermittlungsarbeit legt offen, wie die Institution Museum
arbeitet. Eine solche Transparenz fördert das Vertrauen in die Institution und
ist Grundlage für eine Teilhabe des Publikums. Sie macht z. B. verständlich,
dass die Präsentation von Objekten und Inhalten immer eine Auswahl darstellt.
Zudem kann sie die Genese der Sammlungen und die Prinzipien des Sammelns
und Forschens aufzeigen.
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Objektbezug. Mit Sammlungen und Ausstellungen arbeiten
PRINZIPIEN BEISPIELE
▶ spielerische Ansätze
▶ Diskussionsforen
▶ Erlebnisräume
(z. B. durch Szenografie, Immersion)
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KONZEPTION VON AUSSTELLUNGEN
Das Setting, also die Konzeption und Gestaltung von Ausstellungen, bestimmt
grundlegend, wie verschiedene Menschen die angebotenen Inhalte und Objekte
wahrnehmen. Dabei spielen Faktoren wie z. B. die Anordnung der Objekte, ihre
Kontextualisierung und die ergänzenden Materialien und Medien eine Rolle. Im
Vorfeld legt das Team fest, wer mit der Ausstellung vorrangig angesprochen werden
soll. Im Weiteren entscheidet es dann, welche Bildungs- und Vermittlungsziele
bei den einzelnen Ausstellungseinheiten im Vordergrund stehen. So können z. B.
Wissen, Fertigkeiten, Freude, Kreativität, Werte und Haltungen den vorrangigen
Zugang und die intendierte Wirkung bei der Beschäftigung mit den Objekten dar-
stellen. Wichtiger Bestandteil von Ausstellungen können digitale Ansätze sein. Sie
ermöglichen z. B. individuelle Zugänge zu Objekten und Inhalten, eröffnen neue
Erfahrungsräume oder machen die Ausstellung über soziale Medien sowie das
Internet zugänglich. Bei all diesen Prozessen empfiehlt es sich, das Publikum früh-
zeitig mit einzubeziehen. Zu berücksichtigen sind zudem Aspekte der Barrierefrei
heit und Inklusion, insbesondere bei historischen Gebäuden sind hier grund
legende Verständigungsprozesse notwendig.
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Objektbezug. Mit Sammlungen und Ausstellungen arbeiten
Die spezifischen Anforderungen aus dem Bereich Bildung und Vermittlung sowie
ihre fachlichen Expertisen sind wichtiger Bestandteil bei der Konzeption und
Realisierung von Ausstellungen. Dies meint insbesondere:
▶ Dramaturgie
Eine abwechslungsreiche Abfolge in der Ausstellung steigert die Aufmerksam-
keit der Besucher*innen und fördert Lernerlebnisse. Hierfür sind inhaltlich-
kognitive, sinnlich-wahrnehmende und unterhaltend-aktivierende Ebenen zu
berücksichtigen.
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An digitale Bildungsangebote stellen wir die gleichen Ansprüche
wie an analoge Formate, etwa bezüglich Barrierefreiheit sowie
Partizipation. Digitale Kulturvermittlung ist bei uns eine
Querschnittsaufgabe und muss Teil einer (digitalen) Gesamtstrategie
sein, die einhergeht mit der Öffnung von Museen hin zur Gesellschaft.
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Objektbezug. Mit Sammlungen und Ausstellungen arbeiten
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HANDLUNGSFELDER EXEMPLARISCHE ANSÄTZE
▶ Wie beziehen wir das Publikum bereits in die Konzeption von Angeboten
ein?
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Die diskursive Verbindung vom Objekt zur Gesellschaft ist eine der
Kernaufgaben der Vermittlungsarbeit in ethnologischen Museen.
Wir möchten den Besucher*innen einen Ort der Selbstreflexion und
der Verhandlung bieten. Die Performativität der einzelnen Objekte
unserer Sammlungen, ihre Geschichten und Inszenierungen erzählen
mehr über uns selbst als über „das Fremde“.
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METHODEN- UND
FORMATVIELFALT.
ZUSAMMENSPIEL VON
MENSCH, OBJEKT UND
INHALT GESTALTEN
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Methoden- und Formatvielfalt. Zusammenspiel von Mensch, Objekt und Inhalt gestalten
Methoden und Formate passgenau auszuwählen und umzusetzen, ist ein zentraler
KURZ GEFASST
In einem ersten Schritt ermittelt das Team die relevanten Themen und Strategien
für die Bildungs- und Vermittlungsarbeit. Hierzu analysiert es die externen und
internen Rahmenbedingungen (z. B. zeitliche, personelle und räumliche Res-
sourcen), identifiziert die Zielgruppen und entwickelt daraus Vermittlungsziele.
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Diese Faktoren beeinflussen, welche Methoden und Formate ausgewählt und wie
sie ausgearbeitet werden. Dies wiederum setzt die Kenntnis unterschiedlicher
L ernformen und -theorien sowie ein differenziertes Repertoire an Methoden
und Formaten voraus. Methoden und Formate lassen sich modular kombinieren.
METHODEN- UND
FORMATVIELFALT
BERÜCKSICHTIGUNG
SOZIALER KONTEXT VERSCHIEDENER LERNSTILE
in Gruppen, in Teams, individuell, an auditiv, haptisch, motorisch,
Medien oder an Personen orientiert etc. kommunikativ, visuell etc.
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Methoden- und Formatvielfalt. Zusammenspiel von Mensch, Objekt und Inhalt gestalten
VERMITTLUNGSANSÄTZE
Mit den Methoden werden die Prozesse gestaltet, also das Wie eines Angebots. Sie
bestimmen maßgeblich, ob die Teilnehmer*innen bzw. Nutzer*innen das Angebot
rezeptiv, partizipativ, dekonstruierend, erlebnis- oder erkenntnisorientiert wahr-
nehmen. Das Format legt die äußeren Parameter wie die Dauer, die Zielgruppe,
das Kommunikationsmodell (z. B. Führung, Workshop, Projekttag, Jahresprojekt)
fest.
WELCHE METHODEN
EIGNEN SICH?
WELCHE KOMPETENZEN
SOLLEN GEFÖRDERT WERDEN?
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Kompetenzen, Didaktische Ansätze, Methoden: Beispiele
▶ Fachkompetenz ▶ Selbstkompetenz
▶ Museumskompetenz ▶ Urteilskompetenz
▶ Orientierungskompetenz ▶ Wahrnehmungskompetenz
▶ assoziativ ▶ hinterfragend
▶ darstellend ▶ kommunikativ
▶ dialogisch ▶ partizipativ
▶ emotional ▶ reflexiv
▶ entdeckend ▶ sinnlich
▶ forschend ▶ spielerisch
▶ handlungsorientiert ▶ unterhaltend
▶ Assoziationsketten ▶ Interviews
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Alle meine Familienmitglieder: Mann, belesener Sohn, verspielter
kleiner Bruder, museums-verachtende Schwester haben großen
Spaß & Interesse an der Ausstellung. Jeder / jede kann mit eigener
Geschwindigkeit und unterschiedlichem Schwerpunkt die Exponate
betrachten, bespielen, erhören, anschauen undundund – toll!
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Methoden- und Formatvielfalt. Zusammenspiel von Mensch, Objekt und Inhalt gestalten
Die Stärke personaler Vermittlung liegt darin, situativ agieren und reagieren zu
können. Sie ermöglicht die direkte Kommunikation zwischen den Besucher*innen
und dem Museum. Sie bereichert das Besuchserlebnis und bezieht die Kompeten
zen der Besucher*innen direkt ein. Ihre Qualität hängt damit unmittelbar von
der Kommunikations- und Fachkompetenz der Durchführenden ab. Zum Einsatz
kommen monologische, dialogische, moderierende, handlungsorientierte und
partizipative Vermittlungsformen.
Mediale Vermittlung hingegen bietet Zugänge, die das Publikum individuell und
unmittelbar nutzen kann. Sie weckt damit z. B. erste Aufmerksamkeit oder lädt zu
einer vertieften Auseinandersetzung ein. Sie kann verschiedenen Bedürfnissen
gerecht werden, Orientierung bieten und weitreichende Möglichkeiten für Parti-
zipation eröffnen. Kennzeichnend für die Angebote – in analoger wie in digitaler
Form – ist ein festgelegtes Grundkonzept, da ein situatives Agieren wie in der
personalen Vermittlung nicht möglich ist. Ihre Qualität hängt deshalb stark davon
ab, dass verschiedene Nutzungsszenarien detailliert vorausgeplant werden. Daher
spielen Testläufe und Evaluation bei der Erarbeitung eine zentrale Rolle.
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Beispiele für Formate personaler und medialer Vermittlung
PERSONALE
VERMITTLUNG
MEDIALE VERMITTLUNG
(ANALOG UND DIGITAL)
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Vermittlung ist die Sprache des Museums. Für die Neueröffnung
des Lindenau-Museums 2024 sind wir dabei, alle Formate
und deren Vielfalt neu zu denken. Vom Erfolg unserer ersten
Kindermuseumsnacht waren wir so überwältigt, wir konnten viele
ganz neue Besucher*innen im Haus begrüßen, dass wir dieses Format
in jedem Falle weiterdenken werden.
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VERNETZUNG.
PARTNER*INNEN SUCHEN UND
GEMEINSAM HANDELN
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Vernetzung. Partner*innen suchen und gemeinsamhandeln
▶ Mehr Expertise
Vernetzung bietet für Bildungs- und Vermittlungsarbeit eine Chance, externe
Kompetenzen einzubinden, neues Wissen zu generieren und Erfahrungen mit
externen Partner*innen und Expert*innen zu teilen.
▶ Mehr Ressourcen
In Kooperationen kann das Museum mit den Partner*innen die jeweiligen
Ressourcen wie z. B. Personal, Wissen, Räume, Materialien oder Medien
wechselseitig nutzen bzw. entstehende Kosten teilen. Für beide Seiten entstehen
dadurch Synergien.
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▶ Mehr Relevanz
Vernetzt sich Bildungs- und Vermittlungsarbeit, wirkt sie stärker in die Gesell-
schaft hinein. Sie schafft Verbündete und macht ihre Aktivitäten sichtbarer.
Damit stärkt sie ihre eigene Position ebenso wie die des gesamten Museums.
Das Museum wird dabei zum Gastgeber, zu einer Plattform für Vernetzung und
Austausch. Wenn es die eigenen Räumlichkeiten verlässt und mit Partner*innen
an anderen Orten zusammenarbeitet, gelingt eine weitergreifende Öffnung.
RAHMENBEDINGUNGEN
Folgende Faktoren tragen maßgeblich dazu bei, dass eine Zusammenarbeit für
beide Seiten ertragreich wird:
▶ Langfristige Kontaktpflege
Um wechselseitiges Vertrauen aufzubauen, ist eine kontinuierliche und nach-
haltige Kommunikation der Partner*innen notwendig. Hierfür braucht es
feste Ansprechpersonen mit zeitlichen Ressourcen, die gemeinsam klare Ziele
entwickeln und umsetzen.
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Ich habe an dem Workshop „Wie betrifft Migration Kinder?“
teilgenommen. Als Lehrerin einer Vorbereitungsklasse merke ich,
wie wichtig es ist, Empathie mit Menschen zu haben, die nicht hier
sozialisiert wurden und nicht mit den gleichen Voraussetzungen ihren
Lebensweg in Deutschland beschreiten können. Das TECHNOSEUM
gab mir eine Plattform, dies zu teilen.
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Vernetzung. Partner*innen suchen und gemeinsamhandeln
ORGANISATIONSFORMEN
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Vernetzung: Beispiele für Kooperationspartner*innen
BEREICH BEISPIELE
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Längerfristig angelegte Kooperationen stärken Museen als Ort
der Begegnung. Um unserem Bildungsauftrag nachhaltig gerecht
zu werden, gehen wir aktiv auf unser Umfeld zu. Für eine gute
Zusammenarbeit mit Gruppen von außen brauchen wir Raum und
Zeit für Beteiligung, Mitsprache und Selbstrepräsentation.
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Vernetzung. Partner*innen suchen und gemeinsamhandeln
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BEREICH KULTUR BEREICH FREIZEITEINRICHTUNGEN
▶ das Theater hat mit dem Museum eine ▶ Erschließung neuer Kulturorte,
neue Bühne und ein neues Publikum Erweiterung des eigenen Programms
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PROZESSHAFTIGKEIT.
SICH BESTÄNDIG REFLEKTIEREN
UND WEITERENTWICKELN
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Prozesshaftigkeit. Sich beständig reflektieren und w
eiterentwickeln
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Wir wollen das Museum als Plattform für Diskussionen. Ein Ort,
an dem man auch mal laut reden und sich austauschen kann.
Die Vision wäre, dass das Museum auch ein Treffpunkt ist, an dem
wir Lust haben, uns mit unseren Freundinnen und Freunden zu
verabreden. Als Jugendliche wollen wir gleichwertig zu allen anderen
Besucherinnen ernst genommen werden.
NINA MONKADDAM UND ELA SU EMRE, JUGENDLICHE VOM Youth Lab Berlin,
lab.Bode, STAATLICHE MUSEEN ZU BERLIN
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Prozesshaftigkeit. Sich beständig reflektieren und w
eiterentwickeln
Prozesshaftes Arbeiten
Bereitschaft zu
▶ Transparenz
▶ Weiterentwicklung
▶ Selbstreflexion
▶ Change- und Prozessmanagement
RAHMENBEDINGUNGEN
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BILDUNG UND
VERMITTLUNG IM
MUSEUM
Bildungsziele formulieren
und Prioritäten setzen
Strategien ausarbeiten
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Prozesshaftigkeit. Sich beständig reflektieren und w
eiterentwickeln
Ein eigenes Leitbild bzw. Bildungskonzept bietet für die Entwicklung realistischer
und umsetzbarer Zielstellungen Orientierung und sichert Nachhaltigkeit. Es kann
zu Beginn lediglich die wichtigsten Eckpunkte benennen, die in weiteren kleinen
Schritten fortentwickelt werden. Bildungs- und Vermittlungsarbeit entwickelt ihre
Zielstellungen gemeinsam mit der Leitung und dem Museumsteam. Je klarer und
präziser die Ziele formuliert sind, desto leichter sind sie zu priorisieren, zu über-
prüfen und anzupassen. So helfen sie zu entscheiden, welche Maßnahmen aus der
Fülle des Möglichen umgesetzt werden. Dabei kann es z. B. darum gehen, neue
Zielgruppen zu erreichen oder Wissen von Bürger*innen in das Museum einfließen
zu lassen.
Bei der Erarbeitung der Ziele spielen vor allem folgende Aspekte eine Rolle:
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Für eine nachhaltige Arbeit orientieren sich die Bildungsziele weniger an der
Quantität, z. B. der Steigerung der Besuchszahlen, sondern vielmehr an der
Qualität, z. B. der Diversifizierung des Publikums. Impulse kommen auch von
außen, z. B. durch:
▶ Förderprogramme.
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Prozesshaftigkeit. Sich beständig reflektieren und w
eiterentwickeln
Im nächsten Schritt werden die grundsätzlichen Wege, mit denen diese Ziele
erreicht werden sollen, ausgearbeitet. Die gewählte Strategie bestimmt die
Inst rumente, Formate und Methoden sowie Partner*innen. Zu klären sind die
Zuständigk eiten, Arbeitsstrukturen und -prozesse. Hierzu gehören auch die
Bereitschaft und der Mut, neue Ansätze zu erproben und gewohnte Pfade zu
verlassen. Oftmals kann aus der Reflexion von Fehlern mehr gelernt werden als
durch Erfolge.
▶ Publikumsorientierung ▶ Ressourceneinsatz
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WIR BEHALTEN DEN ÜBERBLICK
IN JEDER SITUATION
PARTNER UND
MITGLIED DES
DEUTSCHEN
MUSEUMSBUNDES
SICHERHEIT - GEBÄUDEREINIGUNG - ZEITARBEIT
DER KULTURDIENSTLEISTER.
Wir machen Kultur möglich.
Hotline: +49 (0)180 5009077 • wws-strube.de
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Auch bei prozesshaftem Arbeiten sollte nach Qualität gefragt
werden. Sie entsteht durch kuratorische Ordnung (für das
Miteinander heterogener Elemente), durch kulturelle Formatierung
(für eine gelingende menschliche Begegnung) und durch kritische
Reflexion über das eigene Tun und die eigene Rollensicherheit.
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Prozesshaftigkeit. Sich beständig reflektieren und w
eiterentwickeln
Eine reflektierte Auswertung bzw. Evaluierung bietet die Grundlage für Qualitäts-
sicherung und -entwicklung. Bildungs- und Vermittlungsangebote, die sich nicht
bewähren, werden nachgebessert oder gestrichen, erfolgreiche Ansätze gezielt
weiterentwickelt. Dies setzt voraus, dass die Ergebnisse der Analysen und die
Erkenntnisse der Evaluierungen implementiert werden. Dabei ist zu überlegen,
auf welchen Ebenen anzusetzen ist, ob also z. B. die Instrumente, die Strategien,
die Bildungsziele oder die Grundhaltung des Hauses zu hinterfragen bzw. zu
stärken sind.
▶ Sind die gesteckten Ziele erreichbar oder müssen sie neu definiert werden?
Welche Ziele sind nicht verhandelbar?
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Museen als öffentliche Orte sollten sich nicht mehr entscheiden
dürfen, ob sie sich mit Themen wie Diversität und Diskriminie
rungen auseinandersetzen möchten oder nicht. Es müsste bereichs-
übergreifend verpflichtend sein. Jedes Museum sollte beispielsweise
einen Plan vorzeigen können, wie es dazu arbeitet, und das sollte ich
bei meinem Museumsbesuch merken können.
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Prozesshaftigkeit. Sich beständig reflektieren und w
eiterentwickeln
Prozesshaftigkeit: Praxisbeispiele
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▶ digitale Bildung intensivieren ▶ historisches Verständnis fördern
▶ Online-Befragung ▶ Befragung
In letzter Konsequenz: Bei Überlastung der Ressourcen ist das Ziel in Frage zu
stellen bzw. neu zu definieren. Festlegen, welche Ziele nicht verhandelbar sind.
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LITERATUR UND LINKS
78
BILDUNG UND VERMITTLUNG IM MUSEUM
▶ American Association of Museums, Standing Professional Committee on Edu-
cation (EdCom) (2005): Excellence in Practice: Museum Education Principles
and Standards. Washington DC 2005. http://ww2.aam-us.org/docs/default-
source/accreditation/committee-on-education.pdf [Zugriff: 30.10.2020].
▶ Czech, Alfred; Kirmeier, Josef & Sgoff, Brigitte (Hrsg.): Museumspädagogik. Ein
Handbuch. Schwalbach / Ts. 2014.
▶ Institute for Art Education der Züricher Hochschule der Künste (Hrsg.): Zeit für
Vermittlung. Eine Online-Publikation zur Kulturvermittlung.
www.kultur-vermittlung.ch/zeit-fuer-vermittlung/download/pdf-d/
ZfV_0_gesamte_Publikation.pdf [Zugriff: 30.10.2020].
79
PUBLIKUMSORIENTIERUNG
▶ Deutscher Museumsbund e. V. (Hrsg.): Hauptsache Publikum! Besucher
forschung für die Museumspraxis. Berlin 2019. www.museumsbund.de/
publikationen-uebersicht [Zugriff: 30.10.2020].
▶ Falk, John H. und Dierking, Lynn D.: The museum experience revisited.
Walnut Creek, CA 2013.
▶ John, Hartmut und Dauschek, Anja: Museen neu denken. Perspektiven der
Kulturvermittlung und Zielgruppenarbeit. Bielefeld 2008.
OBJEKTBEZUG
▶ Alder, Barbara und Brok, Barbara den: Die perfekte Ausstellung: Ein Praxisleit-
faden zum Projektmanagement von Ausstellungen. Bielefeld 20132 (= Schriften
zum Kultur- und Museumsmanagement).
VERNETZUNG
▶ Deutscher Museumsbund; BDK – Fachverband für Kunstpädagogik; Bundes-
verband Museumspädagogik; Bundeszentrale für politische Bildung & Stiftung
Mercator (Hrsg.): schule@museum – Eine Handreichung für die Zusammen-
arbeit. Berlin 2011. https://www.museumsbund.de/publikationen/
schulemuseum-eine-handreichung-fuer-die-zusammenarbeit-2011
[Zugriff: 30.10.2020].
PROZESSHAFTIGKEIT
▶ Black, Graham: The Engaging Museum: Developing Museums for Visitor
Involvement. Routledge 2012.
81
BILDNACHWEISE
82
▶ Titelbild: Museum für Naturkunde Berlin, Foto: Thomas Rosenthal
83
BETEILIGTE
84
KONZEPT, TEXT UND REDAKTION
▶ Prof. Dr. Tobias Nettke, Professor für Bildung und Vermittlung in Museen,
Hochschule für Technik und Wirtschaft, Berlin und stellvertretender Sprecher
des Arbeitskreises Bildung und Vermittlung im Deutschen Museumsbund e. V.
VERANTWORTLICHE VORSTANDSMITGLIEDER
85
PROJEKTKOORDINATION
EXPERT*INNENGRUPPE
86
▶ Iris Kühnberger, Leitung Bildung und Besucherforschung, Deutsches Technik-
museum Berlin
87
▶ Stefanie Dowidat, Ausstellungsgestalterin, LWL-Museum für Archäologie,
Westfälisches Landesmuseum Herne und Sprecherin des Arbeitskreises
Ausstellungen im Deutschen Museumsbund e. V.
88
▶ Hans Lochmann, Geschäftsführer, Museumsverband Niedersachsen und
Bremen, Hannover
▶ Prof. Dr. Rita Müller, Direktorin des Museums der Arbeit, Stiftung Historische
Museen in Hamburg und Vorstandsmitglied im Deutschen Museumsbund e.V.
89
Leitfäden
des Deutschen Museumsbundes e. V.
Deutscher Museumsbund e. V.
In der Halde 1 ∙ 14195 Berlin
museumsbund.de