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Stefan Lipp

Numerische Simulation turbulenter reaktiver Strömungen


mit einem hybriden CFD/transported PDF Modell
Numerische Simulation turbulenter
reaktiver Strömungen mit einem
hybriden CFD/transported PDF Modell

von
Stefan Lipp
Dissertation, Karlsruher Institut für Technologie
Fakultät für Maschinenbau
Tag der mündlichen Prüfung: 23. März 2011

Impressum

Karlsruher Institut für Technologie (KIT)


KIT Scientific Publishing
Straße am Forum 2
D-76131 Karlsruhe
www.ksp.kit.edu

KIT – Universität des Landes Baden-Württemberg und nationales


Forschungszentrum in der Helmholtz-Gemeinschaft

Diese Veröffentlichung ist im Internet unter folgender Creative Commons-Lizenz


publiziert: http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/de/

KIT Scientific Publishing 2011


Print on Demand

ISBN 978-3-86644-678-6
Numerische Simulation turbulenter
reaktiver Strömungen mit einem
hybriden CFD/transported PDF Modell

Zur Erlangung des akademischen Grades eines Doktors der Ingenieurwissenschaften


von der Fakultät für Maschinenbau des Karlsruher Instituts für Technologie
genehmigte Dissertation
von
Dipl.-Ing. Stefan Lipp
aus Karlsruhe

Hauptreferent: Prof. Dr. rer. nat. habil. Ulrich Maas


Korreferent: Prof. Dr.-Ing. habil. Andreas Class

Tag der mündlichen Prüfung: 23.03.2011

Institut für Technische Thermodynamik


Prof. Dr. rer. nat. habil. U. Maas

KIT – Universität des Landes Baden-Württemberg und


nationales Forschungszentrum in der Helmholtz-Gemeinschaft www.kit.edu
Vorwort

Die vorliegenden Arbeit entstand während meiner Tätigkeit als akademischer Mitarbeiter
am Institut für Technische Thermodynamik (ITT) des Karlsruher Instituts für Technologie
(KIT). Zahlreiche Personen haben zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen, denen ich allen
an dieser Stelle herzlich danken möchte. Wenn ich im folgenden einige wenige namentlich
erwähne mag doch niemand, der sich nicht in der Aufzählung findet und mich trotzdem in
welcher Form auch immer unterstützt und begleitet hat, sich geringgeschätzt fühlen. Ich
bin für jede auch noch so kleine Unterstüzung sehr dankbar. Es liegt aber leider in der
Natur der Sache, dass einzelne zu erwähnen immer bedeutet andere, die auch einen Beitrag
geleistet haben, unerwähnt zu lassen.
Als erstes sei meinem wissenschaftlichen Betreuer Prof. Dr. rer. nat. habil. Ulrich Maas für
die Möglichkeit zur Durchführung der Arbeit an seinem Institut gedankt. Die interssan-
te Aufgabenstellung, seine persönliche Unterstützung und die vielen interessanten wissen-
schaftlichen Diskusionen, die ich mit ihm führen durfte, haben entscheidend zum Gelingen
der Arbeit beigetragen.
Zusätzlich danke ich Prof. Dr.-Ing. habil. Andreas Class für die freundliche Übernahme des
Korreferats und die hilfreichen Hinweise zur Arbeit.
Allen akutellen und ehemaligen Kollegen am ITT danke ich für die freundschaftliche Ar-
beitsatmosphäre und die große Hilfsbereitschaft bei allen Problemen. Besonders erwähnen
möchte ich meinen langjährigen Zimmerkollegen Florian Zieker mit dem ich viele fachlich
und menschlich hoch interessante Diskusionen zu vielfältigen Aspekten der technischen Ver-
brennung und des Alltagslebens führen durfte. Ich danke ihm für das viele, dass ich dabei
fachlich und menschlich von ihm lernen konnte. Für die Hilfe und Unterstützung besonders
in der Anfangszeit als akademischer Mitarbeiter danke ich meinen ehemaligen Kollegen
Rainer Stauch und Alexander Schubert sehr herzlich. Fachlich hat die Arbeit insbesondere
in der zweiten Hälfte wesentlich von den Diskusionen und Anregungen von Gerd Steinhil-
ber profitiert. Hierfür sei ihm neben mancher anderer Unterstützung beim Thema PDF
Modellierung ein besonders großer Dank ausgesprochen.
Mark Scherr danke ich für die stets rasche und fundierte Hilfe bei allen LATEX Problemen,
die bei der Erstellung der schriftlichen Ausarbeitung dieser Arbeit aufgetreten sind. Dar-
überhinaus stand er mir gemeinsam mit Christian Hofrath auch immer wieder bei Unklar-
heiten, Fragen und Problemen zu der faszinierend Welt der Thermodynamik zur Verfügung.
Beiden sei dafür an dieser Stelle besonders herzlich gedankt.
Ebenfalls danke ich Peter Lammers (ehemals Höchstleistungsrechenzentrum Stuttgart) sehr
für seine Unterstützung bei der Portierung des Simulationscodes auf die NEC SX-8 am
HLRS und die sehr interessanten Diskussionen und Hinweise zum Thema Höchstleistungs-
rechnen.

I
II

Franco Magagnato vom Fachgebiet Strömungsmaschinen des KIT danke ich für die freund-
liche Überlassung des Strömungslösers SPARC und Unterstützung bei der Einarbeitung in
diesen Simulationscode.
Allen Studien- und Diplomarbeitern, die ebenfalls einen Teil zum Gelingen dieser Arbeit
beigetragen haben, sei auch herzlich gedankt.
Die Arbeit wurde finanziell durch die DFG im Rahmen des Paketprojekts „Flammenbe-
schleunigung in Wirbelröhren“ und den Sonderforschungsbereich 606 im Rahmen ver-
schiedener Teilprojekte gefördert, sowie durch das Höchstleistungsrechenzentrum Stuttgart
(HLRS) im Rahmen des vom Bundesminstrerium für Bildung und Forschung geförderten
Vorhabens „Teraflop Workbench“ durch die Bereitstellung von Rechenzeit unterstützt.
Abschließend sei noch ein besonderer Dank an meine Eltern ausgesprochen, die mich in
allem meinem Tun stets vorbehaltlos und liebevoll unterstützt haben und mich viel Gutes
und Nützliches für das Leben gelehrt haben.

Stefan Lipp Karlsruhe im April 2011


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis VII

Tabellenverzeichnis XI

Abstract XIII

1 Einleitung 1
1.1 Motivation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2
1.2 Phänomenologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3
1.3 Zielsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5

2 Turbulente Flammen 7
2.1 Phänomenologie turbulenter Strömungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7
2.2 Charakterisierung turbulenter vorgemischter Flammen . . . . . . . . . . . . 10
2.3 Charakterisierung turbulenter nicht-vorgemischter Flammen . . . . . . . . . 12

3 Numerische Simulation reaktiver Strömungen 15


3.1 Navier-Stokes Gleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
3.2 Gemittelte Erhaltungsgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18
3.3 Statistische Modellierung der Turbulenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22
3.3.1 Nullgleichungsmodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23
3.3.2 Eingleichungsmodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
3.3.3 Zweigleichungsmodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25
3.3.4 Höherwertige Modellierung der Turbulenz . . . . . . . . . . . . . . . 27
3.4 Schließungsproblem des chemischen Quellterms . . . . . . . . . . . . . . . . 29
3.5 Numerische Lösungsverfahren für die Navier-Stokes Gleichungen . . . . . . . 30
3.5.1 Integrale Form der Erhaltungsgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . 30
3.5.2 Approximation der Oberflächenintegrale . . . . . . . . . . . . . . . . 31
3.5.3 Approximation der Volumenintegrale . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
3.6 Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
3.6.1 Definition und grundlegende Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . 33

III
IV INHALTSVERZEICHNIS

3.6.2 Verbundwahrscheinlichkeitsdichtefunktion . . . . . . . . . . . . . . . 34
3.6.3 PDF Transportgleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
3.6.4 Numerische Lösung der PDF Transportgleichung . . . . . . . . . . . 37
3.6.5 Modellierung der ungeschlossenen Terme . . . . . . . . . . . . . . . . 39
3.6.6 Zusammenfassung der Gleichungen auf Partikelebene . . . . . . . . . 50
3.7 Beschreibung der Reaktionskinetik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51
3.7.1 Bruttoreaktionsmechanismen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52
3.7.2 Detaillierte Elementarreaktionsmechanismen . . . . . . . . . . . . . . 53
3.7.3 Reduzierte reaktionskinetische Modelle . . . . . . . . . . . . . . . . . 55

4 Darstellung des Gesamtmodells 61


4.1 Schematische Darstellung des Gesamtmodells . . . . . . . . . . . . . . . . . 61
4.2 Numerische Stabilität und Mittelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63
4.3 Konsistenz und Korrekturalgorithmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65
4.3.1 Korrektur der Partikelgeschwindigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65
4.3.2 Korrektur der Partikelpostition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67
4.4 Bestimmung des Reaktionsfortschritts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69

5 Ergebnisse für eine stationäre nicht-vorgemischte Flamme 75


5.1 Beschreibung des untersuchten Brenners . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75
5.1.1 Geometrie des Brenners und globale Betriebszustände . . . . . . . . . 75
5.1.2 Gittergenerierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77
5.1.3 Randbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77
5.1.4 Vorhandene Messdaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79
5.2 Ergebnisse für die K-Flamme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79
5.3 Ergebnisse für die L-Flamme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83
5.4 Ergebnisse für die M-Flamme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85

6 Ergebnisse für eine stationäre vorgemischte Flamme 89


6.1 Beschreibung der untersuchten Flamme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89
6.1.1 Geometrie und globale Betriebszustände . . . . . . . . . . . . . . . . 89
6.1.2 Gittergenerierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90
6.1.3 Randbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91
6.1.4 Vorhandene Messdaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92
6.2 Ergebnisse für Flamme F1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94
6.3 Ergebnisse für Flamme F2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99
6.4 Ergebnisse für Flamme F3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104
INHALTSVERZEICHNIS V

7 Simulation des verbrennungsinduzierten Wirbelaufplatzen 111


7.1 Ursachen und Erscheinungsformen von Flammenrückschlägen . . . . . . . . . 112
7.2 Zielsetzung der numerischen Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114
7.3 Gittergenerierung und Randbedingung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116
7.4 Detailierte Analyse eines Flammenrückschlags . . . . . . . . . . . . . . . . . 117
7.5 Einfluss der Betriebsparameter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126

8 Zusammenfassung und Ausblick 129

A Herleitung der PDF Transportgleichung 133

B Koeffizienten des verallgemeinerten Langevin Modells 137

C Randbedingungen für die Flammenrückschlagsrechungen 139

D Berechnung der Quellterme der Wirbeltransportgleichung 141


D.1 Allgemeine Form der Wirbeltransportgleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . 141
D.2 Quellterm durch Dilatation der Wirbelfäden . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141
D.3 Quellterm durch Steckung der Wirbelfäden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142
D.4 Quellterm durch das barokline Drehmoment . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142

Literaturverzeichnis 143
Abbildungsverzeichnis

1.1 Charakteristische Zeitskalen der physikalischen und chemischen Prozesse


sowie typische Zündverzugszeiten und motorische Zeitskalen [159] . . . . . . 4

2.1 Normierte, spektrale Energieverteilung E(κ, , νl ) als Funktion der


Wellenzahl κ (nach [75]) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9
2.2 Regime einer turbulenten vorgemischten Verbrennung nach Borghi [16] . . . 10
2.3 Regime einer turbulenten nicht-vorgemischten Verbrennung nach Borghi [17] 13

3.1 Bilanz an einem beliebigen Kontrollvolumen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16


3.2 Spektrum der turbulenten kinetischen Energie (Wirbelkaskade) [146, 159] . . 28
3.3 Beispiel eines zweidimensionalen Finite Volumen Gitters . . . . . . . . . . . 31
3.4 Äquidistante Finite Volumen Zelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
3.5 Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion als Summe von δ-Funktionen (links) und
die dazugehörige Verteilungsfunktion (rechts) [9] . . . . . . . . . . . . . . . . 39
3.6 Schematische Darstellung eines allgemeinen Rechnengitters und der
stochastischen Partikel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40
3.7 Turbulente Vermischung eines Partikelensembles nach dem IEM Modell . . . 42
3.8 Abbildung der Mischung in einem vereinfachten Zustandsraum mit dem
modifizierten Curl Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44
3.9 Effekt der Mischung zweier stochatischer Partikel im Geschwindigkeitsraum
(hier vereinfacht nur die u1 , u2 Ebene dargestellt) . . . . . . . . . . . . . . . 47
3.10 Effekt der Mischung und stochatischen Reorientierung zweier stochatischer
Partikel im Geschwindigkeitsraum (hier vereinfacht nur die u1 , u2 Ebene
dargestellt) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48
3.11 Dynamik einer chemischen Reaktion im projezierten Zustandsraum . . . . . 56
3.12 Einfluss der Gradientenabschätzung auf eine REDIM . . . . . . . . . . . . . 59

4.1 Schematische Darstellung des Gesamtmodells . . . . . . . . . . . . . . . . . 62


4.2 Schematische Darstellung des gekoppelten Lösungsverfahrens . . . . . . . . . 64
4.3 Tabellierungsstrategie (REDIM) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70
4.4 Erzeugung einer geeigneten Anfangslösung für eine REDIM . . . . . . . . . . 70

VII
VIII ABBILDUNGSVERZEICHNIS

4.5 Ergebnis der REDIM Iteration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71


4.6 Tabellierung der chemischen Kinetik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72
4.7 Werte der Reaktionsfortschrittsvariablen für einen definierten Zeitschritt
(Zeitinkrement) von 128 μs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72

5.1 Schematischer Aufbau des untersuchten Brenners . . . . . . . . . . . . . . . 76


5.2 Schematische Darstellung des verwendeten Rechengitters . . . . . . . . . . . 77
5.3 Randbedingungen für die einzelnen Flammentypen . . . . . . . . . . . . . . 78
5.4 Vergleich der gemessenen und simulierten Profile für die Flamme K . . . . . 81
5.5 Vergleich der gemessenen und simulierten Profile für die Flamme L . . . . . 84
5.6 Vergleich der gemessenen und simulierten Profile für die Flamme M . . . . . 86

6.1 Aufbau des pilotierten vorgemischten Brenners . . . . . . . . . . . . . . . . . 90


6.2 Schematische Darstellung des Rechengitters . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91
6.3 Randbedingungen für die einzelnen Flammentypen . . . . . . . . . . . . . . 92
6.4 Lage der Messebene relativ zur Brenneraustrittsebene . . . . . . . . . . . . . 93
6.5 Farbverlauf der Axialgeschwindigkeit für F1 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94
6.6 Farbverlauf der der Temperatur für F1 als Vergleich von Experiment und
Simulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95
6.7 Vergleich der gemessenen (Punkte) und simulierten (Linie)
Axialgeschwindigkeit und turbulenten kinetischen Energie in den
Messebenen A bis C in des Brenners . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97
6.8 Vergleich des gemessenen und simulierten Temperaturprofils und der
spezifischen Molzahl des Brennstoffs in den Messebenen C bis E des
Brenners . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98
6.9 Farbverlauf der Axialgeschwindigkeit für F2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100
6.10 Farbverlauf der der Temperatur für F2 als Vergleich von Experiment und
Simulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100
6.11 Vergleich der gemessenen und simulierten Axialgeschwindigkeit und
turbulenten kinetischen Energie in den Messebenen A bis C der
Flamme F2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102
6.12 Vergleich des gemessenen und simulierten Temperaturprofils und der
spezifischen Molzahl des Brennstoffs in den Messebenen C bis E des Brenners
im Betriebspunkt F2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103
6.13 Farbverlauf der Axialgeschwindigkeit für F3 . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105
6.14 Farbverlauf der Temperatur für F3 als Vergleich von Experiment und
Simulation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105
6.15 Vergleich der gemessenen und simulierten Axialgeschwindigkeit und der
Temperatur in den Messebenen A bis C der Flamme F3 . . . . . . . . . . . . 107
ABBILDUNGSVERZEICHNIS IX

6.16 Vergleich der gemessenen und simulierten spezifischen Molzahl verschiedener


Skalare in den Messebenen B und C für Flamme F3 . . . . . . . . . . . . . . 108

7.1 Schematische Darstellung eines durch CIVB verursachten Flammenrückschlags115


7.2 Position des Rechengitters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116
7.3 Lage der Messebenen für die Axial- und Tangentialgeschwindigkeit in der
Brennkammer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117
7.4 Vergleich experimenteller und numerischer Geschwindigkeitsprofile in der
Vormischstrecke (Ebene A-C) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119
7.5 Vergleich experimenteller und numerischer Geschwindigkeitsprofile in der
Vormischstrecke (Ebene D und E) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120
7.6 Ablauf eines durch anfetten eingeleiteten Flammenrückschlags
(Vorwärmtemperatur T = 373 K, Einlassmassenstrom ṁ = 70 gs . . . . . . . . 122
7.7 Farbverlauf der azimutalen Wirbelstärke ωz (in 1s ) . . . . . . . . . . . . . . . 124
7.8 Quellterme der Wirbeltransportgleichung für die azimutale Komponente
während des Flammenrückschlags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125
7.9 Vergleich numerisch und experimentell bestimmter Rückschlaggrenzen für
verschiedene globale Betriebsparameter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127

C.1 Radiales Profil der Axialgeschwindigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139


C.2 Radiales Profil der Tangentialgeschwindigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . 140
C.3 Radiales Profil der turbulenten kinetischen Energie . . . . . . . . . . . . . . 140
C.4 Radiales Profil des turbulenten Zeitmaßes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140
Tabellenverzeichnis

3.1 Konstanten des Standard k −  Modells . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25


3.2 Konstanten des k − τ Modells [166] . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27

4.1 Parameter der Positionskorrektur der Partikel . . . . . . . . . . . . . . . . . 69

5.1 Globale Betriebsparameter der drei untersuchten Flammen . . . . . . . . . . 76

6.1 Globale Betriebsparameter der drei untersuchten Flammen . . . . . . . . . . 90


6.2 Axiale Position der Messebenen für Flamme F1, F2 und F3 . . . . . . . . . . 93

B.1 Koeffizienten des verallgemeinerten Langevin Modells . . . . . . . . . . . . . 137

XI
Abstract

The mathematical modelling of turbulent flames is a challenging task due to the intense
coupling between turbulent transport processes and chemical kinetics. In this thesis a
mathematical model focused upon the turbulence-chemistry interaction is presented. This
model is intended to be generic in terms of being applicable to different combustion regimes
(e.g. premixed and non-premixed flames, low and high turbulence levels, steady and non-
steady flows, flames determined either by chemical or physical time scales) and predictive.
In the scientific community as well as in industrial applications an increasing demand
for reliable predictive models can be observed. Such models need to treat combustion
chemistry without the use of oversimplified kinetic models. This is vitally important for
the improvement of industrial combustion devices like gas turbines or internal combustion
engines towards an improved fuel efficiency and new low emission goals. The standard
models for non-reacting flows (RANS/LES) cannot satisfactorily tackle the problem of
the strong non-linearity of the chemical source term, which is often modeled by making
use of oversimplified closure assumptions. Additionally these models often suffer from a
poor modelling of the turbulence-chemistry interaction. Since probability density functions
(PDF) allow a detailed modelling of this effect they are used in the model presented in this
work. Showing a high capability for modelling turbulent combustion processes by treating
convection and finite-rate chemistry exact only the effect of molecular mixing has to be
modelled.
In the presented model is a hybrid CFD/transported PDF scheme is derived. In order
to get the mean velocity and pressure fields together with the turbulent time scale the
compressible Navier-Stokes equations are solved by a finite volume solver. This solver is
coupled with a PDF solver to optain the thermokinetic state of the fluid. Chemical kinetics
are taken into account by using automatically reduced chemical reaction mechanisms. The
detailled mechanisms are reduced with the recently developed REDIM method which allows
a sound description of the reaction progress using only a very small number of variables
(two in this case) and already accounts for the effect of molecular transport in state space.
The model was validated with a broad experimental data base taken from literature. First
of all a statically stationary non-premixed and a statistically stationary premixed flame were
investigated. Subsequently the model was used to simulate a flame flashback phenomenon
in a swirl stabilized lean premixed flame.

XIII
XIV ABSTRACT

For both the premixed and the non-premixed flame the results of the model validation sim-
ulations show a good agreement of the experimental data and the results of the simulations.
Spacial profiles of velocity, mixture fraction, temperature and different species depending
on the available experimental data base are studied. The global operation parameters of
both flames cover a wide range of Reynolds and Damköhler numbers and thus a wide range
of turbulence intensities and ratios of physical and chemical time scales.
Based upon the validation calculations the model was used for analysis and prediction of
flame flashback in lean premixed combustion devices. The device investigated was a sim-
plified model of a real combustion chamber used within an industrial gas turbine. The
flame is stabilized by a swirling main flow and a backward facing step at the intersection
of the premixing duct and the combustion chamber. The occuring flashback mode differs
notably from many modes already broadly discused in the literature. It is named com-
bustion induced vortex breakdown (CIVB). Such a flashback is initiated by enriching the
mixture. Detailed analysis of a single flashback event reveals that enriching first leads to
constriction of a small backflow bubble from the main backflow area. At further enrichment
this bubble travels upstream transporting the flame into the premixing duct. As driving
mechanism the negative azimutal vorticity which is produced at the tip of the backflow
bubble was identified. The negative azimutal vorticity induces a momentum in negative
axial direction on the backflow bubble. This term is determined by the cross product of
the density and the pressure gradient. Parameterical studies should clarify the influence of
two global operation parameters namely the premixing temperature and the total mass flux
upon the flashback behaviour of the flame. Two general trends where observed. An increase
in the premixing temperature shifts the flashback point towards leaner mixtures due to the
increased gradient at the flame front by the increasing preheat temperature. Larger inlet
mass fluxes shift the flashback point towards richer mixtures. The higher inlet mass flux
leads to a higher momentum in positive axial direction which has to be outbalanced by
the momentum in negative axial direction created by the negative azimutal vorticity a the
flame tip.
Kapitel 1

Einleitung

Die Entdeckung und Nutzbarmachung des Feuers in der Geschichte der Menschheit reicht
nach heute gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnissen schon nahezu eine Million Jah-
re zurück [51] und kann sogar bei den Vorfahren des modernen Menschen nachgewiesen
werden [52]. Der Einsatz der Verbrennung als Technologie findet sich schon früh in nahe-
zu allen Kulturen weltweit wieder. Über die Jahrhunderte und Jahrtausende hinweg hat
sich jedoch die Art des Einsatzes stark verändert. In den frühen Kulturen dienten die offe-
nen Feuerstellen hauptsächlich der Aufbereitung von Nahrungsmitteln und des Heizens von
Wohnbereichen oder Lagerstätten. Heute sind die Einsatzgebiete weit vielfältiger. Verbren-
nungsprozesse in Kolbenmaschinen oder Flugtriebwerken dienen der Fortbewegung oder
dem fördern und pumpen von Fluiden, Verbrennungsprozesse in Kraftwerken werden zur
Erzeugung von elektrischem Strom eingesetzt, dezentrale Haushaltsbrenner sorgen für die
Versorgung von Haushalten mit Warmwasser und Wärme und in großtechnischen Feue-
rungsanlagen werden unter anderem Haushalts- und Industrieabfälle thermisch behandelt.
Diese Aufzählung ließe sich noch nahezu beliebig ergänzen.
Problematisch am Einsatz von Verbrennungsprozessen sind im wesentlichen drei Dinge.
Zum einen verursachen Verbrennungsprozesse häufig eine ungewollte Emission von Schad-
stoffen in die Atmosphäre. So kann es durch unvollständige Verbrennung zur Emission
von auf den Menschen toxisch wirkendem Kohlenmonoxid oder zum Ausstoß von toxischen
oder cancerogenen unverbrannten Kohlenwasserstoffen kommen. Zusätzlich können durch
Verunreinigungen im Brennstoff weitere Schadstoffe entstehen. Als Beispiel seien hier die
durch Schwefeleinlagerungen in Kohle oder Benzin entstehenden Emissionen von Schwe-
feloxiden genannt. Weiterhin sind die Resourcen der eingesetzten fossilen Brennstoffe wie
Kohle, Erdöl oder Erdgas endlich und fordern, dass technische Verbrennungsprozesse immer
weiter hinsichtlich ihrer Effizienz hin optimiert werden müssen. Das letzte Problem stellen
die bei der Verbrennung fossiler Brennstoffe unvermeidlichen Kohlendioxidemissionen dar.
Aktuelle Studien und wissenschaftliche Arbeiten legen nahe, dass die von Menschen verur-
sachten Kohlendioxidemissionen Auswirkungen auf das globale Klima der Erde haben [60].

1
2 KAPITEL 1: EINLEITUNG

Die Auswirkungen der Klimaänderung können in weiten Teilen eine sehr negative Wirkung
auf die Lebensbedingungen und Lebensräume vieler Menschen weltweit haben.
Vor diesem Hintergrund kommt der Forschung im Bereich technischer Verbrennung in Wis-
senschaft und Technik heute und auch in absehbarer Zukunft eine wichtige Rolle zu. Weitere
Optimierung bereits etablierter Verbrennungssysteme fordert einen immer tiefgehenderen
Einblick in die in diesen Systemen ablaufenden sehr komplexen physikalischen und chemi-
schen Prozesse.

1.1 Motivation
Um einen tiefgehenden Einblick in die physikalischen und chemischen Prozesse während
einer Verbrennung erreichen zu können, sind detaillierte Untersuchungen und Analysen not-
wendig. Hierbei ist sowohl an die Analyse von mittleren oder instantanen Geschwindigkeits-
oder Temperaturfeldern sowie der Konzentration verschiedener Spezies, als auch an die Un-
tersuchung verschiedener äußerer Einfluss- und Betriebsparameter zu denken.
Die numerische Simulation kann dabei eine wertvolle Ergänzung zu experimentellen Un-
tersuchungen darstellen. Sie ermöglicht oftmals einen tieferen Einblick in den Charakter
physikalischer und chemischer Prozesse und deren Kopplung als dies bei experimenellen
Untersuchungen aufgrund von messtechnischen Schwierigkeiten erreichbar ist. Man denke
nur an die Problematik des Designs eines nicht inversiven Experiments oder die Schwierig-
keiten bei der Schaffung einer optischen Zugänglichkeit des zu untersuchenden Objekts. Die
numerische Simulation ermöglicht eine detaillierte Untersuchung der Interaktion zwischen
chemischer Kinetik und physikalischen Transportprozessen. Diese Untersuchungen sind un-
erlässlich für das theoretische Verständnis von Transportprozessen und somit notwendig
zur Neu- und Weiterentwicklung bestehender Modelle und technischer Systeme. Zusätzlich
lassen sich im Rahmen von Simulationen äußere Einflussfaktoren ohne übermäßigen Mehr-
aufwand gezielt und separat variieren. Sensitivitätsanalysen erlauben darüberhinaus eine
detaillierte Analyse des äußeren Einflussfaktoren. Neben den diskutierten Vorteilen bietet
die numerische Simualtion noch eine Reihe weiterer Vorteile [86]. Nichts desto trotz stellt
die numerische Simulation keinesfalls einen Ersatz für experimentelle Untersuchungen dar,
sondern sie kann vielmehr als eine sinnvolle Ergänzung dieser betrachtet werden. So erfolgt
beispielsweise die Verifizierung mathematischer Modelle und numerischer Simulationen im-
mer durch den Vergleich der Resultate mit experimentellen Ergebnissen.
In vielen technischen Anwendungen besteht ein großer Bedarf nach zuverlässigen prädik-
tiven Modellen turbulenter Flammen [56, 73]. Beispielhaft sei hier nur die Entwicklung
moderner schadstoffarmer Brennerkonzepte für Gasturbinen [8] und aktuelle Forschungsar-
beiten für verbrauchsarme Verbrennungsmotoren [1, 7, 142] und optimierte Großfeuerungs-
anlagen [147] angeführt. Gekennzeichnet sind alle diese Anwendungsfälle durch die komplexe
Wechselwirkung von Turbulenz und chemischer Kinetik, die Maßgeblich das Erscheinungs-
1.2 PHÄNOMENOLOGIE 3

bild und die Phänomene in diesen Verbrennungsprozessen bestimmt. Im besonderen neue


Emissionsgrenzwerte und immer weiter steigende Anforderungen an die Effizienz aktuel-
ler Systeme benötigen detaillierte Simulationsmodelle, die in der Lage sind die chemischen
Vorgänge bei einer Verbrennung ohne übervereinfachende Modelle zu beschreiben.
Hinzu kommt, dass in vielen heutigen Anwendungen magere Flammen eingesetzt werden.
Vorteilhaft sind hierbei die durch die geringern Verbrennungstemperaturen geringern Emis-
sionen von (thermischen) Stickoxiden [84] und ein durch den Luftüberschuss deutlich ver-
minderten Ausstoss von Ruß und unverbrannten Kohlenwasserstoffen [15]. Jedoch wird es
dann notwendig die chemische Kinetik auch nahe an der mageren Löschgrenze zuverlässig
beschreiben zu können. Bei modernen Gasturbinenbrennern werden häufig mager betriebe-
ne aerodynamisch stabilisierte Flammen eingesetzt [13]. Diese bieten den Vorteil durch hohe
Turbulenz und zusätzliche Verdrallung der Strömung eine intensive Mischung von Brenn-
stoff und Luft beziehungsweise von Reaktionsprodukten und Frischgemisch zu realisieren.
So kann auf einem kleinen und kompakten Bauraum eine hohe Umsatzrate des Brennstoffs
erreicht werden. Die in einem bestimmten Volumen umgesetzte thermische Leistung (Lei-
stungsdichte) ist im Vergleich zu unverdrallten Flammen gleicher Zusammensetzung sehr
hoch. Allerdings haben Flammen dieses Typs auch eine Reihe von Nachteilen. So zeigen
sie mehrere typische Instabilitäten wie zum Beispiel thermoakustische Schwingungen, lo-
kal präzidierende Wirbelkerne und unter gewissen Umständen sogar Flammenrückschläge
durch verbrennungsinduzierten Wirbelzerfall. Alle diese Phänomene sind kritisch wenn ein
sicher Betrieb einer solchen Flamme in einem technischen System gewährleistet werden soll.

1.2 Phänomenologie
Die Vorgänge in turbulenten Flammen sind gekennzeichnet durch eine starke Interaktion
von Strömung, Turbulenz und Chemie. Sie spielen sich zudem auf einem weiten Bereich
von Zeit- und Längenskalen ab. So kommt es auf den großen Längenskalen zur Produkti-
on von Turbulenz. Der hierfür relevante Längenbereich liegt im Bereich charakteristischer
makroskopischer Abmessungen von einigen Millimetern bis in extremen Fällen hin zu eini-
gen Metern. Die Dissipation findet auf der Kolomogorovschen Längenskala statt. Es gibt
sehr schnelle chemische Reaktionen wie zum Beispiel Radikalreaktionen und sehr langsame
Reaktion wie beispielsweise die Bildung von Stickoxiden. Hinzukommt, dass die Zeit- und
Längenskalen wie in Abbildung 1.1 zu erkennen zusätzlich noch in einem realen Verbren-
nungsprozess stark überlappen.
Die Standardverfahren für nicht-reagierende Strömungen (RANS, LES) können das Pro-
blem der starken Nichtlinearität des chemischen Quellterms nicht zufriedenstellen behan-
deln und die Qualität der Ergebnisse leidet oftmals unter einer mangelhaften Modellierung
der Turbulenz-Chemie Interaktion, wohingegen zum Beispiel durch die Anwendung von
Wahrscheinlichkeitsdichtefunktionsmethoden (PDF) eine detaillierte Modellierung dieses
4 KAPITEL 1: EINLEITUNG

Chemische Physikalische Charakteristische Motorische


Zeitskalen Zeitskalen Zündverzugszeiten Zeitskalen

10 0 s 10 0 s

−2
10 s 10 −2s
Strömung
−4 −4
10 s Transport 10 s

10 −6s 10 −6s

−8
10 s 10 −8s

Abbildung 1.1: Charakteristische Zeitskalen der physikalischen und chemischen Prozesse sowie
typische Zündverzugszeiten und motorische Zeitskalen [159]

Effekts möglich ist. PDF Methoden zeigen eine hohe Leistungsfähigkeit bei der Modellie-
rung turbulenter Flammen, da sie sowohl den Einfluß von Konvektion als auch chemische
Reaktionen exakt behandeln können [124, 126] und nur der Einfluß von molekularer Mi-
schung modelliert werden muss [98, 99, 132].
Die in der Literatur zu findenden PDF Modelle lassen sich grob in zwei Klassen unterglie-
dern. Einige Autoren nutzen ein „stand alone“-PDF Verfahren, bei welchem alle hydrodyna-
mischen und thermokinetischen Eigenschaften des Fluids aus einer Verbundwahrscheinlich-
keitsdichtefunktion (JPDF) berechnet werden (z.B. [82, 82, 133, 135, 153]). Andere Autoren
wiederum bestimmen nur einen bestimmten Teil des hydrodynamischen und thermokineti-
schen Zustandsvektors aus einer JPDF und berechnen die übrigen Eigenschaften mit einem
gewöhnlichen CFD Löser für die Navier-Stokes Gleichungen (z.B. [10, 63, 104, 167]).
Grundsätzlich ist die Form der PDF in einem turbulenten Verbrennungsprozess a priori un-
bekannt. Ein allgemeingültiger Ansatz zur Bestimmung der PDF besteht in der Lösung einer
Transportgleichung für die PDF selbst. Auf dieses Verfahren wird auch in der vorliegenden
Arbeit zurückgegriffen. Vereinfachende Anätze mit einer a priori Formannahme (z.B. eine
Betafunktion) für die PDF selbst und dem anschließenden ausschließlichen Bestimmen der
Momente der Verteilungsfunktion kommen wegen ihrer nicht allgemeinen Gültigkeit nicht
zum Einsatz. Die Transportgleichung für die PDF kann aus den Navier-Stokes Gleichungen
abgeleitet werden [124]. Wie bereits oben erwähnt tritt sowohl der chemische Quellterm
als auch der Term der die Volumenkräfte und den Einfluss des mittleren Druckgradienten
beschreibt in geschlossener Form auf. Lediglich der Term der den Effekt des fluktuieren-
den Druckgradienten und des molekularen Mischens beschreibt muss modelliert werden.
Numerisch unterscheidet sich die Behandlung der PDF Transportgleichung deutlich von
den Navier-Stokes Gleichungen. Im Gegensatz von dem System partieller Differentialglei-
chungen welches die Navier-Stokes Gleichungen darstellen, ist die Transportgleichung der
PDF eine multidimensionale skalare Erhaltungsgleichung. Sie besitzt im allgemeinen 7 + ns
unabhänige Variablen. Dies sind drei Dimenisionen im Ortsraum, drei Dimensionen im
1.3 ZIELSETZUNG 5

Geschwindigkeitsraum, die Zeit und die Zahl der Skalare ns die notwendig sind um den
thermochemischen Zustand des Fluids zu beschreiben. Wegen ihrer hohen Dimensionalität
ist es (zumindest in den allermeisten Fällen) nicht praktikabel die Gleichung mit Finite Vo-
lumen oder Finite Differenzen Verfahren zu lösen. Aus diesem Grund werden Monte Carlo
Verfahren verwendet, die in der Numerik dort weite Verbreitung finden wo Probleme hoher
Dimensionalität zu lösen sind. Ihr wesentlicher Vorteil ist, dass der numerische Aufwand
nur linear mit der Anzahl an Dimensionen zunimmt.
Das Lösungsverfahren nutzt eine spezielle Eigenschaft der PDF. Die kontinuierliche PDF
kann durch eine diskrete Verteilungsfunktion angenähert werden. Die diskrete Verteilungs-
funktion setzt sich aus verschiedenen möglichen Einzelrealisierungen der Strömung zusam-
men, deren zeitliche und räumliche Entwicklung durch stochatische Prozesse beschrie-
ben wird. Jede dieser Einzelrealisierungen stellt ein sogenanntes stochatisches Partikel
dar. Durch ein Ensemble solcher stochastischer Partikel kann die PDF rekonstruiert wer-
den [122]. Die Transportgleichung der PDF wird in diesem Zusammenhang in ein System
gewöhnlicher (stochastischer) Differentialgleichungen transformiert. Die verfügbaren Mon-
te Carlo Verfahren verursachen ein starkes Rauschen beim Lösen dieses Differentialglei-
chungssystems, welches zu Stabilitätsproblemen bei der Bestimmung des mittleren Druck-
gradienten führen kann. Eine Möglichkeit diese Stabilitätsprobleme zu beseitigen ist die
Partikelmethode mit einem konventionellen Finite Volumen Löser zu koppeln um den mitt-
leren Druckgradient aus den Navier-Stokes Gleichungen zu berechnen. Diese sogenannten
hybriden PDF/CFD Verfahren wurde bereits von verschiedenen Autoren für eine Vielzahl
verschiedener Flammentypen eingesetzt (z.B. [62, 103, 131, 151]).
In der vorliegenden Arbeit wird ebenfalls ein hybrides Lösungsschema benutzt. Die kom-
pressiblen Navier-Stokes Gleichungen werden mit einem Finite Volumen Löser gelöst um die
mittleren Geschwindigkeiten und den mittleren Druckgradienten zu erhalten. Dieser Löser
wird mit einem PDF Verfahren gekoppelt um den thermokinetischen Zustand des Fluids
bestimmen zu können. Der Einfluss der chemischen Kinetik wird durch automatisch re-
duzierte detaillierte Reaktionsmechanismen erfasst. Der detaillierte Reaktionsmechanismus
wird mit dem kürzlich entwickelten REDIM Verfahren reduziert [24]. Dieses erlaubt eine
zuverlässige Beschreibung der chemischen Kinetik bereits mit einer sehr geringen Zahl von
Parametern. Im vorliegenden Fall sind dies zwei Parameter. REDIM berücksichtigt dabei
bereits den Einfluss von molekularem Transport im Zustandsraum.

1.3 Zielsetzung
Zielsetzung dieser Arbeit ist die Entwicklung und Validierung eines Gesamtmodells zur Si-
mulation turbulenter Verbrennungsprozesse. In der Literatur sind eine große Zahl solcher
Modelle zu finden. Wesentliches Augenmerk soll deshalb auf hochwertigen Modellen für
die Wechselwirkung von Chemie und Turbulenz sowie auf der zuverlässigen Beschreibung
6 KAPITEL 1: EINLEITUNG

der chemischen Kinetik liegen. Eingesetzt werden hierzu Verbundwahrscheinlichkeitsdichte-


funktionen, die aus einer Transportgleichung berechnet werden und automatisch reduzierte
detaillierte Reaktionsmechanismen.
Das Gesamtmodell soll sich zur Anwendung auf ein möglichst breites Spektrum verschiede-
ner Verbrennungsprozesse eignen. Aus diesem Grund wird versucht das Verfahren anhand
verschiedener experimentell gut charakterisierter Flammen zu validieren. Zu Einsatz kom-
men hierbei eine vorgemischte und eine nicht-vorgemischte Methan/Luft Flamme. Der Be-
triebsbereich der Flammen deckt einen weiten Bereich verschiedener mittlerer Geschwindig-
keiten und Turbulenzgrade ab. Das Verhältnis der physikalischen und chemischen Zeitskalen
(Damköhlerzahl) variiert in den untersuchten Fällen ebenfalls deutlich. Als Validierungs-
größen werden die mittleren Geschwindigkeiten, die turbulenten Schwankungsgrößen sowie
verschiedene skalare Größen wie Temperatur und die Konzentration verschiedener Spezies
in der Flamme herangezogen.
Aufbauend auf den Validierungsrechungen für die erwähnten Flammen, die alle statistisch
stationär sind, soll untersucht werden ob mit diesem Modell auch transiente Phänome in
realen Verbrennungsprozessen beschrieben und analysiert werden können. Der hierfür aus-
gewählte Testfall ist die Untersuchung von Phänomenen, die zu Flammenrückschlägen in
mager vorgemischten Brennkammern von Gasturbinen führen können. Speziell untersucht
wird ein Rückschlagmodus: das verbrennungsinduzierte Wirbelaufplatzen. Es entsteht durch
anfetten des Gemisches bei einer sonst stabilen Flamme. Dieser Effekt wird insbesondere
dann kritisch, wenn die Betriebssicherheit einer Gasturbine gewährleistet werden muss.
Untersucht wird im Detail welche wirbeldynamischen Effekte in Interaktion mit der Ver-
brennung zum Rückschlag führen. Für die Brennkammer relavante Betriebsparameter sollen
identifiziert werden und ihr Einfluss auf das verbrennungsinduzierte Wirbelaufplatzen soll
untersucht werden. Ergebnis dieser Untersuchungen sind Stabilitätskarten die zeigen in
welchem Parameterbereich ein stabiler Betrieb des Brenners gewährleistet werden kann.
Kapitel 2

Turbulente Flammen

Technisch genutzte Verbrennungsprozesse finden sich in einer Vielzahl von industriellen


Anwendungen. Die dabei eingesetzten Flammen sind in der überwiegenden Zahl turbulent.
Einige wenige wesentliche Phänomene, die zum Verständnis turbulenter Verbrennungsvor-
gänge hilfreich sind, sollen im folgenden Kapitel dargestellt und die Eigenschaften turbu-
lenter Verbrennungsprozesse kurz charakterisiert werden. Die Wechselwirkung von grob-
und feinskaliger turbulenter Strukturen führt zu Flammenfronten, die im Vergleich zu einer
laminaren Flammefront stark gekrümmt oder gestreckt sein können. Gleichzeitig kommt
es durch die grundsätzlich in allen turbulenten Strömungen vorhandenen stochatischen
Schwankungen zu steilen Gradienten, die für eine der Verstärkung der Diffusion sorgen.

2.1 Phänomenologie turbulenter Strömungen


Viele in der Natur vorkommenden Strömungen und nahezu alle technische relevanten Strö-
mungen sind turbulent. Man denke hier an die Umströmung eines Tragflügels, die Strömung
in der Brennkammer einer Gasturbine oder die Strömung innerhalb des Zylinders eines Ver-
brennungsmotors um nur einige wenige zu nennen. Dem Verständnis und der Beschreibung
turbulenter Strömungsvorgänge kommt somit in Wissenschaft und Technik eine wichtige
Bedeutung zu (z.B. [42]). Charakterisiert sind turbulente Strömungen durch eine Reihe von
Phänomenen:

• Turbulente Strömungen sind hoch instationär und dreidimensional. Eine graphische


Darstellung der Geschwindigkeit (oder irgend einer anderen Größe) über der Zeit wirkt
für einen Beobachter stochastisch. Die zeitgemittelte Geschwindigkeit kann eine Funk-
tion von lediglich zwei Koordinaten sein, das momentane Feld ist jedoch tatsächlich
zufällig.

• Sie beinhalten eine große Menge an Wirbelstärke. Die Streckung von Wirbeln ist ein
wesentlicher Mechanismus durch den zusätzliche Turbulenz produziert wird.

7
8 KAPITEL 2: TURBULENTE FLAMMEN

• Turbulenz erhöht das Maß in dem passive oder reaktive Skalare miteinander vermischt
werden. Dies geschieht dadurch, dass Fluidpakete mit unterschiedlicher Konzentra-
tion der Skalare miteinander in Kontakt gebracht werden. Die eigentliche Mischung
geschied zwar durch Diffusion, nichts desto trotz wird diese Eigenschaft turbulenter
Strömungen dennoch oftmals als „diffusiv“ bezeichnet.

• Durch Erhöhung der Mischung bringt die Turbulenz Fluidpakete in Kontakt miteinan-
der, die einen stark unterschiedlichen Impuls haben. Die dadurch bedingte Reduktion
der durch die Viskosität des Fluids verursachten Geschwindigkeitsgradienten veringert
die kinetische Energie der Strömung. Mit anderen Worten ausgedrückt ist die Strö-
mung „dissipativ“. Die kinetische Energie wird hierbei irreversibel in innere Energie
des Fluids umgewandelt.

• Es konnte gezeigt werden, dass turbulente Strömung kohärente Strukturen beinhalten


(z.B. [47]). Diese wiederholbaren und tatsächlich deterministischen Ereignisse verur-
sachen einen großen Teil der Mischungsprozesse. Jedoch führt die zufällige Natur der
Turbulenz dazu, daß diese einzelnen Ereignisse sich von einander in Größe, Stärke und
zeitlichem Abstand des Auftretens unterscheiden. Die Untersuchung solcher Ereignisse
gestaltet sich somit meist schwierig.

Alle diese Phänomene sind wichtig. Die durch Turbulenz verursachten Effekte können in
einem bestimmten Anwendungsfall gewollt oder ungewollt sein. Eine intensive Mischung
zweier Skalare kann gewünscht sein bei chemischen Reaktion oder in Strömungen bei wel-
chen ein großer Wärmeübergang erzielt werden soll. Auf der anderen Seite führt eine ver-
stärkte Mischung des Impulses zu zusätzlichen Reibungskräften und somit ist die Leistung,
die zum Beispiel notwendig ist, um ein Fluid zu pumpen höher oder der Widerstand eines
umströmten Körpers größer.
In einer turbulenten Strömung ist das Strömungsfeld durch starke räumliche und zeitliche
Fluktuationen der hydrodynamischen Größen gekennzeichnet. Ob eine Strömung unter ge-
gebenen Randbedingungen turbulent sein wird läßt sich anhand einer charakteristischen
dimensionslosen Kennzahl, der Reynoldszahl abschätzen. Übersteigt sie einen gewissen
Schwellenwert ist die Strömung turbulent. Die absolute Größe des Schwellenwerts hängt
zusätzlich noch vom betrachteten Strömungsproblem (Grenzschichtströmung, Freistrahl,
Innenströmung, etc.) ab [136]. Berechnet wird sie aus dem Verhältnis von Trägheits- und
Reibungskräften. Die Reynoldszahl
U ·L
Re = (2.1)
ν
hängt von einer charakteristischen Geschwindigkeit U , einer für das betrachtete Strömungs-
problem charakteristischen Länge L und der kinematischen Viskosität des Fluids ab. Als
charakteristischen Länge dient zum Beispiel für eine Rohrströmung der Rohrdurchmessen
2.1 PHÄNOMENOLOGIE TURBULENTER STRÖMUNGEN 9

und für einen Strömung über eine ebene Platte die Lauflänge der Grenzschicht [136]. Zum
Umschlag von laminarer und turbulenter Strömung kommt es, wenn die Trägheitskräfte
deutlich größer als die Reibungskräfte sind. Die viskosen Kräfte reichen dann nicht mehr
dazu aus, die destabilisierenden Trägheitskräfte zu kommpensieren und es kommt zu einer
ungeordneten, stochatisch schwankenden Strömung in welcher sich Wirbel bilden. Der gan-
ze Prozess wird durch kleinste Störungen initiert, die in der Natur stets vorhanden sind.
Die Wirbel bilden sich durch die senkrecht zur Hauptströmung entstehenden Geschwindig-
keiten. Der Stofftransport und Impulstransport innerhalb des Fluids wird so intensiviert.
Die dreidimensionalen Wirbel werden sowohl durch Scherung der Strömung als auch durch
benachbarte Wirbel ähnlicher oder größerer Abmessungen verformt. Hierdurch verkleinern
sich ihre charakteristischen Abmessungen und sie zerfallen letztendlich. Die Energie wird
aufgrund der Drehimpulserhaltung von den gößeren auf die kleinern Wirbel weitergeben.
Die Umdrehungsgeschwindigkeit der einzelnen Wirbel nimmt dabei immer mehr und mehr
zu. Ab einen bestimmten Punkt wird der Einfluß der Viskosität bemerkbar. Die kleinsten
Wirbel beginnen zu dissipieren und geben ihre Energie in Form von Wärme an das Fluid
ab. Die turbulente kinetische Energie wird folglich auf den großen Längenskalen produziert
und auf den kleinen Längenskalen dissipiert [12, 46].
Die Weitergabe der Turbulenzenergie von großen Wirbeln an immer kleiner werdende Wir-
bel veranschaulicht die in Abbildung 2.1 dargestellte Turbulenzkaskade. In diesem Dia-
gramm ist das Energiespektrum E(κ, , ν) über der Wellenzahl κ = 2πl (Wirbel pro Län-
geneinheit) aufgetragen. Sie zeigt wie die turbulente kinetische Energie über Wirbel ver-

6E(κ, , νl )

Wellenzahl
κ = 2πl
-
Produktions- energietragende Inertial-/Trägheits- Dissipationsbereich
bereich Wirbel lt bereich Kolmogorov-Maß lη

Abbildung 2.1: Normierte, spektrale Energieverteilung E(κ, , νl ) als Funktion der Wellenzahl
κ (nach [75])
10 KAPITEL 2: TURBULENTE FLAMMEN

schiedener Größe aufgeteilt ist. Während der Produktion von Turbulenz steigt die Energie
der Wirbel immer weiter an, da sich aus kleinern Wirbelstrukturen große Wirbel bilden.
Diese energietragenden Wirbel geben über den Kaskadenprozess ihre Energie an immer
kleinere Wirbel weiter. Innerhalb dieses Inertialbereichs findet ausschließlich Transfer von
Turbulenzenergie von großen auf kleinere Strukturen statt. Bei sehr kleinen Wirbeln be-
ginnt schließlich der Dissipationsbereich. Hier lösen sich die sehr kleinen Wirbel auf und
geben ihre kinetische Energie in Form von Wärme an das Fluid ab dessen innere Energie
dadurch zunimmt [78, 130, 150].

2.2 Charakterisierung turbulenter vorgemischter


Flammen
Die Charakteristik einer turbulenten Vormischflamme ist durch eine Überlagerung von tur-
bulenter Strömung und Flammenfortpflanzung bestimmt. Die lokale Struktur und das Aus-
sehen der Flammenfront werden im wesentlichen durch den Turbulenzgrad und das Län-
genmaß der Turbulenz bestimmt. Verschiedene Ansätze zur Klassifizierung und Einordnung
einer turbulenten Flamme in separate Verbrennungsregime existieren in der Literatur. Hier
soll der meist gebräuchliche Ansatz von Borghi [16, 17] diskutiert werden. Dieser basiert
auf der Einordnung einer Flamme aufgrund von markoskopischen Turbulenzgrößen und
identifiziert im dargestellen Borghidiagramm (2.2) verschiedene Verbrennungsregime. Auf-

getragen auf der y-Achse ist das Verhältnis der lokalen Schwankungsgeschwindigkeit u und
der laminaren Flammengeschwindigkeit uL , auf der x-Achse das Verhältnis eines makro-

Abbildung 2.2: Regime einer turbulenten vorgemischten Verbrennung nach Borghi [16]
2.2 CHARAKTERISIERUNG TURBULENTER VORGEMISCHTER FLAMMEN 11

skopischen turbulenten Längenmaßes l0 zur laminaren Flammendicke lL . Zur Einordnung


einer Flamme in das Borghidiagramm werden dimensionslose Kennzahlen verwendet. Die
erste wichtige Kennzahl ist die turbulente Reynoldszahl Ret . Sie bestimmt sich mit der
kinematische Viskosität ν zu 
u l0
Ret = (2.2)
ν
Im Bereich Ret < 1 liegt eine laminare Flamme vor. Liegt Ret bei größer als 1 so ist die
Flamme turbulent. Der turbulente Bereich ist im Borghidiagramm in vier weitere Teilbe-
reiche unterteilt. Die Unterteilung erfolgt dort aufgrund der turbulenten Karlowitzzahl Kat
und der turbulenten Damköhlerzahl Dat . Die turbulente Damköhlerzahl ist dabei definiert
als
l0
τt 
Dat = = ulL (2.3)
τC u L

und beschreibt das Verhältnis aus einem turbulenten Zeitmaß τt für die Strömung und
einem charakteristischen Zeitmaß τC für die chemischen Reaktionen [159]. Die turbulente
Karlowitzzahl Kat bestimmt sich aus dem Quotienten eines chemischen Zeitmaßes τC und
dem Kolmogorovzeitmaß τη zu
τC τC 1
Kat = ≈ Ret2 (2.4)
τη τt
wobei das Kolmogorovzeitmaß mit der Umdrehungsdauer der kleinsten in der Strömung
vorhandenen Wirbel korrespondiert.
Mit Hilfe dieser dimensionslosen Kennzahlen lassen sich beliebige Flammen in das Borghi-
diagramm einordnen. Die einzelnen Regime unterscheiden sich durch die Feinstruktur der
Flammenfront. Die Zuordung der einzelnen Regime zu den jeweiligen Zahlenwerten von
Dat und Kat kann unmittelbar aus der Abbildung 2.2 entnommen werden. Die einzelnen
Regime sind dabei durch die folgenden Phänomene gekennzeichnet.

• Laminare, leicht gewellte Flammenfronten (u < uL )
Durch die gegenüber der Flammengeschwindigkeit kleinen Geschwindigkeitsfluktua-
tionen und den im Vergleich zu der Flammenfrontdicke größeren Turbulenzelementen
wird die Flammenfront nur wenig beeinflußt. Sie ist gewellt und wirkt im zeitlichen
Mittel verdickt („corrugated flamelets“).

• Stark gewellte Flammen mit Inselbildung (u > uL und Kat < 1)
Verursacht durch die zunehmende Schwankungsgeschwindigkeit kommt es zu einer
Auffaltung der Flammenfront. Die Flammenfront bleibt aber gegenüber den Wirbe-
labmessungen dünn. Durch die verstärkte Krümmung der Flammenfront kann es hier
zu lokalem Verlöschen und Wiederzünden kommen. Wodurch sich Inseln von Frisch-
gemisch und Rauchgas abschnüren können („wrinkled flamelets with pockets“).

• Verdickte/aufgerissene Flammenfront (Dat > 1 und Kat < 1)


Die kleinsten Turbulenzelemente können aufgrund ihrer gegenüber der Flammenfront
12 KAPITEL 2: TURBULENTE FLAMMEN

kleinen Abmessung in diese eindringen und dort den diffusiven Austausch verstärken.
Dies führt zu einer Verdickung der Flammenfront. Bis hin zu Dat ≥ 1 können immer
größere Wirbel in die Flammenfront eindringen, wodurch es lokal zu Verlöschungen
bis hin zum Zerreißen der Flammenfront kommen kann („distributed reaction zones“).

• Homogene turbuente Flammenfront (idealer Rührreaktor) (Dat < 1)


Hier ist die Zeit für die chemischen Prozesse länger als die Zeit für die Mischungspro-
zesse, wodurch es zu sehr intensiven Wechselwirkungen zwischen den Wirbeln und der
Flammenstruktur kommt. Eine eindeutige Flammenfront kann nicht mehr identifiziert
werden („well stirred reactor“).

Angemerkt sei, dass sich der Zustand in einer realen vorgemischten Flamme in der Regel
nicht durch einen Punkt im Borghidiagramm beschreiben läßt, da die Längen- und Zeit-
skalen stark variieren können. Somit findet man in realen Flammen meist auch ein gewisses
Spektrum an verschiedenen turbulenten Karlowitz- und Damköhlerzahlen vor. Der daraus
im Borghidiagramm entstehende Bereich kann dabei durchaus auch verschiedene Regime
beinhalten, wodurch es zu mehreren der oben erwähnten Effekte innerhalb derselben Flam-
me kommen kann.

2.3 Charakterisierung turbulenter nicht-vorgemischter


Flammen
Wie bei vorgemischten Flammen wird auch bei nicht-vorgemischten Flammen die Flam-
menfront durch den Einfluss der Turbulenz stark gefaltet oder gesteckt was zu lokalen
Löscheffekten führen kann. Analog zu der ursprünglich für vorgemischte Flammen ent-
wickelten Klassifizierung verschiedener Flammenregime im Borghidiagramm (Abbildung
2.2) kann auch für nicht-vorgemischte Flammen eine Einordnung in verschiedene Regime
in einem Borghidiagramm vorgenommen werden [17]. Hierfür ist lediglich die Kenntnis
des Strömungszustands, des Diffusionskoeffizienten D und eines chemischen Zeitmaßes τC
notwendig.
Das Borghidiagramm für nicht-vorgemischte Flammen indentifiziert vier verschiedene Ver-
brennungsregime: laminare Flamme, verbreiterte Flammenfront, gestörte Flammenfront
und gewinkelte und gestreckte Flammenfront. Die Bezeichnung der Achsen ist in Abbil-
dung 2.3 anders als im Borghidiagramm für vorgemischte Flammen, da dieses Diagramm
aus der angegebenen Quelle [17] entnommen wurde. Die im Diagramm aufgetragenen Grö-
1
ßen sind jedoch gleich. So gibt das Verhältnis k 2 /uL auf der y-Achse das Verhältnis der
turbulenten Schwankungsgröße zur laminaren Flammengeschwindigkeit an und der Term
lt /δL das Verhältnis eines turbulenten Längenmaßes zur laminaren Flammendicke an. Die
laminare Flammendicke δl ist proportional zur Zeitskala der chemischen Reaktion τC und
2.3 CHARAKTERISIERUNG TURBULENTER NICHT-VORGEMISCHTER FLAMMEN 13

Abbildung 2.3: Regime einer turbulenten nicht-vorgemischten Verbrennung nach Borghi [17]

dem Diffusionskoeffizienten D. Unter der Annahme, dass nur eine chemische Zeitskala exi-
stiert und das Verhältnis der Temperaturleitfähigkeit a und des Diffusionskoeffizienten D
gleich eins ist (Lewiszahl Le = Da = 1), ergibt sich die laminare Flammendicke zu

δL = D · τC (2.5)

Die laminare Flammengeschwindigkeit bestimmt mit welcher Geschwindigkeit sich eine un-
gestreckte Flammenfront durch ein vorgemischtes Brennstoff/Luft Gemisch bewegt. Auch
sie ist proportional zu dem Diffusionskoeffizienten und der chemischen Zeitskala und ergibt
sich mit der erwähnten Vereinfachungen zu

D
uL = (2.6)
τC
Die turbulente Reynoldszahl wird analog zu Gleichung 2.2 berechnet. Laminare Flammen
befinden sich im Diagramm 2.3 unterhalb der Linie Ret = 1. Eine turbulente Flamme wird
durch drei Zeitskalen in die verschiedenen Flammenregime eingeordnet. Im einzelnen sind
dies: die Zeitskala chemischer Reaktion τC , die kolomogorovsche Zeitskala τK , durch die
Umdrehungszeit der kleinsten Wirbel repräsentiert wird und die turbulenten Zeitskala τt ,
die die Umdrehungsdauer der größten Wirbel darstellt.
Die einzelnen Regime sind durch verschiedene charakteristische Phänomene gekennzeichnet,
die im folgenden kurz dargestellt werden.
14 KAPITEL 2: TURBULENTE FLAMMEN

• Gewinkelte und gestreckte Flammenfront (τC < τK )


In diesem Bereich ist die Zeitskala der chemischen Reaktion deutlich kleiner als die
Kolomogrovzeitskala, so daß turbulente Wirbel mit der Flammenfront wechselwirken
können und dort eine zusätzliche Flammenfrontoberfläche ausbilden. Die Flammen-
front wird wegen der im Vergleich zu einer laminaren Flamme vergrößerten Flammen-
frontoberfläche als gestreckt oder gewinkelt bezeichnet. Aufgrund der Steckung kann
in einer turbulenten Flamme mehr Brennstoff pro Volumen umgesetzt werden.

• Gestörte Flammenfront (τC > τK )


Durch die gesteigerte Turbulenz ist in diesem Bereich die chemische Zeitskala τC grö-
ßer als die Existenzzeit der kleinsten Wirbel τK . Hierdurch kann es zu lokalem Ver-
löschen der Flamme kommen. Die gesamte Flammenfrontoberfläche kann nicht mehr
vollständig reagieren wodurch sich Inseln aus unverbranntem Gemisch bilden. Durch
molekulare Mischungsvorgänge mit heißem Abgase kann es zu einem Wiederzünden
der Inseln unverbranntem Gemischs kommen.

• Verbeiterte Flammenfront (τC >> τK )


Nimmt die Turbulenzintensität noch weiter zu, so wird die Existenzzeit der kleinsten
Wirbel τK nocheinmal kleiner im Vergleich zur chemischen Zeitskala. Durch die hohe
Turbulenzintensität kommt es zu einer weiter intensivierten Mischung, die ein Wie-
derzünden des schon erloschenen Gemisches unterbindet, aber auf der anderen Seite
dazu führt, dass Brennstoff, Luft und Reaktionspordukte bereits vor dem Einsetzen
der chemischen Reaktion perfekt gemischt sind. Das Flammenregime ähnelt hier einer
perfekt vorgemischten Flamme.

Abschließend bleibt wie bei den Ausführungen zu turbulenten vorgemischten Flammen


festzuhalten, dass eine reale Flamme in der Regel nicht durch einen Punkt sondern durch
einen gewissen Bereich des Borghidiagramms repräsentiert wird. Dementsprechend gibt es
oftmals eine Überlagerung der oben dargestellten Effekte in ein und der selben turbulenten
Flamme.
Kapitel 3

Numerische Simulation reaktiver


Strömungen

Die chemischen, physikalischen und mathematischen Grundlagen zur numerischen Simu-


lation turbulenter Verbrennungsprozesse werden im folgenden Abschnitt dargestellt. Ein-
gegangen wird dabei auf die kontinuumsmechanischen Erhaltungsgleichungen, numerische
Lösungsansätze für Systeme von partiellen Differentialgleichungen, Grundlagen und Model-
lierungsansätze für chemische Reaktionen und auf die Beschreibung turbulenter reaktiver
Strömungen mit Wahrscheinlichkeitsdichtefunktionen.

3.1 Navier-Stokes Gleichungen


Die Dynamik einer turbulenten chemisch reagierenden Strömung wird durch die ihr zu-
grunde liegenden Erhaltungsgleichungen bestimmt, die sich aus der Kontinuumsmechanik
und der Thermodynamik ableiten lassen [86]. Die Erhaltungsgleichungen beschreiben die
zeitliche Änderung einer extensiven phsikalischen Größe G(x, t) in einem Volumenelement.
Sie bilden ein System von partiellen Differentialgleichungen, für welche zur numerischen Lö-
sung noch Anfangs- und Randbedingungen spezifiziert werden müssen. Häufig werden diese
Gleichungen in der Literatur als Navier-Stokes Gleichungen bezeichnet. In ihrer allgemei-
nen Formulierung beschreiben die Erhaltungsgleichungen die komplexen Wechselwirkungen
verschiedener Prozesse. Im Einzelnen sind dies der molekulare und konvektive Transport
von Masse, Impuls und Energie, chemische Reaktion und der Einfluss von Fernwirkungen
wie Gravitation und Strahlung.
Zur allgemeinen Herleitung der Erhaltungsgleichungen sei ein beliebigenes Volumenelement
Ω aus einer reaktiven Strömung betrachtet (Abb. 3.1). Das Volumenelement ist durch den

15
16 KAPITEL 3: NUMERISCHE SIMULATION REAKTIVER STRÖMUNGEN

Sg
r
n

qg

uur
¶W Fg
W

Abbildung 3.1: Bilanz an einem beliebigen Kontrollvolumen

Rand ∂Ω begrenzt. Eine beliebige Zustandgröße läßt sich zum Zeitpunkt t als das Volu-
menintegral 
G (t) = g (x, t) (3.1)
Ω

über die zugehörige Dichteverteilung g(x, t) mit x als Ortsvektor beschreiben. Eine Ände-
rung der extensiven Größe G(x, t) kann in einer reaktiven Strömung durch drei Prozesse
erfolgen (n bezeichnet den Normalenvektor des Randes ∂Ω des Volumenelementes Ω; dV
und dS jeweils ein Volumen- bzw. ein Flächenelement):
 g · n · dS durch die Oberfläche (z.B. durch Diffusion, Wärmeleitung
• durch einen Fluß φ
oder Reibung),

• durch Produktion q̇g im Inneren des Volumenelementes (z.B. durch chemische Reak-
tion),

• durch Fernwirkung sg (z.B. durch Wärmestrahlung oder Gravitation).

Die Berücksichtigung all dieser Prozesse führt für die zeitliche Änderung der Größe G zu
folgendem integralen Ausdruck
   
∂g 
· dV + φg · n · dS = q̇g · dV + sg · dV (3.2)
∂t
Ω ∂Ω Ω Ω

der mit Hilfe des Gauss’schen Integralsatzes [20] in differentieller Form dargestellt werden
kann.
∂g
+ div φg = q̇g + sg (3.3)
∂t
Mit dieser allgemeinen Formulierung lassen sich die speziellen Erhaltungsgleichungen für
Masse, Impuls, Energie und Spezieserhaltung mathematisch ableiten. Auf eine detaillierte
Herleitung soll an dieser Stelle verzichtet werden. Sie findet sich an verschiedenen Stellen
in der Literatur. Genannt seien hier [11, 86, 109].
3.1 NAVIER-STOKES GLEICHUNGEN 17

Massenerhaltung

Die Massenerhaltungsgleichung oder Kontiuitätsgleichung folgt damit zu


∂ρ
+ div (ρ · v ) = 0 (3.4)
∂t
wobei ∂ρ
∂t
die zeitliche Änderung der Dichte und v den Geschwindigkeitsvektor darstellen.
Der Term div (ρ · v ) beschreibt die Massenstromdichte.

Speziesmassenerhaltung

Die Erhaltungsgleichung für die Speziesmassen


∂ρi
+ div (ρi · v ) + div ji = Mi ω̇i (3.5)
∂t
beinhaltet wieder die zeitliche Änderung der Speziesdichte ρi und den konvektiven Trans-
port div (ρi · v ) einer Spezies. Zusätzlich beschreibt der Term div ji den Transport durch
Diffusion und der Term Mi ω̇ den Quellterm in Folge chemischer Reaktion. Er hängt ab von
der Bildungsgeschwindigkeit ω̇i der Spezies i und ihrer molaren Masse Mi . Mit ji wird die
Diffusionstromdichte der Spezies i bezeichnet.

Impulserhaltungsgleichung

In der Impulserhaltungsgleichung
∂ (ρ · v )
+ div (ρ · v ⊗ v ) + div p̄¯ = ρg (3.6)
∂t
gibt es ebenfalls einen konvektiven Term div (ρ · v ⊗ v ). Mit ⊗ wird das dyadische Produkt
zweier Vektoren bezeichnet [20]. Hinzu kommt der durch Druck- und Reibungskräfte ver-
¯ wobei p̄¯ den Drucktensor bezeichnet. Im Unterschied zu den bisher
ursachte Anteil div p̄,
betrachteten Erhaltungsgleichungen tritt in der Impulserhaltungsgleichung die Fernwirkung
ρg auf, welche den Einfluß von Gravitation oder einer anderen äußeren Beschleunigung be-
schreibt.

Energieerhaltungsgleichung

Nach der Erhaltungsgleichung der Gesamtenergie


∂ (ρe)  
+ div ρev + jq + p̄¯v = 0 (3.7)
∂t
wird die zeitliche Änderung der Gesamtenergie verursacht durch den konvektiven Transport
 
div (ρev ), durch die Wärmeleitung div jq und die Arbeit durch Druckkräfte div p̄
¯v . Der
18 KAPITEL 3: NUMERISCHE SIMULATION REAKTIVER STRÖMUNGEN

Einfluß von Fernwirkungen wie zum Beispiel Strahlung wurde in obiger Gleichung bereits
vernachlässigt. Strahlungseffekte spielen bei den in dieser Arbeit untersuchten Flammen
nur eine untergeordnete Rolle. Dies liegt an der sehr geringen Rußbildung, den moderaten
Temperaturen magerer Flammen und dem Mangel äußerer Strahlungsquellen oder starkt
Strahlung absorbierender Flächen. Die Energieerhaltungsgleichung kann somit quellterm-
frei formuliert werden. Die Gesamtenergie setzt sich aus der inneren Energie, der kinetischen
Energie und der potentiellen Energie zusammen. Der Beitrag der potentiellen Energie zur
Gesamtenergie ist für die untersuchten Fälle sehr gering und kann deshalb in guter Nähe-
rung vernachlässigt werden. Die als Gesamtenergie verwendetet Größe ist also nur noch die
Summe aus innerer und kinetischer Energie des Fluids.
1 1
ρe = ρu + ρ |v |2 + ρg = ρu + ρ |v |2 (3.8)
2 
2
=0

Zustandsgleichung

Um das Gleichungssystem schließen zu können wird noch eine thermische Zustandsgleichung


benötigt. Hier kommt die thermische Zustandsgleichung für ideale Gase (ideale Gasglei-
chung) in der Form
R
p = ρ T (3.9)
M
zum Einsatz. Hierin bezeichnet R die universelle Gaskonstante, M die molare Masse des
Fluids und T die Temperatur.

3.2 Gemittelte Erhaltungsgleichungen


Die Strömungsvorgänge in nahezu allen technischen Verbrennungssystemen (Gasturbinen,
großtechnischen Feuerungsanlagen oder Motoren) sind turbulent. Turbulente Strömungen
sind charakterisiert durch starke räumliche und zeitliche Fluktuationen der hydrodynami-
schen Größen, die ihrerseits zu Fluktuationen der skalaren Größen wie Dichte, Tempera-
tur und Zusammensetzung führen können. Zur Direkten Numerischen Simualtion (DNS,
[66, 113, 138]) dieser Strömungen wäre es notwendig die kleinsten für die Strömung relevan-
ten Längen- und Zeitskalen aufzulösen. Dies ist aus Rechenzeit und Speicherplatzgründen
auch mit heutigen Supercomputern für technisch relevante Verbrennungssysteme nicht mög-
lich [159]. Häufig liegt das Interesse jedoch nicht auf den lokalen Strukturen sonderen auf
globalen Ereignissen, wie zum Beispiel der zeitlich gemittelten Temperatur oder der zeitlich
gemittelten Geschwindigkeit. Deshalb bietet es sich an eine beliebige Strömungsgröße g in
3.2 GEMITTELTE ERHALTUNGSGLEICHUNGEN 19


ihren Mittelwert ḡ und eine Schwankung g gegenüber diesem Mittelwert aufzuteilen. Dieses
Mittelungsverfahren wird Reynoldsmittelung genannt.

g (x, t) = g (x, t) + g (x, t) (3.10)

Häufig wird als Mittelwert ein zeitlicher Mittelwert benutzt. Dies ist aber nicht zwingend
notwendig. Völlig analog könnte auch ein Ensemblemittelwert verwendet werden. Hier soll
nur die Verwendung eines zeitlichen Mittelwerts näher beschrieben werden. Der zeitliche
Mittelwert ist als
1 
Δt

g (x, t) = lim g (x, t) dt (3.11)


Δt→∞ Δt
0

definiert. Das Mittelungsinterval Δt muss so groß gewählt werden, dass der Mittelwert
zeitunabhängig wird. Der zeitliche Mittelwert einer Schwankungsgröße wird dann zu Null.

g = 0 (3.12)

Die Anwendung dieses Mittelungsverfahrens auf die abhängigen Variablen der Navier-Stokes
Gleichungen führt zu den sogenannten Reynoldsgleichungen. Dabei entstehen neben den
Mittelwerten der abhänigen Variablen neue ungeschlossene Kreuzkorrelationsterme sowohl
in der Impulserhaltungsgleichung als auch in der Energieerhaltungsgleichung. Diese Terme
 
(in der Impulserhaltungsgleichung in der Form ui uj ) beinhalten den Einfluss der Turbulenz
auf die mittleren Größen des Strömungsfeldes und müssen modelliert werden. Details hierzu
finden sich in Kapitel 3.3.
Eine für Verbrennungsprozesse typische Eigenschaft ist das Auftreten großer Dichteschwan-
kungen. Dementsprechend müßte die Dichte ebenfalls in einen Mittelwert ρ und eine

Schwankungsgröße ρ zerlegt werden. Er erweist sich als zweckmäßig (siehe unten) einen
weiteren Mittelwert einzuführen, die Favre-Mittelung (dichtegewichteter Mittelwert, [41]).
Dieser ist für eine beliebige Strömungsgröße gegeben als
ρg
g̃ = bzw. ρ g̃ = ρ g (3.13)
ρ
Analog zu 3.10 läßt sich eine Größe wieder in Mittelwert und Schwankungsgröße bezüglich
des Favremittels aufspalten

g (x, t) = g̃ (x, t) + g (x, t) (3.14)

wobei für den durch zwei hochgestellte Striche gekennzeichneten Favre-Schwankungswert


ebenfalls gilt
ρ g  = 0 . (3.15)
Wichtig festzuhalten bleibt noch, dass der zeitliche Mittelwert der Schwankung bei der
Favre-Mittelung im Allgemeinen ungleich Null ist (g  = 0), wohingegen für den zeitlichen
20 KAPITEL 3: NUMERISCHE SIMULATION REAKTIVER STRÖMUNGEN

Mittelwert der Schwankung bei Reynolds-Mittelung gilt g  = 0. Eine Gleichung für die
Umrechung des Reynolds-Mittelwertes einer Variablen in ihren Favre-Mittelwert abzuleiten,
ist durch einsetzen von Gleichung 3.13 in Gleichung 3.10 einfach möglich. Es folgt

ρg (ρ + ρ ) (g + g  ) ρ g + ρ g  + ρ g + ρ g 
g̃ = = =
ρ ρ ρ
und daraus
ρ g 
g̃ = g + . (3.16)
g
Hierzu muss jedoch die Korrelation der Schwankungen der Größe g und der Dichte bekannt
sein. Wesentlicher Vorteil der Verwendung der Favare-Mittelung ist, dass sie häufig eine
kompaktere Schreibweise gestattet. Dies sei am folgenden Beispiel des dichtegewichteten
Mittelwerts zweier Größen u und v veranschaulicht.
Während die Reynoldsmittelung für den Ausdruck ρ u v liefert

ρ u v = (ρ + ρ ) + (u + u ) + (v + v  )
= ρ u v + ρ u v  + ρ u  v + ρ u  v  + ρ u v + ρ u v  + ρ u  v + ρ u  v 
= ρ u v + ρ u v  + u ρ  v  + v ρ  u + ρ  u v  (3.17)

ergibt die Favre-Mittelung ein deutlich kompakteres Ergebnis

ρ u v = ρ (ũ + u ) (ṽ + v  )


= ρ ũ ṽ + ρ ũ v  + ρ u ṽ + ρ u v 
= ρ ũ ṽ + ρ u v  . (3.18)

Einsetzen der Mittelungsvorschriften 3.10 oder 3.14 in die Erhaltungsgleichungen führt


zu den reynoldsgemittelten Navier-Stokes Gleichungen (RANS) oder den favregemittelten
Navier-Stokes Gleichungen. Auf eine detaillierte Herleitung wird an dieser Stelle verzichtet,
sie findet sich unter anderem in [77,129]. Dargestellt sind im folgenden die favregemittelten
Gleichungen, da sie wie oben dargestellt eine kompaktere Schreibweise bei Strömungen mit
variabler Dichte, wie zum Beispiel turbulenten Verbrennungsprozessen, gestatten.
Im Einzelnen ergeben sich die gemittelten Erhaltungsgleichungen unter Verwendung der
Einsteinschen Summennotation [20] zu
∂ ρ̄ ∂ (ρ̄ũi )
+ = 0 (3.19)
∂t ∂xi

∂ (ρw̃α ) ∂ (ρw̃α ũi ) ∂     ∂ ∂wα
+ + ρ ui wα − ρ Dα = Mα ω̇α (3.20)
∂t ∂xi ∂xi ∂xi ∂xi
∂ (ρ̄ũi ) ∂   

+ ρ̄ũi ũj + ρui uj + p̄δij − τ̄ij = ρ g˜i (3.21)
∂t ∂xj
(∂ ρ̄ẽ) ∂  
 
+ ρ̄u˜j ẽ + ũj p̄ + uj p + ρuj e + q̄j − ui τij = 0 (3.22)
∂t ∂xj
3.2 GEMITTELTE ERHALTUNGSGLEICHUNGEN 21

jeweils für die Masse, die Speziesmasse1 , den Impuls und die Gesamtenergie des Systems.
Zum Schließen des Gleichungssystems wird noch eine thermische Zustandsgleichung benö-
tigt. Hierzu wird die gemittelte Zustandsgleichung eines idealen Gases in der Form
 
T
p=ρ·R· (3.23)
M
verwendet.
In den Erhaltungsgleichungen treten verschiedene ungeschlossene Terme auf. In der Ener-
 
gieerhaltungsgleichung ist dies der Term ρuj e und der Term uj p. Auf die Darstellung
möglicher Modellierungsansätze für diese Terme wird hier verzichtet, da bei dem in dieser
Arbeit verwendeten Gesamtmodell auf eine Lösung der Energiegleichung verzichtet werden
kann. Die Temperatur des Fluids wird direkt aus der Lösung der PDF Transportgleichung
ermittelt (näheres hierzu in Abschnitt 3.6.3 und Abschnitt 4).
 
In der Impulserhaltungsgleichung ist die Kreuzkorrelation ρui uj ungeschlossen. Sie stellt,
wie bereits oben erwähnt, den Einfluss der turbulenten Fluktuationen auf den mittleren
Geschwindigkeitsvektor dar. Dieser Term wird auch als turbulenter Scheinschubspannungs-
tensor bezeichnet. Zur Lösung des Gleichungssystems muß er modelliert werden. Hierzu
finden sich vielfältige Ansätze in der Literatur. Einige wenige werden in Abschnitt 3.3 nä-
her erläutert.
Die Spezieserhaltungsgleichung beinhaltet drei ungeschlossene Terme

• den mittleren chemischen Quellterm Mα ω̇α



• die Kreuzkorrelation aus Geschwindigkeits- und Zusammensetzungsfluktuation ρ ui wα

• sowie den Diffusionsterm ρ Dα ∂wα


∂xi

Das wesentliche Problem bei der Mittelung des chemischen Quellterms ist, dass dieser
stark nichtlinear von der Temperatur und der Zusammensetzung abhängt. Mathematisch
ausgedrückt heißt das:

 ˜
Mα ω̇α = Sα (T, φ) = Sα (T̃ , φ) . (3.24)

Übervereinfachende Modellierungsansätze, die versuchen den gemittelten chemischen Quell-


term allein aus den Mittelwerten der Zusammensetzung und der Temperatur zu berechnen
führen aus diesem Grund meist zu sehr schechten Ergebnissen. Darum werden in dieser Ar-
beit Wahrscheinlichkeitsdichtefunktionen eingesetzt. Damit kann der Einfluss chemischer
Reaktionen exakt behandelt werden und bedarf keiner weiteren Modellierung. Details hier-
zu finden sich in Abschnitt 3.4 und 3.6. Der Kreuzkorrelationsterm aus Geschwindigkeits-
und Zusammensetzungsfluktuation tritt bei der in dieser Arbeit verwendeten Verbund-
wahrscheinlichkeitsdichtefunktion von Geschwindigkeit und Zusammensetzung ebenfalls in
1
Hier formuliert für den Massenbruch wα einer beliebigen Spezies α für den gilt: ρα = ρ · w̃α
22 KAPITEL 3: NUMERISCHE SIMULATION REAKTIVER STRÖMUNGEN

geschlossener Form auf. Mögliche Modellierungsansätze werden deshalb nicht dargestellt.


Der ungeschlossene Diffusionsterm ρ Dα ∂w α
∂xi
der den Einfluss des molekularen Transports
innerhalb des Fluids auf die Zusammensetzung beschreibt, bleibt auch bei der Anwendung
von Wahrscheinlichkeitsdichtefunktionen ungeschlossen. In der Literatur finden sich ver-
schiedene Modellierungsansätze hierfür. Das in dieser Arbeit verwendete Modell wird in
Abschnitt 3.6.5 dargestellt.

3.3 Statistische Modellierung der Turbulenz


Ziel der statistischen Turbulenzmodellierung ist es ein Modell zur Beschreibung des unge-
 
schlossenen Terms ρui uj aufzustellen. Dieser Tensor beschreibt den Einfluss der Kreuzkor-
relation der Geschwindigkeitsfluktuationen auf die Mittelwerte der Geschwindigkeiten. Die
Dimension des Terms entspricht einer Spannung. Sie bewirken einen zusätzlichen Implus-
transport quer zur Hauptströmungsrichtung und werden als Reynoldsspannungen oder
Scheinspannungen bezeichnet. Um die Reynoldsspannungen bestimmen zu können sind Mo-
dellannahmen nötig. Ein weit verbreiteter Ansatz hierzu ist das Wirbelviskositätsprinzip
nach Bousinesq [18]. Dabei wirden analog zu den wirklichen Schubspannungen die Reynolds-
spannungen aus dem Gradient der mittleren Geschwindigkeiten berechnet.

  ∂ ũi ∂ ũj 2
ρui uj = − μt + + ρ k δij (3.25)
∂xj ∂xi 3
Darin ist μt die turbulente Zähigkeit oder Wirbelviskosität. Die Wirbelviskosität ist keine
Stoffkonstante sondern hängt vom lokalen Turbulenzzustand ab und kann räumlich und
zeitlich innerhalb einer beliebigen Strömung starke Gradienten haben. Der zweite Summand
auf der rechten Seite von Gleichung 3.25 beschreibt den Einfluss von Normalspannungen
und enthält als Faktor das Kronecker Symbol2 δij .
Die Modellierung der Reynoldsspannungen wird auf diese Weise überführt in die nun nur
noch notwendige Modellierung der Wirbelviskosität, die als ein Produkt einer Geschwin-
digkeit u∗ (x, t) und eines Längenmaßes l∗ (x, t) geschrieben werden kann.

μ t = ρ · u∗ · l ∗ (3.26)

Somit muss ein Modell gefunden werden, welches eine Bestimmung von u∗ und l∗ für die
lokalen Bedingungen in einer Strömung ermöglicht. Hierfür existieren in der Literatur ver-
schiedenste Modellierungsansätze, die sich nach der Zahl der zusätzlich zu lösenden Diffe-
rentialgleichungen in

• Nullgleichungsmodelle oder algebraische Modelle,

• Eingleichungsmodelle und
2
δij = 1 für i = j und δij = 0 für i = j
3.3 STATISTISCHE MODELLIERUNG DER TURBULENZ 23

• Zweigleichungsmodelle

gruppieren lassen. So wird bei algebraischen Modellen (als typischer Vertreter wird das
Mischungswegmodell vorgestellt) l∗ auf Basis der Geometrie der Strömung spezifiziert. Bei
Ein- und Zweigleichungsmodellen werden zusätzliche Transportgleichungen für bestimmte
Turbulenzgrößen gelöst, aus denen sich das Produkt von u∗ und l∗ berechnen lässt. Ein in der
Literatur oft verwendeter Vertreter dieser Modellgruppen ist das k− Modell [64,65] bei ihm
werden u∗ und l∗ durch Lösung zweier zusätzlicher Transportgleichungen für die turbulente
kinetische Energie k und ihre Dissipationsrate  bestimmt. Für alle drei oben genannten
Modellgruppen soll im folgenden ein typischer Vertreter näher beschrieben werden.
Zusätzlich existieren höherwertige Turbulenzmodelle, welche nicht auf der Bousinesq-
Annahme beruhen. Beispiele sind Reynoldsspannungsmodelle [72] und Large-Eddy Simula-
tionen [46]. Auch hierzu finden sich im folgenden einige kurze grundlegende Bemerkungen
(siehe Abschnitt 3.3.4).

3.3.1 Nullgleichungsmodelle
Nullgleichungsturbulenzmodelle (oder algebraische Turbulenzmodelle) haben den wesent-
lichen Vorteil einfach in bestehende numerische Verfahren integrierbar zu sein und wenig
rechenaufwand zu verursachen, da nur einfache algebraische Gleichungen und keine gewöhn-
lichen oder partiellen Differentialgleichungen gelöst werden müssen. Andererseits hängt die
turbulente Viskosität nur von lokalen (mittleren) Geschwindigkeitsprofilen ab. Ein Einfluss
des Zustands stromauf oder stromab der betrachteten Stelle wird nicht berücksichtigt, was
die Anwendbarkeit solcher Modelle stark einschränkt.
Ein bekannter Vertreter dieser Gruppe von Turbulenzmodellen ist das auf dem Prandlschen
Mischungswegansatz [130] beruhende Modell von Baldwin und Lomax [6]. Es wurde sehr
erfolgreich zur Simulation von Tragflügelumströmungen eingesetzt und soll grob beschrieben
werden. Für weitere Details sei auf die angegebene Literatur verwiesen.
Der Mischungswegansatz nach Prandtl bestimmt die turbulente Viskosität aus dem Ge-
schwindikeitsgradienten und einer noch zu bestimmenden Mischungslänge lm (x), die eine
Funktion des Ortes ist.  
 dũ 
μt = ρ · lm ·  
2 
(3.27)
 dy 

Die Mischungsweglänge ist dabei definiert als diejenige Weglänge, die ein Fluidelement zu-
rücklegen kann bis es sich mit seiner Umgebung vollständig vermischt hat und somit gleich-
sam seine Identität verloren geht [130]. Im Baldwin-Lomax Modell wird die Mischungsweg-
länge mit der Gleichung  
y+
lm = κ · y · 1 − exp − + (3.28)
A
24 KAPITEL 3: NUMERISCHE SIMULATION REAKTIVER STRÖMUNGEN

bestimmt. Darin sind κ eine Konstante mit dem Wert 0, 4, y der Wandabstand, y + ein
dimensionsloser Wandabstand und A+ eine Konstante mit dem Wert 26. Details zur Her-
leitung und physikalischen Begründung dieser Gleichung finden sich in [6].
In der allgemeinen Form ist das Mischungswegmodell auf alle Arten turbulenter Strömungen
anwendbar. Der größte Nachteil ist aber die Unvollständigkeit des Modells. Die Mischungs-
wegslänge lm muss bekannt sein und hängt wesentlich von der Geometrie der betrachteten
Strömung ab. Eine Abschätzung der Mischungsweglänge in einer komplexen Strömung ist
meist sehr schwierig und mit großen Fehleren behaftet wodurch die Qualität der Ergebnisse
meist sehr schecht sein wird. Anders sieht es aus bei technisch relevanten Strömungen, die
messtechnisch gut untersucht sind, so dass angepasste Korrelation für die Mischungsweglän-
ge existieren. Als Beispiel sei hier nochmals die turbulente Umströmung eines Tragflügels
oder andere Arten von klassischen Grenzschichtströmung genannt, bei welchen das Modell
sehr gute Resultate liefert.

3.3.2 Eingleichungsmodelle
Bei Eingleichungsmodellen wird die turbulente Viskosität durch Lösen einer zusätzli-
chen Transportgleichung bestimmt. Ein sehr verbreitetes Modell stammt von Spalart und
Allmaras [139], das eine zusätzliche Transportgleichung für die an die turbulente Viskosi-
tät angelehnte Hilfsgröße ν̃ einführt. Außer in Wandnähe stimmt ν̃ mit der turbulenten
Viskosität νt überein.
⎡   2 ⎤
∂ (ρν̃) ∂ (ρν̃ui ) 1 ⎣ ∂ ∂ ν̃ ∂ ν̃ ⎦
+ = (μ + ρν̃) + Cb2 ρ
∂t ∂xi σν̃ ∂xj ∂xj ∂xj
 2
ν̃
− Cω1 ρfω + Cb1 ρS̃ ν̃ (3.29)
d
Aus dieser Gleichung kann dann die turbulente Viskosität nach

μt = ρ · ν̃ · fν1 (3.30)

berechnet werden. Darin beschreibt fν1 eine viskose Dämpfung in der Nähe einer Wand und
kann durch Einführen eines dimensionslosen Parameters χ = ν̃ν bestimmt werden.

χ3
fν1 = 3
(3.31)
χ3 + Cν1
Die Modellkonstante Cν1 hat dabei den Wert 7, 1. Auf eine weitere Darstellung des Modells
und der zum Lösen der Gleichung 3.29 außdem notwendigen Konstanten und Modellpara-
meter wird hier verzichtet. Sie findet sich in [139].
3.3 STATISTISCHE MODELLIERUNG DER TURBULENZ 25

3.3.3 Zweigleichungsmodelle
Das meist verbreitete und eingesetzte Zweigleichungsmodell ist das Standard k −  Modell
[64, 65]. Es löst eine Transportgleichung für die mittlere turbulente kinetische Energie
1 2
k̃ = · u + v 2 + w2 , (3.32)
2
die aus den Impulserhaltungsgleichungen abgeleitet werden kann und eine Transportglei-
chung für die mittlere Dissipationsrate ˜ der turbulenten kinetischen Energie. ˜ ist definiert
durch den Ausdruck  
∂ui ∂ui
˜ = ν · (3.33)
∂xk ∂xk
mit ν = μρ als der laminaren kinematischen Viskosität. Die Transportgleichung selbst wird
dabei empirisch abgeleitet. Die beiden Gleichungen lauten

∂(ρk̃)
+ div(ρv k̃) − div(μt gradk̃) = Gk − ρ˜ (3.34)
∂t
∂(ρ˜) ˜
+ div(ρv ˜) − div(μt grad˜) = (C1 Gk − C2 ρ˜) . (3.35)
∂t k̃
Die turbulente Viskosität wird dann aus
k̃ 2
μt = Cμ · ρ · (3.36)

berechnet. Der Quellterm der turbulenten kinetischen Energie ist durch die Gleichung

∂ ũi ∂ ũj
G k = Cμ ρ μ t + (3.37)
∂xj ∂xi

gegeben. C1 , C2 und Cμ sind empirische Modellkonstanten. Ihre Werte für das Standard-
modell [64] sind Tabelle 3.1 zu entnehmen.

Cμ 0,09
C1 1,44
C2 1,92

Tabelle 3.1: Konstanten des Standard k −  Modells

Auch in der vorliegenden Arbeit wurde ein Zweigleichungsmodell zur Modellierung der Tur-
bulenz verwendet. Zum Einsatz kam dabei nicht das Standard k −  Modell sondern eine
Variante davon. Die verwendete Variante stammt von Speziale et al. [166] und löst zusätzlich
zur Transportgleichung für die turbulente kinetische Energie eine Transportgleichung für ein
turbulentes Zeitmaß τ . Das Modell berücksichtigt zusätzlich noch den Einfluss von Wänden
26 KAPITEL 3: NUMERISCHE SIMULATION REAKTIVER STRÖMUNGEN

auf die turbulente Viskosität. Das direkte Lösen einer Transportgleichung für ein turbulen-
tes Zeitmaß gleicht einen wesentlichen Nachteil des k −  Modells aus. Für Epsilon ist die
Formulierung einer physikalisch sinnvollen Randbedingung an einer Wand sehr schwierig.
Unmittelbar ableiten läßt sich nur eine Randbedinung, die die zweite Ableitung der turbu-
lenten kinetischen Energie an der Wand beinhaltet. Die Anwendung dieser Randbedingung
kann zu einer hohen numerischen Steifigkeit des Problems führen [114]. Die turbulente Zeits-
kala hingegen geht an einer Wand gegen Null und somit kann für die Transportgleichung
einfach eine physikalisch begründetet Randbedingung abgeleitet werden [114, 166].
Die turbulente Viskosität ist bei diesem Modell durch die Gleichung

μt = Cμ ρ fμ k̃ τ̃ (3.38)

gegeben. Der Faktor fμ beschreibt den Einfluss einer Wand und berechnet sich aus

3, 45 y+
fμ = 1+ √ · tanh . (3.39)
Ret 70

Hier ist Ret = k̃τ̃


ν
die turbulente Reynoldszahl und y + der normierte Wandabstand, der sich
berechnen läßt aus
  2
1 τw ∂ ũ
+
y = mit τw = ρ · l · . (3.40)
ν ρ·y ∂y y=yWand

Dabei ist l die mittlere freie Weglänge. Die verwendete Transportgleichung für die turbulente
kinetische Energie hat dieselbe Form wie beim k −  Modell und wird durch die Gleichung
3.34 bestimmt. Die Transportgleichung für die turbulente Zeitskala lautet
  
∂(ρτ̃ ) ∂(ρτ̃ ) τ̃ ∂ ũi ∂ νt ∂ τ̃
+ ũi = (C
1 − 1) τij + (C
2 f2 − 1) + ν+
∂t ∂xi k̃ ∂xj ∂xi στ 2 ∂xi
   
2 νt ∂ τ̃ ∂ τ̃ 2 νt ∂ k̃ ∂ τ̃
− ν+ + ν+ (3.41)
τ̃ στ 2 ∂xi ∂xi k̃ στ 1 ∂xi ∂xi
Bei dem Faktor f2 handelt es sich um einen Dämpfungsterm, der den Einfluss einer Wand
modelliert und folgendermaßen bestimmt wird
   2
2 Re2 y+
f2 = 1 − exp − t 1 − exp − . (3.42)
9 36 5

Die Werte der empirischen Modellkonstanten finden sich in Tabelle 3.2. Werden die Werte
der Modellkonstanten στ 1 , στ 2 und σk zu Null gesetzt, so reduziert sich das k − τ Modell
auf das k −  Modell wobei dann direkt in Gleichung 3.41 die turbulente Zeitskala durch
τ = k
ersetzt werden kann.
3.3 STATISTISCHE MODELLIERUNG DER TURBULENZ 27

Cμ 0,09
C
1 1,44
C
2 1,83
στ 1 1,36
στ 2 1,36
σk 1,36

Tabelle 3.2: Konstanten des k − τ Modells [166]

3.3.4 Höherwertige Modellierung der Turbulenz


Darüber hinaus existieren noch eine Reihe weiterer höherwertigerer Modelle. Wesentlicher
Vorteil dieser Modelle ist, dass sie ohne die als solches willkürliche Annahme einer turbu-
lenten Viskosität (Gleichung 3.25) auskommen und somit einen wesentlichen Nachteil der
bisher vorgestellten Modelle beseitigen. Allerdings sind sie allesamt mit einem deutlich höhe-
ren numerischen und rechnerischen Aufwand verbunden und benötigen ebenfalls bestimmte
Modellannahmen. Vorgestellt werden im folgenden zum einen Reynoldsspannungsmodelle
(RSM) und zum anderen ein Ansatz zur Grobstruktursimulation der Turbulenz (Large Ed-
dy Simulation, LES).

Reynoldsspannungsmodelle

Bei Reynoldsspannungsmodellen werden Transportgleichungen für jede einzelne Reynolds-


 
spannung ρui uj und die Dissipationsrate der Reynoldsspannungen  gelöst. Ein guter Ein-
blick in die Verwendung von Reynolds-Spannungs-Modellen zur Simulation von turbulenten
Verbrennungsprozessen findet sich zum Beispiel in [156]. Die exakte Transportgleichung der
Reynoldsspannungen [72, 91] ergibt sich aus den Navier-Stokes Gleichungen und lautet
 
 
∂ ρui uj ∂   
 ∂
+ ũk ρui uj + Tkij = Pij + Rij + ij . (3.43)
∂t ∂xk ∂xk
Hierin tritt der Quellterm Pij in geschlossener Form auf, für den Dissipationstensor ij ,
den Druck-Streckungstensor (pressure-rate-of-strain) Rij und den Fluss der Reynoldsspan-
nungen Tkij sind weitere Modellannahmen notwendig. Dabei kommt der Modellierung des
Druck-Streckungstensors die größte Bedeutung zu. Die einzelnen Terme sind im folgenden
angegeben.
  
Tkij = ρui uj uk (3.44)
  ∂ ũi   ∂ u
˜j
Pij = −ρuj uk − ρui uk (3.45)
∂xk ∂xk
2
ij =  δij (3.46)
3
28 KAPITEL 3: NUMERISCHE SIMULATION REAKTIVER STRÖMUNGEN


2 ∂u
Rij = δij p k (3.47)
3 ∂xk
Die Gleichungen zeigen auf, dass bei RSM zum einen stets ein Modell für die Dreierkorre-
lationen der Geschwindigkeitsfluktuationen im Term Tkij und im Term Rij für die Kreuz-
korrelation aus Druckfluktuationen und des Gradienten der Geschwindigkeitsfluktuationen
gefunden werden muss. Detaillierte Betrachtungen zu Modellierungsansätzen dieser Terme
finden sich verschiedentlich in der Literatur (z.B. [129]).

Large-Eddy Simulation

Numerisch deutlich aufwendiger als der Einsatz von Reynolds-Spannungs-Modellen ist die
Anwendung der Large-Eddy Simulation (LES) [46, 129]. Sie kann sowohl vom Rechenauf-
wand her als auch vom Modellierungsgrad zwischen RSM und der direkten numerischen
Simulation (DNS) angesiedelt werden. Die der LES zu Grunde liegende Idee ist die einer
turbulenten Wirbelkaskade [146], die schematisch in Abbildung 3.2 dargestellt ist.
Die in einer turbulenten Strömung existierenden Wirbel teilen sich in unterschiedliche Grö-
ßen ein. Es gibt große energietragende Wirbelstrukturen, die durch die speziellen Strö-
mungsverhältnisse des betrachteten Problems bestimmt werden und den Bereich der kleinen
dissipierenden Wirbel, der für alle Strömungsverhältnisse selbstähnlich ist. Die Wirbelkas-
kade stellt den Ablauf des kontinuierlichen Zerfalls großer Wirbel in mehrere kleinskalige
Wirbel dar. Die großskaligen Wirbel können dabei durch unterschiedliche Prozesse entste-
hen. So können viskose Scherkräfte zwischen zwei Fluiden mit verschiedenen Geschwindig-
keiten, ein Querschnittssprung in einer Rohrströmung oder der Nachlaufeffekt eines geome-
trischen Hindernisses (z.B. Staukörper) in einer Strömung zur Bildung großskaliger Wirbel

Abbildung 3.2: Spektrum der turbulenten kinetischen Energie (Wirbelkaskade) [146, 159]
3.4 SCHLIEßUNGSPROBLEM DES CHEMISCHEN QUELLTERMS 29

führen. Die Größe der gebildeten Wirbel korreliert dabei mit den Längenskalen der sie
erzeugenden makroskopischen Strukturen. Eine Betrachtung der einzelnen Längenskalen
zeigt, daß hin zu kleinen Skalen die Wirbelstruktur mehr und mehr geometrisch unabhänig
wird. Es wird gemeinhin angenommen, dass ab einer bestimmten kleinen Skala die Turbu-
lenz als isotrop angesehen werden kann. Dies deutet auf die Existenz einer mittleren Skala
hin unterhalb der die Strömung als isotrop angesehen werden kann, und oberhalb der die
Strömung geometrieabhänig und somit auch problemabhänig ist. Dies ist die wesentliche
der LES zu Grunde liegende physikalische Motivation.
Im Unterschied zu den Mittelungsmethoden (RANS, URANS) werden bei der LES die hy-
drodynamischen Größen nicht in Mittelwert und Schwankungsgröße aufgeteilt, sondern es
wird eine Filterfunktion definiert, durch die die hydrodynamischen Größen in einen auflös-
baren Anteil (Grobstruktur, grid scale) und einen nicht auflösbaren Anteil (Feinstruktur,
sub-grid scale) aufgeteilt wird. Geht die Filterweite gegen Null (Δ → 0) dann geht die LES
in eine DNS über. Als Vorteil gegenüber RSM werden in der LES Instabilitäten auf großen
Skalen nicht gedämpft, sondern direkt repräsentiert. Bei Umströmungen von Staukörpern
oder Strömungen mit Verbrennung können diese Effekte signifikant sein. Die Grobstruk-
tur beinhaltet inhomogene und anisotrope Turbulenzstrukturen sowie energiereiche Wirbel.
Diese können direkt berechnet werden. Kleinere Strukturen, wie zum Beispiel energiearme
Wirbel, können nicht direkt aufgelöst werden. Modelliert werden muss somit der Einfluss
der Feinstruktur auf die Grobstruktur. Die Filterweite Δ sollte sorgsam gewählt werden da-
mit die gewünschte Größe der Struktur aufgelöst werden kann. Mit keinerem Δ wird aber
auch das Rechengitter engmaschiger und die Rechenzeit länger. LES Methoden unterschei-
den sich zum einen in der Art der verwendeten Filterfunktion sowie in den Modellen zur
Beschreibung der Interaktion großer und kleiner Skalen. Eine Übersicht über verschiedene
Modellansätze findet sich unter anderem in [129].

3.4 Schließungsproblem des chemischen Quellterms


Bei der Mittelung der Speziestransportgleichung entstehen ähnlich wie bei der Impluser-
haltungsgleichung neue ungeschlossene Terme. Dies sind der mittlere chemische Quellterm
Mα ω̇α und die Kreuzkorrelation aus Geschwindigkeits- und Zusammensetzungsfluktuation

ρ ui ωα . Grundsätzlich müssen diese Terme modelliert werden, was mit übervereinfachenden
Modellen nur unzureichend möglich ist. Durch die Verwendung von Wahrscheinlichkeits-
dichtefunktionen, können diese beiden Terme geschlossen behandelt werden. Details hierzu
finden sich in 3.6.
Nichts desto trotz soll an dieser Stelle der Vollständigkeit halber ein einfaches Modell zum
Schließen des chemischen Quellterms dargestellt werden. Als Beispiel für ein einfaches empi-
risches Modell soll ein Eddy BreakUp Modell vergestellt werden (z.B. [117]). Diese Gruppe
von Modellen können die mittlere Reaktionsrate im Falle schneller chemischer Reaktionen
30 KAPITEL 3: NUMERISCHE SIMULATION REAKTIVER STRÖMUNGEN

beschreiben. Sie beruhen im wesentlichen auf der stark vereinfachenden Annahme, dass die
Reaktionsrate durch die turbulente Dissipation bestimmt wird („mixed is burnt“). Analog
zum Abfall der Turbulenz wird eine Rate postuliert, die den Zerfall von Bereichen unver-
branntem Gases in Bereiche verbranntem Gases beschreibt. Diese Bruchstücke haben dann
ausreichen Kontakt mit bereits verbranntem Fluid und eine ausreichend hohe Temperatur,
so daß sie reagieren können. Für die Reaktionsrate eines beliebigen Brennstoffs F ergibt
sich somit 
 
M w˙F = −ρ CF wF2 . (3.48)
k
Hierbei ist CF eine empirische Konstante der Größenordnung 1. Problematisch wird dieses
einfache Modell unter anderem in der Nähe von Wänden, wo sowohl k̃ als auch ˜ gegen Null
gehen und ihr Quotient somit nicht mehr einfach bestimmt ist. Deshalb sind häufig noch
zusätzliche Modellannahmen notwendig um zu Verhindern, dass der chemische Quellterm
nahe an einer Wand physikalisch nicht sinnvolle Werte annimmt [97].

3.5 Numerische Lösungsverfahren für die


Navier-Stokes Gleichungen
In der numerischen Mathematik existieren eine Reihe von Verfahren zur Diskretisierung
von partiellen Differentialgleichungssystemen. Erwähnt seinen hier ohne einen Anspruch
auf Vollständigkeit Finite Differenzen Verfahren, Finite Volumen Verfahren, Finite Element
Verfahren sowie Spektralmethoden [42, 108, 130]. Die folgenden Ausführungen beschränken
sich auf die Finite Volumen Methode zur Lösung der Navier Stokes Gleichungen, da dieses
Verfahren in dem in dieser Arbeit vorgestellten Simulationsmodell verwendet wird.

3.5.1 Integrale Form der Erhaltungsgleichungen


An dieser Stelle soll auf die bereits in Abschnitt 3.1 vorgestellte integrale Form der Erhal-
tungsgleichungen
  
ρ φ v · n dS = Γ gradφ · n dS + qφ dΩ (3.49)
S S Ω

zurückgegriffen werden. Die Gleichungen sollen für eine beliebige Größe φ formuliert sein
und es wird angenommen, dass sowohl das Geschwindigkeitsfeld als auch alle Eigenschaften
des Fluids bekannt sind.
Eine Disketisierung mittels Finite Volumen ist vorteilhaft, da die Navier-Stokes Gleichungen
integralen Charakter haben [42]. Das Lösungsgebiet wird durch die Diskretisierung in eine
endliche Zahl von Kontrolvolumen aufgeteilt. Der Einfachheit halber werden hier zur Er-
klärung zweidimensionale kartesische Gitter verwendet. Die Methodik läßt sich jedoch auch
für beliebige Gittertypen adaptieren. Für gewöhnlich werden die Kontrollvolumina durch
3.5 NUMERISCHE LÖSUNGSVERFAHREN FÜR DIE NAVIER-STOKES GLEICHUNGEN 31

b b b b

b b b b

b b b b

b b b b

b b b b

Abbildung 3.3: Beispiel eines zweidimensionalen Finite Volumen Gitters

ein geeignetes Gitter festgelegt und die Zellmittelpunkte als Stützpunkte bei der Lösung der
Gleichungen verwendet (Abbildung 3.3). Die integrale Form der Erhaltungsgleichung muss
sowohl für jedes Kontrollvolumen als auch für das gesamte Lösungsgebiet erfüllt sein. Um
algebraische Ausdrücke für jedes Volumenelement zu erhalten müssen nun die Oberflächen-
und Volumenintegrale numerisch approximiert werden.

3.5.2 Approximation der Oberflächenintegrale


Der Fluss durch die Grenzen des Kontrollvolumens entspricht der Summe der Integrale über
die vier Seiten des Kontrollvolumens
  
f dS = f dS (3.50)
S k S
k

wobei f für die Normalkomponente des konvektiven (ρφu · n) oder des diffusiven (Γgradφ ·
n) Flusses steht. Die notwendigen Ableitungen können zum Beispiel über einen zentralen
Differenzenoperator bestimmt werden.

∂f  fW − fE  
 = + O Δx2 (3.51)
∂x P 2 Δx

Als einfachste Approximation der Integrale wird dann beispielsweise die Mittelpunktsregel
verwendet. Exemplarische dargestellt für die Seite e lautet sie

Fe = Se f dS = fe Se ≈ fe Se . (3.52)

Se steht hierbei für die Seitenfläche des Kontrollvolumens, fe errechnet sich aus zwei be-
nachbarten Knotenpunkten beispielsweise nach
fE + fP
fe = . (3.53)
2
32 KAPITEL 3: NUMERISCHE SIMULATION REAKTIVER STRÖMUNGEN

 Δx -

Nr

6
n 6
W
r  w Pr e - Er Δy

s ?
?
y Sr
6
-x

Abbildung 3.4: Äquidistante Finite Volumen Zelle

3.5.3 Approximation der Volumenintegrale


Um die Volumenintegrale zu approximieren wird der Integrand als konstant innerhalb des
Volumens angenommen und mit dem Volumen der jeweiligen Zelle multipliziert.

QP = qφ dV = qφ ΔV ≈ qφ ΔV (3.54)
V

Durch die Approximation der Volumen- und Oberflächenintegrale können die Erhaltungs-
gleichungen numerisch gelöst werden.

3.6 Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion
Ansätze zur Beschreibung chemischer Reaktionen in einer turbulenten Strömung, die Fluk-
tuationen der Konzentration berücksichtigen, lassen sich anhand der zugrunde liegenden
Annahme über die Verteilungsfunktion der Fluktuationen der beteiligten Spezies charak-
terisieren. So beruht zum Beispiel, dass in Abschnitt 3.4 diskutierte Eddy Breakup Modell
für Vormischflammen auf der Annahme, dass die Reaktionen so schnell ablaufen, dass nur
verbranntes oder unverbranntes Gemisch vorliegen kann [140]. Die dazu gehörige Vertei-
lungsfunktion besteht folglich aus zwei δ-Funktionen. Werden hingegen Wahrscheinlich-
keitsdichtefunktionen (PDF) verwendet, so wird im Gegensatz dazu direkt versucht die
PDF zu berechnen. Klassifiziert werden können PDF Methoden grob in zwei Gruppen:
solche die a priori eine bestimmte Form der PDF annehmen (z.B. β-Funktion) und dann
nur Transportgleichungen für einige wenige Momente der Verteilungsfunktion lösen und
solche die die PDF direkt aus ihrer Transportgleichung bestimmen. Der zweite Ansatz ist
3.6 WAHRSCHEINLICHKEITSDICHTEFUNKTION 33

deutlich allgemeingültiger, da die Form der PDF im allgemeinen bei einem Verbrennungs-
prozess nicht als bekannt angesehen werden kann und zusätzlich sich bei der Annahme
einer bestimmten Form für die PDF das Problem ergibt, dass zur Darstellung von Ver-
bundwahrscheinlichkeitsdichtefunktionen Produktansätze verwendet werden müssen. Dies
ist bei statistisch nicht unabhänigen Größen wie zum Beispiel verschiedenen Spezieskon-
zentrationen eigentlich nicht zulässig. Aus diesen Gründen wird in dieser Arbeit nur der
zweite Ansatz verwendet. Er soll im folgenden näher erklärt werden.

3.6.1 Definition und grundlegende Eigenschaften


Ausgangspunkt der Modellierung einer (reaktiven) turbulenten Strömung mittes PDF Me-
thoden ist die Beschreibung der Strömung als ein Zufallsprozess. Hierzu sei zur Verdeut-
lichung eine Komponente U des Geschwindigkeitsvektors eines beliebig wiederholbaren tur-
bulenten Strömungsexperiments an einer bestimmten Stelle in Ort und Zeit (bezogen auf
den Beginn des Experiments) betrachtet. Die Zufallsvariable U wird vollständig durch ihre
PDF f (V ) beschrieben. Betrachtet man nun dieselbe Geschwindigkeit U als Funktion der
Zeit, so spricht man von einem Zufallsprozess. Dieser Zufallsprozess U (t) kann durch die
dazugehörige Verteilungsfunktion zu einem Zeitpunkt

F (V, t) ≡ Prob [U (t) < V ] (3.55)

oder durch die Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion zu einem Zeitpunkt

∂F (V, t)
f (V ; t) ≡ (3.56)
∂V
vollständig beschrieben werden, wobei die Verteilungsfunktion die Wahrscheinlichkeit be-
schreibt mit der die Zufallsvariable U zu einem bestimmten Zeitpunkt kleiner als die Pro-
benvariable V ist.
In einer turbulenten Strömung ist der Geschwindigkeitsvektor U  (x, t) ein zeitabhäniges
Zufallsvektorfeld. Die dazugehörige Verteilungsfunktion an einem Punkt in Ort und Zeit
lautet dementsprechend
F (V ; x, t) = Prob [Ui (x, t) < Vi ] (3.57)
mit i = 1, 2, 3. Ihre gemeinsame Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion (joint PDF) ergibt sich
zu
∂ 3 F (V ; x, t)
f (V ; x, t) = . (3.58)
∂V1 ∂V2 ∂V3
An jedem Punkt in Ort und Zeit beschreibt diese PDF den Zufallsgeschwindigkeitsvektor
vollständig, aber beinhaltet ebenfalls keine gemeinsame Information über zwei oder mehr
34 KAPITEL 3: NUMERISCHE SIMULATION REAKTIVER STRÖMUNGEN

verschiedene Zeitpunkte und Orte. Der Erwartungswert des Geschwindigkeitsfeldes ergibt


sich zu
  ∞ ∞ ∞
 (x, t)
U = V f (V ; x, t) dV1 dV2 dV3 (3.59)
−∞ −∞ −∞

= V f (V ; x, t) dV . (3.60)

Wobei die zweite Zeile eine im folgenden verwendete Kurzschreibweise des Terms
∞ ∞ ∞
(· · · ) dV1 dV2 dV3 (3.61)
−∞ −∞ −∞

darstellen soll.
Die PDF besitzt zwei wichtige Eigenschaften. Zum einen ist sie immer positiv

f (V ; x, t) > 0 (3.62)

und zum anderen ergibt eine Integration über der gesamten Zustandsraum, auf dem sie
definiert ist, die Normierungseigenschaft

f (V ; x, t) dV = 1 . (3.63)

 (x, t)) kann bei bekannter PDF der Erwartungswert der


Für jede beliebige Funktion Q(U
Funktion aus der PDF bestimmt werden.
  
 (x, t))
Q(U ≡ Q(V ) f (V ; x, t) dV (3.64)

3.6.2 Verbundwahrscheinlichkeitsdichtefunktion
Zur Beschreibung einer turbulenten Strömung mit überlagerter chemischer Reaktion, ist
als Erweiterung des bisher dargestellten, die Betrachtung der Verbundwahrscheinlichkeits-
dichtefunktion der Geschwindigkeit und des Zustandsvektors notwendig. Die Verbundwahr-
scheinlichkeitsverteilungsfunktion beschreibt die Wahrscheinlichkeit mit der an einer Stelle
in Ort und Zeit der Geschwindigkeitsvektor kleiner als der Probenvektor und der Zustands-
vektor ebenfalls kleiner als der dazugehörige Probenvektor ist.

FU,φ (V, ψ; x, t) = Prob(U (x, t) < V, φ(x, t) < ψ) (3.65)

Hierin sind U und φ jeweils Vektorfelder mit den korrespondierenden Probenvariablen V


und ψ. Das Kleinerzeichen bedeutet, dass der jeweilige Vektor komponentenweise kleiner als
der dazugehörige Probenvektor ist. Die Verbundwahrscheinlichkeitsdichtefunktion (JPDF)
ergibt sich durch partielle Ableitung von Gleichung 3.65 nach den Probenvariablen.
∂ 2 FU,φ (V, ψ; x, t)
fU φ (V, ψ; x, t) = (3.66)
∂V ∂ψ
3.6 WAHRSCHEINLICHKEITSDICHTEFUNKTION 35

Die JPDF ergibt somit die Wahrscheinlichkeit mit welcher der Zustandsvektor im Interval
ψ ≤ φ < ψ + dψ und der Geschwindigkeitsvektor im Interval V ≤ U < V + dV ist.

fU φ (V, ψ; x, t)dV dψ = Prob(ψ ≤ φ < ψ + dψ, V ≤ U < V + dV ) (3.67)

Zur später beschriebenen Lösung der PDF Transportgleichung werden bedingte Wahr-
scheinlichkeiten beziehungsweise bedingte Erwartungswerte benötigt. Die bedingte Wahr-
scheinlichkeit beschreibt wie groß die Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines Ereignisses B
ist, sofern zuvor das Ereignis A eingetreten ist.

Prob(AB)
Prob(B | A) = (3.68)
Prob(B)

Dargestellt wird sie durch einen senkrechten Strich. Das hinter dem Strich stehende Ereignis
ist das vorausgesetzte. Prob(AB) ist die Wahrscheinlichkeit des gemeinsamen Auftretens
von A und B.
Analog lassen sich bedingte Wahrscheinlichkeitsdichtefunktionen definieren, z.B. die Wahr-
scheinlichkeit einer bestimmten Zusammensetzung unter der Voraussetzung, daß eine be-
stimmte Geschwindigkeit vorliegt.

fU φ (ψ, V ; x, t)
fφ (ψ | V = U ; x, t) = (3.69)
fU (V ; x, t)

Mittels bedingter Wahrscheinlichkeitsdichtefunktionen lassen sich für beliebige Größen Q


bedingte Erwartungswerte formulieren.


Q(φ) | U = Q(ψ)fφ (ψ, V = U ; x, t)dψ (3.70)
ψ

Dies stellt exemplarisch den Erwartungswert der Größe Q für eine bestimmte Geschwindig-
keit V = U dar. Hierdurch kann wie später gezeigt wird der mittlere chemische Quellterm
unter der Annahme, daß seine PDF bekannt ist, exakt bestimmt werden. Die stark nicht-
lineare Abhänigkeit des chemischen Quellterms von der Temperatur kann somit detailliert
berücksichtigt werden.

3.6.3 PDF Transportgleichung


Für die Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion kann aus den Navier-Stokes Gleichungen eine
Transportgleichung abgeleitet werden. Die Lösung dieser Gleichung ist dann die PDF selbst.
Die Transportgleichung soll hier nur vorgestellt werden und die einzelnen Terme kurz erklärt
36 KAPITEL 3: NUMERISCHE SIMULATION REAKTIVER STRÖMUNGEN

werden. Eine detaillierte Herleitung findet sich unter anderem in [124,129] oder im Anhang
dieser Arbeit.
 
∂f ∂f ∂
p ∂f
ρ(ψ) + ρ(ψ)Vj + ρ(ψ)gj − +
  ∂t

∂xj


∂xj

∂Vj

1 2 3

[ρ(ψ)Sα (ψ)fU φ (V, φ; x, t)] =
∂ψα
 

4
   
∂ ∂τij ∂p
− + fU φ (V, φ; x, t) +
∂Vj ∂xi ∂xi
 

5
  
∂ ∂Jiα
− | V, ψ fU φ (V, φ; x, t) (3.71)
∂ψα ∂xi
 

Die Terme beschreiben die folgenden Effekte:

1. zeitliche Änderung der PDF

2. Änderung der PDF durch konvektiven Transport aufgrund des stochastischen Ge-
schwindigkeitsfeldes

3. Einfluss des mittleren Druckgradienten und der Gravitation

4. chemischer Quellterm

5. Einfluss der turbulenten Druckfluktuationen und der viskosen Scherkräfte

6. molekularer Transport (Diffusion)

Alle Terme auf der linken Seite der Gleichung, einschließlich des chemischen Quellterms,
erscheinen in geschlossener Form und bedürfen keiner weiteren Modellierung. Lediglich die
beiden Terme auf der rechten Seite der Gleichung müssen modelliert werden. Jedoch ge-
stalltet sich die Modellierung dieser beiden Terme, wie Abschnitt 3.6.5 ausgeführt, deutlich
einfacher als das Modellieren des (ungeschlossenen) mittleren chemischen Quellterms, wie
es bei vielen anderen Methoden zur Simulation turbulenter reaktiver Strömungen nötig ist.
Allerdings handelt es sich bei der PDF Transportgleichung um eine multidimensionale
Transportgleichung. Die Zahl der unabhänigen Variablen beträgt im dreidimensionalen Fall
7 (jeweils drei Dimensionen im Ortsraum und im Geschwindigkeitsraum, sowie die Zeit) plus
die Zahl der zur Beschreibung des thermochemischen Zustands notwendigen Variablen nS .
Wegen ihrer hohen Dimensionalität wird die PDF Transportgleichung im allgemeinen nicht
mit einem Finite Volumen oder Finite Differenzen Verfahren gelöst, da der Rechenauf-
wand zu groß wäre. Generell steigt bei solchen Verfahren der Rechenaufwand exponentiell
3.6 WAHRSCHEINLICHKEITSDICHTEFUNKTION 37

mit der Dimension der betrachteten Gleichung an. Deshalb werden zur Lösung der PDF
Transportgleichung Monte Carlo Verfahren eingesetzt. Diese finden weite Anwendung in
verschiedenen Bereichen der rechnergestützten Lösung physikalischer Probleme und haben
den wesentlichen Vorteil, dass bei ihnen der Rechenaufwand nur linear mit der Zahl der
betrachteten Dimensionen ansteigt. Die Details des auf numerischen Partikeln basierenden
Lösungsverfahrens finden sich im folgenden Abschnitt.

3.6.4 Numerische Lösung der PDF Transportgleichung


Wie bereits erwähnt wird die PDF Transportgleichung wegen ihrer hohen Dimensionali-
tät mit einem auf stochastischen Partikeln basierenden Monte Carlo Verfahren gelöst. Der
Rechenaufwand dieses Verfahrens steigt nur proportional zur Dimension des betrachteten
Problems an, allerdings sind zur Verringerung des systematischen Fehlers beim Lösen der
Gleichung eine große Zahl an numerischen Partikeln notwendig. Grundlegende Idee des
partiklenbasierenden Lösungsverfahrens ist die Tatsache, dass die momentane Wahrschein-
lichkeitsdichtefunktion als Summe von Diracschen δ-Funktionen darstellbar ist [123, 124].
N (t)

fU∗ φx (ψ,
 V ; x, t) =  ∗(i) − V ) δ(φ
δ(U  ∗(i) − ψ)
 δ(x∗(i) − x) (3.72)
i=1

Zur Erklärung sei zunächst eine Massendichtefunktion (mass density function, MDF) ein-
geführt. Das tatsächlich verwendetet Lösungsverfahren für die PDF Transportgleichung
basiert auf dieser MDF.
Sei
 x; t) ≡ ρf (V , ψ;
F(V , ψ,  x, t) (3.73)
die erwähnte MDF, dann sind ihre beiden wichtigsten Eigenschaften

 x; t) dV dψ
F(V , ψ,  =
ρ (3.74)

 x; t) dV dψ
F(V , ψ,  dx = M (3.75)

wobei M die Gesamtmasse des Systems darstellt. Der massengewichtete Mittelwert einer
 ergibt sich zu:
beliebigen Funktion Q von V und ψ


ρ Q̃ =  F(V , ψ,
Q(V , ψ)  x; t) dV dψ
 (3.76)

F ist keine PDF, da sie die Normierungsbedingung



 x; t) dV dψ
f (V , ψ,  dx = 1 (3.77)

nicht erfüllt. Die Größe F/M ist jedoch eine PDF, deren physikalische Interpretation wie
folgt ist:
38 KAPITEL 3: NUMERISCHE SIMULATION REAKTIVER STRÖMUNGEN

• Das gesamte betrachtete System wird auf einen Punkt mit der Gesamtmasse M re-
duziert, dessen Ort und Zustand durch eine vektorielle Zufallsvariable beschrieben
werden kann.
 dx die Wahrscheinlichkeit, dass sich der Orts-, Geschwindigkeits-
• Dann ist F dV dψ    
und Zustandsvektor jeweils im Interval [x, x + dx], V , V + dV bzw. ψ, ψ
 + dψ

befinden.

Zur Ableitung des formalen Zusammenhangs zwischen MDF und Zufallsgröße des Monte-
Carlo Verfahrens soll lediglich eine Realisierung der Strömung betrachtet werden. Das ge-
samte System reduziert sich somit auf ein sogenanntes stochastisches Partikel dessen mo-
mentaner Zustand als

F∗ (V , ψ,  ∗ − V ) δ(φ
 x; t) = M δ(U  ∗ − ψ)
 δ(x∗ − x) (3.78)

dargestellt werden kann. Das Partikel wird einem stochastischen Prozess unterworfen. Der
Erwartungswert des Partikelzustands ist dann die PDF F/M . Für die MDF kann analog
zu Gleichung 3.71 eine Transportgleichung formuliert werden. Sie findet sich unter anderem
in [124, 162]. Hierbei muss um vom stochastischen Prozess zur MDF zu kommen stets die
mathematische Operation der Erwartungswertbildung vorgenommen werden. In der kon-
kreten Umsetzung wird die Erwartungswertbildung durch Bildung des Mittelwertes ersetzt.
Um dabei zu belastbaren Ergebnissen mit einem möglichst geringen stochatischen Fehler
zu kommen ist eine gewisse Mindestanzahl an stochastischen Elementen bzw. stochatischen
Partikeln notwendig [165]. Das verwendete Ensemble nP der stochatischen Partikel, ergibt
eine Approximation FN der MDF F.
nP

FN = mP  ∗(i) − V ) δ(φ
δ(U  ∗(i) − ψ)
 δ(x∗(i) − x) (3.79)
n=1

Wobei
M
mP = (3.80)
nP
die durch ein Partikel repräsentierte Masse ist. Da gilt

F =
FN (3.81)

handelt es sich bei FN um eine diskrete Approximation der kontinuierlichen MDF F durch
eine Summe von δ-Funktionen, die als ein Ensemble von stochatischen Partikeln inter-
pretiert werden können. Womit die Gültigkeit von Gleichung 3.72 gezeigt wurde und ihre
Bedeutung als diskete Approximation der PDF, die Abbildung 3.5 darstellt, einsichtig wird.
Gemäß den Anfangsbedingungen, die durch die PDF zum Zeitpunkt t = 0 gegeben sind,
wird im physikalischen Raum und im Zustandsraum ein Ensemble stochastischer Partikel
generiert, welches den Gleichungen 3.74 und 3.76 genügt. Die Partikel werden dann sto-
chastischen Prozessen unterworfen. Die kontinuierliche PDF läßt sich im einfachsten Fall
3.6 WAHRSCHEINLICHKEITSDICHTEFUNKTION 39

Abbildung 3.5: Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion als Summe von δ-Funktionen (links) und die
dazugehörige Verteilungsfunktion (rechts) [9]

durch gruppieren der Partikel in unterschiedliche Klassen im physikalischen Raum oder im


Zustandsraum gewinnen.
Um aus der zeitlichen Entwicklung der konkreten Form der PDF, die zeitliche Entwicklung
einzelner Momente der Verteilung der Skalare und der Geschwindigkeiten im physikalischen
Raum bestimmen zu können, wird der physikalische Raum in Zellen unterteilt (siehe Ab-
bildung 3.6). Die schematische Darstellung zeigt die Diskretisierung der gesamten Lösungs-
domäne in ein Finte Volumen Gitter und stellt exemplarisch die in einer Zelle befindlichen
numerischen Partikel da. Alle Vektoren sollen die Bewegungsrichtung der Partikel veran-
schaulichen. Die einer Zelle zugeordneten Momente werden durch Ensemblemittelung aus
den Zuständen der Partikel in der Zelle bestimmt.
Prinzipiell läßt sich jedem beliebigen stochatischem Prozess eine PDF Transportgleichung
zuordnen. Die Aufgabe besteht nun darin, entsprechend geeignete Prozesse zu finden und
auf die stochastischen Partikel anzuwenden, so dass die den Partikeln durch Erwartungs-
wertbildung zugeordnete PDF der speziellen PDF Transportgleichung (3.71) genügt. Wenn
dies der Fall ist, dann kann der Prozess zur Lösung der PDF Transportgleichung innerhalb
eines Monte Carlo Verfahrens zusammen mit den Anfangs- und Randbedingungen ver-
wendet werden. Mathematisch betrachet wird das Lösen der hochdimensionalen partiellen
Differentialgleichung, die die PDF Transportgleichung darstellt, dadurch überführt in das
Lösen mehrerer gewöhnlicher (stochatischer) Differentialgleichungen. Die einzelnen dabei
auf Partikelebene gelösten Gleichungen werden im Abschnitt 3.6.6 gesammelt dargestellt.

3.6.5 Modellierung der ungeschlossenen Terme


Wie bereits in Abschnitt 3.6.3 dargestellt beinhaltet die PDF Transportgleichung (Glei-
chung 3.71) zwei ungeschlossene Terme, die modelliert werden müssen. Einige der gebräuch-
40 KAPITEL 3: NUMERISCHE SIMULATION REAKTIVER STRÖMUNGEN

Abbildung 3.6: Schematische Darstellung eines allgemeinen Rechnengitters und der stochasti-
schen Partikel

lichsten Modellierungsansätze, die in der Literatur zu finden sind, sollen im folgenden dis-
kutiert werden.

Molekulares Mischen

Der Term   
∂ ∂J α
− i | V, ψ fU φ (V, φ; x, t) (3.82)
∂ψα ∂xi
beschreibt den Einfluss von molekularem Mischen (Diffusion und dadurch eventuell be-
dingter Wärmeleitung) auf die Form der PDF und kommt in ungeschlossener Form vor, da
die PDF nur statistische Informationen über einen Punkt, nicht aber über die bedingten
Wahrscheinlichkeiten der lokalen Gradienten enthält.
Es existieren eine Vielzahl verschiedener Modellierungsansätze in der Literatur. Eine ver-
gleichende Studie verschiedener Modelle für nicht-vorgemischte Flammen aus jüngster Zeit
findet sich unter anderem in [99,144]. Aus Modellierungssicht ist es sehr entscheidend für das
molekulare Mischen (häufig auch Mikromischen genannt) allgemeingültige und möglichst
exakte Ansätze zu finden. Die zu modelliernden Prozesse spielen sich auf den kleinsten Ska-
len ab und verursachen enorme Schwierigkeiten bei der Beschreibung [126]. Von Fox [43],
3.6 WAHRSCHEINLICHKEITSDICHTEFUNKTION 41

Pope [129] und Subramaniam und Pope [145] werden folgende Kriterien genannt, die ein
optimales Mischungsmodell erfüllen sollte.

(i) Der Mittelwert der Skalare darf nicht verändert werden

(ii) Die Varianz der Skalare muss abnehmen

(iii) In homogener Turbulenz soll die gemeinsame PDF inerter Skalare auf eine Gaussfunk-
tion relaxieren

(iv) Die Realisierbarkeit muss Berücksichtigung finden, so sind z.B. die Molenbrüche auf
das Interval [0; 1] beschränkt

(v) Invarianz gegenüber lineraren Transformationen im Skalarraum muss sichergestellt


sein, sowie die Unabhänigkeit von passiven Skalaren

(vi) Lokalität in Skalarraum muss gegeben sein

(vii) Die reale Abhängigkeit von skalaren Längenskalen muss dargestellt werden

(viii) Eine korrekte Abhänigkeit von Reynolds-, Schmidt- und Damköhler-Zahl ist notwen-
dig

Die ersten Modellierungsansätze für das molekulare Mischen gehen auf die Arbeiten von [32]
zurück. Das dort vorgestellte Coalescence-Dispersion (CD) Modell soll hier nicht näher
dargestellt werden. Detailliert vorgestellt werden im folgenden das IEM (interaction by
exchange with mean) Modell, das Curl Modell sowie das in dieser Arbeit verwendete mo-
difizierte Curl Modell von Janicka et al. [61]. Abschließend werden dann noch einige Be-
merkungen zu aktuell entwickelten Mischungsmodellen gemacht. Die Erläuterungen sollen
sich dabei auf die Betrachtungsebene der stochatischen Prozesse (stochatischen Partikeln)
beschränken.

IEM Modell

Ausgangspunkt des IEM Modells [34, 35, 155] ist die Beobachtung, dass die Zusammen-
setzungsfluktuationen immer in Richtung des Mittelwertes relaxieren. Die Geschwindigkeit
dieses Prozesses wird durch den empirisch bekannten Varianzabbau festgelegt. Auf Parti-
kelebene bedeutet dies
11 ∗
Δφ∗α = − (φ −
φα ) Δt (3.83)
2 τφ α
mit
1
τφ = τt . (3.84)

42 KAPITEL 3: NUMERISCHE SIMULATION REAKTIVER STRÖMUNGEN

φ2
6

u
Z
Z
Z
Z u
Z
~
Z  
)


φ2 u

Z
}
Z
 Z
Z
Z
Zu

u
-

φ1 φ1
Abbildung 3.7: Turbulente Vermischung eines Partikelensembles nach dem IEM Modell

φα ist dabei der Massenbruch der Spezies α, Cφ eine Modellkonstante mit der die Mischungs-
geschwindigkeit des Modells an empirische Daten angepasst wird und τt die turbulente
Zeitskala. Abbildung 3.7 stellt für ein System mit zwei Skalare φ1 und φ2 das Verhalten
des IEM Modells dar. Jeder Punkt stellt ein stochatisches Partikel dar. Während eines
Zeitschritts Δt relaxieren alle Partikel mit einer individuell verschiedenen Geschwindigkeit
hin zu dem gemeinsamen Erwartungswert des Partikelensembles. Die Änderung der Par-
tikelzusammensetzung durch die modellierte Relaxation sollen die Pfeile in der Abbildung
darstellen.
Dieses Modell erfüllt die Anforderungen (i), (ii), (iv) und (v), jedoch kann es nicht die
Relaxation zu einer Gaussfunktion darstellen (iii) und ebenfalls keine Lokalität des Mi-
schungsprozesses im Zustandraum gewährleisten (vi). Der wesentliche Nachteil des Modells
ist jedoch, dass es die Form der PDF erhält, was eine falsche Beschreibung der realen
physikalischen Bedingungen darstellt. Dies kann bei homogener Turbulenz zu sehr schlech-
ten Ergebnissen führen, wenn keine richtige Anfangsbedingung für die PDF vorgegeben
wird. Jedoch bleibt festzuhalten, dass dieser Nachteil bei inhomogener Turbulenz deutlich
weniger ins Gewicht fällt, da hier durch Markomischungsvorgänge ebenfalls die Form der
lokalen PDF der Skalare beeinflusst wird. Deshalb und wegen seiner Einfachheit und Effizi-
enz ist das IEM Modell immer noch das am meisten verwendete Mischungsmodell [105,106].

Curl Modell

Beim Curl Modell handelt es sich um ein stochastisches Partikelmodell. In seiner Grundform
wurde es von Curl veröffentlicht [32]. Weitere Ausführungen dazu finden sich auch in [123].
3.6 WAHRSCHEINLICHKEITSDICHTEFUNKTION 43

Der Algorithmus läuft wie folgt ab: Für einen Zeitschritt Δt wird aus der Gesamtzahl NP
des Partikelensembles in einer Zelle des Rechengebiets eine Anzahl zu mischender Partikel
Nmix gemäß
1
Nmix = β NP Δt (3.85)
τφ
mit
1
τφ = τt (3.86)

ausgewählt. Aus den so gewählten Partikeln werden nun zufällig Paare Q und P gebildet
und miteinander vermischt.
1
φneu
Q = (φQ + φP ) (3.87)
2
1
φneu
P = (φQ + φP ) (3.88)
2
Die Konstante β wird dabei so festgelegt, dass die Varianzabnahme mit der Zeit korrekt
wiedergegeben werden kann. Allerdings hat das Modell in dieser Form den wesentlichen
Nachteil, dass es nur diskrete Mischungszustände wiedergeben kann. Leicht einsichtig wird
dies am Beispiel der Vermischung eines passiven Skalars der als Anfangsverteilung zwei
δ-Funktionen bei φ = 0 und φ = 1 besitzt. Beim Mischen entstehen nun neue diskrete
Zustände. Nach dem ersten Mischungsschritt existieren somit die Zustände φ = 0, φ = 12
und φ = 1. Beim zweiten Mischungsschritt kommen die Zustands φ = 14 und φ = 34 hinzu.
Setzt man diese Reihe beliebig lange fort, so ist leicht einsichtig, dass alle dabei generierte
Zustände Vielfache von n−2 , mit n als Anzahl der Mischungsschritte, sind. Offensichtlich
entspricht dies nicht der Realität, da ein Skalar jeden Wert beliebigen zwischen 0 und 1
einnehmen kann.

Modifiziertes Curl Modell

Dieser Nachteil wird durch eine in [61] dargestellte Modellerweiterung behoben. Dabei wer-
den die Partikelpaare nicht mehr in einem festen Verhältnis miteinander vermischt, sondern
mit einem Mischungsgrad α.
1
φneu
Q = (1 − α) φQ + (φQ + φP ) (3.89)
2
1
φneu
P = (1 − α) φP + (φQ + φP ) (3.90)
2
Der Mischungsgrad α ist eine auf dem Interval [0..1] gleichverteilte Zufallsvariable. Die An-
zahl der zu mischenden Partikel (Gleichung 3.85) sowie die turbulente Mischungszeitskala
(Gleichung 3.86) bleiben dabei jeweils unverändert zum Curl Modell. Lediglich die Modell-
konstante β muss an diese Modifikation angepasst werden und hat in der Literatur den
Wert 3 [61]. Abbildung 3.8 stellt einen mit dem modifizierten Curl Modell beschriebenen
44 KAPITEL 3: NUMERISCHE SIMULATION REAKTIVER STRÖMUNGEN

φ2
6 u u
u

u Q

u

u  neu u
φQ
 neu u
φ P

u
P u
φ

u
-
φ1
Abbildung 3.8: Abbildung der Mischung in einem vereinfachten Zustandsraum mit dem modi-
fizierten Curl Modell

Mischungsprozess zweier passiver Skalare im Zustandsraum dar. Exemplarisch verdeutlich


werden soll hier die Mischung eines beliebigen Partikelpaares P und Q. Die Mischung erfolgt
dabei mit einem zufälligen Mischungsgrad in Richtung des Mittelwertes des Partikelpaares.
Die Änderung der Zusammensetzung wird durch einen Pfeil dargestellt. Wie auch beim
Standard Curl Modell mischen hier nicht alle Partikel in einer Zelle, sondern nur einige (zu-
fällig) ausgewählte Partikelpaare. Dieser Sachverhalt soll in Abbildung 3.8 durch einzelne
ungepaarte Partikel und durch die mit Linien verbundenen Partikelpaare veranschaulicht
werden.
Wie beim IEM Modell werden auch durch das modifizierte Curl Modell die Bedignungen
(i), (ii) , (iv) und (v) erfüllt. Bedingung (iii) wird allerdings ebenfalls nicht (vollständig) er-
füllt. Zwar relaxiert die Verteilungsfunktion zu einer der Gaussverteilung sehr ähnlichen
Funktion, aber die höheren Momente der Verteilungsfunktion stimmen nicht mit einer
Gaussverteilung überein. Da in inhomogenen und reagierenden Strömungen die Mischungs-
vorgänge stark durch andere Prozesse wie z.B. Konvektion überlagert werden, fällt diese
Einschränkung nicht besonders ins Gewicht. Das Modell ist wie zahlreiche Anwendugen
zeigen [14, 98, 105, 107, 164] gut zur Simulation turbulenter Flammen geeigent.

Weitere Modellierungsansätze

Ohne Anspruch auf Vollständigkeit sollen im folgenden kurz einige weitere Modellierungs-
ansätze für molekulare Mischungsprozesse dargestellt werden.
3.6 WAHRSCHEINLICHKEITSDICHTEFUNKTION 45

• Langevin Modell für die Zusammensetzung


Bei dem in [152] dargestellten Modell handelt es sich nicht um eine alternative Mo-
dellklasse. Es wird hier ein, zu den Modellen für die Geschwindigkeitsflukationen
analoges, Langevin Modell vorgeschlagen. In obriger Quelle wird es für einen auf dem
Interval ]0, φmax [ beschränkten inerten Skalar formuliert. Die Festlegung des Wertes
für φmax gestalltet die Anwendung dieses Modells bei reaktiven Skalaren schwierig. In
Partikelschreibweise lautet es:

Δφ∗α = Aφ (φ∗α −
φα ) Δt + Bφ dW b (3.91)

mit
⎡ ⎛  
 ⎞⎤
11 ⎣ φ2
Aφ = 1 + K0 ⎝1 − 2 ⎠⎦ (3.92)
2 τφ φmax
 
1 (φ∗ −
φα )2  2 
Bφ = 1− α 2 φ (3.93)
τφ φmax
Durch den Term Aφ wird die Relaxation in Richtung des Mittelwertes beschrieben,
Term Bφ stellt einen stochastischen Diffusionsterm dar. Die Modellkonstante K0 hat
einen Wert von 0, 7 und der Term dW b ist ein binomiales Wienerinkrement, welches

durch den Term ξ dt modelliert wird. ξ ist dabei eine binomialverteilte Zufallsvaria-
ble. Das Modell erfüllt neben den Bedingungen (i), (ii), (iv) und (v) noch Bedingung
(iii), die eine Relaxation der Verteilung hin zu einer Gaussverteilung in homogener
Turbulenz fordert. Allerdings erfüllt es ebenfalls nicht die Anforderung der Lokali-
tät im Zustandsraum. Problematisch ist ebenfalls die relative hohe Rechenzeit des
Modells bedingt durch die aufwändige Generierung binomialverteilter Zufallszahlen
sowie seine schwere Erweiterbarkeit auf Systeme mit mehreren Skalaren. Eine Stu-
die zur Leistungsfähigkeit eines solchen Mischungsmodells im Vergleich zu anderen
Mischungsmodellen findet sich unter anderem in [112].

• EMST Modell
Ein Modell welches zusätzlich noch die Lokalitätsbedingung im Zustandsraum erfüllt
ist das von Subramanian und Pope [145] vorgestellte EMST Modell. Es basiert auf
der mathematischen Konstruktion von „Euclidian minium spanning trees“ im Zu-
standsraum. Durch einen EMST ist die unmittelbare Umgebung eines Partikels im
Zustandsraum bestimmt. Die Mischung eines Partikels findet dann längs einer durch
den lokalen EMST des Partikels festgelegten Weges statt.

• PSP Modell
Das von Meyer und Jenny [100] vorgestellte PSP Modell arbeitet mit parametrisierten
Skalarprofilen (PSP). Die grundlegende Idee hinter diesem Modell ist die Parame-
trisierung eines eindimensionalen Skalarprofils. Die Mischung zweier Partikel erfolgt
46 KAPITEL 3: NUMERISCHE SIMULATION REAKTIVER STRÖMUNGEN

dann längs eines so konstruierten Skalarprofils. Weitere Details und eine genauere
Beschreibung findet sich in der angegebenen Literaturstelle.

Turbulente Druckfluktuatonen und viskose Scherkräfte

Der hier zu modellierende Term


   
∂ ∂τij ∂p
− + fU φ (V, φ; x, t) (3.94)
∂Vj ∂xi ∂xi

aus der PDF Transportgleichung beschreibt die Auswirkung turbulenter Druckfluktuationen


und viskoser Scherkräfte auf die PDF. Aus Experimenten an gittererzeugter Turbulenz ist
bekannt, dass durch diesen Term der Abbau von Geschwindigkeitsfluktuationen [30, 31],
eine Reduzierung der Anisotropie der Turbulenz [28] und die Formänderung der PDF im
Geschwindigkeitsraum zu einer Gaussfunktion [149] beschrieben werden muss.
Als Modellierungsansätze werden im folgenden dargestellt: das stochatische Mischungs- und
Reorientierungsmodell, das in dieser Arbeit verwendetete vereinfachte Langevin Modell so-
wie die Erweiterung des vereinfachten zum verallgemeinerten Langevin Modell.

Stochastisches Mischungs- und Reorientierungsmodell

Ein partikelbasierender Modellierungsansatz, der die beiden obenstehenden Effekte: Dissi-


pation der turbulenten kinetischen Energie und Abbau der Anisotropie der Reynoldsspan-
nungen beschreibt, besteht aus einer Kombination eines stochastischen Mischungsmodells
mit einem stochastischen Reorientierungsmodell.
Die Dissipation der turbulenten kinetischen Energie wird durch die Gleichung
dk
= − (3.95)
dt
beschrieben. Dabei wird angenommen, dass  entweder aus einer modellierten Transport-
gleichung bekannt ist oder aus der turbulenten Zeitskala nach τ = k
bestimmt werden kann.
Bezogen auf eine normierte Zeitskala (dt∗ = dtτ
) bestimmt sich die zeitliche Änderung der
turbulenten kinetischen Energie zu
dk
= −k . (3.96)
dt∗
Häufig wird für die zeitliche Änderung der Reynoldsspannung geschrieben [72, 85]
  

d uj uk 2
= −  δij + Rjk (3.97)
dt 3
wobei $ %
Pj k 2
Rjk = − jk −  δjk . (3.98)
ρ 3
3.6 WAHRSCHEINLICHKEITSDICHTEFUNKTION 47

u2
6

u
@
@
@
@
@
@
Re
@
e
I
@
@
@
@
@
@
@u
-
u1
Abbildung 3.9: Effekt der Mischung zweier stochatischer Partikel im Geschwindigkeitsraum (hier
vereinfacht nur die u1 , u2 Ebene dargestellt)

Der isotrope Teil (− 23 δij ) der Gleichung sorgt für eine Abnahme der Normalspannungen
       
( u1 u1 , u2 u2 und u3 u3 ), wohingegen der anisotrope Teil Rjk dazu dient Energie zwi-
schen den einzelnen Reynoldsspannungen umzuverteilen. Die Spur von Rjk ist Null. Die
beobachtete Tendenz der Reynoldsspannungen isotrop zu werden, läßt sich somit durch
diesen Term modellieren. Rotta [134] schlägt hierfür die Gleichung
  

uj uk − 23 k δjk
Rjk = −C2 (3.99)
τ
vor. Hierin ist C2 eine empirische Modellkonstante. Ein gutes Modell für die turbulenten
Druckfluktuationen und viskosen Scherkräfte muss somit sicherstellen, daß die PDF der
Geschwindigkeit zu einer Gaussfunktion relaxiert, sich der Mittelwert der Verteilung nicht
ändert und die zweiten Momente der Verteilung sich (in etwa) wie in Gleichung 3.99 ver-
halten. Dies kann durch eine Kombination des stochastischen Mischungsmodells und eines
stochastischen Reorientierungsmodells erreicht werden.
Das stochastische Mischungsmodell funktioniert anlaog zum Mischungsmodell für die ska-
lare Dissipationsrate. Mit der Wahrscheinlichkeit Δt
τu
= Δt
τ
Cu N mischen zwei Partikel mit-
einander. Diese Partikelpaare werden zufällig (ohne zurücklegen) aus dem Partikelensemble
ausgewählt. Cu ist ein Modellparameter. Wie Abbildung 3.9 veranschaulicht wird die Ge-
schwindigkeit jeden Partikels durch den Mittelwert beider Partikel ersetzt.
 
U  ∗(P ) (t + Δt) = 1 U
 ∗(Q) (t + Δt) = U  ∗(Q) (t) + U
 ∗(P ) (t) (3.100)
2
48 KAPITEL 3: NUMERISCHE SIMULATION REAKTIVER STRÖMUNGEN

u2
6

u e
@ 
@
@
@
@
@
@
R
@
@
I
@
@
@
@
@
@
e @u
-
u1
Abbildung 3.10: Effekt der Mischung und stochatischen Reorientierung zweier stochatischer
Partikel im Geschwindigkeitsraum (hier vereinfacht nur die u1 , u2 Ebene dargestellt)

Das stochastische Reorientierungsmodell unterscheidet sich vom stochastischen Mischungs-


modell zunächst durch die Festlegung der Zeitskala. Sie erfolgt mit einer anderen Modell-

konstanten C2 .
Δt Δt 
= C N (3.101)
τR τ 2
Zwei zufällig (ohne zurücklegen) ausgewählte Partikel mischen nach der Gleichung
 
 ∗(Q) (t + Δt) = 1 U
U  ∗(Q) (t) + U
 ∗(P ) (t) + 1   PQ
ξ ΔU (t) (3.102)
2 2
1   1   PQ
 ∗(P )  ∗(Q) (t) + U
 ∗(P ) (t) −
U (t + Δt) = U ξ ΔU (t) (3.103)
2 2

mit ΔU  P Q (t) = U
 ∗(P ) (t)−U
 ∗(Q) (t) als dem Geschwindigkeitsunterschied der beiden Partikel.
ξ ist ein zufällig orientierterter Einheitsvektor. Dieser in Abbildung 3.10 veranschaulichte
Prozess ändert weder den Mittelwert noch den Geschwindigkeitsunterschied zweier Partikel
und beeinflusst somit weder den Impuls noch die turbulente kinetische Energie. In [124]
wird dargestellt, dass dieses Modell den gleichen Effekt auf die Reynoldsspannungen wie
das durch Gleichung 3.99 beschriebene Modell hat.
3.6 WAHRSCHEINLICHKEITSDICHTEFUNKTION 49

Vereinfachtes Langevin Modell

Ebenso kann der Einfluss von Druckfluktuationen und viskosen Scherkräften auf die PDF
auch durch einen einen Langevin Ansatz [29, 71] der Form
  
∂   

∂ ∂τij ∂p   1 ∂ 2f
− + |V , φ f = −Gij Vj − Ũj f + B (3.104)
∂Vj ∂xi ∂xi ∂Vj 2 ∂Vj ∂Vi
modelliert werden. Im Unterschied zum stochatischen Mischungs- und Reorientierungsmo-
dell beruht dieser Modellansatz auf Partikelebene nicht auf der Interaktion von zwei zufällig
ausgewählten Partikeln, sondern leitet eine Gleichung für die zeitliche Entwicklung der Ge-
schwindigkeit eines Partikels ab. Die Bestimmung der Koeffizienten Gij und B in Gleichung
3.104 erfolgt aus grundlegenden Hypothesen der Turbulenztheorie [101].
Auch durch ein Langevinmodell soll der Abbau der Geschwindigkeitfluktuationen, was
gleichbedeutend mit dem Abklingen der Turbulenz und der Abnahme der Varianz der Ge-
schwindigkeitsverteilung ist, richtig beschrieben werden können. Die turbulente kinetische
Energie soll deshalb ebenfalls nach der Beziehung
∂k
= − (3.105)
∂t
abklingen. Unter Annahme isotroper Turbulenz läßt sich zeigen [124] das dies durch den
Term  
1 3 
Gij = − + C0 δij (3.106)
2 4 k
gewährleistet wird.
Der Koeffizient B wird so gewählt, dass die zeitliche Kovarianz zweier Fluidpartikel mit den
Vorhersagen der Turbulenztheorie übereinstimmt [101]. Für die zeitliche Kovarianz zweier
Fluidpartikel gilt demnach


Δδt Ui (t)Δδt Uj (t) = C0  δt δij (3.107)
 (t) = U
Δδt U  (t + δt) − U
 (t) (3.108)

wobei C0 eine universelle Konstante mit dem Wert 2, 1 ist und δt ein Zeitintervall darstellt,
dass wesentlich größer als die Kolomogorovzeitskala τk und wesentlich kleiner als die tur-
bulente Zeitskala τt ist. Die Kolomogorovzeitskala kann als Umdrehungszeit der kleinsten
Wirbel einer turbulenten Strömung interpretiert werden und als turbulente Zeitskala soll
das integrale turbulente Zeitmaß der Strömung herangezogen werden.

τk δt τt (3.109)

Einsetzten des Langevin Ansatzes in die PDF Transportgleichung liefert für die zeitliche
Kovarianz die Beziehung

Δδt Ui (t)Δδt Uj (t) = B δt δij (3.110)
50 KAPITEL 3: NUMERISCHE SIMULATION REAKTIVER STRÖMUNGEN

Diese beiden Kovarianzen sind gleich, wenn gilt


B = C0  (3.111)
Das Einsetzen der Koeffizienten Gij und B in Gleichung 3.104 ergibt eine zeitliche Entwick-
lungsgleichung der Partikelgeschwindigkeit, die sich auf Partikelebene wie folgt formulierten
lässt: 
$ %
dU1∗ ∂
p 1 3 1 C0 k
= − − + C0 [U1∗ −
U1 ] + dξ . (3.112)
dt ∂x1 2 4 τ τ
Die Gleichung ist hier für eine beliebige Komponente U1∗ des Geschwindigkeitsvektors in
Richtung x1 formuliert. Für die restlichen Komponenten existieren separate Gleichungen,
die in analoger Weise formuliert werden können. C0 ist eine oben bereits beschriebene
Modellkonstante mit dem Wert 2, 1. Bei τ handelt es sich um ein turbulentes Zeitmaß,
k ist die turbulente kinetische Energie und ξ eine auf dem Intervall ]0; 1[ gleichverteilte
Zufallsvariable.
Das vereinfachte Langevin Modell entspricht einem statistischen Zweigleichungsmodell für
die gemittelten Navier-Stokes Gleichungen. Für den Term Gij können auch komplexere Mo-
delle eingesetzt werden, die dann Wandeffekte berücksichtigen [37] oder auf die Annahme
isotroper Turbulenz verzichten [58]. Wird auf die Isotropieannahme verzichtet wird das Mo-
dell als verallgemeinertes Langevin Modell bezeichnet. Dieses Modell soll abschließend kurz
dargestellt werden.

Verallgemeinertes Langevin Modell

Im Unterschied zum vereinfachten Langevin Modell (SLM) ist der Term Gij beim verallge-
meinerten Langevin Modell (GLM) kein Skalar sondern ein Tensor. Er ergibt sich als
α1 δij + α2 δij ∂
Uk
Gij = + Hijkl (3.113)
τ ∂xl
worin
Hijkl = β1 δij δkl + β2 δij δjl + β3 δil δjk
+ γ1 δij δkl + γ2 δij δjl + γ3 δil δjk
+ γ4 δij δkl + γ5 δij δjl + γ6 δil δjk (3.114)
die elf Koeffizienten αm , βm und γm müssen noch bestimmt werden. Die Herleitung und die
wesentlichen Überlegungen hierzu finden sich in [124]. Ihre Zahlenwerte sind zusätzlich im
Anhang B angegeben.

3.6.6 Zusammenfassung der Gleichungen auf Partikelebene


Zusammenfassend seinen im folgenden nocheinmal die Gleichungen, die auf der Ebene der
stochastischen Partikel im hier verwendeten Modell gelöst werden in kompakter Form dar-
3.7 BESCHREIBUNG DER REAKTIONSKINETIK 51

gestellt. Wie bereits erwähnt wird die Lösung der multidimensionalen PDF Transportglei-
chung ersetzt durch die Lösung einer Reihe von gewöhnlichen (stochatischen) Differential-
gleichungen für die stochatischen Monte Carlo Partikel. Die Gleichungen lassen sich als Be-
wegungsgleichungen jeweils für den physikalischen Raum, den Geschwindigkeitsraum und
den Zustandsraum interpretieren

• Bewegung im physikalischen Raum


Die Bewegung der Partikel im physikalischen Raum wird durch die folgende Gleichung
beschrieben.
dX∗ = U  ∗ (t) dt , (3.115)
wobei X ∗ der Ortsvektor des Partikels ist, U
 ∗ (t) die momentane Partikelgeschwindig-
keit und t die Zeit darstellt.

• Bewegung im Geschwindigkeitsraum
Zur Beschreibung der Bewegung eines Partikels in Geschwindigkeitsraum wird ein
vereinfachtes Langevin Model (Simplified Langevin Model, SLM [124]) verwendet.

$ %  dt

p 1 3 C0 k
dUj∗ = − dt − + C0 Uj∗ −
Uj + dWj (3.116)
∂xj 2 4 τ τ

Die Gleichung ist hier allgemein für die Komponente Uj des Geschwindigkeitsvektors
in Richtung des Vektors xj formuliert. C0 ist eine Modellkonstante, die in SLM den
Wert 2, 1 hat. Bei τ handelt es sich um ein turbulentes Zeitmaß, k ist die turbulente ki-
netische Energie und Wj die j-Komponenten eines vektorwertigen Wienerinkrements.

• Bewegung im Zustandsraum
Die Bewegung im Zustandsraum wird durch die Summe zwei Terme beschrieben: M
und S.


= M + S (3.117)
dt
Dabei ist M der Einfluss von molekularer Mischung. Dieser muss modelliert werden.
Hierzu wird ein modifiziertes Curl-Modell verwendet [61]. Der chemische Quellterm
S tritt in geschlossener Form auf und bedarf keiner weiteren Modellierung.

3.7 Beschreibung der Reaktionskinetik


Ein wesentlicher Vorteil der PDF Methode ist, wie bereits dargestellt, dass chemische Reak-
tionen als Einpunktprozesse auftauchen und somit eine exakte, geschlossene Beschreibung
der Reaktionskinetik einschließlich des chemischen Quellterms möglich ist.
Grundsatzlich sind verschiedene Ansätze zur Beschreibung chemisch reaktiver Systeme
denkbar. Es kann mit globalen auf Bruttoreaktionen basierenden Reaktionsmechanismen
52 KAPITEL 3: NUMERISCHE SIMULATION REAKTIVER STRÖMUNGEN

gearbeitet werden, die chemische Kinetik kann durch detaillierte Reaktionsmechanismen,


die auf Elementarreaktionen basieren dargestellt werden und zusätzlich können auch (au-
tomatisch) reduzierte reaktionskinetische Modelle eingesetzt werden.
Da Bruttoreaktionsmechanismen die komplexen thermokinetischen Zustände in turbulenten
Flammen meist nur sehr unzureichend beschreiben [73] und die Verwendung von detaillier-
ten Reaktionsmechanismen aufgrund der Vielzahl auftretender Spezies und Reaktion aus
Rechenzeitgründen meist nicht praktikabel ist, werden in dieser Arbeit automatisch redu-
zierte Reaktionsmechanismen eingesetzt. Für die simulierten Methan/Luft Flammen liegt
dabei ein detaillierter Reaktionsmechanismus mit 34 Spezies und 288 Elementarreaktionen
zu Grunde [27]. Als Reduktionsverfahren wird die von Bykov und Maas [24,25] vorgestellte
REDIM (Reaction-Diffusion Manifold) Methode eingesetzt. Die Dynamik des thermoche-
mischen Reaktionssystems läßt sich hierbei mit sehr guter Genauigkeit mit einigen wenigen
Parametern darstellen. Im vorliegenden Fall wurden zwei Parameter verwendet: der Mi-
schungsbruch und die spezifische Molzahl von CO2 .
In folgenden sollen zunächts einige Bemerkungen zu globalen Bruttoreaktionsmechanismen
gemacht werden, im Anschluß werden kurz detaillierte Elementarreaktionsmechanismen
dargestellt und abschließend einige Reduktionsmethoden für detaillierte Reaktionsmecha-
nismen diskutiert und das in dieser Arbeit verwendete REDIM Verfahren näher erläutert.

3.7.1 Bruttoreaktionsmechanismen
Ein einfaches Beispiel für eine Bruttoreaktion, ist die Oxidation von Methan mit Sauerstoff
nach der Gleichung

CH4 + 2 O2 −→ CO2 + 2 H2 O

Diese Reaktion kann auf molekularer Ebene nicht ablaufen. Eine detaillierte Betrachtung
zeigt, dass hierfür bei einem Stoß der drei Moleküle eine Vielzahl von Bindungen gebro-
chen und neu gebildet werden müssten. Die Wahrscheinlichkeit hierfür ist verschwindent
gering. Tatsächlich werden eine ganze Reihe von Zwischenprodukten wie O, OH, CH und
CO gebildet. Zusätzlich ist die mathematische Beschreibung des Reaktionsgesetzes einer sol-
chen Reaktion meist sehr schwierig. Ihre Reaktionsordung ist in der Regel nicht ganzzahlig
und kann zusätzlich eine Funktion der Zeit und der Reaktionsbedingungen sein [87, 159].
Nichts desto trotz werden einfache Reaktionsmechanismen basierend auf Bruttoreaktion,
auch globalen Reaktionsstufen genannt, formuliert. Ein Beispiel sei hier ein Reaktionsme-
chanismus, der die Verbrennung von Methan mit Luft durch vier globale Reaktionsschritte
beschreibt [116, 119].

CH4 + 2 H + H2 O −→ CO + 4 H2
CO + H2 O −→ CO2 + H2
H+H+M −→ H2 + M
3.7 BESCHREIBUNG DER REAKTIONSKINETIK 53

O2 + 3 H2 −→ 2 H + 2 H2 O

Alles diese Reaktionen können ebenfalls nicht auf molekularer Ebene ablaufen. Aller-
dings kann hiermit schon die Entstehung zwischen Zwischenprodukten dargestellt werden,
die auch je nach Reaktionsbedingungen als Endprodukte der Verbrennung übrig bleiben
können.

3.7.2 Detaillierte Elementarreaktionsmechanismen


Als Elementarreaktion wird eine chemische Reaktion dann bezeichnet, wenn sie auf mole-
kularer Ebene exakt so wie in der Reaktionsgleichung angegeben ablaufen kann [59]. Die
Reaktion des Hydroxylradikals mit Wasserstoff unter der Bildung von Wasser und eines
Wasserstoffatoms ist solch eine Elementarreaktion.

OH + H2 −→ H2 O + H

Durch die Molekularbewegung im Gas kommt es zu Stößen zwischen den Hydroxylradikalen


und den Wasserstoffmolekülen. Bei nichtreaktiven Stößen prallen die Moleküle aufeinander
und wieder von einander ab ohne weitere Interaktion zwischen einander. Kommt es zu einem
reaktiven Stoß, so prallen die Moleküle aufeinander, reagieren und die beiden Produkte
Wasser und Wasserstoffatom entstehen.
Die Verwendung von Elementarreaktionen bringt eine Reihe von Vorteilen mit sich. So
ist die Reaktionsordung einer Elementarreaktion stehts konstant (insbesondere hängt sie
nicht von der Zeit oder den experimentellen Bedingungen ab) und läßt sich sehr einfach
bestimmen. Es genügt hierfür die Molekularität der Reaktion zu kennen. Die Molekularität
ist die Anzahl der Spezies, die die Reaktionsprodukte bilden. Hierfür sind eigendlich nur
drei Fälle denkbar. Elementarreaktionen mit einer höheren Reaktionsordnung können nur
mit einer so geringen Wahrscheinlichkeit auftreten, dass sie eigentlich ohne Belang sind.

(i) Unimolekulare Reaktionen beschreiben die Umlagerung oder Dissoziation eines Moleküls.

A −→ Produkte

Unimolekulare Reaktionen haben ein Zeitgesetz erster Ordung, dass heißt verdoppelt
sich die Anfangskonzentration dann verdoppelt sich ebenfalls die Reaktionsrate.

(ii) Bimolekulare Reaktionen sind die am häufigsten vorkommenden Reaktionen. Sie laufen
nach der Reaktionsgleichung

A + B −→ Produkte

ab und haben immer ein Zeitgesetz zweiter Ordnung, was bedeutet daß eine Verdopp-
lung der Anfangskonzentration jedes Reaktionspartners zu einer Vervierfachung der
Reaktionsrate führt.
54 KAPITEL 3: NUMERISCHE SIMULATION REAKTIVER STRÖMUNGEN

(iii) Trimolekulare Reaktionen folgen einem Zeitgesetz dritter Ordnung. Gewöhnlich han-
delt es sich bei ihnen um Rekombinationsreaktionen.

A + B + C −→ Produkte

Allgemein ist die Molekularität einer Elementarreaktion gleich ihrer Reaktionsordnung.


Folglich lassen sich die Zeitgesetzte der Reaktionen leicht ableiten. Wenn die Reaktionsglei-
chung einer Elementarreaktion r durch die Gleichung
S
 S

k
(E)
νrs As −
→r (P )
νrs As (3.118)
s=1 s=1

gegeben ist, dann kann das Zeitgesetz für die Bildung der Spezies i in Reaktion r durch
den Ausdruck
  S
∂ci (P ) (E) & νrs (E)
= kr νri − νri cs (3.119)
∂t chem,r s=1
(E) (P )
dargestellt werden. Dabei sind νrs und νrs die stöchiometrischen Koeffizienten der Edukte
und Produkte und cs bezeichnet die Konzentration der S verschiedene Spezies s.
Charakteristisch für chemische Reaktionen ist, dass ihre Geschwindigkeitskoeffizienten stark
nichtlinear von der Temperatur abhängen. Nach Arrhenius [3] kann diese Abhängigkeit mit
einer relativ einfachen exponnential Beziehung ausgedrückt werden.

 E
k = A · exp − a (3.120)
RT

Neuere Arbeiten zeigen eine Temperaturabhänigkeit des präexponnentiellen Faktors A wes-
halb das Arrheniusgesetz häufig in modifizierter Form verwendet wird.
 
b Ea
k = A T · exp − (3.121)
RT
Hierin ist jeweils Ea die Aktivierungsenergie der Reaktion, T die Temperatur und R die
universelle Gaskonstante. Die Aktivierungsenergie korrespondiert mit der beim Start der
Reaktion zu überwindenden Energiebariere. Ihr Zahlenwert hängt von der Bindungsenergie
der beteiligten Moleküle ab und kann je nach dem wieviele und welche Art von Bindungen
bei der Reaktion aufgebrochen und neu gebildet werden müssen deutlich unterschiedliche
Größen annehmen.
Zusätzlich zur Temperatur hängt die Reaktionsgeschwindigkeit noch vom Druck ab. Dies ist
leicht einsichtig es bei bei höherem Druck zu mehr Stößen pro Zeiteinheit der Moleküle un-
tereinander kommt. Die Berücksichtigung dieses Effekts auf die Reaktionsgeschwindigkeit
soll hier nicht näher beschrieben werden. Der Einfluss des Drucks auf die Reaktionsge-
schwindigkeit ist aber deutlich schwächer als die Temperaturabhängigkeit [5, 79].
3.7 BESCHREIBUNG DER REAKTIONSKINETIK 55

3.7.3 Reduzierte reaktionskinetische Modelle


Ein aus Elementarreaktionen bestehender detaillierter Reaktionsmechanismus kann insbe-
sondere für höhere Kohlenwasserstoffe schnell aus ein paar Hundert bis Tausend verschiede-
ner Spezies bestehen. Der Einsatz solcher Mechanismen bei der Simulation einer turbulenten
Flamme würde zu exorbitant hohen Rechenzeiten und Speicherplatzanforderungen führen,
die selbst mit modernen Supercomputern zur Zeit nicht bewältigt werden können. Deshalb
sind effiziente Reduktionsmethoden für detaillierte chemische Reaktionsmechanismen von
Interesse, die bei hoher Genauigkeit bereits eine Beschreibung des Reaktionssystems mit
wenigen Parametern erlauben [125].
In der Literatur finden sich eine Reihe von Ansätzen zur Reduktion detaillierter chemischer
Kinetiken. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit sollen hier einige bekannte Verfahren genannt
und grob nach verschiedenen Modellierungsansätzen gruppiert werden. Angeführt seien hier
Methoden, die

• auf einer von Hand durchgeführten detaillierten Analyse des chemischen Reaktions-
mechanismus beruhen, wie das chemical lumping [2, 115],

• auf einer detaillierten Simulation des vollständigen Zustandsraumes beruhen und eine
(problemangepasste) möglichest optimale Parameterisierung des Systems mit wenigen
Freiheitsgraden ansteben. Als Beispiel sei die FGM (Flamelet generated Manifold)
Methode [110, 111, 117] genannt,

• auf einer effizienten Tabellierungs- und Lookupstrategie für den detailierten berechne-
ten chemischen Quellterm beruhen und damit die notwendige Simulationszeit deutlich
reduzieren können, als Vertreter diese Gruppe kann das ISAT (In-situ adaptive tabu-
lation) Verfahren [81, 128] angeführt werden

• und Methoden, die auf einer Zeitskalenanalyse des detaillierten chemischen Reaktions-
systems basieren. Anzuführen ist hier die QSSA (Quasi-Stationarität) [118] Annahme,
das CSP (Computational singular pertubation) Verfahren [54], MIM (Method of in-
tegral/invariant Manifolds) Methode [49], ILDM Konzept [89, 90] und die in dieser
Arbeit verwendete REDIM Methode [22, 24].

Gewählt wurde letzteres Verfahren, da es eine sehr zuverlässige Beschreibung der Reakti-
onskinetik bereits mit sehr wenigen Parametern erlaubt und zusätzlich zu dem Einfluss von
chemischen Prozessen noch den Einfluss von molekularem Transport auf den Zustandsraum
berücksichtigt. Verwendet wurden lediglich zwei Parameter. Aber damit lassen sich sowohl
Majoritäten als auch Minoritätenspezies mit hoher Genauigkeit vorhersagen. Ebenso gleicht
sie einige Defizite des in vorherigenen Arbeiten [9, 104, 162] gemeinsam im Kontext eines
hybriden CFD/transported PDF Modells verwendeten ILDM Verfahrens aus.
56 KAPITEL 3: NUMERISCHE SIMULATION REAKTIVER STRÖMUNGEN

Abbildung 3.11: Dynamik einer chemischen Reaktion im projezierten Zustandsraum

Das ILDM Verfahren liefert eine gute Approximation der Dynamik des detaillierten Sy-
stems für homogene Systeme. In diesem Grenzfall relaxieren die schnellen chemischen Pro-
zesse auf eine niedrigdimensionale Mannigfaltigkeit, die die Dynamik des langsamen Teils
des Systems beinhaltet und seine Wechselwirkung mit Konvektion und Diffusion. Dieser
Sachverhalt ist in Abbildung 3.11 dargestellt. Sie zeigt eine Darstellung der Dynamik eines
reaktiven Systems in einer Projektion auf einen zweidimensionalen Zustandsraum, beschrie-
ben durch den Massenbruch von CO2 und H2 O. Ausgehend von einem beliebigen, durch
die Anfangspunkte der roten Pfeile dargestellenten, Punkt bewegt sich das System durch
die schnellen Prozesse auf die grün dargestellte niedrigdimensionale Mannigfaltigkeit. Von
dort ausgehend bringt die Dynamik der langsamen Prozesse das System in das chemische
Gleichgewicht (blauer Punkt). Jedoch gibt es Probleme mit der Existenz der ILDM und
ihrer attraktiven Eigenschaften in der gesamten für die Anwendung in einer realen turbu-
lenten Flamme interessierenden Domäne des Zustandsraums. Hierfür gibt es verschiedene
Gründe. So wird zum einen im Niedertemperaturbereich der chemische Quellterm vernach-
lässigbar klein und zu anderen gibt es einen Übergangsbereich intermediärer Zeitskalen in
welchem chemische und physikalische Zeitskalen überlappen und das System weg von der
niedrigdimensionalen Mannigfaligkeit gestört wird. Anderes ausgedrückt kann eine Man-
nigfaltigkeit, die nur durch Betrachtung des Reaktionsterms abgeleitet wird, selbst wenn
sie überall definiert sein sollte, die Interaktion zwischen Transport- und Reaktionsprozessen
in allgemeiner Art und Weise nur unzureichend beschreiben. Teilweise lassen sich wie von
Bykov und Maas dargestellt [23, 25] diese Probleme durch eine geschickte Erweiterung der
ILDM in den restlichen Zustandsraum beheben. Hierbei wird der interessierende Zustands-
raum in drei Bereiche aufgeteilt. Im ersten Bereich ist die chemische Kinetik bestimmend
für das Verhalten des Systems, im zweiten Bereich sind Reaktion, Konvektion und Diffu-
3.7 BESCHREIBUNG DER REAKTIONSKINETIK 57

sion stark miteinander gekoppelt und im dritten Bereich (unendlich) langsamer Chemie
wird das System ausschließlich durch Konvektions- und Diffusionsprozesse bestimmt. Alle
drei Bereiche werden durch verschiedene niedrigdimensionale Mannigfaltigkeiten beschrie-
ben. Das wesentliche Manko dieser Betrachtungsweise ist, dass angenommen wird, dass die
mittlere Domäne asymtotisch in die Grenze zwischen erster und dritte Domäne schrumpft.
Was nur im Falle einer starken nichtlinearen Abhänigkeit des Quellterms von den System-
parametern gegeben ist. Diese Einschränkung entfällt durch den in folgenden beschriebenen
REDIM („Reaction-Diffusion Manifold“) Ansatz.
Die dem REDIM Formalismus zu Grunde liegende Idee, ist das Konzept der invarianten
Mannigfaltigkeiten im Lösungsraum einer allgemein formulierten Konvektions-Reaktions-
Diffusionsgleichung. In symbolischer Vektorschreibweise ist das typische System partieller
Differentialgleichungen (PDEs) zur Beschreibung einer reaktiven Strömung durch folgende
Gleichung gegeben
∂Ψ 1
= F (Ψ) − v · grad Ψ − div (D · grad Ψ) ≡ Φ(Ψ) (3.122)
∂t ρ

worin v das Geschwindigkeitsfeld, ρ die Dichte und D die (n × n)-dimensionale Matrix der
Transportkoeffizienten [48] darstellt. Der Zustandsvektor Ψ ist der (n = ns +2)-dimensionale
w1 ws
Vektor Ψ = (h, p, M 1
,··· , M s
) mit der Enthalpie h, dem Druck p, den ns Speziesmassenbrü-
chen w1 , · · · , ws und den molaren Massen M1 , · · · , Ms . F (Ψ) ist der n-dimensionale Vektor
des thermochemischen Quellterms und t bezeichnet die Zeit. Jede andere Formulierung des
Zustandsvektors wäre in diesem Zusammenhang ebenfalls anwendbar.
Angenommen die Lösung des Systems im Zustandsraum ist nahe oder Teil einer durch eine
explizite Funktion Ψ(θ) bestimmte ms -dimensionaler Mannigfaltigkeit. Diese Annahme ist
valide, da typische Verbrennungssysteme von stark verschiedene Zeitskalen geprägt sind,
was zu einer Zerlegung des Systems in langsame und schnelle Prozesse führt. Mathematisch
wird diese Mannigfaltigkeit beschrieben als

M = Ψ : Ψ = Ψ(θ), Ψ : ms → n . (3.123)

Hierbei ist θ eine ms -dimensionale Vektorparametrisierung der Mannigfaltigkeit, der die


lokalen Koordinaten auf ihr darstellt. M wird dann als invariante ms -dimensionale Sy-
stemmannigfaltigkeit bezeichnet, wenn jeder Punkt Ψ ∈ M des durch die rechte Seite von
Gleichung 3.122 beschriebenen Vektorfeldes, Teil des Tangentialraumes TΨ M von M ist.
Somit muß für jeden Punkt der Mannigfaltigkeit folgende Bedingung gelten:
 T
Ψ⊥
θ (θ) · Φ(Ψ) ≡ 0 . (3.124)
 T
dabei ist durch Ψ⊥ θ (θ) der Normalraum zur Mannigfaltigkeit beschrieben. Diese Bedin-
gung fordert, daß das Vektorfeld Φ(Ψ) für Punkte auf der Mannigfaltigkeit senkrecht zu ihr
58 KAPITEL 3: NUMERISCHE SIMULATION REAKTIVER STRÖMUNGEN

steht. Bezüglich eines Abbildungsoperators auf den Normalraum P(T M )⊥ = I − ΨΦ Ψ+


Φ von
M wird diese Bedingung zu
 
I − ΨΦ Ψ+
Φ · Φ(Ψ) = 0 . (3.125)

Ψ+Φ stellt die Moore-Penrose pseudoinverse Matrix von ΨΦ dar [50]. Berechnet wird sie für
eine reguläre Matrix Ψ+Φ · ΨΦ durch
 −1
Φ = ΨΦ · ΨΦ
Ψ+ +
· ΨTΦ (3.126)

und existiert immer, wenn die Spalten einer Matrixdarstellung von ΨΦ linear unabhänig
sind. Diese Bedingung kann durch eine geeignete Wahl der lokalen Koordinaten stets er-
füllt werden. Von Bykov und Maas [24] wird eine Umformulierung von Gleichung 3.125
in ein System partieller Differentialgleichungen für Ψ = Ψ(Φ) zur Lösung der Gleichung
vorgeschlagen,
∂Ψ(θ)  
= I − ΨΦ Ψ+ Φ · Φ (Ψ(θ)) (3.127)
∂t
so dass eine stationäre Lösungsmenge Ψ(θ, ∞) des obrigen partiellen Differentialgleichungs-
systems die gewünschte Mannigfaltigkeit ergibt. Hierzu wird das System (Gleichung 3.127)
ausgehend von einer geratenen Startlösung solange integriert bis sich eine stationäre Lösung
ergibt. Die Dynamik des Systems sich vollständig als eine Bewegung innerhalb der der aus
diese Weise bestimmten Mannigfaltigkeit darstellen.
Durch Umschreiben des Diffusionsterms und mit der Annahme gleicher Diffusivität für alle
Spezies (D = d · I) kann das Gleichungssystem zur Bestimmung der Mannigfaltigkeit in
vereinfachter Form geschrieben werden

∂Ψ(θ)   1
= I − ΨΦ (θ)Ψ+
Φ (θ) · F (Ψ) − d Ψθθ ◦ grad θ ◦ grad θ . (3.128)
∂t ρ

Die Gleichung verdeutlich unter welchen Umständen sich mit Reduktionsmethoden, die den
Einfluß von Transportprozessen auf das reduzierten Modell vernachlässigen, sinnvolle Er-
gebnisse erzielen lassen. Dies ist der Fall in allen Bereich des Zustandsraums, in welchen der
chemische Quellterm F (Ψ) deutlich größer als der Transportterm ρ1 d Ψθθ ◦ grad θ ◦ grad θ
und somit bestimmend für die Dynamik des Systems ist. Dort wird die Form und Dimen-
sion der durch die Lösungsmenge definierten Mannigfaltigkeit im wesentlichen durch F (Ψ)
bestimmt. Allerdings existieren prinzipiell immer auch Bereiche, in denen chemischer Quell-
term und Transportterm in die gleiche Größenordnung fallen und somit der Transportterm
wesentlich Form und Dimension der Mannigfaltigkeit mitbestimmt. Für solche Bereiche
führt die zusätzliche Berücksichtigung des Transportterms zu einer deutlichen Verbesser-
ung der Resultate [24].
Durch numerisches Lösen dieser Gleichung kann die REDIM Mannigfaltigkeit bestimmt
werden. Sie ergibt sich, wie bereits erwähnt, als stationäre Lösung von Gleichung 3.128. Als
3.7 BESCHREIBUNG DER REAKTIONSKINETIK 59

4
6E 05

5E 05
3

4E 05

H2O
HCO

2
3E 05

2E 05
1
1E 05

0 0
0 2 4 0 2 4
CO2
CO2

Abbildung 3.12: Simulation einer laminaren 1D Methan/Luft Flamme (schwarze Punkte: detail-
lierte Lösung, blau: Gradientenschätzung aus Flameletrechnung grün: Gerechnet mit im Vergleich
zu blau um Faktor 10 größeren Gradienten, rot: Gerechnet mit im Vergleich zu blau um Faktor
10 kleineren Gradienten) [24]

Anfangsbedingung dient dabei die erweiterte ILDM [25] was zu einer schnellern Konver-
genz und stabileren numerischen Lösung führt. Für das Lösungsschema wird als Parameter
lediglich eine Abschätzung für die typischen räumlichen Gradienten von θ benötigt. Wie
in [24] gezeigt wird, ist die die REDIM Methode wenig sensitv auf die tasächliche Wahl der
Gradienten. Eine geeignete Grandientenabschätzung kann zum Beispiel aus einer Flame-
letrechnung oder aus DNS Rechnungen turbulenter Flammen gewonnen werden.
In wie weit die REDIM zur reduzierten Beschreibung der Dynamik eines reaktiven Systems
eingesetzt werden kann, sollen die folgenden Resulate für eine eindimensionale laminare Ma-
than/Luft Flamme veranschaulichen. Verglichen werden in Abbildung 3.12 die Ergebnisse
einer mit einen detaillierten Mechanismus durchgeführten Simulationsrechnung (schwarze
Punkte) mit den mit einem durch die REDIM Methode reduzierten Mechanismus durch-
geführten Simulationsrechnungen (farbige Linien). Die Ergebnisse zeigen jeweils einen Teil
des Zustandsraums. Es ist zu kennen, daß sowohl für Majoritätenspezies wie hier darge-
stellt H2 O und CO2 als auch für Minoritätenspezies wie das HCO Radikal sich sehr gute
Übereinstimmungen mit den detaillierten Rechnungen ergeben. Insbesondere die gute Be-
schreibung der Radikale, die für die Dynamik von Verbrennungsprozessen sehr entscheidend
sein können, ist ein wesentlicher Vorteil des REDIM Verfahrens. Zusätzlich erkennt man
noch, daß die Methodik sehr insensitiv auf eine veränderte Abschätzung des Gradienten rea-
giert. Wie oben dargestellt ist diese Größe die a priori einzig notwendige Information über
das betrachtete System. Die lediglich geringe Abhänigkeit von der Gradientenabschätzung
unterstreicht die Robustheit und weite Einsatzmöglichkeit der verwendeten Methodik.
Aus den reduzierten Reaktionsmechanismen werden, zur Implementierung der Methodik
in Simulationen für reaktive Strömungen vorintegrierte, Lookuptabellen erstellt. Details zu
60 KAPITEL 3: NUMERISCHE SIMULATION REAKTIVER STRÖMUNGEN

Erstellung und Inhalt dieser Tabellen und ihrer Einbindung in das Gesamtverfahren finden
sich in Abschnitt 4.4.
Kapitel 4

Darstellung des Gesamtmodells

Nach der Darstellung der einzelnen Modellteile in den vorherigen Abschnitten, stellt der
folgende Abschnitt das entwickelte Gesamtmodell zusammenfassend dar. Eine schematische
Darstellung zeigt zunächst auf wie die einzelnen Teile miteinander interagieren und welche
Daten sie miteinander austauschen. Zusätzlich werden die zur Verbesserung der numeri-
schen Stabilität und Beschleunigung der Konvergenz verwendeten Verfahren beschrieben.
Hierbei kommt dem Vermindern des statistischen Rauschens des Monte Carlo Verfahrens
eine wesentliche Bedeutung zu. Realisiert wird dies durch die geschickte Kombination von
Zeitmittelungs- und Iterationsmittelungsmethoden. Ebenfalls muss die Konsistenz zwischen
den Teilmodellen sichergestellt sein. Dies gilt insbesondere für doppelt auftauchende Größen
wie die Geschwindigkeit oder die Dichte. Die Konsistenz wird durch spezielle Korrektur-
alogorithmen gewährleistet. Abschließend zeigt dieser Abschnitt wie die automatisch redu-
zierten chemischen Kinetiken effizient tabelliert werden können und somit eine geeignete
Implementierung in das Gesamtmodell möglich ist.

4.1 Schematische Darstellung des Gesamtmodells


Das entwickelte Gesamtmodell besteht aus zwei Teilen: einem Finite-Volumen Löser für die
Navier-Stokes Gleichungen, der mit einen Monte Carlo Löser für die Transportgleichung der
gebundenen Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion von Geschwindigkeit und Skalaren zur Mo-
dellierung der Turbulenz-Chemie Interaktion gekoppelt wird. Einer der Schwerpunkte der
Modellentwicklung in dieser Arbeit war es eine geeignete Möglichkeit zu finden diese beiden
Teile miteinander zu koppeln. Zur Beschreibung des Reaktionsfortschritts werden reduzier-
te chemische Kinetiken verwendet. Die detaillierten Reaktionsmechanismen werden hierzu
mittels des bereits beschriebenen REDIM Verfahrens automatisch reduziert und erlauben
eine sehr gute Beschreibung der Dynamik der in einer Flamme ablaufenden chemischen Re-
aktion bereits mit wenigen Parametern. Im vorliegenden Fall wird der Mischungsbruch und

61
62 KAPITEL 4: DARSTELLUNG DES GESAMTMODELLS

∂ p̄i
ũ, ṽ, w̃, ∂xi
, k̃, τ̃

φ(t), Δt
?
-
CFD PDF
REDIM
Navier-Stokes Gleichungen PDF Transportgleichung
Tabellenzugriff
Finite-Volumen Verfahren Monte Carlo Verfahren 
6 φ(t + Δt)
 
T
M

Abbildung 4.1: Schematische Darstellung des Gesamtmodells

die spezifische Molzahl von CO2 als Reaktionsfortschrittsvariable verwendet. Der zeitlich
Fortschritt der Reaktion wird durch Zugriff auf eine im Vorfeld erstellte Tabelle bestimmt.
Abbildung 4.1 zeigt ein Schema des Gesamtmodells. Die Simulation beginnt mit einem CFD
Teilschritt. Dabei erfolgt das Lösen der Navier-Stokes Gleichungen auf einem bockstruktu-
rierten Gitter mittels eines Finite-Volumen Verfahrens. Als Zwischenergebnis werden der
favregemittelte Geschwindigkeitsvektor, der mittlere Druckgradient und die turbulente ki-
netische Energie sowie das turbulente Zeitmaß für den aktuellen Zeitschritt an den PDF Teil
übergeben. Dort erfolgt unter Verwendung dieser Größen die Lösung der PDF Transport-
gleichung mittels eines auf stochatischen Partikeln basierenden Monte Carlo Verfahrens.
Der Fortschritt der chemischen Reaktion wird dabei durch einen Tabellenzugriff bestimmt.
Die Tabellen sind im Vorfeld der eigentlichen Simulation erstellt worden und bereits vor-
integriert, so dass der Reaktionsfortschritt ohne weitere Rechenoperationen direkt aus der
Tabelle ausgelesen werden kann. Der Reaktionsfortschritt wird nur für die reduzierten Zu-
standsvariablen berechnet. Der vollständige Zustandsvektor für den neuen Zeitschritt kann
ebenfalls unmittelbar aus der Tabelle ausgelesen werden. Zuruckgegeben an den CFD Teil
wird der favregemittelte Quotienten aus Temperatur und molarer Masse gemeinsam mit
dem vollständigen Zustandsvektor. Notwendig zur Kopplung des PDF Teils an den CFD
Teil ist nur der Quotienten aus Temperatur und molarer Masse. Dieser wird im CFD Teil in
die thermische Zustandsgleichung des idealen Gases eingesetzt und legt nach der Gleichung
 
T
p = ρ·R· (4.1)
M
den Druck fest. Der CFD Löser bestimmt das Dichte- und Geschwindigkeitsfeld unter Be-
rücksichtigung der Randbedingungen mit dieser neuen Temperatur so, dass die Impuls-
und Massenerhaltung erfüllt sind. Das benötigte Favremittel für den Quotienten wird im
PDF Teil bereits direkt berechnet. Kompressiblitätseffekte werden vernachlässig, da nur
4.2 NUMERISCHE STABILITÄT UND MITTELUNG 63

Strömungen mit relativ kleiner Machzahl untersucht wurden. Deshalb kann auf das Lösen
der Energieerhaltungsgleichung im CFD Teil verzichtet werden.
Das beschriebene iterative Verfahren wird für eine stationäre Simulation so lange wiederholt
bis die globale Konvergenz erreicht wird und im instationären Fall so lange wiederholt bis
die maximale Zahl an Zeitschritten erreicht ist.

4.2 Numerische Stabilität und Mittelung


Problematisch bei allen partikelbasierten Monte Carlo Verfahren zur Lösung von Differential-
gleichungen ist das starke Rauschen der aus den einzelnen Partikeln bestimmten Ensemble-
mittelwerten. Bei dem in dieser Arbeit entwickelten hybriden Lösungsverfahren müssen
Ensemblemittelwerte für alle Zellen des Rechengebiets aus den Eigenschaften der sich in
der jeweiligen Zelle befindenden Partikel berechnet werden. Das dabei entstehende Rau-
schen kann kritisch für die Konvergenz des FV Lösers und somit für die globale Konvergenz
des Gesamtverfahrens werden. Das Rauschen ist umso größer je weniger Partikel pro Git-
terzelle zur Verfügung stehen. Der stochastische Fehler durch Rauschen nimmt proportional
zum Kehrwert der Wurzel der Partikelanzahl pro Zelle ab (z.B. [63]). Die Rechenzeit steigt
hingegen aber in etwa proportional zur Zahl der Partikel an. Es ergibt sich also hinsichtlich
der Partikelanzahl ein Optimierungsproblem zwischen geringem stochastischen Fehler und
kurzer Rechenzeit. Deshalb wird durch geeignete Mittelungsverfahren versucht den stocha-
stischen Fehler zu minimieren und somit auch bei einer geringen Zahl von Partikel und
damit kurzer Rechenzeit eine gute Konvergenz des Gesamtverfahrens zu erreichen.
Am weitesten gebräuchlich sind hierfür Zeitmittelungsverfahren über mehrere aufeinander-
folgende Iterationen (Zeitschritte) des Monte Carlo Lösers. Das im folgenden dargestellte
Verfahren kam für die untersuchten statistisch stationären Flammen zum Einsatz.
Als Kopplungsgröße wird im in dieser Arbeit entwickelten Modell, wie bereits erwähnt, der
 
T
favregemittelte Quotient M benutzt. Als Kurzschreibweise wird in den Formeln dieses
Abschnitts dieser Quotient mit dem Buchstaben a abgekürzt. Für die folgenden Formeln,
sei also  
T
a= . (4.2)
M
In Abbildung 4.2 ist das gesamte Mittelungsverfahren schematisch dargestellt. Zunächst
wird der FV Löser für eine feste Zahl an inneren Iterationsschritten gestartet. Diese Ite-
rationen werden mit einen festen a, für welches eine geeignete Anfangslösung eingesetzt
wird, durchgeführt. Typischerweise werden etwa 1000 Iterationen gemacht. Die Zahl der
Iterationen muss groß genug gewählt werden, damit ein zum festen a Feld passendes (kon-
vergiertes) Geschwindigkeits- und Dichtefeld durch den FV Löser errechnet werden kann.
Mit diesen neue berechneten hydrodynamischen Felder beginnt der PDF Löser zu rech-
nen. Er wird ebenfalls für eine feste Anzahl an Iterationen gestartet. Die Zahl der internen
64 KAPITEL 4: DARSTELLUNG DES GESAMTMODELLS

FV Löser -
PDF Löser -
6 (feste Anzahl Iterationen) (feste Anzahl Iterationen)
6 imax
'
an+1 = 1
imax
ai
i=1

Mittelung über PDF Interationen

an+1 = β · an+1 + (1 − β) · an
Mittelung über die gesamten Iterationen (nmax )

Abbildung 4.2: Schematische Darstellung des gekoppelten Lösungsverfahrens

Iterationen lag hier typischerweise bei etwa 100. Diese Zahl ist im Schema mit imax bezeich-
net. Die Größe a wird zur Reduzierung des oben beschriebenen stochastischen Rauschens
des partikelbasierten Lösungsverfahrens über alle PDF Iterationen nach der Beziehung
1 i
max

an+1 = ai (4.3)
imax i=1

gemittelt. Der neue Wert an+1 kann sich durch den im PDF Teil berücksichtigten Einfluss
von molekularer Mischung und chemischer Reaktion sehr stark von dem alten Wert an
unterscheiden. Würde dieser Wert unmittelbar an den FV Löser zurückgegeben könnten
dadurch starke numerisch verursachte Druckwellen entstehen, die zum Absturz des FV
Lösers führen würden. Um dies zu vermeiden und einen möglichst glatten Verlauf von a
zu erhalten, wird a zusätzlich noch mit einem gleitenden Durchschnitt über die einzelnen
Aufrufe des PDF Lösers gemittelt. Der neue Wert an+1 berechnet sich somit zu

an+1 = β · an+1 + (1 − β) · an . (4.4)

Bei β handelt es sich um eine Zahl in der Gößenordnung von etwa 0, 1.


Die so entstehnden äußeren Iterationen werden so lange wiederholt, bis die maximal vor-
gegebene Zahl an Iterationen (hier mit nmax bezeichnet) erreicht wurde. Diese Zahl muss
hinreichend groß sein, damit der statistisch stationäre Zustand der Gesamtlösung erreicht
werden kann.
Bei instationären Rechnungen können die beschriebenen Mittelungsverfahren nicht verwen-
det werden, da auf diese Weise keine zeitexakten Lösungen entstehen. Als Konsequenz der
oben gemachten Erläuterungen müssen bei einer instationären Rechnung im Vergleich zu
einer stationären Rechnung deutlich mehr Partikel pro Zelle verwendet werden um das sto-
chastische Rauschen der Lösung gering zu halten und die Zeitschritte sehr klein gewählt
werden um starke Sprünge der Kopplungsgröße a von einem zu nächsten Zeitschritt zu
vermeiden.
4.3 KONSISTENZ UND KORREKTURALGORITHMEN 65

4.3 Konsistenz und Korrekturalgorithmen


Wie die bisherigen Ausführungen nahe legen treten bei hybriden CFD/transported PDF
Modellen in der Regel stets eine Reihe von Größen doppelt auf. Das heißt für eine Größe,
zum Beispiel die Geschwindigkeit, wird sowohl im CFD Teil als auch im PDF Teil eine
Gleichung gelöst. Muradoglu et al. [102] zeigen eine Übersicht über verschiedene hybride
PDF Verfahren und bewerten sie hinsichtlich der Konsistenz der auftretenden Größen. Der
dort dargelegten Argumentation folgend muss für das hier vorgestellte Modell die Konsi-
stenz des Geschwindigkeitsfeldes, der turbulenten kinetischen Energie und des Dichtefeldes
zwischen CFD und PDF Teil sichergestellt werden. Um dies zu erreichen werden die im
folgenden dargestellten Korrekturalgorithmen eingesetzt.

4.3.1 Korrektur der Partikelgeschwindigkeit


Um Konsistenz zwischen den Lösungsfeldern des PDF Teils und des CFD Teils herzustel-
len, werden die Werte der einzelnen numerischen Partikel im PDF Teil so korrigiert, dass
nach erreichen der statistisch stationären Lösung beide Lösungsfelder übereinstimmen. In
den folgenden Gleichungen bezieht sich die hochgestellten Markierung („FV“) stets auf die
Felder des Finite Volumen Lösers, die Markierung („P“) auf die Felder des Partikellösers.

Mittelwert der Geschwindigkeit

Der Mittelwert des Partikelensembles in einer Zelle des Rechengebiets wird so korregiert,
dass er stets der mittleren Geschwindigkeit der CFD Lösung entspricht. Das aus der Im-
pulsgleichung durch ein Finite Volumen Verfahren bestimmte mittlere Geschwindigkeitsfeld
wird nicht durch stochatisches Rauschen des Lösungsverfahrens beeinflusst. Deshalb wird
die mittlere Geschwindigkeit des Partikelensembles auf diesen Wert korrigiert. Dabei wird
die Verwendung von Favre-gemittelten Größen in der Finite Volumen Methode entsprechend
berücksichtigt. Der erste Schritt hierbei ist die Bestimmung der Schwankungsgeschwindig-
keit jedes einzelnen Partikels.

ρi ui
ui ,alt = ui − (4.5)

ρi
Die neue (korrigierte) Partikelgeschwindigkeit berechnet sich aus

ukorr
i = ũF V + ui ,alt · A . (4.6)
66 KAPITEL 4: DARSTELLUNG DES GESAMTMODELLS

Nach dieser Korrektur stimmen die Mittelwerte der Finite Volumen und der Partikellösung
überein. Der Varianzkorrekturfaktor A wird so bestimmt, dass auch die Varianzen beider
Teilmodelle gleich sind (siehe unten).

Varianz des Geschwindigkeitsfelds

Die im FV und PDF Teil verwendeten Submodelle, die die Varianz des Geschwindigkeits-
feldes abbilden, sind a priori inkonsistent. Eine Korrektur der Varianz des Geschwindig-
keitsfelds ist somit notwendig. Die Inkonsistenz der beiden Modelle beruht auf den unter-
schiedlichen Annahmen für den Turbulenzschluss. Es läßt sich zeigen, dass das im PDF Teil
verwendete SLM (Simplified Langevin Modell) auf der FV Ebene einem Turbulenzschluss
zweiter Ordnung mittes des Rotta-Modells entsprechen würde [127]. Benutzt wird im FV
Teil aber zum Turbulenzschluss lediglich ein Zweigleichungsmodell. Deshalb kann eine voll-
ständige Konsistenz der Varianz des Geschwindigkeitsfeldes nicht hergestellt werden1 . Aus
diesem Grund kann die Varianz des Partikelfeldes nur so korrigiert werden, dass die turbu-
lente kinetische Energie des Partikelfeldes und der Finite Volumen Lösung übereinstimmen.
Unter Berücksichtigung der Verwendung favregemittelter Größen soll der Korrekturalgo-
rithmus also dafür sorgen, dass die Bedingung
k̃P = k̃FV (4.7)
für jede Zelle des Rechengebiets erfüllt ist. Unter der Annahme isotroper Turbulenz wird
daraus die Bedingung
 
ui ,alt = uF V . (4.8)
Vor der Korrektur werden die beiden Terme (die beiden Seiten der Gleichung) im allge-
meinen Fall ungleich sein. Die Varianz des Partikelfeldes wird also mit einem noch zu
bestimmenden Korrekturfaktor A multipliziert, so dass die Gleichung erfüllt ist.
 
ui ,alt · A = uF V (4.9)

Die Schwankungsgröße uF V kann nicht unmittelbar aus den Ergebnissen der Finite Volumen
Rechnung bestimmt werden. Lediglich der Ausdruck
2
ρu2 F V = ρk̃F V (4.10)
3
kann aus der dichtegemittelten turbulenten kinetischen Energie ebenfalls wieder unter der
Annahme isotroper Turbulenz berechnet werden. Der zu ρu2 F V analoge Term ist die dich-
tegemittelte Varianz des Partikelgeschwindigkeitsfelds. Sie kann durch die Gleichung
'  2
ρuP
 2
 wi ρ i u i − ρP
ρu = ' (4.11)
P wi
1
Dieselbe Aussage gilt auch für die Reynoldsspannungen, auch hier kann keine vollständige Konsistenz
hergestellt werden, da das Zweigleichungsmodell lediglich die turbulente kinetische Energie und das turbu-
lente Zeitmaß, nicht aber direkt die einzelnen Reynoldsspannungen selbst, liefert.
4.3 KONSISTENZ UND KORREKTURALGORITHMEN 67

bestimmt werden. Der Term wi stellt dabei das numerische Gewicht eines Partikels dar. Bei
gleichem numerischen Gewicht aller Partikel wird wi für alle Partikel zu eins und der Term
zur Berechnung der Varianz des Partikelgeschwindigkeitsfeldes vereinfacht sich zu
2
 2
 
ρu P
ρu = ρi ui − . (4.12)
P
ρ P
Wird eine unverändert bleibenden Dichteverteilung in der jeweiligen Zelle des Rechengebiets
angenommen, so kann aus den oben abgeleiteten Termen der Korrekturfaktor A durch die
Beziehung

u V ρu2 F V 2
ρ k̃F V
A = F,alt = 2 = 3
(4.13)
ui
ρu P
ρu2 P
bestimmt werden. Als korrigierte Varianz des Partikelfeldes ergibt sich somit
 
ui ,neu = ui ,alt · A . (4.14)

4.3.2 Korrektur der Partikelpostition


Eine Positionskorrektur für die Partikel wird durchgeführt um die Konsitenz zwischen der
mittleren Dichte im CFD Teil ρF V und der aus dem Ensemble der stochatischen Partikel
in dieser Zelle bestimmten mittleren Dichte
ρ P zu gewährleisten. Hierzu sind verschiede-
ne Verfahren denkbar. Das in dieser Arbeit verwendete Verfahren wurde von Muradoglu et
al. [103] vorgestellt. Es beruht im wesentlichen auf dem Einführen einer Korrekturgeschwin-
digkeit U c (X,
 t) für jedes Partikel, die zu einem Ausgleich des Dichteunterschieds führt. Die
neue (korrigierte) Partikelgeschwindigkeit berechnet sich zu
 P ∗ (X,
U  P (X,
 t) = U  c (X,
 t) + U  t) . (4.15)
 c (X,
Die Korrekturgeschwindigkeit U  t) wird aus dem Unterschied der beiden Dichtefelder
bestimmt. Die Größe des Unterschieds der beiden Dichten aus dem CFD Teil und dem
PDF Teil wird durch eine gemittelte normierte Abweichung der beiden Dichten (für jede
Zelle) angegeben. Diese Abweichung wird mit Q bezeichnet und bestimmt sich durch die
Gleichung
ρF V −
ρ P
Q≡ . (4.16)

ρ T A
Hierin sind ρF V und
ρ P jeweils die Dichte des CFD und des PDF Teils. Der Term
ρ T A im
Nenner stellt den zeitlichen Mittelwert der Dichte der PDF Lösung dar und dient lediglich
zur Normierung der Größe Q. Bei gleichem Dichtefeld beider Lösungen wird im statistisch
stationären Zustand der Dichteunterschied Q zu Null. Die zu erfüllende Konsistenzbedin-
gung ist also Q = 0.
Um dies zu erreichen wird, wie bereits oben erwähnt, eine Korrekturgeschwindigkeit
 c (X,
U  t) für jedes einzelne Partikel bestimmt, die zu einem Ausgleich des Dichteunterschieds
68 KAPITEL 4: DARSTELLUNG DES GESAMTMODELLS

führt. Die Korrekturgeschwindigkeit wird in dem von [103] vorgeschlagenen Verfahren aus
der Gleichung
 
∂φ ∂ Q̃ ∂Q
Uic =− − aU0 L ζ + (1 − ζ) (4.17)
∂xi ∂xi ∂xi

ρF V
⎨ 1 falls ρT A
≥ ζ
ζ=⎩ ρF V
(4.18)
0 falls ρT A
< ζ

berechnet. Hierin sind U0 und L eine charakteristische Geschwindigkeit und eine Längens-
kala, bei a handelt es sich um einen dimensionslose Parameter. Die hierfür verwendenden
Werte finden sich alle in Tabelle 4.1. φ stellt ein Korrekturpotential dar, dessen zeitliche
Entwicklung durch eine Differntialgleichung beschrieben wird.
∂φ
= bU02 Q (4.19)
∂t
In dieser Gleichung ist b ein dimensionsloser Parameter. Sein Wert findet sich ebenfalls in
Tabelle 4.1. Q̃(x, t) ist der in Ort und Zeit geglättete Dichteunterschied Q. Er wird ebenfalls
durch Lösen einer Differentialgleichung bestimmt. Sie lautet

∂ Q̃   U ∂ 2 Q̃
0
= − Q̃ − Q c + f U0 L (4.20)
∂t L ∂xi ∂xi
mit c und f als zusätzlichen dimensionslosen Parametern. Bei dieser Gleichung handelt es
sich um einen Zeitmittelungsoperator mit einem zusätzlichen Diffusionsterm. Auf diese Art
und Weise ist Q̃ das sowohl in der Zeit als auch im Ort geglättete Q. Beim Term ζ in
Gleichung 4.17 handelt es sich um eine Umschaltfunktion, die Q̃ durch Q ersetzt, so dass
der Algorithmus rasch reagieren kann sofern die mittlere Dichte des Finite Volumen Lösers
kleiner ist als die mittlere Dichte des Partikelfeldes.
Erreicht φ einen stationären Zustand, so gilt für den zeitlichen Mittelwert von Gleichung
4.19
QT A = 0 (4.21)
und somit auch
ρF V =
ρ T A . (4.22)
Die Konsistenzbedingung wird folglich im zeitlichen Mittel exakt erfüllt sobald die statisti-
sche Stationarität erreicht wurde.
Wie bereits erwähnt finden sich in Tabelle 4.1 die in der Literatur verwendeten Werte für die
einzelnen in dem Korrekturverfahren vorkommenden Parameter. Für die Parameter kf , kb ,
NTc A , (CF L)P und ζ werden die in [103] vorgeschlagenen Werte 3, 8, 20, 0.4 und 0.25 ver-
wendet. Δx ist eine charakteristische Gitterweite und |U |max die maximale Geschwindigkeit
in der Lösungsdomäne.
4.4 BESTIMMUNG DES REAKTIONSFORTSCHRITTS 69

Δx
L π
U0 |U |max
1 1
c π (CF L)P NTc A
f kf c
b kb f = kb kf c
a 1 + cb2

Tabelle 4.1: Parameter der Positionskorrektur der Partikel

4.4 Bestimmung des Reaktionsfortschritts


Die Bestimmung des Reaktionsfortschritts erfolgt durch Auslesen des chemischen Quell-
terms aus einer in einem preprocessing Schritt erstellten Tabellierung einer REDIM
(Reaktions-Diffusions Mannigfaltigkeit) für den jeweiligen Brennstoff. Der Ablauf bei der
Berechung der REDIM läßt sich grob in drei Schritte einteilen [24]:

• zunächst wird eine Anfangslösung zum Beispiel aus mehreren Flameletrechnungen


oder alternativ aus einer „extended ILDM“ [23] erzeugt,

ψ 0 = ψ 0 (θ) (4.23)

• anschließend wird ausgehend von der Anfangslösung die Entwicklungsgleichung der


Mannigfaltigkeit selbst gelöst

∂Ψ(θ)   1
= I − ΨΦ (θ)Ψ+
Φ (θ) · F (Ψ) − d Ψθθ ◦ grad θ ◦ grad θ (4.24)
∂t ρ
dabei wird eine Gradientenabschätzung aus Flameletrechnungen verwendet,

• die REDIM ergibt sich dann als stationäre Lösung von Gleichung 4.24 zu

ψ REDIM = ψ τ →∞ (θ) . (4.25)

Um die so generierten Mannigflatigkeit ψ REDIM effektiv in dem in dieser Arbeit entwickel-


ten Gesamtmodell einsetzen zu können, wird sie anschließend noch in geeigneter Weise
tabelliert. Die zur Berechnung und Tabellierung notwendigen oben genannten drei Schritte
untergliedern sich jeweils in verschiedene Einzelschritte. Die Einzelschritte sind in Abbil-
dung 4.3 als schematische Übersicht dargestellt und werden im folgenden nocheinmal etwas
ausführlicher beschrieben.
Zunächst wird aus einer Reihe von eindimensionalen Flameletrechnungen für eine nicht-
vorgemischte laminare Gegenstromflamme eine geeignete Startlösung erzeugt. Hierbei wird
ein detaillierter Reaktionsmechanismus verwendet. Abbildung 4.4(a) zeigt exemplarisch die
70 KAPITEL 4: DARSTELLUNG DES GESAMTMODELLS

Erzeugung einer
Erzeugung m-dimensionalen
einer Menge an Punkten  Flameletrechungen
Anfangslösung
Interpolation auf ein
m-dimensionales Gitter

?
Berechnung der niedrigdimensionalen
Mannigfaltigkeit

?
Wahl einer geeigneten
Reaktionsfortschrittsvariablen

?
Tabelliere Reaktionsraten und andere
Informationen

Vorintegration der Tabelle

Abbildung 4.3: Tabellierungsstrategie (REDIM)

(a) Flameletlösung im projezierten Zustands- (b) Interpolation auf Tensorproduktgitter abge-


raum (blau: vollständige Reaktion, rot und grün: legt in generalisierten Koordinaten
zwei verschiedene Streckungsraten, magenta: nur
Mischung

Abbildung 4.4: Erzeugung einer geeigneten Anfangslösung für eine REDIM


4.4 BESTIMMUNG DES REAKTIONSFORTSCHRITTS 71

(a) Interpolation der Startlösung (b) Niedrigdimensionale REDIM

Abbildung 4.5: Ergebnis der REDIM Iteration

Resultate dreier solcher Rechnungen für verschiedene Streckungsraten. Aufgetragen sind


dort jeweils die spezifischen Molzahlen der Spezies CO2 , H2 O und N2 . Die Resultate wer-
den anschließend auf einem Tensorproduktgitter abgelegt. Die Werte der Zwischenpunk-
te werden durch Interpolation bestimmt (Abb. 4.4(b)). An den Gitterpunkten wird der
thermo-kinetische Zustandsvektor zusammen mit der Gradientenabschätzung in generali-
sierten Koordinaten abgelegt.

ψ = ψ(θ) (4.26)
grad θ(θ) = ψθ+ (θ) grad ψ(θ) (4.27)

Die generalisierten Koordinaten ermöglichen später einen sehr effizienten Zugriff auf die
Tabelle. Als Koordinaten können zum Beispiel die Gitterindizes verwendet werden.
Die so bestimmte Mannigfaltigkeit bildet die Startlösung für die anschließenden REDIM
Iterationen. Hierbei wird Gleichung 4.24 mittels eines geeigneten numerischen Verfahrens
gelöst. Das numerische Verfahren muss große Systeme steifer Differentialgleichungen effektiv
lösen können. Die niedrigdimensionale REDIM Mannigfaltigkeit ergibt sich als stationäre
Lösung der Bestimmungsgleichung 4.24. Abbildung 4.5 stellt Startlösung und Endlösung
der Mannigfaltigkeit dar.
Im Anschluss muss eine geeignete Reaktionsfortschrittsvariable zur Parametrisierung der
REDIM ausgewählt werden. In vorliegenden Fall wird die spezifische Molzahl von CO2 als
Reaktionsfortschrittsvariable benutzt und die spezifische Molzahl von N2 zur Beschreibung
des lokalen Mischungszusandes verwendet. Um einen effizienten Zugriff auf die Tabellen zu
ermöglichen und gleichzeitig den Speicherplatzbedarf der Tabellen gering zu halten, wird die
REDIM mit einem problemangepassten Gitter diskretisiert. Abbildung 4.6(a) stellt einen
Ausschitt des Tabellierungsgitters dar. 2-Var steht hierbei für die spezifische Molzahl von
72 KAPITEL 4: DARSTELLUNG DES GESAMTMODELLS

(a) Ausschnitt des Tabellierungsgitters (b) Reaktionsrate der Fortschrittsvariablen

Abbildung 4.6: Tabellierung der chemischen Kinetik

CO2 und 1-Var für die spezifische Molzahl von N2 . Wie zu erkennen ist, wird das Gitter
im Bereich der Stöchiometrie, wo eine starke Dynamik der Reaktion zu erwarten ist, lokal
verfeinert. Abgelegt auf den Gitterpunkten ist, wie Abbildung 4.6(b) veranschaulicht, die
Reaktionsrate der Fortschrittsvariable zusammen mit dem hier nicht dargestellten vollstän-
digen Zustandsvektor.
Zur einfacheren Implementierung und Verbesserung der numerischen Genauigkeit bei dem
Zugriff auf den Reaktionsfortschritt wird die Tabelle der Reaktionsrate anschließend noch
über die Zeit integiert. Abgelegt werden dann die (zeitlich) neuen Werte zu verschiedenen
Zeitschritten (Zeitinkrementen). Abbildung 4.7 stellt eines dieser Zeitinkremente dar. Er-
kennbar ist unteranderem die unterschiedliche Geschwindigkeit der chemischen Reaktion

Abbildung 4.7: Werte der Reaktionsfortschrittsvariablen für einen definierten Zeitschritt (Zei-
tinkrement) von 128 μs
4.4 BESTIMMUNG DES REAKTIONSFORTSCHRITTS 73

abhänig vom Mischungsverhältnis. Im Bereich stöchiometrischen Mischung zeigt sich die


größte Dynamik der Reaktion.
Kapitel 5

Ergebnisse für eine stationäre


nicht-vorgemischte Flamme

Das entwickelte Simulationsmodell soll anhand von zwei verschiedenen stationären Flam-
mentypen validiert und anschließend zur Simulation instationärer Verbrennungsprozesse
eingesetzt werden. Um die breite Anwendbarkeit des Modells zu zeigen, wurden als Testfäl-
le sowohl eine vorgemischte als auch eine nicht-vorgemischte Flamme verwendet. In diesem
Kapitel werden zunächst die Ergebnisse der nicht-vorgemischten Flamme vorgestellt, die
Resultate für die vorgemischte Flamme finden sich in Kapitel 6 und die Simulationen der
instationären Verbrennungsprozesse in Kapitel 7.
Als Testfall einer nicht-vorgemischten Flamme wurde eine durch Masri et al. [92–95] experi-
mentell untersuchte Methan/Luft Flamme verwendet. Die Flamme wird durch einen Pilot-
brenner stabilisiert ist statistisch stationär. Ausgewählt wurde dieser Testfall aus zwei Grün-
den: zum einen ist in der Literatur eine detaillierte Datenbasis zur Validierung zu finden
und zum anderen zeigen numerische Untersuchungen anderer Arbeitsgruppen (z.B. [96]),
dass sich dieser Fall gut als Testfall für hybride CFD/transported PDF Modelle eignet.
Ein Vergleich mit diesen Arbeiten ermöglicht es zusätzlich die Güte des in dieser Arbeit
verwendeten Simulationsmodells bewerten zu können.

5.1 Beschreibung des untersuchten Brenners


5.1.1 Geometrie des Brenners und globale Betriebszustände
Bei dem untersuchten Brenner handelt es sich um eine pilotstabilisierte nicht-vorgemischte
Flamme. In Abbildung 5.1 ist eine Skizze des schematischen Aufbaus des Brenners dar-
gestellt. Die Geometrie des Brenners ist axialsymmetrisch. Die Symmetrieline ist in der
Abbildung mit einer Strichpunktlinie gekennzeichnet. Der Brenner besteht aus einer zen-
tralen Brennstoffzufuhr mit einem Durchmessers vom 7, 2 mm. Als Brennstoff wird Methan

75
76 KAPITEL 5: ERGEBNISSE FÜR EINE STATIONÄRE NICHT-VORGEMISCHTE FLAMME

Abbildung 5.1: Schematischer Aufbau des untersuchten Brenners

verwendet. Außen um die Brennstoffzufuhr herum ist zentrisch ein Pilotbrenner angeord-
net. Die Pilotflamme besteht aus einem nahezu vollständig abreagierten Ethin, Wasser-
stoff und Luft Gemisch. Das C zu H Verhältnis des Pilotbrenners entspricht dem eines
stöchiometrischen Methan/Luft Gemischs. Zentrisch um den Pilotbrenner herum sitzt die
Verbrennungsluftzufuhr.
Für den Brenner können verschiedene globale Betriebszustände durch Variation der Aus-
trittsgeschwindigkeit des Brennstoffs bei gleichbleibender Austrittsgeschwindigkeit des Pi-
lotbrenners und der Verbrennungsluft eingestellt werden. Die hierdurch entstehenden ver-
schiedenen Betriebszustände werden als Flamme K, L und M bezeichnet. Die genauen
Betriebsparameter lassen sich Tabelle 5.1 entnehmen.

K-Flamme L-Flamme M-Flamme


Geschwindigkeit Brennstoffstrom (Bulk) 27 ms 41 ms 55 ms
Austrittsgeschwindigkeit Pilot 24 ms 24 ms 24 ms
Geschwindigkeit Luftstrom 15 ms 15 ms 15 ms

Tabelle 5.1: Globale Betriebsparameter der drei untersuchten Flammen

Mit steigender Austrittsgeschwindigkeit des Brennstoff steigt von Flamme K über L bis
M die Turbulenzintensität an. Durch die erhöhte Turbulenz wird der Mischungsvorgang
zwischen den drei Teilströmen intensiviert. Das Verhältnis der turbulenten Zeitskala und
der chemischen Zeitskala beschrieben durch die Damköhlerzahl
τt
Da = (5.1)
τC
wird kleiner.
5.1 BESCHREIBUNG DES UNTERSUCHTEN BRENNERS 77

Der Testfall erlaubt somit eine Aussage darüber ob das Simulationsmodell über einen wei-
teren Bereich verschiedener Reynoldszahlen (Turbulenzintensität) und Damköhlerzahlen
anwendbar ist und zuverlässige Resultate liefert.

5.1.2 Gittergenerierung
Für die später dargestellten Simulationsergebnisse wurde ein zweidimensionales achsensy-
metrisches Rechengitter verwendet. Das Gitter besteht aus etwa 10000 Zellen. Abbildung
5.2 beinhaltet eine schematische Darstellung des Rechengitters und zeigt seine Lage in Re-
0,5 m

Luft

Pilot

Brennstoff

0,6 m

Abbildung 5.2: Schematische Darstellung des verwendeten Rechengitters

lation zum Brenner auf. Gezeichnet ist hier der Übersichtlichkeit halber nur jede vierte
Gitterlinie. Um Randeffekte weitestgehend ausschließen zu können ersteckt sich das Gitter
in x-Richtung über 0, 6 m und in y-Richtung über 0, 5 m. Das Gitter wurde in Bereichen, in
denen starke Gradienten zu erwarten sind lokal verfeinert.

5.1.3 Randbedingungen
Für das Rechengitter müssen an vier Seiten Randbedingungen spezifiziert werden. Am Ein-
lass wird eine Dirichletrandbedingung bestehend aus radialen Profilen für die Geschwindig-
keit, die Turbulenzgrößen und die Skalare verwendet. Abbildung 5.3 zeigt die verwendeten
Profile für die Axialgeschwindigkeit und die turbulente kinetische Energie. Die Profile sind
aus der Literatur [96] entnommen und stammen aus Messungen. Die Gradienten an den
Übergangen des Brenngasstroms und des Piloten sowie des Piloten und des Luftstroms sind
in analoger Weise zu den Siumlationen von [96] aus numerischen Gründen leicht abgeflacht
78 KAPITEL 5: ERGEBNISSE FÜR EINE STATIONÄRE NICHT-VORGEMISCHTE FLAMME

0.04 0.04
K-Flamme K-Flamme
L-Flamme L-Flamme
M-Flamme M-Flamme
0.035 0.035

0.03 0.03

0.025 0.025
y/m

y/m
0.02 0.02

0.015 0.015

0.01 0.01

0.005 0.005

0 0
0 10 20 30 40 50 60 70 0 5 10 15
u / m/s k / m²/s²

(a) Axialgeschwindigkeit (b) Turbulente kinetische Energie

Abbildung 5.3: Randbedingungen für die einzelnen Flammentypen

worden. Die erwähnte Literaturstelle zeigt auf, dass dies keinen signifikanten Einfluss auf
die Güte des Simulationsergebnisses hat. Die Differenz des gemessenen und des tätsächlich
verwendeten Profils ist sehr gering. Bei der Geschwindigkeit beispielsweise macht der Un-
terschied nur wenige Prozent aus. Für den Verlauf des turbulenten Zeitmaßes τ sind leider
keine Messungen vorhanden. Hierfür wird auf eine in der Literatur von Nau [104] für diesel-
be Flamme verwendet Abschätzung zurückgegriffen. Die Dissipationsrate der turbulenten
kinetischen Engergie kann danach durch
3 3
Cμ4 · k 2
= (5.2)
0, 25 · dchar
abgeschätzt werden und daraus kann dann nach der Formel
k
τ= (5.3)

das turbulente Zeitmaß errechnet werden. Hierin ist Cμ eine Modellkonstante mit dem Wert
0, 09 (siehe Abschnitt 3.3.3), k die turbulente kinetische Energie und dchar ein charakteri-
stischer Durchmesser. Als charateristischer Durchmesser dchar dient für den Brenngasstrom
sein Durchmesser, für den Piloten sein hydraulischer Durchmesser und für die Verbren-
nungsluft der Durchmesser der Auslassöffnung. Die Wahl der richtigen Randbedingung für
das turbulente Zeitmaß erwies sich in den Simulationen als kritisch. Wie die Ergebnisse in
den folgenden Abschnitten zeigen, wären hier weitere Informationen aus den experimen-
tellen Untersuchungen nötig gewesen. Deshalb zeigen die Ergebisse den deutlichen Einfluss
dieser Größe auf die Resultate in Form einer Parameterstudie auf.
An der Ober- und Unterseite des Rechengebiets wird eine Symmetrierandbedingung gesetzt,
was bedeutet, dass der Gradient aller Größen zu Null gesetzt wird. Am Auslass wird lediglich
5.2 ERGEBNISSE FÜR DIE K-FLAMME 79

der statische Druck vorgegeben und für alle anderen Größen ebenfall ein Gradient von Null
normal zur Austrittsfläche als Randbedingung vorgegeben.

5.1.4 Vorhandene Messdaten


Für die unterschiedlichen Flammen sind jeweils Messungen radialer Profile verschiedener
Größen in drei zur Austrittsfläche des Brenners parallelen Ebenen vorhanden. Aus Platz-
gründen und der Übersichtlichkeit halber werden in den folgenden Abschnitten nur Ergeb-
nisse in den Ebenen x/d = 20 und x/d = 50 gezeigt. Die ebenfalls vorhandenen Ergebnisse
in der nicht dargestellten Ebene x/d = 30 verhalten sich qualitativ ähnlich. Mit d wird
hier der Durchmesser der Brennstoffzufuhr bezeichnet, was auf einen Abstand zur Bren-
neraustrittsebene von x = 0, 144 m für die erste Ebene und x = 0, 36 m für die zweite
dargestellte Messebene führt.
Aus der Literatur können Profile der Axialgeschwindigkeit, der turbulenten Schwankungs-
geschwindigkeit in axialer Richtung sowie Temperaturprofile entnommen werden. Hierfür
wird ein detaillierter Vergleich mit den Ergebnissen der numerischen Simulation gezeigt.
Auf einen detaillierten Vergleich mit den ebenfalls vorhandenen Messungen für Mischungs-
bruch und die Konzentration von CO2 wird aus Platzgründen verzichtet. Sie findet sich
in [39, 80, 163].

5.2 Ergebnisse für die K-Flamme


Wie bereits beschrieben besteht bei den Randbedingungen eine gewisse Unsicherheit hin-
sichtlich der tatsächlichen Größe des turbulenten Zeitmaßes. Messungen sind hierfür keine
vorhanden. Die verwendete Randbedingung stammt aus einer Abschätzung über den Ver-
lauf des turbulenten Zeitmaßes am Eintritt des Rechengebiets (siehe Gleichung 5.2 und 5.3).
Die Simulationsergebnisse zeigten für alle drei untersuchten Flammentypen eine deutliche
Senitivität bezüglich der Größe des gewählten turbulenen Zeitmaßes. Besonders stark ist
dieser Effekt bei den Temperaturverläufen und den Speziesprofilen zu beobachten, wohin-
gegen der Einfluss auf die mittlere Geschwindigkeit und die turbulente kinetische Energie
sehr gering ausgeprägt ist.
Um diesen Zusammenhang zu berücksichtigen und den Einfluss der absoluten Größe des
turbulenten Zeitmaßes untersuchen zu können, sind die Validierungsrechnungen als Para-
meterstudie durchgeführt worden. Variiert wurde dabei der Wert der Konstanten Cφ , die
das Verhältnis des im CFD Teil berechneten turbulenten Zeitmaßes und des chemischen
Zeitmaßes darstellt.
1
τφ = τt (5.4)

Die Konstante gehört eigentlich zum Mischungsmodell und wird in der Literatur meist mit
einem Wert von 2, 1 angegeben. Aktuelle Untersuchungen an einem verwandten Flammen-
80 KAPITEL 5: ERGEBNISSE FÜR EINE STATIONÄRE NICHT-VORGEMISCHTE FLAMME

typ [143] kommen zu dem Schluss, daß es sich bei Cφ nicht um eine feste Modellkonstante
handelt, sondern dass sie je nach betrachtetem Problem stark unterschiedliche Werte an-
nehmen kann. Aus diesem Grund wurde für die im folgenden gezeigten Parameterstudien
der Wert von Cφ variiert. Für die K-Flamme stellte sich bei einem Wert von 15 für Cφ die
beste Übereinstimmung mit den gemessenen Werten ein. Dieser Wert ist in guter Über-
einstimmung mit dem in [143] genannten Wert von 10 für die beste Reproduktion der
experimentellen Daten.
Abbildung 5.4 stellt die Simualtionsergebnisse der K-Flamme dar. In der linken Spalte sind
die Werte der ersten Messebene bei x = 0, 144 m und in der rechten Spalte die Werte
der zweiten Messebene bei x = 0, 36 m dargestellt. Die erste Zeile zeigt den Verlauf der
Axialgeschwindigkeit längs der y-Koordinate senkrecht zur Symmetrieachse des Brenners.
In der ersten Ebene stimmen die Simulationsdaten und die gemessenen Profile nahezu
vollständig überein. Lediglich in der zweiten weiter stromab liegenden Messebene ist nahe
an der Symmetrieline eine geringe Abweichung festzustellen. Generell wird das mittlere
Strömungsfeld durch die Simulation sehr gut wiedergegeben.
Der experimentelle Verlauf der Axialgeschwindigkeitsfluktuation kann unmittelbar aus den
Messdaten [96] entnommen werden. Als Vergleichsgröße dient die turbulente Schwankungs-
geschwindigkeit aus den Simulationsergebnissen. Sie wird aus der turbulenten kinetischen
Energie unter der Annahme isotroper Turbulenz berechnet. In der ersten Messebene stim-
men die beiden Verläufe noch sehr gut überein, in der zweiten Ebene zeigt sich bei
y/m < 0, 02 eine deutliche Abweichung. Der qualitative Verlauf wird jedoch richtig wie-
dergegeben. Allerdings sagen die Simulationsdaten eine um etwa 25% bis 30% zu hohe
Geschwindigkeitsfluktuation vorraus.

Die Profile für u und u sind jeweils für ein Cφ von 2, 1 dargestellt. Der Einfluss einer Var-
iation von Cφ auf diese beiden Größen ist sehr gering, weshalb die anderen Ergebnisse hier
nicht dargestellt sind. Unter Einbeziehung der unten gezeigten Temperaturverläufe, die sich
bei verschiedenen Werten für Cφ deutlich unterscheiden, ist dieser Befund zunächst über-
raschend. Zumindest für die Axialgeschwindigkeit würde man aufgrund der Kopplung über
die Dichte an die Temperatur einen deutlichen Einfluss erwarten. Eine genaue Analyse der
Simulationsergebnisse zeigt allerdings, dass das Axialgeschwindigkeitsfeld tatsächlich nahe-
zu unverändert bleibt, sogar bei einer Rechnung für eine nichtreagierde Strömung zeigt sich
ein zu den Messungen und reagierenden Simulationen nahezu identischer Verlauf. Allerdings
unterscheiden sich die Radialgeschwindigkeiten sehr massiv. Die Profile der Radialgeschwin-
digkeit sind wegen fehlender Messdaten nicht dargestellt. Es zeigt sich aber, dass die bei
Änderung der Temperatur offenkundige Änderung der axialen Impulsströme durch eine
radiale Ausgleichsströmung kompensiert wird, so dass die Profile der Axialgeschwindigkeit
nahezu unverändert bleiben. Dasselbe gilt auch bei den in den folgenden beiden Abschnitten
dieses Kapitels dargestellten Simulationsregebnissen für die L- und M-Flamme.
5.2 ERGEBNISSE FÜR DIE K-FLAMME 81

0.04 0.04

0.03 0.03

y/m
y/m

0.02 0.02

0.01 0.01

0 0
0 10 20 30 0 10 20 30
u / (m/s) u / (m/s)

(a) Axialgeschwindigkeit (x = 0, 144 m) (d) Axialgeschwindigkeit (x = 0, 36 m)

0.04 0.04

0.03 0.03
y/m

y/m

0.02 0.02

0.01 0.01

0 0
0 1 2 3 4 5 6 0 1 2 3 4 5 6
u’ / (m/s) u’ / (m/s)
 
(b) Schwankungsgröße u (x = 0, 144 m) (e) Schwankungsgröße u (x = 0, 36 m)

0.04 0.04
c_phi = 2.1 c_phi = 2.1
c_phi = 5.1 c_phi = 5.1
c_phi = 10.0 c_phi = 10.0
c_phi = 15.0 c_phi = 15.0
Messung Messung
0.03 0.03
y/m

y/m

0.02 0.02

0.01 0.01

0 0
500 1000 1500 2000 500 1000 1500 2000
T/K T/K

(c) Temperatur (x = 0, 144 m) (f) Temperatur (x = 0, 36 m)

Abbildung 5.4: Vergleich der gemessenen (Punkte) und simulierten (Linie) Profile für die
Flamme K
82 KAPITEL 5: ERGEBNISSE FÜR EINE STATIONÄRE NICHT-VORGEMISCHTE FLAMME

Gut zu erkennen ist er Einfluss der Variation des turbulenten Zeitmaßes bei den in der
untersten Zeile in Abbildung 5.4 dargestellten Temperaturverläufen. Die (turbulente) me-
chanische Zeitskala τt wird aus dem Turbulenzmodell des CFD Teils berechnet. Je größer
der Wert für Cφ wird, desto kleiner wird die (turbulente) chemische Zeitskala τφ im Ver-
gleich zur mechanischen Zeitskala. Im Mischungsmodell sorgt eine kleine chemische Zeits-
kala für mehr Mischungsvorgänge (siehe Gleichung 3.85). Beim Standardwert von 2, 1 wird
in der ersten Messebene oberhalb des Temperaturmaximums in y-Richtung eine zu ho-
he Temperatur vorrausgesagt und unterhalb des Temperaturmaximums eine zu niedrige
Temperatur. Mit steigendem Cφ nimmt durch vermehrte Mischungsprozesse der numeri-
schen Partikel die Temperatur oberhalb des Maximums weiter ab bis bei einem Cφ von 15
schließlich das Profil der Messung nahezugetroffen wird. Unterhalb des Maximums führt
die Steigerung von Cφ zu einer Zunahme der Temperatur und somit wird dort ebenfalls bei
Cφ = 15 der Verlauf der Messdaten sehr gut wiedergegeben. Unterhalb eines Punktes bei
etwa y/m = 0, 005 an dem sich die Linien der Simulationsdaten schneiden zeigt sich ein
umgekehrter Effekt: mit steigendem Cφ nimmt die Temperatur ab. Grund für beide Phäno-
mene sind die vermehrten Mischungsereignisse zwischen den Partikeln. Im Bereich oberhalb
des Schnittpunktes sind noch sehr viele heiße Partikel aus dem Pilotstrom enthalten. Ein
Mehr an Mischungsprozessen führt zu einer Steigerung der Temperatur. Im unteren Bereich
sieht es anders aus. Hier sind viele (kalte) Partikel aus dem Brennstoffstrom vorhanden. Die
Mehrzahl an Mischungsereignissen führt hier zu einem Verlöschen oder zumindest starkem
Abkühlen, der durch Turbulenz aus dem Pilotstrom eingemischten heißen Partikel. In der
zweiten Messebene zeigt sich oberhalb des Temperaturmaximums nur ein geringer Einfluß
der Konstante des Mischungsmodells. Lediglich bei Cφ = 15 ist die Temperatur etwas zu
gering. Bei den anderen Werten sind die Verläufe nahezu gleich. Schwach ist ebenfalls der
Trend einer abnehmenden Temperatur mit steigendem Cφ zu beobachten. Unterhalb des
Maximums nimmt die Temperatur mit steigendem Cφ wieder ab. Grund hierfür sind die
oben beschriebenen häufiger auftretenden Mischungsprozesse. Der Temperaturverlauf wird
ebenfalls durch ein Cφ von 15 über den gesamten Bereich gesehen am besten wiedergegeben.
Als Fazit kann festgehalten werden, dass sich Axialgeschwindigkeit und turbulente Schwan-
kungsgeschwindigkeit gut reproduzieren lassen. Lediglich bei dem Temperaturverlauf wirkt
sich die Unsicherheit hinsichtlich des turbulenten Zeitmaßes deutlich aus. Hier wären für
eine abschließende Beurteilung detailliertere Informationen aus den Messungen notwen-
dig gewesen. Der Wert für Cφ , bei dem die beste Übereinstimmung mit den gemessenen
Temperaturverläufen erzielt werden konnte, weicht zwar deutlich von dem in der Litera-
tur angegebenen Standardwert ab, deckt sich aber mit verschiedenen anderen Arbeiten an
ähnlichen Flammentypen [9, 143].
5.3 ERGEBNISSE FÜR DIE L-FLAMME 83

5.3 Ergebnisse für die L-Flamme


Die Darstellung der Validerungsergebnisse erfolgt in analoger Weise zur K-Flamme. Wieder
werden die experimentellen Daten in zwei Ebenen stromab der Brenneraustrittsebene mit
den Simulationen verglichen. Als Vergleichsgrößen dienen ebenfalls Axialgeschwindigkeit,
Schwankungsgeschwindigkeit und Temperatur. Der Unterschied bei den globalen Betrieb-
sparametern der beiden Flammen ist die bei der L-Flamme höhere Eintrittsgeschwindigkeit
des Brennstoffjets und die damit gesteigerte Turbulenzintensität.
Die in der ersten Zeile dargestelle Axialgeschwindigkeit (Abb. 5.5) läßt sich in beiden Ebenen
sehr gut darstellen. Die Abweichungen zwischen den experimentellen und den numerischen
Profilen sind sehr gering. Die berechnete Geschwindigkeitsfluktuation deckt sich ebenfalls
in beiden Messebenen sehr gut mit den experimentell ermittelten Werten. Ein merklicher
Einfluss der Variation von Cφ konnte bei der L-Flamme ebenfalls nicht festgestellt wer-
den. Deshalb sind bei Axialgeschwindigkeit und Geschwindigkeitsfluktuation wieder die
Ergebnisse für Cφ = 2, 1 dargestellt. Die Geschwindigkeitsfluktuation wird aus den Simu-
lationsergebnissen wie auch bei der K-Flamme unter der dem verwendeten Zweigleichungs-
turbulenzmodell zu Grunde liegenden Annahme isotroper Turbulenz aus der turbulenten
kinetischen Energie berechnet [141, 166].
Die Temperaturprofile zeigen das Ergebnis der Parameterstudie bei Variation des Wertes
von Cφ . Hierdurch kann die experimentell nicht bestimmte turbulente Zeitskala variiert wer-
den. Der Standardwert für Cφ liefert eine in der Tendenz zu niedrige Temperatur. Es kommt
nicht zu genügend molekularen Transport- und Mischungsprozessen, die notwendig sind um
zum einen ein brennbares Kraftstoff/Luft Gemisch zu erhalten und um zum anderen durch
einmischen von heißem verbranntem Abgas aus dem Pilotbrenner die Flamme stabil am
brennen zu halten. Die Simulation zeigt, dass ab Cφ = 7 die Temperaturverläufe fast nicht
mehr durch die Änderung von Cφ beeinflusst werden. Darüber hinaus sind die Verläufe der
jeweiligen Kurven in den beiden Ebenen sehr ähnlich. Die experimentellen Daten werden
am besten durch ein Cφ von 12 wiedergegeben. Der Wert liegt also im selben Bereich wie
bei der vorne gezeigten K-Flamme. Eine genaue Betrachtung der Profilverläufe für Cφ = 12
zeigt, dass in der ersten Messebene eine leicht zu hohe Temperatur vorausgesagt wird. Die
horizontale Lage des Temperaturmaximums wird nahezu exakt richtig getroffen und un-
terhalb des Maximums sind die Temperaturen leicht zu gering. In der zweiten Messebene
ergibt sich qualitativ ein ähnlicher Befund. Oberhalb des Temperaturmaximums wird ei-
ne, jetzt aber sehr geringe, Überschätzung der Temperatur sichtbar. Der absolute Wert
des Temperaturmaximums wird um etwa 15% in der Simulation überschätzt, seine radiale
Position aber richtig vorhergesagt. Unterhalb des Maximums ist die Übereinstimmung mit
den experimentellen Daten deutlich schlechter. Hier wird die Temperatur insbesondere an
der Symmetrieachse zum Teil recht deutlich unterschätzt und dies unabhänig von der Wahl
von Cφ .
84 KAPITEL 5: ERGEBNISSE FÜR EINE STATIONÄRE NICHT-VORGEMISCHTE FLAMME

0.04 0.04

0.03 0.03
y/m

y/m
0.02 0.02

0.01 0.01

0 0
10 15 20 25 30 35 40 45 10 15 20 25 30 35 40 45
u / (m/s) u / (m/s)

(a) Axialgeschwindigkeit (x = 0, 144 m) (d) Axialgeschwindigkeit (x = 0, 36 m)

0.04 0.04

0.03 0.03
y/m

y/m

0.02 0.02

0.01 0.01

0 0
0 2 4 0 2 4
u’
’ / (m/s) u’
’’ / (m/s)

 
(b) Schwankungsgröße u (x = 0, 144 m) (e) Schwankungsgröße u (x = 0, 36 m)

0.04 c_phi = 2.1 0.04 c_phi = 2.1


c_phi = 7 c_phi = 7
c_phi = 12 c_phi = 12
c_phi = 20 c_phi = 20
Messung Messung
0.03 0.03
y/m

y/m

0.02 0.02

0.01 0.01

0 0
500 1000 1500 500 1000 1500
T/K T/K

(c) Temperatur (x = 0, 144 m) (f) Temperatur (x = 0, 36 m)

Abbildung 5.5: Vergleich der gemessenen (Punkte) und simulierten (Linie) Profile für die
Flamme L
5.4 ERGEBNISSE FÜR DIE M-FLAMME 85

Zusammenfassend zeigt sich für die L-Flamme eine sehr gute Übereinstimmung der Simu-
lation mit den Messdaten für die mittlere Geschwindigkeit und die Geschwindigkeitsfluk-
tuation. Das Temperaturprofil kann durch die sich dort stark auswirkende experimentelle
Unsicherheit bei der Bestimmung einer zuverlässigen Randbedingung für das turbulente
Zeitmaß nur mit einer gewissen Unsicherheit berechnet werden.

5.4 Ergebnisse für die M-Flamme


Abschießend zeigt dieser Abschnitt die Resultate der Validierungsrechnungen für die M-
Flamme. Sie ist der Flammentyp mit der größten Turbulenzintensität. Bei im Vergleich
zur K- und L-Flamme gleicher Eintrittsgeschwindigkeit des Coflows und des Piloten ist
die Eintrittsgeschwindigkeit des Brennstoffstrahls noch einmal etwa 20% höher als bei der
L-Flamme. Die genau verwendeten Eintrittsprofile sind ebenfalls der Literatur entnommen
worden [96] und sind in Abbildung 5.3 dargestellt.
Die Ergebnisse der Simulationen sind in Abbildung 5.6 aufgetragen. Wieder zeigt sich,
dass sowohl der gemessene radiale Verlauf der Axialgeschwindigkeit, als auch der Verlauf
der Geschwindigkeitsfluktuation sehr gut durch die Simulation reproduziert werden kön-
nen. Lediglich nahe an der Symmetrieachse ist in der ersten Messebene für die mittlere
Geschwindigkeit eine geringe Diskrepanz der Daten zu erkennen. Die Axialgeschwindigkeit
wird etwas unterschätzt. In der zweiten Messebene passen das experimentell bestimmte und
das simulierte Profil aber wieder sehr gut zu einander.
Problematisch ist es auch für die M-Flamme ein richtiges (turbulentes) chemisches Zeitmaß
aus der Turbulenzcharakteristik abzuleiten. Wie bei den anderen beiden Flammentypen
auch ist dazu eine Variation der Konstanten Cφ notwendig. An verschiedenen Stellen in
der Literatur (z.B. [57, 143]) wird darauf abgehoben, daß es sich bei Cφ weniger um eine
Modellkonstante sonder eher um einen empirisch zu bestimmenden Faktor handelt, der
je nach betrachtetem Problem starkt andere Werte haben kann. Detaillierte Ausführun-
gen hierzu finden sich unter anderem in einem kürzlich erschienenen Übersichtsartikel von
Haworth [57]. Die letzte Spalte in Abbildung 5.6 zeigt den Einfluß des für Cφ verwende-
ten Wertes und somit der Korrelation zwischen physikalischer turbulenter Zeitskala und
chemischer Zeitskala. Besonders die zweite, weiter stromab liegende, Messebene zeigt ein
deutlich von den Ergebnissen der K- und L-Flamme abweichendes Ergebnis. Während in
diesen beiden Flammentypen eine Parameter von Cφ > 10 die Messung am besten repro-
duzieren kann, ist für die M Flamme der Standardwert Cφ = 2, 1 am besten geeignet.
Kleine Werte sorgen für zu wenig Mischung und größere Werte für zu viel Mischung. Die
Abbildung des Temperaturverlaufs bleibt jedoch unabhänig vom gewählten Cφ nahe an
der Symmetrieachse unzureichend. Dort liegt die in der Simulation erreichte Temperatur
deutlich unter den gemessenen Werten. Hier zeigt sich das Defizit bei der Modellierung
der molekularen Transportprozesse deutlich. Zusätzlich könnte hier auch der Einfluss der
86 KAPITEL 5: ERGEBNISSE FÜR EINE STATIONÄRE NICHT-VORGEMISCHTE FLAMME

0.04 0.04

0.03 0.03
y/m

y/m
0.02 0.02

0.01 0.01

0 0
10 15 20 25 30 35 40 45 50 10 15 20 25 30 35 40 45
u / (m/s) u / (m/s)

(a) Axialgeschwindigkeit (x = 0, 144 m) (d) Axialgeschwindigkeit (x = 0, 36 m)

0.04 0.04

0.03 0.03
y/m

y/m

0.02 0.02

0.01 0.01

0 0
0 2 4 0 2 4
u’
’ / (m/s) u’
’’ / (m/s)

 
(b) Schwankungsgröße u (x = 0, 144 m) (e) Schwankungsgröße u (x = 0, 36 m)

0.04 c_phi = 1 0.04 c_phi = 1


c_phi = 2.1 c_phi = 2.1
c_phi = 5 c_phi = 5
c_phi = 10 c_phi = 10
Messung Messung
0.03 0.03
y/m

y/m

0.02 0.02

0.01 0.01

0 0
500 1000 1500 500 1000 1500
T/K T/K

(c) Temperatur (x = 0, 144 m) (f) Temperatur (x = 0, 36 m)

Abbildung 5.6: Vergleich der gemessenen (Punkte) und simulierten (Linie) Profile für die
Flamme M
5.4 ERGEBNISSE FÜR DIE M-FLAMME 87

Verwendung nur einer Fortschrittsvariablen bei der Modellierung der chemischen Reakti-
on eine Rolle spielen. Nahe an der Symmetrieachse liegt die höchste Turbulenzintensität
vor, die dazu noch deutlich über der maximalen Turbulenzintensität der K- und L-Flamme
liegt. Der Zustand der Flamme sollte hier also nahe an der Streckgenze liegen. Durch die
turbulenten Fluktuationen kann es in dieser Zone somit sehr wahrscheinlich zu lokalem
partiellen oder vollständigen Verlöschen der Flamme kommen. Um diese Zustände in der
Chemiemodellierung besser darstellen zu können müsste auf eine REDIM Tabelle zugegrif-
fen werden, die zwei oder mehr chemische Fortschrittsvariablen beinhaltet. Möglicherweise
könnten dadurch die gemessenen Temperaturfelder der M-Flamme deutlich besser durch
die Simulation reproduziert werden.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, daß es auch bei der Flamme M sehr gut mög-
lich ist den Strömungszustand und die turbulenten Geschwindigkeitsflukationen mit dem
verwendeten Simulationsmodell darzustellen. Das Temperaturfeld läßt sich nur unzurei-
chend wiedergeben, da eine Information aus den Experimenten über den Verlauf des tur-
bulenten Zeitmaßes leider nicht vorhanden ist. Die Abweichungen im Temperaturfeld sind
bei der M-Flamme deutlicher als bei der K- und L-Flamme. Dies wird maßgeblich durch
die deutlich größere Turbulenzintensität verursacht.
Kapitel 6

Ergebnisse für eine stationäre


vorgemischte Flamme

In vielen technischen Anwendungen werden vorgemischte Flammen eingesetzt. Deshalb soll


das in dieser Arbeit entwickelte Simulationsmodell auch auf solche Flammen anwendbar
sein. Als Validierungsfall dient hierfür eine von Chen et al. [26] experimentell untersuch-
te Methan/Luft Flamme. Für diese statistisch stationäre Flamme konnten der Literatur
umfangreiche Messungen der Geschwindigkeits- und Skalarfelder entnommen und zu Vali-
dierungszwecken herangezogen werden. Das Simulationsmodell zeigt eine sehr gute Überein-
stimmung mit den experimentellen Resultaten. Für unterschiedliche Betriebszustände und
Randbedingungen liegen die Ergebnisse der numerischen Simulation innerhalb der Messge-
nauigkeit der experimentellen Daten. Vorteilhaft war dabei, dass im Gegensatz zu den im
vorigen Kapitel dargestellten Simulationen der K-Flamme zusätzlich Messungen über das
turbulente Zeitmaß vorhanden sind. Dies führt zu deutlich besseren Resultaten.
Inhaltlich wird in diesem Kapitel zunächst kurz der untersuchte Brenner und die verschiede-
nen untersuchten Betriebszustände (Flamme F1, F2 und F3) beschrieben, dann die Vernet-
zung der Geometrie und die verwendeten Randbedingungen dargestellt und zum Abschluss
ein Vergleich der Simulationsergebnisse und der experimentellen Daten gezeigt. Die sehr
umfangreichen Datensätze können in diesem Abschnitt nur auszugweise dargestellt werden.
Ein detaillierter Vergleich mit allen in der Literatur zugänglichen experimentellen Daten
findet sich in [160].

6.1 Beschreibung der untersuchten Flamme


6.1.1 Geometrie und globale Betriebszustände
Prinzipiell handelt es sich bei dem untersuchten Brenner um eine pilotstabilisierte vor-
gemischte Methan/Luft Flamme [26]. Durch den Pilotbrenner wird die mittig brennende

89
90 KAPITEL 6: ERGEBNISSE FÜR EINE STATIONÄRE VORGEMISCHTE FLAMME

Abbildung 6.1: Aufbau des pilotierten vorgemischten Brenners

Hauptflamme stabilisiert. Die Luftzahl von Pilot und Hauptflamme ist gleich. Das Ex-
periment wurde mit einem stark verbreiterten Pilotbrenner durchgeführt um ein lokales
verlöschen und abheben der Flamme zu vermeiden. In den Experimenten wird zwischen
drei verschiedenen Flammentypen (Flamme F1, F2 und F3) unterschieden, die jeweils ei-
ne unterschiedliche Austrittsgeschwindigkeit des Hauptstroms haben. Es variiert somit der
Turbulenzgrad und das Verhältnis von physikalischem und chemischem Zeitmaß der ein-
zelnen Flammen untereinander. In Tabelle 6.1 sind die globalen Betriebsparameter der
verschiedenen Flammentypen zusammen gefasst.

Flamme F1 Flamme F2 Flamme F3


Mittlere Austrittsgeschwindigkeit Hauptflamme 65 ms 50 ms 30 ms
Austrittsgeschwindigkeit Pilot (kalt) 0, 63 ms 0, 63 ms 0, 63 ms

Tabelle 6.1: Globale Betriebsparameter der drei untersuchten Flammen

6.1.2 Gittergenerierung
Für die folgend gezeigten Simulationsergebnisse wurde ein zweidimensionales achsensyme-
trisches Rechengitter verwendet. Das Gitter besteht insgesamt aus 3604 Zellen und ist in
Abbildung 6.2 in Relation zur Brennergeometrie dargestellt. Die Abbildung zeigt dabei
nicht das gesamte Rechengebiet sondern stellt nur den Ausschnitt in der unmittelbaren Nä-
he des Brenners dar. Um Randeffekte auf die Resultate minimieren zu können ersteckt sich
das Gitter in beiden Raumrichtungen über eine Länge von etwa 100 mal des Durchmessers
des Hauptgasstroms. Dargestellt ist hier nur ein kleiner Ausschnitt des Gitters. Lokale Ver-
feinerungen sollen die Gitterauflösung in Bereichen in denen starke räumliche Gradienten
6.1 BESCHREIBUNG DER UNTERSUCHTEN FLAMME 91

Pilot

Hauptgas

Abbildung 6.2: Schematische Darstellung des Rechengitters

zu erwarten sind verbessern. Zusätzlich wurde der hinter der Austrittsebene des Brenners
liegende Bereich ebenfalls vernetzt um ein mitreißen der Umgebungsluft durch den ausströ-
menden Jet („Entrainment“) berücksichtigen zu können. Die später dargestellten Simula-
tionsrechnungen zeigten, dass dieser Effekt recht groß ist. Der Brenner saugt deutlich Luft
aus der umgebenden Gasströmung an. In den gezeigten Simulationen war die Vernetzung
dieses Bereichs notwendig um die experimentellen Daten validieren zu können.

6.1.3 Randbedingungen
Die zur Simulation notwendigen Randbedingungen konnten aus den in der Literatur veröf-
fentlichten Messdaten entnommen werden [26]. Vermessen wurden in der Austrittsebene des
Brenners in radialer Richtung von der Symmetrieachse bis zum Ende des Hauptgasstroms
 
die Axialgeschwindigkeit u (Abb. 6.3(a)) und die Geschwindigkeitsfluktuationen u und v .
 
u und v sind dabei die Geschwindigkeitsfluktuationen in axialer und radialer Richtung des

Brenners. Die nicht vermessene Geschwindigkeitsfluktuation w in Umfangsrichtung wurde
für die in den Simulationen verwendeten Randbedinungen zu Null gesetzt. Die turbulente
kinetische Energie (Abb. 6.3(b)) kann somit über die Beziehung
1  2 

k= u +v2 (6.1)
2
berechnet werden. Um das turbulente Zeitmaß
k
τt = (6.2)
ε
92 KAPITEL 6: ERGEBNISSE FÜR EINE STATIONÄRE VORGEMISCHTE FLAMME

Flamme 1 Flamme 1
0.03 Flamme 2 0.03 Flamme 2
Flamme 3 Flamme 3

0.025 0.025

0.02 0.02
y/m

y/m
0.015 0.015

0.01 0.01

0.005 0.005

0 0
20 40 60 80 10 20 30 40 50
u / (m/s) k / (m²/s²)

(a) Axialgeschwindigkeit (b) Turbulente kinetische Energie

Abbildung 6.3: Randbedingungen für die einzelnen Flammentypen

am Rand zu erhalten, muss zunächst die Dissipationsrate der turbulenten kinetischen Ener-
gie ε nach der Gleichung
3
u2
ε= (6.3)
llat
berechnet werden. Das laterale integrale Längenmaß llat ist aus dem Experiment [26] für
die Mitte des Brenneraustritts bekannt (llat = 2, 4 mm) und wurde als konstant über den
Brennerradius angenommen.
Um die Einlassbedingungen des Pilotstroms richtig in der Simulation abbilden zu können
sind einige Vorüberlegungen notwendig. Die Austrittsebene des Piloten besteht aus einer
Lochscheibe mit 1175 Löchern mit einem Durchmesser von jeweils 1 mm. Experimentell
bestimmt wurde die Austrittsgeschwindigkeit aus einer Lochscheibe im Falle einer kalten
Strömung mit einem Wert von 0, 84 ms . In der Simulation wird als Randbedingung ein Block-
profil für die Axialgeschwindigkeit verwendet. Die verwendete Geschwindigkeit errechnet
sich aus dem in der Literatur angegebenen Versperrungsverhältnis und dem Quotienten
aus der Dichte der kalten und heißen Strömung. Somit ergibt sich ein errechneter Wert
von 4, 75 ms . Näheres hierzu findet sich in [160]. Die turbulente kinetische Energie und das
turbulente Zeitmaß wurden analog zu den Messdaten jeweils auf einen sehr kleinen Wert
gesetzt.

6.1.4 Vorhandene Messdaten


Zur Validierung der Simulationsergebnisse können aus der Veröffentlichung von Chen et
al. [26] eine ganze Reihe von Messdaten entnommen werden.. Es finden sich dort LDA
6.1 BESCHREIBUNG DER UNTERSUCHTEN FLAMME 93

0.2 TA
/K
2100
2000
1900
1800
1700
0.15 1600
1500
1400
1300
1200

y/m
1100
1000
0.1 900
800
700
600
500 A B C D E
400
0.05

0
0 0.05 0.1 0.15
x/m

Abbildung 6.4: Lage der Messebene relativ zur Brenneraustrittsebene

(Laser-Doppler Anemometrie [36]) Messungen der mittleren Axialgeschwindigkeit und der


turbulenten kinetischen Energie, 2D Rayleigh Thermometrie [38] Messungen des Tempera-
turfeldes und Messungen der Massenbrüche verschiedener Skalare mittels Ramanspektro-
skopie [19, 38]. Im einzelnen sind Messungen der Massenbrüche von Methan (CH4 ), Sauer-
stoff (O2 ), Kohlendioxid (CO2 ), Wasser (H2 O), Kohlenmonoxid (CO) und Wasserstoff (H2 )
vorhanden. Die Messungen wurden für jede der drei Flammen in fünf zur Brenneraustritt-
sebene parallelen Ebenen durchgeführt. Die Lage der Ebenen relativ zur Brenneraustritt-
sebene ist in Abbildung 6.4 schematisch dargestellt. Die Ebenen werden im folgenden mit
den Buchstaben A, B, C, D und E gekennzeichnet. Ihr Abstand zur Austrittsebene des
Brenners ist in Tabelle 6.2 sowohl im Verhältnis zum Düsendurchmesser (x/D) als auch in
absoluter Länge x angegeben.
Alle vorhandenen Messdaten wurden im Detail mit Simulationsergebnissen verglichen. Aus
Platzgründen werden im folgenden nur auszugweise Ergebnisse der Validierungsrechnungen
dargestellt. Der vollständige Vergleich findet sich in [160].

Ebene x/D x/mm


A 2,5 30
B 4,5 54
C 6,5 78
D 8,5 102
E 10,5 126

Tabelle 6.2: Axiale Position der Messebenen für Flamme F1, F2 und F3
94 KAPITEL 6: ERGEBNISSE FÜR EINE STATIONÄRE VORGEMISCHTE FLAMME

6.2 Ergebnisse für Flamme F1


Die ersten beiden dargestellten Abbildungen 6.5 und 6.6 zeigen zunächst einen qualitativen
Vergleich der Messdaten mit den Ergebnissen der Simulationsrechnungen. Hierzu sind die
in den fünf Messebenen (Tabelle 6.1) vorhandenen Messwerte durch Triangulation in ein
Feld von Datenpunkten ungewandelt worden. Die so gewonnenen Datenfelder werden als
Farbverlauf aufgetragen. Die Abbildungen stellen jeweils einen Schnitt durch die Symme-
trieachse des Brenners in der x, y-Ebene dar. Oberhalb der schwarzen Line (bei y = 0)
sind die simulierten Werte dargestellt unterhalb der schwarzen Linie sind die experimentel-
len Werte abgebildet. Das Axialgeschwindigkeitsfeld (Abbildung 6.5) von Simulation und
Experiment zeigen qualitativ eine sehr gute Übereinstimmung. Die Geschwindigkeit auf
der Strahlachse wird über den gesamten Bereich gut wiedergegeben. Die Aufweitung des
Strahls in stromabrichtung ist ebenfalls qualitativ richtig und die Breite des Strahls wird
korrekt berechnet. Für das Temperaturfeld (Abbildung 6.6) zeigen sich ähnlich gute Er-
gebnisse. Es sind zwar ebenso wie für die Geschwindigkeit im Bereich unmittelbar stromab
der Düse sind keine Messungen vorhanden, so dass über die Güte des Temperaturverlaufs
dort keine direkte Aussage gemacht werden kann, aber ab der ersten Messebene zeigt sich
generell eine qualitativ sehr gute Übereinstimmung der Simulation mit den experimentel-
len Daten. Der berechnete Temperaturverlauf paßt sowohl in axialer als auch in radialer
Richtung gut zu den gemessenen Werten. Auch die Position des Beginns der Hauptflamme
wird richtig dargestellt. Sie beginnt sowohl im Experiment als auch in der Simulation etwa
bei x = 0, 1 m.

0.15
u
u / (m/s)
80
75
70
65
60
55
0.1 50
45
40
35
30
y/m

25
20
15
0.05 10
5
0
-5
-10

0 0.05 0.1
x/m

Abbildung 6.5: Farbverlauf der Axialgeschwindigkeit für F1 (Experiment unten, Simulation


oben)
6.2 ERGEBNISSE FÜR FLAMME F1 95

0.15
TT/K
2086
1974
1863
1751
1639
1527
0.1 1416
1304
1192
1080
969
y/m

857
745
633
0.05 522
410

0 0.05 0.1
x/m

Abbildung 6.6: Farbverlauf der der Temperatur für F1 als Vergleich von Experiment (unten)
und Simulation (oben)

Für die in diesem Abschnitt dargestellten Ergebnisse, als auch für die in den beiden folgen-
den Abschnitte gezeigten Ergebnisse für Flamme F2 und F3, wurde für das Mischungsmo-
dell jeweils mit dem Standardwert für Cφ von 2, 1 gerechnet. Eine Variation dieses Wertes
zur richtigen Wiedergabe der Temperatur- und Speziesverläufe in der Simulation war im
Gegensatz zu den Rechnungen der K-, L- und M-Flamme im vorherigen Kapitel hier nicht
notwendig. Der Grund dafür sind die deutlich detaillierteren Messdaten, die zur Bestim-
mung der Randbedingungen für die Simulationen herangezogen werden können. So ist das
turbulente Längenmaß am Auslass des Brenners gemessen worden und kann zur Bestim-
mung einer validen Randbedingung (siehe Abschnitt 6.1.3) für die im Turbulenzmodell
gelöste Gleichung für das turbulente Zeitmaß herangezogen werden. Die bei der K-, L- und
M-Flamme durch die Abschätzung des turbulenten Zeitmaßes verursachte Unsicherheit be-
steht für die Flammen F1, F2 und F3 somit nicht.
Ein Vergleich der gemessenen und berechneten radialen Profile in den fünf Messebenen
soll eine detaillierte Validierung der Simulationsergebnisse ermöglichen. Aus der Vielzahl
an vorhandenen Daten wurden zur Validierung des Strömungsfeldes die Messdaten für die
Axialgeschwindigkeit und die turbulente kinetische Energie in den Ebenen A bis C ausge-
wählt. Zur Validierung der skalaren Größen sollen exemplarisch die Temperatur und die
spezifische Molzahl von CH4 herangezogen werden. Dargestellt sind hier die Ergebnisse
in den Ebenen C bis E. Die anderen nicht dargestellten Ebenen zeigen jeweils qualitativ
ähnliche Ergebnisse [160]. Die Temperatur soll eine Orientierungsgröße für den Fortschritt
der chemischen Reaktion darstellen und zusätzlich den Einfluss der Einmischung des hei-
ßen Abgases aus dem Pilotbrenner aufzeigen. Die spezifische Molzahl von CH4 liefert eine
Information über den Abbau des aus dem Hauptgasstroms stammenden Brennstoffs.
96 KAPITEL 6: ERGEBNISSE FÜR EINE STATIONÄRE VORGEMISCHTE FLAMME

Der Vergleich zwischen gemessenen und berechneten Profilen ist in Abbildung 6.7 für die
Axialgeschwindigkeit und die turbulente kinetische Energie gezeigt. Aufgetragen ist jeweils
der Radius über der betrachteten Größe. Die einzelnen Zeilen stellen eine der Messebe-
nen A bis C dar. In der linken Spalte findet sich die Axialgeschwindigkeit in der rechten
jeweils die turbulente kinetische Energie. Die Symbole stellen die Messergebnisse dar, die
Linien die Resultate der Simulationen. In allen drei Messebenen stimmen die Profile der
Axialgeschwindigkeit von Messung und Simulation sehr gut überein. Sowohl der radiale
Verlauf als auch der absolute Wert werden gut getroffen. Bei der turbulenten kinetischen
Energie sind die Ergebnisse ähnlich gut, allerdings ergeben sich in allen drei Ebenen leichte
Abweichungen der Simulationsergebnisse. In der ersten Ebene nahe am Brenner wird die
radiale Höhe des Scherschicht leicht unterschätzt und somit liegt auch das Maximum der
turbulenten kinetischen Energie bei einem zu niedrigen y−Wert. Ab der mittleren Ebene
wird die Höhe wieder richtig berechnet. In Ebene B kann der Verlauf von k nahezu optimal
wiedergegeben werden. Lediglich unmittelbar an der Symmetrieachse ist der absolute Wert
zu klein. In der letzten dargestellten Ebene wird das Maximum der turbulenten kineti-
schen Energie um etwa 10 % überschätzt. Ebenso wird hier im Bereich der Symmetrieachse
ein zu niedriger Wert von k berechnet. Diskrepanzen der simulierten Werte im Bereich
der Symmetrieachse werden allem Anschein nach durch die in der Simulation notwendige
Randbedingung verursacht. Sie versuracht einen zur Symmetrieachse senkrechten Gran-
dienten von k. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass das durch die Simulation
berechnete Strömungsfeld sehr gut die experimentell gemessenen Werte wiedergibt.
Der Vergleich der Simulationsergebnisse für Temperatur und spezifische Molzahl von CH4
mit den dazugehörigen experimentellen Daten ist in Abbildung 6.8 dargestellt. In der lin-
ken Spalte der Abbildung ist jeweils der Abstand von der Symmetrieachse des Brenners
über der Temperatur aufgetragen, die rechte Spalte zeigt den Abstand über der spezifi-
schen Molzahl von CH4 . Die einzelnen Zeilen stellen die Messebenen C bis E dar. Das
Temperaturprofil kann in allen drei Ebenen sehr gut wiedergegeben werden. Lediglich in
der am weitesten vom Brenner entfernten Messebene wird der Maximalwert der Tempe-
ratur um knapp 10% unterschätzt. An der Symmetrieachse zeigt sich durch den Einfluss
der Randbedingung ebenfalls eine stärkere Abweichung zwischen den gemessenen und si-
mulierten Werten. Der prinzipielle Verlauf der spezifischen Molzahl von Methan wird wie
die rechte Spalte von Abbildung 6.8 zeigt in allen Messebenen qualitativ richtig wieder-
gegeben. Die an die experimentellen Datenpunkte gezeichneten Fehlerbalken geben die in
der Literatur angegebene Messunsicherheit von 10% bis 15% wieder [26]. Die experimen-
tellen Werte der spezifischen Molzahl basieren auf Ramanmessungen. Es ergeben sich in
allen Ebenen zumindest geringe Abweichung zwischen den experimentellen und den simu-
lierten Werten. Betrachtet man diese Abweichung, so liegen die simulierten Werte für alle
Messebenen zumindest nahezu innerhalb der angegebenen Messunsicherheit. Zudem muss
vermutet werden, dass die Messunsicherheit in Bereichen kleiner spezifischer Molzahlen,
6.2 ERGEBNISSE FÜR FLAMME F1 97

0.03 0.03

0.02 0.02

y/m
y/m

0.01 0.01

0 0
0 20 40 60 80 0 20 40 60 80 100 120 140
u / (m/s) k / (m²/s²)

(a) Ebene A (x = 30 mm) (d) Ebene A (x = 30 mm)


0.03 0.03

0.02 0.02
y/m

y/m

0.01 0.01

0 0
0 20 40 60 80 0 20 40 60 80 100 120 140
u / (m/s) k / (m²/s²)

(b) Ebene B (x = 54 mm) (e) Ebene B (x = 54 mm)


0.03 0.03

0.02 0.02
y/m
y/m

0.01 0.01

0 0
0 20 40 60 80 0 20 40 60 80 100 120 140
u / (m/s) k / (m²/s²)

(c) Ebene C (x = 78 mm) (f) Ebene C (x = 78 mm)

Axialgeschwindigkeit Turbulente kinetische Energie

Abbildung 6.7: Vergleich der gemessenen (Punkte) und simulierten (Linie) Axialgeschwindigkeit
und turbulenten kinetischen Energie in den Messebenen A bis C in des Brenners
98 KAPITEL 6: ERGEBNISSE FÜR EINE STATIONÄRE VORGEMISCHTE FLAMME

0.03 0.03

0.02 0.02
y/m

y/m
0.01 0.01

0 0
400 600 800 1000 1200 1400 1600 1800 0.5 1 1.5 2 2.5 3 3.5
T/K n_CH4 / (mol/kg)

(a) Ebene C (x = 78 mm) (d) Ebene C (x = 78 mm)


0.03 0.03

0.02 0.02
y/m

y/m

0.01 0.01

0 0
400 600 800 1000 1200 1400 1600 1800 0.5 1 1.5 2 2.5 3 3.5
T/K n_CH4 / (mol/kg)

(b) Ebene D (x = 102 mm) (e) Ebene D (x = 102 mm)


0.03 0.03

0.02 0.02
y/m

y/m

0.01 0.01

0 0
400 600 800 1000 1200 1400 1600 1800 0.5 1 1.5 2 2.5 3 3.5
T/K n_CH4 / (mol/kg)

(c) Ebene E (x = 126 mm) (f) Ebene E (x = 126 mm)

Temperatur Spezifische Molzahl von CH4

Abbildung 6.8: Vergleich des gemessenen (Punkte) und simulierten (Linie) Temperaturprofils
und der spezifischen Molzahl des Brennstoffs in den Messebenen C bis E des Brenners
6.3 ERGEBNISSE FÜR FLAMME F2 99

wo die Diskrepanz der experimentellen und simulierten Werte in der Tendenz stärker ist,
durch die dort vorhandene geringe Signalstärke in der Messungen tendenziell eher größer
sein sollte. In Bereichen nahe der Strahlachse sind keine Messwerte vorhanden, so dass über
die Güte der Simulation in diesem Bereich keine unmittelbare Aussage möglich ist.
Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass die Strömungsgrößen sehr gut mit den experi-
mentellen Daten übereinstimmen. Somit liegt der Schluss nahe, dass die verwendeten CFD
Teilmodelle das untersuchte Strömungsproblem ausreichend gut beschreiben können. Die
gute Übereinstimmung bei Temperaturfeld und anderen Skalarfeldern zeigt zum einen, daß
die Kopplung zwischen CFD und PDF Teil des Modells auch für vorgemischte Flammen
gut funktioniert und sowohl die reaktionskinetischen Modelle als auch die Modelle zur Be-
schreibung des molekularen Transports auf Seiten des PDF Lösers für vorgemischte Systeme
gut funktionieren.
Um diese Aussagen zu untermauern wurden zusätzlich Simulationsrechungen für anderen
globale Betriebsparameter des Brenners (Flamme F1 und F2) durchgeführt. Die Resultate
hiervon sind in den folgenden beiden Abschnitten zu finden.

6.3 Ergebnisse für Flamme F2


Die globalen Betriebsparameter von Flamme F1 und Flamme F2 unterscheiden sich ledig-
lich in der Austrittgeschwindigkeit des Hauptgasstroms. Sie beträgt bei F2 nur 50 ms im
Vergleich zu 65 ms bei Flamme F1. Dies führt zu einer geringeren Scherung zwischen Pilot-
und Hauptgastrom. Gleichzeitig nimmt dadurch die Turbulenzintensität ab. Die turbulente
Dammköhlerzahl
τc
Dat = (6.4)
τt
definiert als Verhältnis aus einer chemischen Zeitskala der Reaktion τc und einem Zeitmaß
der turbulenten Strömung τt ist größer.
Die Validierung der Ergebnisse soll wieder mit einem qualitativen Vergleich der Messdaten
und Simulationen beginnen. Dargestellt sind hierzu jeweils die Daten von Messung und
Simulation in zwei Farbverlaufsdiagrammen. Die Diagramme veranschaulichen zusätzlich
für welchen Bereich der Flamme Messdaten vorhanden sind. Die erste Abbildung 6.9 stellt
einen qualitativen Vergleich der Axialgeschwindigkeit von Simulation und Messung dar.
Wie im vorherigen Abschnitt bei Flamme F1 ist hier wieder ein Schnitt in der x, y-Ebene
des Brenners durch die Symmetrieachse dargestellt. Der obere Teil des Bildes zeigt das
Simulationsergebnis, der untere Teil die Resultate der Messungen. Qualitativ passen beide
Farbverläufe gut zu einander. Die Geschwindigkeit in Strahlrichtung und die Aufweitung des
Strahls werden in der Simulation richtig vorhergesagt. Die Farbkodierung zeigt, dass auch
die Absolutwerte der berechneten Geschwindigkeiten zumindest in der richtigen Größen-
ordnung liegen. Ein detailierter Vergleich der gemessenen und berechneten radialen Profile
findet sich unten.
100 KAPITEL 6: ERGEBNISSE FÜR EINE STATIONÄRE VORGEMISCHTE FLAMME

0.15
u / (m/s)
u
60
55
50
45
40
35
0.1 30
25
20
15
10
y/m

5
0
-5
0.05

0 0.05 0.1
x/m

Abbildung 6.9: Farbverlauf der Axialgeschwindigkeit für F2 (Experiment unten, Simulation


oben)

0.15
T /TK
2100
2000
1900
1800
1700
1600
0.1 1500
1400
1300
1200
1100
y/m

1000
900
800
0.05 700
600
500
400

0 0.05 0.1
x/m

Abbildung 6.10: Farbverlauf der der Temperatur für F2 als Vergleich von Experiment (unten)
und Simulation (oben)

Ein ähnliches Bild zeigt sich für den Temperaturverlauf. Ein Vergleich der Simulationser-
gebnisse mit den experimentellen Daten ist in Abbildung 6.10 zu sehen. Ebenfalls stimmen
hier die Breite des Strahls sowie der qualitative Temperaturverlauf gut miteinander über-
ein. Der Beginn der Hauptflamme liegt aufgrund der geringeren Strömungsgeschwindigkeit
etwas niedriger als bei Flamme F1 und fällt etwa in die Mitte des durch Messungen ab-
gedeckten Bereichs. Der Flammenbeginn liegt in der Simulation in axialer Richtung etwas
zu hoch. Die Übereinstimmung mit der Lage im Experiment ist jedoch gut. Die absolu-
6.3 ERGEBNISSE FÜR FLAMME F2 101

ten berechneten Temperaturen stimmen, wie die Farbkodierung zeigt, ebenfalls über den
gesamten messtechnisch untersuchten Bereich, sehr gut mit den Messungen überein. Die
Einlasstemperatur des Pilotbrenners wird zur Berücksichtigung von Wärmeverlusten am
Brennerkopf herabgesetzt. Dieses Vorgehen deckt sich mit den in der Literatur veröffent-
lichten Ergebnissen anderer Arbeitsgruppen [143]. Auch dort ließen sich die experimentellen
Werte nur unter Berücksichtigung des Wärmeverlustes und der dadurch verursachten ge-
ringeren Eintrittstemperatur des Piloten reproduzieren.
Qualitativ gesehen ist die Güte der Simulationergebnisse für diesen Betriebszustand der
Flamme vergleichbar hoch wie für Flamme F1. Zu einer detaillierten Validierung der simu-
lierten Werte werden im folgenden die radialen Profile aus den Messungen in verschiedenen
Ebenen im Freistahlgebiet der Flamme herangezogen. Abbildung 6.11 zeigt diesen Vergleich.
In der linken Spalte finden sich die Geschwindigkeitsprofile von Messung und Simulation, in
der rechten Spalte die Profillinien der turbulenten kinetischen Energie. Die einzelnen Zeilen
stellen jeweils eine Messebene dar. Während das Geschwindigkeitsprofil in allen Ebenen
sehr gut berechnet werden kann, zeigt sich bei der turbulenten kinetischen Energie eine
gewisse Diskrepanz zwischen Simulation und Experiment. Besonders in der ersten Ebene
weichen die Werte stark von einander ab. In der Simulation wird zunächst die Produkti-
on der turbulenten kinetischen Energie deutlich überschätzt weshalb ein deutlich zu hoher
Wert herauskommt. Die turbulente kinetische Energie dissipiert danach aber rasch wieder,
so dass ab der zweiten Messebene B die beiden Profile wieder gut zu einander passen.
Auch in Ebene C sind lediglich geringe Abweichungen zu beobachten. Qualitativ wird der
Profilverlauf in allen Ebenen durch die Simulation korrekt wiedergegeben.
Aus den verschiedenen als Messdaten vorhandenen Skalarprofilen wurden die radialen Pro-
file der Temperatur und der spezifischen Molzahl von CH4 zusätzlich im Detail mit den
Simulationsergebnissen verglichen. Dargestellt ist dieser Vergleich in Abbildung 6.12. In
der linken Spalte sind die Temperaturprofile und in der rechten Spalte das Profil der spe-
zifischen Molzahl von CH4 dargestellt. Die Zeilen zeigen jeweils die Messebenen B bis D.
Im Bereich nahe der Symetrielinie bis etwa y = 0, 01 m ist die Übereinstimmung von ge-
messenem und berechnetem Temperaturverlauf sehr gut. Lediglich in Bereich des Maxi-
mums der Temperatur gibt es in allen Ebenen eine geringe Abweichung. Grund hierfür ist
voraussichtlich, dass es sich, wie oben dargestellt, als schwierig erweist exakte Randbedin-
gungen für den Pilotbrenner aus der Literatur abzuleiten (siehe Abschnitt 6.1). Dies fällt
bei Flamme F2 mehr ins Gewicht als bei Flamme F1 da die Ausströmgeschwindigkeit des
Hauptstroms geringer ist und somit auch der Enthalpie- und Impulsunterschied zwischen
beiden Strömen geringer wird. Erst weiter stromab im Rechengebiet wird also der Einfluss
der wahrscheinlich zumindest bedingt unphysikalischen Randbedingung abgeklungen sein.
Dadurch wirken sich die vorhandenen Unsicherheiten der Randbedingungen stärker auf die
Simulationsergebnisse aus. Bei den auf der rechten Seite in Abbildung 6.12 aufgetragenen
CH4 Profilen sind den Messwerten Fehlerbalken hinzugefügt worden. Die Breite der Fehler-
102 KAPITEL 6: ERGEBNISSE FÜR EINE STATIONÄRE VORGEMISCHTE FLAMME

0.03 0.03

0.02 0.02

y/m
y/m

0.01 0.01

0 0
0 20 40 60 80 0 20 40 60 80 100
u / (m/s) k / (m²/s²)

(a) Ebene A (x = 30 mm) (d) Ebene A (x = 30 mm)


0.03 0.03

0.02 0.02
y/m
y/m

0.01 0.01

0 0
0 20 40 60 80 0 20 40 60 80 100
u / (m/s) k / (m²/s²)

(b) Ebene B (x = 54 mm) (e) Ebene B (x = 54 mm)


0.03 0.03

0.02 0.02
y/m

y/m

0.01 0.01

0 0
0 20 40 60 80 0 20 40 60 80 100
u / (m/s) k / (m²/s²)

(c) Ebene C (x = 78 mm) (f) Ebene C (x = 78 mm)

Axialgeschwindigkeit Turbulente kinetische Energie

Abbildung 6.11: Vergleich der gemessenen (Punkte) und simulierten (Linie) Axialgeschwindig-
keit und turbulenten kinetischen Energie in den Messebenen A bis C der Flamme F2
6.3 ERGEBNISSE FÜR FLAMME F2 103

0.03 0.03

0.02 0.02

y/m
y/m

0.01 0.01

0 0
400 600 800 1000 1200 1400 1600 1800 0 0.5 1 1.5 2 2.5 3 3.5
T/K n_CH4 / (mol/kg)

(a) Ebene B (x = 54 mm) (d) Ebene B (x = 54 mm)


0.03 0.03

0.02 0.02
y/m

y/m

0.01 0.01

0 0
400 600 800 1000 1200 1400 1600 1800 0 0.5 1 1.5 2 2.5 3 3.5
T/K n_CH4 / (mol/kg)

(b) Ebene C (x = 78 mm) (e) Ebene C (x = 78 mm)


0.03 0.03

0.02 0.02
y/m

y/m

0.01 0.01

0 0
400 600 800 1000 1200 1400 1600 1800 0 0.5 1 1.5 2 2.5 3 3.5
T/K n_CH4 / (mol/kg)

(c) Ebene D (x = 102 mm) (f) Ebene D (x = 102 mm)

Temperatur Spezifische Molzahl von CH4

Abbildung 6.12: Vergleich des gemessenen (Punkte) und simulierten (Linie) Temperaturpro-
fils und der spezifischen Molzahl des Brennstoffs in den Messebenen C bis E des Brenners im
Betriebspunkt F2
104 KAPITEL 6: ERGEBNISSE FÜR EINE STATIONÄRE VORGEMISCHTE FLAMME

balken entspricht der in der Literatur [26] angegebenen Messunsicherheit von 15 %. Auch
für Flamme F2 sind keine Messdaten nahe der Symmetrieachse vorhanden. Die berechneten
Profile passen qualitativ in allen drei Ebenen gut zu den experimentellen Daten. Im Bereich
mittlere Abstände von der Symmetrieachse liegen die Simulationsergebnisse innerhalb der
Messunsicherheit des Experiments. Lediglich in Bereichen etwas weiter weg von der Sym-
metrielinie ist ein geringer Unterschied zu den experimentellen Werten zu sehen. Ob in
diesem Bereich kleiner Absolutwerte von CH4 und somit auch geringerer Signalstärken im
Experiment immer noch derselbe prozentuale Fehler auftritt wird in der Literatur nicht
diskutiert, bleibt jedoch zumindest fraglich. Generell bleibt es somit schwierig die Güte der
Simulationsergebnisse in diesem Bereich der Flamme zu beurteilten. Es bleibt festzuhalten,
daß die Rechungen auch bei einer detaillierten Betrachtung der Profillinien eine sehr gute
Übereinstimmung mit den experimentellen Daten zeigen.
Das abschließende Fazit der Validierungsrechnungen für den Betriebszustand F2 fällt ähn-
lich positiv aus wie für Flamme F1. Die qualitativen Verläufe sowohl der Temperatur, der
spezifischen Molzahl von Methan, der Axialgeschwindigkeit als auch der turbulenten ki-
netischen Energie ließen sich sehr gut validieren. Die quantitativen Profile der genannten
Größen passen ebenfalls über einen weiten Bereich der Flamme sehr gut zu den experi-
mentellen Befunden. Abweichungen die ausserhalb der Messunsicherheit liegen sind bis zu
einem gewissen Grad auf die unvermeidbaren Unsicherheiten bei der Festlegung der Rand-
bedingungen zurückführen. Für die dargestellten Resulate konnte in allen Teilmodellen mit
den aus der Literatur bekannten Standardparametern gerechnet werden. Insbesondere gilt
dies für das Mischungsmodell im PDF Teil als auch für das Turbulenzmodell im CFD Teil,
für welche keine Anpassungen der Modellparameter vorgenommen worden sind.

6.4 Ergebnisse für Flamme F3


Im dritten Betriebszustands des Brenners, der in der Literatur als Flamme F3 bezeich-
net wird, ist die Austrittsgeschwindigkeit des Hauptgasstroms nocheinmal geringer als bei
Flamme F2. Sie beträgt nur noch 30 ms . Damit ist die Reynoldszahl am geringsten und die
turbulente Damköhlerzahl am größten von allen drei untersuchten Flammen.
Auch für diese Flamme sollen zunächst Farbverlaufsdiagramme der Axialgeschwindigkeit
und der Temperatur aus Experiment und Simulation miteinander verglichen werden. Ab-
bildung 6.13 zeigt zunächst die Axialgeschwindigkeit in einem Schnitt durch die x, y-Ebene
des Brenners. Der Wert der Axialgeschwindigkeit ist als Farbverlauf dargestellt. Oberhalb
der schwarzen Linie bei positiven y-Werten sind die Simulationsdaten aufgetragen und
unterhalb der schwarzen Linie die Messdaten. Ein Vergleich zeigt, dass die Ergebnisse so-
wohl qualitativ als auch quantitativ sehr gut übereinstimmen. Die leichte Aufweitung der
Hauptgasströmung stromab wird korrekt dargestellt und auch in radialer Richtung kann
im gesamten Bereich das Geschwindigkeitsprofil gut wiedergegeben werden. Ähnlich gut
6.4 ERGEBNISSE FÜR FLAMME F3 105

0.15
u / (m/s)
u
35
32
29
26
23
20
0.1 17
13
10
7
4
y/m

1
-2
-5
0.05

0 0.05 0.1
x/m

Abbildung 6.13: Farbverlauf der Axialgeschwindigkeit für F3 (Experiment unten, Simulation


oben)

0.15
T /TK
2100
2000
1900
1800
1700
1600
0.1 1500
1400
1300
1200
1100
y/m

1000
900
800
0.05 700
600
500
400

0 0.05 0.1
x/m

Abbildung 6.14: Farbverlauf der Temperatur für F3 als Vergleich von Experiment (unten) und
Simulation (oben)

läßt sich auch das Temperaturfeld der Flamme in der Simulation darstellen. In Abbildung
6.14 ist der Vergleich der Simulationsergebnisse und der experimentellen Daten gezeigt.
Beide Farbverläufe stimmen sehr gut miteinander überein. Der Beginn der Hauptflamme
wird richtig vorhergesagt. Er sitzt auf Grund der geringeren Austrittsgeschwindigkeit im
Vergleich zu F1 und F2 näher an der Austrittsebene des Brenners bei etwa x = 0, 05 m.
Um die Simulationsdaten im Detail besser mit den experimentellen Werten vergleichen
zu können sind im folgenden wieder Profillinien verschiedener Größen aus Simulation und
106 KAPITEL 6: ERGEBNISSE FÜR EINE STATIONÄRE VORGEMISCHTE FLAMME

Messung gegeneinander aufgetragen. Die Diagramme zeigen jeweils Ebenen die parallel zur
Austrittsebenen des Brenners liegen. In Abbildung 6.15 ist ein Vergleich der Profile von
Axialgeschwindigkeit und Temperatur in verschiedenen Höhen über dem Brenneraustritt
aufgetragen. In der linken Spalte ist die Geschwindigkeit und in der rechten Spalte die
Temperatur abgebildet. Die einzelnen Zeilen stellen jeweils eine Messebene oberhalb des
Brenners dar. Der angegebene Abstand entspricht dem Abstand zur Austrittsfläche. Aufge-
tragen in den Diagrammen ist der Abstand von der Symmetrielinie über der untersuchten
Größe. In den Ebenen A und B passen die simulierten Geschwindigkeitsprofile sehr gut zu
den Messergebnissen. Es sind lediglich miminale Abweichungen zu beobachten. In der letz-
ten Ebene C gibt es bei Radien größer als 0, 01 m eine geringe Diskrepanz zwischen dem aus
der Simulation erhaltenen und dem gemessenen Geschwindigkeitsverlauf. Der rechts darge-
stellte Temperaturverlauf passt in den Ebenen B und C nahe zu exakt zu den gemessenen
Profilen. Geringe Abweichungen zeigen sich lediglich in einem leicht zu großen Maximalwert
in Ebene C und in einer etwas zu großen Temperatur bei kleinen Radien in Ebene B. In
Messebene A hingegen ist die Abweichung zwischen Experiment und Simulation deutlich
größer. Zwar passt der Profilverlauf qualitativ sehr gut zu den Messergebnissen, quantitativ
ist jedoch doch eine deutliche Abweichung festzustellen. Hier wirken sich die vorhandenen
Unsicherheiten bei der Bestimmung der experimentellen Randbedingungen und ihren Ad-
aption für die Simulationen deutlich aus. So spielt möglicherweise der bereits im vorherigen
Abschnitt angeführte Wärmeverlust am Brennerkopf eine wesentliche Rolle.
Die nächste Abbildung soll verdeutlichen, dass zusätzlich zu den bisher dargestellten Größen
mit dem in dieser Arbeit entwickelten Simulationsmodell noch die Verteilung aller weiterer
Spezies berechnet werden kann. Prinzipiell lassen sich Werte für alle im detaillierten Reakti-
onsmechnismus vorkommende Spezies bestimmen. Ausgewählt wurden ein paar wenige für
die zusätzlich Messdaten vorhanden sind. Abbildung 6.16 stellt die Profile der spezifischen
Molzahl von CH4 , O2 und H2 O dar. Die linke Spalte zeigt radiale Profile in Ebene B, die
rechte Spalte radiale Profile in Ebene C. Die einzelnen Zeilen zeigen jeweils eine der Größen.
Aufgetragen ist in jeder Einzelabbildung der radiale Abstand von der Symmetrielinie über
der spezifischen Molzahl der jeweiligen Größe. Die Ergebnisse der Simulationsrechnungen
sind als Linie eingezeichnet und die Punkte stellen die Messdaten dar. Die eingezeichneten
Fehlerbalken bei den experimentellen Werten entsprechen der in der Literatur angeführten
experimentellen Unsicherheit von 15%. Betrachtet man zunächst das Profil von CH4 so
liegt der berechnete Verlauf bei nahezu allen Messpunkten innerhalb der experimentellen
Unsicherheit. Lediglich kleine Unterschiede sind zu beobachten. Das Methanprofil ergibt
sich als Überlagerung des Effekts der Lufteinmischung von außen und des Abbaus von
Methan durch die Reaktion. Ganz ähnlich sieht dies bei dem in der zweiten Zeile darge-
stellten Sauerstoffprofil aus. Es folgt ebenfalls aus dem Verbrauch von Sauerstoff durch die
chemische Reaktion und der Einmischung aus der Umgebungsluft. Die simulierten Werte
liegen ebenfalls für nahezu alle Punkte innerhalb des experimentell bestimmten Bereichs.
6.4 ERGEBNISSE FÜR FLAMME F3 107

0.03 0.03

0.02 0.02

y/m
y/m

0.01 0.01

0 0
0 20 40 60 80 400 600 800 1000 1200 1400 1600 1800 2000
u / (m/s) T/K

(a) Ebene A (x = 30 mm) (d) Ebene A (x = 30 mm)


0.03 0.03

0.02 0.02
y/m
y/m

0.01 0.01

0 0
0 20 40 60 80 400 600 800 1000 1200 1400 1600 1800 2000
u / (m/s) T/K

(b) Ebene B (x = 54 mm) (e) Ebene B (x = 54 mm)


0.03 0.03

0.02 0.02
y/m
y/m

0.01 0.01

0 0
0 20 40 60 80 400 600 800 1000 1200 1400 1600 1800 2000
u / (m/s) T/K

(c) Ebene C (x = 78 mm) (f) Ebene C (x = 78 mm)

Axialgeschwindigkeit Temperatur

Abbildung 6.15: Vergleich der gemessenen (Punkte) und simulierten (Linie) Axialgeschwindig-
keit und der Temperatur in den Messebenen A bis C der Flamme F3
108 KAPITEL 6: ERGEBNISSE FÜR EINE STATIONÄRE VORGEMISCHTE FLAMME

0.03 0.03

0.02 0.02
y/m

y/m
0.01 0.01

0 0
0.5 1 1.5 2 2.5 3 3.5 0 0.5 1 1.5 2 2.5 3 3.5
n_CH4 / (mol/kg) n_CH4 / (mol/kg)

(a) nCH4 (d) nCH4

0.03 0.03

0.02 0.02
y/m

y/m

0.01 0.01

0 0
1 2 3 4 5 6 7 1 2 3 4 5 6 7
n_O2 / (mol/kg) n_O2 / (mol/kg)

(b) nO2 (e) nO2

0.03 0.03

0.02 0.02
y/m

y/m

0.01 0.01

0 0
1 2 3 4 5 6 7 8 1 2 3 4 5 6 7 8
n_H2O / (mol/kg) n_H2O / (mol/kg)

(c) nH2 O (f) nH2 O

Ebene B Ebene C

Abbildung 6.16: Vergleich der gemessenen (Punkte) und simulierten (Linie) spezifischen Molzahl
verschiedener Skalare in den Messebenen B und C für Flamme F3
6.4 ERGEBNISSE FÜR FLAMME F3 109

Jedoch zeigen sich analog zum Verlauf von Methan auch hier kleine Unterschiede zwischen
Simulation und Experiment. Die in der letzten Zeile dargestellte spezifische Molzahl von
Wasser ist eine Kenngröße für den Reaktionsfortschritt. Er wird in beiden dargestellten
Ebenen richtig berechnet. Das durch Simulation bestimmte H2 O Profile ist generell etwas
niedriger als der gemessene Verlauf. Allerdings liegen die berechneten Werte noch innerhalb
der experimentellen Unsicherheit.
Als Fazit bleibt festzuhalten, dass sich auch die Flamme F3 sowohl qualitativ als auch quan-
titaiv sehr gut durch das in dieser Arbeit entwickelte Simulationsmodell beschreiben läßt.
Dies gilt grundsätzlich für alle Höhen über dem Brenneraustritt und auch für nahezu alle
betrachteten Größen. Das Modell eignet sich also prinzipiell zur Berechnung vorgemischter
Flammen und konnte mit den gezeigten Fällen F1 bis F3 über einen weiten Reynolds- und
Damköhlerzahlbereich validiert werden.
Kapitel 7

Simulation des
verbrennungsinduzierten
Wirbelaufplatzen

Die Validierungsrechungen in den beiden vorherigen Kapiteln zeigen, dass es mit dem in
dieser Arbeit entwickelten Modell grundsätzlich möglich ist statistisch stationäre turbulente
Flammen zu simulieren. Dies gilt sowohl für vorgemischte als auch für nicht-vorgemischte
Systeme. Der Strömungszustand der untersuchten Flammen umfasst dabei einen weiten Be-
reich unterschiedlicher Turbulenzgrade und Verhältnisse von chemischen und physikalischen
Zeitskalen. Die Übereinstimmung mit den experimentellen Daten war in allen Fällen sehr
gut. Nun soll gezeigt werden, dass sich das entwickelte Modell prinzipiell auch zur Beschrei-
bung instationärer Prozesse in turbulenten Flammen eingesetzt werden kann. Als Beispiel
für einen instationären Prozess wurden Flammenrückschläge durch verbrennungsinduziertes
Wirbelaufplatzen [44, 70] untersucht. Dieses Phänomen kann in vorgemischten Drallflam-
men auftreten, die nahe an der mageren Löschgrenze betrieben werden. Technisch relevant
sind solche Flammen insbesondere bei modernen schadstoffarmen Brennerkonzepten für
Gasturbinen wie zum Beispiel LPP1 Brennern. Das verbrennungsinduzierte Wirbelaufplat-
zen führt dabei dazu, dass die Flamme bei Schwankung der Betriebsparameter von ihren
stabilen Betriebspunkt in der Brennkammer sehr rasch und unaufhaltsam in die Vormisch-
strecke des Brenners wandert. Dort kann die Flammeneinwirkung zu massiven Schäden bis
hin zur vollständigen Zerstörung des technischen Systems führen.
Das folgende Kapitel fasst zunächst einige Grundlagen zur Phänomenologie des verbren-
nungsinduzierten Wirbelaufplatzens zusammen und stellt das untersuchte Brennersystem
dar. Dabei handelt es sich um ein eng an reale Brennersysteme angelehntes Modellsystem.
Die beiden folgenden Abschnitte des Kapitels zeigen dann eine detailierte Untersuchung
eines exemplarisch ausgewählten Rückschlagspunktes und eine Parameterstudie über den
1
Lean Premixed Prevaporized

111
112 KAPITEL 7: SIMULATION DES VERBRENNUNGSINDUZIERTEN WIRBELAUFPLATZEN

Einfluss einiger relavanter Betriebsparameter auf das Rückschlagverhalten der Flamme.


Hier kann ein Bereich stabiler Betriebspunkte in den Simulationen indentifiziert werden.
Dieser Bereich wird dann mit dem experimentell ermittelten Stabilitätsbereich verglichen.

7.1 Ursachen und Erscheinungsformen von


Flammenrückschlägen
Grundsätzlich besteht bei vorgemischten Systemen immer die Gefahr von Flammenrück-
schlägen, da sich eine Flamme stromauf der Brennkammer in allen Bereichen, in welchen
Brennstoff und Luft bereits gemischt sind, etablieren kann. Die Mechanismen, die zu einem
Rückschlagen der Flamme führen, können jedoch je nach den speziellen Gegebenheiten des
betrachteten Anwendungsfalls sehr verschieden sein. Eine gute Übersicht über die denkba-
ren Mechanismen findet sich in [137]. Dort werden einzelne Möglichkeiten wie es zu einem
Flammenrückschlag kommen kann im Detail diskutiert. Die dort zusammengefassten Punk-
te sind im folgenden kurz dargestellt.

• Flammenrückschlag durch Selbstzündung


Selbstzündung geschieht ohne vorherige Existenz einer Flamme dadurch, dass die
Verweilzeit der Brennstoff/Luft Mischung größer als die Zündverzugszeit wird und
es so zu Selbstzündung in der Vormischstrecke kommt. Die Zündverzugszeit hängt
maßgeblich von der lokalen Temperatur, dem Druck und der Luftzahl ab (z.B. [161]).

• Flammenrückschlag in Grenzschichten
In Grenzschichten kann die Strömungsgeschwindigkeit so gering werden, dass es zu
einem Stromaufpropagieren der Flamme entlang zum Beispiel der Grenzschicht einer
Wand kommen kann. Dieser Effekt ist durch Flammenlöschen in Folge von Quenching
begrenzt. Die Arbeiten von Lewis und von Elbe [76] formulieren ein Kriterium beste-
hend aus dem Geschwindigkeitsgradient an einer Wand und dem minimalen Abstand
(Quenchabstand) von einer Wand bei dem eine Flamme noch existieren kann und
treffen somit Vorraussagen ob es zum Flammenrückschlag in einer Wandgrenzschicht
kommen kann. Dieser Effekt tritt vorwiegend bei drallfreien niedrig turbulenten Strö-
mungen [45] oder lagsamen katalytischen Verbrennungen auf [121].

• Turbulente Flammenausbreitung in der Kernströmung


Hierzu kann es kommen wenn die lokale turbulente Brenngeschwindigkeit sT größer
als die lokale Strömungsgeschwindigkeit wird. Die turbulente Brenngeschwindigkeit
nimmt mit steigender Turbulenzintensität zu. Eine Möglichkeit diesen Effekt zu er-
klären liegt in der Vorstellung, dass die Oberfläche einer turbulenten Flammenfront
durch die Turbulenzballen der Strömung gestreckt und gekrümmt wird und dadurch
7.1 URSACHEN UND ERSCHEINUNGSFORMEN VON FLAMMENRÜCKSCHLÄGEN 113

deutlich größer als bei einer laminaren Flamme ist. Eine größere Flammenfronto-
berfläche führt vereinfacht gesagt zu einem schnellern Umsatz des Brennstoffs pro
Zeit- und Volumeneinheit und somit zu einer höheren Brenngeschwindigkeit. Beob-
achtbar ist dieser Effekt zum Beispiel in hochturbulenten Drallflammen. Dort kann
in bestimmten Bereichen die turbulente Brenngeschwindigkeit größer als die mittle-
re Ausströmgeschwindigkeit des Brenners werden, was zu einem Flammenrückschlag
zum Beispiel auf der Brennerachse führen kann [53].

• Flammenrückschlag durch (akustische) Verbrennungsinstabilitäten


Verbrennungsinstabilitäten entstehen durch die Kopplung des Temperaturanstiegs in
Folge der Verbrennung, Druckfluktuationen und der Hydrodynamik der Strömung.
Die durch eine Instabilität verursachten Geschwindigkeitsfluktuationen können leicht
in der Größenordung der mittleren Strömungsgeschwindigkeit liegen und somit zu
einem transienten Flammenrückschlag während eines Schwingungszyklus führen. Ein
klassisches Beispiel hierfür ist eine turbulente vorgemischte Flamme hinter einer Stufe
wo koherente Strukturen den Rückschlag bestimmen [45,120,154]. Jedoch ist ein sehr
hohes Maß an Fluktuationen für einen so verursachten Rückschlag nötig. Der dazu
notwenigen Schallpegel liegt weit über dem akzeptablen Lärmpegel in den meisten
Verbrennungssystemen.

• Flammenrückschlag durch Wirbelzerfall


Das Verhalten von drallbehafteten Strömungen ist durch verschiedene Phänomene
gekennzeichnet. Einer davon ist der Wirbelzerfall (das Wirbelaufplatzen). Zu einem
Zerfall eines Wirbels kommt es, wenn seine azimutale Geschwindigkeit größer als seine
axiale Geschwindigkeit ist. Dieser komplexe und hochgradig dreidimensionale Effekt
tritt bei hohen Drallzahlen und hohen Reynoldszahlen auf. In Brennkammern entsteht
so eine große Rezirkulationszone mit hohen negativen axialen Strömungsgeschwindig-
keiten. In drallstabilisierten Flammen kann dies ein Stromaufpropagieren der Flamme
und einen Flammenrückschlag begünstigen. Diese Art des Flammenrückschlags wurde
an verschiedenen Drallbrennern experimentell beobachtet (u.a. [45, 53]).

Für einen sicheren und störungsfreien Betrieb muss in technischen Anwendungen dafür
gesorgt werden, dass es nicht zu Flammenrückschlagen kommen kann. Bei manchen mo-
deren Brennerkonzepten für schadstoffarme Verbrennung (z.B. LPP, Lean Premixed Pre-
vaporized) kann das Problem auftreten, dass die dort verwendeten mageren vorgemischten
Drallflammen Flammenrückschläge zeigen, die nicht einer der oben genannten Kategorien
zugeordnet werden können. Die Flammen werden aerodynamisch durch einen definiert er-
zwungen Wirbelzerfall der Strömung am Brennkammereintritt stabilisiert. Bei leichter An-
fettung solch einer Flamme ausgehend von einem (stabilen) mageren Betriebspunkt kann
es zu einem Rückschlagen der Flamme in die Vormischstrecke kommen. Veranschaulicht ist
114 KAPITEL 7: SIMULATION DES VERBRENNUNGSINDUZIERTEN WIRBELAUFPLATZEN

dies in Abbildung 7.1 anhand eines vereinfachten Modells eines solchen Brenners. Das Bren-
nersystem besteht im wesentlichen aus drei Teilen: einem Plenum, einer Vormischstrecke
und der Brennkammer. Die Hauptströmungsrichtung ist in der Abbildung von links nach
rechts. Dem Plenum wird ein perfekt vorgemischtes Brennstoff/Luft Gemisch zugeführt,
welches anschließend über einen Drallrezeuger in die Vormischstrecke hinein strömt. Am
Ende der Vormischstrecke kommt es durch den Querschnittsprung und die ausreichend ho-
he Drallzahl zu einem Aufweiten der Hauptströmung. Ist, wie hier dargestellt, die Drallzahl
ausreichend hoch, kommt es zu einem Wirbelaufplatzen, das heißt durch die Zentrifugal-
kraft wird das Fluid nach außen hin weg von der Brennerachse gedrückt, die Dichte sinkt
lokal auf der Brennerachse ab und es entsteht eine entgegen der Hauptströmung gerichtete
Ausgleichsströmung. In dieser Rückströmzone (geschlossenen Rückströmblase) sammelt sich
heißes Abgas welches kontiuierlich dem aus der Vormischstrecke ausströmenden Frischgas
zugemischt wird und somit für ein stabiles Brennen der Flamme sorgt. Wird die Luftzahl
der Flamme nun ausgehend von diesem stabilen Betriebspunkt aus abgesenkt (Anfettung)
so kommt es bei Unterschreiten einer kritischen Luftzahl zum Rückschlagen der Flamme
in die Vormischstrecke. Dabei handelt es sich um einen inhärent transienten Prozess. Die
Flamme bleibt nicht an einer Stelle in der Vormischstrecke stehen sondern schlägt bis an den
Drallerzeuger zurück und stabilisiert sich erst dort wieder durch einen anderen Mechanis-
mus. Der Rückschlag erfolgt unmittelbar auf der Brennerachse mit einer Geschwindigkeit,
die um etwa eine Größenordung oberhalb der lokalen turbulenten Brenngeschwindigkeit
liegt, was einen Rückschlag in Folge turbulenter Flammenausbreitung in der Kernströmung
ausschließt. Ebenfalls zeigt sich in experimentellen Untersuchungen, dass keine akustischen
Instabilitäten zu beobachten sind [44, 70]. Das Wirbelaufplatzen der isothermen Strömung
und der Strömung mit magerer Flamme findet in der Brennkammer statt. Erst beim Anfet-
ten kommt es zu der Bewegung der Flamme in die Vormischstrecke hinein. Somit handelt
es sich auch nicht um den oben beschriebenen Flammenrückschlag durch (isothermen) Wir-
belzerfall. Als Abgrenzung davon wird dieser Rückschlagmodus als verbrennungsinduzierter
Wirbelzerfall (CIVB2 ) bezeichnet [44, 70].

7.2 Zielsetzung der numerischen Untersuchung


Aufbauend auf bereits in der Literatur vorhandenen Arbeiten soll eine Hypothese für die
Entstehung der Rückschläge anhand numerischer Untersuchungen verifiziert werden. Die
unter anderem in [44,67,68] aufgestellte Hypothese besagt, dass die durch den starken Dich-
tegradienten an der Flammenfront produzierte azimutale Wirbelstärke den verbrennungs-
induzierten Wirbelzerfall einleitet und somit zum Flammenrückschlag führt. Die azimutale
Wirbelsträrke verursacht einen entgegen der Hauptströmungsrichtung zeigenden (negati-
ven) Impuls auf die Rückströmzone. Je größer der Dichtegradient an der Flammenfront ist,
2
von englisch: Combustion Induced Vortex Breakdown
7.2 ZIELSETZUNG DER NUMERISCHEN UNTERSUCHUNG 115

(a) Flammenposition in einem stabilen Betriebspunkt (mager)

(b) Flammenposition nach einem Rückschlag (ausgelößt durch anfetten)

Abbildung 7.1: Schematische Darstellung eines durch CIVB verursachten Flammenrückschlags


116 KAPITEL 7: SIMULATION DES VERBRENNUNGSINDUZIERTEN WIRBELAUFPLATZEN

desto größer wird auch der negative Impuls auf das Rückströmgebiet. Ist der Dichtegradient
hinreichend groß, oder gleichbedeutend die Flamme hinreichend fett, überwiegt der indu-
zierte Impulsstrom den Impuls der Hauptströmung und es kommt zum Stomaufpropagieren
der Flamme.
Die Hypothese stüzt sich auf Untersuchungsergebnisse an isothermen Drallströmungen, die
das entstehen des Wirbelzerfalls und des damit einhergehenden Staupunkts untersuchen
[21, 33, 40, 55, 74, 83]. Parameterstudien sollen den Einfluss globaler Betreibsparameter (wie
z.B. der Vorwärmtemperatur des Brennstoff/Luft Gemisches und der thermische Leistung
des Brenners) auf das kritische Luftverhältnis, bei welchen es zu einem Flammenrückschlag
durch verbrennungsinduzierten Wirbelzerfall kommt, zeigen.
Die numerische Simulation des verbrennungsinduzierten Wirbelzerfalls stellt einen sehr her-
ausfordernden Testfall für das in dieser Arbeit entwickelte Modell dar. So muss das mittlere
Strömungsfeld einer Drallflamme berechnet werden, die komplexe Interaktion von Chemie
und Turbulenz, die wichtig für das auftreten von CIVB ist, detailliert modelliert werden
und die chemische Kinetik muss auch nahe der mageren Löschgrenze noch gut beschrieben
werden.

7.3 Gittergenerierung und Randbedingung


Die numerischen Simulationen zum verbrennungsinduzierten Wirbelaufplatzen wurden an
einer experimentell im Detail untersuchten Modellbrennkammer durchgeführt [44, 70]. Der
prinzipielle Aufbau des Brenners entspricht dem in Abbildung 7.1 dargestellten Schema.
Die Vormischstrecke hat eine Länge von lV = 0, 22 m und die Brennkammer eine Länge von
lBK = 0, 5 m. Der Durchmesser von Brennerkammer und Vormischstrecke beträgt jeweils
dBK = 0, 225 m und dV = 0, 075 m. Die Position des Rechengitters ist in Abblidung 7.2 zu
erkennen. Lediglich Vormischstrecke und Brennkammer wurden vernetzt. Hierfür wurde ein

Abbildung 7.2: Position des Rechengitters

zweidimensionales achsensymmetrisches Gitter mit 1280 Zellen in der feinsten Gitterebene


verwendet. Der Übersichtlichkeit halber zeigt die Abbildung nur jede zweite Gitterlinie. Um
den Effekt des sich unmittelbar vor der Vormischstrecke befindlichen Drallerzeugers (Abbil-
dung 7.1) richtig zu berücksichtigen wurden als Einlassrandbedingungen radiale Profile der
mittleren Geschwindigkeit und der Turbulenzgrößen benutzt. Die Daten hierzu stammen
7.4 DETAILIERTE ANALYSE EINES FLAMMENRÜCKSCHLAGS 117

Abbildung 7.3: Lage der Messebenen für die Axial- und Tangentialgeschwindigkeit in der Brenn-
kammer (A: x = 29 mm; B: x = 54 mm; C: x = 79 mm; D: x = 104 mm; E: x = 129 mm)

aus detaillierten dreidimensionalen Simulationen des vollständig vernetzten Brennersystems


einschließlich des Drallerzeugers und des Plenums. Die jeweils verwendeten Einlassprofile
können der Literatur entnommen werden [67, 68] und sind in Anhang C dargestellt.
Die Validität der Methodik der systematischen Übertragung und der Verwendung der Re-
sultate einer dreidimensionalen Strömungsrechung als Randbedingungen für die zweidimen-
sionalen numerischen Untersuchungen des Flammenrückschlags wurde von Kiesewetter et
al. [68] gezeigt und konnte, wie die folgenden Abschnitte zeigen, auch in dieser Arbeit erfolg-
reich eingesetzt werden. Vorteilhaft sind insbesondere die deutlich kürzeren Rechenzeiten an
diesem geometrisch einfacherem Rechenmodell, die umfangreiche Parameterstudien ermög-
lichen. Der Einfluss der Variation von drei globalen Betriebsparametern wurde untersucht.
In einzelnen sind dies das Luft/Kraftstoffverhältnis λ, der durch die Brennkammer strö-
mende Gesamtmassenstrom und die Vorwärmtemperatur des Brennstoff/Luft Gemisches
bei Eintritt in die Vormischstrecke.

7.4 Detailierte Analyse eines Flammenrückschlags


Vor der detaillierten Untersuchung eines Flammenrückschlags soll zunächst das isotherme
Strömungsfeld in der Brennernkammer simuliert werden. Zur Validierung der Strömungs-
rechnung werden die mittleren Strömungsgeschwindigkeiten mit Messdaten verglichen. Als
globale Betriebsparameter sind ein Einlassmassenstrom von 70 gs und eine Vorwärmtempe-
118 KAPITEL 7: SIMULATION DES VERBRENNUNGSINDUZIERTEN WIRBELAUFPLATZEN

ratur der Luft von 298 K verwendet worden. Die Abbildung 7.3 zeigt als Farbverlauf die
Axialgeschwindigkeit in der Brennkammer. Simuliert wurde lediglich der Teil oberhalb der
Symmetrieachse, der untere Teil wurde zur besseren Übersichtlichkeit durch Spiegeln der
Resultate hinzugefügt. Die Simulation wurde für den nicht-reagierenden Fall durchgeführt.
Rein qualitativ ist die große geschlossene Rückströmzone zu beobachten, die an einem Stau-
punkt auf der Symmetrieachse am Ende der Vormischstrecke beginnt. Im reagierenden Fall
wird sich durch das in dieser Zone befindliche heiße, verbrannte Abgas die Flamme stabi-
lisieren können. In den fünf mit den Buchstaben A bis E gekennzeichneten Ebenen sind
Messdaten für die mittlere Umfangs- und Axialgeschwindigkeit vorhanden [44,70]. Ein Ver-
gleich von gemessenen und simulierten Geschwindigkeitsprofilen ist für die verschiedenen
Ebenen in Abbildung 7.4 und 7.5 dargestellt. In allen Abbildungen ist die Tangentialge-
schwindigkeit oder Axialgeschwindigkeit über dem Radius aufgetragen. In der linken Spal-
te befindet sich jeweils das Diagramm der Axialgeschwindigkeit auf der rechten Seite das
zugehörige Profile der Umfangsgeschwindigkeit. Die unterschiedlichen Zeilen in den bei-
den Abbildungen stehen für die verschiedenen Ebenen. Die roten Punkte markieren die
Messwerte, die blauen Linien stellen die Resultate der Simulationsrechnung dar. Für die
Axialgeschwindigkeit zeigt sich über alle Ebenen hinweg eine sehr gute Übereinstimmung
der Ergebnisse der Simulation mit den experimentellen Daten. Lediglich nahe der Symme-
trieachse (bei y = 0 m) ist eine Abweichung zu erkennen, die mit zunehmender Lauflänge
in der Vormischstrecke zunimmt. Die simulierte Geschwindigkeit ist dort etwas zu gering.
Eine mögliche Ursache hierfür könnte das verwendetet Zweigleichungsmodell sein. Zwei-
gleichungsmodelle führen in Drallströmungen oft zu einer Überschätzung der turbulenten
kinetischen Energie was zu einem abflachen der lokalen Geschwindigkeitsgradienten führt.
Die Tangentialkomponente wird ebenfalls sehr gut durch die Simulation wiedergegeben. Je-
doch kann die leichte Überhöhung der Tangentialgeschwindigkeit in den ersten vier Mess-
ebenen im Bereich der Symmetrieachse nicht richtig wiedergegeben werden. Die dort zu
erkennenden zu starke Dissipation der Umfangsgeschwidigkeit wird vermutlich ebenfalls
durch das verwendete Zweigleichungsturbulenzmodell verursacht. Diese Modelle verhalten
sich wie oben angedeutet und vielfach in der Literatur beschrieben bei Drallströmungen,
die in der Regel einen komplexen dreidimensionalen Turbulenzzustand mit nicht verschwin-
denen Normalspannungen haben, meist so, dass sie eine zu starke Abnahme der Umfangs-
geschwindigkeit vorraussagen. Dies ist hier ebenfalls zu beobachten. Dieses Defizit muss
aber, da aus rechenzeitgründen keine höherwertigen Turbulenzmodelle zum Einsatz kom-
men sollen, akzeptiert werden. Allerdings ist er für die Voraussage und Untersuchung des
Rückschlagverhaltens des Brenners wahrscheinlich von untergeordneter Bedeutung. Die für
den Rückschlag verantwortlichen wirbeldynamischen Prozesse finden erst deutlich hinter
der letzten dargestellten Messebene im Übergangsbereich zwischen Vormischstrecke und
Brennkammer statt. Wie die letzte vorhandene Messebene E vermuten lässt wird dort das
Profil der Umfangsgeschwindigkeit richtig wiedergegeben. In der letzten Messebene ist auch
7.4 DETAILIERTE ANALYSE EINES FLAMMENRÜCKSCHLAGS 119

0.04 0.04

0.03 0.03
y/m

y/m
0.02 0.02

0.01 0.01

0 0
0 10 20 30 40 50 0 10 20 30
u / (m/s) w / (m/s)

(a) Ebene A (x = 29 mm) (d) Ebene A (x = 29 mm)


0.04 0.04

0.03 0.03
y/m
y/m

0.02 0.02

0.01 0.01

0 0
0 10 20 30 40 50 0 10 20 30
u / (m/s) w / (m/s)

(b) Ebene B (x = 54 mm) (e) Ebene B (x = 54 mm)


0.04 0.04

0.03 0.03
y/m

y/m

0.02 0.02

0.01 0.01

0 0
0 10 20 30 40 50 0 10 20 30
u / (m/s) w / (m/s)

(c) Ebene C (x = 79 mm) (f) Ebene C (x = 79 mm)

Axialgeschwindigkeit Tangentialgeschwindigkeit

Abbildung 7.4: Vergleich der gemessenen (rote Punkte) und simulierten (blaue Linie) Axial-
und Tangentialgeschwindigkeitsprofile in den Messebenen A bis C in der Vormischstrecke
120 KAPITEL 7: SIMULATION DES VERBRENNUNGSINDUZIERTEN WIRBELAUFPLATZEN

0.04

0.03
0.03

0.02
y/m

y/m
0.02

0.01 0.01

0 0
10 20 30 40 50 0 10 20 30
u / (m/s) w / (m/s)

(a) Ebene D (x = 104 mm) (c) Ebene D (x = 104 mm)

0.04 0.04

0.03 0.03
y/m
y/m

0.02 0.02

0.01 0.01

0 0
0 10 20 30 40 50 0 10 20 30
u / (m/s) w / (m/s)

(b) Ebene E (x = 129 mm) (d) Ebene E (x = 129 mm)

Axialgeschwindigkeit Tangentialgeschwindigkeit

Abbildung 7.5: Vergleich der gemessenen (rote Punkte) und simulierten (blaue Linie) Axial-
und Tangentialgeschwindigkeitsprofile in den Messebenen D und E in der Vormischstrecke

in der Messung die Überhöhung der Umfangsgeschwindigkeit dissipiert und die experimen-
tellen Daten und die Simulationsergebnisse zeigen eine sehr gute Übereinstimmung.
Das isotherme Strömungsfeld in der Brennkammer läßt sich somit wie gezeigt insgesamt
gut in der Simulation darstellen. Darauf aufbauend wurden die im folgenden gezeigten
Simulationen für den reagierenden Fall durchgeführt. Hierfür sind keine Messungen der Ge-
schwindigkeitsfelder vorhanden, die zur Validierung der Simulationsergebnisse herangezogen
werden könnten. Es sollte aber davon ausgegangen werden können, dass die Geschwindig-
keitsfelder auch im reagierenden Fall richtig wiedergegeben werden. Aufbauend auf den
isothermen Rechnungen soll zunächst für feste Werte der globalen Betriebsparameter ein
7.4 DETAILIERTE ANALYSE EINES FLAMMENRÜCKSCHLAGS 121

Flammenrückschlag in der Simulation erzeugt und anschließend im Detail analysiert wer-


den. Die in Abbildung 7.6 dargestellte Bilderfolge stellt exemplarisch die Resultate einer
Rückschlagsrechnung dar. Das grundsätzliche Vorgehen zur Berechungen der einzelnen Be-
triebspunkte war stehts dasselbe. Ausgehend von einen stabilen mageren Betriebspunkt
wurde das Gemisch in der Rechnung schrittweise angefettet solange bis es zum Rückschlag
der Flamme kommt. Die verwendetet Schrittweite von Δλ = −0, 05 deckt sich mit der von
Fritz [44] und Kröner [70] dargestellen experimentellen Vorgehensweise. Als globale Be-
triebsparametern wurde die Vorwärmtemperatur und der Massenstrom des Bennstoff/Luft
Gemisches eingestellt. Im hier detailliert untersuchten Fall wurde eine Vorwärmtempera-
tur von 373 K und ein Einlassmassenstrom von 70 gs verwendet. Die drei Diagramme auf
der linken Seite von Abbildung 7.6 zeigen die Axialgeschwindigkeit als Farbverlauf, die
drei Abbildungen auf der rechten Seite stellen jeweils als Farbverlauf die Temperatur dar.
In allen Diagrammen ist zur Markierung der Rückströmzonen zusätzlich die Isolinie der
Axialgeschwindigkeit Null eingezeichnet.
Die Simulation startet ausgehend von dem in der ersten Zeile dargestellten stationären Be-
triebspunkt. Die Luftzahl liegt hier bei λ = 1, 45. Es zeigt sich eine verhältnismäßig große
geschlossene Rückströmzone, die für einen stabilen Betrieb der Flamme durch dauerndes
einmischen von heißem verbranntem Abgas in das Frischgemisch sorgt. Die Flamme sitzt
knapp außerhalb der Vormischstrecke am Beginn der Brennkammer. Wird die Flamme nun
weiter angefettet, hier bis auf λ = 1, 40, so kommt es zunächst zum Abschnüren einer kleinen
geschlossenen Rückströmblase. Diese Blase sitzt etwas stromauf der ursprünglichen stabi-
len Flammenposition kurz vor dem Querschnittssprung am Ende der Vormischstrecke. Die
Flamme bleibt stabil an dieser Stelle stehen und schlägt nicht vollständig in die Vormisch-
strecke zurück. Dies deckt sich mit den experimentellen und numerischen Untersuchungen
die von anderen Arbeitsgruppen an derselben Geometrie gemacht worden sind [148,157,158].
Die dort veröffentlichen numerischen Untersuchungen zeigen ebenfalls das Abschüren einer
kleine Rückströmblase bei Luftzahlen, die leicht oberhalb der kritischen Luftzahl liegen, bei
der ein vollständiges Rückschlagen der Flamme statt findet. Experimentelle Arbeiten [69]
zeigen, dass bei der Flamme leicht oberhalb der kritischen Luftzahl eine Art metastabi-
les Verhalten zu beobachten ist. Die Lage des Staupunktes ist nicht mehr völlig ortsfest,
sondern die Flamme bewegt sich ein kleines Stück in die Vormischstrecke hinein und wird
dann wieder ausgespült. Als Grund hierfür konnten lokale Quencheffekte an der Flam-
menspitze identifiziert werden [69]. Dieser transiente Prozess kann in der durchgeführten
stationären Strömungsrechnung nicht dargestellt werden. Das leichte stromaufversetzten
der Rückströmblase im Vergleich zum stationären Zustand läßt vermuten das die RANS
Rechung hier eine Art mittlere Flammenposition liefert ohne das physikalisch vorhandene
leichte hin und her bewegen des Staupunkt und der Flammenspitze abbilden zu können.
Zu einem endgültigen und vollständigen Rückschlagen der Flamme kommt es bei diesen
globalen Betriebsparametern erst bei weiterem anfetten auf eine Luftzahl von λ = 1, 30.
122 KAPITEL 7: SIMULATION DES VERBRENNUNGSINDUZIERTEN WIRBELAUFPLATZEN

0.2 0.2

T T/ K
1900
1800
u
u / (m/s) 1700
0.1 0.1
1600
y/m

y/m
55
50 1500
44 1400
39 1300
33 1200
28 1100
0 0 1000
22
17 900
11 800
6 700
0 600
-5 500
-0.1 -0.1

0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5
x/m x/m

(a) λ = 1, 45 (d) λ = 1, 45
0.2 0.2

T T/ K
1900
1800
u
u / (m/s) 1700
0.1 0.1
1600
y/m

y/m

55
50 1500
44 1400
39 1300
33 1200
28 1100
0 0 1000
22
17 900
11 800
6 700
0 600
-5 500
-0.1 -0.1

0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5
x/m x/m

(b) λ = 1, 40 (e) λ = 1, 40
0.2 0.2

T T/ K
1900
1800
u
u / (m/s) 1700
0.1 0.1
1600
y/m

y/m

55
50 1500
44 1400
39 1300
33 1200
28 1100
0 0 1000
22
17 900
11 800
6 700
0 600
-5 500
-0.1 -0.1

0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5
x/m x/m

(c) λ = 1, 30 (f) λ = 1, 30

Abbildung 7.6: Ablauf eines durch anfetten eingeleiteten Flammenrückschlags (Vorwärmtem-


peratur T = 373 K, Einlassmassenstrom ṁ = 70 gs
7.4 DETAILIERTE ANALYSE EINES FLAMMENRÜCKSCHLAGS 123

Die kleine Rückstromblase beginnt stromaufzuwandern und zieht die Flamme hinter sich
in die Vormischstrecke hinein. Durch die als Einlassrandbedingung fest vorgegebenen Ge-
schwindigkeitsprofile kommt die Flamme in der Simulation am Anfang der Vormischstrecke
zum stehen. Im Experiment schlägt die Flamme vollständig bis in das Plenum des Bren-
ners zurück. Vergleicht man die numerisch bestimmte kritische Luftzahl von λ = 1, 30 so
stimmt diese hervorragend mit dem im Experiment beobachteten Rückschlagsgrenze von
λkrit = 1, 25 − 1, 30 überein. Wie später in Abschnitt 7.5 noch gezeigt werden wird konnten
die experimentellen Rückschlaggrenzen nicht nur für diesen einen Betriebspunkt sondern
auch bei Variation der globalen Betriebsparameter reproduziert werden.
Um verstehen und erklären zu können wie und warum es zu einem verbrennungsinduzierten
Rückschlagen (CIVB) einer Drallflamme kommen kann sollen zunächst einmal die in der Li-
teratur zu findenen Erklärungen wie es in einer isothermen Strömung zum Aufplatzen eines
Wirbel kommt kurz betrachtet werden. Die Erklärung hierfür stützt sich im wesentlichen
auf die von Darmofal [33] durchgeführten Arbeiten, der die Rolle der wirbeldynamischen
Effekte auf das Wirbelaufplatzen systematisch untersucht.
Hinlänglich bekannt ist, dass es bei einer isothermen Wirbelströmung zum Beispiel in einer
Röhre zum Aufplatzen der Wirbelströmung oberhalb einer kritischen Drallzahl kommen
kann [55]. Gemeinhin wird als kritische Drallzahl ein Wert von 0, 5 angegeben. Verstärkt
wird die Neigung der Strömung zum Aufplatzen durch das vorhandensein von Querschnitts-
sprüngen. Eine gute Übersicht über die wirbeldynamischen Effekte finden sich zum Beispiel
in [40,55,74]. Aufbauend auf den Arbeiten von Lopez et al. [21,83] entwickelt Darmofal [33]
aus analytischen Betrachtungen und numerischen Simulationen die Theorie, dass es zu ei-
nem Wirbelzerfall und dem daraus resultierenenden Staupunkt und Rückströmgebiet in
einer Wirbelströmung stets in Bereichen großer negativer azimutaler Wirbelsträrke kommt.
Der Wirbelstärkevektor selbst ist definiert als die Rotation des Geschwindigkeitsvektors.
⎛ ∂w ⎞
∂y
− ∂v
∂z
⎜ ∂u ⎟
ω = ∇ × v = ⎜ ∂w ⎟
⎝ ∂z − ∂x ⎠ (7.1)
∂v ∂u
∂x
− ∂y

Die azimutale Wirbelstärke ist hierin die dritte Komponente des Wirbelstärkevektors.
∂v ∂u
ωz = − (7.2)
∂x ∂y

Abbildung 7.7(a) und 7.7(b) sollen zeigen, dass es auch hier im Bereich großer azimu-
taler Wirbelstärke zum Aufplatzen der Strömung kommt. Dargestellt ist der Verlauf der
azimutalen Wirbelstärke sowohl in einem stabilen Betriebszustand als auch während des
Flammenrückschlags. Zusätzlich ist zur Orientierung in beiden Abbildungen die Isolinie
der Axialgeschwindigkeit Null eingetragen. Der stabile Betriebszustand und der Zustand
während des Flammenrückschlags zeigen einen wesentlichen Unterschied bei der Lage des
124 KAPITEL 7: SIMULATION DES VERBRENNUNGSINDUZIERTEN WIRBELAUFPLATZEN

0.25 0.25
vorticity_z vorticity_z
20 20
17 17
15 15
0.2 12 0.2 12
9 9
6 6
4 4
1 1
0.15 -2 0.15 -2
-5 -5
-7 -7
y/m

y/m
-10 -10

0.1 0.1

0.05 0.05

0 0
0.1 0.2 0.3 0.1 0.2 0.3
x/m x/m

(a) stabiler Betriebszustand (b) während eines Flammenrückschlags

Abbildung 7.7: Farbverlauf der azimutalen Wirbelstärke ωz (in 1


s)

Gebiets negativer azimutaler Wirbelstärke. Im stabilen Betrieb ist die azimutale Wirbel-
stärke unmittelbar hinter dem Staupunkt auf der Symetrieachse und im vorderen Teil der
Rückströmzone negativ. Dies führt zum ortsfesten Aufplatzen der Stömung und somit zu
einem stabilen Betrieb des Brenners. Wird nun durch Anfetten der Flamme ein Rückschlag
initiert so ändern sich die Verhältnisse an der Spitze der Blase deutlich. Abbildung 7.7(b)
stellt den Verlauf der azimutalen Wirbelstärke während des Flammenrückschlags dar. Die
Zone negativer azimutaler Wirbelstärke liegt nun nicht mehr innerhab der Rückstömbla-
se, sondern stromauf des momentanen Staupunkts. Dort wird es lokal zum neuerlichen
Aufplatzen der Strömung kommen. Die Rückströmblase rutsch so ein Stück weiter in die
Vormischstrecke hinen und transportiert die Flamme mit sich. Dieser Mechnismus scheint
maßgeblich für den Transport der Flamme in die Vormischstrecke hinein und somit das
Rückschlagen der Flamme zu sein.
Zu untersuchen bleibt nun noch wie es durch Anfetten der Flamme zur Entstehung der
großen negativen azimutalen Wirbelstärke an der Blasenspitze kommen kann. Grundsätzlich
können aus der Wirbeltransportgleichung
∂ω 1
 = (u · ∇) ω
+ u grad ω  −ω
 (∇ · u) + (∇ρ + ∇p) (7.3)
∂t  
 
ρ2
Steckung Dilatation  

baroklines Drehmoment

drei potentielle Quellterme3 für die Wirbelstärke identifiziert werden. Die Quellterme wer-
den durch Streckung, Dialtation und barokline Einflüsse auf die Wirbelfäden verursacht.
Die Arbeiten von Ashurst [4] über die dem Flammentransport in Wirbelröhren zu Grunde
3
die Betrachtungen sind hier für gravitationsfreie und reibungsfreie Strömungen, wodurch die in Folge
dieser Effekte verursachten Quellterme nicht berücksichtigt werden
7.4 DETAILIERTE ANALYSE EINES FLAMMENRÜCKSCHLAGS 125

0.25 0.25

s_exp_wz s_dilat_wz
5.0000E+04 2.5000E+00
0.2 4.0000E+04 0.2 2.0000E+00
3.0000E+04 1.5000E+00
2.0000E+04 1.0000E+00
1.0000E+04 5.0000E-01
0.0000E+00 0.0000E+00
0.15 -1.0000E+04 0.15 -5.0000E-01
-2.0000E+04 -1.0000E+00
-3.0000E+04
y/m

y/m
0.1 0.1

0.05 0.05

0 0
0.1 0.2 0.3 0.1 0.2 0.3
x/m x/m

(a) Steckung/Umorientierung (b) Dilatation

0.25

s_baro_wz
1.0000E+06
0.2 -4.1667E+05
-1.8333E+06
-3.2500E+06
-4.6667E+06
-6.0833E+06
0.15 -7.5000E+06
-8.9167E+06
-1.0333E+07
y/m

-1.1750E+07
-1.3167E+07
-1.4583E+07
0.1 -1.6000E+07

0.05

0
0.1 0.2 0.3
x/m

(c) Baroklines Dehmoment

Abbildung 7.8: Quellterme der Wirbeltransportgleichung für die azimutale Komponente wäh-
rend des Flammenrückschlags

liegenden Mechanismen identifizieren das so genannte barokline Drehmoment als Ursache


des Flammentransports. Es stellt nach Ashurst [4] die wesentliche Quelle bei der Produktion
von negativer azimutaler Wirbelstärke dar und induziert somit einen in negative Axialrich-
tung zeigenden Impuls auf die Strömung.
Anhand der Simulationsdaten wurde untersucht, ob der barokline Quellterm zum Zeitpunkt
des Flammenrückschlags auch hier für die Bildung negativer azimutaler Wirbelstärke domi-
nierend ist und somit den Flammenrückschlag verursacht. Die Auswertung der Quellterme
der Wirbeltransportgleichung in Abbildung 7.8 zeigen, dass dies während des Flammenrück-
schlags der Fall ist. Der barokline Anteil überwiegt die beiden anderen Quellen deutlich. In
der Abbildung ist lediglich die azimutale Komponente des Quellterms des Wirbelstärkenvek-
126 KAPITEL 7: SIMULATION DES VERBRENNUNGSINDUZIERTEN WIRBELAUFPLATZEN

tors dargestellt. Die exakten Gleichungen zur Berechung der Terme finden sich in Anhang
D. Dieser durch das Kreuzprodukt von lokalem Dichte- und Druckgradienten bestimmte
Term ist im Bereich der Blasenspitze an höchsten und wird durch anfetten der Flamme
und das damit einhergehende absinken der Dichte zusätzlich vergrößert. Somit erklärt sich
warum es durch anfetten zum einem Flammenrückschlag kommen kann. Der lokale Dichte-
gradient an der Blasenspitze wird immer größer, führt zu einem größeren Quellterm durch
das barokline Drehmoment und einer immer größer werdenden negative azimutalen Wirbel-
strärke an der Flammenspitze. Irgendwann wird der dadurch entstehende negative axiale
Impuls auf die Rückströmblase so groß, dass es zu einem Transport der Blase und somit
auch der Flamme stromauf in die Vormischstrecke hinein kommt.
Numerischen Untersuchungen anderer Arbeitsgruppen an derselben Geometrie [67] zeigen
die gleichen Resultate und untermauern ebenfalls die durch [44, 45, 70] aufgestellte Theorie
zur Entstehung eines Flammenrückschlags durch einen verbrennungsinduzierten Wirbelzer-
fall aus dem durch anfettung der Flamme steigendem baroklinen Drehmoment.

7.5 Einfluss der Betriebsparameter auf das


verbrennungsinduzierte Wirbelaufplatzen
Der vorherige Abschnitt zeigt, dass das in dieser Arbeit entwickelte Simulationsmodell gund-
sätzlich in der Lage ist das verbrennungsinduzierte Wirbelaufplatzen richtig vorherzusagen.
Zumindest für den dort dargestellten Betreibspunkt zeigt sich zusätzlich eine sehr gute
Übereinstimung mit der experimentell ermittelten Rückschlaggrenze. Das Rückschlagver-
halten des Brenners wurde im Rahmen einer experimentellen Parameterstudie für verschie-
dene Einlassmassenströme und Vorwärmtemperaturen untersucht [44, 70]. Diese Parame-
terstudie wurde in der Simulation wiederholt um zu prüfen ob das Simulationsmodell auch
für verschieden Betriebsparameter der Brennkammer funktioniert und ob die quantitativ
richtige kritische Luftzahl, bei der es zum Flammenrückschlag kommt, sich auch numerisch
bestimmen läßt.
Die Resultate der Parameterstudie sind in Abbildung 7.9 dargestellt. Aufgetragen ist dort
die kritische Luftzahl bei der CIVB auftritt über dem Einlassmassenstrom in die Brenn-
kammer. Durch die unterschiedlichen Farben sind verschiedene Vorwärmtemperaturen des
Brennstoff/Luft Gemisches gekennzeichnet. Die Ergebnisse der Simulationen sind mit einem
Punkt dargestellt, die experimentellen Daten durch einen Balken, der den Bereich der im
Experiment beobachtenen Schwankung der kritischen Luftzahl darstellt. Zu erkennen ist,
dass für nahezu alle Betriebspunkte die Simulation eine sehr gute Voraussage der kritischen
Luftzahl liefert. Als Trends sind zusätzlich zum einen eine Zunahme der kritischen Luft-
zahl mit zunehmender Vorwärmtemperatur und eine Abnahme der kritischen Luftzahl bei
steigendem Durchsatz durch die Brennkammer zu beobachten. Die Abnahme der kritischen
7.5 EINFLUSS DER BETRIEBSPARAMETER 127

Abbildung 7.9: Vergleich numerisch und experimentell bestimmter Rückschlaggrenzen für ver-
schiedene globale Betriebsparameter

Luftzahl kann durch den bei höheren Durchsätzen gößeren positiven Geschwindigkeiten in
axialer Richtung erklärt werden. Dieser zusätzliche Impuls in positiver axialer Richtung
wirkt dem durch das barokline Drehmoment verursachten negativen Impuls entgegen. Ein
größerer Dichtegradient und somit eine fettere Mischung ist notwendig um die Rückström-
blase in die Vormischstrecke zu schieben und den Flammenrückschlag einzuleiten. Da es
bei höherer Vorwärmtemperatur schon bei geringeren Luftzahlen zu einem CIVB kommt
erklärt sich in ähnlicher Weise. Durch die höhere Vorwärmtemperatur steigt die Flammen-
temperatur an und der lokale Dichtegradient an der Flammenfront wird vergößert. Ein
größerer Dichtegradient führt zu einem größeren baroklinen Quellterm in der Wirbeltrans-
portgleichung und somit zu einem erhöhten negativen azimuthalen Wirbelstärke. Dieses
führt wiederrum zu einem gößeren negativen Impuls auf die Rückstromblase und läßt die
Flamme bereits bei magereren Luftverhältnissen zurückschlagen.
Kapitel 8

Zusammenfassung und Ausblick

In dieser Arbeit wurde ein Modell zur Simulation stationärer und instationärer turbulenter
Strömungen mit chemischen Reaktionen entwickelt. Bei dem Modell handelt es sich um
ein hybrides CFD/transported PDF Modell. Es besteht im wesentlichen aus zwei Teilen:
einem Finite Volumen Löser für die Navier Stokes Gleichungen und einem auf stochati-
schen Partikeln basierenden Monte Carlo Löser für die Transportgleichung der gebunde-
nen Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion von Geschwindigkeit und Zusammensetzung. Der
Schwerpunkt des Modells liegt auf der detaillierten Modellierung der kompelexen Interakti-
on von Turbulenz und chemischer Reaktion durch Lösen der PDF Transportgleichung. Die
chemische Kinetik wird durch automatisch reduzierte Reaktionsmechanismen beschrieben.
Als Reduktionsmethode wird das kürzlich entwickelte REDIM Verfahren eingesetzt [24].
Es erlaubt eine zuverlässige Beschreibung der Dynamik der chemischen Kinetik bereits mit
sehr wenigen Parametern und berücksichtig zusätzlich den Einfluss der Diffusion im Zu-
standsraum. Das in dieser Arbeit entwickelte PDF Modell basiert auf den Arbeiten von
Nau [104,105] und Bender [9,10]. Jedoch wurden einige substanzielle Änderungen und Wei-
terentwicklungen vorgenommen. So wurde ein neuer Strömungslöser an das bestehende PDF
Modell gekoppelt. Der Strömungslöser bietet den Vorteil verschiedender Erweiterungsmög-
lichkeiten, genannt sei hier nur die prinzipiell mögliche Verwendeung von LES auf der CFD
Seite. Der Strömungslöser arbeitet mit blockstrukturierten Gittern. Das PDF Modell wurde
um diese Funktionaliät erweitert, um auf diese Art und Weise auch komplexere Geometrien
abbilden zu können. Zusätzlich wurde noch eine Gleichung für die Umfangsgeschwindigkeit
im PDF Teil hinzugeführt um so axialsymmetrische drallbehaftete Strömungen berechnen
zu können. Außerdem wurden die Konvergenz des Gesamtvefahrens durch Untersuchung ge-
eigneter Mittelungsmethoden und die Verbesserung der Konsistenz der beiden Modellteile
durch umfangreiche neue Implementierungen weiter verbessert.
Das Modell sollte an einer möglichst vielfältigen Datenbasis an vorgemischten und nicht-
vorgemischten Flammen validiert werden. Anschließend wurde es zur Berechnung von Flam-

129
130 KAPITEL 8: ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK

menrückschlägen in mageren vorgemischten Drallbrennern und zu einer detaillierten Ana-


lyse der den Flammenrückschlag verursachenden Phänomene eingesetzt.
Als Validierungsfall für eine nicht-vorgemischte Flamme wurde eine durch Masri et al.
[92, 94, 95] experimentell untersuchte Flamme verwendet. Es handelt sich dabei um eine
pilotstabilisierte turbulente Methan/Luft Flamme, die für verschiedene globale Betriebspa-
rameter untersucht wurde. Die einzelnen Betriebszustände unterscheiden sich im Turbu-
lenzgrad und im Verhältnis der Zeitskala von chemischer Reaktion und turbulenten Trans-
portprozessen. Klassifiziert werden die Betriebszustände in der Literatur als Flamme K, L
und M. Wobei der Turbulenzgrad von K über L nach M zunimmt. Aus der Literatur können
detaillierte und umfangreiche Messungen zur Axialgeschwindigkeit, der turbulenten kineti-
schen Energie und der Temperatur als Datenbasis zur Validierung des Simulationsmodells
herangezogen werden. Verglichen wurden jeweils radiale Profile der oben genannten Größen
in zwei Ebenen parallel zur Austrittsebene des Brenners. Die Auswertung der Ergebnisse
der Validierungsrechnungen zeigen gute Ergebnisse. Axialgeschwindigkeit und turbulente
kinetische Energie sowie das Profil des Temperaturverlauf können gut wiedergegeben wer-
den. Dies gilt im Prinzip in gleicher Art und Weise für alle drei untersuchten Flammentypen
K, L und M.
Als Validierungsfall für eine turbulente vorgemischte Flamme wurde aus der Literatur ein
von Chen et al. [26] experimentell untersuchter Brenner ausgewählt. Vorteilhaft an diesem
Testfall war die einfache zylindersymmetrische Geometrie und die sehr umfangreiche Da-
tenbank an Messdaten. So sind hier zusätzlich zu Messungen der Geschwindigkeit und der
Schwankungsgrößen der Geschwindigkeit, Temperaturmessungen und Messungen mehrer
anderer skalarer Größen wie zum Beispiel des Mischungsbruchs und der Konzentration von
CO2 und H2 O vorhanden. Bei der Flamme handelt es sich ebenfalls um eine pilotstabilisier-
te Methan/Luft Flamme. Der Pilotbrenner ist sehr breit um ein partielles verlöschen der
Flamme zu vermeiden. Untersucht wurden drei verschiedene globale Betriebszustände, die
mit Flamme F1, F2 und F3 bezeichnet sind und sich hinsichtlich der Turbulenzintensität
unterscheiden. Verglichen wurden in den Validierungsrechnungen radiale Profile der oben
beschriebenen Größen in verschiedenen Ebenen stromab des Brenneraustritts. An nahezu
allen betrachteten Stellen konnten die experimentellen Resultate sehr gut durch die Simu-
lationen wiedergegeben werden. Lediglich geringe Abweichungen wurden beobachtet, die
häufig jedoch noch innerhalb der experimentellen Unsicherheit der Resultate lagen. Dies
gilt sowohl für den qualitativen Verlauf der untersuchten Profile als auch für die absoluten
quantitativen Werte.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass sich das entwickelte Simulationsmodell
sowohl zur Simulation von vorgemischten als auch von nicht-vorgemischten statistisch sta-
tionären Flammen eignet und dafür herangezogen werden kann.
Aufbauend auf den Validierungsrechnungen wird das Modell zur Analyse und Vorhersage
von Flammenrückschlägen in mageren vorgemsichten Verbrennungssystemen eingesetzt. Bei
131

dem untersuchten Beispielsystem handelt es sich um ein von Fritz [44] und Kröner [70] unter-
suchtes vereinfachtes Modell einer realen Gasturbinenbrennkammer. Die Flamme wird dort
durch Verdrallung der Hauptströmung und das sich dadurch im Bereich eines Querschnitts-
sprungs am Übergang der Vormischstrecke in die Brennkammer bildende Rückströmgebiet
stabilisiert. Der auftretende Rückschlagsmechanismus unterscheidet sich wesentlich von vie-
len bereits eingängig in der Literatur diskutierten Ursachen für Flammenrückschäge. Er
wird als verbrennungsindzierter Wirbelzerfall (CIVB) bezeichnet ist in der Literatur unter
anderem in [44, 67, 70] untersucht worden. Initiiert wird solch ein Rückschlag durch Anfet-
tung der Flamme ausgehend von einem stabilen (mageren) Betriebspunkt. Eine detaillierte
Analyse eines einzelnen Rückschlagereignisses zeigt, dass es durch anfetten zunächst zum
Abschnüren einer kleinen Rückstromblase von der Hauptrückstromzone kommt, die bei wei-
terer Anfettung in die Vormischstrecke hineinwandert und die Flamme mittransportiert.
Als treibender Mechanismus hierfür konnte die im Bereich der Spitze der Rückströmzo-
ne massiv produzierte negative azimutale Wirbelstärke identifiziert werden. Diese führt
zu einem starken Impuls in negativer x-Richtung auf die Rückströmblase. Als wesentliche
Quelle der negativen azimutalen Wirbelstärke zeigt sich in detaillierten Analysen der Si-
mualtionsergebnisse das barokline Drehmoment. Dieser Term wird durch das Kreuzprodukt
des lokalen Dichtegradienten und des lokalen Druckgradienten bestimmt. Diese Ergebnisse
sind in guter Übereinstimmung mit den Resultaten anderer Gruppen [158]. Zusätzlich wur-
den anhand experimenteller Untersuchungen Parameterstudien zum Einfluss der globalen
Betriebsparameter Einlassmassenstrom in die Brennkammer und Vorwärmtemperatur des
Brennstoff/Luft Gemischs durchgeführt. Ziel dieser Parameterstudie war die numerische Va-
lidierung des experimentell ermittelten Stabilitätsbereiches des Brenners. Die numerischen
Ergbnisse geben hierbei über den gesamten experimentell untersuchten Parameterbereich
die gemessenen kritschen Luftzahl, bei welcher es zum Flammenrückschlag kommt, sehr
gut wieder.
Die erfolgreichen Validierungsrechnungen für recht verschiedenartige Flammentypen und
die sehr erfolgreiche Anwendung des Gesamtmodells zur Simulation des verbrennungsindu-
zierten Wirbelzerfalls in mager vorgemischten Brennersystemen lassen an eine Reihe von
zukünftigen Ideen, Anwendungen und Erweiterungen des entwickelten Modells denken. So
kann zukünftig recht einfach eine Erweiterung des bisher auf zweidimensionale achsensym-
metrische Probleme beschränkten Modells auf drei Raumdimensionen durchgeführt werden.
Dadurch ließen sich auch komplexe reale Brennergeometrien simulieren. Der verwendetet
Strömungslöser kann bereits mit drei Dimensionen in Raum und Geschwindigkeit arbeiten,
lediglich der PDF Löser muß noch entsprechend erweitert werden. Die 3D Erweiterung wird
dann zukünftig auch den Einsatz von LES auf der Strömungslöserseite ermöglichen. Pas-
send dazu kann das PDF Verfahren so modifiziert werden, dass es die gefilterte Transport-
gleichung der Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion (FDF) löst. Ein so entstehendes hybrides
LES/FDF Modell könnte dann sowohl auf der hydrodynamischen Seite durch den Einsatz
132 KAPITEL 8: ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK

von LES als auch bei der Modellierung der Chemie-Turbulenz-Interaktion auf hochwertige
Modelle zurückgreifen. Die durchgeführte Erweiterung auf instationäre Strömungsphäno-
mene lassen auch zukünftige Anwendungen des Modells im Bereich der Simulation von
selbstzündenden Freistrahlen zu. Hierbei ist es ebenfalls interessant die Möglichkeiten und
Grenzen der durch das REDIM Verfahren automatisch reduzierten Reaktionsmechanismen
zur Beschriebung der komplexen Kinetik bei Zündprozessen untersuchen zu können.
Anhang A

Herleitung der PDF


Transportgleichung

Die dargestellte Herleitung orientiert sich eng an den in [88] gemachten Ausführungen.
Weitere Details und Informationen zur Herleitung einer PDF Transportgleichung finden
sich unter anderem in [43, 124, 129].
Ausgangspunkt der Betrachtungen sind die Erhaltungsgleichungen für das Geschwindig-
keitsfeld (Impulserhaltungsgleichung) und das Skalarfeld (Spezieserhaltungsgleichung) in
ungemittelter Form.

• Impulserhaltungsgleichung


ρ + U grad U = − div
 Π
− grad p+ g = A (A.1)
∂t  


Transport Druck Gravitation

• Spezieserhaltungsgleichung


ρ + U grad φ = − divj + ρS = B (A.2)
∂t  


Transport Reaktion

Diese Gleichungen konnen durch Einführen der substanziellen Ableitung einer beliebigen
Größe η
Dη ∂η
= + U grad η (A.3)
Dt ∂t
und dem Zusammenfassen der rechten Seite einfacher geschrieben werden als
DU
ρ = A (A.4)
Dt

ρ = B . (A.5)
Dt

133
134 KAPITEL A: HERLEITUNG DER PDF TRANSPORTGLEICHUNG

Nun sei genau eine Realisierung einer Strömung betrachtet, bei welcher das Geschwindig-
keitsfeld und das Skalarfeld gegeben sind durch U und φ.
f ∗ (V, ψ; x, t) = δ (U1 (x, t) − V1 ) · · · δ (U3 (x, t) − V3 ) · δ (φ1 (x, t) − ψ1 ) · · · δ (φn (x, t) − ψn )
= δ (U (x, t) − V ) · δ (φ(x, t) − ψ) (A.6)
Die Änderung der PDF läßt sich durch ein vollständiges Differential angeben.
Df ∗ ∂f ∗ DU1 ∂f ∗ DU3 ∂f ∗ Dφ1 ∂f ∗ Dφn
ρ = ρ + ··· + ρ +ρ + ··· + ρ
Dt ∂U1 Dt ∂U3 Dt ∂φ1 Dt ∂φn Dt
∂f ∗ DU ∂f ∗ Dφ
= ρ +ρ
∂U Dt ∂φ Dt
∂δ(U − V )δ(φ − ψ) DU ∂δ(U − V )δ(φ − ψ) Dφ
= + (A.7)
∂U Dt ∂φ Dt
Nach Anwenden der allgemeinen Rechenregel
∂ ∂
δ(x − y) = − δ(x − y) (A.8)
∂x ∂y
folgt somit
Df ∗ ∂f ∗ ∂f ∗
ρ =− A− B . (A.9)
Dt ∂V ∂ψ
Bis zu diesem Punkt wurde immer noch eine deterministische Gleichung, die exakt eine
Realisierung der Strömung darstellt, betrachtet. Die Strömung besteht aber tatsächlich aus
einer Vielzahl verschiedener Realisierungen. Deshalb ist die Bildung eines Erwartungswertes
sinnvoll und notwendig.

+∞


f = f ∗ (V, ψ) f (V̂ , ψ̂) dV̂ dψ̂
−∞

+∞

= δ(ψ̂ − ψ) δ(V̂ − V ) f (V̂ , ψ̂) dV̂ dψ̂ = f (V, ψ) (A.10)


−∞

Anschaulich betrachtet stellt die PDF somit den Erwartungswert der PDFs der Einzel-
realisierungen dar. Wird nun der Erwartungswert von Gleichung A.9 gebildet, so ergibt
sich    
Df ∗ ∂f ∗ ∂f ∗
ρ = − A− B . (A.11)
Dt ∂V ∂ψ
Der Erwartungswert der linken und rechten Seite dieser Gleichung kann durch Einsetz-
ten der in Gleichung A.10 gezeigten Rechenregel durch Integration über den gesamten
Zustandsraum bestimmt werden. Es folgt dann der Ausdruck

+∞
Df ∗ (V, V̂ , ψ, ψ̂)
ρ(ψ) f (V̂ , ψ̂) dV̂ dψ̂ =
Dt
−∞
⎡ ⎤

+∞
∂f ∗ (V, V̂ , ψ, ψ̂) ∂f ∗ (V, V̂ , ψ, ψ̂) ⎦
f (V̂ , ψ̂) ⎣− A− B dV̂ dψ̂ . (A.12)
∂V ∂ψ
−∞
135

Die linke Seite dieser Gleichung kann zu

D 
+∞

LS = ρ(ψ) f (V̂ , ψ̂)f ∗ (V, V̂ , ψ, ψ̂) dV̂ dψ̂ (A.13)


Dt
−∞

umgeformt werden und vereinfacht sich durch anwenden von Gleichung A.10 weiter zu
D D
ρ(ψ) f (V̂ , ψ̂) f ∗ (V, V̂ , ψ, ψ̂) = ρ(ψ)
f ∗ . (A.14)
Dt Dt
Die rechte Seite von Gleichung A.12 vereinfacht sich durch dieselben Umformungen in
analoger Weise zu

+∞ 
+∞
∂f ∗ (V, V̂ , ψ, ψ̂) ∂f ∗ (V, V̂ , ψ, ψ̂)
RS = − f (V̂ , ψ̂) A dV̂ dψ̂ − f (V̂ , ψ̂) B dV̂ dψ̂
∂V ∂ψ
−∞ −∞

∂  ∗
+∞ +∞
∂ ∗
= − f (V, V̂ , ψ, ψ̂) f (V̂ , ψ̂) A dV̂ dψ̂ − f (V, V̂ , ψ, ψ̂) f (V̂ , ψ̂) B dV̂ dψ̂
∂V ∂ψ
−∞ −∞
∂ ∂
= −
f ∗ A −
f ∗ B . (A.15)
∂V ∂ψ
Der Erwartungswerte von Gleichung A.9 wird folglich zu
D ∗ ∂ ∂
ρ(ψ)
f = −
f ∗ A −
f ∗ B . (A.16)
Dt ∂V ∂ψ
Ungeschickt ist an dieser Stelle, dass noch die Einzel-PDF auftritt. Sie kann allerdings
durch den Zusammenhang
f ∗ = f (ψ) in geeigneter Weise ersetzt werden.

D ∂ ∂
ρ(ψ) f =−
f ∗ A −
f ∗ B (A.17)
Dt ∂V ∂ψ

Bleibt nur noch die Terme


f ∗ A und
f ∗ B zu bestimmen. Als problematisch erweist sich
dabei die Abhänigkeit der beiden Terme von U , φ, grad U und grad φ.


f ∗ A(U, φ, grad U, grad φ) =
δ(U − V ) δ(φ − ψ) A(U, φ, grad U, grad φ) (A.18)

Beide Terme
f ∗ A und
f ∗ B stellen also bedingte Erwartungswerte dar. Allgemein kann
ein bedingter Erwartungswert berechnet werden durch
 +∞
+∞   

Q = Q(U, φ, · · · )|U = V̂ , φ = ψ̂ fU φ (V̂ , ψ̂) dV̂ dψ̂ . (A.19)
−∞ −∞

Somit ergibt sich



f ∗ A(U, φ, grad U grad φ)
136 KAPITEL A: HERLEITUNG DER PDF TRANSPORTGLEICHUNG

 +∞
+∞   
= δ(U − V )δ(φ − ψ)A(U, φ, grad U, grad φ)|U = V̂ , φ = ψ̂ fU φ (V̂ , ψ̂) dV̂ dψ̂
−∞ −∞
 +∞
+∞   
= δ(V̂ − V )δ(ψ̂ − ψ)A(U, φ, grad U, grad φ)|U = V̂ , φ = ψ̂ fU φ (V̂ , ψ̂) dV̂ dψ̂
−∞ −∞
=
A(U, φ, grad U, grad φ)|U = V, φ = ψ fU φ (V, ψ) . (A.20)

Damit kann nun die vollständige PDF Transportgleichung angegeben werden.

Df (V, ψ) ∂
ρ(ψ) = − fU φ (V, ψ)
A(U, φ, grad U, grad φ)|U = V, φ = ψ
Dt ∂V

− fU φ (V, ψ)
B(U, φ, grad U, grad φ)|U = V, φ = ψ (A.21)
∂ψ
Die beiden hierbei auftauchenden bedingten Erwartungswerte sind ungeschlossene Terme.
Mögliche Modellierungsansätze für diese Terme wurden in Abschnitt 3.6.5 dargestellt.
Anhang B

Koeffizienten des verallgemeinerten


Langevin Modells

In Tabelle B.1 sind die Koeffiziente des verallgemeinerten Langevin Modells dargestellt. Sie
werden aus experimentellen Daten gewonnen. Weitere Details hierzu findet sich in [58,124].
Die Modellkonstante γ ∗ ergibt sich aus den angegebenen Konstanten durch die Beziehung

γ ∗ = γ2 + γ 3 + γ 4 + γ 6 . (B.1)

 
α1 − 1
2
+ 34 C0 − α2 bij bji − τ γ ∗ bkl bil ∂U
∂xl
k

α2 3,7
β1 − 15
4
β2 5
β3 − 15
γ1 -1,28
γ2 3,01
γ3 -2,18
γ4 0
γ5 4,29
γ6 -3,09

Tabelle B.1: Koeffizienten des verallgemeinerten Langevin Modells

137
Anhang C

Randbedingungen für die


Flammenrückschlagsrechungen

Als Randbedingungen für die Flammenrückschlagsrechungen wurden aus detaillierten drei-


dimensionalen Simulationen mit einem Reynoldsspannungsmodell gewonnene radiale Profile
der mittleren Geschwindigkeit und der Turbulenzgrößen verwendet. Die Daten stammen aus
den Arbeiten von Kiesewetter et al. [67, 68].
Die hier dargestellten Profile beziehen sich auf einen Einlassmassenstrom von 70 gs und eine
Vorwärmtemperatur von 373 K. Für die anderen Betriebsparameter wurden entsprechend
die jeweils passenden Profile aus der Literatur verwendet.

0.03
y/m

0.02

0.01

0 20 40
u / (m/s)

Abbildung C.1: Radiales Profil der Axialgeschwindigkeit

139
140 KAPITEL C: RANDBEDINGUNGEN FÜR DIE FLAMMENRÜCKSCHLAGSRECHUNGEN

0.03

y/m
0.02

0.01

0 5 10 15 20 25
w / (m/s)

Abbildung C.2: Radiales Profil der Tangentialgeschwindigkeit

0.03
y/m

0.02

0.01

0 5 10 15
k / (m²/s²)

Abbildung C.3: Radiales Profil der turbulenten kinetischen Energie

0.03
y/m

0.02

0.01

0 0.001 0.002 0.003 0.004 0.005


tau / s

Abbildung C.4: Radiales Profil des turbulenten Zeitmaßes


Anhang D

Berechnung der Quellterme der


Wirbeltransportgleichung

In diesem Abschnitt werden die in der Wirbeltransportgleichung (Gleichung 7.3) vorhan-


dendenen Quellterme detailliert ausgewertet und es wird dargestellt wie die in Abbildung
7.8 gezeigten azimutalen Komponenten der Quellterme berechnet worden sind.

D.1 Allgemeine Form der Wirbeltransportgleichung


Die den in Gleichung 7.3 dargestellte Form der Wirbeltransportgleichung stellt eine Verein-
fachung für reibungsfreie nicht gravitationsbeeinflusste Strömungen dar. Die beiden durch
diese Einflüsse zusätzlich auftauchenden Quellterme für reibungsbehaftete Strömungen
1
Qr = (∇ × τ ) (D.1)
ρ
mit τ als dem Tensor der viskosen Scherkräfte und für Gravitationskräfte

Qg = ∇ × B (D.2)
 als Massenkräften wurden vernachlässigt.
mit B

D.2 Quellterm durch Dilatation der Wirbelfäden


Der Quellterm in Folge der Dilatation der Wirbelfäden ergibt sich im Detail zu
⎛ ⎞
ωx
∂u ∂v ∂w ⎜ ⎜ ω ⎟

QDilat = −ω (∇ · u) = − + + ⎝ y ⎠ . (D.3)
∂x ∂y ∂z
ωz
Die azimutale Komponente des Quellterms wird somit zu

∂u ∂v ∂w
QDilat
z = −ωz · + + (D.4)
∂x ∂y ∂z

141
142 KAPITEL D: BERECHNUNG DER QUELLTERME DER WIRBELTRANSPORTGLEICHUNG

D.3 Quellterm durch Steckung der Wirbelfäden


Der Quellterm in Folge der Streckung der Wirbelfäden ergibt sich zu
⎛ ⎞
u
∂ωx ∂ωy ∂ωz ⎜ ⎟
QStreck = (ω · ∇) u = + + ⎜ v ⎟ (D.5)
∂x ∂y ∂z ⎝ ⎠
w

die darin vorkommenden azimutale Komponente des Quellterms wird somit zu



∂ωx ∂ωy ∂ωz
QSteck
z =w + + (D.6)
∂x ∂y ∂z

D.4 Quellterm durch das barokline Drehmoment


Der Quellterm in Folge des baroklinen Drehmoments ergibt sich zu
⎛ ⎞
− ∂ρ ∂p ∂ρ ∂p
+ ∂y
1 1 ⎜ ∂ρ ∂p ∂ρ ∂p∂z ⎟
⎜ ∂z ∂y
Qbaro = 2 (∇ρ × ∇p) = 2 ⎝ ∂z ∂x − ∂x ∂z ⎟ ⎠ (D.7)
ρ ρ ∂ρ ∂p ∂ρ ∂p
∂x ∂y
− ∂y ∂x

die darin auftauchende azimutale Komponente des Quellterms wird somit zu



1 ∂ρ ∂p ∂ρ ∂p
Qbaro
z = 2 − (D.8)
ρ ∂x ∂y ∂y ∂x
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Lebenslauf

Personalien

Name: Stefan Lipp

Geburtsdatum: 17.09.1978

Geburtsort: Heidelberg

Werdegang

1985-1989 Grundschule Rüppurr

1989-1998 Max-Planck-Gymnasium Karlsruhe

1998-1999 Zivildienst bei der ISB Karlsruhe

1999-2004 Studium Maschinenbau Universität Karlsruhe

seit 2004 Akademischer Mitarbeiter am Institut für Technische


Thermodynamik des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT)

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