Eintauchen in Die Geschichte Tutankamun
Eintauchen in Die Geschichte Tutankamun
Eintauchen in Die Geschichte Tutankamun
01116328
Darstellungen des ägyptischen Jenseits(-kultes) im Videospiel ‚Assassin’s Creed: Origins‘ und der
Einsatz von historischen Videospielen im Geschichtsunterricht
Diplomarbeit
eingereicht an der
LEOPOLD-FRANZENS-UNIVERSITÄT INNSBRUCK
Ich erkläre hiermit an Eides statt durch meine eigenhändige Unterschrift, dass ich die
vorliegende Arbeit selbständig verfasst und keine anderen als die angegebenen Quellen und
Hilfsmittel verwendet habe. Alle Stellen, die wörtlich oder inhaltlich den angegebenen Quellen
entnommen wurden, sind als solche kenntlich gemacht.
Die vorliegende Arbeit wurde bisher in gleicher oder ähnlicher Form noch nicht als Magister-
/Master-/Diplomarbeit/Dissertation eingereicht.
30.5.2020
Datum Unterschrift
Danksagung
An dieser Stelle möchte ich mich bei meinen Betreuern, Herrn Prof. Robert Rollinger und Frau Prof.
Sabine Fick, bedanken. Besonderer Dank gilt hierbei Frau Prof. Fick, welche mich bei unseren Treffen
mit ihrer Faszination für das Alte Ägypten anstecken konnte.
Ich möchte mich auch bei Dr. Christian Rollinger von der Universität Trier bedanken, welcher mir sein
Werk, das eine wichtige Grundlage dieser Arbeit ist, zur Verfügung stellte. Gerade in der Zeit von
COVID-19, in der es schwierig war, Zugang zur Literatur zu erhalten, war mir dies eine große Hilfe und
nicht selbstverständlich.
Meinen Eltern, die mich auf meinem (langen) Weg immer unterstützt haben, nie die Geduld mit mir
verloren haben, und mich immer wieder erden.
Meiner Schwester, die mir immer mit Rat und Tat zur Seite steht und sich (fast) mehr Sorgen um
mich macht, als ich selbst.
Meinem Schwager, der mich mit seiner Art immer wieder beruhigen und auch angespannte
Situationen auflockern kann.
Und schlussendlich meiner Freundin, die mir besonders in der Schlussphase immer wieder den
nötigen Antrieb und die Motivation gab.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung............................................................................................................................. 1
1.1. Abstract ................................................................................................................................... 3
2. (Antike) Geschichte als Thema in Videospielen .................................................................. 4
2.1. Historische Videospiele ........................................................................................................... 4
2.2. Historische Videospiele mit antikem Setting .......................................................................... 6
2.3. Authentizität in historischen Videospielen ............................................................................. 8
3. Assassin’s Creed ................................................................................................................ 13
3.1. Assassin’s Creed: Origins ....................................................................................................... 13
3.1.1. Allgemeines ................................................................................................................... 13
3.1.2. Die Story ........................................................................................................................ 15
3.2. Assassin’s Creed: Origins - Fluch der Pharaonen .................................................................. 17
4. Analyse der Darstellungen in ‚Assassin’s Creed: Origins – Fluch der Pharaonen‘ ............ 20
4.1. Nofretete ............................................................................................................................... 20
4.1.1. Allgemeines ................................................................................................................... 20
4.1.2. Nofretetes Grab im Spiel ............................................................................................... 29
4.1.3. Nofretetes Grab in der Realität ..................................................................................... 31
4.1.4. Die Büste der Nofretete ................................................................................................ 31
4.1.5. Nofretetes ‚Iaru‘ ............................................................................................................ 34
4.1.6. Das ‚Iaru‘ in der ägyptischen Jenseitsvorstellung ......................................................... 37
4.2. Echnaton ............................................................................................................................... 39
4.2.1. Allgemeines ................................................................................................................... 39
4.2.2. Das Grabmal von Echnaton im Spiel ............................................................................. 44
4.2.3. Echnatons Grabmal in der Realität (KV55) .................................................................... 46
4.2.4. Vergleich Grab des Echnaton im Spiel und in der Realität ............................................ 47
4.2.5. Echnatons ‚Aton‘ ........................................................................................................... 48
4.2.6. Die Stadt Achet-Aton..................................................................................................... 49
4.2.7. Die ‚Amarna-Kunst‘ ....................................................................................................... 52
4.3. Tutanchamun ........................................................................................................................ 59
4.3.1. Allgemeines ................................................................................................................... 59
4.3.2. Tutanchamuns Grab im Spiel ........................................................................................ 61
4.3.3. Tutanchamuns Grab in der Realität (KV62)................................................................... 65
4.3.4. Vergleich Grab des Tutanchamun im Spiel und in der Realität..................................... 68
4.3.5. Die wichtigsten dargestellten Götter in Tutanchamuns Grab ...................................... 69
4.3.6. Reeves‘ Theorie als Grundlage für die Grabkammer im Spiel? ..................................... 74
4.3.7. Tutanchamuns ‚Duat‘ .................................................................................................... 80
4.3.8. Zyklus der Duat.............................................................................................................. 82
4.4. Ramses II. .............................................................................................................................. 86
4.4.1. Allgemeines ................................................................................................................... 86
4.4.2. Das Grabmal von Ramses II. im Spiel ............................................................................ 89
4.4.3. Ramses Grab in der Realität .......................................................................................... 92
4.4.4. Vergleich Grab des Ramses II. im Spiel und in der Realität ........................................... 93
4.4.5. Wichtige Götter die im Grab von Ramses dargestellt werden ..................................... 95
4.4.6. Das ‚Sedfest‘ des Ramses II. ........................................................................................ 101
4.4.7. Das Sedfest .................................................................................................................. 102
4.4.8. Die Schlacht von Kadesch ............................................................................................ 104
4.4.9. Die Belagerung Dapurs ................................................................................................ 110
4.4.10. Charakteristika des Gottes Seth als Inspiration für das ‚Sedfest‘ ............................... 112
4.5. Weitere Jenseits-Symbole im Spiel: .................................................................................... 115
4.5.1. Lotusblumen................................................................................................................ 115
4.5.2. Ba-Vögel ...................................................................................................................... 116
5. Conclusio ......................................................................................................................... 118
6. Der Einsatz von (historischen) Computerspielen im Geschichtsunterricht .................... 121
6.1. ‚Assassin’s Creed: Origins‘ im Geschichtsunterricht ........................................................... 124
6.2. Unterrichtsplanung ............................................................................................................. 126
7. Abbildungsverzeichnis ..................................................................................................... 133
8. Quellen- und Literaturverzeichnis ................................................................................... 134
9. Anhang ............................................................................................................................ 143
1. Einleitung
Videospiele sind mittlerweile ein fester Bestandteil der modernen (Pop-)Kultur. 1958 wurde mit
‚Tennis for Two‘ das erste (richtige) Videospiel erfunden.1 In den folgenden 60 Jahren hat dieses
Medium eine rasende Entwicklung durchlaufen. Wo sich früher noch mit einfachsten Methoden
einzelne Pixel über einen Bildschirm bewegten, kann man heute riesige Welten erkunden. Man kann
in den Weltraum reisen, in Ländern voller Magie mit fantastischen Wesen kämpfen, sportliche
Wettkämpfe abhalten, sein eigenes Imperium erschaffen und vieles mehr. Virtual Reality lässt den
Spieler sogar komplett in diese Spielwelten eintauchen. Manche dieser Welten sind grafisch
mittlerweile auf einem so hohen Stand, dass man sie kaum noch von der Realität unterscheiden
kann. So vielfältig diese Welten sind, so vielfältig sind auch die Geschichten und Themen, die diese
Spiele erzählen.
Ein sehr beliebtes Thema in der Videospiel-Branche ist dabei unsere Geschichte. Die Spieler können
in Kriegen, wie dem Zweiten Weltkrieg oder dem Vietnamkrieg, mitkämpfen, mittelalterliche Städte
zum Reichtum führen oder in Simulationen antike Hochkulturen erbauen. Wie sehr sich diese Spiele
jedoch an der Realität orientieren, ist unterschiedlich. Während manche Spiele einen gewissen
Zeitpunkt in der Geschichte lediglich als Ausgangspunkt für die eigene Erzählung verwenden, so
behaupten andere Spiele, dass sie die Geschichte wahrheitsgetreu nacherzählen. Wie hoch der Grad
der Authentizität der Darstellungen am Ende ausfällt, ist von Spiel zu Spiel unterschiedlich.
Eine Spielereihe hat sich mit ihrem Setting auch der Geschichte verschrieben, nämlich ‚Assassin’s
Creed‘. Die zahlreichen Teile der Serie spielen in verschiedenen Epochen der Weltgeschichte.
Während man zum Beispiel im ersten Teil in das Jerusalem aus der Zeit des Dritten Kreuzzuges reist,
spielen spätere Teile dann in Italien während der Renaissance, in den USA während der
Amerikanischen Revolution oder auch in London während der Industriellen Revolution. Mit der
insgesamt zehnten Auskopplung ‚Assassin’s Creed: Origins‘, welche im Oktober 2017 veröffentlicht
wurde, wählte das Entwicklerstudio Ubisoft das antike Ägypten, genauer gesagt das Ägypten in der
ausgehenden Ptolemäer-Zeit, als Setting. Mit der Hilfe von Ägyptologen und Historikern wurde das
Spiel entwickelt, um ein möglichst wahrheitsgetreues Bild dieser Zeit zu rekonstruieren.
Diese Arbeit wird sich hauptsächlich mit der im März 2018 veröffentlichten Erweiterung des Spiels
‚Fluch der Pharaonen‘ auseinandersetzen. Diese Erweiterung beschäftigt sich thematisch in
mehreren Facetten mit dem altägyptischen Totenkult und den dazugehörigen Jenseitsvorstellungen.
1
Christian Rollinger (Hrsg.), Classical Antiquity in Video Games. Playing with the Ancient World, London 2020a,
S. 1.
1
So kann der Spieler unter anderem mehrere Gräber im Tal der Könige betreten und sogar in das
Jenseits eintreten. Obwohl die Erweiterung ‚Fluch der Pharaonen‘ im Vergleich zum Hauptspiel einige
Fantasy-Elemente aufgreift, so kann man hier doch auch historische Hintergründe erkennen. Diese
historischen Hintergründe soll hier untersucht werden. Die Hauptaufgabe der Arbeit wird es sein, die
verschiedenen Darstellungen der Gräber, des Jenseits und der Figuren mit historischen Quellen zu
vergleichen. Es wird untersucht, an welchen Quellen sich das das Team des Entwicklerstudios
orientiert haben könnten und wie authentisch die Umsetzung der historischen Hinterlassenschaften
im Spiel ausfällt. Die Forschungsfrage ist somit: An welchen Quellen haben sich die Spieleentwickler
bei der Erweiterung des Spiels ‚Assassin’s Creed: Origins‘ ‚Fluch der Pharaonen‘ orientiert und wie
authentisch wurden die Darstellungen im Spiel umgesetzt?
Als theoretische Grundlage wird sich diese Arbeit zu Beginn noch generell mit dem Phänomen
‚historische Videospiele‘, speziell mit der Darstellung der Antike in diesen Videospielen, und deren
Authentizität auseinandersetzen. Hier werden verschiedene Arten von historischen Videospielen
beispielhaft thematisiert und die Frage diskutiert, ab wann man von einem historischen Videospiel
sprechen kann. Als Grundlage für diesen Teil dient hier vor allem das vor kurzem erschienene Werk
‚Classical Antiquity in Video Games: Playing with the Ancient World‘, das der Historiker Christian
Rollinger herausgegeben hat. Nach dieser allgemeinen Ausführung zur Historizität von Videospielen,
folgt eine kurze Nacherzählung der Story von ‚Assassin’s Creed: Origins‘ und dessen Erweiterung
‚Fluch der Pharaonen‘. Anschließend folgt der Hauptteil der Arbeit. Thematisch unterteilt in die im
Spiel vorkommenden Pharaonen Echnaton, Tutanchamun und Ramses II, sowie Echnatons große
königliche Gemahlin Nofretete, werden hier verschiedene Themen analysiert und mit der
allgemeinen Quellenlage verglichen. Der Fokus dieser Analysen liegt auf den Gräbern der jeweiligen
Pharaonen und den Darstellungen der vier verschiedenen Jenseitsgebiete und Themen, die darin
vorkommen.
Im anschließenden fachdidaktischen Teil wird sich die Arbeit mit dem Einsatz von historischen
Videospielen im Geschichtsunterricht beschäftigen. Wie und unter welchen Bedingungen können
historische Videospiele sinnvoll im Geschichte-Unterricht eingesetzt werden? Hier wird sich die
Arbeit zuerst allgemein mit dem Einsatz von solchen Spielen im Unterricht auseinandersetzen, um
anschließend ein Praxis-Beispiel auf Basis des Spiels ‚Assassin’s Creed: Origins‘ vorzustellen. Dieser
Teil soll darlegen, dass der Einsatz des Mediums ‚Videospiel‘ im Unterricht durchaus möglich und
sinnvoll sein kann.
Für alle beschriebenen Darstellungen und Inhalte des Spiels werden keine direkten Quellenangaben
gemacht. Der Autor der Arbeit fungiert hier selbst als Quelle. Mit über 120 Spielstunden konnte er
2
die Inhalte und Darstellungen sehr genau studieren und gilt daher als vertrauenswürdige Quelle. Für
direkte Zitate aus den Spielen, wie zum Beispiel Texten von Inschriften, wird das Spiel allgemein als
Quelle angegeben. Da es hier allerdings keine Möglichkeit einer Einteilung in Kapitel oder nach
Auftauchen des Textes im Spiel gibt, wird auf eine genauere Angabe der Quelle verzichtet.
In dieser Arbeit wird zugunsten des Leseflusses für (Gruppen-)Bezeichnungen das generische
Maskulinum verwendet. Der Autor will klarstellen, dass es sich hier um keine Benachteiligung der
anderen Geschlechter handeln soll.
1.1. Abstract
This thesis will focus on the depiction of historical themes in the video game ‚Assassin’s Creed:
Origins‘, or more specifically its expansion ‚Curse of the Pharaohs‘. It will try to analyze in what
extent the game-developers based the motifs and the portrayals of various themes inside the game
on historical sources. The main focus will lie on the pharaohs that appear in the game: Akhenaten,
Tutankhamun and Ramesses II, as well as Akhenaten’s Great Royal Wife Nefertiti. Their graves in the
Valley of the Kings, as well as the depiction of the four different areas in the Egyptian afterlife will be
the key-topics to be analyzed. The following didactic part of this thesis will address the use of
‚historical videogames‘ in the context of History-classes at school. At first it will focus on the general
idea of using videogames in a scholar context. Afterwards it will provide a practical example of how
to use ‚Assassin’s Creed: Origins‘ in a History-lesson.
3
2. (Antike) Geschichte als Thema in Videospielen
2.1. Historische Videospiele
Trotz der über 60-jährigen Geschichte von Videospielen wurde dieses Medium auf wissenschaftlicher
Ebene lange Zeit kaum beachtet. Erst in den 1990er Jahren hat sich ein Wissenschaftsfeld entwickelt,
welches sich explizit mit Videospielen auseinandersetzt: Die Game Studies. Dieses Unterthema der
Medienwissenschaften hat sich in kurzer Zeit stark entwickelt. Die Geschichtswissenschaften
dagegen haben sich lange Zeit kaum mit der Geschichtserzählung in Videospielen
auseinandergesetzt, und das obwohl ‚Geschichte‘ schon seit frühen Zeiten ein Thema in der
Videospielbranche war. Mit ‚Oregon Trails‘ erschien bereits 1971 ein Spiel, welches eine historische
Thematik behandelt.2
Mit der Zeit hat sich ein Sub-Genre der Geschichtswissenschaften etabliert, das sich mit der
Historizität in Videospielen auseinandersetzt: Die Historical Game Studies. Viele Wissenschaftler
haben sich seither mit Geschichte in Videospielen beschäftigt. Zahlreiche Studien, Bücher und
Dissertationen sind zu diesem Thema veröffentlicht worden, trotzdem scheint das Medium
Videospiele noch immer den Ruf zu haben, unseriös oder kindisch zu sein. Veröffentlichungen im
Feld der Game Studies nehmen oft eine ‚defensive Position‘ ein. Wissenschaftler, die sich mit dem
Medium auseinandersetzen, scheinen in ihren Schriften das Verlangen zu haben, die Entscheidung,
sich mit der Untersuchung von Videospielen zu beschäftigen, regelrecht verteidigen zu müssen.
Christian Rollinger erwähnt im Prolog seines Werkes Adam Chapman, Anna Foka und Jonathan
Westin3, welche argumentieren, dass das wissenschaftliche Feld der Game Studies mittlerweile
dieser defensiven Position entwachsen ist. Rollinger selbst befürchtet allerdings, dass gerade im Feld
der Klassik und der Alten Geschichte noch immer diese defensive Haltung der Status quo sei und ein
Entwachsen aus dieser Position noch in weiter Ferne läge. Dabei argumentiert Rollinger, dass
Videospiele gerade für Historiker ein attraktives Untersuchungsfeld darstellen würden. Besonders in
den ‚classical reception studies‘, welche sich mit dem Einfluss der Antike auf das spätere Leben, vom
Mittelalter bis hin zur Moderne, auseinandersetzt.4
Die Art und Weise, wie Geschichte in Videospielen dargestellt, beziehungsweise erzählt wird, hängt
sehr stark vom Genre des jeweiligen Spiels ab. Im Großen und Ganzen teilt Rollinger Videospiele in
zwei große Kategorien ein: Einerseits gibt es Videospiele in denen man aus einer ‚göttlichen‘ Position
2
Rollinger (2020), S. 2.
3
Adam Chapman/Anna Foka/Jonathan Westin, Introduction: What is Historical Game Studies?, in: Rethinking
History 21 (2016), Heft 3, S. 358-371.
4
Rollinger (2020a), S. 2-3.
4
agiert, in der man als eine Art omnipotentes Wesen zum Beispiel die Entwicklung der Wirtschaft oder
von globalen Königreichen steuert. Andererseits nennt er Videospiele, in denen man als Individuum
einer vorgefertigten Handlung folgt.5 Es gibt allerdings noch detailliertere Unterteilungen in Genres.
Steven Poole nennt zum Beispiel neun verschiedene Videospiel-Genres6, während Mark Wolf auf
insgesamt 42 verschiedene Unterteilungen kommt.7 Rollinger selbst nennt insgesamt acht Genres, in
welche man Spiele seiner Meinung nach einordnen kann: First-person shooter (FPS), in welchen man
sich als Soldat oder ähnliches in einem drei-dimensionalen Raum bewegt und in der first-person
Perspektive in gewalttätige Konfrontationen gerät, welche meist durch Waffengewalt gelöst werden.
Diese Art von Spielen haben üblicherweise ein militärisches Setting. Action-Adventure games
vereinen wiederum mehrere Sub-Genres miteinander. Diese reichen von den klassischen
Plattformer-Spielen, wie zum Beispiel ‚Mario Bros.‘, bis hin zu third-person Abenteuerspielen, wie
zum Beispiel ‚Tomb Raider‘. Auch first-person Spiele können in dieses Genre gezählt werden. Role-
playing games (RPGs) ähneln den Action-Adventures. In RPGs schlüpft der Spieler in die Rolle einer
konkreten Figur, oder kann diese auch selbst kreieren. Im Gegensatz zu den Action-Adventures liegt
hier der Fokus auf der Charakterentwicklung, einer weitreichenderen Story und der Immersion des
Spielers in die Spielwelt. Berühmte Vertreter dieses Genres sind Spiele wie ‚The Witcher‘ oder die
‚The Elder Scrolls‘-Reihe. Bei Massively Multiplayer Online Role-Playing Games (MMORPGs) handelt
es sich um Spiele, die sich im Grunde an die Regeln eine RPGs halten, mit dem Unterschied, dass sich
in MMORPGs unzählige Spieler zugleich in einer Spielwelt befinden. In ‚World of Warcraft‘ sind zum
Beispiel mehr als 100 Millionen Spieler zugleich online. Als weiteres Genre nennt Rollinger die sports
and fighting games, welche konkrete Sportarten wie Fußball oder Kampf-Szenarios (teilweise auch
mit Fantasie-Elementen) simulieren. Bei vehicle games handelt es sich um Rennspiele, welche
verschiedenste Fahrzeuge beinhalten können, von Formel-1 Wägen bis hin zu Raumschiffen. Strategy
games lassen den Spieler in die Rolle eines Anführers von Militär-Einheiten, Staaten oder ganzen
Reichen schlüpfen. Das Ziel ist hier im Normalfall, Schlachten zu gewinnen und das eigene Reich zu
vergrößern. Hier stehen Strategie und Taktik im Mittelpunkt. Hier ist die ‚Total War‘-Serie als
berühmten Vertreter des Genres zu nennen. Zuletzt erwähnt Rollinger noch die economic simulations
oder city-building games. In diesen Spielen soll der Spieler wirtschaftliche Entscheidungen treffen,
um zum Beispiel eine Stadt oder einen Themenpark zu erbauen und zu erhalten.8
5
Christian Rollinger, An Archaeology of Ancient Historical Video Games, in: Christian Rollinger (Hrsg.), Classical
Antiquity in Video Games. Playing with the Ancient World, London 2020b, S. 19-43, hier: S. 22.
6
Steven Poole, Trigger Happy. The Inner Life of Video Games, New York 2000, S. 35-58.
7
Mark J.P. Wolf, The Medium of the Video Game, Austin 2001, S. 113-134.
8
Rollinger (2020b), S. 23-24.
5
Die deutsche Historikerin Angela Schwarz hat eine Datenbank für historische Videospiele
zusammengestellt. In einem Artikel aus dem Jahr 2015 errechnet sie über 2.300 Spiele, welche als
historische Videospiele kategorisiert werden können.9 Seit 2003 sind laut Schwarz auch jährlich über
100 neue historische Videospiele auf den Markt gekommen. Den Großteil dieser Spiele (fast 40%)
bilden Strategiespiele. Dahinter folgen weit abgeschlagen die Action-Adventures (12,7%), city-
building games (11,9%), first-person shooter (9,3%) und vehicle simulations (11,9%), wobei der
Großteil der in diesem Genre kategorisierten Spiele, keine Rennspiele im herkömmlichen Sinn,
sondern Militär-Simulationen sind, wo man beispielsweise Flieger aus dem Zweiten Weltkrieg
steuert.10 In chronologischer Unterteilung spielen die meisten historischen Videospiele im 20.
Jahrhundert (ca. 48%), wobei etwa 26% davon allein den Zweiten Weltkrieg behandeln. Danach folgt
das 19. Jahrhundert (11,9%), die Antike (11,3%), das Mittelalter (8,6%), die frühe Neuzeit (8,5%), das
21. Jahrhundert (7,2%) und schließlich noch die epochenübergreifenden Spiele (3,7%). All diese
Zahlen beschreiben den Stand aus dem Jahr 2012.11
Laut Rollinger gibt es bis dato keine offizielle Statistik, welche die historischen Videospiele, die in der
Antike spielen, in die verschiedenen Genres unterteilt. Jedoch ist bei einem Blick über die Titel
offensichtlich, dass sich der Großteil dieser Spiele in die Genres der Strategiespiele und der Action-
Adventures einteilen lassen. Auch Spiele mit antikem Setting, die dem Genre economic
simulation/city-building games zuzuordnen sind, waren eine Zeit lang sehr populär, doch die Anzahl
dieser Spiele ging in den letzten Jahren deutlich zurück.12
Fakt ist, dass sogar das älteste economic-simulation Spiel in der Geschichte der Videospiele in einem
antiken Setting spielt: ‚The Sumerian Game‘, welches zwischen 1963 und 1967 entwickelt wurde. Das
Spiel selbst, beziehungsweise dessen Programmierungs-Code, ging im Laufe der Zeit verloren, jedoch
konnte es rekonstruiert werden. Es spielt in Mesopotamien, etwa 3.500 Jahre v.u.Z. Als Spieler muss
man die Stadt Lagash führen und verschiedene Katastrophen überstehen.13 Ein berühmter Vertreter
der economic simulations/city-building games, welche in der Antike spielen, ist die Spielereihe
‚Caesar‘. Insgesamt vier Titel dieser Reihe erschienen zwischen 1992 und 2004. Die Caesar-Reihe hat
9
Angela Schwarz, Game studies und Geschichtswissenschaft, in K. Sachs-hombach und J.-N. Thon (Hrsg.), Game
Studies. Aktuelle Ansätze der Computerspielforschung, Köln 2015, S. 398-447, hier S. 439.
10
Angela Schwarz, Computerspiele. Ein Thema für die Geschichtswissenschaft?, in: Angela Schwarz (Hrsg.),
Wollten Sie auch schon einmal pestverseuchte Kühe auf Ihre Gegner werfen? Eine fachwissenschaftliche
Annäherung an Geschichte im Computerspiel, Münster 2012, S. 7-33, hier: S. 12.
11
Schwarz (2012), S. 14.
12
Rollinger (2020b), S. 26.
13
Rollinger (2020b), S. 29.
6
ihr Konzept vom bereits populären Simulator ‚SimCity‘, in welchem man als Bürgermeister eine Stadt
aufbauen und managen muss, abgekupfert und in ein antikes Setting verlegt. Dabei sind auch einige
Anachronismen zu finden, so kann man in der Caesar-Reihe im antiken Rom öffentliche Schulen und
Krankenhäuser bauen. Generell hat die Caesar-Reihe bis auf das Grundsetting im antiken Rom,
keinerlei Bezug zum antiken Leben. Auch andere Spiele, welche in diese Kategorie fallen, wie zum
Beispiel ‚Cleopatra: Queen of the Nile‘, oder ‚Zeus: Master of Olympus‘, kämpfen mit sehr ähnlichen
Problemen. Während die Spiele eine antike Welt simulieren sollen, werden kaum bis gar keine
authentischen Herausforderungen der damaligen Zeit dargestellt. Hier werden die Spieler eher vor
klassische Aufgaben gestellt, wie zum Beispiel die Abwehr eines Angriffs von Barbaren, oder eine
Feuersbrunst. Nach dem Titel ‚Caesar IV‘ ging der Trend für derartige Spiele mit antikem Setting
deutlich nach unten.14
Das Genre der Strategiespiele beinhaltet zu großen Teilen Spiele, die sich um einen militärischen
Konflikt drehen. Es findet in den 1980er Jahren seinen Anfang. Einer der ersten Titel, der erschienen
ist, war ‚Computer Bismarck‘, in welchem man deutsche Schlachtschiffe kommandieren konnte. Auch
Strategiespiele mit antikem Setting wurden bereits in den 80ern entwickelt: ‚Legionnaire‘ (1982) und
‚Annals of Rome‘ (1986). Beide Spiele sind heutzutage nicht mehr allzu bekannt. Besonders das Sub-
Genre der sogenannten ‚4X‘ Strategiespiele bietet laut Rollinger einen hohen Grad an Komplexität
beziehungsweise auch Realismus. Der Name ‚4X‘ leitet sich von den Grundaufgaben der Spiele ab:
explore, expand, exploit und exterminate. Berühmte Vertreter dieses Sub-Genres sind zum Beispiel
‚Total War: Rome II‘ oder auch ‚Europa Universalis IV‘, in welchen man Stadtstaaten, Reiche oder gar
Nationen lenken, gegnerische Gebiete angreifen und expandieren muss. Die ‚Civilization‘-Reihe spielt
hier auf einer noch breiteren Skala, in welcher der Spieler den Lauf der Geschichte bedeutend
verändern kann.15 Rollinger meint sogar, dass solche Strategiespiele dabei helfen können, unser
Verständnis und auch unser Wissen über das antike Kampfgeschehen zu verbessern,
beziehungsweise dieses Wissen zu kommunizieren.16
Ein gänzlich anderes Spielsystem bilden die Action-Adventures. Im Gegensatz zu Strategiespielen und
Simulationen, in welchen man die Geschichte oder den Werdegang historischer Figuren verändern
kann, fokussieren sich Action- Adventures meist auf eine bereits festgelegte Handlung, welche vom
Spieler nicht verändert, sondern nur durch seine Aktionen wiedererzählt werden kann. Zwei frühe
Spiele, die diesem Genre zugeordnet werden können, sind ‚The Return of Heracles‘ (1983) und ‚The
14
Rollinger (2020b), S. 30-31.
15
Rollinger (2020b), S. 31-33.
16
Rollinger (2020b), S. 31.
7
Battle of Olympus‘ (1988). Während ersteres noch die Geschichte von den zwölf Aufgaben des
Herakles in Form eines hauptsächlich Text-basierten Adventures erzählt, kann zweiteres dem Sub-
Genre der ‚Jump’n’Runs‘ zugeteilt werden. Auch der erzählerische Hintergrund von ‚The Battle of
Olympus‘ erinnert bereits stark an moderne Action-Adventures. Der Spieler erhält im Laufe des Spiels
mehrere Kräfte verliehen, die ihm auf seiner Reise helfen sollen. Dazu gibt es verschiedene
Nebenmissionen, die der Weiterentwicklung des Spielcharakters dienen.17 Mit der Zeit entwickelten
sich diese Adventure-Spiele weiter. Erste Spiele mit dreidimensionaler Optik kamen Anfang der 90er
Jahre auf den Markt und nach und nach wurden auch Elemente von Action-Spielen inkludiert. Im Jahr
1996 wurde schließlich ein Paradebeispiel für das Genre Action-Adventures veröffentlicht: ‚Tomb
Raider‘. In diesem Spiel lenkt der Spieler die Archäologin Lara Croft. Die Heldin erreicht ihr Ziel durch
das Lösen von verschiedenen Rätseln, aber auch durch das Erledigen gegnerischer Figuren. Neben
der Haupt-Story tragen in solchen Action-Adventures auch viele sogenannte ‚non-player-characters‘
(NPCs), also Charaktere, die nicht von einem menschlichen Spieler gesteuert werden, zu der
Atmosphäre bei und versorgen den Spieler mit Hintergrundinformationen. Im Vergleich zu den
anderen Videospiel-Genres ähneln Action-Adventures noch am meisten Hollywood-Filmen. Die
Protagonisten der Spiele sind nicht reine Avatare, die der Spieler lenken kann, sondern besitzen oft
eine tiefgründige Hintergrundgeschichte und Motive für ihre Handlungen.18 Aufgrund dieser
Ähnlichkeit zwischen den Narrationen in Action-Adventures und Hollywood-Filmen, sind diese Art
von Spielen sehr gut für ein Setting in verschiedensten historischen Perioden geeignet. Besonders
gefeierte Vertreter des Genres können auch dem Genre historische Videospiele zugeschrieben
werden. So spielen zum Beispiel ‚Red Dead Redemption I & II’ im US-amerikanischen Westen im
ausgehenden 19. Jahrhundert, und auch die ‚Assassin’s Creed‘-Reihe bedient sich verschiedenster
historischer Schauplätze. Besonders diese Videospiel-Serie hat sich aufgrund ihres Gameplays, ihrer
Erzählweise, ihrer Grafik und auch aufgrund ihrer historischen Schauplätze auf dem globalen Markt
durchgesetzt.19 Die letzten beiden Haupttitel, ‚Assassin’s Creed: Origins‘ und ‚Assassin’s Creed:
Odyssey‘, spielen in der Antike. Rollinger beschreibt besonders diese beiden Teile als „painstaking
recreations of ancient settings, rich in atmosphere and surprisingly conscientious in detail.”20
Ein prominentes Thema in der Geschichtsforschung ist die Untersuchung der Authentizität von
Darstellungen der Geschichte, sei es in Nachstellungen historischer Szenen, oder generell im
17
Rollinger (2020b), S. 35-37.
18
Rollinger (2020b), S. 37.
19
Rollinger (2020b), S. 37-38.
20
Rollinger (2020b), S. 38.
8
Sichtbar-machen von literarischen und archäologischen Quellen. Auch Videospiele sind laut Tristan
French und Andrew Garner Darstellungen der Geschichte. Durch die stetigen Entwicklungen in der
Videospiel-Branche wurden Spiele immer komplexer, anspruchsvoller, oder gar intellektueller. Die
Beziehung zwischen den Spielen und der Vergangenheit, die diese repräsentieren, wurde zu einem
Faktor, der durchaus eine wissenschaftliche Signifikanz besitzt. Besonders den interaktiven Charakter
von Videospielen heben French und Garner hervor. Neben der Authentizität der Darstellungen in den
Spielen kommt hier auch noch ein weiterer Punkt hinzu: Das authentische Erleben von Geschichte.
Obwohl Videospiele oft als nicht authentisch bezeichnet werden, da man zum Beispiel das Spielen
eines Römers in einem Spiel nicht mit dem tatsächlichen Leben eines Römers vergleichen kann,
macht man als Spieler eines Videospieles trotzdem Erfahrungen in Form der aktiven
Auseinandersetzung mit der dargestellten Vergangenheit. Das ist eine Besonderheit, die Videospiele
zwischen den restlichen Medien, wie Filmen oder Büchern, hervorhebt. French und Garner
argumentieren deshalb, dass historische Videospiele als Werkzeuge verwendet werden können,
wenn es um grundlegende Fragen rund um die Orientierung in der Vergangenheit geht.21
In ihrem Artikel ‚Playing in a ‘Real’ Past. Classical Action Games and Authenticity‘, untersuchten
French und Garner die Authentizität von Videospielen anhand von zwei Fallstudien.
Untersuchungsobjekte in diesen Studien waren die beiden Action-Adventures ‚Ryse: Son of Rome‘
(2013) und die ‚Assassin’s Creed‘-Reihe. Das Spiel ‚Ryse: Son of Rome‘ wurde für seine historische
Ungenauigkeit und das lineare Level-Design kritisiert. French und Garner argumentieren, dass diese
beiden Kritikpunkte zusammenhängen. Der Spieler steuert einen fiktiven römischen Soldaten, Marius
Titus, während der Zeit von Kaiser Nero. Obwohl die Darstellung der römischen Welt von Kritikern
gelobt wurde, wurde die Erzählung der Geschichte stark kritisiert. Sie würde eine Zeitperiode
verzerren, welche historisch sehr gut belegt sei. Hier wurden fiktive beziehungsweise veränderte
Abstammungslinien eingebaut, in der Mythologie gibt es Ungereimtheiten und auch die
Spielerfahrung war eingeschränkt. Das Spiel erzählt von der Barbaren-Invasion in Rom. Schon in der
ersten Mission tauchen historisch falsche Darstellungen auf. Nero ist hier ein älterer Mann mit zwei
Söhnen. Aus Quellen weiß man jedoch, dass Nero im Alter von 30 Jahren verstarb und keine Söhne
hinterließ. Generell ist die Barbaren-Invasion unter Boudicca im Spiel falsch dargelegt. Hier belagern
die Barbaren die Stadt Rom. In Wirklichkeit gab es zwar einen Aufstand der Barbaren unter Boudicca,
dieser spielte sich jedoch in Britannien ab und die Barbaren erreichten niemals Kontinentaleuropa.
Diese und viele weitere Abänderungen der Geschichte, gemeinsam mit dem eingeschränkten
21
Tristan French/Andrew Garner, Playing in a ‘Real’ Past. Classical Action Games and Authenticity, in: Christian
Rollinger (Hrsg.), Classical Antiquity in Video Games. Playing with the Ancient World, London 2020, S. 63-76,
hier: S. 63-64.
9
Spielerlebnis sorgten dafür, dass ‚Ryse: Son of Rome‘ ein kommerzieller Misserfolg wurde. French
und Garner behaupten allerdings, dass nicht die Veränderung der Geschichte durch die
Spieleentwickler per se das Problem ist, sondern dass eben diese Veränderungen die Geschichte
nicht verbessert haben. Hier hat man gemerkt, dass die Spieler historischer Spiele zumindest ein
gewisses Maß an Authentizität der Darstellungen verlangen.22 Neben der Authentizität der
Darstellungen wird an ‚Ryse: Son of Rome‘ die Spielerfahrung kritisiert. Das Spiel ist linear und
schränkt den Spieler darin ein, die antike Welt selbständig zu erforschen und darin einzutauchen.
Zusätzlich kommen im Spiel einige Filmsequenzen und sogenannte ‚Quick-Time Events‘23 vor, welche
die Geschichte weitererzählen. Der Spieler wird jedoch aus einer aktiven, in eine passive Position
gebracht. Der Spieler wird sozusagen ‚an der Hand genommen‘ und durch die Welt geleitet.24 Durch
den Misserfolg von ‚Ryse: Son of Rome‘ zeigt sich, dass Authentizität in historischen Videospielen
einen wichtigen Faktor ausmacht. Sowohl die Authentizität in der Darstellung als auch in der
Spielerfahrung sind Schlüsselelemente von historischen Videospielen. ‚Ryse: Son of Rome‘ misslingt
es, Authentizität auf beiden Ebenen zu schaffen.25
Das ‚Assassin’s Creed‘-Franchise hat sich seit der Veröffentlichung des ersten Spiels im Jahr 2007 zu
einer beliebten Videospiel-Reihe mit zahlreichen Fans auf der ganzen Welt entwickelt. Durch diese
globale Anerkennung ist allerdings auch die Zahl an Kritikern und die Erwartungshaltung dieser sehr
hoch. Besonders die historische Authentizität und das pädagogische Potenzial jeder Auskopplung der
Reihe wird in Online-Foren und Blogs oft analysiert und diskutiert. Das übergeordnete Spielprinzip,
nach dem der Spieler mit Hilfe einer Maschine in vergangene Epochen ‚reisen‘, und diese erforschen
muss26, sorgt dafür, dass durch kreative Ansätze sowohl die Authentizität in der Darstellung der
Vergangenheit als auch in der Spielerfahrung geboten werden.27
Das Gameplay der Serie sorgt bereits für einen hohen Grad an authentischer Spielerfahrung. Die
Grundidee der Spielmechanik liegt im Erforschen der Spielfigur in einer möglichst offenen Spielwelt.
Zielpersonen müssen ausgeforscht und beseitigt werden. Die Art und Weise wie das geschieht, bleibt
dem Spieler überlassen – man kann den Gegner zum Beispiel direkt angreifen oder überlistet und
beseitigt ihn lautlos. Hier ist besonders hervorzuheben, dass dem Spieler die Möglichkeit geboten
wird, die Umgebung und deren historische Eigenschaften zu nutzen, um sich einen strategischen
Vorteil zu verschaffen, zum Beispiel durch das Erklimmen von historischen Gebäuden. Das kann
22
French/Garner (2020), S. 64-65.
23
Abschnitte, in denen der Spieler vorgegebene Tastenkombinationen drücken muss.
24
French/Garner (2020), S. 67.
25
French/Garner (2020), S. 68-69.
26
Details zur übergeordneten Story folgen im Kapitel „Assassin’s Creed“
27
French/Garner (2020), S. 69-70.
10
wiederum laut French und Garner unterbewusst dazu führen, dass der Spieler mehr über die
jeweilige historische Welt, in der das Spiel angesiedelt ist, lernt.28
Um die Authentizität der Darstellung der Vergangenheit möglichst hoch zu halten, arbeitet ein
Forscherteam des Entwicklerstudios Ubisoft an den Spielen. Sie versuchen einen möglichst
authentischen historischen Rahmen zu schaffen.29 Als Beispiel nennen hier French und Garner das
Spiel ‚Assassin’s Creed IV: Black Flag‘, in welchem der Spieler an einem Punkt der Geschichte die
Maya-Stadt Tulum erreicht. In dieser Stadt müssen verschiedenste Rätsel durch den Einsatz von real
existierenden Artefakten gelöst werden. Die Einbindung einer bekannten archäologischen Stätte in
die Geschichte des Spiels, sowie der Einsatz von Artefakten sorgt dafür, dass die ‚Assassin’s Creed‘-
Reihe eine scheinbar reibungslose Verschmelzung von historischer Authentizität und fiktionalem
Gameplay vorlegt.30 Dieses Streben der Entwickler nach einem möglichst authentischen historischen
Erlebnis dürfte laut French und Garner auch der Grund sein, warum Ubisoft für ihre Spiele meist eher
unbekanntere beziehungsweise weniger durch Quellen belegte Perioden der Geschichte als Setting
wählt. Hier haben die Spieleentwickler trotz einer starken Orientierung an den historischen Quellen
immer noch größere kreative Spielräume. Dies zeigt sich vor allem auch im Spiel ‚Assassin’s Creed:
Origins‘. Das Setting, die späte Ptolemäer-Zeit in Ägypten, bietet den Entwicklern einerseits die
Möglichkeit, berühmte Bauwerke aus der antiken Zeit zu konstruieren, während die Zeitperiode
selbst vielen Spielern wohl nicht allzu vertraut ist. Hier bot sich Ubisoft die Möglichkeit, die
Zeitperiode auch insofern zu manipulieren, als dass sie auch in die übergeordnete Story der
‚Assassin’s Creed‘-Reihe passt. Trotzdem ist durch die Zusammenarbeit mit Historikern ein möglichst
hoher Grad an Authentizität entstanden.31
French und Garner konkludieren aus den Ergebnissen ihrer Untersuchungen, dass uns Videospiele
helfen können, uns mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen. Für Historiker und Archäologen
können historische Videospiele ein Mittel sein, ihr Verständnis über die Vergangenheit zu
konkretisieren und auch weiterzuvermitteln. Die Richtung, die zum Beispiel die ‚Assassin’s Creed‘-
Reihe vorgibt, stimmt French und Garner positiv, dass historische Videospiele in Zukunft an
Signifikanz in der Forschung gewinnen. Sie argumentieren auch, dass das Thema der authentischen
Darstellung der Geschichte auf einer breiten Skala immer mehr Anklang und Interesse erfährt.
Hieraus ergibt sich automatisch ein erhöhtes Interesse der breiten Masse an der Arbeit von
28
French/Garner (2020), S. 70.
29
Holly Nielsen, Assassin’s Creed Origins: how Ubisoft painstakingly recreated ancient Egypt, in:
theguardian.com, 5.10.2017, [https://www.theguardian.com/technology/2017/oct/05/assassins-creed-origins-
recreated-ancient-egypt-ubisoft], eingesehen 10.05.2020.
30
French/Garner (2020), S. 72.
31
French/Garner (2020), S. 74.
11
Historikern und Archäologen. Umso wichtiger ist es, eine positive, erwartungsvolle, aber auch
kritische Einstellung gegenüber dem Genre der historischen Videospiele aufzubringen.32
32
French/Garner (2020), S. 74.
12
3. Assassin’s Creed
‚Assassin’s Creed‘ ist eine Videospiel-Reihe der Firma Ubisoft. Seit dem Jahr 2007 wurden zu dieser
Reihe bisher insgesamt 11 Hauptspiele, sowie mehrere Spin-offs, animierte Kurzfilme, ein Realfilm,
sowie Bücher und Comics veröffentlicht. Die Geschichte der Reihe dreht sich dabei um den Konflikt
zwischen dem namensgebenden ‚Credo der Assassinen‘ und dem fiktiven Konzern ‚Abstergo‘,
welcher sich aus dem Orden der Templer entwickelt hat. Jedes Spiel handelt dabei in der Regel in
zwei Zeitebenen: In der Jetztzeit sowie in der Vergangenheit. Mithilfe einer Maschine namens
‚Animus‘, mit dem der Benutzer die Erinnerungen einer Person aus der Vergangenheit wieder
erleben kann, ‚taucht‘ der Protagonist in vergangene Epochen ein.
‚Abstergo‘ will die Herrschaft über die Menschheit erlangen, wofür sie die sogenannten ‚Edensplitter‘
brauchen. Das sind Artefakte, welche von der ‚Ersten Zivilisation‘, einer ausgestorbene Rasse von
Übermenschen, geschaffen wurden und auf der Erde versteckt sind. Die Assassinen wollen den Plan
von ‚Abstergo‘ verhindern und versuchen deshalb selbst, diese Artefakte zu finden. Deshalb nutzen
sowohl ‚Abstergo‘ als auch die Assassinen den Animus, um in die Erinnerungen aus der
Vergangenheit zu reisen und die Verstecke der Edensplitter zu finden. Als Spieler schlüpft man dabei
meist in die Rolle eines Assassinen und kämpft auf deren Seite gegen die Machenschaften der
Templer.
‚Assassin’s Creed: Origins‘ ist der zehnte Hauptteil der Spielereihe ‚Assassin’s Creed‘. Er führt den
Spieler in das Ägypten der ausgehenden Ptolemäer-Zeit. Der Spieler schlüpft in die Rolle des Medjai33
Bayek und seiner Frau Aya. An der politischen Spitze in Ägypten steht der Kind-König Ptolemäus XIII.,
seine Schwester, Kleopatra VII. Thea Philopator, befindet sich im Exil. Das Land ist in einer politisch
schwierigen Situation: Der König, dem es schwerfällt, seine Herrschaft aufrecht zu erhalten, möchte
seine Macht mit allen Mitteln ausweiten, während seine Schwester auf einen Putsch hinarbeitet, um
selbst die Herrschaft zu übernehmen. Dazu kommt der immer stärker werdende Einfluss des
Römischen Reiches.
33
Ein Medjai war laut ‚Assassin’s Creed: Origins‘ ein Soldat, dessen Hauptaufgabe es war, den Pharao zu
beschützen. Im Laufe der Zeit hat sich die Aufgabe insofern verändert, dass ein Medjai dafür zuständig ist, alle
Bewohner Ägyptens zu beschützen und ihnen zu helfen.
13
Im Vorfeld der Entwicklung des Spiels hat die Produktionsfirma viel Arbeit in eine korrekte
Wiedergabe der damaligen Verhältnisse gesteckt. Der Team-interne Historiker Maxime Durand
erklärte in einem Interview, dass sie mit der allgemeinen Festlegung einer Zeitperiode – in diesem
Fall die Zeit von Kleopatra und Cäsar – begannen und deren Rezeption im wissenschaftlichen
Kontext, aber auch in Unterhaltungsmedien, wie Film und Fernsehen, untersuchten. Danach legte
man sich auf eine konkrete Handlung fest.34
Ashraf Ismail, Game Director von ‚Assassin’s Creed: Origins‘, erklärt, dass ein antikes Setting, wie in
diesem Fall das Alte Ägypten und die Unsicherheiten darüber, wie es damals tatsächlich aussah, dem
Produktions-Team mehr Möglichkeiten bietet, sich kreativ auszuleben. Trotzdem war es Ubisoft
wichtig, eine wissenschaftliche Basis zu wahren. Deshalb hat man eng mit Experten
zusammengearbeitet und jahrelang recherchiert. Team-interne Ägyptologen und Historiker wurden
ebenso zu Rate gezogen wie externe. So konnte man beispielsweise den französischen Archäologen
Jean-Claude Golvin für das Team gewinnen, welcher unter anderem 19 Bilder für das Spiel
angefertigt hat, an welchen sich die Entwickler orientieren konnten. Ismail und Durant betonen
allerdings, dass man das Spiel trotz der vielen Nachforschung nicht als komplett präzise Darstellung
des Alten Ägyptens bezeichnen kann, man aber trotzdem versucht hat, eine möglichst authentische
Darstellung davon zu erschaffen.35
Problematisch bei der Darstellung einer antiken Gesellschaft ist allerdings die Vielzahl an
verschiedenen Theorien und den meist wenigen Primärquellen dazu. Hier hat das Team versucht
möglichst viele verschiedene Ansichten zu vergleichen. Am Ende hat man sich häufig auf die Theorien
gestützt, die auch als weitestgehend akzeptiert gelten. Trotzdem habe man sich aber nicht von
abwegigeren Theorien abschrecken lassen.36
Im Februar 2020 wurde von Ubisoft mit der ‚Entdeckungstour‘ ein Downloadable Content (DLC)
entwickelt, welcher das grundlegende Prinzip des Spiels in den Hintergrund rückt und dafür einen
Fokus auf die Geschichte im Spiel legt. In diesem Modus muss der Spieler keine Missionen erledigen
und wird in keine Kämpfe verwickelt. Damit kann der Spieler ungestört die Landschaft des alten
Ägyptens erkunden und historische Bauwerke sowie archäologische Stätten besuchen. Zusätzlich
bietet dieser Modus insgesamt 75 geführte ‚Touren‘ mit mehreren Checkpoints, in welchen der
Spieler Informationen über verschiedenste Themen erhält. Hier kann man Informationen über die
Mumifikation im alten Ägypten erhalten oder auch versteckte Räume in der Bibliothek von
34
Nielsen (2017).
35
Nielsen (2017).
36
Nielsen (2017).
14
Alexandria entdecken. Laut Durand ist dieser Modus ein erster Schritt in einem weitreichenden Plan,
das ‚Assassin’s Creed‘-Franchise zu einem immersiven Lernwerkzeug zu entwickeln.37
Auch zwei Story-DLCs wurden veröffentlicht. In ‚Die Verborgenen‘ wird der Spieler auf die Sinai-
Halbinsel geschickt, während in der zweiten Erweiterung ‚Fluch der Pharaonen‘ Theben und das Tal
der Könige als Setting dienen.
Das Spiel beginnt im Jahr 48 v.u.Z. Bayek von der Oase Siwa ist auf der Suche nach den Mördern
seines Sohnes Khemu. Ein Jahr vor Beginn des Spiels wurde dieser getötet. Eine Gruppe von fünf
maskierten Männern entführte Bayek und seinen Sohn und zwang den Medjai, mithilfe einer
goldenen Kugel eine geheime Kammer unterhalb des Tempels von Amun in Siwa zu öffnen. Auf der
Flucht vor den Männern tötete Bayek versehentlich Khemu, woraufhin er Rache an den maskierten
Männern schwor.
Gemeinsam mit seiner Frau Aya verfolgt der Medjai die Männer, und die beiden rächen sich an
einem nach dem anderen. Ihr Weg führt sie dabei nach Alexandria, wo sich der letzte der maskierten
Männer aufhält. Während dieser Zeit lernt Aya Kleopatra kennen und schwört ihr die Treue. Durch
Kleopatra erfahren Bayek und Aya, dass die maskierten Männer dem ‚Orden der Ältesten‘ angehören
und es noch vier weitere Mitglieder davon gibt. Diese Männer versuchen auch zu verhindern, dass
Kleopatra den ägyptischen Thron besteigt. Aufgrund des gemeinsamen Interesses daran, den Orden
zu beseitigen, unterstellt sich Bayek Kleopatra. Er verfolgt die vier Ordensmitglieder und tötet diese,
während Aya sich mit dem römischen Heerführer Pompeius dem Großen trifft, um eine Allianz
zwischen ihm und Kleopatra zu verhandeln.
Bayek erhält einen Brief von Aya mit dem Hinweis, dass es noch zwei weitere Mitglieder des Ordens
gibt, welche Teil der Leibgarde von Ptolemäus XIII. sind. Einer davon ist Lucius Septimius, welcher
Pompeius ermordet und somit die zuvor gegründete Allianz zerstört. Kleopatra, welche mit Pompeius
ihren wichtigsten Partner verloren hat, entscheidet sich, den königlichen Palast in Alexandria zu
infiltrieren, um dort mit dem Römischen Kaiser Julius Cäsar zu sprechen. Sie kann Cäsar überzeugen,
sie zu unterstützen. Ptolemäus XIII. will das nicht akzeptieren und lässt seine Truppen
aufmarschieren, um gegen die Römer zu kämpfen. Der alexandrinische Bürgerkrieg bricht aus. Bayek,
der im Krieg an Cäsars Seite kämpft, kann das zweite Mitglied des Ordens, den königlichen Berater
Potheinos, töten. Aya verfolgt inzwischen Ptolemäus und will ihn auf seiner Flucht auf dem Nil
37
French/Garner (2020), S. 73.
15
umbringen. Sie bringt es aber nicht über ihr Herz und lässt den jungen König entkommen, als
plötzlich das Schiff des Pharaos von einer Horde Krokodile angegriffen wird. Ptolemäus kommt dabei
ums Leben. Bayek macht inzwischen Septimius ausfindig und besiegt ihn im Kampf, allerdings wird er
von Cäsar davon abgehalten, das Ordensmitglied umzubringen.
Nach dem Tod von Ptolemäus ist der Krieg zu Ende und Kleopatra besteigt den ägyptischen Thron.
Sie herrscht gemeinsam mit Cäsar, während sie Septimius zu einem engen Berater ernennen.
Kleopatra hat sich somit mit dem Orden der Ältesten verbündet, zugleich hat die neue Königin den
Kontakt zu Bayek und Aya abgebrochen. Bayek fühlt sich von Kleopatra hintergangen und gründet
eine Bruderschaft, welche es sich zur Aufgabe macht, sich dem Orden der Ältesten entgegenzustellen
und im Interesse der Bevölkerung zu agieren. Somit gründet er das titelgebende ‚Credo der
Assassinen‘ unter dem Namen ‚Die Verborgenen‘.
Bayek und Aya erinnern sich daran, dass die Mitglieder des Ordens großes Interesse am Grabmal von
Alexander dem Großen, welches sich unterhalb von Alexandria befindet, zeigten. Sie machen sich auf
den Weg dorthin und erfahren, dass Flavius, ein Leutnant Cäsars, der wahre Kopf des Ordens der
Ältesten und somit für den Tod Khemus verantwortlich ist. Er und Septimius haben einen Stab aus
dem Grab von Alexander dem Großen gestohlen und sind nun auf dem Weg zum Tempel des Amun
in der Oase von Siwa. Dort öffnen sie mithilfe dieses Stabs und der goldenen Kugel die geheime
Kammer unterhalb des Tempels. Als Bayek dort ankommt, erfährt er, dass Flavius den sogenannten
‚Edenapfel‘, ein Eden-Artefakt, das von der Ersten Zivilisation angefertigt wurde, gefunden und
aktiviert hat. Bayek stellt den Anführer des Ordens in Kyrene und kann ihn besiegen und töten.
Bayek und Aya treffen sich wieder in Alexandria. Dort erfährt Bayek, dass sich Aya mit zwei Römern
verbündet hat: Marcus Junius Brutus und Gaius Cassius Longinus. Gemeinsam mit den beiden will sie
nach Rom reisen, um dort Septimius und Cäsar umzubringen. Bayek und Aya entscheiden sich, von
nun an getrennte Wege zu gehen, jedoch gemeinsam am Aufbau der Bruderschaft zu arbeiten. Aya
reist nach Rom und tötet im Kampf Septimius. Danach infiltriert sie mit Hilfe von Brutus und Longinus
den römischen Senat und initiiert dort den Mord an Cäsar. Nachdem Cäsar getötet wurde, begibt sich
Aya noch zu Kleopatras Anwesen, um sie zu warnen eine gerechte Königin zu sein. Andernfalls würde
Aya zurückkommen und sie töten. Im Abspann des Spiels sieht man, wie Bayek und Aya, welche sich
nun ‚Amunet‘ nennt, Mitglieder für die Bruderschaft der Assassinen sowohl in Ägypten als auch in
Rom anwerben und trainieren.
16
3.2. Assassin’s Creed: Origins - Fluch der Pharaonen
Die zweite Erweiterung von ‚Assassin’s Creed: Origins‘ trägt den Namen ‚Fluch der Pharaonen‘. Sie
wurde im Jahr 2018 veröffentlicht.
Diese Fortsetzung des Hauptspiels beginnt etwa 4 Jahre nach dem Ende von ‚Assassin’s Creed:
Origins‘. Bayek erhält die Information, dass in Theben ein weiteres Eden-Artefakt aufgetaucht ist und
dort deshalb Chaos herrscht. Er will das untersuchen und tritt die Reise nach Theben an. Dort
angekommen greift ihn eine in Leinenstreifen gehüllte Frau, welche ein prachtvolles Gewand sowie
eine Königskrone trägt, an. Bayek kann den Angriff abwehren und die geheimnisvolle Gestalt löst sich
in Luft auf. Er vermutet, dass dieser ‚Fluch der Pharaonen‘, wie die Einwohner der Stadt das
Auftauchen der geheimnisvollen Gestalt genannt haben, mit dem Artefakt, das er sucht,
zusammenhängt.
Daraufhin trifft sich Bayek mit einer Bekannten von Aya. Diese erklärt erzählt von einem angeblichen
Diebstahl eines Artefakts aus einem Grab eines Pharaos und dass seither der ‚Fluch der Pharaonen‘
Theben heimsucht. Aufgrund dieses Fluches materialisieren sich die Geister von insgesamt vier
verstorbenen großen Pharaonen in der Welt der Sterblichen. Diese Wesen, die als ‚Schatten des
Pharaos‘ bezeichnet werden, greifen die Menschen an. Bei den Pharaonen handelt es sich um
Nofretete, Echnaton, Ramses den Großen und Tutanchamun. Die Frau schlägt Bayek vor, sich mit
Isidora, der Hohepriesterin und ‚Gottesfrau des Amun‘ zu treffen und über die Geschehnisse zu
sprechen. Zuerst solle er sich aber auf dem Schwarzmarkt, wo allerlei Relikte und Schätze aus den
Gräbern der Pharaonen verkauft werden, umhören.
Über mehrere Kontaktpersonen am Schwarzmarkt erfährt Bayek schlussendlich, dass Sutech, ein
rothaariger Schmuggler aus Ägypten, ein Artefakt hat, welches aus dem Grab von Nofretete
gestohlen wurde. Im Gespräch mit Sutech erklärt dieser, dass er das Artefakt von einer anderen
Person gestohlen hatte und es zurück an seinen Platz im Grabmal von Nofretete bringen wollte.
Bayek nimmt ihm diese Aufgabe ab und begibt sich ins Tal der Könige. Dort steigt er in das Grab von
Nofretete, welches ein Tor in das Jenseits verbirgt. Bayek schreitet durch dieses Tor und erreicht das
sogenannte ‚Iaru‘. Dort bringt er das Artefakt an seinen ursprünglichen Platz am Thron der Nofretete.
Diese erscheint als Bayek das Artefakt zurücklegt und greift den Medjai an. Nachdem Bayek
Nofretete im Kampf besiegt, löst sich diese auf und findet ihren ewigen Frieden. In einer Vision sieht
Bayek, wie Nofretete das Eden-Artefakt in den Händen hält. Er erkennt, dass es das Artefakt ist, das
er sucht, weiß jedoch immer noch nicht, wer es besitzt.
17
Nachdem Bayek Nofretete erlöst hat, sucht er Isidora im Tempel von Karnak in Theben auf, um mit
ihr zu sprechen. Diese ist der Meinung, dass es sich bei dem Fluch um den Willen des Gottes Amun
handelt. Bayek will nicht glauben, dass der Tod von so vielen Menschen der Wille von Amun sein
kann und will Isidora vom Gegenteil überzeugen. Diese schlägt ihm vor, in die Ländereien rund um
Theben zu reisen, da es hier häretische Menschen geben soll, die weiterhin den Lehren des
ehemaligen Pharaos Echnaton folgen und Aton als einzigen Gott anbeten. Bayek reist dorthin und
findet tatsächlich eine Gruppe, die noch immer Aton sowie Echnaton anbeten. Dieser Kult führt ihn
schlussendlich zu einem versunkenen Tempel Echnatons vor Theben. In diesem Tempel findet Bayek
eine Statue des Pharaos, welche ein Objekt in den Händen hält, das wie das Eden-Artefakt aussieht.
Bayek nimmt die Statue und zeigt sie Isidora. Diese will immer noch nicht einsehen, dass das Relikt,
das Bayek sucht, hinter dem Fluch stecken könnte. Trotzdem zeigt sie ihm einen Weg, wie er
Echnaton besiegen kann. Dafür braucht er Staub von einer Amun-Statue. Nachdem Bayek erhält, was
er braucht, macht er sich auf den Weg in das Grabmal von Echnaton im Tal der Könige. Im Grabmal
findet er ein weiteres Tor in das Jenseits. Im sogenannten ‚Aton‘, einer Stadt mit einem großen
Tempel im Zentrum, begibt sich Bayek zum Thron von Echnaton. Auf diesen Thron verstreut er den
Staub der Amun-Statue, woraufhin sich der Geist von Echnaton materialisiert. Im Kampf mit dem
Pharao kann Bayek auch diesen besiegen und somit erlösen. Eine Vision zeigt Echnaton mit dem
Eden-Artefakt, allerdings wird das Artefakt nach dem Tod des Pharaos an seinen Nachfolger
weitergegeben.
Bayek ist immer noch auf der Suche nach dem Eden-Artefakt. Seine Nachforschungen führen ihn zur
Historikerin Tahemet. Diese arbeitet zwangsweise für Grabräuber. Sie erzählt Bayek von
Wandmalereien in einem Grab, die ein Ritual zeigen, in welchem die Nachfahren von Ramses II.,
welche als rothaarige Figuren dargestellt sind, ein Artefakt anbeten. Bayek entscheidet sich, diese
Wandmalereien selbst zu untersuchen. Dabei erkennt er, dass es sich um ein Ritual für den Gott
Amun handelt. Man sieht Menschen, welche das Relikt anbeten und die rothaarigen Nachfahren des
Ramses. Auf der Szene ist auch die ‚Gottgemahlin des Amun‘ zu sehen. Aufgrund dieser Hinweise
erkennt Bayek, dass die Priester des Amun die ganze Zeit über das Eden-Artefakt in ihrem Besitz
hatten.
Tahemet zeigt Bayek auch ein Schriftstück zu Ramses II. Dieser alte Papyrus beschreibt dabei die
aktuelle Situation rund um das Erscheinen des ‚Schattens des Pharaos‘ sowie ein Ritual, um ihn zu
erlösen. Bayek reist wiederum ins Tal der Könige und betritt das Grabmal von Ramses II. Er schreitet
durch das Tor in das Jenseits und findet sich im ‚Sedfest‘ wieder, einer Wüstenregion. Ein Ba-Vogel,
welcher sich als Ramses Frau Nefertari vorstellt, bittet Bayek, ihren Mann zu erlösen. Dafür muss er
die Augen des Pharaos finden und mehrere Ba-Vögel vor der Gefangenschaft retten. Bayek erfüllt die
18
Aufgaben und muss sich schlussendlich dem Pharao im Kampf stellen. Nachdem er Ramses den
Großen besiegt hat, kann dieser seinen ewigen Frieden finden. In einer Vision sieht Bayek dann
Ramses II. mit dem Eden-Artefakt in seinen Händen.
Wieder im Diesseits macht sich Bayek nun auf den Weg zu Isidora, um ihr das Eden-Artefakt
abzunehmen. Allerdings ist im Tempel von Karnak nur ein Trugbild von ihr zu finden. Bayek
durchsucht die privaten Kammern der Hohepriesterin und entdeckt, dass sie mit Hilfe des Artefakts
ein Ritual zur Wiederherstellung der Maat, der göttlichen Ordnung, durchführen will. Für dieses
Ritual müssten auch die rothaarigen Nachfahren des Ramses geopfert werden. Auf einer Stele liest
Bayek, dass Tutanchamun den Priestern das Artefakt gegeben hatte. Er gilt als Nachfolger von
Echnaton, als der Pharao, der die Balance wiederhergestellt hat, indem er den Tempel von Amun
erbauen ließ und den Monotheismus, den Echnaton als Staatsreligion etabliert hatte, wieder
abschaffte. Bayek reist erneut in das Tal der Könige und sucht das Grabmal von Tutanchamun auf. In
der Grabkammer findet er Isidora, welche gerade das Ritual mit dem Eden-Artefakt durchführen will.
Vor ihr knien mehrere rothaarige Personen, darunter auch Sutech. Als Bayek Isidora aufhalten will,
wird er plötzlich in die ‚Duat‘ geschickt. Dort muss er gegen die Manifestation von Tutanchamuns
Geist kämpfen. Nachdem Tutanchamun besiegt ist, sieht man in einer Vision, wie der Pharao das
Artefakt an die Priester weitergibt. Sie sollen das Gleichgewicht wiederherstellen. Bayek erkennt
allerdings, dass Isidora das Ritual nur für ihre eigenen Rachepläne durchführen will und die Kraft des
Reliktes dafür missbraucht.
Bayek verlässt die ‚Duat‘ wieder und konfrontiert Isidora mit der Wahrheit. Er tötet die
Hohepriesterin und schickt sie mit einer Feder der Maat ins Jenseits. Er nimmt das Artefakt an sich
und befreit die Nachfahren des Ramses. Am Ende gibt er das Eden-Artefakt Sutech, damit dieser es
vergräbt, sodass es niemand jemals finden kann. Sutech nimmt die Aufgabe an und verspricht Bayek,
dass sie sich in den ‚Gefilden der Binsen‘ wiedersehen würden. Somit endet die Erweiterung ‚Fluch
der Pharaonen‘.
19
4. Analyse der Darstellungen in ‚Assassin’s Creed: Origins – Fluch der Pharaonen‘
Der folgende Teil konzentriert sich auf die Darstellungen der vier Pharaonen-Gräber, sowie der
jeweilig dazugehörigen Jenseitsgebiete. Dieser Abschnitt ist in die vier im Spiel vorkommenden
Pharaonen38 unterteilt. Den Anfang jedes Unterkapitels stellt eine kurze Einführung zur jeweiligen
Person dar. Anschließend werden die Gräber und Gebiete beschrieben, und analysiert, welche
Quellen die jeweiligen Darstellungen inspirierten, beziehungsweise Modell standen.
4.1. Nofretete
4.1.1. Allgemeines
Herkunft
Die Herkunft von Nofretete39 ist unter Ägyptologen bis heute umstritten. Mehrere Theorien werden
aufgrund ihres Namens und Inschriften angenommen. Hermann Schlögl geht davon aus, dass
Nofretete eine Ägypterin war. Die Tatsache, dass ihre Schwester Mutnedjemet bereits eine hohe
Stellung am Königshof innegehabt habe und auch dass sie eine ägyptische Amme namens Tjj hatte,
spreche dafür. Tjj war die Gemahlin des Aja40, welcher später der Nachfolger Tutanchamuns wurde.41
Dass Aja der Vater der Nofretete war wurde laut Schlögl mittlerweile durch moderne Humangenetik
mit einer DNS-Analyse bestätigt. Dies habe sich aber auch schon zuvor durch Ajas Titel ‚Königlicher
Schwiegervater‘, den er nach der Hochzeit von Echnaton und Nofretete erhalten hatte, beweisen
lassen.42 Auch Nicholas Reeves sieht in Nofretete die Tochter des Aja. Für die Annahme, dass es sich
bei ihr um Taduchepa handeln könnte, gibt es seiner Meinung nach zu viele Gegenargumente, auch
wenn die helle Haut und ihr Name auf eine fremde Herkunft deuten könnten.43 Marc Gabolde sieht
die Existenz der Nofretete erst ab dem dritten oder vierten Herrschaftsjahr von Echnaton als belegt.
Bezüglich der Herkunft von Nofretete geht auch er aufgrund der ägyptischen Amme davon aus, dass
sie aus Ägypten stammte.44 Christian Jacq geht ebenfalls nicht von einer fremdländischen Herkunft
der Nofretete aus. Auch er argumentiert damit, dass ihr Name durch und durch ägyptisch45 sei.
38
Im Spiel wird Nofretete als Pharaonin bezeichnet. Es ist allerdings umstritten, ob sie jemals als Pharao
geherrscht hat. In der Forschung ist sie lediglich als Große Königliche Gemahlin bestätigt.
39
Auch bekannt unter dem Namen ‚Nefertiti‘
Zu Nofretete allgemein siehe El Mahdy (2004), Fletcher (2004), Wedel (2005), Habicht (2011), Schlögl (2012),
Zinn (2015).
40
In anderen Quellen wird sein Name auch als ‚Eje‘ vokalisiert.
41
Hermann A. Schlögl, Echnaton, München 2008, S. 23.
42
Hermann A. Schlögl, Nofretete. Die Wahrheit über die schöne Königin, München 2012, S. 29.
43
Nicholas Reeves, Echnaton. Ägyptens falscher Prophet, Mainz 2002, S. 102-103.
44
Marc Gabolde, Akhenaton. Du mystère à la lumière, Paris 2005, S. 34-35.
45
Zur Herkunft und Bedeutung des Namens siehe auch Ranke (1935), Brunner-Traut (1982) und Laboury
(2010).
20
Fremdländische Prinzessinnen änderten zwar ihren Namen bei der Ankunft am Hof, der neue Name
wies jedoch trotzdem noch auf die fremdländische Herkunft hin, was bei Nofretete nicht der Fall
wäre. Jacq geht davon aus, dass sie aus Ägypten war. Er stellt dabei zwei Theorien auf: Entweder war
Nofretete eine Tochter von Amenophis III. und seiner Hauptfrau Teje, wodurch sie die Schwester
oder Halbschwester von Echnaton wäre, oder sie war eine der Nebenfrauen von Amenophis III. Zur
ersten Theorie ergänzt Jacq allerdings, dass Nofretete nirgendwo als Tochter des Pharaos bezeichnet
wird, weshalb er Theorie 2 bevorzugt. In diesem Fall sieht er Aja als den Vater der Nofretete und Tjj
als ihre Amme.46 Michael Habicht stützt seine Theorie zu Nofretetes Herkunft, so wie Schlögl 2015,
auf eine DNA-Analyse aus dem Jahr 201047. Diese hat ergeben, dass die Mumie, welche in KV55
gefunden wurde, der Sohn von Amenophis III. und Teje war und somit laut Habicht zweifelsfrei als
Echnaton identifiziert werden muss. Diese Analyse hat auch ergeben, dass die Königin Teje
nachweislich eine Tochter hatte, welche als Mumie mit der Bezeichnung ‚Younger Lady‘ in KV35
gefunden wurde. Diese wurde auch als Mutter des Tutanchamun bestätigt. Habicht behauptet
deshalb, dass es sich bei dieser ‚Younger Lady‘ um Nofretete handelt und sie somit die Tochter der
Teje und des Amenophis III. war. Echnaton und Nofretete waren somit Geschwister, was im
ägyptischen Königshaus durchaus üblich war. Habicht erwähnt wie Jacq das Problem, dass Nofretete
nirgendwo als ‚Tochter des Königs‘ bezeichnet wird. Er argumentiert allerdings, dass eine der uns
bekannten Töchter des Amenophis III., Isis, Satamun, Henut-tau-nebu oder Nebetah,
höchstwahrscheinlich Nofretete gewesen sein dürfte. Den Namen Nofretete und den Zusatz ‚Nefer-
Neferu-Aton‘, welcher mit ‚Vollkommen ist die Schönheit Atons, die Schöne ist gekommen‘ übersetzt
wird, dürfte sie laut Habicht erst bei oder nach der Hochzeit mit Amenophis IV./Echnaton
angenommen haben. In diesem Namenswechsel sieht Habicht einen religiösen Hintergrund. Er sei
ein ‚theologischer Name‘, der auf Hathor als Gattin des Sonnengottes anspielen könnte. Somit
scheidet für Habicht auch Aja als ‚Gottesvater‘ aus und er erklärt sich die enge Beziehung zwischen
Aja und dem Königshaus damit, dass es sich bei ihm um einen Bruder von Teje handeln könnte. Tjj als
ihre Tante käme dann auch als Amme von Nofretete in Frage. Bei Prinzessin Taduchepa argumentiert
Habicht, dass sie entweder mit einer anderen Frau verbunden werden müsse, zum Beispiel mit Kija,
der zweiten Ehefrau von Echnaton, oder dass sie entweder verschwand, verstarb oder lediglich eine
unbedeutende Rolle im Harem des Königs eingenommen hat.48
46
Christian Jacq, Nofretete und Echnaton. Ein Herrscherpaar im Glanz der Sonne, Reinbek bei Hamburg 2000, S.
65-74.
47
Siehe dazu Zahi Hawass/Yehia Z. Gad u.a., Ancestry and Pathology in Kung Tutakhamun’s Family, in: Jama
303 (2010), Heft Nr. 7, S. 638-647.
48
Habicht (2011), S. 43-44.
21
Exkurs: Die DNA-Analysen von 2010 und die daraus resultierenden möglichen
Familienkonstellationen rund um Amenophis IV./Echnaton, Nofretete und Tutanchamun
Um für die weiteren Kapitel dieser Arbeit eine bessere Übersicht über die möglichen
Familienverhältnisse der Königsfamilie zu schaffen, werden im Folgenden die Ergebnisse des bereits
oben erwähnten DNA-Tests, der im Jahre 2010 veröffentlicht wurde, beschrieben und daraus
resultierende Theorien dargestellt.
Die Analyse wurde unter Leitung des Ägyptologen Dr. Zahi Hawass durchgeführt.49 Im Vorfeld
wurden von Hawass drei Kandidaten genannt, die als Vater von Tutanchamun in Frage kommen
könnten: Amenophis III., Amenophis IV./Echnaton, oder Tutanchamuns Vorgänger auf dem
ägyptischen Thron, Semenchkare.50 Letzterer wurde laut Habicht von vielen Forschern als am
wahrscheinlichsten angesehen, da man Grabobjekte von diesem in Tutanchamuns Grab51 gefunden
hatte. Echnaton wurde als möglicher Kandidat gesehen, da man auf einem Reliefblock Inschriften
fand, welche Tutanchamun als ‚Königssohn seines Leibes, den er liebt‘ bezeichnet. Diese Inschrift
sieht Hawass als Hinweis auf die Vaterschaft Echnatons. Zusätzlich wurden neue Indizien gefunden,
welche die Theorie, dass die Mumie in KV55 die von Echnaton ist, stützten. Goldfolien, welche im
Grab gefunden wurden, wurden unter anderem erneut untersucht. Auf diesen ist der Titel ‚Einziger
des Ra‘ gefunden worden. Diese Titulatur wurde ausschließlich von Echnaton benutzt. Bis dahin war
dies aufgrund anthropologischer Untersuchungen heftig umstritten. Auch Semenchkare wurde von
Forschern die Mumie in KV55 zugeschrieben. Man entnahm DNA-Proben von Tutanchamun, der
Mumie aus KV55 und von Amenophis III. aus KV35. Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen, dass es
sich bei Amenophis III. um den Vater der Mumie aus KV55 handelte, welche wiederum der Vater
Tutanchamuns war.52
Zur Klärung der Abstammung Tutanchamuns auf mütterlicher Seite wurden Proben von Juja und
Tuja53, sowie von zwei unbekannten Frauen aus einer Seitenkammer von KV35 entnommen. Diese
49
Zahi Hawass/Yehia Z. Gad u.a., Ancestry and Pathology in King Tutankhamun’s Family, in: Jama 303 (2010),
Heft 7, S. 638-647.
50
In der Auflistung der untersuchten Mumien bestätigt Hawass die Mumie aus KV62 als Tutanchamun und gibt
als weitere Beschreibung zur Identität an: „likely son of Akhenaten, Amenhotep III, or Semenkhare“, Hawass
(2010), S. 640.
51
Unter anderem ein Kalzitgefäß, welches die Geburts- und Thronnamen von Semenchkare und Echnaton
aufweist, sowie der mittlere Sarg von Tutanchamun, bei welchem es sich um einen sekundär benutzten Sarg
handelt und welcher als Darstellung des Semenchkare gilt, auch wenn diese Zuweisung nicht von den
Inschriftenbändern abgeleitet werden kann; siehe Michael E. Habicht, Semenchkare. Phatom-König(in) von
Achet-Aton, Berlin 2014, S. 21-22.
52
Habicht (2011), S. 125-126; Hawass (2010), S. 641.
53
Juja und Tuja waren die Schwiegereltern von Amenophis III. und die Eltern der Teje
22
beiden Frauen wurden als ‚Elder Lady‘ und als ‚Younger Lady‘ bezeichnet. Bei der ‚Elder Lady‘ gingen
die Forscher im Vorfeld von der Mumie der Teje aus, bei der ‚Younger Lady‘ kamen Kija und
Nofretete in Frage. Diese Untersuchungen ergaben, dass die ‚Elder Lady‘ und die ‚Younger Lady‘ die
gleiche DNA haben und somit entweder Mutter und Tochter, oder auch Schwestern sind. Dazu sind
sie nachweislich mit Tutanchamun verwandt. Ebenfalls wurde herausgefunden, dass es sich bei der
‚Elder Lady‘ definitiv um die Tochter von Juja und Tuja handelt und somit mit ziemlicher Sicherheit
Teje war. Die ‚Younger Lady‘ wurde indes mit Sicherheit als die Mutter von Tutanchamun
identifiziert. Bei ihr könnte es sich um Nofretete, Kija oder eine unbekannte Prinzessin handeln. Auch
eine geschwisterliche Verwandtschaft zwischen der Mumie aus KV55 und der ‚Younger Lady‘ aus
KV35 wurde festgestellt. Somit steht mit ziemlicher Sicherheit fest, dass Juja und Tuja die
Urgroßeltern von Tutanchamun waren, Amenophis III. und die ‚Elder Lady‘ seine Großeltern und die
Mumie aus KV55 und die ‚Younger Lady‘ seine Eltern, welche zugleich Geschwister waren.54
Aus diesem bestimmten Stammbaum des Tutanchamun lassen sich mehrere Interpretationen
herauslesen.
Eine konservative Interpretation würde die Mumie aus KV55 als Echnaton und die ‚Younger Lady‘ als
Kija identifizieren, welche somit eine Tochter der Teje war. In diesem Szenario wäre auch möglich,
dass Nofretete die Mitanni-Prinzessin Taduchepa gewesen sein könnte. Hier würde sich folgendes
Thronfolge-Szenario ergeben: Nach dem Tod von Echnaton bestieg seine älteste Tochter Meritaton
den Thron. Danach, oder auch zeitgleich ist Semenchkare König. Dieser könnte entweder der ältere
Bruder Tutanchamuns oder der Witwer Meritatons sein, was seinen Thronanspruch erklären würde.
Auf Semenchkare folgte dann Tutanchamun, der als Sohn der Nebenfrau Kija einen schwächeren
Anspruch als Semenchkare hatte. Nofretetes Schicksal bleibt in diesem Szenario ungeklärt.55
Eine weitere Interpretation identifiziert die Mumie aus KV55 als Echnaton und Nofretete als ‚Younger
Lady‘ und Tochter der Teje. In dieser Theorie gilt Tutanchamun als Sohn von Echnaton und Nofretete.
Dass Semenchkare vor Tutanchamun den Thron besteigen konnte, könnte daran liegen, dass
Meritaton und er die älteren Geschwister von Tutanchamun waren. Hier könnte das junge Alter des
Tutanchamun diese Thronfolge erklären. Alternativ wäre es auch möglich, dass Nofretete unter dem
männlichen Namen Semenchkare mit und eventuell auch nach Echnaton geherrscht hat.56
54
Habicht (2011), S. 126.
55
Habicht (2011), S. 129.
56
Habicht (2011), S. 130.
23
Dass es sich bei der Mumie in KV55 um Semenchkare handelt scheint aufgrund der DNA-Analyse
unwahrscheinlich. Es würde nämlich bedeuten, dass Tutanchamun der Sohn von Semenchkare und
einer unbekannten Ehefrau wäre. Echnaton wäre damit der ältere Bruder des Semenchkare, der in
der Thronfolge vor ihm stand. Auch die weitere Thronfolge spricht dagegen, so hätte Meritaton vor
Semenchkare auf den Thron kommen müssen. Nach Meritaton wäre Semenchkare gefolgt und
darauf hätte Tutanchamun als der Sohn von Semenchkare die Herrschaft antreten können. In diesem
Szenario hätte Tutanchamun allerdings zum Zeitpunkt seines Machtantritts ca. zwei bis drei Jahre alt
sein müssen. Dies kann ausgeschlossen werden, da er nachweislich neun Jahre lang regierte, bevor er
mit ca. 18 Jahren verstarb. Generell ist die Identität von Semenchkare ungewiss. Laut verschiedenster
Theorien könnte er der jüngere Bruder oder der Sohn von Echnaton sein. Möglicherweise war er aber
auch der Ehemann von Meritaton, ein Usurpator oder doch Nofretete.57
Hermann Schlögl kritisiert die oben genannten Ergebnisse dieses DNA-Tests. Er behauptet, dass die
Interpretationen daraus rein auf der Spekulation basieren, dass es sich bei der Königsmumie aus
KV35 um Amenophis III. handelt. Jedoch gibt es Hinweise darauf, dass es sich bei dieser Mumie nicht
um den umgebetteten Amenophis, sondern um die Mumie des späteren Königs Aja/Eje handeln
könnte. Besagte Mumie fand man stark zerfleddert in der Sargwanne von Ramses III., die mit dem
Sardgdeckel von Sethos II. verschlossen wurde. Auf diesen Deckel wurde der Name Amenophis III.
aufgemalt, weshalb man davon ausging, dass es sich bei der Mumie um ihn handeln würde.58 Schlögl
argumentiert jedoch, dass die starken Schäden, die der Mumie zugefügt wurden, darauf hinweisen,
dass es sich hier um Aja handelt. Dieser hatte nach dem Tod von Tutanchamun die Herrschaft
übernommen, woraufhin ein Konflikt mit Haremhab, dem damaligen Militärgeneral entstand. Aja
hatte ihn all seiner Ämter enthoben. Als Haremhab nach Ajas Tod durch einen Putsch zum neuen
König wurde, ließ er alles zerstören, was an seinen Vorgänger erinnerte. Schlögl geht davon aus, dass
Aja bei der Umbettung der Mumie in das KV35 in der 21. Dynastie bereits unbekannt war und man
seine Mumie irrtümlich Amenophis III. zugeschrieben hatte. Als Bestätigung dieser Theorie sieht er
nun die DNA-Analyse. Diese bestätigt nämlich, dass es sich bei der Mumie aus KV35 um den Vater
der ‚Younger Lady‘, welche als Nofretete identifiziert wird, handelt.59 Schlögl geht davon aus, dass Aja
und nicht Amenophis III. der Vater der Nofretete war, weshalb er nach der Hochzeit Nofretetes mit
Echnaton den Beinamen ‚Königlicher Schwiegervater‘ erhielt. Auch andere Hinweise schließen eine
geschwisterliche Verwandtschaft zwischen Echnaton und Nofretete aus. Ein Argument dafür wäre
57
Habicht (2011), S. 130.
58
Schlögl (2015), S. 98-99.
59
Schlögl (2015), S. 102-103.
24
zum Beispiel, dass in diesem Fall auch Nofretetes Schwester Mutnedjemet den Titel ‚Tochter des
Königs‘ tragen hätte müssen.60
Wenn man nun davon ausgeht, dass es sich bei der Mumie aus KV35 um Aja handelt und nicht um
Amenophis III., dann macht auch die Identifikation der ‚Elder Lady‘ aus KV35 als Amenophis‘ Frau
Teje keinen Sinn. Hier argumentiert Schlögl weiter, dass es sich um einen Irrtum handle und die
‚Elder Lady‘ in Wahrheit Taemwadjesi, die Frau von Aja und Mutter von Nofretete war. Taemwadjesi
war eine jüngere Schwester von Teje, somit ist sie auch eine Tochter von Juja und Tuja, was mit der
Analyse übereinstimmen würde. Taemwadjesi habe sich laut Schlögl später ebenfalls Teje/Tjj
genannt.61 Das Argument, dass Tjj nirgendwo in den Quellen als Mutter der Nofretete, sondern stets
nur als ihre Amme bezeichnet wird, versucht Schlögl damit zu entkräften, dass sich hier „vermutlich
die Seelenlage einer Mutter, die eine ‚Göttin‘ geboren hat und darüber schweigt [zeigt].“62
Schlögl scheint in seiner Interpretation jedoch nicht zu berücksichtigen, dass bei der DNA-Analyse
eine Vaterschaft der Mumie aus KV35 (Amenophis III. oder Aja) gegenüber der Mumie aus KV55
(vermutlich Echnaton) bestätigt wurde. Somit müsste laut Schlögls Theorie Aja der Vater von
Echnaton sein, oder andernfalls müsste die Mumie aus KV55 jemand anderes sein. Daraus folgend
würde es auch bedeuten, dass Echnaton nicht der Vater von Tutanchamun sein kann, da auch eine
Vaterschaft der Mumie aus KV55 gegenüber Tutanchamun bestätigt ist.
Die Ergebnisse der DNA-Analyse sind unter Experten nach wie vor umstritten. Die Zuverlässigkeit
eines solchen Tests, um die Identifikation einer bestimmten Person zu bestätigen, wird sogar in der
forensischen Medizin angezweifelt.63
Im Spiel ‚Assassin’s Creed: Origins‘ wird in der Erweiterung ‚Fluch der Pharaonen‘ Tutanchamun als
Sohn von Echnaton und Nofretete bezeichnet. Nofretete und Echnaton waren jedoch nicht
miteinander verwandt. Semenchkare wird in der Erweiterung nicht erwähnt. Im Hauptspiel kann man
allerdings sein Grab betreten. Dort wird Semenchkare als Nachfolger Echnatons und Mann der
Meritaton bezeichnet.
Mit etwa 16 oder 17 Jahren heiratete Nofretete den Prinzen Amenophis IV. Dies geschah vermutlich
in der letzten Phase der Herrschaft von Amenophis III. Amenophis IV. übernahm schließlich das Amt
60
Schlögl (2015), S. 102.
61
Schlögl (2015), S. 105-106.
62
Schlögl (2015), S. 107.
63
Marianne Eaton-Krauss, The Unknown Tutankhamun, London 2016, S. 7.
25
des Königs und kurze Zeit später, noch im ersten Regierungsjahr des neuen Königspaares, gebar
Nofretete ihre erste Tochter.64 Dieser gaben sie den Namen ‚Meritaton‘, was so viel bedeutet wie
‚Liebling des Aton‘. Dieser Name zeigt bereits die zunehmende Bedeutung des Gottes Aton für das
Herrscherpaar.65 Die ersten fünf Regierungsjahre verbrachten Amenophis IV. und Nofretete noch in
Theben. In dieser Zeit wurden neben Meritaton auch die Töchter Meketaton und Anchesenpaaton
geboren, deren Namen auch wieder die große Bedeutung des Aton widerspiegeln. Im fünften Jahr
seiner Herrschaft änderten dann auch Amenophis und Nofretete ihre Namen zu Ehren des Gottes.
Amenophis gab sich den Namen ‚Echnaton‘ (‚der dem Aton dient‘) und Nofretete nahm den Zusatz
‚Neferneferuaton‘ (‚schön ist die Schönheit des Aton‘) vor ihren Namen.66
Im vierten oder fünften Regierungsjahr von Echnaton beschloss das Herrscherpaar aus Theben
wegzuziehen. Da die Macht der Priesterschaft des Gottes Amun hier noch zu stark war und auch die
anderen Städte fest etablierte Götterkulte hatten, entschied man sich, eine neue Stadt zu Ehren des
Aton zu errichten. Unter dem Namen Achet-Aton, was so viel heißt wie ‚Horizont des Aton‘, wurde
eine Stadt zwischen Kairo und Luxor errichtet.67 In Achet-Aton gebar Nofretete drei weitere Töchter.
Auch sie bekamen Namen, die einen Bezug zur neuen Religion hatten. Die erste wurde wie ihre
Mutter ‚Neferneferuaton‘ benannt, mit dem Zusatz ‚tascherit‘, was ‚die Kleine‘ bedeutet. Die Namen
der beiden anderen Mädchen waren ‚Neferneferure‘ (‚Der Vollkommenste ist Re‘) und ‚Setepenre‘
(‚Auserlesen von Re‘).68
Nofretetes Rolle als Gemahlin des Königs und ihre Position an der Seite ihres Mannes wurden immer
stärker. Sie trug alle Entscheidungen und Veränderungen Echnatons69 mit und gilt für viele Forscher
sogar als Mit-Initiatorin bei diesen. Diese starke Position der Nofretete zeigt sich auch in den
Darstellungen aus dieser Zeit. Fast auf allen Abbildungen ist neben Echnaton auch Nofretete
64
Schlögl (2015), S. 39.
65
Schlögl (2015), S. 40.
66
Carola Wedel, Nofretete und das Geheimnis von Amarna, Mainz am Rhein 2005, S. 45.; Obwohl Carola Wedel
nicht als Historikerin oder Ägyptologin bezeichnet werden kann, stellt ihr Werk einen relevanten Beitrag zur
Ägyptologie dar, wie die renommierte Ägyptologin Heike Sternberg-el-Hotabi in ihrer Rezension beschreibt:
„Insgesamt gesehen zeichnet die Autorin zwar kein völlig neues Bild von Nofretete, wie der Verlag verspricht
[…] aber die spannend geschriebene und mit wunderschönen Fotos in bewährter Qualität ausgestattete Buch
bietet eine hervorragende Aufbereitung und Synthese des aktuellen Wissensstands und kann nicht nur dem
interessierten Laien, sondern auch dem Fachkollegen wärmstens empfohlen werden.“ (Sternberg-el-Hotabi,
2005, [https://www.wissenschaft.de/rezensionen/buecher/nofretete-und-das-geheimnis-von-amarna/]).
Siehe auch Emma Brunner-Traut, Nofretete, in: Wolfgang Helck/Wolfhart Westendorf, Lexikon der Ägyptologie
(Band IV), Wiesbaden 1982, Sp. 519-521, hier: Sp. 519.
67
Habicht (2011), S. 63-65.
68
Schlögl (2015), S. 71.
69
Diese Entscheidungen und Veränderungen werden im Kapitel „Echnaton“ näher beschrieben.
26
dargestellt.70 Selbst in der von Echnaton neu etablierten Aton-Religion wurde Nofretete eine ganz
besondere Stellung zuteil. In der göttlichen Triade verkörperte Aton den Vater und Echnaton seinen
Sohn, der als einziger die Wünsche und Pläne des Gottes verstand. Die dritte Position in dieser Triade
nahm Nofretete ein, welche das weibliche Element dieser Dreiheit darstellt. Echnaton und Nofretete
lebten ihren Untertanen vor, wie sie laut Aton zu leben hatten. Sie setzten die Liebe des Aton auf der
Erde um. Die Darstellung der Familie in einem liebevollen Zusammen, in dem die Eltern ihre Kinder
umarmten und küssten war eine Revolution, die mit dem Glauben an den einen Gott Aton entstand
und durch Nofretete und ihre Familie verkörpert wurde.71
Die weiteren Jahre in Achet-Aton scheinen für die Königsfamilie laut der archäologischen Quellen
sehr ruhig verlaufen zu sein. Nur ein Aufstand in Nubien, welcher aber kaum Schwierigkeiten machte,
ist belegt. Auch die religiöse Veränderung des Landes war abgeschlossen.72 Im 12. Jahr von
Echnatons Herrschaft wurde Echnaton schlussendlich ein männlicher Erbe geboren. Er wurde
‚Tutanchaton‘73 genannt, was ‚Lebendes Abbild des Aton‘ bedeutet. Dass Nofretete die Mutter des
Tutanchaton war, ist unter Ägyptologen bestritten.74 Die bereits erwähnte DNA-Analyse scheint diese
Theorie nun allerdings zu bestätigen. Auch der ihm gegebene Name lässt vermuten, dass es sich bei
Tutanchaton um den Sohn von Echnaton und Nofretete handeln müsste. Hier sind sich Schlögl und
Habicht einig. Auch das Faktum, dass Tutanchaton eine eigene ‚Sonnenschattenkapelle‘ in Achet-
Aton erbaut wurde, kann man als Hinweis darauf sehen, dass er ein wichtiges Mitglied der
königlichen Hauptfamilie war.75 Das tatsächliche Verwandtschaftsverhältnis zwischen Tutanchaton,
Echnaton und Nofretete wird aber bis heute in der Forschung diskutiert.
Das 14. Regierungsjahr von Echnaton sollte dann ein wahres Unglücksjahr für die Königsfamilie
bedeuten. In kurzen Abständen aufeinander starben die zwei jüngsten Töchter des Königspaares und
auch die zweitälteste Tochter Maketaton starb kurz darauf. Schlussendlich verstarb im selben Jahr
auch noch die Königinmutter Teje in Achet-Aton, wo sie auch im Königsgrab bestattet wurde.76
Nach diesem schicksalhaften 14. Jahr verschwindet dann plötzlich Nofretete aus den bekannten
Quellen. Für Schlögl ist dieser Umstand nur mit ihrem Tod zu erklären. Er meint, dass ein schwerer
Unfall, der sich durch Verletzungen im Gesicht und an der Brust an ihrer Mumie nachweisen lässt, sie
70
Wedel (2005), S. 47.
71
Schlögl (2015), S. 75-76.
Siehe auch Manniche (2010).
72
Schlögl (2015), S. 85-86.
73
Tutanchaton nennt sich später in Tutanchamun um
74
Siehe hierzu Gabolde (2002) und Hawass (2010).
75
Habicht (2011), S. 152-153; Schlögl (2015), S. 86-87.
76
Habicht (2011), S. 153-155.
27
unerwartet das Leben gekostet haben dürfte.77 Wolfgang Helck vertritt eine gänzlich andere Theorie.
Er ist der Meinung, dass Nofretete, die er als die Mitanni-Prinzessin Taduchepa identifiziert, nach
dem Tod ihrer Töchter aus Trauer in ihre Heimat zurückgekehrt sei und sogar ihre drei jüngsten
Töchter dorthin mitgenommen habe.78
Der Zeitpunkt des Todes der Nofretete ist unter Ägyptologen umstritten. Während einerseits die
Theorie besteht, sie sei noch während der Regierungszeit Echnatons verstorben, vermuten andere,
dass sie ihren Gemahl überlebt und sogar seinen Platz als Pharao eingenommen habe.
Michael Habicht präsentiert eine Theorie, nach der Nofretete zur Mitregentin Echnatons erklärt
wurde und später als Semenchkare weiterregierte. Diese Theorie ist vor allem im englischsprachigen
Raum verbreitet, wird aber von deutschsprachigen Ägyptologen oft abgelehnt.79 Basis dieser Theorie
ist die Annahme, dass Nofretete im 12. Regierungsjahr bei den diplomatischen Empfängen von
Fremdvölkern80 in Achet-Aton als Mitregentin ihres Mannes dargestellt wurde. Im Grab des
Hausverwalters Merire II. in Amarna (Grab Nr. 2) wird Nofretete bei diesem Empfang dicht neben
ihrem Mann auf dem Thron dargestellt. Dazu hatte die Königin hier zwei Namenskartuschen. Neben
‚Nefer-Neferu-Aton‘ taucht hier auch der Name ‚Anch-Chepru-Re‘ auf. Dieser ähnelt sehr stark dem
Thronnamen ihres Mannes, was ein Hinweis auf deren Gleichstellung sein könnte. Im Jahr 15 folgten
nach dem Tod der Königinmutter Teje politische Probleme, da jene gute Kontakte zu ausländischen
Herrschern pflegte. Nofretete soll hier von Echnaton als Tejes Nachfolgerin ernannt worden sein,
woraufhin sie ihren Geburtsnamen erneut gewechselt habe und sich fortan ‚Semench-Ka-Re Djoser-
Cheperu‘ nannte, was bedeutet ‚Machtvoll ist der Ka des Re, Heilig an Erscheinungen‘. Der
Thronname ‚Anch-Chepru-Re‘ blieb bestehen. Nach dieser Theorie wären Nofretete und Echnatons
Mitregent und Nachfolger Semenchkare also ein und dieselbe Person. Laut Habicht gebe es weder
archäologische noch genealogische Hinweise, welche dieser Theorie widersprechen würden.81 Nach
dieser Theorie hat Nofretete als Semenchkare nach dem Tod Echnatons im Jahr 17 allein geherrscht,
allerdings war diese Alleinherrschaft nur von kurzer Zeit. Aufgrund der Schäden an ihrer Mumie geht
77
Schlögl (2015), S. 90.
78
Wolfgang Helck, Das Grab Nr. 55 im Königsgräbertal. Sein Inhalt und seine historische Bedeutung, Mainz
2001, S. 44-45.
79
Als Vertreter für diese Theorie gelten unter anderem John R. Harris (1973), Julia Samson (1977), Joann
Fletcher (2004) und Nicholas Reeves (2015, 2019), gegen diese Theorie sprechen sich unter anderem Joyce
Tyldesley (1998), Wolfgang Helck (2001) oder auch Hermann Schlögl (2012) aus.
80
Die Bedeutung dieses Empfangs wird unter Ägyptologen diskutiert. Siehe dazu Weigall (1910), Aldred (1957),
Hornung (1964), Harris (1974), Samson (1977), van Dijk (2000), Reeves (2002) und Gabolde (2005),
81
Habicht (2011), S. 167-169.
28
man von einem Mordanschlag auf die Königin aus. Sie starb vermutlich an einem Dolchstich in ihre
Seite und einem Axthieb in ihr Gesicht. Ein solcher Mordanschlag lässt sich allerdings nicht belegen.82
Im Spiel ‚Assassin’s Creed: Origins‘, beziehungsweise in der Erweiterung ‚Fluch der Pharaonen‘, wird
Nofretete als Pharao bezeichnet. Sie hat gemeinsam mit ihrem Mann Echnaton mithilfe des ‚Eden-
Artefakts‘, den sie als Aton verehrten, geherrscht. Sie wurde im Tal der Könige in einem eigenen Grab
bestattet. Später wurde ihr Geist durch einen Fluch wiederbelebt und muss vom Spieler im Kampf
besiegt und erlöst werden.
Im Spiel ‚Assassin’s Creed: Origins‘ befindet sich Nofretetes Grab im westlichen Teil des Tals der
Könige. Auf einer leichten Anhöhe erreicht man den Eingang zu ihrem Grab. Ein großer Eingang führt
in das Grabmal. Darüber sieht man zwei Statuen. Diese stellen eine weibliche Person dar, welche ein
langes Kleid und eine ägyptische Krone trägt und in den Händen eine Art Scheibe vor ihrer Brust hält.
Diese Figuren dürften auf Nofretete hinweisen. Eine steinerne Treppe führt vom Eingang hinunter in
das Grab. Auf der rechten Seite ist eine Inschrift angebracht:
„Hier liegen jene, die mehr wissen als die Erde und die Sonne, der Sand und der Regen. Störe
sie nicht, denn sonst beschwören sie ihren Ba und Ka und erheben sich, um sich an dir zu
rächen.“83
Wenn man das Grab betritt, muss man zuerst einige Meter durch einen Korridor in die Tiefe gehen.
Die Wände dieses Korridors bestehen aus unbemaltem Gestein. Am Ende des Korridors befindet sich
ein aufgebrochenes Tor, dessen Rahmen mit Hieroglyphen und Zeichnungen einer Blume verziert ist.
Hinter dem Tor liegt ein kleiner Raum, in dem einzelne Opfergaben wie Vasen und kunstvoll verzierte
Truhen stehen. Die Wände sind mit verschiedenen Motiven bemalt. In einer Szene sieht man einen
männlichen Pharao auf einem Thron unter der Sonnenscheibe Aton sitzend, mit der Doppelkrone
Ägyptens auf seinem Haupt. Er hält die Herrschaftsinsignien in seinen Händen. Er ist umgeben von
mehreren Männern, welche seinen Thron tragen, beziehungsweise ihm mit Fächern Luft zufächeln.
Ein weiteres Motiv zeigt mehrere Personen in unterschiedlichen Gewändern, welche von den
Strahlen des Aton über ihnen getroffen werden. Dieses Motiv ist allerdings nur schlecht erhalten,
weshalb es schwierig ist, hier eine genauere Angabe zu machen. Kleinere Szenen zeigen Gruppen von
Menschen, Männer und Frauen, welche eine Art Prozession bilden und verschiedene Fächer in den
Händen halten. Ein weiteres kleineres Motiv zeigt zwei kindliche Figuren, die ein Objekt anbeten, das
82
Habicht (2011), S. 178.
83
Ubisoft, Assassin’s Creed: Origins. Fluch der Pharaonen, Montreal 2018.
29
einem schwarzen Sarg ähnelt. Auf diesem Objekt sind mehrere menschliche Figuren mit
unterschiedlichen Hautfarben und Kleidern abgebildet.
Eine Tür führt in einen weiteren Gang, dessen Wände mit den gleichen Motiven verziert sind. In der
rechten Wand findet man eine weitere Tür, die zu einem größeren Raum führt, welcher voller
Grabbeigaben ist. Von Krügen und Vasen über Papyri bis hin zu verzierten Truhen und Booten ist
dieser Raum vollgestellt mit diesen Beigaben. Ein Objekt in diesem Raum sticht besonders hervor.
Die Büste einer Frau mit blauer Krone und prächtigem Halsschmuck steht auf einem Sockel. Dieser
Sockel ist beschriftet mit: „Nofretete. Herrin der beiden Länder. Große königliche Gemahlin und
schönste der Schönen in Ober- und Unterägypten.“84 Am Ende dieses Raums befindet sich eine Tür zu
einem Gang, welcher weiter in die Tiefe führt. Die Wände in diesem Gang sind nicht mehr verziert
und man findet auch nur noch einzelne Vasen und Körbe. Der Gang endet in einer Sackgasse.
Zurück im Korridor vor dem Raum mit Nofretetes Büste geht es weiter in Richtung Süden. Nach zwei
weiteren kleinen Kammern mit einzelnen Grabbeigaben führt der Weg nun weiter nach rechts, wo
sich eine große Grabkammer befindet. In der Mitte des Raumes steht ein steinerner Sarkophag. Der
Deckel ist verschoben und man kann erkennen, dass der Sarg leer ist. Auch in diesem Raum findet
man wieder verschiedenste Grabbeigaben. Die Wände sind mit denselben Motiven verziert wie das
restliche Grabmal. An einer Stelle, wo sich das Motiv der zwei Personen, welche im ersten Raum
nicht genauer definiert werden konnten, wiederholt, befindet sich eine Inschrift: „Die königliche
Familie grüßt den wahren Gott Aton.“85 Hier ist das Motiv etwas besser erhalten und man kann
erkennen, dass es sich um insgesamt vier weibliche Figuren mit unterschiedlichen Gewändern
84
Ubisoft (2018).
85
Ubisoft (2018).
30
handelt. An der Westwand der Grabkammer sieht man zwei Statuen. Die beiden identischen Figuren
zeigen eine weibliche Person, welche eine Krone trägt. Vor ihrer Brust halten sie ein rundes Objekt,
das einer Scheibe ähnelt. Es handelt sich um kleinere Versionen der Steinfiguren, die sich oberhalb
des Grabeinganges befinden. Zwischen den Figuren befindet sich ein schmaler Durchgang, aus
welchem ein eigenartiges Licht strahlt. Stimmen dringen aus dem Durchgang und flüstern
unverständliche Sätze. Dieser Durchgang führt ins Jenseits.
Man kann mit großer Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass Nofretete nach ihrem Tod in Achet-
Aton bestattet wurde. Eine zerbrochene Alabaster-Figur mit ihrem Namen, die dort gefunden wurde,
dient als Beweis dafür. Spätestens in der Regierungszeit von König Aja dürfte Nofretetes Mumie dann
möglicherweise nach Theben überführt worden sein. Später wurde sie dann in das Grab von
Amenophis II. (KV35) gebracht.86
Auch wenn der Todeszeitpunkt der Nofretete und der Grund für das Verschwindens ihres Namens
aus den Quellen umstritten ist, lässt die DNA-Analyse vermuten, dass es sich bei der ‚Younger Lady‘
aus KV35 um Nofretete handelt. Auch dass sie ursprünglich in Achet-Aton begraben wurde lässt sich
beweisen, allerdings ist es unklar, wie, wann und aus welchem Grund genau ihre Mumie nach
Theben, beziehungsweise in das Tal der Könige überführt wurde. Ein eigener Grabkomplex für
Nofretete im Tal der Könige, wie er im Spiel dargestellt wird, wurde bisher nicht entdeckt. Es ist
zweifelhaft, dass so ein Königsgrab tatsächlich für Nofretete angelegt wurde. Es gibt jedoch eine
Theorie des Ägyptologen Nicholas Reeves, welche einen eigenen Grabkomplex für Nofretete im Tal
der Könige beweisen soll. Diese wird im Kapitel ‚Reeves‘ Theorie als Grundlage für die Grabkammer
im Spiel?‘ noch einmal aufgegriffen.
Die berühmte Büste, die ‚bunte Königin‘, wurde im Jahr 1912 bei Ausgrabungen in den Ruinen von
Echnatons Residenzstadt Achet-Aton im heutigen Tell el-Amarna gefunden. Der Leiter der
Ausgrabungen Ludwig Borchardt beschreibt in seinem Tagebuch, wie behutsam die Büste aus dem
Schutt im Gebäude geborgen wurde, welches einst die Werkstatt des obersten Bildhauers Thutmosis
war. Sie steckte kopfüber im Boden, nur der Nacken ragte zuerst heraus. Vorsichtig wurde der Rest
des Kunstwerks ausgegraben und die Freude war groß, als man sah, dass sie, bis auf wenige kleine
86
Schlögl (2015), S. 90-92.
31
Schäden, komplett intakt war.87 Am Ende der Ausgrabungen im Jahr 1913 befürchtete das deutsche
Ausgrabungsteam jedoch, dass ihnen die Büste bei der Aufteilung der Funde vermutlich nicht
zugesprochen werden würde.88 Gaston Maspero, der Direktor des von den Franzosen gegründeten
Ägyptischen Museums, schickte seinen Mitarbeiter Gustave Lefebvre nach Amarna, um zu
entscheiden, welcher Teil des Fundes an das Museum und welcher an die deutsche
Ausgrabungsgruppe gehen sollte. Die Teilung der Funde führte Borchardt durch. In der einen Hälfte
war die Büste der Nofretete enthalten, in der anderen ein farbiger Altar. Einen solchen Altar hatte
sich das Museum in Kairo schon lange gewünscht, wie Borchardt wusste.89 Lefebvre entschied sich
schlussendlich für die Hälfte des Fundes, welche den Altar enthielt und so ging die Büste der
Nofretete in den Besitz der Deutschen über, genauer gesagt in den Besitz des Geldgebers des
Deutschen Ausgrabungsteams, dem Berliner Unternehmer James Simon.90 Dieser bewahrte die Büste
zuerst für lange Zeit in seiner Villa auf. Erst im Jahr 1924 wurde sie zum ersten Mal in einer
Ausstellung im Neuen Museum Berlin präsentiert.91
Die Büste ist insgesamt 48 Zentimeter groß und besteht aus Kalkstein. Hermann Schlögl bezeichnet
sie als eines der prominentesten Rundbilder der Kunstgeschichte und schreibt: „Ihre Schönheit ist
87
Schlögl (2015), S. 10-12.
Siehe auch Borchardt (1923), bzw. Borchardt/Ricke (1980).
88
Wedel (2005), S. 24.
89
Wedel (2005), S. 24-25.
90
Schlögl (2015), S. 13-14.
91
Wedel (2005), S. 26.
32
vollkommen und zeitlos und zieht die Menschen auch heute noch in ihren Bann.“92 Schon kurz nach
der Entdeckung wurde festgestellt, dass es sich bei der Büste nicht um ein Kunstwerk handelt,
welches in einem Tempel oder ähnliches aufgestellt werden sollte, sondern lediglich ein
Werkstattmuster des Bildhauers Thutmosis war, welcher es als Lehrstück verwendete. An dieser
Büste konnte der Bildhauer durch nicht fertige Details, den Herstellungsprozess besser darstellen.
Aus diesem Grund fehlt bei der Büste auch das linke Auge.93 Carola Wedel beschreibt die Büste,
welche als Inbegriff der Schönheit gilt, wie folgt:
„Das Gesicht erscheint majestätisch, streng. Die Nase bildet eine klare Linie, die Haut ist hell
und frisch, nur das rechte Auge ist vollständig. Der lange, anmutige Hals trägt den Kopf wie
eine schwerelose Last – obwohl die Krone – war sie aus Leder, war sie aus Edelmetall? – ein
ziemliches Gewicht hatte. Die Gesichtshälften, die identisch zu sein schienen, haben ein
vollkommenes Ebenmaß. Die Augen sind groß und mandelförmig, eingerahmt von einem
schwarzen Kajalstrich und den weit geschwungenen Augenbrauen. Hohe Wangenknochen
betonen die schmalen Konturen ihres Gesichts. Kleine feine Ohren, denen die Zeit nicht
geschadet hat. Die Lippen sind ebenmäßig, weder sehr voll noch schmal, ein vibrierender
bräunlicher Rotton, wie eben geschminkt. Ein leichtes Lächeln umspielt die Mundwinkel. Die
Haare liegen verborgen unter der Krone […]. Die dunkelblaue Krone […] ist wohl das Pendant
der ebenfalls blauen […] Krone ihres Mannes Echnaton. […] Diadem und Collier sind in
denselben Farben gehalten […]. Makellos erscheint ihr Gesicht und spiegelt ein immer noch
gültiges Schönheitsideal wieder [sic!].“94
Auch im Spiel findet man eine Büste, welche die Königin Nofretete darstellt. Diese befindet sich in
einem Raum im Grab von Nofretete im Tal der Könige. Hier sieht man sehr viele Ähnlichkeiten mit
der berühmten Büste, welche in Tell el-Amarna gefunden wurde: Die blaue Krone, der Halsschmuck,
der helle Hautton und das geschminkte Gesicht. Ein großer Unterschied ist jedoch auszumachen.
Beide Augen der Büste, die im Spiel zu finden ist, sind intakt. Hier handelt es sich also weniger um ein
Lehrstück, wie Schlögl die reale Büste bezeichnet, sondern um ein Kunstwerk. Trotz dieses
Unterschieds kann man aber trotzdem davon ausgehen, dass die berühmte Büste, welche im Neuen
Museum Berlin ausgestellt ist, als Vorbild für die Büste im Spiel diente und die Spieleentwickler sie
als eine Art ‚Hommage‘ in das Spiel integriert haben.
92
Schlögl (2015), S. 16.
93
Schlögl (2015), S. 16.
94
Wedel (2005), S. 11-13.
33
Abbildung 3: Nofretetes Büste im Spiel
Schreitet man im Spiel durch das Tor zum Jenseits in Nofretetes Grabkammer, erreicht man einen
langen, hohen, spärlich beleuchteten Korridor. Der schmale Weg, der nur geradeaus führt, ist
überflutet, sodass die Spielfigur in knöcheltiefem Wasser steht. Auf dem Wasser treiben
Wasserblumen, die Lotusblumen ähneln. Der schmale Weg ist umgeben von insgesamt zwölf
übergroßen Steinfiguren, welche eine weibliche Person darstellen. Die Figur hält eine runde
Steinplatte in den Händen, darauf ist jeweils eine Fackel angebracht. Weitere Details sind wegen der
schwachen Beleuchtung nur schwer auszumachen. Am Ende des Ganges führen mit Kerzen und
Fackeln beleuchtete Steintreppen nach oben in einen Raum aus hölzernen Brettern, der an das
Innere eines Schiffs erinnert. Folgt man einer weiteren Treppe nach oben, gelangt man ins Gebiet
‚Iaru‘. Beim Betreten des Gebiets befindet man sich inmitten von unzähligen Ba-Vögeln: Mensch-
Tier-Hybriden, welche aus dem Körper eines Vogels und dem Kopf einer menschlichen Frau
34
bestehen. Sie sprechen in einer unverständlichen Sprache und fliegen im Normalfall weg, sobald man
sich ihnen nähert.
Das ‚Iaru‘ ist ein riesiges Getreidefeld, das in alle Richtungen bis zum Horizont reicht. In regelmäßigen
Abständen ragen quer durch das Gebiet meterhohe Steinfiguren in den Himmel, welche Nofretete
darstellen. Die Statuen scheinen aus einem schwarzen Gestein geschlagen worden zu sein. Auf dieser
Darstellung trägt sie eine schwarze Helmkrone mit goldenen Verzierungen und hält in den Händen
die Insignien des Pharaos: Den Krummstab und die Geißel. Ihre Arme hält sie überkreuzt. Sie trägt
eine vergoldete Robe und goldene Armreifen.
Der Himmel über dem ‚Iaru‘ strahlt hellblau. Am Horizont kann man allerdings dichte Wolken
erkennen und im Osten sieht man die Sonne. Diese ist allerdings vom Mond verdeckt - eine
Sonnenfinsternis findet offensichtlich statt. Die Zeit scheint still zu stehen, da sich weder der Mond
noch die Sonne am Himmel entlang bewegen.
Im Zentrum des ‚Iaru‘ befindet sich unübersehbar ein riesiger Palast-Komplex. Laut Karte ist dies der
‚Palast der Herrin der Gnade‘. Die Wände des Palastes sind mit Hieroglyphen verziert. Der Großteil
davon zeigt immer wieder dasselbe Bild einer männlichen und einer weiblichen Figur ohne
besondere Merkmale. Neben diesen Hieroglyphen ist auch ein spezielles Motiv immer wieder zu
sehen: Echnaton und Nofretete sowie zwei kindliche Figuren, die unter der Sonnenscheibe Aton
stehen und dessen Strahlen empfangen. Echnaton und Nofretete sowie eines der beiden Kinder
halten Instrumente in den Händen und huldigen ihrem Gott. Weitere kleinere Bilder zeigen
wiederholt Echnaton und Nofretete, wie sie allein oder wieder mit den kindlichen Figuren Aton
anbeten. Bei diesen farbigen Darstellungen sehen wir auch zwei andere erwachsene Frauen, welche
zu dem Gott beten. Sie unterscheiden sich optisch von der Darstellung der Nofretete insofern, dass
sie die Haare offen und keine Krone tragen. Auch die Kleidung sieht etwas schlichter aus als bei
Nofretete.
Neben dem Haupteingang zum Palast, welcher sich am östlichen Ende des Palastkomplexes befindet,
stehen zwei große Statuen, die einen männlichen Pharao darstellen: Echnaton. Diese sind deutlich
kleiner als die unzähligen Statuen der Nofretete, ähneln den anderen Figuren allerdings im Material
und in der Farbe. Auch diese Statuen sind aus einem schwarzen Gestein gehauen und mit goldener
Farbe verziert worden. In dieser Darstellung trägt Echnaton ein Nemes-Kopftuch, sowie eine Krone
und den Königsbart. Zusätzlich hält er in den Händen, so wie die Nofretete-Statuen, Krummstab und
Geißel, wobei auch er die Arme überkreuzt hält.
35
Betritt man den Palast durch den Haupteingang, führt ein gerader Weg vorbei an insgesamt zehn
liegenden Sphingen, welche dasselbe Antlitz tragen, wie die Statuen des Echnaton. Eine Treppe führt
weiter hinein in den Komplex und endet vor einer weiteren großen Statue von Echnaton. Diese
unterscheidet sich allerdings von den anderen insofern, als dass sie nicht aus schwarzem, sondern
aus weißem Stein gehauen ist. Die restliche Darstellung ist ident mit den schwarzen Pendants. In
diesem Bereich sieht man verschiedenste Opfergaben auf Tischen und am Boden stehen. Männer
und Frauen bewegen sich durch das Palast-Areal, sprechen miteinander, musizieren, arbeiten, oder
knien betend am Boden.
Eine weitere Treppe führt auf einen größeren Platz, der ebenfalls voller Opfergaben ist. Rund um den
rechteckigen Platz befindet sich eine Art Brunnen oder künstlich angelegter Teich. Auf dem
knöcheltiefen Wasser treiben Lotusblätter und -blumen. Am westlichen Ende des Platzes führt eine
kleine Treppe zu einem vergoldeten Thron. Dieser ist in östliche Richtung, und somit der Sonne
entgegen, ausgerichtet. An der Rückseite des Throns ist eine künstlerische Verzierung angebracht,
welche den Blüten einer Lotusblume ähnelt. Auf der Lehne des goldenen Throns sieht man abermals
eine Abbildung von Echnaton und Nofretete. Sie sitzen sich gegenüber und sind von ihren Kindern
umgeben. Über der Königsfamilie schwebt die Sonnenscheibe Aton, welche ihre Strahlen auf sie
herabsendet. Links und rechts vom Thron stehen zwei goldene Katzen-Statuen. Ebenfalls zu beiden
Seiten des Throns sind wieder zwei große Echnaton-Statuen zu sehen, welche aus dem schwarzen
Gestein gehauen wurden.
Neben dem ‚Palast der Herrin der Gnade‘ sind im Gebiet ‚Iaru‘ auch weitere Orte zu besuchen, wie
zum Beispiel das ‚Haus des gedroschenen Korns‘, eine Kornkammer, das ‚Haus der Trankopfer‘, ein
Lager für Bier- und Weinbehältnisse, oder auch die ‚Königliche Bäckerei‘, in welcher Brot hergestellt
wird. In diesen Gebieten sind auch wieder menschliche NPCs95 zu sehen, welche verschiedene
Arbeiten verrichten.
Durch die ausgedehnten Kornfelder sehen wir auch mehrere große Barken segeln. Diese haben
verschiedene Waren, von Korn bis hin zu Weinamphoren, geladen. Diese Barken bewegen sich
allerdings nicht auf einem Gewässer, sondern scheinen einfach durch die Kornfelder zu gleiten. Auf
diesen Barken befinden sich auch gegnerische ‚Anubis-Krieger‘. Diese bewaffneten Figuren, welche
dem Gott Anubis nachempfunden sind, greifen den Spieler bei Sichtkontakt an. Diese Krieger
besitzen einen menschlichen Torso und Arme, jedoch den Kopf und die Beine eines Hundes oder
95
Non-Player Characters; Charaktere, die vom Computer gelenkt werden und sich durch die Welt bewegen.
36
Schakals. Ihr Körper ist vollkommen schwarz oder golden und sie tragen goldene Kleidungsstücke und
Waffen.
Einige dieser Krieger befinden sich auch rund um den Palast und patrouillieren durch die Kornfelder.
Neben diesen Anubis-Kriegern gibt es eine weitere Gefahr für den Spieler im ‚Iaru‘: Skorpione.
Übergroße Skorpione streifen durch das Land und greifen den Spieler mit ihren Scheren, Stacheln
und mit Giftattacken an. Auch Schlangen können den Spieler im ‚Iaru‘ angreifen. Weitere Tiere, die
durch die Kornfelder in diesem Gebiet laufen sind Rinder und auch Gazellen, diese bleiben für den
Spieler allerdings harmlos.
Das ‚Iaru‘ im Spiel dürfte höchstwahrscheinlich auf der altägyptischen Vorstellung des ‚Sechet-iaru‘,
dem sogenannten ‚Gefilde der Binsen‘, basieren. Dieses ‚Sechet-iaru‘ gehört neben dem ‚Sechet-
hetep‘ (‚Gefilde der Opfergaben‘) zu den zwei himmlischen Regionen. Sie gelten als Orte der Fülle
und des Überflusses. Sie sind allerdings nicht als Orte per se zu verstehen, sondern als Sinnbild für ein
Leben nach dem Tod, in dem es niemals an Nahrung und Getränken fehlt.96
Im ‚Ägyptischen Totenbuch‘ wird das Gefilde der Binsen in den Kapiteln 109 und 149 detailliert
beschrieben, wobei Kapitel 149 eine Wiederholung von Kapitel 109 mit Ergänzungen darstellt:
„Zweiter Hügel (grün). Der Gott der in ihm ist. RE-HARACHTE. Ich habe großen Besitz im
Binsengefilde. O jenes Binsengefilde des RE, dessen Mauern aus Erz sind, dessen Gerste
sieben Ellen hoch (wächst) – die Ähre zwei Ellen, der Halm fünf Ellen -, und dessen Emmer
sieben Ellen misst – die Ähre drei Ellen, der Halm vier Ellen; es sind Verklärte, jeder von ihnen
sieben Ellen groß, die es zur Seite von RE-HARACHTE ernten.
Ich kenne das mittlere Tor des Binsengefildes, durch welches RE im Osten des Himmels
hervorgeht, dessen Südseite der Teich der syrischen Gänse, dessen Nordseite das Wasser der
Graugänse ist, der Ort an welchem RE dahinfährt durch Segel und Ruder. Ich gehöre zu den
(Ruder)riemen im Gottesschiff, ich bin ein unermüdlicher Ruderer in der Sonnenbarke.
Ich kenne jene beiden Sykomoren aus Türkis, zwischen denen RE hervorgeht, damit er auf
der ‚Erhebung des SCHU‘ (Himmel) dahinziehe an jenem östlichen Tor, aus welchem RE
hervorgeht.
Ich kenne jenes Binsengefilde des RE: die Höhe seiner Gerste ist fünf Ellen, ihre Ähre zwei
Ellen, ihr Halm drei Ellen; sein Emmer ist sieben Ellen (hoch), und es sind Verklärte von neun
Ellen Größe, die es zur Seite der Östlichen Mächte ernten.“97
96
Hana Vymazalová, Das ewige Leben im Paradies, in: Sandro, Vannini, Tutanchamun. Die Reise durch die
Unterwelt, Köln 2018, S. 386-392, hier: S. 390.
97
Tb (Hornung), Spruch 149, Zeilen 11-36.
37
Zusätzlich zu diesen Beschreibungen wird im Spruch 110 beschrieben, was den Verstorbenen im
Gefilde der Binsen, beziehungsweise im Gefilde der Opfergaben erwartet, sobald er diese erreicht
hat:
„[…] Ich bin verklärt in ihm, ich esse in ihm und trinke in ihm, ich pflüge in ihm und ernte in
ihm, ich mahle in ihm und begatte in ihm, kraftvoll sind meine Zauber in ihm. Ich werde nicht
in ihm gemustert und werde nicht in ihm geschlagen, (mein Herz) ist froh (in ihm), […]“98
Dieser Spruch 110 ist bezeichnend für die Vorstellung der Ägypter, dass die Verstorbenen nicht nur in
Bezug auf ihren Körper im Jenseits weiterleben, sondern auch im Hinblick auf ihren sozialen Kontext.
Sie behalten auch im Jenseits ihre Autorität und Verantwortung und spielen dort dieselbe Rolle wie
im Diesseits. Somit mussten die Verstorbenen auch in den himmlischen Gefilden ihre Arbeiten
verrichten. Im Mittleren Reich wurde daher begonnen, den Verstorbenen Uschebti99 in die Gräber
beizugeben, welche diese Arbeiten im Jenseits für ihre Besitzer durchführen sollen. Neben der Arbeit
gehörte allerdings auch das Vergnügen zum Leben im Jenseits. Deshalb wurden in vielen Gräbern
Szenen an die Wände gemalt, welche die Verstorbenen bei freudigen Aktivitäten, zum Beispiel beim
Essen, Singen, Tanzen und Musizieren darstellten. Diese Freuden, welche der Verstorbene schon in
seinem irdischen Leben genossen hatte, sollten sich auch in der Ewigkeit des Todes im Jenseits
fortsetzen.100
Man kann einige Parallelen zwischen der Darstellung des ‚Iaru‘ im Spiel und den Darstellungen des
‚Binsengefildes‘ in den antiken Quellen erkennen. Im Spiel besteht das Gebiet aus einem unendlichen
Getreidefeld. Das Getreide wächst hoch und wird von den Bewohnern des Gebiets geerntet und
verarbeitet. Die Verstorbenen gehen im ‚Iaru‘ allerdings auch anderen Tätigkeiten nach. So sieht man
sie auch beim Beten, Musizieren und Feiern. Re-Harachte wird in Form der im Osten aufgehenden
Sonne dargestellt.
98
Tb (Hornung), Spruch 110, Zeilen 34-41.
99
Statuetten, welche meist mumienförmig gebildet sind. Sie wurden mit verschiedenen Namen bezeichnet. Als
deutsche Übersetzung hat sich der Name ‚Antworter‘ durchgesetzt. Der Uschebti musste auf die ihm
aufgeschriebenen Arbeitsaufgaben antworten. Siehe Hermann Schlögl, Uschebti, in: Wolfgang Helck/Wolfhart
Westendorf, Lexikon der Ägyptologie (Band VI), Wiesbaden 1986, Sp. 896-899, hier: Sp. 896.
100
Vymazalová (2018), S. 391-392.
38
4.2. Echnaton
4.2.1. Allgemeines
Echnaton101, dessen Geburtsname eigentlich Amenophis war, war der zweite Sohn von Pharao
Amenophis III. Er hatte einen älteren Bruder, Thutmosis, welcher ursprünglich das Amt seines Vaters
hätte übernehmen sollen. Verschiedene Quellen zu Thutmosis zeigen, dass er die klassische
Ausbildung eines Kronprinzen genoss und in Memphis sogar die Rolle des Hohepriesters
eingenommen hatte. Alles war darauf vorbereitet, dass Thutmosis das Amt des Königs übernehmen
würde. Im 30. Regierungsjahr von Amenophis III. starb Thutmosis allerdings plötzlich.102 In der
Thronfolge rückte daraufhin Amenophis IV. als Kronprinz nach. Über dessen Kindheit ist kaum etwas
bekannt. In den Quellen taucht er nur spärlich auf, so ist aus seiner Jugend lediglich eine Erwähnung
des Königssohnes auf einem Weinkrug im Malkata-Palast bekannt. Dieser Weinkrug lässt darauf
schließen, dass Amenophis IV. während der Regierungszeit seines Vaters bereits in einem Alter war,
in dem er ein eigenes Anwesen besitzen konnte.103
Während der letzten Jahre von Amenophis III. dürften sich im Reich bereits erste Anzeichen einer
theologischen Veränderung angedeutet haben. Der Sonnengott trat nun als Allgott in Form des
Amun-Re oder Re-Harachte in den Mittelpunkt. Eine Gruppe von Priestern begann daraufhin, sich
einen einzigen solaren Gott vorzustellen, welcher über alle anderen Götter erhaben war. Auch im
Kreis der Königsfamilie schienen diese Ansätze einer neuen Religionsvorstellung Anhänger zu finden.
So beschreibt Schlögl unter anderem Amenophis‘ Schwiegervater Aja als Unterstützer dieser
Anschauung und auch bei Amenophis‘ Frau Teje geht er davon aus, was man im Namen ihrer
jüngsten Tochter Baketaton (‚Dienerin des Aton‘) erkennen kann.104 Laut Assmann ist der Aton-Kult
jedoch an die Zeit und Person des Amenophis IV. gebunden. Die beschriebenen Vorläufer des Kultes
sind lediglich Grundgedanken, beziehungsweise Frühformen dieser Lehre. Die kultische Verehrung
fand schlussendlich aber erst unter Amenophis IV. statt. Die Hinweise darauf, dass Aton schon früher
angebetet wurde beruhen entweder auf Falschdatierungen von Denkmälern oder die irrtümliche
101
Zu Echnaton allgemein siehe Habicht (2011), Baker (2008), Albers (2013), Hornung (1995), Martinssen von
Falck (2018), Schlögl (2008).
102
Schlögl (2015), S. 35.
103
Joyce Tyldesley, Ägyptens Sonnenkönigin. Biographie der Nofretete, München 1999, S. 63.
104
Schlögl (2015), S. 36-38.
39
Gleichsetzung des Aton im früheren Verständnis mit dem Aton, wie er in der späteren Amarna-Zeit
verstanden wird.105
Amenophis III. starb in seinem 38. Regierungsjahr und Amenophis IV. wurde zu seinem Nachfolger
ernannt.106 Bei seiner Krönung, die vermutlich in Theben stattfand, nahm der König, wie üblich
mehrere Namen zusätzlich zu seinem Geburtsnamen an:
Die Titulatur, die Amenophis bei seiner Krönung annahm, und vollkommen in der alten Tradition
stand, zeigt, dass der Regierungswechsel einen gewöhnlichen Verlauf nahm.108
Der Zeitpunkt der Hochzeit zwischen Amenophis IV. und Nofretete ist unbekannt. Ob sie bei seiner
Krönung bereits verheiratet waren, ist nicht genau festzustellen. Man kann aber davon ausgehen, da
das Paar bereits im ersten Regierungsjahr von Amenophis IV. seine erste Tochter bekam.109
Erste Umbrüche
Die ersten Regierungsjahre Amenophis‘ verliefen ohne große Veränderungen. Die Kunsthandwerker
arbeiteten im Auftrag des Königs im traditionellen Stil am Amuntempel in Karnak und an einem
Tempel in Nubien. Auch im Beamtenstab änderte sich anfangs kaum etwas, so blieb unter anderem
der Wesir Ramose, der bereits für Amenophis III. arbeitete, in seinem Amt.110 Im theologischen
Bereich spitzte sich währenddessen ein bereits länger währender Konflikt mit der
Amunpriesterschaft zu.111
Ein erster großer Bruch mit der traditionellen Theologie zeigt sich bald auf einer Stele, auf der der
Gott Amun dem Pharao Leben, Dauer und Heil verspricht. Hier wurde für Amenophis ein neuer Name
entworfen, die auch als Bekenntnis zu verstehen ist: „Hohepriester des Harachte, der im Horizont
105
Jan Assmann, Aton, in: Wolfgang Helck/Eberhard Otto (Hrsg.), Lexikon der Ägyptologie (Band I), Wiesbaden
1975, Sp. 526-540, hier: Sp. 526.
106
Schlögl (2015), S. 38.
107
Thomas Schneider, Lexikon der Pharaonen, München 1994, S. 67.
108
Schlögl (2015), S. 39.
109
Schlögl (2015), S. 39.
110
Habicht (2011), S. 45.
111
Habicht (2011), S. 46.
40
jubelt in seinem Namen als Licht, das der Aton ist.“112 Hier wurde zum ersten Mal Aton mit dem Licht
gleichgesetzt. Die zunehmende Bedeutung des Aton für den König zeigt sich dann auch im Namen
der ersten Tochter des Königspaares, Meritaton. In Karnak begann Amenophis, nachdem er die
Bauten seines Vaters im Amun-Tempel abgeschlossen hatte, mit dem Bau eines Tempels für den
Sonnengott ‚Re-Harachte-Aton‘. Dieser erscheint in seinem Aussehen als Mann mit Falkenkopf, der
eine Sonnenscheibe am Haupt trägt, die von einer Uräusschlange umschlossen ist. Diese Anlage war
nur der Anfang einer Vielzahl von Bauwerken, die Amenophis für Aton errichten lassen sollte.113
Die Bedeutung des Aton wurde immer größer, so gab Amenophis ihm einen langen, dogmatischen
Namen: ‚Es lebt Re-Harachte, der im Horizont jubelt in seinem Namen als Licht, das der Aton ist‘. Kein
anderer ägyptischer Gott hatte einen vergleichbaren Namen getragen. Mit diesem Namen wurde
Aton endgültig von der Figur des traditionellen Sonnengottes getrennt. Aton war nun als
Sonnenscheibe, welche ihre Strahlen auf die Erde sendet, die einzige Form der Sonne. Re, Chepre,
Harachte und Atum als Erscheinungsformen der Sonne wurden abgeschafft. Er hatte weder eine
Partnerin noch einen Feind. Amenophis IV. sprach in seinem Namen, da Aton sich nur ihm
offenbarte.114 Auch in der Ikonografie veränderte sich das Aussehen des Aton. Die falkenköpfige
Darstellung wurde nicht mehr verwendet. Aton wurde nun als gesichtslose Sonnenscheibe mit der
Uräusschlange dargestellt. Lange Strahlen wurden von der Sonnenscheibe zur Erde gesandt. Diese
hatten Hände an den Enden, die das Anch, das Symbol des Lebens, halten konnten. Aton war im
Gegensatz zu den alten Göttern zugleich sichtbar, aber auch unpersönlich. Seine abstrakte Form ließ
ihn in Darstellungen nicht in traditioneller Weise mit der Königsfamilie interagieren. Er war stets über
der Familie, welche im Zentrum der Abbildungen stand, als eine Art Beobachter dargestellt. Es gab
kein Mysterium oder verborgenes Heiligtum rund um Aton. Auch eine Inkarnation in Form einer
Statue war nicht nötig, da der Gott ständig in Form der Sonne anwesend war. Die neuen Tempel zu
Ehren des Aton waren in ihrer Bauform ganz anders als ihre Vorgänger. Die Tempel des Amun und
anderer Götter hatten dunkle Räumlichkeiten und verborgene Kammern. Die Tempel des Aton waren
offene Höfe, damit die Sonne ohne Hindernisse auf die Betenden scheinen konnte.115
112
Schlögl (2015), S. 40.
113
Schlögl (2015), S. 40-41.
114
Schlögl (2015), S. 43.
Siehe auch Baines (2001) und Assmann (1999).
115
Tyldesley (1999), S. 118-119.
Zu den theologischen Veränderungen in der Amarnazeit siehe auch Allen (1996), Krauss (2000) und Assmann
(2012).
41
Nofretete war im Aton-Kult ihrem Mann fast gleichgestellt und war immer an seiner Seite. In der
göttlichen Dreiheit entsprach Aton dem androgynen Gott der Schöpfung, während Amenophis und
Nofretete seine Kinder und die beiden Geschlechter darstellten.116
Mit der Etablierung des neuen Aton-Kultes als Staatsreligion, führte Amenophis eine radikale und
teils auch gewaltsame Abkehr von der alten Ordnung durch. Besonders im Zusammenhang mit dem
Amun-Kult waren die Maßnahmen aggressiv. Der Name des Amun und vereinzelt auch seine
Bildnisse sollten im ganzen Land ausgekratzt und getilgt werden. Besonders in Karnak spürte man das
Ausmaß dieser Aktion. Im Rest des Landes wurden die Maßnahmen eher unsystematisch
durchgeführt. Ein Widerstand gegen diese radikale Veränderung der Staatsreligion ist laut Quellen
nicht belegt. Hier ist allerdings zu berücksichtigen, dass ein solcher Widerstand vermutlich nur nicht
in den offiziellen Dokumenten verzeichnet wurde. Die königlichen Spenden an die alten Tempel
wurden von Amenophis ebenfalls eingestellt, wodurch diese Reichtümer nur noch dem Aton-Kult
zuflossen.117
Der nächste große Umbruch fand im vierten oder fünften Regierungsjahr von Amenophis IV. statt, als
sich der König entschloss, Theben zu verlassen und eine neue Stadt errichten zu lassen, die dem Gott
Aton geweiht werden sollte. Es musste ein Ort sein, der noch nicht in Besitz eines Gottes war. So
wählte Amenophis ein Wüstenplateau auf halbem Weg zwischen Kairo und Luxor, im heutigen Tell
el-Amarna. Dort ließ er die Stadt Achet-Aton, was so viel bedeutet wie ‚Horizont des Aton‘, errichten.
Das Stadtgebiet wurde durch mehrere Stelen eingegrenzt und auch das königliche Grab wurde in die
Berge bei Achet-Aton verlegt.118 Mit dem Umzug in die neue Stadt, die dem einzigen Gott Aton
geweiht war, änderte Amenophis auch den Namen seiner Königstitulatur:
116
Schlögl (2015), S. 52-53.
117
Tyldesley (1999), S. 114-116.
118
Habicht (2011), S. 63.
119
Schneider (1994), S. 68.
42
Mit dem Umzug des Königs samt Hofstaat in die neue Residenz Achet-Aton, sollte es weitere
Neuerungen für das Volk geben. Vermutlich waren Echnaton und Nofretete im gleichen Maß
treibende Kräfte für diese Umstellungen. Alle Bewohner des Landes sollten im Dienst des Gottes
Aton stehen. Eine neue Gemeinschaft sollte durch Religion, Kult und staatliche Aufgaben entstehen.
Eine Reform in diesem Zuge betraf die Schriftsprache. Zu dieser Zeit existierte noch eine klassische
Schriftsprache, die heute ‚Mittelägyptisch‘ genannt wird. Die Umgangssprache hatte sich allerdings in
den Jahrhunderten stark verändert und so wirkte die Schriftsprache wie eine Fremdsprache für die
Bewohner des Reiches. Echnaton ließ deshalb die Umgangssprache als neue Schriftsprache
verwenden. Somit konnte nun jeder im Volk vorgelesene Schriftstücke verstehen. Echnaton erhob
sich selbst damit zum Lehrmeister seines Volkes. Diese neue Schriftsprache war auch von großer
Bedeutung für die Verbreitung des neuen Monotheismus. Die religiöse Reform dürfte schlussendlich
spätestens im neunten Regierungsjahr abgeschlossen worden sein.120
Dieser neue Monotheismus war eine Religion, die dem Volk auferlegt wurde. Für die breite
Bevölkerung dürfte der neue Glaube zu abstrakt gewesen sein, doch der König zwang sie mit seiner
Macht, Aton anzubeten. Der Glaube entwickelte sich zu einer radikalen Religion. Laut Habicht muss
man von einer hohen Anzahl an Spitzeln und Denunzianten ausgehen, welche diejenigen verrieten,
die anderen Göttern huldigten. Die vielen Darstellungen des Militärs lassen vermuten, dass es sich
bei Echnatons Herrschaft um eine Art Militärdiktatur handelte.121
Der Sonnenuntergang
Als ‚Sonnenuntergang‘ wird unter Ägyptologen das Ende der Aton-Religion bezeichnet. Eine genaue
Datierung dieser Phase ist allerdings schwierig. Michael Habicht beginnt unter dieser Terminologie
mit dem 12. Herrschaftsjahr122 des Echnaton. In diesem Jahr gebar Nofretete Echnaton (nach
insgesamt sechs Töchtern) vermutlich einen Sohn. Dieser wurde vom Königspaar Tutanchaton
(‚Lebendes Abbild des Aton‘) genannt. Im 14. Jahr geschah eine Reihe von Tragödien für die
Königsfamilie. Zwei Töchter von Echnaton und Nofretete, Nefer-Neferu-Re und Setep-en-Re starben
kurz nacheinander. Bald darauf verstarb eine weitere Tochter, Maketaton. Und auch die
Königinmutter Teje verstirbt im Jahr 14 unter Echnaton.123
Im 16. Jahr kommt es zu außenpolitischen Anspannungen, die zu Angriffen der Hethiter auf die
nördlichen Gebiete Ägyptens führten. Zu Beginn des 17. Regierungsjahres verstarb Echnaton
120
Schlögl (2015), S. 61-62.
121
Habicht (2011), S. 91.
122
Eine Analyse der Darstellungen zu diesem Jahr bietet Fitzenreiter (2009).
123
Habicht (2011), S. 152-155.
43
schlussendlich.124 Er starb vermutlich aus natürlichen Ursachen, da es keine Hinweise auf Mord gibt.
Er wurde traditionell mumifiziert und im Königsgrab von Achet-Aton bestattet.125
Mit dem Tod des Königs war auch der Untergang der Aton-Religion eingeläutet. Die gesamte Religion
war auf den König zugeschnitten und Tutanchaton als Nachfolger seines Vaters war zu dem Zeitpunkt
zu jung, um die Aufgaben zu übernehmen. Das Ableben des Pharaos hinterließ eine Lücke zwischen
einem Gott, der nur vom König verstanden werden kann, und dem Volk. Diese Lücke wurde
schlussendlich durch die alten Götter und den Polytheismus ausgefüllt.126 Hier hebt Assmann noch
einmal hervor: „Die offenbar konfliktlose Rückkehr zur Orthodoxie unter Tutanchamun macht noch
einmal deutlich, wie sehr die ganze Bewegung an die Person Amenophis‘ IV. gebunden war.
Ebensowenig wie Vorstufen der kultischen Verehrung des A[ton] läßt [sic!] sich so etwas wie ein
Nachleben erkennen.“127
Im Spiel ‚Assassin’s Creed: Origins‘, beziehungsweise in der Erweiterung ‚Fluch der Pharaonen‘ wird
Echnaton als ‚häretischer Pharao‘ bezeichnet. Er gelangte während seiner Regierungszeit an ein
‚Eden-Artefakt‘, in welchem er den Gott Aton sieht. Mithilfe des Artefakts sicherte er sich seine
Macht und etablierte den Monotheismus in Form der Aton-Religion. Nach seinem Tod hat er das
Artefakt an seinen Nachfolger Tutanchamun vererbt. Er wurde im Tal der Könige bestattet. Später
kehrte sein Geist aufgrund eines Fluches auf die Erde zurück und der Spieler muss ihn im Kampf
besiegen, um ihn zu erlösen.
Das Grabmal von Echnaton befindet sich im nordöstlichen Teil des Tals der Könige. Oberhalb des
Einganges stehen zwei Statuen von Echnaton. So wie im ‚Iaru‘ sieht man auch hier Echnaton mit
Nemes-Kopftuch, Krone und Bart. Er hält die Insignien mit den Armen überkreuzt vor seiner Brust.
Diese beiden Statuen bestehen aus weißem Stein und wurden mit goldener Farbe verziert. Auch am
Eingang von Echnatons Grabmal findet man an der rechten Seite eine Inschrift. Hier steht:
124
Schlögl (2015), S. 93.
125
Habicht (2011), S. 173.
126
Habicht (2011), S. 174.
Zu der Sonderstellung des Pharaos in der Aton-Kult und der Beziehung zwischen König, dem Volk und Aton
siehe Bickel (2003). Zur religiösen Gegenreformation unter Tutanchamun, Aja und Haremhab siehe Dodson
(2009).
127
Assmann (1975), S. 528.
44
„Du, der sich an diesem Grab vergreift – mögen die Krokodile im Wasser gegen dich sein und
die Schlangen an Land. Mögen die Nilpferde im Wasser gegen dich sein und die Skorpione an
Land.“128
Ein steinernes Tor führt in das Grabmal hinein, dieses ist allerdings nicht verziert. Auf der linken Seite
des Tors befindet sich eine weitere Inschrift: „Echnaton. Er, der die Götter herausgefordert hat.“129
Das Tor führt in einen langen Korridor, der einige Meter in die Tiefe reicht. Die Wände des Korridors
sind mit verschiedenen Hieroglyphen bemalen.
In der rechten Wand des Korridors befindet sich eine Tür, die in zwei größere Räume führt. Hier sieht
man verschiedene Grabbeigaben, welche teils zerstört auf dem Boden liegen. Die Wände sind mit
denselben Hieroglyphen bemalt, wie die Wände im Grabmal von Nofretete. Ein Motiv zeigt einen
Pharao mit Doppelkrone, welcher höchstwahrscheinlich Echnaton darstellen soll, der auf einer Art
Thron sitzt und vom Volk getragen und verehrt wird. Das zweite Motiv zeigt wieder die vier Frauen,
die von Atons Strahlen getroffen werden. Diese beiden Motive wiederholen sich immer wieder.
Im hinteren der beiden Räume befinden sich zwei Schriftstücke. Auf dem ersten steht:
„Proklamation des Echnaton. Im vierten Jahr meiner Regentschaft, Aton, einzig wahrer Gott,
gewähre mir die Ehre, Ägypten ein für alle Mal zu vereinen. In meinen Händen halte ich die
Macht, die Welt zu verändern.“130
„Ich übergebe mein Vermächtnis in die Hände meiner Königin, darauf vertrauend und
wissend, dass sie es an meinen Sohn weitergeben wird, wenn er alt genug ist.“131
128
Ubisoft (2018).
129
Ubisoft (2018).
130
Ubisoft (2018).
131
Ubisoft (2018).
45
Folgt man dem Korridor weiter, führt eine kleine Kammer schlussendlich in die Grabkammer von
Echnaton. In der Mitte der Grabkammer steht ein steinerner Sarg. Bei diesem Sarg ist der Deckel
zertrümmert, sodass man erkennen kann, dass er leer ist. Auch in der Grabkammer von Echnaton
sind noch einzelne Grabbeigaben zu finden, allerdings deutlich weniger als im Grab der Nofretete.
Auch hier liegen, wie in den beiden Räumen davor, einige Gefäße zertrümmert am Boden. An der
Südwand der Grabkammer lehnt eine kleine Steinplatte mit einer Aufschrift:
„Eine Hymne für Aton. Ich hüte die Stätte des Königs, meines Herren, der Sonne des
Himmels, an der ich bin, und ich hörte die Worte des Boten des Königs, meines Herren, und
führe sie aus! Wer bin ich? Ein Hund. Was ist mein Haus, was ist alles, das ich besitze, auf
Befehl des Königs, meines Herren, der Sonne vom Himmel, sollte ich ihm nicht ohne
Unterlass gehorchen?“132
An der östlichen Wand der Grabkammer befindet sich wieder ein Durchgang zum Jenseits. Auch hier
ist dieser Durchgang schmal und ein ungewöhnliches Licht und Flüstern dringt von der anderen Seite
hindurch.
KV55, welches als das Grab Echnatons gilt, befindet sich am östlichen Ende des Talkessels. Es ist ein
kleines Grab, welches lediglich aus einem Eingang (A), einem Korridor (B), sowie der Grabkammer (J)
und einer kleinen Nische (Ja) besteht. Bei dieser Nische vermutet man, dass hier eine Nebenkammer
132
Ubisoft (2018).
46
entstehen sollte, die aber nie fertig gestellt wurde. Die Wände und Decken von KV55 hatten keine
Dekoration und wurden lediglich verputzt.133
Das Grab wurde mehrere Male geöffnet und wieder verschlossen. Ursprünglich versiegelten Blöcke
aus Kalkstein den Eingang. Dieser wurde noch vor der 20. Dynastie aufgebrochen. Während der 20.
Dynastie wurde KV55 neben anderen Gräbern mit Steinblöcken verschlossen. Beim Bau des Grabes
von Ramses IX. (KV9) welches sich ganz in der Nähe befindet, dürfte der Bauschutt einfach über den
Eingang von KV55 geschüttet worden sein. 1907 wurde das Grab schließlich wiederentdeckt. Im Grab
fand man einen vergoldeten Sarg, menschliche Überreste und weitere Objekte, welche jedoch alle
Schäden durch Wasser erlitten haben.134
Das Grab von Echnaton im Spiel entspricht im Aufbau weitgehend dem realen KV55. Auch hier führt
lediglich ein gerader Korridor direkt in die Grabkammer. Es gibt allerdings einen signifikanten
Unterschied: Im Spiel befindet sich in der rechten Wand des Korridors ein Durchgang in eine
Nebenkammer, welche in KV55 nicht existiert. Im Gegenzug gibt es im Spiel die Nische (Ja) in der
Grabkammer nicht. Ein weiterer Unterschied sind die Malereien an den Wänden. Während im Spiel
verschiedenste Hieroglyphen und Dekorationen die Wände zieren, sind die Wände in KV55 komplett
unbemalt.
133
Theban Mapping Project, 1997-2002, [http://kv5.de/html_german/intro_german.html], eingesehen
5.3.2020.
134
Theban Mapping Project, 1997-2002, [http://kv5.de/html_german/intro_german.html], eingesehen
5.3.2020.
47
4.2.5. Echnatons ‚Aton‘
Der Durchgang in Echnatons Grabkammer führt in das Jenseitsgebiet Echnatons, welches ‚Aton‘
genannt wird. Auf dem Weg dorthin erreicht man zuerst, wie bei Nofretetes Grabmal, einen schwach
beleuchteten Korridor. Der Boden ist auch hier überschwemmt und zu beiden Seiten des Weges
stehen mehrere große Statuen einer weiblichen Person, die eine Scheibe vor der Brust hält. Am Ende
des Raumes befindet sich ein Tor, welches von zwei Statuen von liegenden Hunden, beziehungsweise
Schakalen umgeben ist. Hinter dem Tor muss man durch ein tiefes Wasserloch tauchen, um das
‚Aton‘ zu erreichen.
Das auffälligste Merkmal dieses Gebiets ist eine gigantische Sonnenkugel, die über dem Zentrum des
Gebiets schwebt und Strahlen auf die Erde sendet. Das Gebiet selbst besteht hauptsächlich aus
einem großflächigen Stadtgebilde, in dessen Zentrum ein riesiger Palast steht. Die Mauern der
Gebäude erstrahlen in weißer Farbe und zwischen den Gebäuden findet man üppiges
Pflanzenwachstum. Auf den Mauern sieht man kunstvolle Hieroglyphen, welche meist dasselbe
Motiv zeigen, wie auch schon im ‚Iaru‘: Echnaton und Nofretete, wie sie den Gott Aton, dargestellt
als Sonnenscheibe, anbeten. Die Stadt wird von tiefem Gewässer umgeben, auf welchem einige
Segel- und Ruderboote unterwegs sind. Viele menschliche NPCs bewegen sich durch die Stadt. Sie
fahren auf den Booten über die Gewässer, handeln an kleinen Marktständen oder beten und bringen
Opfergaben dar.
Hohe Statuen, die Echnaton darstellen, stehen sowohl im großen Tempel im Zentrum des Gebiets als
auch im restlichen Stadtgebiet. Steinerne Sphingen mit dem Gesicht Echnatons sind an mehreren
Stellen des Gebiets zu finden. Ein paar davon halten leuchtende Kugeln in den Händen, welche durch
einen Lichtstrahl mit der Sonnenkugel am Himmel verbunden sind. Diese Kugeln müssen im Rahmen
48
der ersten Mission in diesem Gebiet zerstört werden. Am nördlichen Ende des großen Tempels steht
auf einem großen Platz ein goldener Thron. Der Thron selbst erinnert in seiner Form wieder an die
Sonnenscheibe Aton, welche sich hinter einem Paar aufgespannter Flügel befindet. Auf dem Thron
befindet sich, wie auf Nofretetes Thron, eine Abbildung von Echnaton und Nofretete und deren
Kindern, welche sich gegenübersitzen und von den Strahlen der Sonnenscheibe getroffen werden.
Auch in diesem Gebiet fliegen unzählige Ba-Vögel durch die Lüfte. Auch Anubis-Krieger, die bei
Sichtkontakt angreifen, sind hier zahlreich vertreten. Neben den überdimensionierten Skorpionen
gibt es im Gebiet ‚Aton‘ auch einige Krokodile, sowohl außerhalb als auch innerhalb des
Stadtgebietes.
Echnaton ließ seine neue Hauptstadt ‚Achet-Aton‘, was so viel bedeutet wie ‚Horizont des Aton‘, auf
einer Ebene erbauen, die heutzutage als Tell el-Amarna bezeichnet wird und auf halbem Weg
zwischen Kairo und Luxor liegt. Er entschied sich für ein Areal am östlichen Ufer des Nils. Insgesamt
14 Stelen steckten die Grenzen der insgesamt 144 Quadratkilometer großen Fläche ab. Schon bei der
Planung der Stadt war dem König die Lage des Königsgrabs wichtig. So ließ er dieses im Osten der
Stadt errichten. Dies war sinnbildlich dafür, dass es mit dem Aton-Glauben auch ein neues Jenseits
gab. Während früher die Gräber im Westen, wo die Sonne untergeht, erbaut wurden, hatte sich
Echnaton entschieden, sein Königsgrab und auch die Gräber für seine Untertanen in den Osten zu
bauen, wo die Sonne aufgeht. Das Jenseits sollte nicht mehr in der Finsternis der Nacht sein, sondern
im Licht des Tages unter der Sonne Aton.135
135
Schlögl (2015), S. 55-56.
49
Abbildung 8: Lageplan der Stadt Achet-Aton
Achet-Aton konnte aufgrund einer neuen Bauweise mit sogenannten ‚Talatat‘-Steinen136 in raschem
Tempo aufgebaut werden. Laut Archäologen wurde zuerst ein Altar für Aton errichtet, welcher
später zum kleinen Atontempel ausgebaut wurde. Der Große Tempel des Aton wurde nördlich davon
errichtet. Auch ein Nord- und ein Südpalast wurden gebaut. Die zwei Stadtteile wurden durch eine
große Straße, die Königsstraße, verbunden. An dieser Straße wurden auch die Wohngebiete
erbaut.137 Neben der Königsstraße gab es in Nord-Süd-Richtung auch die Hauptstraße und die
Oberpriesterstraße, entlang derer die Wohnhäuser der Oberschicht erbaut wurden. Auch das Atelier
des königlichen Bildhauers Thutmosis befand sich an der Oberpriesterstraße. In der Stadtmitte waren
diese drei Straßen mit einer Allee verbunden, welche in Ost-West-Richtung verlief. Diese Allee stellte
auch das Stadtzentrum dar. Hier wurden wichtige Gebäude errichtet, wie zum Beispiel der kleine
Aton-Tempel mit dem Namen ‚Kleine Residenz des Aton‘, der große Palast am Ufer des Nils oder
auch das sogenannte ‚Haus des Königs‘.138 Nördlich vom Zentrum befand sich der Große Aton-
Tempel, welcher den kultischen Mittelpunkt der neuen Religion darstellte. Eine riesige Mauer
136
Eine Beschreibung der Talatat-Steine folgt im Kapitel ‚Die Amarna-Kunst‘.
137
Habicht (2011), S. 67-68.
138
Schlögl (2015), S. 57.
50
umfasste das Tempel-Areal. Darin befanden sich zwei Anlagen mit dem Namen ‚Gempaaton‘ und
‚Hut-Benben‘. Auch ein Schlachthof zum Schlachten der Opfertiere befand sich auf dem Areal. Zudem
gab es an der Außenseite der nördlichen Umfassungsmauer ein Festraum für das Königspaar.139
Die neuen Tempel für Aton wurden ohne Dach gebaut, damit die Strahlen des Gottes immer das
Innere des Tempels erreichen konnten. Das vereinfachte auch die Bauweise, da die Mauern
dementsprechend keine Dächer tragen mussten. Die Strukturen des Kleinen und Großen Tempels des
Aton erinnern an die Tempel von Karnak und Heliopolis. Somit vereinte Achet-Aton Erinnerungen an
diese beiden wichtigen Tempel in nur einer Stadt.140 Neben diesen beiden ‚Haupt-Tempeln‘ besaß
jedes Mitglied der Königsfamilie auch eine eigene Tempelkapelle, welche als ‚Sonnenschatten‘
bezeichnet wurde. Diese bestanden aus einem Hochaltar und einem Altarhof mit Königsstatuen. Hier
konnten die Mitglieder der Königsfamilie ihren persönlichen Aton-Kult abhalten.141
Im neunten Herrschaftsjahr des Echnaton wurden die Bauarbeiten abgeschlossen und die Stadt
eingeweiht. Das zuvor sehr trockene Wüstenplateau wurde durch Bewässerungsanlagen grün und
fruchtbar gemacht.142 In der Herrschaftszeit der Ramessiden wurde die Stadt Achet-Aton schließlich
bis auf die Fundamente geschliffen.143
Hinweise im Spiel deuten darauf hin, dass es sich bei dem Jenseitsgebiet ‚Aton‘ um Echnatons Stadt
Achet-Aton handeln dürfte. Ein Grabmal im Spiel, das außerhalb des Tals der Könige liegt, wird dem
königlichen Architekten Thutmosis zugeschrieben. Dieses Grabmal kann vom Spieler betreten
werden. Darin befindet sich ein Modell einer Stadt, welches Thutmosis offensichtlich angefertigt hat
und welches die ‚Stadt des Aton‘ darstellt.
139
Schlögl (2015), S. 59.
140
Habicht (2011), S. 68.
141
Schlögl (2015), S. 58.
Zur Kultur und Stadtentwicklung in Amarna siehe auch Tietze (2008).
142
Habicht (2011), S. 69.
143
Schlögl (2015), S. 56.
51
Abbildung 9: Modell der 'Stadt des Aton' im Grab von Thutmosis im Spiel
Eine Inschrift bei dem Modell bestätigt dies: „Zum Ruhme Echnatons, dem Gründer und einzigen
Herrscher der Stadt des Aton“144. Das Modell entspricht der Stadt im Jenseitsgebiet ‚Aton‘. Allerdings
entspricht die ‚Stadt des Aton‘ im Spiel kaum den Plänen und Rekonstruktionen von Achet-Aton, die
von Archäologen und Historikern aufgrund der Quellen erstellt worden sind. Die ‚Stadt des Aton‘ im
Spiel ist zu großen Teilen auf dem Wasser gebaut. So befinden sich zum Beispiel der Königliche Palast
oder auch die Königliche Kaserne auf künstlichen Inseln am Wasser, welche mithilfe von Brücken mit
dem Festland verbunden sind. Der große Tempel des Aton sowie ein Hafen und eine Art Bibliothek,
welche als ‚Kammer der Besinnung‘ bezeichnet wird, befinden sich auf dem Festland. Bei der Lage
der Stadt lassen sich dagegen einige Ähnlichkeiten mit dem realen Vorbild Achet-Aton feststellen. Die
‚Stadt des Aton‘ liegt ebenfalls an einem Fluss (vermutlich dem Nil) und hinter der Stadt sowie auf
dem gegenüberliegenden Ufer erhebt sich ein Gebirge.
Die ‚Stadt des Aton‘ im Spiel darf wohl als eine Art Idealbild einer ägyptischen Königsstadt für
Echnaton verstanden werden. Hier befindet sich mit einem großen Tempel für Aton, einem
königlichen Palst und sogar einem eigenen Schrein, der Echnaton gewidmet ist, alles, was der König
in seinem ewigen Leben benötigt.
Lange Zeit gab es für die Kunst in Ägypten strikte Regeln, an die sich die Künstler über Jahrtausende
hielten. So war es wichtig, dass all jene aus der Oberschicht mit makellosen Körpern dargestellt
wurden. Männer waren entweder ewig jung, mit schlanken Körpern und gebräunter Haut, oder im
Alter auch durchaus beleibt, was ihren Wohlstand und Erfolg repräsentieren sollte. Frauen waren
stets schön, blass und schlank. Nur in seltenen Fällen wurden sie im Alter mit Falten dargestellt.
144
Ubisoft (2018).
52
Besonders der Pharao war immer makellos. Er hatte ein schönes Gesicht und war athletisch. Diese
strenge Einhaltung der Regeln ging so weit, dass sogar Pharao Hatschepsut, die eine Frau war,
teilweise mit männlichem Körper und Gewand dargestellt wurde.145
Auch technisch folgte die Kunst lange Zeit demselben System. Damit die Proportionen der
Kunstwerke stets gleich waren, hatte man mit einem Raster gearbeitet. Das klassische Raster war
dabei 18 Blöcke hoch. Die Proportionen von Beinen, Torso und Kopf, sowie auch von der Kleidung,
waren nach diesen Blöcken definiert. In der sogenannten Amarna-Zeit wurde ein neues Rastersystem
mit insgesamt 20 Blöcken eingeführt. Dadurch veränderte sich auch das Aussehen der Figuren
drastisch. Der Kopf war groß, der Hals lang und schlank, dazu wurde die Taille schmaler, die Hüften
und das Gesäß breiter. Die Arme wurden lang und dünn gezeichnet und die Unterschenkel wurden
kürzer. Frauen wurden generell schlanker dargestellt als Männer.146
Besonders auffällig waren diese Veränderungen bei den Darstellungen des Königs:
„Sein schmaler Kopf, der auf einem langen, dünnen Hals saß, war jetzt in die Länge gezogen
[…]. Echnaton hatte jetzt mandelförmige Schlitzaugen, fleischige Ohrläppchen, ein sehr weit
heruntergezogenes Kinn, eine lange Nase, hohle Wangen, vorstehende Wangenknochen und
volle Lippen. […] [I]n bezug [sic!] auf seinen Körper hatte er sich nun in das glatte Gegenteil
des traditionellen männlichen Königs verwandelt: Schultern, Brust, Arme und Unterschenkel
waren schmächtig, das Schlüsselbein stand übermäßig hervor, und gleichzeitig waren die
Hüften breit, die Oberschenkel massig, die Brüste betont, die Taille schmal, der Bauch, der
über den anliegenden Faltenrock hervorquoll, aufgebläht.“147
Zusätzlich zu den veränderten Proportionen ließ sich Echnaton teilweise sogar als Urgott darstellen.
Bei Nofretete waren vor allem die Hüften betont, womit sie einer Muttergöttin ähneln sollte.
Zusätzlich zu den Veränderungen der körperlichen Proportionen wurde auch die Kleidung in den
Darstellungen revolutioniert. Frauen aus der Königsfamilie wurden mit durchsichtigen Kleidern
dargestellt.148
Mit der Zeit hat sich auch der Amarna-Stil weiterentwickelt. So änderten sich ca. ab dem 8. Jahr von
Echnatons Herrschaft die Darstellungen. Die extremen Körpermerkmale wurden etwas
zurückgenommen. Trotzdem folgte man weiterhin dem 20er-Raster, wodurch die Figuren immer
noch schlank und langgezogen wirkten. Besonders bei den Darstellungen der Nofretete sind die
Unterschiede bemerkbar. Sie wurde deutlich verfeinert abgebildet und wirkt im späteren Amarna-Stil
145
Tyldesley (1999), S. 143-144.
146
Habicht (2011), S. 133.
147
Tyldesley (1999), S. 144-145.
148
Habicht (2011), S. 135-136.
Zur Kunst während der Amarna-Zeit, siehe auch Frankfort (1929), Hornung (1971), Müller (1988), Laboury
(2011).
53
edler. Sie wird nun meist mit ihrer speziellen blauen Krone dargestellt. Ihr Kinn ist markant, ihr Hals
weiterhin sehr schmal und ihre Lippen nicht mehr so aufgebläht wie im früheren Stil. Ein Thema
wiederholt sich immer wieder in der Amarna-Kunst: Die Königsfamilie, welche den Aton in täglichen
Ritualen verehrt.149
Auch in der Baukunst gab es während der Amarna-Zeit große Veränderungen. Echnaton hatte schon
früh in seiner Regierungszeit Sandsteinminen südlich von Theben eröffnen lassen, um seinen Aton-
Tempel in Karnak zu bauen. Diese Minen wurden so angelegt, dass Blöcke mit dem Maß ½ x ½ x 1
ägyptische Elle150 abgebaut werden konnten. Diese neue Form von Steinblöcken wurde ‚Talatat‘
genannt. Sie konnten schnell abgebaut werden. Die Oberflächen wurden mit weißem Gips verputzt,
wodurch die Sandsteine am Ende wie weißer Kalkstein aussahen. Die Talatat-Steine waren einfach zu
gravieren und zu bemalen.151
Unter der Herrschaft von Haremhab und den Ramessiden wurde viel von der Kunst, welche an den
Aton-Kult erinnerte, zerstört. So hat man unter anderem auch im Aton-Tempel in Karnak zuerst die
Namen und teilweise auch die Darstellungen von Echnaton, Nofretete und Aton zerstört. Später
wurde der Tempel überhaupt zerlegt und die Talatat-Steine als Fundament für die Pylonen im großen
Amun-Tempel verwendet. Viele dieser Talatat-Steine konnten von den Ägyptologen Donald Redford
und Ray Winfield Smith geborgen und mit Hilfe von Computern zusammengesetzt werden.152
149
Habicht (2011), S. 136.
150
Ca. 27cm x 27xm x 54 cm
151
David C. D. Gansz, Art under Akhenaten and Nefertiti, New York 1982, S. 31.
152
Gansz (1982), S. 31.
54
Auch im Spiel sehen wir mehrere Darstellungen der Königsfamilie, die eindeutig auf dem Amarna-Stil
basieren. Sowohl die Proportionen der Figuren als auch die Anbetungsszenen, die dargestellt
werden, kann man als typisch für diese Periode bezeichnen. Die Spieleentwickler von Assassin’s
Creed: Origins haben sich hier sehr nahe an die Bilder, die aus den gefundenen Talatat-Steinen
rekonstruiert wurden, gehalten. Man kann auch Ähnlichkeiten zwischen dem Aussehen der
Architektur des ‚Großen Tempels des Aton‘ im Gebiet ‚Aton‘, sowie auch des ‚Palastes der Herrin der
Gnade‘ im ‚Iaru‘ und einer bildlichen Darstellung der Säulen des Aton-Tempels von Karnak, die
Redford und Smith aufgrund ihrer Funde rekonstruiert haben, sehen. Die hohen, weißen Talatat-
Mauern, welche mit zahlreichen, farbigen Darstellungen der Königsfamilie beim Anbeten des Aton
verziert sind, ähneln sehr stark dem Tempel und dem Palast.
Abbildung 12: Der 'Große Tempel des Aton' in der 'Stadt des Aton'
55
Abbildung 13: Künstlerische Rekonstruktion der Säulen im Aton-Tempel von Karnak
Eine weitere berühmte Darstellung aus der Amarna-Zeit ist die sogenannte ‚Petrie-‘, oder
‚Familienstele‘. Diese zeigt Echnaton und Nofretete, die sich unter den Strahlen des Aton
gegenübersitzen. Dabei sitzen sie auf Augenhöhe. Besonders an dieser Stele ist auch die Darstellung
der Kinder. Die drei dargestellten Töchter sitzen auf dem Schoß des Vaters oder der Mutter
beziehungsweise werden von ihnen gehalten. Die ganze Szene ist dynamisch dargestellt, was für die
ägyptische Kunst sonst ungewöhnlich ist. Hier wird die Familie intim und in ihrer Interaktion auch
realistisch dargestellt.153 In der traditionellen ägyptischen Kunst vor der Amarna-Zeit wurde die
Darstellung von Bewegung möglichst vermieden. Handlungen wurden dadurch gezeigt, dass man
153
Wedel (2005), S. 60.
56
mehrere Figuren nebeneinander abbildete.154 Auch die Darstellung von Emotionen, sowie das
Erzeugen eines Raumes wurde umgangen.155 Brewer und Teeter zweifeln allerdings am Realismus der
Abbildungen der königlichen Familie. Sie argumentieren, dass die Darstellungen inkonsistent seien
und der Fokus auf Echnaton, seine Frau und seine Kinder nur aus künstlerischen Zwecken und um die
religiöse Revolution Echnatons zu propagieren, gelegt wurde.156
154
Francesco Tiradritti, Ancient Egypt. Art, architecture and history, London 2002, S. 9.
155
Emily Teeter, Egyptian Art, in: Art Institute of Chicago Museum Studies 20 (1994), Heft 1, S. 14-31, hier: S.
15.
Siehe auch Tiradritti (2002) und Silverman (1997).
156
Douglas J. Brewer/Emily Teeter, Egypt and the Egyptians, Cambridge 2007, S. 206.
57
Die Szene auf der Stele findet man auch im Spiel wieder. Sowohl bei Echnaton als auch bei Nofretete
ziert diese Szene die Rückenlehne ihres jeweiligen Throns in ihren Jenseitsgebieten. Auch wenn die
Darstellung im Spiel etwas schmal und komprimiert ausfällt, kann man hier eindeutig erkennen, dass
sich die Spieleentwickler an dieser Abbildung der Familienstele orientiert haben.
58
4.3. Tutanchamun
4.3.1. Allgemeines
Nach dem Tod von König Semenchkare, wurde Tutanchamun157 im jungen Alter von ca. acht oder
neun Jahren auf den Thron Ägyptens gesetzt. Zu diesem Zeitpunkt hieß der junge Pharao noch
Tutanchaton. Er wurde mit der etwa zwölfjährigen Anchesenpaaton158 verheiratet. Treibende Kräfte
hinter diesen Entwicklungen waren vermutlich der ‚Gottesvater‘ Aja und der Militärgeneral
Horemheb.159
Schon in den vier Jahren zwischen Echnatons Tod und Tutanchamuns Thronbesteigung, welche aus
den Quellen nur schwer zu fassen sind, gab es erste Annäherungen an Amun und die alte Religion.160
Im Tempel von Karnak wurde eine Stele Tutanchamuns entdeckt, welche formell das Ende der
Amarna-Periode signalisiert. Auf ihr wurden Maßnahmen niedergeschrieben, welche ergriffen
wurden, um den alten Glauben an die Götter, besonders an Amun, wiedereinzusetzen.161 Auf der
Stele sind sowohl Amun-Re, als auch Mut dargestellt. Mut streckt Amun einen Arm zu, während sie in
der anderen Hand das Anch hält. Auch Amun hält ein Anch in der einen Hand sowie ein Zepter in der
anderen. Neben den Göttern ist Tutanchamun abgebildet, welcher diese verehrt.162
Neben den Veränderungen auf theologischer Ebene, wurden unter Tutanchamuns Herrschaft auch
Veränderungen in der Verwaltung durchgeführt. Vertreter der alten Elite wurden wieder in den
hohen Ämtern eingesetzt. ‚Gottesvater‘ Aja blieb allerdings, wie Habicht es beschreibt, „die Graue
Eminenz, der Richelieu Ägyptens“163 und lenkte die Politik im Namen des Königs.164
157
Zu Tutanchamun allgemein siehe Assmann (2004), Carter (1927), Desroches-Noblecourt (1971), El Mahdy
(2004), Hawass (2015), Hornung (2006), Reeves (2000).
158
Tochter des Echnaton und der Nofretete und somit eventuell eine (Halb-)Schwester von Tutanchamun.
159
Habicht (2011), S. 182.
160
Patrick Farsen, Der Grabschatz des Tutanchamun. Daten, Fakten und Literatur zu den wichtigsten Objekten
aus dem Königsgrab, München 2010, S. 10.
161
Eaton-Krauss (2016), S. 33.
162
Eaton-Krauss (2016), S. 36.
163
Habicht (2011), S. 186.
164
Habicht (2011), S. 186.
59
Etwa im zweiten Regierungsjahr änderte Tutanchaton schließlich seinen Namen in Tutanchamun.
Seine gesamte Titulatur lautet:
Auch Tutanchamuns Frau Anchesenpaaton änderte ihren Namen und nannte sich fortan
Anchesenamun, was bedeutet ‚Sie lebt durch Amun‘. Die Verfolgung der Alten Götter unter Echnaton
musste von der Gesellschaft wohl traumatisch erlebt worden sein. Dies lässt sich aus dem Text der
Restaurationsstele Tutanchamuns herauslesen:
„Die Tempel der Götter und Göttinnen von Elephantine bis zum Delta [waren vernachlässigt
und] im Begriff, einzustürzen; ihre Kapellen waren bedroht vom Verfall und zu Schutthügeln
geworden, überwachsen von Unkraut. Das Land machte eine schwere Krankheit durch: Die
Götter hatten sich von diesem Lande abgewendet. Wenn man ein Heer nach Palästina
schickte, um die Grenzen Ägyptens zu erweitern, dann konnte es nichts ausrichten. Wenn
man zu einem Gott oder einer Göttin betete, um ihn um etwas zu bitten, dann kam er
überhaupt nicht. Ihre Herzen waren schwach geworden in ihren Kultleibern“166
Mit dem Namenswechsel des Königspaares wurde dem Volk die Verbundenheit des Königshauses
zum Gott Amun und den alten Göttern demonstriert, zusätzlich wurde eine große Anzahl an Statuen
angefertigt, welche Tutanchamun gemeinsam mit dem Gott Amun darstellen. Somit war der
endgültige Wechsel zur alten Religion abgeschlossen.167
Noch im zweiten Regierungsjahr zog Tutanchamun mit seinem Hof nach Memphis um und gab Achet-
Aton auf. Die weiteren Ziele der Regierung waren unter anderem die Wiederherstellung der
Vormachtstellung in Vorderasien, die Stabilisierung des Verwaltungssystems und die Reparatur der
Schäden in den Tempeln durch Echnaton. Das Hauptziel war jedoch die Restauration der alten Kulte
und hier besonders des Amun-Kults. Auch die Bautätigkeit unter Tutanchamun war vielfältig. In
Theben wurde am Luxortempel und am Karnaktempel gebaut und in Theben-West wurde ein
165
Schneider (1994), S. 301.
166
Georges Legrain, La grande stele de Toutankhamanou à Karnak, in: Receuil des Travaux 29 (1907), S. 162-
173; übersetzt in: Wolfgang Helck, Die Prophezeiung des Neferti, Wiesbaden 1970, S. 46-47.
Siehe auch Assmann (2000).
167
Habicht (2011), S. 187.
60
Totentempel für Tutanchamun errichtet. Neben Theben sind auch Bauarbeiten in Memphis, in
Nubien und in Saqqara unter Tutanchamuns Regentschaft durchgeführt worden.168
Plötzlicher Tod
In seinem neunten Regierungsjahr starb Tutanchamun plötzlich. Zum Zeitpunkt seines Todes war er
etwa 18 Jahre alt. Untersuchungen seines Körpers ergaben verschiedene Ursachen, die zu seinem
Tod geführt haben können. An seinem Hinterkopf wurde ein Bluterguss festgestellt, welcher durch
einen Schlag oder einen Sturz verursacht worden sein könnte. Bei einer Computertomographie aus
dem Jahr 2008 wurde zusätzlich eine schwere Knieverletzung sichtbar. Möglicherweise war eine
Blutvergiftung nach einem Unfall die Ursache seines Ablebens. Die DNA-Analyse von 2010 brachte
weitere Ergebnisse. So wurde bei ihm eine Knochennekrose am linken Fuß festgestellt, welche die
Blutversorgung zum Knochen störte und zum Knochenabbau führte. Zudem litt Tutanchamun an der
Malaria Tropica, welche schlussendlich zu seinem Tod geführt haben könnte.169
Tutanchamun hatte keine Kinder, allerdings wurden zwei mumifizierte totgeborene Föten in seinem
Grab entdeckt. Nach Tutanchamun gelangte der mittlerweile 50-60 Jahre alte Aja, vermutlich durch
eine Heirat mit Anchesenamun, auf den Thron. Er leitete auch die Feierlichkeiten rund um die
Bestattung von Tutanchamun.170
In der Erweiterung ‚Fluch der Pharaonen‘ vererbte Echnaton seinem Sohn Tutanchamun den
‚Edenapfel‘, welchen sie als Aton verehrten. Tutanchamun wandte sich daraufhin allerdings vom
Monotheismus seines Vaters ab und führte den alten Glauben wieder ein. Das ‚Eden-Artefakt‘
überreichte er den Priestern des Amun, um die göttliche Ordnung zu erhalten. Nach seinem Tod
wurde er im Tal der Könige bestattet. Später manifestierte sich der Geist von Tutanchamun durch
einen Fluch in der Welt der Lebenden und attackierte die Bevölkerung. Der Spieler muss
Tutanchamun im Kampf besiegen und so seinen Geist erlösen.
Im Spiel befindet sich das Grabmal von Tutanchamun befindet sich im Südwesten des Tals der
Könige. Es liegt eher versteckt zwischen hohen Felswänden. Anders als bei den anderen Gräbern hat
dieses Grabmal keinen großen Eingang mit Statuen darauf, die auf den ‚Eigentümer‘ des Grabs
168
Farsen (2010), S. 13-15.
169
Habicht (2011), S. 192.
170
Farsen (2010), S. 17.
61
hinweisen. Der Eingang in das Grab ist schmal und schlicht gehalten. An der rechten Seite findet man
wieder eine Inschrift. Diese ist dieselbe, die man auch am Eingang zum Grabmal Nofretetes findet.
Das Eingangstor zum Grab Tutanchamuns ist kunstvoll bemalt mit verschiedensten Hieroglyphen. Das
Tor wirkt, als wäre es gewaltsam aufgebrochen worden. Hinter dem Tor befindet sich ein Korridor,
der in die Tiefe führt. Die Felswände des Ganges sind unbemalt. Am Ende des Korridors erreicht man
einen kleinen Raum, welcher bis an die Decke mit prachtvollen Grabbeigaben gefüllt ist - von
Schmuck über Schatzkisten, Gefäßen und Figuren bis hin zu kunstvollen Wagenrädern. Die Mauern in
diesem Raum sind, so wie der Korridor, unbemalt. In der Mitte des Raums liegt ein Pergament, auf
welchem steht: „Preiset König Tutanchamun, der den Glauben an die wahren Götter in ganz Ägypten
wiederhergestellt hat.“171 Westlich dieses Raumes befindet sich ein weiterer kleiner Raum, der
vollgestellt ist mit verschiedensten Grabbeigaben. Hier befindet sich auch eine kleine Stele. Auf
dieser steht geschrieben:
„Trotz seiner jungen Jahre hat Tutanchamun, Herrscher über die beiden Länder, zu den
Göttern unserer Ahnen gebetet und uns ihren Segen zurückgebracht. Möge Tutanchamuns
Name lange in Erinnerung bleiben!“172
Vom ersten Raum aus erreicht man in nördlicher Richtung die Grabkammer des Tutanchamun. In der
Mitte des Raums steht ein großer, steinerner Sarg. Dieser unterscheidet sich von den Särgen in den
anderen drei Grabmälern. Er ist deutlich größer, hat eine rötliche Färbung und ist, im Gegensatz zu
den anderen, künstlerisch verziert. An den vier Ecken des Sarges erkennt man weibliche Figuren,
welche ihre Arme zur Seite ausstrecken. Die Arme werden durch große Flügel verlängert. Neben
diesen Figuren befinden sich auch noch verschiedene Hieroglyphen auf dem Sarg. Ebenfalls anders
als bei den anderen Grabmälern, ist dieser Sarg ungeöffnet. Dieser Raum ist der einzige Raum im
Grabmal von Tutanchamun, in welchem Hieroglyphen, beziehungsweise Bilder auf den Wänden zu
sehen sind.
Die Westwand zeigt ein Motiv, welches an ein Raster erinnert. Mehrere waagerechte und senkrechte
Linien formen dieses Raster mit insgesamt 14 „Kästchen“. In den unteren zwölf Kästchen erkennt
man sitzende Affen. Neben diesen zwölf Affen sind in jedem Kästchen verschiedene Hieroglyphen zu
sehen. In den zwei Kästchen in der obersten Reihe sind zwei andere Motive zu erkennen. Das linke
Kästchen zeigt ein Boot, auf welchem ein Skarabäus sitzt. Zu beiden Seiten des Skarabäus knien zwei
männliche Figuren, welche den Skarabäus anzubeten scheinen. Das rechte Kästchen zeigt insgesamt
fünf Figuren. Die ersten beiden sind männlich, mit menschlichen Köpfen. Die mittlere Figur ist
171
Ubisoft (2018).
172
Ubisoft (2018).
62
männlich mit einem Falkenkopf. Die beiden rechten Figuren sind weiblich, was an den Kleidern
auszumachen ist, allerdings sind hier die Köpfe nicht mehr erkennbar. Zur rechten Seite des großen
Rasters ist ein weiteres Motiv zu erkennen. Hier befinden sich insgesamt fünf menschliche Figuren,
allerdings kann man hier nicht genau erkennen, was diese Figuren machen.
Die Szene an der Südwand ist nur schwer erkennbar, da der Großteil der Wand abgebröckelt ist. Hier
sind insgesamt drei Figuren zu auszumachen. Auf der linken Seite ist der Gott Anubis mit dem
Schakal-Kopf abgebildet. Die mittlere Person ist nicht konkret zu bestimmen, es handelt sich
allerdings um eine menschliche, männliche Figur. Die dritte Figur ist auch nicht identifizierbar, man
erkennt allerdings, dass es sich um eine weibliche Person handelt.
An der Ostwand sind drei Motive abgebildet. Rechts sieht man einen Sarkophag, der in einem
prachtvoll geschmückten Gebäude liegt. Über dem Sarkophag sind Hieroglyphen zu erkennen. In der
Mitte sieht man mehrere (ca. zwölf) menschliche Figuren. Diese ähneln sehr stark den menschlichen
Figuren an der Westwand. Das dritte Motiv an der Ostwand ist dasselbe Motiv, wie auf der Südwand,
allerdings ohne die Figur des Anubis.
An der Nordwand befinden sich insgesamt drei Szenen. Rechts sieht man zwei männliche Figuren. Die
linke Figur trägt ein weißes Gewand sowie die Atef-Krone. In den überkreuzten Händen hält sie
Krummstab und Geißel. Die rechte Figur trägt ein Leopardenfell und eine Art Werkzeug in der Hand.
Sie führt das sogenannte ‚Mundöffnungsritual‘173 durch. Das Motiv in der Mitte zeigt wieder zwei
menschliche Figuren. Die rechte Figur ist männlich, die linke ist weiblich. Sonst ist in diesem Motiv
nur wenig zu erkennen, da hier auch viel Farbe abgebröckelt ist. Die dritte Szene zeigt insgesamt drei
Figuren. Die rechte Figur ist männlich und trägt ein Symbol auf dem Kopf, welches einen Stier und
eine Art Falken darstellt. Die mittlere Figur ist ebenfalls männlich und trägt das Nemes-Kopftuch. Da
wir uns im Grabmal von Tutanchamun befinden, können wir davon ausgehen, dass es sich bei dieser
Figur um ihn handelt. Die dritte Figur, ganz links, stellt den Gott Osiris dar. Es scheint, als ob Osiris
Tutanchamun in dieser Szene im Jenseits willkommen heißt, da sich die beiden Figuren die Arme
entgegenstrecken.
173
Unter dem Mundöffnungsritual versteht man die Belebung und Beseelung von Dingen und Gegenständen
im kultischen Bereich. Ursprünglich wurde es an Statuen, später auch an Mumien vollzogen; siehe
Grieshammer (1982).
63
Abbildung 16: Die Nordwand in Tutanchamuns Grabkammer im Spiel; rechts erkennt man den Durchgang zu Nofretetes
Grab, links die Tür ins Jenseits
In der Ostwand befindet sich eine Tür in einen weiteren kleinen Raum, in welchem wieder unzählige
Grabbeigaben abgestellt wurden. Hier findet man auch eine Art Schrein, mit einem kleinen,
liegenden Schakal darauf. Eine Inschrift auf diesem Altar verheißt: „Wäger der Herzen, Herr des
heiligen Landes. Gott ohne Tempel. Anubis, wir ehren dich.“174
Ein schmaler Spalt am Boden an der Nordmauer der Grabkammer führt in einen langen Korridor.
Wenn man diesem folgt, erreicht man das Innere des Grabmals von Nofretete.
An der Westwand der Grabkammer findet man den Eingang zum Jenseits. So wie in den drei
Grabkammern davor ist dieser ein schmaler Spalt, durch den ein dämmriges Licht scheint und ein
Flüstern schallt.
174
Ubisoft (2018).
64
4.3.3. Tutanchamuns Grab in der Realität (KV62)
KV62 ist ein vergleichsweise kleines Grab, das über 3.000 Jahre lang unversehrt blieb. Erst 1922
wurde das Grab von Howard Carter entdeckt und die Versiegelung aufgebrochen. Wahrscheinlich
wäre für Tutanchamun ursprünglich ein Grab im westlichen Tal in der Nähe des Grabes von
Amenophis III. geplant gewesen, jedoch verstarb Tutanchamun unerwartet in jungem Alter. Das
Team des ‚Theban Mapping Project‘ geht davon aus, dass man aus diesem Grund Tutanchamun in
dem Grab im Haupttal beisetzte, welches eigentlich für den hohen Beamten Aja geplant gewesen
wäre. Aja, der nach Tutanchamun den Thron bestieg, wählte später das Grab im westlichen Tal (WV
23), um dort beigesetzt zu werden.175
175
Theban Mapping Project, 1997-2002, [http://kv5.de/html_german/intro_german.html], eingesehen
5.3.2020.
65
Der Eingang zu Tutanchamuns Grab wurde direkt in den Talboden geschlagen. Auf den Eingang des
Grabes wurde bei verschiedenen Bautätigkeiten im Tal Schutt abgeladen. Dadurch geriet das Grab in
Vergessenheit und es wurden während der Ramessiden-Zeit Arbeiterhütten darüber gebaut.176
16 Stufen führen in einen Korridor, welcher in die sogenannte Vorkammer führt. In dieser Kammer
wurden mehr als 600 bis 700 Objekte gefunden. Die Wände der Kammern, ausgenommen der
Grabkammer, sind nur sehr grob bearbeitet. In der Westwand der Vorkammer befindet sich ein
kleiner Durchgang zu der Nebenkammer. Richtung Norden grenzt direkt an die Vorkammer die
Grabkammer. Diese liegt etwas tiefer als die Vorkammer. An der Decke kann man
Meißelmarkierungen erkennen, welche wie eine Verlängerung der Westwand der Vorkammer
wirken. Diese könnten darauf hinweisen, dass die Vorkammer ursprünglich länger war, später jedoch
der Raum nach Westen erweitert wurde und so die Grabkammer entstand. In der Ostwand der
Grabkammer befindet sich ein Durchgang in die Schatzkammer. Hier fand man neben Tutanchamuns
Kanopenschrein über 500 weitere Grabbeigaben.177
176
Theban Mapping Project, 1997-2002, [http://kv5.de/html_german/intro_german.html], eingesehen
5.3.2020.
177
Theban Mapping Project, 1997-2002, [http://kv5.de/html_german/intro_german.html], eingesehen
5.3.2020.
66
Abbildung 19: Foto der Vorkammer bei der Entdeckung des Grabes
Howard Carter beschreibt die Malereien an den Wänden in der Grabkammer. An der Ostwand sieht
man den Leichenzug des Tutanchamun. Der Leichnam des Königs befindet sich in einem Schrein,
welcher auf einem Boot steht. Das Boot wird von Höflingen gezogen. Vor dem Schrein auf dem Schiff
sitzt eine Sphinx, während vor und hinter dem Schrein die Göttinnen Nephthys und Isis trauern. Ein
Zug aus Höflingen und Staatsbeamten befindet sich vor dem Boot. Auf einer Inschrift wird
beschrieben, dass der Zug mitsamt dem ‚Osiris König Tut-ench-Amun‘ nach Westen zieht. An der
Nordwand sehen wir laut Carter an der Ost-Ecke Tutanchamuns Nachfolger Aja, der mit dem
Leopardenfell des Sempriesters bekleidet ist. Er vollzieht das ‚Mundöffnungsritual‘ an dem Osiris-
Tutanchamun zu seiner Linken. Auf dem Tisch zwischen den beiden erkennt man mehrere
Ritualgegenstände. Das mittlere Motiv der Nordwand zeigt Tutanchamun, welcher eine Perücke,
Stirnbinde und einen weißen Schurz trägt.178 Er steht vor der Göttin Nut, welche „Gesundheit und
Odem seinen Nasenlöchern spendet“.179 Das dritte Motiv an der Nordwand zeigt in der Mitte
Tutanchamun, gefolgt von seinem ‚Ka‘, wie er Osiris umarmt. Die Westwand zeigt Kapitel des
Unterweltbuches ‚Amduat‘180. Sie zeigen die Cheprebarke des Re, eine Prozession von fünf
Gottheiten, die Carter als Maat, Nebt-uba, Heru, Ka-schu und Nehes bezeichnet, sowie mehrere
Hundskopfaffen.181 Diese Affen symbolisieren die zwölf Stunden der Nacht. Bei der Szene handelt es
178
Howard Carter, Das Grab des Tut-ench-Amun, Wiesbaden 1973, S. 107-108.
179
Carter (1973), S.108.
180
Das Amduat wird im Kapitel ‚Zyklus der Duat‘ näher erklärt.
181
Carter (1973), S. 108.
67
sich um die vierte Stunde des Buchs von Amduat.182 Die Südwand zeigt den König mit verschiedenen
Gottheiten. In der westlichen Ecke ist er von Isis und Anubis umringt. Hinter Anubis erkennt man
wieder Isis, begleitet von drei Gottheiten der Unterwelt.183 Dabei wird hier das Anch-Ritual
dargestellt. Dieses Königsritual stellt dar, wie der König von den Göttern die Gabe von ewigem Leben
und Wiedergeburt erhält, als Gegenleistung für seine während der Lebzeiten geleisteten Dienste. Im
Gegensatz zu Carter identifiziert Vannini hier allerdings die abgebildete Göttin nicht als Isis, sondern
als Hathor184, welche dem Pharao das ewige Leben (Anch) spendet.185
Der Steinsarkophag, der in der Grabkammer des Tutanchamun gefunden wurde, besteht aus Quarzit.
An den vier Ecken des Sargs befinden sich die geflügelten Figuren der Göttinnen Isis, Nephthys, Neith
und Selket.186
Die Grabkammer des Tutanchamun, wie sie im Spiel dargestellt wird, hält sich sehr genau an das
Original. Der Steinsarkophag in der Mitte des Raumes entspricht optisch dem Original. Die Motive
der jeweiligen Wände sind den echten Malereien nachempfunden, auch wenn es leichte
Abweichungen gibt. So findet man im Spiel an der Westwand einen Teil des Motivs der Ostwand,
während auf der Ostwand das Motiv der Südwand wiederholt wird. An der Südwand wird im Spiel
das Anch-Ritual dargestellt, jedoch fehlt das von Carter beschriebene Motiv von Isis mit den drei
Gottheiten der Unterwelt. Die Motive der Nordwand stimmen mit den Malereien in der Realität
überein, wobei hier allerdings das linke Motiv von Osiris, welcher den Pharao empfängt in der
östlichen Ecke wiederholt wird. Darunter finden wir ein Loch, welches in einen weiteren Gang hin zu
Nofretetes Grabmal führt. Dieser Durchgang ist in der realen Grabkammer nicht gegeben.
Das Grabmal im Spiel hält sich genau an den Grundriss des realen Grabes. Gang, Vorkammer,
Seitenkammer, Grab- und Schatzkammer sind dem Aufbau des echten Grabmals entsprechend
angeordnet und auch die geografische Ausrichtung entspricht der des realen Vorbilds. Auch bei den
Grabbeigaben scheinen sich die Spieleentwickler stark an den Original-Fotografien der Entdeckung
des Grabs zu orientieren. Die Malereien in der Grabkammer entsprechen den Malereien im Original,
jedoch wurde die Anordnung der Szenen etwas abgeändert. Auch kommen manche Szenen doppelt
182
Vannini (2018), S. 381.
183
Carter (1973), S. 108.
184
Die Göttinnen Hathor und Isis waren schon im Alten Reich sehr eng miteinander verknüpft. Später
verschmolzen ihre Darstellungen förmlich und eine Unterscheidung war lediglich durch ergänzende
Beschreibungen möglich; siehe Bergmann (1980).
185
Vannini (2018), S. 147.
186
Vannini (2018), S. 196.
68
vor, während andere komplett fehlen. Die Lage des Grabs im Spiel stimmt nicht mit der Lage des
Originalgrabs im Tal der Könige überein. Während sich der Eingang in das Grab im Spiel in einer
engen Schlucht im Südwesten des Tals befindet, liegt das Original zentral im Talkessel.
Osiris ist der Herrscher des Totenreiches. Er wurde der Legende nach von seinem Bruder Seth
getötet. Die Göttinnen Isis und Nephthys haben seinen Körper entdeckt und ihn vor der Verwesung
bewahrt, dabei wurde Osiris wiederbelebt. Er gilt deshalb als Triumphator über den Tod. Der
darauffolgende Prozess vor dem Göttergericht wurde zugunsten des Osiris entschieden und Seth
verurteilt. Auch die Fehde zwischen Horus und Seth ist Teil des Osiris-Mythos.187
In einer Version des Mythos wurde Osiris ertränkt, weshalb der Tod durch Ertrinken lange Zeit als
‚gesegnet‘ betrachtet wurde. Generell ist der Tod mit dem Osiris-Kult verbunden und die frühen
Bestattungsrituale der Könige beziehen sich auf den Osiris-Mythos. Das Klagen der Frauen,
Mumifizierung und das Mundöffnungsritual lassen sich darauf zurückführen. Auch das
Einbalsamieren und der Glaube an ein Leben nach dem Tod stehen in Verbindung mit dem Mythos.
188
Osiris ist auch stark mit dem Königtum verbunden. Während der amtierende Pharao mit dem Gott
Horus gleichgesetzt wird, wird der verstorbene Pharao mit Osiris gleichgestellt. Ein Pharao amtiert
auch nach seinem Tod als Herrscher im Totenreich. Später wurde diese Identifikation mit Osiris auch
auf nicht-königliche Verstorbene ausgeweitet und der Gott wurde generell als Symbol der
Unsterblichkeit angesehen. Osiris dient als ‚Identifikationsgott‘ für die Verstorbenen, da er über den
Tod triumphiert hat. Die Gläubigen sollen sein Schicksal teilen, selbst wie Osiris werden und ebenso
den Tod überwinden. Dabei spielt Osiris allerdings nur eine passive Rolle. Er selbst fungiert nicht als
‚Retter‘, sondern wird selbst gerettet. Die Rolle des Retters übernimmt, je nach Mythos, Horus oder
Isis. Eine aktive Rolle spielt Osiris im Jenseitsgericht. Ab dem Neuen Reich wird Osiris als oberster
Richter bei dem Wiegen des Herzens dargestellt. Er wird als der Herrscher der Maat, der
personifizierten Weltordnung und Göttin der Wahrheit und Gerechtigkeit, gesehen.189
Die älteste Darstellung des Osiris ist aus der 5. Dynastie erhalten. Diese zeigt den Gott in
menschlicher Form mit einer göttlichen Perücke. Osiris wird fast ausschließlich in seiner Mumienform
187
John G. Griffiths, Osiris, in: Wolfgang Helck/Wolfhart Westendorf (Hrsg.), Lexikon der Ägyptologie (Band IV),
Wiesbaden 1982, Sp. 623-633, hier Sp. 626.
188
Griffiths (1982), Sp. 626-627.
189
Griffiths (1982), Sp. 627-629.
69
dargestellt, was sich auf seinen Mythos und seine Rolle im Bestattungskult bezieht. Im Mittleren
Reich wurde er oft mit der weißen Krone von Oberägypten dargestellt, was eine Herkunft aus
Oberägypten vermuten lässt. Später wird er auch mit anderen Kronen, wie zum Beispiel der ‚atef-
Krone‘ dargestellt. In den Händen hält Osiris oft Geißel und Krummstab. In farbigen Darstellungen
des Gottes wird seine Haut meist in einem Grünton, beziehungsweise einem dunklen Farbton
dargestellt.190
Isis gehört zu den berühmtesten ägyptischen Gottheiten. Vor allem in der Spätzeit bekam sie immer
mehr Bedeutung und gilt in der antiken Welt als die ägyptische Göttin schlechthin. Die erste
namentliche Erwähnung von Isis ist in den erhaltenen Quellen aus der 5. Dynastie bezeugt. Bildlich
erstmals belegt ist sie allerdings erst in der 18. Dynastie. Der Ursprung und die ersten Entwicklungen
rund um Isis sind aufgrund der spärlichen Dokumentation aus früheren Zeiten weitgehend
unbekannt.191
Isis gilt als Herrscherin über das Mysterium des Lebens und genießt eine besondere Stellung in der
ägyptischen Götterwelt. Sie besitzt sowohl lebensschaffende als auch lebensbewahrende Funktionen
und ist im Mythos eng mit Osiris und Horus verbunden, welche wiederum in ihrer Rolle als
„Identifikationsgötter“ eine enge Verbindung zu den Menschen aufweisen. Isis dient als Vermittlerin
zwischen den Toten und den Lebenden. In einer mythischen Erzählung übernimmt Isis die Führung
der Götterwelt, nachdem sie den geheimen Namen des alternden Sonnengottes Re erfährt. Ihren
hohen Rang unter den Göttern beweist auch die Tatsache, dass Isis in vielen Inschriften einfach ‚die
Göttin‘ oder ‚die Göttliche‘ genannt wird. Durch viele Gleichstellungen mit anderen Göttinnen zeigen
sich auch die vielen Attribute, die ihr zugeschrieben werden.192
Gemeinsam mit Nephthys spielt Isis eine wichtige Rolle im Bestattungsritual, wo sie mehrere
Aufgaben erfüllt. Sie ist zuständig für die Namensmeldung des Verstorbenen bei der Überfahrt zur
Nekropole, für die Reinigung des Toten im Reinigungszelt, sowie für verschiedene Handlungen in der
Balsamierungsstätte. Weiters folgt das Klagen, Belebungsakte, Schutz, Jubel, Aufgaben bei der
Mundöffnungszeremonie und mehr. Isis gilt als eine der Schutzgöttinnen des Sarges und der
Kanopen.193
190
Griffiths (1982), Sp. 627-628.
191
Jan Bergmann, Isis, in: Wolfgang Helck/Wolfhart Westendorf (Hrsg.), Lexikon der Ägyptologie (Band III),
Wiesbaden 1980, Sp. 186-203, hier: Sp. 186.
192
Bergmann (1980), Sp. 191-192.
193
Bergmann (1980), Sp. 193-194.
70
Die Göttin wird üblicherweise anthropomorph dargestellt. Sie thront oder steht und hält ein Anch-
Zeichen sowie ein Uas- oder Papyruszepter in den Händen. Als hauptsächliches Kennzeichen trägt Isis
das Thronzeichen auf dem Haupt. Ab dem Neuen Reich wird sie auch mit dem Hauptschmuck der
Hathor, den Hörnern der Kuh und der Sonnenscheibe auf einem Kranz von Uräusschlangen, oder
auch mit der Geierhaube, welche als Zeichen der Göttin Mut und der Königinnen gilt, dargestellt. Als
Gattin des Osiris sieht man Isis auf Abbildungen oft mit erhobenen Armen, welche teilweise auch mit
Flügeln bestückt wurden, hinter Osiris stehen. In der Spätzeit wird Isis auch als stillende Mutter mit
Horus als Kind dargestellt. In ihrer Funktion als Klagefrau ist Isis meist zusammen mit Nephthys in
Vogelgestalt an der Seite des jeweiligen Verstorbenen dargestellt. In der Spätzeit wird Isis auch oft
mit mehreren kuhgestaltigen Göttinnen gleichgestellt. Auch die Schlange gilt als eine der Tierformen
der Isis und lässt sich vermutlich auf die Uräusschlange zurückverfolgen. Durch die Gleichstellung der
Isis mit der Göttin Selket wird ihr auch das Attribut des Skorpions zugeschrieben. Weitere Formen
der Isis beinhalten das Nilpferd, die Löwin oder auch den Baum.194
Nephthys ist eine Göttin, welche vor allem in der Osiris-Sage beschrieben wird. Dort wird sie als Frau
des Seth bezeichnet, ist Osiris jedoch mehr verbunden als ihrem Mann. Gemeinsam mit Isis fungiert
sie als Klagefrau und Beschützerin des toten Osiris, sowie des Horus. Aufgrund des dualistischen
Denkens der Ägypter, tritt Nephthys meist gemeinsam mit Isis auf. Außerhalb dieser Dualität wird
Nephthys nur sehr selten erwähnt.195
Gemeinsam mit Isis spielt Nephthys vor allem im Totenkult eine Rolle als Klagefrau. Dazu wird sie
neben Isis, Selket und Neith als Kanopenschutzgöttin beschrieben und in geflügelter Form oft auch
auf Särgen dargestellt. Nephthys wird als menschengestaltige Frau mit dem Schriftzeichen ihres
Namens auf dem Haupt dargestellt.196
Hathor vereint zwei verschiedene Vorstellungen in sich. Einerseits wird sie als kuhgestaltige
Himmelsgöttin, auf deren Bauch die Gestirne zu sehen sind, dargestellt, andererseits wird sie als
Falkengöttin und Frau des Horus gesehen. Hathor gilt als Göttin der Freude, des Tanzes und der
Musik und auch als Totengöttin wurde sie verehrt. Unter dem Namen Hathor wurden vermutlich
mehrere ähnliche Lokalgöttinnen zusammengefasst, wodurch sie vielerorts verehrt wurde. Sie wurde
194
Bergmann (1980), Sp. 189-191.
195
Erhart Graefe, Nephthys, in: Wolfgang Helck/Wolfhart Westendorf (Hrsg.), Lexikon der Ägyptologie (Band
IV), Wiesbaden 1982, Sp. 457-460, hier: Sp. 458.
196
Graefe (1982), Sp. 458.
71
neben ihrer Kuhgestalt auch vielfach menschengestaltig mit Kuhhörnern und Sonnenscheibe auf dem
Haupt dargestellt. Mit Hathor wurden auch verschiedene Baumkulte verbunden.197
Nut ist die menschengestaltige Himmelsgöttin in der ägyptischen Göttervorstellung. Sie gilt als die
Personifikation des Himmels. Sie trägt die Himmelsgestirne und gebärt jeden Tag erneut die Sonne,
welche sie am Abend zuvor verschlungen hat. Auch die Sterne gebärt sie jede Nacht aufs Neue.
Gemäß der heliopolitanischen Weltschöpfungslehre trennte Schu seine Kinder Geb (die Erde) und
Nut, welche er als Himmel erhob. Im Totenkult spielt Nut eine wichtige Rolle, da der Tote hofft, dass
er nach seinem Tod, genauso wie Nut, von Schu erhoben wird und seinen Platz in Form eines Sternes
in beziehungsweise bei Nut einnimmt. Der Tote wird von Nut umsorgt und beschützt. Weiters fügt
sie die Glieder des Toten zusammen, reinigt ihn, kümmert sich um seine Opfer, öffnet ihm die
Himmelstüren, rechtfertigt ihn vor dem Jenseitsgericht, spendet Wasser und Luft und verhindert,
dass er ein zweites Mal stirbt. Im Neuen Reich wird sie unter anderem auch ‚Herrscherin der
Unterwelt‘ genannt.198
Nut wird oft nackt, in vornübergebeugter Position auf Zehen- und Fingerspitzen aufgestützt
dargestellt. Dabei befindet sich ihr Unterleib im Osten und ihr Kopf im Westen. Ihr Körper ist mit
Sternen übersät. Sie wird aber auch aufrechtstehend dargestellt. Dabei erhebt sie meist die Arme
unter dem Himmel. Sie trägt die Sonnenscheibe entweder in den Händen oder auf ihrem Kopf.
Andere Darstellungen zeigen sie auf einem Thron sitzend, mit Geierhaube, Kuhgehörn und
Sonnenscheibe auf dem Haupt, sowie mit Zepter und Anch-Zeichen in den Händen. Auch als
Baumgöttin wird sie dargestellt, wobei sie entweder neben einer Sykomore steht oder selbst als
Stamm aus dem Boden wächst. Auf Särgen sieht man Nut oft stehend oder kniend mit
ausgebreiteten Flügeln.199
Anubis gilt bereits seit frühgeschichtlicher Zeit als der Gott der Nekropole. Diese Charakterisierung
dürfte sich aus Beobachtungen ergeben haben, in denen man Hunde, Schakale und Füchse am
Wüstenrand sah, welche sich an Bestattungen zu schaffen machten. Aufgrund dieser Eigenart der
Hunde wurde Anubis zum Wächter der Toten. Als Herr der Nekropolen wurde Anubis auch als
„Bestatter“ bezeichnet. In verschiedenen Totengebeten wird Anubis als „Herr des Totenreiches“
angerufen. Anubis ist einer der Totenrichter und hat die Aufgabe, die Herzen zu zählen. Gemeinsam
mit Thot leitet er das Jenseitsgericht. Anubis wiegt das Herz des Toten gegen die Wahrheit ab und
197
Helmut Freydank/Walter F. Reinke/Maria Schetelich/Thomas Thilo (Hrsg.), Lexikon Alter Orient. Ägypten –
Indien – China – Vorderasien, Wiesbaden 1997, S. 181-182.
198
Dieter Kurth, Nut, in: Wolfgang Helck/Wolfhart Westendorf (Hrsg.), Lexikon der Ägyptologie (Band IV),
Wiesbaden 1982, Sp. 535-541, hier: Sp. 535-537.
199
Kurth (1982), Sp. 536.
72
Thot schreibt das Ergebnis auf. Die wichtigste Aufgabe des Anubis bei der Bestattung ist die
Versorgung und Balsamierung des Leichnams. Anubis mumifiziert den Leichnam in der
„Balsamierungshalle“ und reinigt ihn in der „Gotteshalle“.200
Anubis wird in Menschengestalt mit schwarzem Hundekopf dargestellt. Er gehört neben Upuaut und
Chontamenti zu den sogenannten Canidengöttern. Anubis wird auch oft komplett in Hundeform, auf
dem Bauch liegend, dargestellt. Diese Form findet sich meist auf einem Kasten, dort fungiert er als
Wächter über die Geheimnisse und über alles, was mit dem Sarg und den Kanopenkästen
zusammenhängt.201
Neith war in ihrer ursprünglichen Form eine Jagd- und Kriegsgöttin. Dies lässt sich vor allem durch
ihre Attribute Pfeil und Bogen erschließen. Auch in einem Jagdlied wurde sie angerufen. Sie trägt die
Rote Krone Unterägyptens, was anzeigt, dass sie in diesem Bereich eine Königsgöttin war. Neith wird
oftmals als Göttin ‚die die Wege öffnet‘ beschrieben. Durch diese Ergänzung wird sie in enge
Beziehung mit dem Geleitgott Upuaut gesetzt. Mit diesem Zusatz wird sie auch als Kriegsgöttin
gesehen, da sie dem Pharao den Weg zum Sieg öffnen soll. Als Schutzgöttin wehrt Neith die Feinde
ab und sorgt auch für den Schutz für die Toten. In dieser Funktion wird sie gemeinsam mit Isis,
Nephthys und Selket erwähnt.202
Neith wird auch als Wassergöttin verehrt. Sie wird als Göttin der Urflut und als weibliche
Entsprechung des Gottes Nun gesehen. In dieser Form verschmilzt sie in der Spätzeit mit der Göttin
Mehet-weret, der ‚großen Flut‘. Damit wird Neith zur Urgöttin, die am Anfang der Welt stand. Aus
sich selbst heraus erschafft sie in dieser Form die Götter und wird mit dem Zusatz ‚Vater der Väter,
Mutter der Mütter‘ bezeichnet.203
Selket204
Maat war ursprünglich ein konzipierter Begriff, welcher die Weltordnung bezeichnen soll. In der
ägyptischen Vorstellung war diese ‚Ordnung‘ statisch und war von Anfang an vollendet. Mit der
Übernahme der Weltherrschaft durch Re, wurde dieser zum ‚Herrn der Maat‘. Ab diesem Zeitpunkt
200
Brigitte Altenmüller, Anubis, in: Wolfgang Helck/Eberhard Otto (Hrsg.), Lexikon der Ägyptologie (Band I),
Wiesbaden 1975, Sp. 327-333, hier: Sp. 327-329.
201
Altenmüller (1975), Sp. 327.
202
Robert Schlichting, Neith, in: Wolfgang Helck/Wolfhart Westendorf (Hrsg.), Lexikon der Ägyptologie (Band
IV), Wiesbaden 1982, Sp. 392-394, hier: Sp. 392-393.
203
Schlichting (1982), Sp. 393-394.
204
Siehe dazu Frédérique von Känel, Selqet, in: Wolfgang Helck/Wolfhart Westendorf (Hrsg.), Lexikon der
Ägyptologie (Band V), Wiesbaden 1984, Sp. 830-833.
73
wird die Maat auch mythologisch darstellbar. Sie wird als anthropomorphe Göttin mit einer Feder auf
dem Haupt dargestellt. Teilweise wird sie hieroglyphisch durch die Feder allein abgekürzt.205
Maat gilt als eine Teilmacht des Re, wurde allerdings nicht in die Götterneunheit von Heliopolis
aufgenommen. Dies liegt vermutlich daran, dass die Personifizierung der Maat erst nach der
Entstehung dieses Systems stattfand. Neben Re werden später auch andere Götter als ‚Herr der
Maat‘ genannt, unter anderem Ptah, Horus oder auch Thot. Besondere Erwähnung findet Maat im
Totengericht. Hier werden die Taten der Verstorbenen gegen das Bild der Maat abgewogen. Aus
diesem Grund wird sie als Herrin des Totenreiches gesehen. In dieser Position wird sie auch oft mit
Hathor verbunden.206
Die Maat bezeichnet über lange Strecken der ägyptischen Geschichte das Hauptprinzip der Welt und
des Staates. Der König allein kennt die Forderungen der Maat und reicht diese weiter. Die Grundlage
des Staates war der Glaube an das Bestehen der Maat, sowie die Überzeugung, dass die Weltgesetze
durchgeführt werden. Die Maat selbst wird allerdings zu keinem Zeitpunkt konkret dargelegt. Die
Definition des Begriffes bleibt unklar und dürfte sich im Laufe der Zeit verändert haben. Dies lässt
sich vermutlich darauf zurückführen, dass die Maat nie richtig offenbart wurde, sondern stets vom
‚Herrn der Maat‘, also dem König, interpretiert wurde.207
Die Inspiration der Spieleentwickler für den Durchgang an der Nordwand zu Nofretetes Grab dürfte
eine Theorie des Ägyptologen Nicholas Reeves sein. Dieser argumentiert, dass es sich bei
Tutanchamuns Grab (KV62) ursprünglich um das Grab von Nofretete handelt.208 2015 veröffentlichte
Reeves eine Arbeit, in welcher er mehrere Argumente nennt, um diese Theorie zu untermauern. Das
erste Argument stellt die Grundstruktur des Grabes dar. Das schmale Korridor-Grab hat die Form
eines ‚L‘, welches nach rechts ausgerichtet ist. Das ist ein Anzeichen dafür, dass es sich ursprünglich
um ein Königinnengrab gehandelt hat, da Gräber für Könige üblicherweise nach links ausgerichtet
waren. Zwei Faktoren lassen darauf schließen, dass jene Königin, welche hier begraben wurde, vollen
Pharao-Status besaß. Zum einen nennt Reeves die Malereien auf der Nordwand der Grabkammer,
welche aus einer Zeit vor Tutanchamuns Tod stammen. Zum anderen die von ihm vermuteten
205
Wolfgang Helck, Maat, in: Wolfgang Helck/Wolfhart Westendorf (Hrsg.), Lexikon der Ägyptologie (Band III),
Wiesbaden 1980, Sp. 1110-1119, hier: Sp. 1110-1111.
206
Helck (1980), Sp. 1111-1112.
207
Helck (1980), Sp. 1115-1116.
Zur Maat siehe auch Assmann (2006).
208
Nicholas Reeves, The Decorated North Wall in the Tomb of Tutankhamun (KV62) (The Burial of Nefertiti? II).
with A Review of the Geophysical Data by George Ballard, o.O. 2019, S. 12.
74
verschlossenen und verdeckten Korridore, welche zu Kammern mit Schreinen weiterführen dürften,
die der Pharaonin gewidmet sind. Aus diesen Gründen vermutet Reeves, dass es sich bei
Tutanchamuns Grab ursprünglich um das Grab der Nofretete handelt.209
Bezüglich der von ihm vermuteten weiterführenden verdeckten Korridore und Kammern,
argumentiert Reeves mit den Ergebnissen von Scans der Grabkammer, die von Factum Arte, einem
spanischen Unternehmen, durchgeführt wurden. Besonders die West- und die Nordwand zeigen hier
laut Reeves signifikante Anzeichen. An der Westwand lassen sich in den Scans Vertiefungen
erkennen, welche laut Reeves keinen natürlichen Ursprung haben können. Er erkennt darin einen
Durchgang, welcher künstlich verschlossen wurde. Die Größe dieses Durchgangs entspricht der des
Durchganges zwischen der Vorkammer und der Seitenkammer in Tutanchamuns Grab. Reeves
vermutet hinter der Westwand der Grabkammer eine weitere Seitenkammer, welche als Stauraum
für Grabbeigaben dienen sollte. Als weiteres Argument nennt Reeves auch die Anzahl der
Seitenkammern. Dass in Tutanchamuns Grab nur zwei Seitenkammern existieren, sei für die 18.
Dynastie untypisch. Üblicherweise wurden zu dieser Zeit vier Seitenkammern eingerichtet.210 Auch in
der Nordwand erkennt Reeves auf den Scans künstlich entstandene Vertiefungen, die auf einen
versiegelten Durchgang hinweisen sollen. Diese befinden sich am östlichen Ende der Nordwand. Hier
erwähnt er auch, dass die Breite dieses verschlossenen Durchgangs der Breite der Vorkammer
entspricht und auf der gleichen Linie wie diese verläuft. Hier stellt Reeves die Theorie auf, dass die
Vorkammer und die Grabkammer ursprünglich keine abgetrennten Räume waren, sondern ein langer
Korridor, welcher eigentlich noch weiter in das ursprüngliche Grab führte. Dieser Korridor wurde
schlussendlich abgetrennt und der hintere Teil in Richtung Westen erweitert, woraus dann die
Grabkammer entstand. Aufgrund dieser Argumente behauptet Reeves, dass es sich bei dem Grab
ursprünglich um ein deutlich größeres, nach rechts ausgerichtetes Korridorgrab einer Königin
handelt, welches hinter der Nordwand der jetzigen Grabkammer weiterführt.211
Reeves Behauptungen stießen unter einigen Ägyptologen auf Skepsis. In einem Interview mit der
Zeitschrift ‚Al-Ahram Weekly‘ bezeichnet Zahi Hawass Reeves Studie als Theorie, welche nicht auf
archäologischen oder wissenschaftlichen Beweisen basiert, sondern lediglich auf Publicity abzielt. Die
Studie sei reine Spekulation, da sie sich nur auf Scans stützt und nicht auf Feldarbeit direkt im Grab.
Weiters argumentiert Hawass, dass das klassische architektonische Design von Gräbern aus dem 18.
Jahrhundert zwei Grabstätten innerhalb eines Grabes nicht zulassen würde. Das wäre ein Phänomen
209
Nicholas Reeves, The Burial of Nefertiti?, Tucson 2015, S. 11.
210
Reeves (2015), S. 5-6.
211
Reeves (2015), S. 7.
75
der 19. Dynastie. Als weiteres Gegenargument nennt Hawass den Fakt, dass die Priester des Amun es
nicht zugelassen hätten, dass Nofretete im Tal der Könige beigesetzt werden würde, da sie eine
Häretikerin war, welche die Religion des Amun ablehnte.212
Mamdouh Eldamaty, der damalige Minister der Antikenverwaltung, meinte, man müsse die Theorie
mit Reeves und anderen Ägyptologen besprechen. Er glaube allerdings nicht daran, da es
wahrscheinlich ist, dass sich Nofretetes Grab nicht im Tal der Könige, sondern in Al-Amarna
befinde.213 Auch Aidan Dodson von der University of Bristol lehnt Reeves Studie ab, da sie seiner
Meinung nach unlogisch sei. In einem Interview mit dem Online-Magazin ‚Live Science‘ meint er: „All
we’ve actually got are a bunch of scratches on a wall.”214 Auch Salima Ikram von der American
University in Kairo ist skeptisch, da sie nicht glaubt, dass Howard Carter, der über zehn Jahre in
Tutanchamuns Grab gearbeitet hatte, einen solchen versteckten Durchgang nicht entdeckt hat,
obwohl ihm bewusst war, dass es in solchen Gräbern verschlossene Türen gibt, die hinter
Wandmalereien versteckt sind.215
Trotz der Kritiken hält Reeves an seiner Hypothese fest. 2019 veröffentlicht er weitere Hinweise, die
seiner Meinung nach seine Theorie stützen. Dabei bezieht er sich hauptsächlich auf die Malereien in
der Grabkammer. Hier unterscheiden sich laut Reeves die Malereien an der Nordwand deutlich von
denen auf der Süd-, Ost- und Westwand. Diese Unterschiede seien zum einen technischer Natur, da
man auf der Nordwand eine gräuliche Grundschicht, sowie einen gelblichen Hintergrund bei den
Malereien sehen könne, welche um die bereits bestehenden Figuren gemalt wurden. Zusätzlich
würden sich die Farben der Nordwand von denen der restlichen Wände in ihrer Intensität
unterscheiden. Neben den Farben gibt es auch einen Unterschied in der Technik, mit welcher die
Malereien angebracht wurden. Während die Motive an der Süd-, Ost- und Westwand auf einem
Raster bestehend aus 18 Feldern gemalt wurden, sind die Szenen auf der Nordwand auf einem
Raster mit 20 Feldern gefertigt worden, was eher dem früheren Amarna-Stil entsprechen würde.
Aufgrund dieser Tatsache argumentiert Reeves, dass die Malereien in der Grabkammer nicht nur von
verschiedenen Gruppen von Handwerkern angebracht wurden, sondern dass es einen deutlichen
zeitlichen Unterschied gebe zwischen der Entstehung der Malereien auf der Nordwand und der
Malereien auf den restlichen Wänden. Reeves behauptet deshalb, dass die Grabkammer als Raum
212
Nevine El-Aref, Looking for Queen Nefertiti, in: Al-Ahram Weekly (2015), Heft Nr. 1259,
[https://www.academia.edu/15136390/Looking_for_Queen_Nefertiti_Nevine_El-Aref_Al-
Ahram_Weekly_20_August_2015_?auto=download], eingesehen 27.2.2020.
213
El-Aref (2015).
214
Tia Ghose, King Tut’s Tomb May Hide Nefertiti’s Secret Grave, 13.8.2015,
[https://www.livescience.com/51837-king-tut-tomb-holds-nefertiti.html], eingesehen 27.5.2020.
215
El-Aref (2015).
76
ursprünglich einen anderen Nutzen hatte und zuerst nur die Nordwand verziert war. Nach dem Tod
von Tutanchamun hat man diesen Raum erst in eine Grabkammer umfunktioniert und die restlichen
Wände bemalt, sowie die Nordwand dem neuen Nutzen des Raums entsprechend angepasst.216
Reeves untermauert seine Theorie weiter mit Analysen der Motive auf der Nordwand. Er beginnt mit
der Szene der ‚Mundöffnungszeremonie‘ am rechten Ende der Wand. Reeves argumentiert, dass das
Aussehen des Priesters, welcher laut Inschrift Tutanchamuns Nachfolger Eje sein soll, nicht mit
anderen Darstellungen des Eje, zum Beispiel im Grab Nr. 25 in Amarna, übereinstimmt. Viel eher
entspricht das Gesicht des Sem-Priesters den Darstellungen des jungen Tutanchamun. Auch die Figur
des mumifizierten Tutanchamun an der Nordwand der Grabkammer scheint nicht mit anderen
Darstellungen des Pharaos übereinzustimmen. Das schmale Gesicht, das flache Kinn, der Mund sowie
der lange Körper und die kurzen Beine deuten viel mehr auf die Darstellung einer Frau hin. Dabei sind
laut Reeves die Züge dieser Figur sogar einer ganz bestimmten Frau zuzuordnen: Nofretete. Auch auf
den Namenskartuschen oberhalb der Figuren lassen sich Anzeichen finden, dass diese im Original
andere Hieroglyphen beinhalteten und später verändert wurden. Aufgrund dieser Hinweise geht er
davon aus, dass diese Szene nicht die ‚Mundöffnungszeremonie‘ von Tutanchamun zeigt, sondern die
der Nofretete, die durch Tutanchamun als Sem-Priester durchgeführt wurde.217
Auch in der zweiten Szene findet Reeves Hinweise darauf, dass die Darstellung im Laufe der Zeit
verändert wurde. Hier bezieht er sich auf die rechte Figur, welche laut Inschrift Tutanchamun
darstellt. Das Gesicht dieser Figur hat laut Reeves die Charakteristiken des älteren Tutanchamun.
Allerdings ist diese Figur deutlich größer, mit einem unproportional großen Kopf sowie Torso im
Vergleich zur unteren Hälfte der Figur. Dieses Phänomen erklärt Reeves durch den Einsatz von
verschiedenen Techniken beim Malen der Figur. Während der untere Teil im Amarna-Stil mit dem 20-
Feld-Raster gefertigt wurde, zeigt der obere Teil Hinweise, dass mit dem 18-Feld-Raster aus späterer
Zeit gearbeitet wurde. Aufgrund dieser Tatsache meint Reeves, dass die ursprüngliche Figur in einer
späteren Phase komplett überarbeitet wurde. Die untere Hälfte der Figur weist darauf hin, dass die
ursprüngliche Figur, die dargestellt wurde, weiblich ist. Das lässt sich vor allem an den Enden der
Kleidung erkennen, da diese auf Kleider hinweisen, die bevorzugt von Frauen aus der Amarna-Zeit, so
wie Nofretete, getragen wurde. Es wurden lediglich Teile des Kleides übermalt, um sie für einen
männlichen Träger anzupassen. Dass Teile des ursprünglichen Kleides übermalt wurden, erkennt man
laut Reeves auch an Stellen oberhalb des rechten Beines, wo die gelbe Hintergrundfarbe intensiver
216
Reeves (2019), S. 2-3.
217
Reeves (2019), S. 3-4.
77
wirkt. Er geht also davon aus, dass die ursprünglich weibliche Figur in dieser Szene später in die
männliche Figur des Tutanchamun geändert wurde. 218
Die dritte Szene an der Nordwand, in der wir Osiris sehen, wie er Tutanchamun und seinen ‚Ka‘
empfängt, birgt laut Reeves ebenfalls Hinweise, die seine Theorie bestätigen sollen. Zum einen
erwähnt er die Formen der Figuren. Während der Pharao in der Mitte wieder klassische Züge des
erwachsenen Tutanchamun zeigt, weisen die Züge des Osiris und Tutanchamuns ‚Ka‘ eher auf einen
älteren Stil hin. Auch die Komposition der Szene wirkt auf Reeves unnatürlich. Das Motiv wirkt
‚überfüllt‘, beziehungsweise beengt. Der Eindruck entsteht, dass die mittlere Figur im Nachhinein in
das Bild hineingequetscht wurde. Dieser Eindruck wird dadurch verstärkt, dass bei Oberflächen-Scans
und Bild-Untersuchungen Hinweise entdeckt wurden, dass die Figur des Osiris von ihrer
ursprünglichen Position nach links verschoben wurde. Reeves geht davon aus, dass dies geschah, um
für die zentrale Figur mehr Platz zu schaffen. Ein weiterer Hinweis darauf, dass die mittlere Figur erst
im Nachhinein hinzugefügt wurde, ist die gelbe Farbe, die bei einem Fuß der Figur durchscheint. Hier
zeigt sich, dass diese Figur auf den gelben Hintergrund aufgemalt wurde, im Gegensatz zu den
Figuren aus der früheren Phase, welche auf einem weißen Hintergrund gefertigt wurden. Auffällig ist
auch, dass die gesamte Komposition der Darstellung auf der Nordwand durch die dritte Figur im
linken Motiv unausgeglichen wirkt. Reeves argumentiert daher, dass die ursprüngliche Darstellung
nur zwei Figuren beinhaltete und dass damit ursprünglich der ‚Ka‘ von Tutanchamun die Hauptrolle
in der Szene spielen sollte. Auch hier findet Reeves Hinweise darauf, dass es sich ursprünglich um
eine andere Figur gehandelt haben könnte. Die allgemein weiblicheren Gesichtszüge weisen hier
wiederum auf Nofretete hin. Auch die Perücke, welche die Figur trägt, weist auf eine hochrangige
Frau hin. Der Kopfschmuck, welcher die Figur als ‚Ka‘ identifizieren soll, ist laut Reeves auch erst im
Nachhinein hinzugefügt worden. Es weist somit vieles darauf hin, dass es sich bei der Figur
ursprünglich um eine Frau handelte, welche durch spätere Überarbeitung in einen männlichen ‚Ka‘
umgewandelt wurde. Unglücklicherweise lässt sich aufgrund verschiedener Schäden und moderner
Restauration heute nicht mehr sagen, wie der untere Teil der Figur ursprünglich ausgesehen haben
könnte.219
Aufgrund dieser Hinweise argumentiert Reeves, dass die Grabkammer des Tutanchamun
ursprünglich ein Raum mit anderer Funktion im Grabmal einer anderen Person war. Seiner Meinung
nach machen es die Malereien an der Nordwand klar. Einerseits macht es für ihn keinen Sinn, dass in
einer Grabkammer Szenen an die Wände angebracht wurden, die ursprünglich einer komplett
218
Reeves (2019), S. 5-6.
219
Reeves (2019), S. 6-8.
78
anderen Person gedenken sollen. Außerdem sei es unüblich gewesen, die Darstellung der
‚Mundöffnungszeremonie‘ in einer Grabkammer anzubringen, da diese Szene normalerweise in
Gängen zu finden sind. Reeves geht davon aus, dass die Grabkammer eigentlich die sogenannte
Brunnenkammer von Nofretetes Grab war. Der Umbau des Raumes in eine Grabkammer dürfte laut
Reeves auch den Nutzen gehabt haben, dass man den Durchgang zu weiteren Kammern versiegelt
hat. Die Malereien sollen dabei den versiegelten Durchgang unkenntlich machen. Dass die Malereien
an der Nordwand seiner Einschätzung nach Szenen rund um Nofretete darstellen, überzeugt Reeves
davon, dass es sich hier ursprünglich um ihr Grab handelt und dass sich hinter der Nordwand von
Tutanchamuns Grabkammer ein Durchgang befindet, welcher in weiterer Folge zu Nofretetes
Grabkammer führen dürfte.220
Gegenargumente zu dieser Theorie findet der Schweizer Ägyptologe Traugott Huber. Er ist zwar auch
der Meinung, dass KV62 ursprünglich das Grab von Nofretete war, allerdings behauptet er, dass sie
ursprünglich im selben Raum bestattet war, in welchem Tutanchamuns Sarkophag gefunden wurde,
ihre Überreste jedoch nach Tutanchamuns Tod in ein anderes Grab gebracht wurden und ihres für
Tutanchamun umfunktioniert wurde.221 Huber argumentiert, dass sich die drei Szenen an der
Nordwand direkt auf Nofretete beziehen und sie in allen dreien direkt dargestellt ist. Die rechte
Szene mit der Mundöffnung zeigt die mumifizierte Nofretete. Diese soll sinnbildlich darstellen, dass
sie während ihrer Lebzeiten Pharaonin von Ägypten war. Das Motiv in der Mitte zeigt den
wichtigsten Moment ihres irdischen Lebens, nämlich die Hochzeit mit dem jungen König Amenhotep
IV. Das dritte Motiv auf der linken Seite zeigt laut Huber schlussendlich ihren größten Erfolg, den sie
im Jenseits erreicht hat: Die Vereinigung mit dem vergöttlichten Echnaton und dem androgynen Gott
Aton. Durch diese Vereinigung hat sie die sogenannte Amarna-Triade vervollständigt und ist selbst zu
einer Göttin geworden.222
Im Spiel existiert in der Nordwand ein solcher Durchgang, welcher in einen Korridor führt, der
schlussendlich im Grabmal der Nofretete endet. Allerdings dürfte die Darstellung im Spiel nicht der
Realität entsprechen, da die Spieleentwickler hier Nofretete ein eigenes Grab mit Zugang von der
Oberfläche gegeben haben, was aber nach bisherigen Kenntnissen nicht existiert. Sollte sich Reeves
Theorie bewahrheiten, würde sich hinter der Nordwand wohl auch kein Gang in ein eigenständiges
Grab von Nofretete befinden, sondern eine Weiterführung des bestehenden Grabmals des
Tutanchamuns hin zu der Grabkammer der Nofretete.
220
Reeves (2019), S. 10-12.
221
Traugott Huber, Response to Nicholas Reeves’ The decorated North Wall in the tomb of Tutankhamun
(KV62) (The Burial of Nefertiti? II), o.O. 2019, S. 1-2.
222
Huber (2019), S. 2.
79
4.3.7. Tutanchamuns ‚Duat‘
Durchschreitet man das Tor zum Jenseits in Tutanchamuns Grabkammer, erreicht man zuerst, wie
auch in den anderen Gräbern, einen langen Korridor mit einem schmalen, überfluteten Gang. Zu
beiden Seiten davon stehen auch hier die großen Statuen, die eine weibliche Figur darstellen. Am
Ende des Korridors führt der Gang zwischen insgesamt drei Säulenpaaren hindurch. Auf den Säulen
sieht man die Abbilder von mehreren Göttern. Am oberen Ende der Säulen befinden sich Skarabäen
mit ausgebreiteten Flügeln.
Eine steinerne Treppe führt in das eigentliche Gebiet der ‚Duat‘. Die ‚Duat‘ ist ein großes Gebiet, das
dem Boden einer großen Schlucht ähnelt. Hohe Felswände umringen das Gebiet. Am klaren
Nachthimmel leuchten unzählige Sterne. Mehrere hohe Felsformationen ragen aus dem Boden. Aus
zwei dieser Felsen wurden riesige Statuen von Tutanchamun herausgeschlagen. Sie bestehen aus
einem bläulichen Gestein mit goldenen Verzierungen. Der Pharao trägt das Nemes-Kopftuch und den
königlichen Bart, dazu goldene Armreifen, sowie einen Lendenschurz. Die Darstellung zeigt den
Pharao stehend, mit den Armen an den Seiten. In den Händen hält er jeweils etwas stabförmiges.
Diese Gegenstände sind allerdings abgebrochen, sodass man nicht erkennen kann, was sie darstellen
sollen.
Den Eingang in die ‚Duat‘ bildet ein kleines Plateau, welches von riesigen Steinsäulen umringt ist.
Zwei schwarze Obelisken stehen an beiden Seiten des Eingangstors. Sechs Statuen eines liegenden
Schakals stehen in zwei Reihen entlang des Plateaus. Zwischen den Schakalen blühen große, blau
schimmernde Lotusblumen, welche sich schließen, sobald man sich ihnen nähert. Viele dieser Blüten
sind über das gesamte Gebiet verstreut zu finden. Am Ende des Plateaus steht ein Altar mit
zahlreichen Opfergaben darauf. Hier stehen auch insgesamt drei große Feuerschalen.
80
Ein Weg führt weiter hinein in die Schlucht. Auf der rechten Seite befindet sich eine Brücke, welche
zu dem riesigen Skelett einer Schlange führt. Auf einer Erhöhung neben den Gebeinen steht der
‚Altar des Apophis‘, somit kann man davon ausgehen, dass es sich bei dem Skelett um die Apophis-
Schlange handelt. Auf dem Altar befindet sich eine Schriftrolle, auf welcher geschrieben steht:
„Wenn Re, der Sonnengott, den Himmel in der Nacht verlässt, geht er in die Duat. Dort reist
er zurück zum Beginn der Dämmerung. In der Duat besiegt Re Apophis jede Nacht und bringt
das Licht in die Welt.“223
Der weitere Weg durch die Schlucht ist gesäumt von kleinen Häusern und Tempelanlagen sowie
Feldlagern. Eine Vielzahl von menschlichen NPCs wandert durch die Straßen der Duat. Auch einige
Anubis-Krieger patrouillieren durch das Gebiet und bewachen die Tempel und Lager.
Über der Spitze einer der hohen Felsformationen im Süden des Gebiets schwebt ein Symbol in Form
eines Skarabäus mit ausgebreiteten Flügeln. Er strahlt in einem goldenen Licht. Unter dem Skarabäus
steht ein Altar mit Opfergaben. Auf einem Pergament steht geschrieben:
„Gewissenhaft beobachtet er. Im Reich der Nacht und der Dunkelheit lebt Chepri, die große
Seele des Universums. Er, dessen Symbol der Käfer ist. Der Gott der Auferstehung. In Form eines
Skarabäus beobachtet er die Ankunft des Re. Und er fliegt auf die Barke und erwartet den
Zeitpunkt, an dem er den Gott wieder zum Leben erweckt.“224
Im Südwesten des Gebietes befindet sich ein Tempel mit dem Namen ‚Aufbahrungshalle‘. Dabei
handelt es sich um ein großes Gebäude, in dessen Zentrum eine Statue von Anubis steht. Um die
Statue herum sind verschiedenste Opfergaben dargebracht worden. Anubis-Krieger beschützen die
Halle. Außerhalb der ‚Aufbahrungshalle‘ findet man mehrere Sarkophage, sowie Stellen, an denen
Priester leblose Körper mumifizieren.
Im Zentrum der ‚Duat‘, in den größten Felsen hineingebaut, steht der Tempel des Tutanchamun. Eine
große, breite Treppe führt zum Eingang des Tempels. An beiden Seiten der Treppe stehen hohe
Steinsäulen, an denen Tücher mit dem Abbild des Anubis angebracht sind. Auch zwei große Anubis-
Statuen wurden neben den Treppen errichtet. Der Gott mit dem Schakalkopf hält in der einen Hand
einen langen Stab und in der anderen Hand ein Anch. Vor dem Eingang des Tempels steht vor einem
Opfertisch eine Stele. Auf dieser Stele steht geschrieben:
„Unser geliebter Pharao Tutanchamun hat seinem Volk Freude gebracht. Er brachte Ägypten
von der falschen Anbetung Atons ab und führte uns stattdessen zurück zu dem Wissen
223
Ubisoft (2018).
224
Ubisoft (2018).
81
unserer Vorfahren. Wir preisen Horus, Osiris, Isis, Apophis, Geb und Nut und die anderen der
alten Götter. Zu ihnen beten wir. Ihnen gilt unser Dank.“225
Am Eingang des Tempels sind wieder Abbildungen verschiedener Götter angebracht. Es handelt sich
um dieselben, die man am Eingang der ‚Duat‘ sehen kann. Der Tempel selbst besteht aus einem
riesigen Raum, welcher von mehreren großen Säulen gestützt wird. Entlang des Raumes stehen in
zwei Reihen Figuren von knienden Frauen, welche Feuerschalen in den Händen halten. Am Ende des
Saals steht ein Thron. Dieser ist ausgebreiteten Flügeln nachempfunden. Die Lehne ähnelt der
Federkrone des Amun. Zwei vergoldete Schlangen befinden sich rechts und links neben dem Thron.
Der Thron ist überdacht, wobei zwischen den Säulen, welche das Dach tragen, wiederum Tücher mit
dem Abbild des Anubis hängen. Hinter dem Thron wurde eine riesige Statue von Tutanchamun
errichtet, welche vom Aussehen her den anderen beiden in die Felsformation gehauenen Figuren
entspricht. Am nördlichen und südlichen Ende des Saals erreicht man zwei weitläufige Balkone,
welche mit je zwei Anubis-Statuen bestückt sind.
Auch in der ‚Duat‘ sieht man immer wieder Schwärme von Ba-Vögeln herumfliegen. In einer Halle im
Westen des Gebiets findet man Skorpione, wie es sie auch in den anderen Jenseitsgebieten gibt.
Einzigartig in der ‚Duat‘ sind allerdings die vielzähligen Lichtkugeln, die im gesamten Gebiet durch die
Luft schweben und dabei wie Feuerbälle aussehen. Man kann diese nicht berühren und sie scheinen
auch in keiner Weise auf den Spieler zu reagieren.
Die Duat226 ist das Jenseits, wie es sich die Priester und Gelehrten im Neuen Reich vorgestellt haben.
Es ähnelt dem irdischen Land Ägypten. Es war ein enges Tal, das von zwei Flüssen durchquert wird.
Im Osten und Westen befanden sich bergige Wüsten. Götter, Dämonen, Tiere und die Seelen der
Verstorbenen bewohnen die Duat. In der Duat fand der ewige Kreislauf von Tod und Wiedergeburt
statt. Dieser wurde mit dem täglichen Sonnenlauf assoziiert. Der Sonnengott musste jede Nacht
durch die Duat reisen, um sich mit Osiris zu vereinen und die Kraft zur Wiedergeburt zu erlangen.227
Dieses Land des Jenseits wird in den großen Unterweltsbüchern in Wort und Bild beschrieben. Die
Wände der Königsgräber sind nach diesen Büchern kunstvoll verziert. Eines dieser Bücher ist das
‚Amduat‘, was mit ‚Das Buch dessen, was in der Unterwelt ist‘ übersetzt werden kann. Der Ursprung
dieses Buches dürfte eine Komposition aus dem Mittleren Reich sein, welches als das ‚Zwei-Wege-
225
Ubisoft (2018).
226
Auch als ‚Dat‘ bekannt
227
Zahi Hawass, Bilder der Unsterblichkeit. Die Totenbücher aus den Königsgräbern in Theben, Mainz am Rhein
2006, S. 97.
82
Buch‘ bezeichnet wird. Szenen davon fand man bereits auf Särgen aus der 12. Dynastie. Das Zwei-
Wege-Buch diente den Verstorbenen als eine Art Karte, die sie durch die Unterwelt navigieren soll.228
Die Entstehungszeit des Amduat ist bestritten. Hornung und Schott vermuten, dass das Buch in der
Zeit von Amenophis I., auf jeden Fall aber zu Beginn des Neuen Reiches entstanden ist. Hartwig
Altenmüller dagegen argumentiert, dass das Amduat, beziehungsweise Vorstufen dessen, bereits in
das Mittlere oder überhaupt in das Alte Reich zurück datieren.229
Das Amduat beschreibt nun die Fahrt des Sonnengottes auf seiner Barke durch die Unterwelt,
unterteilt in die zwölf Stunden der Nacht. In vielen Königsgräbern findet man nur Szenen aus dem
Amduat, in seltenen Fällen, wie zum Beispiel bei dem Grab von Thutmosis III., ist jedoch die gesamte
Litanei abgebildet. Die Bilder an den Wänden und ihre Begleittexte können wie ein Buch gelesen
werden.230 Von Thutmosis I. bis zur Amarna-Zeit war das Amduat, beziehungsweise Auszüge davon,
ein fixer Bestandteil königlicher Gräber. Die Gräber von Tutanchamun und Aja zeigen wieder
Ausschnitte aus dem Amduat. Bei Haremhab und Ramses I. verschwindet es komplett aus den
Königsgräbern. Ab Sethos I. bis Ramses IX. findet dann das Amduat, neben anderen
Unterweltsbüchern, wieder Einzug in die Gräber. Neben den Grabwänden konnten Auszüge und
Darstellungen aus dem Amduat auch auf anderen Objekten, wie Schreinen oder Sarkophagen
angebracht sein.231
Jede Stunde wird mit der Sonnenbarke eröffnet, die von links nach rechts auf dem Unterweltsstrom
fährt. Auf ihr befindet sich Re. Dieser wird von zahlreichen anderen Göttern – insgesamt werden
mehr als 900 namentlich genannt - begleitet, teils auf seinem Schiff, teils am Ufer. Im mittleren
Register der Abbildungen werden die Kernthemen der jeweiligen Stunden dargestellt. Während
seiner Reise durch die Unterwelt macht der Sonnengott einen Wandlungs- und Erkenntnisprozess
durch, welcher schlussendlich mit der Wiedergeburt zu Beginn eines neuen Tages führt. Die Ägypter
glaubten, dass wenn sie diesen Wandlungsprozess und die Inhalte aus den Unterweltsbüchern
kannten, sie in diesen Vorgang der Wiedergeburt miteinbezogen würden.232
Zu Beginn des Amduat wird Re gezeigt, der von seiner Arbeit am Tag ermüdet ist und durch das Tor
am Westhorizont ins Totenreich eintritt. In den nächsten Stunden werden verschiedenste Gottheiten
228
Hawass (2006), S. 97-99.
229
Erik Hornung, Amduat, in: Wolfgang Helck/Eberhard Otto (Hrsg.), Lexikon der Ägyptologie (Band I),
Wiesbaden 1975, Sp. 184-188, hier: Sp. 184.
230
Andreas Schweizer, Seelenführer durch den verborgenen Raum. Das ägyptische Unterweltsbuch Amduat,
München 1994, S. 28.
231
Hornung (1975), Sp. 184.
232
Schweizer (1994), S. 28-29.
83
und Verstorbene genannt, die dem Sonnengott dienen wollen. Sie preisen ihn, beten ihn an und
verteidigen ihn vor den Sonnenfeinden, die überall lauern. Diese Sonnenfeinde sind dämonische
Wesen, die immer wieder versuchen, die Fahrt des Sonnengottes zu behindern. An ihrer Spitze steht
stets die Schlange ‚Apophis‘, welche das Böse schlechthin verkörpert. Sie möchte die gesamte
Schöpfung auslöschen. Die sechste Stunde der Nacht beschreibt den tiefsten Punkt der Duat, wo sich
die Grenzen der mythischen Welt befinden und die Gefahr am größten ist. Hier befindet sich aber
auch der ‚Sonnenleichnam‘, welcher zugleich der Leichnam des Osiris ist. Hier in diesem tiefsten
Punkt muss sich Re mit dem Leichnam des Osiris vereinigen. Diese Vereinigung verbildlicht die
Wiedergeburt und die Erneuerung allen Lebens. Nun geht die Reise weiter in Richtung Osttor. Die
siebte Stunde birgt jedoch die gefährlichste Situation auf der Reise der Sonnenbarke. Die Schlange
Apophis selbst stellt sich dem Sonnengott in den Weg. Mit den vereinten Kräften des Sonnengottes
und seiner Diener kann die Schlange (und mit ihr auch alle anderen Sonnenfeinde) besiegt werden.
Die weiteren Stunden beschreiben den Aufstieg der Barke aus der Unterwelt und die damit
einhergehende Regeneration der Schöpfung. Schließlich erreicht die Barke in der zwölften Stunde
das Osttor. Davor muss sie jedoch noch einmal in die Finsternis eintauchen. Bevor die Sonne
wiedergeboren werden kann, muss die gesamte Schöpfung durch eine Unterweltsschlange, vom
Schwanz zum Maul, ziehen. Mit diesem letzten Prozess wird die gesamte Schöpfung verjüngt.
Schlussendlich kann der verjüngte Sonnengott das Osttor passieren. Die Himmelsgöttin Nut gebärt
die Sonne und Schu, der Luftgott, hebt die Barke in den Osthimmel empor. Somit ist die Reise durch
die Duat beendet.233
Neben dem Amduat wurde in der 18. Dynastie ein weiteres Unterweltsbuch erschaffen. Dieses trägt
den Namen ‚Pfortenbuch‘ und wurde, wie von Ägyptologen angenommen, von den Priestern des
Amun-Re als Alternative zum Amduat angeboten. Die Idee dahinter war wohl die, den Fokus, den das
Amduat auf Osiris legt, auf Amun-Re umzuleiten. So hat man versucht dessen Wirkungsbereich auf
die gesamte Erde, den Himmel und sogar auf das Jenseits auszuweiten.234
Das Pfortenbuch ist ähnlich aufgebaut wie das Amduat. Auch hier ist der Inhalt in insgesamt zwölf
Stunden unterteilt. Im Pfortenbuch werden die jeweiligen Stunden jedoch durch hohe, pfortenartige
Gebilde eingeleitet. Daher hat das Buch auch seinen Namen. Diese Pforten werden von Schlangen
bewacht und bleiben für all jene verschlossen, welche gegen die göttliche Ordnung handeln. Die
Sonnenbarke muss diese zwölf Pforten passieren.235
233
Schweizer (1994), S. 29-31.
234
Hawass (2006), S. 137.
235
Hawass (2006), S. 137.
84
Ein weiterer Unterschied zum Amduat liegt in der Anzahl der abgebildeten Bewohner des Jenseits.
Zusätzlich wird der Sonnengott nicht wie in der Amduat von vielen anderen Göttern begleitet,
sondern nur von zwei anderen Göttern. Zum einen befindet sich am Bug der Sonnenbarke der Gott
Sia, welcher die Aufgabe hat, Anweisungen zu rufen und die Pforten zu öffnen. Am Heck befindet sich
wiederum Heka, der Gott der magischen Rede. Die Kabine des Bootes, in welcher sich der
Sonnengott befindet, wird von der Mehen-Schlange bewacht und insgesamt vier Menschen helfen
der Barke mit einem Seil weiterzukommen, wenn das Rudern keinen Fortschritt mehr bringt.236
Ein weiterer und großer Unterschied zwischen dem Pfortenbuch und dem Amduat liegt in der Rolle
des Pharaos. Im Pfortenbuch wird diesem eine deutlich größere Bedeutung zugesprochen, so wird
dieser in der letzten Szene des Buches gemeinsam mit dem Sonnengott wiedergeboren. Auch die
Begleittexte im Buch wurden im Gegensatz zum Amduat so modifiziert, dass sie einen stärkeren
Bezug zum König vorweisen.237
Im Spiel wird die Duat, so wie in den Unterweltsbüchern beschrieben, als eine Schlucht dargestellt.
Hier herrscht eine ewige Finsternis. Wenn man nun die Darstellung der Duat im Spiel in der Reise des
Sonnengottes verorten würde, dann wäre die Reise, oder zumindest der Großteil der Fahrt vorüber.
Man befindet sich hier jedenfalls zeitlich bereits nach der siebten Stunde, da die Apophis-Schlange
bereits getötet und nur noch ihre Knochen zu finden sind. Sie ist allerdings auch noch nicht
wiedergeboren, um den Sonnengott in der nächsten Nacht herauszufordern. Da in der Duat im Spiel
keine Pforten aufzufinden sind, dürfte die Darstellung wohl weniger an das Pfortenbuch als eher an
das Amduat angelehnt sein.
236
Hawass (2006), S. 140.
237
Hawass (2006), S. 140.
85
4.4. Ramses II.
4.4.1. Allgemeines
Ramses II.238 war der zweite Sohn von Pharao Sethos I. Das genaue Geburtsjahr von Ramses ist nicht
belegt und auch über Ramses‘ Jugend weiß man kaum etwas. Es darf aber vermutet werden, dass er
ein Ausbildungsprogramm genoss, in welchem er unter anderem das Streitwagen-Fahren und das
Bogenschießen lernte.239 Ein Text aus dem zweiten Regierungsjahr von Sethos, als Ramses gerade
einmal zehn Jahre alt war, beschreibt, dass der König den jungen Prinzen zum Oberbefehlshaber des
ägyptischen Heeres ernannte:
„Nichts entgeht deiner Aufmerksamkeit, seitdem du dieses Land regierst. Du hast die Dinge
in deinem Amt als Kronprinz schon geregelt, als du noch im Ei warst. Man trug die
Angelegenheiten der beiden Länder schon an dich heran, als du noch ein Kind mit der
Seitenlocke warst. Kein Bauwerk gelang, wenn es nicht unter deiner Aufsicht stand. Es gab
kein Urteil, von dem du nicht Kenntnis hattest. Du warst Oberbefehlshaber des Heeres, als du
ein Jüngling von zehn Jahren warst.“240
Es ist allerdings schwer zu glauben, dass Ramses tatsächlich in so jungen Jahren bereits als
Oberbefehlshaber des Heeres eingesetzt wurde. Vermutlich war dies ein reiner Ehrentitel und man
hat ihm diesen Titel verliehen, um seinen Anspruch auf den Thron zu stützen. Belegt ist allerdings,
dass Ramses seinen Vater auf Feldzügen in Vorderasien in dessen fünftem oder sechstem
Regierungsjahr begleitete, hier aber sicherlich nur als Beobachter dabei war und nicht als
Befehlshaber fungierte.241
Diese Lobpreisung des Ramses in jungen Jahren wird auch in einer Inschrift fortgeführt, welche er zu
Beginn seiner Herrschaft im Tempel von Sethos I. in Abydos anfertigen ließ. Hier wird er auch dafür
gepriesen, das Heiligtum seines Vaters vollendet zu haben. Auch seine Ernennung zum Kronprinzen
und als Mitregent wird in dieser Inschrift beschrieben. 242
238
Zu Ramses allgemein siehe Kitchen (1982), Desroches-Noblecourt (1997), Schlögl (2000), Clauss (2010),
Martinssen von Falck (2018).
239
Manfred Clauss, Ramses der Große, Darmstadt 2010, S. 29.
240
Kent R. Weeks, Ramses II. – Das Totenhaus der Söhne. Die sensationelle Ausgrabung im Tal der Könige, Ulm
1998, S. 187.
241
Weeks (1998) S. 187.
242
Clauss (2010), S. 29.
86
Schlacht zu ziehen. Dahinter sieht man einen jungen Mann, der deutlich kleiner ist als Sethos und
ihm lediglich bis zu den Knien reicht. Diese Figur ist mehrmals auf der Wand zu sehen und an jeder
Stelle, wo dieser junge Mann dargestellt wurde, wurde er mit Stuck überzogen und durch die Figur
von Ramses II. ersetzt. Dies wurde ganz bewusst gemacht. Laut Untersuchungen handelt es sich bei
dem jungen Mann um Mehi, welcher die Titel ‚Truppenkommandant‘ und ‚Wedelträger‘ trug. Diese
Titel weisen darauf hin, dass es sich bei Mehi um eine wichtige Person im Umfeld des Pharaos
handelte, welcher der Pharao vertraute. Der Ägyptologe James Henry Breasted stellte aufgrund
dieser Darstellungen die Theorie auf, dass es sich bei Mehi um den älteren Bruder von Ramses II.
handelte. Ramses habe diesen Bruder laut Breasted getötet, um in der Thronfolge an erste Stelle zu
rutschen und ließ daraufhin die Darstellungen von Mehi entfernen.243 Diese Theorie lässt sich zwar
kaum belegen, trotzdem erhielt sie viel Aufmerksamkeit und hat sich in ägyptischen
Geschichtsdarstellungen verfestigt. In den Jahren griffen viele Ägyptologen diese Darstellung von
Palastintrigen und Brudermord auf, was Ramses II. den Ruf eines „heimtückischen, gemeinen,
ziemlich üblen Schurken“244 bescherte. Es gab allerdings auch Gegenstimmen zu dieser Auffassung.
So argumentierte der deutsche Ägyptologe Wolfgang Helck, dass Mehi ursprünglich der Thronfolger
von Sethos I. sein sollte, die Anhänger von Ramses II. jedoch durch Aktionen, wie das Löschen der
Bilder von Mehi, diesen aus der Thronfolge zu verdrängen versuchten. Eine weitere Theorie von
William Murnane besagt, dass Mehi ursprünglich von niedrigerem Rang war, durch eine Karriere in
der Armee aber zum militärischen Berater von Sethos aufgestiegen ist. Deshalb wurde er als
inoffizieller Thronfolger gehandelt, weil Sethos zu dem Zeitpunkt noch kinderlos, oder sein Sohn noch
minderjährig war. Als Ramses jedoch in die Pubertät kam, wurde dieser auch der legitime
Thronerbe.245
Ramses war etwa acht oder neun Jahre lang Kronprinz, als im Jahr 1279 v.u.Z.246 sein Vater verstarb
und er seine Thronfolge antrat. Er übernahm unmittelbar die Macht, offiziell wurde er allerdings erst
nach siebzig Tagen, nach der Einbalsamierung und Bestattung seines Vaters, als König bezeichnet.247
243
James Henry Breasted, Geschichte Ägyptens, Zürich 1960, S. 329.
244
Weeks (1998), S. 186.
245
Weeks (1998), S. 185-186.
246
Zu den in dieser Arbeit angeführten Datierungen: In der Ägyptologie gibt es nach wie vor unterschiedliche
Chronologien. Sie dazu vor allem Helck (1983), von Beckerath (1997) und Hornung/Kraus/Warburton (2006). Da
aber diese Arbeit nicht der Ort für eine diesbezügliche Diskussion sein kann, werden die jeweiligen Datierungen
der zitierten Literatur übernommen.
247
Weeks (1998), S. 188-189.
87
Die Krönung des neuen Pharaos fand am „27. Tag des dritten Monats der Sommerzeit 1279“248 in
Memphis statt. Ramses war zu diesem Zeitpunkt ca. 25 Jahre alt249 Bei der Krönung nahm er fünf
Namen, die seiner Titulatur als Pharao entsprechen, an.250 Diese Titulatur ist in vielen Varianten
überliefert:
3. Horusname: ‚Starker Stier, Geliebter der Maat‘, oder ‚Geliebter des Re, der jedes
Fremdland niedertritt unter seinen Sohlen‘, oder ‚Der sich über die Maat freut‘, oder ‚Der
Theben erhebt‘, und weitere.
4. Nebti-Name: ‚Beschützer Ägyptens, der die Fremdländer bezwingt‘, oder ‚Göttliches Abbild
des Chepri‘, oder ‚Mit großem Ansehen, Beschützer Ägyptens‘, oder ‚Der die Denkmäler in
Luxor hervorragend ausführt für seinen Vater Amun, der ihn auf seinen Thron gesetzt hat‘,
und weitere.
Ramses II. herrschte bis zu seinem Tod insgesamt 66 Jahre lang. Dabei hat er eine vorher nie
dagewesene Menge an Bauwerken errichten lassen. Vom Tempel in Abu Simbel, über das
Ramesseum in Theben-West bis hin zu unzähligen Statuen sind von Ramses viele Denkmäler
erhalten. Er gilt als Selbstdarsteller, dessen Bauten und Texte propagandistische Züge annahmen252.
Bestes Beispiel dafür ist die Schlacht von Kadesch253. Er war allerdings auch ein Friedensstifter, dem
die Sicherheit des Reiches, das sich vom Nahen Osten bis nach Nubien hinunter erstreckte, wichtig
war. Er reduzierte die Ausgaben für die Armee und sorgte für Frieden innerhalb des Landes. Unter
Ramses dem Großen erfuhr Ägypten eine Blütezeit.254
Der Leichnam von Ramses II. wurde im Tal der Könige bestattet. Während der 21. Dynastie, etwa um
1000 v.u.Z. wurde die Mumie von Ramses II. gemeinsam mit den Mumien seiner Vorgänger Ramses I.
und Sethos I. aus dem Tal der Könige in ein anderes Grab umgebettet. Dies geschah vor allem wegen
des starken Grabräuberwesens zu dieser Zeit. Die Priester der 21. Dynastie entschieden deshalb die
248
Clauss (2010), S. 35.
249
Weeks gibt bei Ramses‘ Alter während seiner Inthronisierung ‚etwa zwanzig Jahre‘ an.
250
Clauss (2010), S. 35-36.
251
Schneider (1994), S. 229.
252
Auch wenn solche Bezeichnungen der altägyptischen Vorstellungswelt niemals entsprechen können.
253
Siehe Kapitel ‚Die Schlacht von Kadesch‘
254
Rainer Hagen/Rose-Marie Hagen, Ägypten. Menschen Götter Pharaonen, Köln 2016, S. 58.
88
Königsmumien in Sicherheit zu bringen. Dafür wurde ein verstecktes Grab in Der el-Bahari
ausgewählt. Eine weise Entscheidung, da die Mumien in diesem Grab bis in die Neuzeit unentdeckt in
Sicherheit blieben. Ende des 19. Jahrhunderts hat Ahmed Abd er-Rasul, welcher in einem Dorf in der
Nähe lebte, dieses Grab entdeckt. Er verschwieg seinen Fund und plünderte gemeinsam mit seinen
Brüdern Teile des Grabs, um sie zu verkaufen. Dies erregte die Aufmerksamkeit des französischen
Ägyptologen Gaston Maspero. Er suchte die Männer auf und Abd er-Rasul wurde verhaftet. Nach
einiger Zeit gab die Familie ihren Fund zu und eine Kommission aus mehreren Ägyptologen
untersuchte das Grab. Diese Entdeckung war eine Sensation. Die Königsmumien wurden daraufhin
mit äußerster Vorsicht nach Kairo verschifft, wo man mit der wissenschaftlichen Untersuchung der
Mumien begann. Im Jahr 1976 wurde dann die Mumie von Ramses II. für nähere Untersuchungen
nach Paris geflogen. Dort konnte man zahlreiche Ergebnisse zur körperlichen Verfassung des Königs
festhalten. So war Ramses am Ende seines Lebens etwa 90 Jahre alt. Eine schwere
Gelenksentzündung schränkte seine Bewegungsmöglichkeit stark ein. Todesursache war aber
schlussendlich eine Blutvergiftung, welche durch Zahnabszesse entstanden ist. Ramses war 1,73
Meter groß und er hatte rote Haare.255
In der Erweiterung ‚Fluch der Pharaonen‘ des Spiels ‚Assassin’s Creed: Origins‘ wird erklärt, dass
Ramses mithilfe der Priester des Amun, welche im Besitz des ‚Eden-Artefakts‘ waren, regiert hat. Sein
Grab befindet sich im Tal der Könige. Aufgrund eines Fluchs wurde seine Seele in die Welt der
Lebenden zurückgeholt. Der Spieler muss Ramses im Kampf besiegen, um seine Seele zu erlösen.
Das Grabmal von Ramses dem Großen befindet sich im Spiel im Osten des Tals der Könige auf einer
Anhöhe. Oberhalb des Eingangs befinden sich zwei große Steinstatuen, welche den sitzenden Ramses
darstellen. Von der rechten Statue ist allerdings nur noch die untere Hälfte erhalten. Bei der linken
Statue sieht man, dass Ramses mit der Doppelkrone und dem Bart dargestellt wird. Ansonsten trägt
er keine Insignien, seine Hände liegen auf seinem Schoß.
Auch bei diesem Grab befindet sich an der rechten Seite vor dem Eingang eine Inschrift, diese besagt:
„Er, der die Ruhe des Pharao stört, wird den Zorn von Sachmet kennenlernen. Kein Heiler
oder Priester kann die Qualen lindern, die Sachmet bringt. Er, der dieses Grab schändet, wird
keine Ruhe in der Duat finden.“256
255
Hermann A. Schlögl, Ramses II., Reinbek bei Hamburg 1993, S. 7-10.
256
Ubisoft (2018).
89
Den Eingang zum Grab bildet ein schlichtes Stein-Tor, welches keinerlei Verzierungen aufweist. Direkt
neben dem Eingang steht auf der linken Seite eine weitere Inschrift: „Der große Ramses liegt hier
begraben, er wirft den einzigen Schatten, den die Wüste kennt.“257
Abbildung 21: Die sitzenden Götter Re-Harachte, Isis-Hathor, Thot, Osiris, Anubis und Nephthys im Spiel
Durchschreitet man den Eingang, erreicht man einen kurzen, schmalen Gang an dessen Wänden
einige Hieroglyphen aufgezeichnet sind. Dieser Gang führt in einen kleinen Raum. Hier sieht man an
den Wänden verschiedene Malereien. Ein Motiv zeigt eine männliche und eine weibliche Person, die
Opfergaben darbringen. Ein weiteres Motiv zeigt eine Prozession von männlichen Figuren, welche
verschiedenste Gegenstände tragen. Darunter sieht man mehrere sitzende Götterfiguren. Bei diesen
Göttern dürfte es sich um Re-Harachte, Isis-Hathor, Thot, Osiris, Anubis und Nephthys handeln.
Durch einen Gang mit Hieroglyphen geht es zu einem weiteren kleinen Raum. Hier findet man ein
weiteres Motiv: Insgesamt vier stehende Figuren. Die erste ist männlich mit einem Falkenkopf und
der Sonnenscheibe auf dem Haupt – Gott Re-Harachte. Daneben steht eine Frau oder Göttin, die
nicht näher identifizierbar ist. Die dritte Figur ist wieder männlich, mit einem menschlichen Kopf. Er
trägt das Nemes-Kopftuch und den Bart, was darauf hinweist, dass es sich hier um Ramses als Pharao
handelt. In den Händen hält er zwei kugelförmige Gefäße. Diese reicht er in Richtung der vierten
Figur: Eine männliche Figur mit Falkenkopf und ägyptischer Doppelkrone. Hier dürfte es sich um den
Gott Horus handeln.
257
Ubisoft (2018).
90
Abbildung 22: Wandmalereien im Grab von Ramses II. im Spiel; Re-Harachte, weibliche Figur und Ramses, der dem Horus
Opfergaben reicht
Durch eine Tür in südöstlicher Richtung, gelangt man in einen weiteren kleinen Raum. Hier sind
weitere Motive an den Wänden zu sehen. Ein Motiv zeigt die Mundöffnungszeremonie. Auf einem
anderen Motiv sieht man drei Figuren mit Schakal-Kopf, welche vor einer weiblichen Figur knien. Die
weibliche Figur, welche ein Geierhaube trägt, sitzt in einem Haus an einem Tisch. In der Mitte des
Raums liegt eine Stele mit einer Inschrift: „Erblicke die großen Taten, die vom König der Könige
vollbracht wurden, und lasse dein Herz ermatten, denn seinen Ruhm kannst du nie erreichen.“258 Ein
Durchgang in südöstlicher Richtung führt in einen weiteren Raum, dieser ist jedoch verschüttet und
nicht passierbar.
Wenn man im vorherigen Raum in nordöstlicher Richtung weitergeht, durchschreitet man zwei
weitere Korridore. In diesen wiederholen sich an den Wänden Szenen aus den Räumen davor. So
sieht man hier wieder die Mundöffnungszeremonie, die sitzenden Götterfiguren, sowie die
Prozession aus dem ersten Raum. Hinter den zwei kleinen Räumen befindet sich eine Vorkammer.
Diese führt weiter nach rechts, direkt in die große Grabkammer. Auch in dieser Grabkammer steht
zentral ein steinerner Sarg. Der Deckel ist verschoben und der Sarg ist leer. An den Wänden findet
man weitere Motive. Eines dieser Motive zeigt eine männliche Figur mit der blauen Krone, die auf
einem Thron sitzt. In der einen Hand hält sie die Herrscher-Insignien, in der anderen Hand ein Ankh.
Neben dem Pharao steht eine männliche Person, welche sich vor dem König verneigt. Auf sämtlichen
Wiederholungen des Motivs ist die zweite Figur nur schwer zu erkennen, da sie nur schlecht erhalten
ist. Ein letztes Motiv zeigt noch einmal verschiedene Figuren. Auszumachen sind dabei die Götter
Osiris und Anubis sowie Nephthys. Daneben stehen noch zwei männliche Personen, welche aber nur
schwer zu erkennen sind.
258
Ubisoft (2018).
91
Zwei kleine Nebenräume grenzen an die Grabkammer. In beiden Räumen stehen Stelen mit
Nachrichten. Auf der ersten Stele steht: „Lass diese Uschebti Pharao Ramses im Jenseits dienen. In
den ewigen Gefilden soll er Armeen befehligen, genau wie zu Lebzeiten.“259 Neben dieser Stele
stehen mehrere Uschebti-Figuren. In der südöstlichen Wand dieser Kammer befindet sich ein
Durchgang zu einem weiteren Raum. Dieser Durchgang ist allerdings durch Felsen und Schutt
versperrt. Auf der Stele im anderen Nebenraum steht: „Ramses – Der Sieger von Kadesch. Der Große
Heerführer und Eroberer der Länder.“260 Gegenüber von dieser Stele liegt ein zerstörter Streitwagen.
Im Vergleich zu den anderen Grabmälern findet man im Grab von Ramses II. kaum Grabbeigaben.
Nur einzelne zerbrochene Gefäße. Dafür sind hier immer wieder Pfeile zu sehen, die in Schildern oder
im Boden stecken. Dazu liegen auch mehrere leblose Körper in den verschiedenen Kammern.
Auch in der Grabkammer von Ramses befindet sich ein Durchgang zum Jenseits. Dieser liegt an der
südöstlichen Mauer des Raumes und gleicht den Eingängen zum Jenseits in den anderen
Königsgräbern.
Das Grab von Ramses II im Tal der Könige, wird auch als KV7 bezeichnet. Es befindet sich im
Gegensatz zum Spiel an einem tiefen Punkt im Zentrum des Tals. Es ist eines der größten Gräber, die
man im Tal der Könige entdeckt hat und misst mehr als 820 m². Zwei Treppen (A und C) und zwei
259
Ubisoft (2018).
260
Ubisoft (2018).
92
Korridore (B und D) führen in einen Schacht (E). Dahinter befindet sich eine Pfeilerhalle (F), welche
mit zwei Nebenräumen (Fa und Faa) verbunden ist. Die Korridore G und H führen weiter in die
Vorkammer (I) mit welcher sich das Grab nach rechts wendet. Die Vorkammer führt direkt in die
Grabkammer (J), welche insgesamt sechs Seitenkammern (Ja – Jf) hat, wobei die Seitenkammer (Jf)
zwei weitere Nebenräume (Jff und Jfff) besitzt. Die Grabkammer ist im Vergleich zur Ausrichtung des
restlichen Grabes leicht abgedreht.261
Das Grab wurde bereits im Altertum zum ersten Mal geöffnet. Es gibt Hinweise, dass KV7 bereits kurz
nach der Bestattung des Pharaos geplündert wurde. Laut einem Papyrus haben schon in der 20.
Dynastie während der Herrschaft von Ramses III. zwei Grabräuber versucht in das Grab einzudringen.
In der Zeit der 21. Dynastie wurde die Mumie von Ramses II. zuerst in KV17 verlegt, später nach Deir
el-Bahari. Das Grab wurde während Napoleons Expeditionen als ‚aufgefülltes Grab‘ notiert, danach
wurden immer wieder Grabungen an KV7 durchgeführt. Der erste genaue Plan des Grabs entstand
1845. Um 1900 wurde das Grab erneut durch Sturzwasser und Schutt verschüttet und 1913/1914
wurden neue Ausgrabungen unter Harry Burton gemacht.262
Aufgrund von mehreren Überflutungen hat das Grab erhebliche Schäden erlitten und der Großteil
der Wanddekorationen ist stark beschädigt oder ganz verloren gegangen. Die meisten Szenen
konnten allerdings durch Fragmente rekonstruiert werden. So findet man in KV7 unter anderem
Szenen aus dem Totenbuch, dem Buch der Pforten, dem Amduat, sowie der Litanei des Re. Auch
Szenen aus der Mundöffnungszeremonie und dem Buch der Kuh konnten rekonstruiert werden.263
4.4.4. Vergleich Grab des Ramses II. im Spiel und in der Realität
Das Grab von Ramses dem Großen im Spiel befindet sich nicht an derselben Stelle im Tal der Könige
wie in der Realität. Während der Eingang des Grabs im Spiel im Osten des Tals zu finden ist und
Richtung Südosten ausgerichtet ist, befindet sich das Grab in der Realität zentraler im Tal mit einer
Ausrichtung gen Nordwesten. Der Grundriss des Grabes von Ramses dem Großen im Spiel deckt sich
zum Großteil mit dem Grundriss des realen Vorbilds. Sowohl im Spiel als auch in der Realität führen
Treppen und Korridore in das Grab, wobei im Spiel Korridor D nicht vorhanden ist. Hier führt Treppe
C direkt in den Schacht E. Im realen Grab befindet sich hinter diesem eine große Pfeilerhalle (F). Auch
diese fehlt im Spiel. Die Nebenkammern der Pfeilerhalle (Fa und Faa) sind jedoch vorhanden und sind
261
Theban Mapping Project, 1997-2002, [http://kv5.de/html_german/intro_german.html], eingesehen
5.3.2020.
262
Theban Mapping Project, 1997-2002, [http://kv5.de/html_german/intro_german.html], eingesehen
5.3.2020.
263
Theban Mapping Project, 1997-2002, [http://kv5.de/html_german/intro_german.html], eingesehen
5.3.2020.
93
vom Schacht aus erreichbar. Dabei ist die Nebenkammer Faa jedoch nicht betretbar, da hier Steine
und Schutt den Durchgang verschließen. Im Spiel findet man in der Nebenkammer Fa nur zwei
Säulen, während im Grundriss des „Theban Mapping Projects“ vier Säulen eingezeichnet sind. Hinter
dem Brunnenschacht führen im Spiel, seinem realen Vorbild entsprechend, zwei Korridore in die
Vorkammer. Diese wendet sich nach rechts, wo sich direkt anschließend die Grabkammer befindet.
Die Grabkammer ist jedoch nicht, wie in der Realität, leicht abgeneigt. Die Anzahl der Säulen in der
Grabkammer im Spiel entspricht nicht der Anzahl der Säulen in der realen Grabkammer. Im Spiel
befinden sich hier insgesamt vier Säulen, während die Kammer in der Realität insgesamt acht Säulen
stützen. Die Seitenkammern Ja bis Jd existieren im Spiel nicht. Dafür findet man die beiden
Seitenkammern Je und Jf an den entsprechenden Stellen. Auch ein Durchgang von der Seitenkammer
Jf in die Kammer Jff ist im Spiel angedeutet, allerdings versperren auch hier wieder Trümmer und
Schutt den Durchgang.
Bei den Malereien im Grab von Ramses dem Großen scheinen sich die Spieleentwickler nur teilweise
an das reale Vorbild zu halten. So wie in der Realität, findet man auch im Spiel Szenen aus dem
Mundöffnungsritual. Die aufgerichteten Kobras, sowie die Schakal-köpfigen Figuren in der
Nebenkammer (Fa) weisen auf die vierte Stunde des Pfortenbuchs hin.264 Bei den Darstellungen der
Prozession, sowie der Darbringung von Opfergaben im ersten Korridor, dürfte es sich um Szenen aus
dem Totenbuch handeln. Die Position der jeweiligen Malereien stimmt jedoch nicht mit den
Positionen im realen Vorbild überein.
Es gibt im Spiel auch Szenen an den Wänden, die an realen Malereien aus anderen Gräbern
angelehnt sind. Die Szene aus dem Schacht in welcher Ramses, wie oben beschrieben, dem Gott
Horus kugelförmige Gefäße reicht, ist eine klassische Szene, die man von vielen Darstellungen
verschiedenster Pharaonen kennt. So kann man eine sehr ähnliche Malerei in Pharao Haremhabs
Grab (KV57) finden. Hier sieht man auf einem Bildnis den Pharao, wie er der Göttin Hathor zwei
Gefäße mit Wein opfert.265 Die Darstellung des Ramses in der Szene im Spiel gleicht sowohl in der
Pose als auch im Aussehen (Nemes-Kopftuch, Bart) der des Haremhab. Auch die Darstellung des
Horus im Spiel ähnelt der der Hathor in Haremhabs Grab, wobei man hier argumentieren kann, dass
es sich um die Standard-Darstellung von Gottheiten handelt. Auch im Totentempel von Ramses III. in
Theben-West lässt sich eine solche Opferungs-Szene finden. Hierbei handelt es sich um Ramses III.,
der in diesem Fall dem Gott Horus zwei rundliche Objekte überreicht.266 Im Gegensatz zur Abbildung
264
Hawass (2006), S. 154.
265
Hawass (2006), S. 79.
266
Erik Hornung, Der Pharao, in: Christian Tietze (Hrsg.), Pharao. Leben im Alten Ägypten, Frankfurt am Main
2017, S. 79.
94
von Ramses II. im Spiel und Haremhab in dessen Grab, trägt Ramses III. jedoch weder Nemes-
Kopftuch noch Bart. Die Posen der beiden Figuren sind aber ident mit denen auf den Darstellungen
und im Grab von Haremhab, sowie denen im Spiel.
Eine weitere Szene, die im Grab im Spiel dargestellt ist, jedoch vermutlich auf einer Malerei aus
einem anderen Grab in der Realität basiert ist das Bildnis der Frau mit Geierkopftuch in der
Nebenkammer (Fa). Dabei handelt es sich um eine Abbildung, die man in der Vorkammer in Königin
Nefertaris Grab fand. Die Szene zeigt Nefertari, wie sie das sogenannte Senet-Spiel spielt. Dieses Spiel
wird auch im 17. Kapitel des Totenbuchs erwähnt. Dabei heißt es, dass der Sieg in diesem Spiel dem
Verstorbenen ermöglicht, in das Jenseits einzutreten.267
Re ist die Verkörperung und somit Personifikation der Sonne. Die Sonnenscheibe selbst wird dabei
entweder als das Gesicht oder das Auge des Re gedeutet. Das Auge des Re wird allerdings auch als
die Tochter des Re bezeichnet, womit der Gott auch als der Vater der Sonne gilt. Die Sonnenscheibe
wird andererseits jedoch auch als der Wohnsitz des Re bezeichnet. Er wird oft in der Sonne stehend
oder sitzend abgebildet.268
Re wird aufgrund der Dauer und Intensität seiner Verehrung als der bedeutendste Gott Ägyptens
bezeichnet. Er hatte neben der theologischen und kultischen Verehrung auch eine große politische
Bedeutung. Ihm wurden verschiedenste Charakteristika und Eigenschaften zugeschrieben. So gilt Re
unter anderem als ‚Allgott‘. Er verkörpert die Sonne und hat eine universale Geltung. Als
personifizierte Sonne berührt er alle Teile des Kosmos, sowohl den Himmel, als auch die Unterwelt.
Er ist für die Ordnung im Kosmos zuständig und gilt somit als Weltgott, der die Geschicke der
Menschen und den Weltenlauf lenkt. Re wird auch als Urgott bezeichnet und existierte vor allem
anderen schon bevor Himmel, Erde und Leben entstanden waren. Durch seine Angleichung an den
Gott Atum wurde Re später auch als der Schöpfergott bezeichnet. Er hat alles erschaffen, selbst die
anderen Götter, warum er auch als Göttervater beschrieben wird. Durch seine Eigenschaft als
Sonnengott gilt er als täglicher Schöpfer und Erhalter der Welt. Mit seiner täglichen Wiederkehr sorgt
er für einen ständigen Neubeginn des Lebens auf der Erde. Re wird als Götterkönig bezeichnet und
übt seine Herrschaft wie ein irdischer König aus. Er thront in seiner Sonnenbarke und ist von seinem
Hofstaat umgeben. Thot gilt als sein Herold. Als sogenannte ‚Herrscherkräfte‘ stehen dem König Re
267
Hawass (2006), S. 230-231.
268
Winfried Barta, Re, in: Wolfgang Helck/Wolfhart Westendorf (Hrsg.), Lexikon der Ägyptologie (Band V),
Wiesbaden 1984, Sp. 156-180, hier: Sp. 157.
95
außerdem die Götter Maat, Hu, Sia und Heka zur Seite. Er gilt allerdings ebenfalls als Herr über die
Maat269 und somit als Rechtsgott, der sowohl dem Gericht der Götter, als auch dem Totengericht
vorsitzt. In dieser Funktion ist Re immer unparteiisch und unbestechlich. Nur in der neuägyptischen
Erzählung vom Streit zwischen Horus und Seth ergreift Re für Seth Partei. Als Königsgott ist Re sehr
eng mit dem irdischen Königtum verbunden. Re selbst soll in Urzeiten auf der Erde als König
geherrscht haben. Die Verbindung von Re zum Königtum ist erstmals in der 4. Dynastie belegt.
Vorherige Bezüge zu Re, zum Beispiel im Goldnamen von Pharao Djoser, dürften sich vermutlich auf
die Sonne als Gestirn und nicht auf den Gott beziehen. Ab der 4. Dynastie wurden die Pharaonen als
die Söhne des Re bezeichnet. Im Mittleren Reich wird dann beschrieben, wie Re dem König die Krone
von Ober- und Unterägypten überreicht hat. Somit galt der Pharao als vom Gott eingesetzt. Im
Neuen Reich wurden die Könige dann direkt mit Re identifiziert, so wurden sie mit den Worten ‚du
bis Re‘ angesprochen. Der König sitzt auch auf dem Thron des Re und gilt als sein Abbild. Zuletzt gilt
Re noch als Totengott, der sowohl für den König, als auch für das Volk zuständig war. Bei den Königen
wird erwartet, dass sie nach ihrem Tod in den Himmel hinauffahren und Re auf seiner Reise auf der
Sonnenbarke durch den Himmel und die Unterwelt begleiten können.270 Re selbst soll dafür sorgen,
dass dies geschieht und den König nicht dem Osiris überlassen. Auf der Sonnenbarke fungiert der
verstorbene König dann als Stellvertreter des Re, als Bote, als Schreiber oder als Ruderer und bildet
die Spitze der Gefolgschaft des Gottes. Das Verhältnis des verstorbenen Königs zu Re wird zugleich
als Unterordnung, Gleichstellung und auch Überordnung beschrieben. So ist der König im Jenseits
größer als Re. Dieser muss den Befehlen des Königs gehorchen. Der König sorgt im Gegenzug dafür
bereits zu Lebzeiten durch Rezitation verschiedener Sprüche, dass Re jeden Tag erneut auferstehen
und seine Reise durch den Himmel und die Unterwelt antreten kann. Auch für das ‚gemeine Volk‘
spielt Re eine wichtige Rolle in den Jenseitsvorstellungen. Jeder Verstorbene hofft, dass Re seine
Wünsche im Jenseits erfüllt. Schon im Alten Reich wendet man sich mit verschiedensten Bitten an
Re, dass er im Jenseits die Hand des Verstorbenen ergreifen möge. Re soll die Toten verklären, ihnen
Atemluft und Speise spenden und sie vor Feinden schützen. Später soll er sie dann auch auf seiner
Barke in das Jenseits geleiten. Der Verstorbene kann dabei verschiedenste Rollen in der Mannschaft
der Barke einnehmen. Hier besteht zugleich eine Vater-Sohn-Beziehung zwischen Re und dem
Verstorbenen. Oft wird der Verstorbene auch direkt mit Re identifiziert. So wie beim König besteht
allerdings auch bei den anderen Verstorbenen eine übergeordnete Beziehung zu Re. So kann der
Verstorbene dem Gott mit verschiedensten Maßnahmen drohen, sollten sich seine Jenseits-
Vorstellungen nicht erfüllen. Re muss sich den Befehlen des Verstorbenen beugen. Im Gegenzug
269
Siehe Assmann (2006).
270
Ab dem neuen Reich gilt das für alle Verstorbenen.
96
sorgt der Tote dafür, dass der Weg für Re auf seiner Reise offensteht und er täglich neu belebt
wird.271
Re taucht in den Quellen zum ersten Mal erst relativ spät, wohl zur Zeit des Königs Djoser272, auf. In
den Königsnamen der Frühzeit ist Re jedoch noch nicht zu finden. Ob es Privatnamen gab, in denen
Re bereits früher vorkam, ist nicht sicher. Als „kosmisch-universale“ Gottheit ist Re in den
bekanntesten Kultorten erst nachträglich verehrt worden, so gehört er zum Beispiel weder in
Heliopolis noch in Hermupolis zum ursprünglichen Kultbestand. Woher Re stammt ist somit
ungewiss. Selbst im Alten Reich scheint man schon nicht gewusst zu haben, woher Re stammt, da bei
einer Aufzählung zu den Göttern und deren Kultorten Re als „aus dem Horizont stammend“
beschrieben wird.273
Obwohl Re als Schöpfer seiner selbst eigentlich elternlos sein müsste, kann trotzdem Nun, das
Urgewässer, als Vater des Re bezeichnet werden, da dieser aus ihm entstanden ist. Später wurden
aus kultisch-politischen Gründen auch die Götter Ptah (von Memphis) und Amun (von Theben) zu
Vätern des Re erhoben. Als ‚Muttergattinnen‘ werden Re unter anderem Neith, Amaunet, Heket oder
auch Isis zugeschrieben. Re gilt auch als Vater vieler Götter. Sein erstgeborener Sohn ist Horus.
Dasselbe wird allerdings auch von Ihi behauptet. Als weitere Söhne des Re werden unter anderem
Osiris, Thot, Anubis, oder auch Orion genannt. Die Töchter des Re werden oft als ‚Auge des Re‘
bezeichnet, zu diesen zählen unter anderem Sachmet, Hathor, Bastet oder Pachet. Aber auch Isis,
Mut und Hededet werden als Töchter des Re gezählt. Auch verschiedene Tiere und Tierformen
werden Re zugeschrieben. Hier ist vor allem die Katze, beziehungsweise der Kater zu erwähnen. In
der Sonnenlitanei erscheint Re in der Form eines Katers, beziehungsweise kämpft in dieser Form
gegen seine Feinde. Auch als Schakal oder Löwe wird Re oft dargestellt. In lokalen Kulten wird Re
auch mit dem Mnevis-Stier oder auch dem Apis-Stier gleichgesetzt.274
271
Barta (1984), Sp. 158-165.
272
Djoser war der zweite König der 3. Dynastie und wird um 2650/2600 datiert. Er wurde in der
Stufenpyramide in Saqqara bestattet, welche als der wohl älteste monumentale Steinbau der Welt gilt. (Jürgen
von Beckerath, Djoser, in: Wolfgang Helck/Eberhard Otto (Hrsg.), Lexikon der Ägyptologie (Band I), Wiesbaden
1975, Sp. 1111-1112, hier: Sp. 1111-1112.)
273
Barta (1984), Sp. 157.
274
Barta (1984), Sp. 172-173.
97
Vorstand über die Neunheit von Heliopolis. Als Re-Harachte wird Re als Sonnengott am Morgen
bezeichnet, während er im Osten aufgeht. Auch die Verbindung des Re-Osiris taucht immer wieder
auf. Synkretistische Verbindungen in denen andere Götter die Funktion des Re übernehmen sind
auch zahlreich vorhanden. Oft wird Re in dieser Form an Ortsgottheiten gebunden, um ihn in diese
Kulte zu integrieren. So gilt zum Beispiel Amun-Re als eine der wichtigsten Verbindungen in dieser
Form. Weitere solche Verbindungen sind unter anderem Chnum-Re, Sobek-Re, oder auch Horus-
Re.275
Re wurde meist menschengestaltig dargestellt. Er trägt die Sonnenscheibe auf dem Kopf, um welche
sich die Uräus-Schlange schmiegt. Zusätzlich trägt er auch einen Götterbart. Gold war das Material
des Re, da es den Glanz der Sonne darstellt. Deshalb wurde auch angenommen, dass die Gestalt, die
Glieder und die Haut des Re aus Gold bestanden.276 In seiner Form als Re-Harachte wird Re mit einem
Falkenkopf dargestellt, welcher sich mit der Sonnenscheibe und der Uräus-Schlange krönt. In dieser
Form erscheint seine Haut in roter Farbe.277
Horus ist der wichtigste sogenannte ‚Falkengott‘ und gehört zu den großen Göttern Ägyptens. Er hat
sowohl politisch als auch theologisch und kultisch eine große Bedeutung. Er war der erste Gott, der
eine überregionale Vorrangstellung besaß. Er galt als Königs- und Himmelsgott, wurde in der zweiten
Hälfte des Alten Reiches jedoch in seiner Bedeutung von Re überflügelt. Unter Re spielt Horus jedoch
immer noch eine besondere Rolle. Auch in der Osirislegende hat Horus eine spezielle Stellung, da er
als Sohn der Isis und Erbe des Osiris gilt. Auch die Vielzahl an Königs- und Privatnamen lassen auf die
große Bedeutung des Gottes schließen.278
Als älteste Funktion des Horus wird die des Himmelsgottes vermutet, woher sich auch sein Name
‚der Ferne‘ ableiten lassen dürfte. Später wurde der Horus-Falke mit dem Firmament identifiziert und
die Sonne und der Mond als seine Augen gedeutet.279
Horus wird als der Königsgott bezeichnet. Er steht seit jeher in enger Verbindung mit dem Königtum.
Der König selbst wird mit Horus identifiziert, was sich in seinem Titel widerspiegelt. Wie genau diese
275
Barta (1984), Sp. 171-172.
276
Barta (1984), Sp. 158.
277
Barta (1984), Sp. 172.
278
Wolfgang Schenkel, Horus, in: Wolfgang Helck/Wolfhart Westendorf (Hrsg.), Lexikon der Ägyptologie (Band
III), Wiesbaden 1980, Sp. 14-25, hier: Sp. 14.
279
Schenkel (1980), Sp. 14-15.
98
Entwicklung des Horus zum Königsgott vonstattengegangen ist, lässt sich kaum reproduzieren, da die
Ursprünge bereits in der schriftlosen Vorgeschichte liegen.280
Horus steht in einer engen Beziehung zum Gott Seth. Die beiden gelten im Dualismus der ägyptischen
Religion als ‚Götterpaar‘. Die beiden Götter stehen in einem familiären Verhältnis zueinander. Horus,
der als Sohn des Osiris und der Isis gilt, ist der Neffe des Seth. In der Beziehung der beiden Götter
zueinander nimmt Horus meist die zentrale Rolle ein, während Seth meist nur an zweiter Stelle steht.
Sie herrschen gemeinsam durch den Pharao, der von den beiden gekrönt wird, über die Welt. Dabei
wird Horus meist Unterägypten und Seth Oberägypten zugeschrieben, wobei sich das auch ändern
konnte, je nachdem welcher Teil des Landes zur jeweiligen Zeit wichtiger war. Spätestens im Neuen
Reich zeigt sich die unterschiedliche Stellung der beiden Götter in der Tatsache, dass Horus als der
Herrscher des ‚Schwarzen Landes‘, also Ägyptens, und Seth als der Herrscher des ‚Roten Landes‘, also
des Fremdlandes, bezeichnet wird.281
Die Beziehung zwischen Horus und Seth wird allerdings nicht nur als friedlich oder als geordnete
Zusammenarbeit dargestellt. Die beiden Götter gelten auch als die Erzfeinde per se und als Symbol
der Zwietracht. In der Osiris-Legende wird von einem Konflikt der beiden erzählt, der bis hin zu
gewalttätigen Auseinandersetzungen führte. Unter anderem hat Seth Horus sogar in päderastische
Handlungen verwickelt. Horus und Seth kämpften ständig um die Herrschaft der Welt. Mit Hilfe der
Isis konnte Horus die Oberhand gewinnen, doch Seth war nicht geschlagen. Schlussendlich wurde der
Konflikt vor das Göttergericht gebracht. Aus dieser Verhandlung ging Horus zwar nicht als eindeutiger
Sieger und Seth nicht als eindeutiger Verlierer hervor, trotzdem wurde Horus generell Recht
gegeben. Die beiden Götter wurden daraufhin voneinander getrennt. Später fand eine Versöhnung
der beiden statt, welche vom Gott Thot initiiert wurde. Die versöhnten Götter haben das Land
wiedervereinigt und der Pharao konnte fortan über ein Land regieren, in welchem Ordnung
herrschte. Diese Versöhnung der beiden Götter findet sich in Schriften bis zum ersten Jahrtausend
v.u.Z. Ab da begann eine verbreitete „Verteufelung“ des Gottes Seth in der ägyptischen
Religionsgeschichte, woraufhin auch die Legende rund um Horus und Seth teilweise abgeändert
wurde.282
Thot ist ein Teil des ägyptischen Pantheons und besitzt hier eine besondere Bedeutung. Er tritt schon
sehr früh in Erscheinung und wurde bis zur Eingliederung Ägyptens in die Römischen Provinzen
280
Schenkel (1980), Sp. 15.
281
Herman te Velde, Horus und Seth, in: Wolfgang Helck/Wolfhart Westendorf (Hrsg.), Lexikon der Ägyptologie
(Band III), Wiesbaden 1980, Sp. 25-27, hier: Sp. 26.
282
Te Velde (1980), Sp. 26-27.
99
verbreitet angebetet.283 Er gilt als Gott mit unzähligen Aufgabenbereichen und Zuständigkeiten. So
betet der Gläubige Thot in allen möglichen Belangen an. Thot gilt als Gott der Schreiber, als Herr der
Maat, als Herr der Gesetzte, als Verteidiger gegen Feinde. Er wird als Zauberer, Allwissender und
Messer der Zeit bezeichnet. Er gilt als das Zünglein an der Waage, der Bote, der Mond, der Gott in
der Barke oder auch als Urgott.284 Besonders seine Beziehung zum Mond ist recht komplex. Thot wird
einerseits selbst als der Mond bezeichnet, andererseits gilt der Mond als das Objekt seines Wirkens.
Als Mond wird er neben Re (Sonne) angebetet und die beiden Götter gelten als diejenigen, die den
Himmel überqueren. Verschiedene Texte lassen darauf schließen, dass Thot von Anfang an Mondgott
war. In seiner Form als Mond gilt er auch als der Ursprung des Rechnens. Das Abnehmen und
Zunehmen des Mondes im Monatslauf wird als Grundlage für die Addition und Subtraktion
gesehen.285 Im Totenkult spielt Thot ebenfalls eine wichtige Rolle mit vielen verschiedenen Aufgaben.
Zu den wichtigsten gehören das Mundöffnungsritual, die Reinigung und Bekleidung des Toten und
die Aufsicht über die genaue Einhaltung der Totenriten.286 Weisheit, Allwissenheit und
Erfindungsgabe sind Attribute die besonders dem Thot zugeschrieben werden. So gilt er auch als
‚Zähler des Herzens‘ oder ‚Herz des Res‘. Das Herz galt als der Sitz des Verstandes und der Gefühle
und wurde als zentrales Organ angesehen. Aufgrund dieser Attribute wird Thot auch die Rolle eines
göttlichen Wesirs zugeschrieben, in welcher er für Re, aber auch für Horus seine Dienste leistet. Thot
gilt auch als Erfinder der Schrift und der Sprache.287 Neben diesen Aufgaben und Attributen werden
Thot noch zahlreiche weitere Aufgaben zugeschrieben. So ist er Teil des Jenseitsgerichts und ist eng
mit der Maat verbunden. Er ist Vorlesepriester. Auch in medizinischen Texten spielt er eine Rolle. In
der Spätzeit wird er auch als Orakel aufgesucht und gilt als Gott, der die Zeit berechnet. Und auch
sonst bekleidet er zahllose Funktionen, die auf seiner Fähigkeit beruhen, alles exakt berechnen zu
können.288
Thot wird meist in Menschengestalt mit Ibiskopf dargestellt. Auch in Form eines kompletten
sitzenden oder stehenden Ibis wird er verehrt. Weitere Darstellungen sind u.a. als Pavian
beziehungsweise Mann mit Paviankopf, als Frau mit Ibiskopf, als Mann in Amtstracht eines Wesirs,
als Sechem-Zepter, als Löwe oder auch als Löwe mit Ibiskopf.289
283
Dieter Kurth, Thot, in: Wolfgang Helck/Wolfhart Westendorf (Hrsg.), Lexikon der Ägyptologie (Band VI),
Wiesbaden 1986, Sp. 497-523, hier: Sp. 497.
284
Kurth (1986), Sp. 509.
285
Kurth (1986), Sp. 504-505.
286
Kurth (1986), Sp. 505.
287
Kurth (1986), Sp. 506.
288
Kurth (1986), Sp. 506-508.
289
Kurth (1986), Sp. 511.
100
4.4.6. Das ‚Sedfest‘ des Ramses II.
Das letzte Jenseitsgebiet, welches man im Rahmen der Erweiterung ‚Fluch der Pharaonen‘ erkunden
kann, ist das sogenannte ‚Sedfest‘. Auch hier befindet man sich anfangs in einem Gang mit
überflutetem Boden, der rechts und links von großen weiblichen Statuen umgeben ist. Der Eingang in
die Region ist höchstwahrscheinlich dem Tempel von Abu-Simbel nachempfunden. Ein großes Tor, an
dessen Seite sich vier sitzende Ramses-Statuen befinden. Diese gleichen auch den Statuen, die am
Eingang des Grabmals im Tal der Könige zu sehen sind. Oberhalb des Einganges zur Region ‚Sedfest‘
ist noch eine Statue des Gottes Re platziert, welche ein Ankh in der Hand hält.
Beim ‚Sedfest‘ handelt es sich um ein weitläufiges Wüstengebiet, welches immer wieder von
Sandstürmen heimgesucht wird. Die Sonne wird durch dichte Wolken und den aufgewirbelten Sand
der Sandstürme verdeckt. Inmitten der Dünen ragen zahlreiche gigantische Statuen aus dem Sand.
Sie zeigen das Abbild von Ramses II, welcher die Doppelkrone Ägyptens trägt. Wie in den vorherigen
Gebieten sind auch im ‚Sedfest‘ Ba-Vögel zu sehen. Anubis-Krieger sowie auch monströse Skorpione
durchkämmen das Land. Ansonsten ist dieses Gebiet menschenleer, bis auf eine männliche Figur,
welche eine Nebenmission für den Spieler bereithält.
Neben mehreren Lagern von Anubis-Kriegern gibt es in diesem Gebiet zwei spezielle Abschnitte,
welche einen direkten Bezug auf das Leben Ramses‘ II. haben: ‚Das Schlachtfeld von Kadesch‘ und
‚Die Belagerung von Dapur‘.
Das Schlachtfeld von Kadesch zeigt die Überreste einer großen Schlacht. Unzählige zerstörte
Streitwägen, zerbrochene Waffen, sowie leblose Pferde sind über das Schlachtfeld verstreut. Leichen
von Kriegern, auf Barrikaden gepfählt oder von Pfeilen durchbohrt in Blutlachen liegend, sind zuhauf
101
auf der Ebene zu finden. Es lässt sich nicht direkt ausmachen, woher diese Krieger stammen, nur dass
diese in verschiedenen Farben und Gewändern gekleidet sind.
Inmitten der Toten finden wir einen Brief, welcher als „Befehl von König Ramses an Feldherrn
Chebet“ betitelt ist:
„Ziehe 20 unserer besten Männer von den Haupttruppen ab. Nimm unsere besten Pferde,
um die Hethiter von Westen her zu überflügeln. Zerstört so viele Streitwagen wie möglich,
aber das eigentliche Ziel ist der Feldherr der Hethiter, den ihr an seinem Helm erkennt. Tust
du das, ist dir der Weg durch die Duat sicher, denn du wirst deinen Beitrag zur Eroberung
Kadeschs geleistet haben.“290
Am westlichen Ende des Schlachtfelds befindet sich ein steinernes Abbild Ramses des Großen, auf
einem Thron sitzend, über das Schlachtfeld blickend, gekleidet in einer fantasievollen Kampfmontur.
Zu seiner Seite erkennt man die Abbilder des Gottes Amun-Re in Form von Sphingen mit Widderkopf,
sowie zwei männliche Figuren. Der Thron befindet sich erhöht auf einem steinernen Massiv. Hinter
dem Thron sehen wir ein kleines Lager. Mehrere Überdachungen aus Pfeilern und Tüchern stehen
innerhalb einer Umzäunung aus angespitzten Pfählen. Das Lager ist leer und sieht verwüstet aus.
‚Die Belagerung Dapurs‘ liegt im nördlichen Bereich des Gebiets und befindet sich in einer Senke
zwischen den Sanddünen. Sie zeigt einen Stadt- oder Festungskomplex mit dicken Mauern und
mehreren betretbaren Gebäuden und Türmen. Unterirdische Gänge und Leitern führen zu
verschiedenen Stellen innerhalb der Festung. Vor und innerhalb dieses Komplexes befinden sich
wieder unzählige leblose Körper. Auch hier ist nicht klar auszumachen, um was für Krieger es sich bei
den Toten handelt. Im Festungskomplex und auf den Mauern patrouillieren Anubis-Krieger, welche
den Spieler bei Sichtkontakt angreifen.
Das Sedfest war das wichtigste Königsfest, welches seit Beginn der Geschichte belegt ist. Es wird auch
als ‚Jubiläum‘ bezeichnet und basiert auf der Idee, dass sich in jeder Generation Macht und
Herrschaft erneuern müssen. Viel mehr als ein tatsächlich gefeiertes Fest im Diesseits, wird das
Sedfest als Sinnbild der Erneuerung im Jenseits verstanden. Die meisten Sedfeste, die in den Quellen
belegt sind, sind mehr als Hoffnung beziehungsweise Wunsch zu verstehen, dass der Pharao auch im
Jenseits noch ‚Millionen‘ oder ‚Hunderttausende‘ Sedfeste feiern solle.291
290
Ubisoft (2018).
291
Hornung (2017), S. 74.
102
Die genaue Datierung, wann nach Herrschaftsantritt eines Pharaos dieses Fest gefeiert wurde, ist
nicht möglich. Die meisten Könige, von denen es sichere Beweise gibt, dass sie ein Sedfest gefeiert
haben, hielten dieses entweder im oder um das 30. Regierungsjahr ab. Vermutlich wurde das Fest
auch deshalb in einem Königsepithet als Dreißigjahrfest bezeichnet. Es war aber
höchstwahrscheinlich nicht obligatorisch, das Sedfest nach 30 Jahren zu begehen, sondern eher eine
natürliche Entwicklung.292 Nach dem ersten Sedfest nach 30 Jahren, wurden weitere Sedfeste in
kürzeren Abständen von etwa drei oder vier Jahren gefeiert.293
Form und Ablauf des Festes sind aufgrund der wenigen Quellen nur schwierig festzumachen.294 Im
Mittelpunkt steht aber wahrscheinlich das Begräbnis einer Königsstatue, die den Pharao
repräsentiert, und die darauffolgende erneute Thronbesteigung und Krönung des Königs, welcher
somit als ‚verjüngt‘ gilt und daraufhin den Göttern seine neu erwachte physische Kraft präsentiert.295
Im Lexikon der Ägyptologie ist der Szenenablauf eines Sedfestes aufgrund der Darstellung im
Sonnenheiligtum des Niuserre näher beschrieben. Den ersten Akt des Sedfestes bildet dabei eine
Prozession, in welcher der Pharao in einem Sedfest-Mantel erscheint. Hier wird auch die sogenannte
‚Königskindersänfte‘ präsentiert. Anschließend findet die ‚Löwenmöbelfolge‘ in einem Gebäude statt,
wo geheime Riten durchgeführt werden, welche die Wiedergeburt des Königs repräsentieren sollen.
Der ‚verjüngte‘ Pharao wird daraufhin von Abordnungen aus dem ganzen Land besucht, welche ihm
huldigen und somit erneut die Treue schwören. Nach diesem Teil begibt sich der Pharao zu
verschiedenen Kapellen, um die darin hausenden Götter für einen Umzug abzuholen. Als nächstes
zieht sich der Pharao um und absolviert den sogenannten ‚Sedfest-Lauf‘. Dem folgt eine
Viehvorführung und -überweisung an die Götter. Abschließend besteigt der Pharao eine Sänfte und
eine weitere Prozession führt zu den Reichsheiligtümern, wo verschiedene Riten durchgeführt
werden. Eine davon besteht aus dem Verschießen von Pfeilen in die vier Himmelsrichtungen, was
sinnbildlich dafür stehen soll, dass der Pharao die Welt wieder in Besitz nimmt.296 Eine umstrittene
Theorie rund um das Sedfest besagt, dass das Fest einen ursprünglichen rituellen Königsmord
ersetzen sollte. Wichtig war jedoch schlussendlich die Darstellung der Erneuerung der Kraft des
292
Karl Martin, Sedfest, in: Wolfgang Heck/Wolfhart Westendorf (Hrsg.), Lexikon der Ägyptologie (Band V),
Wiesbaden 1984, Sp. 782-790, hier: Sp. 784.
293
Hornung (2017), S. 74.
294
Martin (1984), Sp. 785.
295
Hornung (2017), S. 74-75.
296
Martin (1984), Sp. 785-786.
Die Darstellungen und Riten des Sedfests haben auch Kuraszkiewicz (1996) und Uphill (1965) untersucht.
103
Königs, welche mit der Zeit erschöpft war. Diese Kraft war nötig, um die Ordnung im Staat und der
Natur aufrecht zu erhalten.297
Belege aus dem Neuen Reich zeigen, dass die Königin später in den Sedfest-Zeremonien stärker in
den Vordergrund trat. Auch für Götter wurden offenbar später Sedfeste gefeiert. So sind aus der Zeit
von Amenophis IV. Sedfeste für Götter belegt, allerdings ist nicht bestätigt, ob diese auch wirklich
gefeiert wurden oder nur sinnbildlich auszulegen sind.298
Warum das Jenseitsgebiet von Ramses II. im Spiel als ‚Sedfest‘ bezeichnet wird, bedarf wohl viel
Interpretation. Keine der erwähnten Merkmale eines Sedfests scheinen im Spiel merklich auf.
Lediglich das Faktum, dass während der langen Regierungszeit von Ramses II. insgesamt 14 Sedfeste
‚verkündet‘ wurden299, lässt einen engeren Zusammenhang zwischen dem Pharao und dem Fest
vermuten.
Die Schlacht von Kadesch zwischen den Ägyptern unter Ramses II. und den Hethitern unter
Muwattalli II. gilt als eine der am besten dokumentierten antiken Schlachten. Die Schlacht wurde an
vielen Orten verewigt, unter anderem in Luxor, wo Ramses Texte und Bilder auf den Pylonen und
Außenmauern der Höfe einmeißeln ließ, im Amun-Tempel von Karnak, wo die Außenwände des
Hypostyls verziert wurden, oder auch im Ramesseum, wo man Reliefs auf den Pfeilern der Pylonen
findet. Auch in Abydos sind im Tempel, den Ramses erbauen ließ, Darstellungen der Schlacht zu
sehen und im großen Tempel von Abu Simbel wurde sie auf der Nordwand der ersten Halle
verewigt.300 Diese Vielzahl an Darstellungen dieser Schlacht, aus welcher Ägypten eigentlich als
Verlierer hervorgegangen ist, wird heutzutage von Historikern als Propagandamaßnahmen für das
ägyptische Volk verstanden, welche die Niederlage in einen Sieg umdeuten sollte.301
Die Schlacht von Kadesch fand im Jahr 1274 v.u.Z. im 5. Regierungsjahr Ramses‘302 in der Stadt
Kadesch (heute Tell Nebi Mend) statt. Im Jahr davor hatte Ramses bereits einen ersten Asienfeldzug
unternommen. Während dieses Feldzugs konnten die Ägypter bis an den Nar el-Kelb, den
sogenannten ‚Hundsfluss‘ vordringen und den asiatischen Kleinstaat Amurru erobern.303 Dies war aus
297
Hornung (2017), S. 75.
298
Martin (1984), Sp. 786-787.
299
Hornung (2017), S. 74.
300
Clauss (2010), S. 62.
301
Horst Klengel, Hattuschili und Ramses. Hethiter und Ägypter – ihr langer Weg zum Frieden (Kulturgeschichte
der antiken Welt 95), Mainz am Rhein 2002, S. 59.
302
Clauss und Klengel geben das Jahr 1275 als 5. Regierungsjahr Ramses‘ an.
303
Schlögl (1993), S. 65.
104
der Sicht des Hethiterkönigs Muwatalli II. ein Vergehen, weshalb er eingreifen musste.304 Von diesem
sogenannten ‚Feldzug des Sieges‘ beflügelt, stieß Ramses in seinem 5. Regierungsjahr erneut nach
Asien vor, um die Stadt Kadesch, welche sein Vater Sethos I. bereits eingenommen hatte, die jedoch
später wieder an die Hethiter gefallen war, erneut einzunehmen.305
Da es sich bei der Auseinandersetzung um ein strategisch wichtiges Gebiet handelte, bereiteten sich
sowohl die Ägypter als auch die Hethiter gründlich vor. Aus ägyptischen Quellen geht allerdings nicht
hervor, dass es Vasallen gab, die den Hethitern freiwillig folgten. Sie behaupteten, dass die Hethiter
ihre Verbündeten mit reichlich Silber ‚erkauften‘. Auch die Ägypter rekrutierten neben den eigenen
Truppen auch Soldaten in Palästina, sowie Kriegsgefangene für die Schlacht.306
Ein ausschlaggebender Faktor für die Schlacht waren schlussendlich die unterschiedlichen Konzepte
der Ägypter und Hethiter beim Marsch zum Schlachtfeld. Muwatalli marschierte mit dem gesamten
Heer auf die Stadt Kadesch zu. Die Ägypter dagegen teilten das Heer in Divisionen ein und wollten
diese erst bei Kadesch sammeln lassen, um von dort mit dem gesamten Heer
weiterzumarschieren.307 Die insgesamt vier Divisionen des ägyptischen Heers zählten insgesamt gut
20.000 Mann und wurden nach den Göttern Amun, Re, Ptah und Seth benannt. Der Vormarsch der
Ägypter geschah in Etappen, wobei ein Tagesmarsch etwa 15 bis 20 Kilometer betrug. Generell
marschierte man am Tag, während die Divisionen nachts in Zeltlagern kampierten. Die Spitze des
Marsches bildeten Kundschafter, gefolgt vom König und seiner Leibgarde, dahinter marschierten die
einzelnen Divisionen.308 Aus logistischen Gründen marschierten die vier Divisionen getrennt
voneinander. Drei der vier Divisionen marschierten vom Süden auf Kadesch zu und waren jeweils
einen Tagesmarsch309 voneinander getrennt. Die vierte Division marschierte an der Küstenstraße
entlang. Vom östlichen Nildelta bis Kadesch betrug der Weg ca. 750 Kilometer, somit brauchten die
ägyptischen Streitmächte gut einen Monat, um an ihr Ziel zu kommen.310
Der weitere Verlauf des Aufeinandertreffens der beiden Heere ist gut dokumentiert. Einerseits durch
ägyptische Prosaberichte, bildliche Darstellungen und ein Gedicht, die an vielen Tempelwänden in
Ägypten und Nubien angebracht wurden. Andererseits durch hethitische Quellen, welche dabei
304
Klengel (2002), S. 57.
305
Schlögl (1993), S. 65.
306
Clauss (2010), S. 64.
307
Clauss (2010), S. 64.
308
Schlögl (1993), S. 65.
309
Clauss spricht im Gegensatz zu Schlögl bei einem Tagesmarsch von 20 bis 25 Kilometern. Schlögl bezeichnet
15 bis 20 Kilometer als Tagesmarsch.
310
Clauss (2010), S. 66.
105
helfen, die ägyptischen Schilderungen differenzierter zu beurteilen.311 Ramses II. beging ab diesem
Zeitpunkt mehrere taktische Fehler. Als man nur noch einen Tagesmarsch von Kadesch entfernt war,
entschied der Pharao, den Fluss Orontes, nahe Kadesch, mit nur einer seiner Divisionen zu
überqueren, anstatt auf die restlichen Einheiten zu warten.312 Dort wurden dem Pharao zwei
Beduinen vorgeführt, welche als Späher für den Hethiter-König bezeichnet wurden. Diese erklärten
jedoch, zum Pharao überlaufen zu wollen und informierten ihn darüber, dass Muwatalli mit seinem
Heer noch bei Aleppo, gut 150 Kilometer nördlich von Kadesch, lagerte. Hier sind sich Historiker
uneinig, ob es sich bei den beiden Beduinen um Erfindungen des Pharaos handelte, um die schlechte
Arbeit seiner Kundschafter zu kaschieren, wie es zum Beispiel Goedicke behauptet, oder ob es sie
wirklich gab und Ramses nur hörte, was er hören wollte, wie Clauss argumentiert.313 Ramses ließ sich
nach Aussage der erhaltenen Quellen von den Beduinen täuschen, da deren Informationen bestens
in die Aufmarschpläne des Pharaos hineinspielten. Er zog mit seinem Heer weiter in Richtung
Kadesch und errichtete ein Lager nordwestlich der Stadt, vermutlich, um am nächsten Tag die Stadt
anzugreifen.314 Dies war der zweite Fehler, den Ramses begangen hatte. Er ahnte nämlich nicht, dass
sich Muwatalli und seine Truppen nur wenige Kilometer östlich der Stadt befanden und nur auf einen
günstigen Moment für den Angriff warteten.315 So steht in den ägyptischen Quellen: „So stand er
gerüstet und schlachtbereit hinter Alt-Kadesch, aber seine Majestät wußte nicht, dass sie dort
waren“.316
Im Lager wurden dem Pharao zwei weitere gefangene hethitische Späher vorgeführt, welche dieses
Mal die Wahrheit sprachen und ihm berichteten, dass die hethitische Armee samt Verbündeten
östlich von Kadesch lagerte und für einen Angriff bereit war. Ramses gab der 2. Division (Re) sofort
den Befehl, so schnell wie möglich ins Lager aufzuschließen. Die Division hatte aber erst den Orontes
überquert und es würde noch die ganze Nacht bis zum Tagesanbruch dauern, bis sie Kadesch
erreicht. Die Division Ptah befand sich während des Befehls des Pharaos noch zwei Tagesmärsche
entfernt, die Division Seth noch mehr. Die Division Re marschierte weiter in Richtung Kadesch und als
sie die Stadt erreichte, wurde sie von einem Angriff der Hethiter unter der Führung von Hattusili
überrascht. Die ägyptischen Soldaten gerieten in Panik, vermutlich, weil sie für diese Situation keine
konkreten Anweisungen hatten. Jedoch hatte dieser Angriff der Hethiter auch deren Pläne verändert.
Durch den Angriff wurden die Kampfkraft der Hethiter deutlich beeinträchtigt und sie konnten das
311
Schlögl (1993), S. 69.
312
Schlögl (1993), S. 69.
313
Clauss (2010), S. 66.
314
Clauss (2010), S. 66-67.
315
Schlögl (1993), S.69.
316
Aus dem Altägyptischen übersetzt in: Schlögl (1993), S. 69.
106
Lager des Pharaos nicht mit voller Kraft angreifen. Scheinbar haben die Hethiter ohne Fußtruppen
angegriffen, da sie bei dem Überraschungsangriff auf Schnelligkeit gesetzt haben. Die Soldaten der
Division Re flüchteten in das Lager des Pharaos, wo auch die Division Amun stationiert war. Dort
brach Panik aus, was den Hethitern ermöglichte, in das Lager einzudringen und es zu plündern. Ein
Sieg der Hethiter war bereits gewiss, als plötzlich ein weiteres ägyptisches Ersatzheer, die
sogenannten Nern, überraschenderweise eingriffen. Diese Nern waren wohl Kanaanäer, die im
Dienst des Pharaos standen und die auf Schiffen in die Nähe Kadeschs transportiert wurden und
dann der Küste entlang gezogen waren. Durch das Einschreiten der Nern und die Disziplinlosigkeit
der Hethiter, denen offenbar die Beute aus dem Lager wichtiger war, als die Vernichtung der
Ägypter, konnten die Ägypter die drohende Katastrophe abwenden. Mit Ramses an der Spitze
schlugen die Ägypter zurück und konnten sich somit aus der Falle befreien und fliehen. Die Hethiter
erlitten dabei große Verluste, unter anderem zwei Brüder Muwatallis, den Kommandeur seiner
Leibgarde, seinen Sekretär und mehrere Generäle.317 Muwatalli verfolgte die flüchtenden Ägypter
allerdings nicht. Er war offensichtlich zufrieden mit seinem Überraschungsangriff und sammelte seine
Truppen am Ostufer des Orontes. Auch Ramses sammelte seine Truppen südlich von Schabtuna, wo
auch die Divisionen Ptah und Seth, die nicht an der Schlacht beteiligt waren, aufschlossen. Am
nächsten Morgen erhielten die Ägypter einen Brief vom Hethiterkönig, welcher zu einer weiteren
Schlacht aufforderte. Ramses jedoch war sich der Überlegenheit des Gegners bewusst und trat einen
geordneten Rückzug an. Amurru ging somit wieder an die Hethiter und die Ägypter reisten
geschlagen zurück in die Heimat.318
Die Schlacht von Kadesch wurde sowohl in Bild- als auch in Schriftquellen festgehalten, welche heute
als stark propagandistisch angesehen werden. Mehr als 13 Versionen der Berichterstattung in
verschiedensten Formen existieren auf ägyptischer Seite. Dabei wurden die Darstellungen meist an
öffentlich zugänglichen Orten angebracht, wie zum Beispiel auf einer Außenwand des Amun-Tempels
oder auch an einer Wand im äußeren Hof des Ramesseums. Die Absicht dahinter war es wohl, die
Nachricht über den propagierten Sieg der Ägypter einer breiten Masse zugänglich zu machen.319
In den späteren Darstellungen findet eine regelrechte Glorifizierung des Herrschers statt. Die
persönliche Tapferkeit des Pharaos wird die Hauptbotschaft der Berichterstattung. Ramses wird als
317
Clauss (2010), S. 69-70.
318
Schlögl (1993), S. 73-74.
Für eine genaue Darstellung der Schlacht siehe auch Fecht (1984).
319
Klengel (2002), S. 58-59.
107
mutiger Herrscher dargestellt, der sich, verlassen von seinem Gefolge, allein dem feindlichen Heer
gegenüberstellt.320 Im sogenannten ‚Bericht‘, dem längsten überlieferten Text über die Schlacht, wird
das Geschehen aus ägyptischer Sicht genau erzählt.321 Als der Pharao während des Kriegsrates vom
Angriff der Hethiter erfährt, werden seine weiteren Handlungen wie folgt beschrieben:
„Da erblickte S.M. [Anm.: Seine Majestät] sie und erhob sich daraufhin eilends, wütend auf
sie wie sein Vater Month. Er empfing den Schmuck des Kampfes und rüstete sich mit seinem
Panzer, er war wie Seth im Moment seiner Macht. Da bestieg er auch schon ‚Sieg in Theben‘,
sein großes Gespann, und preschte eilends voran. Wobei er ganz allein war. S.M. war
mächtig, sein Herz war tapfer, niemand konnte vor ihm bestehen. […] als er hineineilte in die
Mitte der Schar der Feinde von Hatti und der vielen Fremdvölker, die bei ihm waren, und
S.M. war wie Seth, groß an Kraft, wie Sachmet im Augenblick ihres Rasens, als S.M. die ganze
Schar des elenden Fürsten von Haiti [sic!] niedermachte […]. Und S.M. tötete sie, wo sie sich
gerade befanden, indem sie in Haufen vor seinen Pferden niederfielen, während S.M. ganz
allein war, niemand bei ihm. Darauf ließ S.M. die ganze Schar der Feinde von Hatti auf ihre
Gesichter fallen, einer auf den anderen […].“322
Daraufhin wechselt die Erzählung in die Ich-Form und berichtet weiter aus Sicht des Pharaos:
„Ich bezwang alle Fremdländer, ich allein, als mich meine Truppen und Wagen verlassen
hatten und nicht einer von ihnen umgewandt stehen blieb, so wahr ich lebe, sowahr [sic!] Re
mich liebt und mein Vater Amun mich segnet: was alle Dinge betrifft, die M.M. gesagt hat,
ich habe sie tatsächlich vollbracht, vor den Augen meiner Truppen und Wagen.“323
Der Bericht stellt die Situation wie eine Art Wunder dar. Das ägyptische Heer flieht vor den
hethitischen Streitkräften, der Pharao allerdings bleibt standhaft. Er verwandelt sich quasi in die
Verkörperungen der Götter und schlug die Feinde im Alleingang in die Flucht.324
Auch die zweite ‚große‘ schriftliche Darstellung der Schlacht, das Gedicht, stellt die Geschehnisse
ähnlich dar. Allerdings ist dieses literarischer und baut zu der Darstellung noch vier lange Reden des
Pharaos ein. Das erste davon ist ein Stoßgebet an den Gott Amun.325
„His majesty spoke: ‚What is this, father Amun? Is it right for a father to ignore hiss on? Are
my deeds a matter for you to ignore? Do I not walk and stand at your word? I have not
neglected an order you gave. Too great is he, the great lord of Egypt, to allow aliens to step
on his path! What are these Asiatics to you, O Amun, the wretches ignorant of god?“326
320
Schlögl (1993), S. 70.
321
Jan Assmann, Krieg und Frieden im Alten Ägypten: Ramses II. und die Schlacht bei Kadesch, in: Mannheimer
Forum 1983/84, Mannheim 1983.
322
Zit. in Assmann (1983).
323
Zit. in Assmann (1983).
324
Assmann (1983).
325
Assmann (1983).
326
Miriam Lichtheim, Ancient Egyptian Literature, Band 2, o.O. 1978, S. 65.
108
Daraufhin zählt der Pharao auf, was alles er im Namen des Amun errichtet und geopfert hat,
woraufhin der Gott sich besann und den Pharao unterstützte.327 Im Gedicht wird, im Gegensatz zu
dem Bericht, eine religiöse Erklärung für den Sieg des Pharaos gegen die Feinde geliefert. Hier ist es
nämlich das Wirken des Gottes Amun, das dem Pharao die übermenschliche Kraft gibt, um die
Hethiter zu besiegen.328
Auf den bildlichen Quellen in Form der Reliefs auf den Tempelwänden des Landes wiederholt sich
ebenfalls das Motiv des Königs, der allein gegen das Feindesheer kämpft. Der Pharao wird als der
große Held dargestellt, der aus eigener Kraft den Sieg erringen konnte. Sobald er das Schlachtfeld
betritt, ergreifen die Feinde die Flucht, da diese wissen, dass durch sein Eingreifen in die Schlacht ihre
Niederlage feststeht. Auf den Bildern findet eine Niederlage des ägyptischen Heeres keinen Platz.
Nicht einmal ein ausgeglichener Kampf zwischen zwei gleichberechtigten Kräften wird in Erwägung
gezogen. Die Bilder zeigen Ramses groß im Zentrum. Um ihn herum herrscht das Chaos. Unzählige
gefallene Hethiter umringen den Herrscher. Die, die noch leben fliehen und kommen in den Fluten
des Orontes ums Leben, da sie laut der ägyptischen Darstellung nicht schwimmen konnten – ein
weiterer Aspekt, in dem der Pharao den Feinden überlegen ist.329
Aus Keilschrifturkunden aus Hattuscha geht hervor, dass die Hethiter die flüchtenden Ägypter noch
verfolgt hatten und in diesem Zuge auch das Gebiet rund um Damaskus verwüsteten. Die Herrschaft
der Hethiter in der Region war nach der Schlacht von Kadesch so gefestigt wie nie zuvor.330 Im
Gegensatz zu den Ägyptern, scheint die Schlacht von Kadesch allerdings für die Hethiter eine deutlich
weniger große Bedeutung gehabt zu haben. Laut einem Gelübde von Muwatalli wurde nicht einmal
der ägyptische Pharao als hauptsächlicher Gegner bezeichnet, sondern das Land Amurru, welches
ursprünglich dem Hethiter-König Schuppiluliuma I. die Treue geschworen hatte und das mit der
Verbindung zu Ägypten als vertragsbrüchig angesehen wurde.331
Später wurde die Schlacht in der Einleitung eines Vertrags zwischen Großkönig Tuthalija IV. und dem
Amurru-Fürsten Schauschgamuwa erwähnt:
327
Clauss (2010), S. 74.
328
Assmann (1983).
329
Clauss (2010), S. 72.
330
Sabine Fick, Bewirken der Maat und Realpolitik: Die zwei Wirklichkeiten der Macht des Pharao, in: Andreas
Exenberger (Hrsg.), Afrika – Kontinent der Extreme, (Edition Weltordnung – Religion – Gewalt 9), Innsbruck
2011, S. 19 – 46, hier S.24.
331
Klengel (2002), S. 59.
109
„But when Muwattalli, uncle of My Majesty, became King, the men of Amurru committed an
offense against him, informing him as follows: ‚We were voluntary subjects. Now we are no
longer your suspects.‘ And they went over to the King of Egypt. Then My Majesty’s uncle
Muwattalli and the King of Egypt fought over the men of Amurru. Muwattalli defeated him,
destroyed the land of Amurru by force of arms, and subjugated it.“332
Dabei wird die Schlacht nur beiläufig erwähnt und der Konflikt mit Ägypten nicht in den Vordergrund
gerückt. Hier geht Klengel von politischem Kalkül aus, weil man zu der Zeit Tuthalijas IV. daran
interessiert war, die guten politischen Beziehungen zu Ägypten, die sein Vater Hattuschili III.
hergestellt hatte, weiter aufrecht zu erhalten. Auch der Name des ägyptischen Königs wird in dieser
Einleitung nicht genannt. Vermutlich, weil Ramses II. zu dieser Zeit noch immer auf dem Thron in
Ägypten saß. Der Plan von Muwattalli II. war es lediglich, die Herrschaft der Hethiter bis Mittelsyrien
zu sichern, weshalb Amurru wiedergewonnen werden musste. Muwattalli hatte nicht vor, auf
ägyptisches Territorium vorzustoßen oder die Ägypter anzugreifen, da so ein Vorhaben auch keine
Erfolgschancen gehabt hätte.333
Die Darstellung des Schlachtfelds von Kadesch im Spiel ‚Assassin’s Creed: Origins‘ entspricht kaum
den ruhmreichen Darstellungen der Schlacht in den ägyptischen Quellen. Es gibt zwar Ähnlichkeiten
mit den bildlichen Darstellungen der Schlacht, so ist auch im Spiel die Figur des Ramses deutlich
größer als die der Leichen am Schlachtfeld, ansonsten kann man hier aber kaum Vergleiche ziehen.
Im Spiel wird lediglich ein ‚neutrales‘ Bild eines Schlachtfelds nach einem großen Kampf gezeigt. Man
kann nicht erahnen, wer diese Schlacht gewonnen hat, da es viele Verluste auf beiden Seiten gibt.
Nachdem sich Ramses nach der Schlacht von Kadesch aus Vorderasien zurückzog, empfanden die
südlichen syrischen Kleinstaaten dies als Zeichen der militärischen Schwäche Ägyptens. Deshalb
wollten sie sich von dem Großreich, welchem sie tributpflichtig waren, absetzen und stellten ihre
Tributabgaben ein. Dem konnte Ramses nicht untätig zusehen und so machte er sich in seinem 8.
Regierungsjahr erneut auf zu einem Feldzug nach Vorderasien.334 Auf diesem eroberte er zuerst die
strategisch wichtige Hafenstadt Askalon zurück. Er marschierte weiter durch Galiläa und über den
Jordan und eroberte das neu entstandene Königtum Moab im Ost-Jordanland. Darauf folgte die Stadt
Dibon und zog weiter nordwärts nach Damaskus. Dort konnte Ramses mit seinem Heer kampflos die
332
Gary Beckman, Hittite Diplomatic Texts (SBL Writings from the Ancient World Society of Biblical Literature
7), Atlanta 1996, S. 99-100.
333
Klengel (2002), S. 62-63.
334
Schlögl (1993), S. 78.
110
Kontrolle über die Provinz Upe zurückerlangen. Dass die Hethiter bei diesem ausgedehnten Feldzug
nicht eingriffen lag vermutlich an den innenpolitischen Streitigkeiten im Hethiterreich, welche nach
dem Tod von König Muwatalli entstanden.335
Auf seinem Feldzug durch Vorderasien drang Ramses weiter in Richtung Amurru vor. Dabei umging er
die Stadt Kadesch. Am Ende eroberte Ramses Dapur, was als einer der großen Erfolge dieses Feldzugs
gilt und unter anderem an der Westfassade des ersten Pylonen im Ramesseum verewigt wurde.
Dapur war die nördlichste Stadt, die Ägypten im Einflussbereich der Hethiter unter Kontrolle bringen
konnte, wenn auch nur für kurze Zeit. Deshalb ließ der Pharao diesen Erfolg vermutlich auch so
prestigeträchtig in Form von Reliefs im Ramesseum darstellen.336
Das Relief zeigt Ramses in Übergröße, wie er auf einem Streitwagen steht und Pfeile in Richtung
Dapur schießt. Die Feinde vor seinem Streitwagen liegen entweder tot am Boden oder fliehen vor
dem Pharao. Am Fuße der Festung erkennt man vier Söhne des Königs, wie sie hinter Schutzwänden
gegen die Feinde kämpfen. Mithilfe von Leitern stürmen zwei weitere Prinzen die Festung. Eine mit
Pfeilen durchlöcherte Standarte an der Spitze Dapurs soll den Untergang der Festung symbolisieren.
Ramses nahm die Festung nach einer spektakulären Schlacht ein, allerdings sollte der Erfolg nur
335
Schlögl (1993), S. 78.
336
Clauss (2010), S. 79.
111
kurzfristig bleiben. Als der Großteil des Heeres abgezogen war und nur noch eine kleine Gruppe als
Besatzung zurückblieb, eroberten die Verbündeten des Hethiterreichs die Festung zurück.337
Wenn man die Darstellung Dapurs auf dem Relief im Ramesseum mit der Darstellung der Festung im
Spiel vergleicht, kann man zumindest im Aufbau Ähnlichkeiten erkennen. Mehrere Mauern bauen
sich zu einer Festung auf und auch erhöhte Geschütztürme sind auf beiden Bildern zu erkennen.
Ansonsten ist ein Vergleich nur schwer. Im Spiel ähnelt Dapur mehr einer Ruine, welche im
Wüstensand zu versinken scheint, während sie auf dem Relief wie eine riesige Festung dargestellt
wird, welche nur mittels hoher Leitern eingenommen werden kann.
4.4.10. Charakteristika des Gottes Seth als Inspiration für das ‚Sedfest‘
Im Vergleich zu den anderen Jenseitsgebieten im Spiel wirkt das ‚Sedfest‘ von Ramses II. am
unwirtlichsten. Eine karge Wüstenlandschaft, in welcher Sandstürme unaufhörlich durchziehen. Hier
existiert kein menschliches Leben, nur monströse Tiere und Mensch-Tier-Hybriden streifen durch das
Land. Alles in diesem Gebiet scheint dem Spieler gegenüber feindlich gesinnt zu sein. Im Gegensatz
zu den anderen Gebieten wirkt das ‚Sedfest‘ fremdartig. Dass sich das ‚Sedfest‘ von Ramses II. in der
Fremde befindet, könnte man dadurch argumentieren, dass sich die einzigen beiden namhaften Orte
in diesem Gebiet, nämlich das Schlachtfeld von Kadesch und die Belagerung Dapurs, auf reale Orte
beziehen, welche sich aus ägyptischer Sicht im Fremdland befinden.
Laut dem ‚Lexikon Alter Orient‘ wird dem Gott Seth das Fremdland, beziehungsweise nicht-
ägyptische Gebiet zugeschrieben. Er hat neben den Oasen und dem Meer vor allem die Wüsten als
337
Clauss (2010), S. 79-81.
112
Heimat.338 Er ist von Anfang an Teil der Neunheit in Heliopolis und zählt damit zu den großen Göttern
Ägyptens. Seine Bedeutung ist komplex, da er zum einen untrennbar mit Horus verbunden ist und
mit ihm das Machtspektrum bildet, das der Pharao verkörpert. Zum anderen gilt er aber als der
Osiris-Mörder und wird damit als der Feind angesehen, der zu verurteilen und zu vernichten ist. Er
befindet sich im dauernden Kampf mit Horus. Nachdem er aufgrund des Mordes an seinem Bruder
Osiris vor das Göttergericht gestellt und verurteilt wurde, wurde Seth in die wiederhergestellte
Weltordnung eingebunden. Einerseits als Herrscher über die Wüste und andererseits in der
Verbindung mit Horus als die Verkörperung der Gewalt, ohne die das von Horus verkörperte Recht
nicht existieren kann.339 Im Ostdelta des Nils wurde Seth ca. ab 1800 v.u.Z. verehrt. Hier ansässige
Asiaten verbanden ihn mit dem Gott Baal und er wurde zum Hauptgott der Hyksos340. Auch später
hielt sich die Verehrung des Seths im Ostdelta. Die Ramessiden, welche in der 19. und 20. Dynastie
die Herrschaft über Ägypten hatten, stammten ebenfalls aus diesem Delta und errichteten dort ihre
Hauptstadt. Sie hatten ein besonderes Verhältnis zu Seth und erklärten ihn zum Schutzgott ihrer
Dynastie.341 In dieser Zeit wurde Seths Bedeutung ins Positive verstärkt. Er wurde in die Mannschaft
der Sonnenbarke, welche die Duat durchfährt, berufen. Dort hat er die Aufgabe, mit seinem Speer
die Apophis Schlange abzuwehren und den Sonnengott Re somit zu schützen.342
Seth wird neben dem Attribut als Herr über die Wüste, auch als Gott der Stürme, des Donners und
des bewölkten Wetters bezeichnet. Er gilt als Herrscher der anderen Länder.343 Diese Charakteristika
kann man auch im Gebiet ‚Sedfest‘ im Spiel wiedererkennen. Das Gebiet entspricht einer riesigen
Wüste. Dichte Wolken sind am Himmel zu erkennen, dazu ziehen laufend Sandstürme durch. Zwei
spezielle Orte im Gebiet, nämlich das Schlachtfeld von Kadesch und die Belagerung Dapurs, beziehen
sich auf reale Orte im Fremdland. Hinzu kommen noch die riesigen Abbildungen von Ramses II. aus
dem Geschlecht der Ramessiden, welche eine besondere Verbindung zum Gott Seth hatten.
Eine der vielen Geschichten rund um Seths Machtkampf mit Horus erzählt von Seth, der in einer Oase
den schlafenden Horus entdeckt. Er nutzt die Situation aus, stürzt sich auf seinen Gegner und reißt
ihm dabei seine Augen heraus. Die Augen vergräbt er im Wüstensand, wo diese sich gleich in
Lotusblumen verwandeln.344 Auch hier können wir wieder eine Verbindung zum Spiel entdecken.
338
Freydank (1997), S. 393.
339
Jan Assmann/Andrea Kucharek (Hrsg.), Ägyptische Religion. Götterliteratur, Berlin 2018, S. 696.
340
Fremdländische Könige, welche Ägypten in der Zweiten Zwischenzeit regierten.
341
Freydank (1997), S. 394.
342
Assmann (2018), S. 697.
343
Freydank (1997), S. 393.
344
George Hart, Ägyptische Mythen (Mythen Alter Kulturen), Stuttgart 1993, S. 64.
113
Eine der Missionen im ‚Sedfest‘ enthält den Auftrag, die Augen von Ramses II., welche gestohlen
wurden, zu finden und dem Pharao zurückzubringen.
114
4.5. Weitere Jenseits-Symbole im Spiel:
4.5.1. Lotusblumen
Der Lotus ist die bedeutendste Symbolpflanze im alten Ägypten. Sie wurde sowohl als Schmuck, als
auch als Nahrungsmittel verwendet. Sie wird als Kopf- oder Halsschmuck verwendet und gilt als
Vorbild für die Gestaltung von Säulen, Fächern und Schalen.345
Vor allem religiös hat die Lotusblume jedoch eine sehr große Bedeutung. Seit der Amarna-Zeit ist sie
Sinnbild für die Regeneration. Die Blüte öffnet sich morgens und schließt sich abends bevor sie ins
Wasser sinkt. Diese Parallele zum Sonnenlauf machte den Lotos zum Symbol der Schöpfung. Der
Sonnengott, der am Morgen wiedergeboren wird, steigt als kindlicher Gott aus der Blüte des Lotus.
Die große Lotusblüte, die aus dem Urwasser entstanden ist, gilt als der Schoß der Sonne.346
Aufgrund der Symbolik der Lotusblume wurden vielzählige Gegenstände nach dem Vorbild des Lotos
gestaltet. Auch in Sarg- und Grabdekorationen wurde die Lotusblüte ein dominantes Motiv für die
Wiedergeburt. Hier ist sie oft mit dem Skarabäus, als Regenerationstier, verbunden. Schließlich
wurde die Lotusblüte auch zu einem Schriftbild, welches für ‚Freude‘ steht.347
Im Spiel sind die Lotusblumen vor allem im Gebiet ‚Duat‘ sehr prominent dargestellt. Über das ganze
Gebiet sind mannshohe Lotusblüten verteilt, welche in einem bläulichen Ton leuchten. Lotusblumen
sind allerdings auch in den anderen Jenseitsgebieten zu finden. Zum einen in den überfluteten
345
Emma Brunner-Traut, Lotos, in: Wolfgang Helck/Wolfhart Westendorf (Hrsg.), Lexikon der Ägyptologie
(Band III), Wiesbaden 1980, Sp. 1091-1096, hier: Sp. 1092.
346
Brunner-Traut (1980), Sp. 1092.
347
Brunner-Traut (1980), Sp. 1094-1095.
115
Korridoren vor den jeweiligen Gebieten, aber auch im ‚Iaru‘ und im ‚Aton‘ findet man Lotusblätter
und -blüten in den Brunnen und Teichen.
4.5.2. Ba-Vögel
Der ‚Ba‘ ist ein Begriff, welcher keine direkte Übersetzung in modernen Sprachen besitzt. Oft wird er
als ‚Seele‘ übersetzt, allerdings wird die dualistische Unterscheidung zwischen Körper und Seele den
Vorstellungen und dem philosophischen System der alten Ägypter nicht gerecht.348 Hornung
beschreibt den Ba als:
„Das frei bewegliche, aktive Element des Verstorbenen, auch als selbständige Manifestation
von Göttern oder Toten. Obgleich dem ortsgebundenen Körper gegenübergestellt, hat der Ba
auch materielle Bedürfnisse und Funktionen, im Unterschied zur ‚Seele‘ in unserem Sinne. Das
freie Schweifen durch alle Räume kommt in seiner Vogelgestalt zum Ausdruck.“349
Im Lexikon der Ägyptologie wird der Ba als Manifestation der Kraft eines Gottes, beziehungsweise
auch eines Königs, bezeichnet. Bei Verstorbenen aus dem gemeinen Volk stellt der Ba die physische
und psychische Vitalkraft des Verstorbenen dar. Der Ba ist das Alter Ego des Verstorbenen im
Jenseits, wo er auch alle Körperfunktionen übernimmt, wie zum Beispiel Essen, Trinken und
Kopulation.350 Der Ba erscheint auf Darstellungen meist als Vogel mit Menschenkopf. Oft wird er in
348
Louis V. Žabkar, Ba, in: Wolfgang Helck/Eberhard Otto (Hrsg.), Lexikon der Ägyptologie (Band I), Wiesbaden
1975, Sp. 588-590, hier Sp. 588-589.
349
Erik Hornung, Das Totenbuch der Ägypter, Düsseldorf 32004, S. 533.
350
Žabkar (1975), Sp. 589-590.
116
Sykomorenbäumen neben den Gräbern der Toten sitzend oder frei herumfliegend dargestellt. In
dieser Form kann der Tote aus seinem Grab herausgehen und sich im Jenseits bewegen.351
Im Spiel befinden sich in allen vier Jenseitsgebieten zahlreiche Ba-Vögel. Diese fliegen meist in
Schwärmen durch die Gebiete und sprechen in einer unverständlichen Sprache. Im Spiel besitzen die
Vögel keine individuellen Gesichtszüge. Sie alle haben dasselbe Design mit weiblichem Kopf. Für den
Spieler stellen die Ba-Vögel keine Gefahr dar. Sie greifen die Spielfigur nicht an und fliegen im
Regelfall davon, wenn man sich ihnen nähert.
351
Hagen (2016), S. 200.
117
5. Conclusio
Historische Videospiele sind in der Gaming-Branche beliebt. Das beweist die ‚Assassin’s Creed‘-Reihe,
welche regelmäßig Spiele mit historischem Hintergrund veröffentlicht und weltweit einen sehr guten
Ruf genießt. Einen Spagat zwischen historischer Authentizität und ansprechendem Gameplay zu
machen, kann für Spieleentwickler zu einer schwierigen Aufgabe werden. Um diesen Spagat zu
schaffen, arbeitet das Entwicklerstudio Ubisoft eng mit Historikern und Archäologen zusammen. Sie
versuchen, möglichst authentische Darstellungen von vergangenen Welten zu gestalten. Mit der
Auskopplung ‚Assassin’s Creed: Origins‘ haben sich die Macher in die Ptolemäer-Zeit gewagt und die
Geschichte rund um Kleopatra und Ptolemaios XIII auf ihre Weise erzählt.
Mit der Erweiterung ‚Fluch der Pharaonen‘ erzählt das Team die Geschichte rund um Bayek von Siwa
weiter. Dabei verlässt die Geschichte jedoch historisch fundierte Hintergründe. Mit den von den
Toten erwachten Pharaonen und den Reisen des Protagonisten in das Jenseits, ist diese Erweiterung
auf den ersten Blick viel eher dem Fantasy-Genre zuzuordnen. Trotzdem liefert sie in mehreren
Facetten ein gewisses Maß an historischer Authentizität. Der Spieler kann nun beispielsweis zum
ersten Mal die historische Stadt Theben und deren Tempel besuchen. Und auch wenn die Stadt eher
als ‚Interpretation von Theben‘ der Spieleentwickler zu verstehen ist, bekommt man hier trotzdem
einen Einblick darin, wie zum Beispiel die Amunpriesterschaft im Tempel von Karnak agiert haben
könnte.
Noch schwieriger ist die Beurteilung der Authentizität des im Spiel dargestellten Totenkults und der
Jenseitsvorstellungen. Diese Arbeit zeigt jedoch, dass man auch hier durchaus von Authentizität in
der Darstellung sprechen kann. Drei der vier betretbaren Jenseitsgebiete haben deutliche Bezüge
entweder zu real existierenden Städten (‚Aton‘) oder zu Vorstellungen des Jenseits, wie sie in
altägyptischen Quellen zu finden sind (‚Iaru‘ und ‚Duat‘). Hier muss man allerdings ebenfalls von
Interpretationen sprechen. So war es bestimmt nicht Teil der Jenseitsvorstellungen der Ägypter, dass
sich im ‚Binsenfeld‘ ein Palast zu Ehren der Nofretete oder in der ‚Duat‘ ein Tempel für Tutanchamun
befindet. Hier lässt sich aber wieder mit einer Authentizität der Jenseitsvorstellungen der damaligen
Könige argumentieren. In den ägyptischen Vorstellungen war es üblich, dass ein König auch im
Jenseits noch als König regieren würde. So könnte man interpretieren, dass die Nofretete aus dem
Spiel in ‚ihrem ganz persönlichen Iaru‘ herrscht und es sich um die ‚persönliche Duat‘ von
Tutanchamun handelt. Abseits der Residenzen der beiden Könige kann man deutlich erkennen, dass
sich die Entwickler beim Design der Gebiete ‚Iaru‘ und ‚Duat‘ an den ägyptischen Quellen orientiert
haben. Das ‚Aton‘, beziehungsweise die ‚Stadt des Aton‘, wie sie im Spiel vorkommt, dürfte
höchstwahrscheinlich auf der Stadt Achet-Aton basieren, welche Echnaton erbauen ließ. Parallelen
118
lassen sich in der Lage der Stadt, sowie am Großen Tempel des Aton, der sich darin befindet,
erkennen. Hinzu kommen die neuen Vorstellungen vom Leben nach dem Tod in der Amarna-Zeit.
Echnaton hat das Jenseitsbild geleugnet. Seinem Glauben nach leben die Toten im Diesseits (also in
der Stadt Achet-Aton) und werden im Tempel mitversorgt.352 Auch im Spiel gibt es Hinweise auf
einen Zusammenhang. Das Design der Stadt unterscheidet sich im Aufbau jedoch deutlich vom
realen Vorbild. Dafür wird hier allerdings die berühmte Amarna-Kunst prominent dargestellt, welche
ebenfalls deutlich auf realen Darstellungen, die gefunden wurden, basieren.
Das ‚Sedfest‘ von Ramses II. hat im Vergleich zu den anderen Jenseitsgebieten wohl die losesten
Verbindungen zu den altägyptischen Quellen. Mit dem ‚Schlachtfeld von Kadesch‘ und der
‚Belagerung von Dapur‘ sind zwar Referenzen zu real existierenden Schauplätzen vorhanden, eine
engere Verbindung ist hier jedoch kaum zu erkennen. Generell lässt das ‚Sedfest‘ den größten Raum
für Interpretationen unter den vier Jenseitsdarstellungen.
Historische Authentizität beweist das Spiel dagegen definitiv auch bei den Darstellungen der
Königsgräber. Die Gräber von Tutanchamun, Echnaton und Ramses II. entsprechen im Großen und
Ganzen den real existierenden Gräbern. Hier sind zwar auch geringfügige Veränderungen in den
Darstellungen vorhanden, wie zum Beispiel die alternative Anordnung oder das Hinzufügen von
Wandmalereien, der zusätzliche Raum im Grab von Echnaton oder auch der versteckte Durchgang in
der Grabkammer des Tutanchamun, der in Nofretetes Grab führt, was aber auf einer Annahme des
Ägyptologen Nicholas Reeves basiert. Trotzdem orientieren sich die Gräber immer noch sehr stark an
den Originalen. Neben den geringfügigen Unterschieden innerhalb der Gräber, stellt ihre Lage im Tal
der Könige allerdings einen erheblichen Unterschied zur Realität dar. Auch die Möglichkeit, die
Gräber überhaupt betreten zu können, muss als Faktor gewertet werden, der die Authentizität der
Darstellung mindert. Das Spiel handelt in der ausgehenden Ptolemäer-Zeit und zumindest bei dem
Grab von Tutanchamun wissen wir, dass es vor seiner Wiederentdeckung durch Howard Carter im
Jahr 1922 von niemandem betreten worden sein konnte.
Somit lässt sich abschließend feststellen, dass die Erweiterung ‚Fluch der Pharaonen‘ zwar nicht den
hohen Grad an Authentizität, den das Hauptspiel bietet, fortführt, aufgrund der in dieser Arbeit
vorgelegten Verbindungen zu verschiedensten historischen Quellen kann man hier aber trotzdem
zumindest von einem gewissen Maß an Authentizität sprechen. Die Spieleentwickler stützen ihre
Darstellungen im Spiel definitiv auf altägyptische Quellen oder auf Theorien von anerkannten
Ägyptologen. Sie haben sich hier allerdings auch größere Spielräume beziehungsweise Platz für
352
Siehe dazu Assmann (1984), S. 81.
119
Interpretationen gelassen. Hier lässt sich nur vermuten, dass dies zugunsten der Story, welche einen
deutlich engeren Bezug zum Fantasy-Genre hat, und dem damit verbundenen Gameplay geschah.
120
6. Der Einsatz von (historischen) Computerspielen im Geschichtsunterricht
Eine Studie, welche vom Österreichischen Verband für Unterhaltungssoftware (ÖVUS) in Auftrag
gegeben wurde, zeigt, dass etwa 5,3 Millionen Menschen in Österreich Videospiele spielen. Ein
Drittel davon gibt dabei an, (fast) täglich solche Spiele zu spielen, während 18% mehrmals pro Woche
zum Videospiel greifen. Besonders bei der Jugend sind Videospiele beliebt, so geben etwa 90% der
Gruppe der 10- bis 15-jährigen an, regelmäßig Videospiele zu spielen. Das Durchschnittsalter der
Gamer liegt allerdings bei 35 Jahren.353 Die Studie zeigt, dass Videospiele in Österreich boomen, seien
es Smartphone-Spiele, Spiele auf dem PC oder Konsolenspiele. Besonders für Kinder und Jugendliche
ist das Medium Videospiele mittlerweile ein Teil des Alltags. Das Spielen und die Erfahrungen, welche
man während des Spielens macht, gehören zu den Grundkonstanten und -bedürfnissen des
Menschen. Hier entsteht ein Verlangen nach Kultur und kultureller Weiterentwicklung.354
In der Fachdidaktik wurde das Spielen (sowohl in digitaler als auch in analoger Form) zunächst
hauptsächlich im Sinne der Auflockerung und der Abwechslung im Unterricht verwendet.355 Mit der
mehr und mehr aufkommenden Zentrierung der Fachdidaktik auf Konzepte wie den
problemorientierten oder handlungsorientierten Unterricht, veränderte sich auch die Bedeutung des
(digitalen) Spielens im Unterricht. In den Vordergrund traten nun die vielfältigen Vorteile, die das
(digitale) Spielen mit sich bringt, wie zum Beispiel das Training von Sensomotorik oder die Förderung
von kognitiven, sozialen und emotionalen Fähigkeiten.356 Somit bieten sich vor allem historische
Videospiele auch für den Einsatz im Geschichtsunterricht an. Zum einen befriedigen diese Spiele
durch die spielerische Interaktion ein kulturelles Grundbedürfnis der Schülerinnen und Schüler357.
Zum anderen fördert es auch das selbständige Verstehen von Sachverhalten und das Bilden einer
eigenen Meinung dazu.358
Sonja Gaugin zählt eine Vielzahl an Motiven auf, warum das Spielen von Videospielen für viele
Menschen eine Faszination ausübt. Neben dem Spielspaß und dem Motiv des Zeitvertreibs nennt sie
unter anderem die Herausforderung, die Identitätsbildung und die Ausübung von Macht und
353
Österreichischer Verbund für Unterhaltungssoftware, Gaming in Austria 2019
[https://www.ovus.at/news/ueber-fuenf-millionen-oesterreicher-spielen-videospiele/], Wien 2019,
eingesehen: 12.5.2020.
354
Konstantin Mitgutsch/Michael Wagner, Gaming the Schools. Didaktische Szenarien des Digital Game Based
Learning, in: Medienimpulse. Beiträge zur Medienpädagogik 47(2), o.O. 2009, S. 4-5.
355
Ulrich Mayer, Spiele im Geschichtsunterricht, in: Klaus Bergmann/Klaus Fröhlich/Annette Kuhn/Jörn
Rüsen/Gerhard Schneider (Hrsg.), Handbuch der Geschichtsdidaktik, Seelze-Velber 51997, S. 447-451, hier: S.
447.
356
Waldemar Grosch, Computerspiele im Unterricht, Schwalbach am Taunus 2002, S. 39-40.
357
Zugunsten des Leseflusses wird die Abkürzung SuS im weiteren Text verwendet.
358
Frans Mäyrä, An Introduction to Tame Studies. Games in Culture, Los Angeles 2008, S. 19.
121
Kontrolle in einem pseudo-realen Umfeld. In Spielen erlebt man Erfolge und Misserfolge und kann im
Spielfluss aufgehen. Sie können dem Stressabbau dienen und sogar reale soziale Verbindungen in
einer fiktiven Spielwelt aufbauen. Videospiele können auf der einen Seite eine Abwendung von der
Realität hinein in fremde Welten, auf der anderen Seite aber auch einen Rückbezug auf Bekanntes
und auf Muster der Wirklichkeit bieten.359 Ein besonders hohes Maß an Verschmelzung von Spielwelt
und bereits vorhandenen Alltags- und Vergangenheitskenntnissen bieten historische Videospiele.
Hier erlebt der Spieler eine fiktive pseudohistorische Welt, welche sogar oft interaktiv gestaltbar ist.
Hierzu kommen die digitalen Herausforderungen, die das Spiel stellt, welche Spannung, Anspannung
und Konzentration des Spielers auslösen.360 Neben den Nutzungsmotiven löst auch der individuelle
Prozess des Spielens dessen Faszination aus. Ganguin nennt hier vier Merkmale: Der gefühlte
Aktivitätsgrad, das ausgeglichene Anforderungsprofil, der hohe Aufmerksamkeitsgrad und das
direkte Rückmeldungssystem, das Videospiele bieten. Die Spieler befinden sich also in einer
Situation, in der sie aktiv agieren können. Die Anforderungen in den Spielen befinden sich
üblicherweise auf oder leicht über dem Kompetenzniveau der Spieler, um eine Entwicklung
auszulösen. Die Spieler müssen während des Spielens stets aufmerksam sein und bekommen
innerhalb des Spieles ein direktes Feedback zu ihren getroffenen Entscheidungen.361
Neben den Überlegungen rund um die Vor- und Nachteile des Spielens eines Videospiels, ist auch die
Überlegung über die (historischen) Inhalte der Videospiele ein wichtiger Aspekt, der beim Einsatz von
Videospielen im Geschichtsunterricht zu beachten ist. An dieser Stelle sei noch einmal auf das Kapitel
„(Antike) Geschichte in Videospielen“ am Beginn dieser Arbeit hingewiesen. Die Authentizität der
359
Sonja Ganguin, Computerspiele und lebenslanges Lernen. Eine Synthese von Gegensätzen, Wiesbaden 2010,
S. 238-244.
360
Rolf Oerter, Lebensthematik und Computerspiel, in: Jürgen Fritz/Wolfgang Fehr (Hrsg.), Handbuch Medien:
Computerspiele, Bonn 1997, S. 59-65, hier: S. 61.
361
Ganuin (2010), S. 247-249.
362
Katharina-Maria Behr/Christoph Klimmt/Peter Vorderer, Leistungshandeln und Unterhaltungserleben im
Computerspiel, in: Thorsten Quandt/Jeffrey Wimmer/Jens Wolling (Hrsg.), Die Computerspieler. Studien zur
Nutzung von Computergames, Wiesbaden 2008, S. 225-240, hier S. 228.
122
Darstellungen in den historischen Videospielen, welche im Unterricht eingesetzt werden sollen, ist
ebenfalls ein Faktor, welcher von der Lehrperson (LP) berücksichtigt werden sollte.
Im Bezug auf den Lehrplan, der durch das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und
Forschung vorgegeben ist, stellen (historische) Videospiele definitiv ein Medium dar, welches seinen
Platz im Geschichtsunterricht findet. So sieht der Lehrplan für Geschichte unter dem Punkt ‚Beiträge
zu den Bildungsbereichen‘ die „Arbeit mit Texten und Bildern (Quellen und Darstellungen der
Vergangenheit sowie der Gegenwart in unterschiedlichen Medien)“363 vor. Zusätzlich weist der
Lehrplan auch darauf hin, dass bei den didaktischen Prinzipien, welche dabei helfen sollen,
Lerngegenstände und Methoden auszuwählen, unter anderem auch ein Lebensweltbezug geschaffen
werden soll.364 Wie die Statistik des ÖVUS belegt, gehören Videospiele für einen großen Teil der
Kinder und Jugendlichen zum Alltag. Hier kann also durch den Einsatz von Videospielen im Unterricht
ein Lebensweltbezug zu den SuS aufgebaut werden. (Historische) Videospiele können auch den
Erwerb von historischen Kompetenzen fördern. Unter dem Punkt ‚Historische Methodenkompetenz‘
fordert der Lehrplan „[d]ie Eigenständigkeit im kritischen Umgang mit historischen Quellen zum
Aufbau von Vorstellungen und Erzählungen über die Vergangenheit (Re-Konstruktion) sowie ein
kritischer Umgang mit historischen Darstellungen (zB […] Computerspielen)“365 zu fördern. Auch die
‚Historische Sachkompetenz‘ kann durch historische Videospiele gefördert werden. Bei dieser
Kompetenz „gilt es an vorhandene Vorstellungen der Lernenden anzuschließen und in einer
altersgemäßen Konkretisierung sowie Weiterentwicklung im Sinn eines Lernens mit Konzepten
besondere Aufmerksamkeit zu schenken.“366 Besonders die ‚altersgemäße Konkretisierung‘ kann
durch die Darstellung der Geschichte in Videospielen geboten werden. Schlussendlich werden im
Lehrplan auch die ‚historischen und politischen Einsichten‘ erwähnt:
363
BMBWF, Gesamte Rechtsvorschrift für Lehrpläne – allgemeinbildende höhere Schulen, Fassung vom
18.05.2020,
[http://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung/Bundesnormen/10008568/Lehrpl%c3%a4ne%20%e2%80%93%20a
llgemeinbildende%20h%c3%b6here%20Schulen%2c%20Fassung%20vom%2018.05.2020.pdf], S. 64, eingesehen
18.5.2020.
364
BMBWF (2020), S. 65.
365
BMBWF (2020), S. 65.
366
BMBWF (2020), S. 66.
123
- Bewusstmachen der vielfältigen Ursachen historischer und politischer Ereignisse und
Verläufe sowie der verschiedenen Möglichkeiten ihrer Deutung und Darstellung;
All diese Einsichten können durch verschiedene Herangehensweisen mithilfe von historischen
Videospielen bearbeitet und veranschaulicht werden. Beispielsweise könnte Punkt 1 durch das
Spielen eines historischen Strategiespiels, in dem die SuS selbst politische Entscheidungen im Kontext
der Geschichte treffen müssen, entwickelt werden. Der zweite Punkt kann durch das Spielen eines
historischen Action-Adventures quasi ‚virtuell‘ geschehen, womit die SuS ‚digitale Begegnungen‘
erleben können. Und auch die restlichen Einsichten können durch den Einsatz von historischen
Videospielen im Geschichtsunterricht entwickelt werden.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass der Einsatz von historischen Videospielen im
Geschichtsunterricht sehr viel Potenzial birgt. Durch die Nähe zur Lebenswelt der SuS kann hier eine
(intrinsische) Motivation entstehen, welche sehr förderlich für die Entwicklung und die Lernerfolge
der SuS sein kann. Neben den fachdidaktischen Vorteilen fördern Videospiele auch kognitive und
sensomotorische Fähigkeiten, die den SuS nicht nur im schulischen Kontext sondern auch in ihrer
Lebenswelt helfen können. Der Lehrplan des Bildungsministeriums bietet jedenfalls die
Rahmenbedingungen, um das Medium Videospiele effektiv im Unterricht einzusetzen. In welcher
Form dies geschieht, obliegt schlussendlich der LP. Im folgenden Abschnitt soll ein konkretes Beispiel
dargestellt werden, wie man das historische Videospiel ‚Assassin’s Creed: Origins‘ in den
Geschichtsunterricht implementieren kann.
Das Spiel ‚Assassin’s Creed: Origins’ bietet sich auf den ersten Blick aufgrund mehrerer Faktoren nicht
unbedingt für den Geschichtsunterricht an. Einerseits ist das Spiel erst ab 16 Jahren freigegeben.368
Hinzu kommt der Kostenfaktor369 und die Spieldauer von knapp 30 Stunden nur für die Hauptstory,
367
BMBWF (2020), S. 66.
368
Information laut der offiziellen Homepage von Ubisoft [https://www.ubisoft.com/de-de/game/assassins-
creed-origins/], eingesehen: 11.5.2020.
369
Laut offiziellem Playstation-Store liegt der Preis für die Basis-Version von ‚Assassin’s Creed: Origins‘ bei
14,99€ [https://store.playstation.com/de-at/product/EP0001-CUSA05625_00-GAMEACEMPIRE0000] (Stand:
11.5.2020), eingesehen. 11.5.2020.
124
ohne Zusatzmissionen370. Der Basis-Modus könnte jedoch, in außerschulischer Form, das Interesse
und die Lernmotivation der SuS fördern. Hierauf hat die LP allerdings in der Regel keinerlei Einfluss.
Ein Spielmodus, der für den Geschichtsunterricht allerdings deutlich geeigneter ist als der Basis-
Modus, ist die sogenannte ‚Entdeckungstour‘, welche als Downloadable Content (DLC) im Februar
2018 erschienen ist. In diesem Modus werden mehrere Funktionen des Hauptspiels ‚deaktiviert‘. Hier
muss der Spieler keine Missionen erfüllen, Gegner bekämpfen oder einer übergeordneten Story
folgen. In diesem Modus kann man ‚ungestört‘ die Landschaften und Bauwerke des Alten Ägypten
erkunden. Hinzu kommen insgesamt 75 geführte ‚Touren‘, in welchen der Spieler Informationen über
verschiedenste Themen des Alten Ägyptens erhält, wie zum Beispiel zu den Pyramiden, Alexandria,
zum ägyptischen Alltag oder der Geografie Ägyptens.371 Der Spieler muss sich dabei innerhalb dieser
Touren selbständig zu mehreren Stationen begeben, welche als leuchtende Punkte erscheinen. An
diesen Stationen werden schlussendlich die Information in Form eines audio-visuellen Guides
abgerufen. Dieser Modus stellt somit eine Art ‚virtuellen Museumsrundgang‘ dar. Die in den Touren
beschriebenen Informationen basieren auf der Recherche von Ägyptologen und Historikern.
370
Daten aus der Online-Datenbank ‚HowLongToBeat‘ [https://howlongtobeat.com/game.php?id=46402],
eingesehen: 11.5.2020.
371
Eine komplette Liste der angebotenen Touren und Inhalte wurde vom Autor zusammengefasst und befindet
sich im Anhang dieser Arbeit.
125
6.2. Unterrichtsplanung
Schülerzahl: 18 (angenommen)
Thema: Ägypten
Lehrplanbezug
Kernbereich 2. Klasse
Kompetenzkonkretisierung:
Thematische Konkretisierung:
Die SuS sollen sich in Form eines Stationenbetriebs möglichst selbständig die wichtigsten
Informationen über Ägypten aneignen.
Es gibt insgesamt 6 verschiedene Stationen, welche jeweils ein thematisches Feld behandeln: Alltag
in Ägypten, Totenkult, Pharaonen, Götter, Hieroglyphen und Kleopatra.
Diese Unterthemen werden mit Hilfe verschiedener Medien von den SuS bearbeitet.
Neben dem Aneignen von ‚Wissen‘ über Ägypten, sollen die SuS auch kritisch die Darstellungen der
Unterthemen in den jeweiligen Medien betrachten (diese Quellenkritik wird in der folgenden Einheit
näher thematisiert). Es soll allerdings auch eine möglichst lockere Atmosphäre herrschen.
126
Ideal wäre, wenn die beschriebene Einheit das Interesse der SuS am Thema weckt und in ihnen die
Motivation gesteigert wird, sich selbständig noch weiter mit dem Thema zu beschäftigen.
In der vorigen Stunde fand eine Einführung zum Thema ‚Alte Kulturen/Frühe Hochkulturen‘ statt.
Hier haben die SuS gelernt, wie solche Kulturen entstanden sind und was für Merkmale diese
Kulturen auszeichnet.
Organisatorische Vorbereitungen
- Da der Stationenbetrieb, beziehungsweise der Aufbau, zeitlich aufwändig ist, sollte hier in
Form von zwei Doppelstunden gearbeitet werden. Sollte der Stundenplan nicht bereits eine
Doppelstunde vorsehen, wäre hier ein Stundentausch mit einer anderen LP nötig/von Vorteil.
- Durch den Einsatz verschiedener Medien wäre eine Abhaltung des Unterrichts in einem
Klassenraum mit mindestens 3 Computern/Laptops von Vorteil.
- Die SuS sollen im Rahmen des Stationenbetriebs auch mit (ihren) Smartphones arbeiten. Hier
ist im Vorhinein abzuklären, dass jede/r SuS über ein Smartphone mit Internetzugang
verfügt. Wenn dies nicht möglich ist, muss der Stationenbetrieb so organisiert werden, dass
auch SuS ohne Smartphone Zugang zu einem Gerät haben (evtl. durch Ausleihen von
anderen SuS).
- Im Vorfeld ist den SuS mitzuteilen, dass sie für den Stationenbetrieb auch Kopfhörer
brauchen. Auch hier gilt: Wenn es für manche SuS nicht möglich ist, muss der
Stationenbetrieb so organisiert werden, dass auch jene SuS Zugang zu Kopfhörern haben.
- Der Raum muss mit einem TV/Beamer ausgestattet sein.
- Eine Spielekonsole (Playstation 4 o.ä.) mit dem Spiel ‚Assassin’s Creed: Origins‘ ist von der LP
zu organisieren.
127
Stundenplanung372
Einführung
Min. 0 – 5:
Wiederholung der vorhergehenden Stunde (Merkmale Hochkulturen). Die LP befragt die SuS im
Plenum darüber, was in der vorherigen Stunde besprochen wurde.
Ziel: Die SuS sollen sich durch die Wiederholung wieder im Thema einfinden. Das Vorwissen der SuS
soll aktiviert werden.
Min. 5 – 20:
Die LP erklärt den SuS den Verlauf der nächsten beiden Doppelstunden. Hier werden die einzelnen
Stationen des Stationenbetriebs beschrieben und die Arbeitsaufträge erklärt. Zusätzlich einigen sich
die LP und die SuS auf ein Signal (akustisch oder visuell), welches die Wechsel zwischen den
Stationen ankündigt.
Da die Arbeitsaufträge bei den 6 Stationen so vielfältig sind, soll hier etwas mehr Zeit eingeplant
werden, um auch auf etwaige Fragen oder Unklarheiten von Seiten der SuS eingehen zu können.
Ziel: Die SuS sollen möglichst gut auf die folgenden Arbeitsaufträge vorbereitet werden, damit der
Stationenbetrieb reibungslos ablaufen kann.
Min. 20 – 25:
Anschließend soll die Klasse in insgesamt 6 Gruppen, mit je 3 Personen, aufgeteilt werden. Dies soll
per Zufall geschehen. Hierfür kann man eine einfache Methode verwenden, wie zum Beispiel das
Ziehen von verschieden farbigen Murmeln (o.ä.). Um die Zuteilung zu den Stationen zu verkürzen,
kann man im Vorfeld bereits jeder Station eine Farbe zuordnen.
Ziel: Die SuS sollen sich in ihren Gruppen bei ihren Stationen zusammenfinden.
Erarbeitungsphase
372
Eine Planungsmatrix, sowie die Arbeitsblätter befinden sich im Anhang.
128
Die SuS bearbeiten die Arbeitsaufträge bei den jeweiligen Stationen. Für jede Station sollen ca. 20
Minuten Arbeitszeit eingeplant werden. Zusätzlich werden ca. 5 Minuten „Puffer-Zeit“
hinzugerechnet, falls die 20 Minuten nicht ausreichen beziehungsweise um den Wechsel zwischen
den Stationen miteinzukalkulieren.
Der Wechsel zwischen den Stationen wird von der LP durch ein akustisches, oder visuelles Signal,
welches im Vorhinein mit den SuS abgesprochen wird, angekündigt.
373
Die Inhalte der jeweiligen Touren befinden sich im Anhang.
129
(Verlinkung per QR-Code) und selbständig wichtige Informationen über folgende
Pharaonen notieren:
- Amenophis IV./Echnaton
- Tutanchamun
- Ramses II.
130
Min. 180 – 195
Die SuS kehren auf ihre Plätze zurück. Im Plenum werden der Stationenbetrieb und dessen Inhalte
besprochen.
Die SuS sollen hierbei die Möglichkeit bekommen, etwaige offene Fragen zu den Arbeitsaufträgen zu
stellen.
Im Plenum soll auch ein Feedback zu dem Stationenbetrieb abgegeben werden. Die SuS sollen
beschreiben, was ihnen an der Methode gefallen/nicht gefallen hat, welche Station am
interessantesten war und was sie dazugelernt haben.
Die SuS sollen ihre Arbeitsblätter und Notizen in ihr Heft/Mappe geben.
Am Ende kündigt die LP an, dass in der nächsten Einheit ein kurzes Quiz zu den Inhalten der heutigen
Einheit stattfinden wird. Hierbei soll es sich allerdings nicht um eine Wissensbeurteilung mit Noten
handeln, sondern lediglich um ein Quiz zur Festigung der Inhalte des Stationenbetriebs.
Potenzielle Gefahren:
Aufgrund der unterschiedlichen verwendeten Materialien und Medien können auch verschiedenste
Gefahrenquellen entstehen. Zum einen besteht die Möglichkeit, dass die SuS mit ihren Smartphones
nicht die vorgegebenen Aufgaben erledigen, sondern sich anders beschäftigen (Spielen, Internet-
Surfen etc.). Gleiches gilt auch bei den Arbeitsaufträgen am PC. Hier sollte die LP laufend überprüfen,
ob die SuS auch wirklich die Arbeitsaufträge bearbeiten. Weiters können bei Station 1 mit dem
Videospiel verschiedene Komplikationen auftreten (z.B. die SuS verstehen die Steuerung nicht oder
können sich im Spiel nicht orientieren). Zudem besteht auch hier die Möglichkeit, dass die SuS nicht
den Arbeitsauftrag bearbeiten, sondern ‚herumspielen‘. Es wird empfohlen, dass sich die LP (welche
sich im besten Fall mit dem Videospiel auskennt) hauptsächlich bei der Station 1 befindet, da hier
schätzungsweise die meisten Fragen entstehen könnten. Vorteilhaft wäre in diesem Fall auch ein
Team-Teaching, soweit das möglich ist. Hier könnte sich eine LP auf die Station 1 konzentrieren,
während die zweite Lehrperson den Überblick über den restlichen Stationenbetrieb behält.
131
Eigene Einschätzung:
132
7. Abbildungsverzeichnis
133
8. Quellen- und Literaturverzeichnis
Quellenverzeichnis:
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142
9. Anhang
- Unterrichtsplanung
- Arbeitsblätter
- Assassin’s Creed Origins - Erkundungstouren
143
Unterrichtsplanung „Ägypten“
Min 5 – 20 Beschreibung der nächsten Die LP erklärt den SuS den Verlauf der nächsten Die SuS sollen möglichst -
beiden Doppelstunden beiden Doppelstunden. Hier werden die gut auf die folgenden
einzelnen Stationen des Stationenbetriebs Arbeitsaufträge
beschrieben und die Arbeitsaufträge erklärt. vorbereitet werden,
Zusätzlich einigen sich die LP und die SuS auf ein damit der
Signal (akustisch oder visuell), welches die Stationenbetrieb
Wechsel zwischen den Stationen ankündigt. reibungslos ablaufen
Da die Arbeitsaufträge bei den 6 Stationen so kann.
vielfältig sind, soll hier etwas mehr Zeit
eingeplant werden, um auch auf etwaige Fragen
oder Unklarheiten von Seiten der SuS eingehen
zu können.
Min 20 – 25 Einteilung der Gruppen Anschließend soll die Klasse in insgesamt 6 Die SuS sollen sich in Beutel mit
verschiedenfarbigen
Zuteilung zu den Stationen Gruppen, mit je 3 Personen, aufgeteilt werden. ihren Gruppen bei ihren
Murmeln (insgesamt 6
Dies soll per Zufall geschehen. Hierfür kann man Stationen versch. Farben)
eine einfache Methode verwenden, wie z.B. das zusammenfinden.
Ziehen von verschieden farbigen Murmeln (o.ä.).
Um die Zuteilung zu den Stationen zu verkürzen,
kann man im Vorfeld bereits jeder Station eine
Farbe zuordnen.
Min. 25 – 180 Erarbeitungsphase Die SuS bearbeiten die Arbeitsaufträge bei den Die SuS sollen in dieser - Arbeitsblätter (1-6)
(stunden- - Beamer
Stationenbetrieb jeweiligen Stationen. Für jede Station sollen ca. Zeit die einzelnen
übergreifend) - Spielekonsole +
Spiel
20 Minuten Arbeitszeit eingeplant werden. Stationen des - Schere, Farben,
Klebstoff
Zusätzlich werden ca. 5 Minuten „Puffer-Zeit“ Stationenbetriebs
- Smartphone
hinzugerechnet, falls die 20 Minuten nicht bearbeiten, und sich - Kopfhörer
- PC/Laptop
ausreichen, bzw. um den Wechsel zwischen den somit möglichst
- Heft/Mappe
Stationen miteinzukalkulieren. selbständig Wissen in den - Signal
(visuell/akustisch)
Der Wechsel zwischen den Stationen wird von einzelnen Unterthemen
der LP durch ein akustisches, oder visuelles anzueignen. Hier soll die
Signal, welches im Vorhinein mit den SuS LP eine möglichst passive
abgesprochen wird, angekündigt. Position einnehmen und
nur bei etwaigen Fragen
Stationen: helfen.
Station 1: Alltag in Ägypten (Videospiel
‚Assassin’s Creed: Origins‘)
Beschreibung: Die SuS sollen gemeinsam das
Videospiel ‚Assassin’s Creed: Origins‘ spielen.
Hierbei wird von der LP der ‚Erkundungstour‘-
Modus im Vorfeld geöffnet. Die SuS sollen
insgesamt 3 sogenannte ‚Touren‘ im Spiel
absolvieren, dabei soll jede/r SuS einmal selbst
die Spielfigur steuern:
- Tour 4.9: Landwirtschaft & Jahreszeiten
- Tour 4.10: Ackerbau im Alten Ägypten
- Tour 4.17: Der ägyptische Haushalt
Während einer der SuS lenkt die Figur durch die
Touren, während die anderen beiden SuS das
Arbeitsblatt (AB1) ausfüllen sollen. Nach jeder
Tour wechselt der Spieler.
Min. 180 – Ende des Stationsbetriebes Die SuS kehren auf ihre Plätze zurück. Im Plenum Die SuS sollen ihre -
195
Feedback wird der Stationenbetrieb und dessen Inhalte Eindrücke zum
besprochen. Arbeitsauftrag sammeln.
Die SuS sollen hierbei die Möglichkeit Offene Fragen sollen
bekommen, etwaige offene Fragen zu den geklärt werden.
Arbeitsaufträgen zu stellen. Die LP soll Feedback
Im Plenum soll auch ein Feedback zu dem bekommen und ggf.
Stationenbetrieb abgegeben werden. Die SuS Veränderungen an der
sollen beschreiben, was ihnen an der Methode Planung für die Zukunft
gefallen/nicht gefallen hat, welche Station am vornehmen
interessantesten war und was sie Neues gelernt
haben.
Min 195 – Sicherung der Materialien Die SuS sollen ihre Arbeitsblätter und Notizen in Die SuS sollen die - Heft/Mappe
200 - Evtl. Klebstoff
ihr Heft/Mappe geben. Arbeitsblätter in ihre
Am Ende kündigt die LP an, dass in der nächsten Unterlagen geben, damit
Einheit ein kurzes Quiz zu den Inhalten der diese gesichert sind.
heutigen Einheit stattfinden wird. Hierbei soll es
sich allerdings nicht um eine Wissensbeurteilung
mit Noten handeln, sondern lediglich um ein
Quiz zur Festigung der Inhalte des
Stationenbetriebs.
Station 1
Aufgabe: Spielt das Spiel „Assassin's Creed: Origins“ absolviert drei Touren:
1) Landwirtschaft und Jahreszeiten
2) Ackerbau im alten Ägypten
3) Der ägyptische Haushalt
Eine Person lenkt die Spielfigur, während die anderen Gruppenmitglieder den
passenden Lückentext ausfüllen. Wechselt euch bei den Touren ab!
Bildquelle: Sparpaket Ägypten Eine f rühe Hochkultur/ gekauf tes Material lehrermarktplatz.de
https://lehrermarktplatz.de/material/134550/sparpaket-aegypten-eine-f ruehe-hochkultur
Name:
Tour 1 - Landwirtschaft & Jahreszeiten
Eine Agrarrevolution
Die ptolemäische Ära brachte eine landwirtschaftliche _________________. Es wurden neue
fortschrittliche Anbautechniken und Getreidesorten wie ______ , ____________ und
_________________ eingeführt. Die steigenden Erträge trugen zu einem erheblichen
Wirtschafts_____________ im Alten Ägypten bei. Zudem entwickelten sich Lagerungs- und
Transportwesen weiter und erlaubten den Export der Güter in weit entfernte Regionen.
Jahreszeiten
Die drei Perioden namens Achet, Peret und Schemu bezogen sich auf spezielle Phasen des
Ackerbaus und die natürlichen Zyklen des __________ . Achet war die Zeit der
_________________ , beginnend mit Erscheinen des Siriussterns im Juli. Peret war die
Zeit des Kultivierens, Pflügens und Säens in den Monaten Oktober und November. Schemu
dauerte von Mai bis September an, dann begannen ___________ und Schätzung.
Eine Agrarrevolution
Die ptolemäische Ära brachte eine landwirtschaftliche Revolution . Es wurden neue
fortschrittliche Anbautechniken und Getreidesorten wie Reis , Hartweizen und Perlhirse
eingeführt. Die steigenden Erträge trugen zu einem erheblichen Wirtschaftsaufschwung im
Alten Ägypten bei. Zudem entwickelten sich Lagerungs- und Transportwesen weiter und
erlaubten den Export der Güter in weit entfernte Regionen.
Jahreszeiten
Die drei Perioden namens Achet, Peret und Schemu bezogen sich auf spezielle Phasen des
Ackerbaus und die natürlichen Zyklen des Flusses . Achet war die Zeit der Überschwemmung ,
beginnend mit Erscheinen des Siriussterns im Juli. Peret war die Zeit des Kultivierens, Pflügens
und Säens in den Monaten Oktober und November. Schemu dauerte von Mai bis September
an, dann begannen Ernte und Schätzung.
Transport
Für den Transport großer Getreidemengen benötigte man ________ , die schwere Lasten
transportieren konnten. Diese Güter wurden während der Flutsaison verschifft, wenn der Nil
die nötige Tiefe hatte. Die Schiffe hielten an ____________ , an denen man _______
entrichtete, Reparaturen durchführte oder auf ______ ________ warten konnte.
Getreideverarbeitung
War das Getreide bereit zur Weiterverarbeitung, füllte man es in ________ und stampfte es zu
grobem Mehl. Anschließend wurde das Mehl ___________, um eine feinere Qualität zu
erhalten, und nochmals zwischen ____________ zerrieben.
Überall Sand
Die Siebe der Alten Ägypter konnten keine feinen Partikel herausfiltern. Infolgedessen
finden sich durch den permanenten Abrieb quer durch alle Gesellschaftsschichten
__________________.
Tour 2 - Ackerbau im Alten Ägypten Lösung
Transport
Für den Transport großer Getreidemengen benötigte man Schiffe , die schwere Lasten
transportieren konnten. Diese Güter wurden während der Flutsaison verschifft, wenn der Nil die
nötige Tiefe hatte. Die Schiffe hielten an Kontrollpunkten , an denen man Zölle entrichtete,
Reparaturen durchführte oder auf besseres Wetter warten konnte.
Getreideverarbeitung
War das Getreide bereit zur Weiterverarbeitung, füllte man es in Schalen und stampfte es zu
grobem Mehl. Anschließend wurde das Mehl gesiebt , um eine feinere Qualität zu erhalten, und
nochmals zwischen Steinen zerrieben.
Überall Sand
Die Siebe der Alten Ägypter konnten keine feinen Partikel herausfiltern. Infolgedessen finden
sich durch den permanenten Abrieb quer durch alle Gesellschaftsschichten Zahnschäden .
Name:
Tour 3 - Der ägyptische Haushalt
Berufe
Manche Berufe standen nur _________ offen, wie das Weben oder der Beruf des
Klageweibes. Arbeiten als Diener etwa in reichen Haushalten, konnten von ________ und
________ ausgeübt werden. Der _________ _______ spielte eine wichtige Rolle. Je höher
dieser war, desto leichter erhielt man Zugang zu______________ und zu diversen Berufen.
Haustypen
Die Häuser der einfachen Leute wurden aus _____________ gebaut. Die _________
getünchten Häuser der Reichen waren oft mit verschiedenen ________________ verziert.
Anwesen
Die __________ und sehr reichen Bürger lebten in Anwesen mit vielen Räumen, die luxuriös
ausgestattet waren. Nur Tempel und Grabmäler, die die Ewigkeit überdauern sollten,
bestanden aus _________.
Tour 3 - Der ägyptische Haushalt Lösung
Berufe
Manche Berufe standen nur Frauen offen, wie das Weben oder der Beruf des Klageweibes.
Arbeiten als Diener etwa in reichen Haushalten, konnten von Männern und Frauen ausgeübt
werden. Der soziale Stand spielte eine wichtige Rolle. Je höher dieser war, desto leichter erhielt
man Zugang zu Bildung und zu diversen Berufen.
Haustypen
Die Häuser der einfachen Leute wurden aus Lehmziegeln gebaut. Die weiß getünchten
Häuser der Reichen waren oft mit verschiedenen Motiven verziert.
Anwesen
Die Beamten und sehr reichen Bürger lebten in Anwesen mit vielen Räumen, die luxuriös
ausgestattet waren. Nur Tempel und Grabmäler, die die Ewigkeit überdauern sollten, bestanden
aus Stein .
Station 2
Aufgabe:
Lies die Beschreibung und finde das passende Bild. Schneide es aus und klebe
es neben den richtigen Text. Male das Bild anschließend farbig aus.
Bildmaterial: https://www.kinder-malvorlagen.com/zum-ausmalen/vorlagen-mythologie-aegyptisch.php
http://www.supercoloring.com/de/ausmalbilder/laender-und-kulturen/aegypten; Die Götter Ägyptens - LabbéGmbH/gekauf tes
Material lehrermarktplatz.de https://lehrermarktplatz.de/material/39014/die-goetter-aegyptens
Textquelle: Sparpaket Ägypten Eine f rühe Hochkultur/ gekauf tes Material lehrermarktplatz.de
https://lehrermarktplatz.de/material/134550/sparpaket-aegypten-eine-f ruehe-hochkultur
Name: Götter Ägyptens Station 2
Aufgabe: Scanne mit deinem Smartphone den QR-Code 1 und schaue dir das
Video an (benutze Kopfhörer!). Danach beantworte die Fragen.
Bildmaterial: Sparpaket Ägypten Eine f rühe Hochkultur/ gekauf tes Material lehrermarktplatz.de
https://lehrermarktplatz.de/material/134550/sparpaket-aegypten-eine-f ruehe-hochkultur
Websiten: https://www.youtube.com/watch?v=z0auAJwqdTM
https://www.kinderzeitmaschine.de/f ruehe-kulturen/aegypten/ereignisse/neues-reich/
Name:
P haraonen: Aufgabe 1
Youtube-Video
„Pharaonen: Die Gottkönige
von Ägypten - Geschichte |
Duden Learnattack“
Damit kommst du auf die Seite www.kinderzeitmaschine.de. Suche auf dieser Seite nun
folgende drei Pharaonen und notiere dir die (deiner Meinung nach) wichtigsten Informationen:
_________________________________________________________________________
_________________________________________________________________________
_________________________________________________________________________
_________________________________________________________________________
Achtung! Das Spiel ist auf Englisch und ihr werdet eventuell nicht alle Wörter verstehen. Ein
paar schwierige Wörter seht ihr hier auf dem Arbeitsblatt übersetzt. Sollte es weitere Wörter
geben, die ihr nicht kennt, dann schaut in einem Online-Wörterbuch nach, oder fragt bei eurer
Lehrperson nach!
Bildmaterial: Sparpaket Ägypten Eine f rühe Hochkultur/ gekauf tes Material lehrermarktplatz.de
https://lehrermarktplatz.de/material/134550/sparpaket-aegypten-eine-f ruehe-hochkultur
Schritt 1
Schritt 2
Schritt 3
Schritt 4
Schritt 5
Schritt 6
Wenn ihr mit der Mumifizierung fertig seid, öffnet die Seite www.kinderzeitmaschine.de (diese
sollte bereits auf einem anderen Tag geöffnet sein). Sucht hier Informationen zu den
Pyramiden und notiert euch, was ihr für wichtig haltet.
_____________________________________________________________
_____________________________________________________________
_____________________________________________________________
_____________________________________________________________
Hilfreiche Vokabeln
embalming Einbalsamierung/Salbung
deceased Verstorbene/r
preserved erhalten/konservieren
elaborate aufwendig
protective bandages schützende Bandagen
internal organs Innere Organe
tomb Grab
to tip kippen
moisture Feuchtigkeit
linen Leintücher
sap-like Saft-artig
to wrap Einwickeln
abdomen Unterleib
coffin Sarg
Station 5
Bild- und Textquelle: Sparpaket Ägypten Eine f rühe Hochkultur/ gekauf tes Material lehrermarktplatz.de
https://lehrermarktplatz.de/material/134550/sparpaket-aegypten-eine-f ruehe-hochkultur
Name:
Station 6
Aufgabe:
Scanne den QR-Code mit deinem Smartphone.
Schreibe den Lückentext mit den richtigen Antworten in dein Heft.
Bildmaterial: Sparpaket Ägypten Eine f rühe Hochkultur/ gekauf tes Material lehrermarktplatz.de
https://lehrermarktplatz.de/material/134550/sparpaket-aegypten-eine-f ruehe-hochkultur
Arbeitsblatt: https://unterricht.schule/arbeitsblatt/geschichte/kleopatra
Assassin’s Creed Origins – Erkundungstouren
Inhaltsverzeichnis
Ägypten
Alexandria
Alltag
„Bis zur Wiedervereinigung Ägyptens 3.100 v.u.Z. hatte jede Region einen eigenen Pharao mit
eigener Krone.
Die unterägyptische Krone war rot und mit Papyrus- und Bienensymbolen gekennzeichnet.
Oberägyptens Krone war weiß, mit Symbolen von Lotos und Riedgras.“
Drei Jahreszeiten
„Der Nil spielte eine entscheidende Rolle für die ägyptische Zivilisation. Seine saisonalen Zyklen
waren so beständig, dass man sogar seinen Kalender danach ausrichtete.
Die Überschwemmungszeit Achet sorgte nach Rückgang des Wassers für fruchtbare Äcker. Sie wurde
gefolgt von den Anbau- und Ernte-Perioden, die man Peret und Schemu nannte.
Die dank dieser Zyklen üppigen Wildvorkommen und fruchtbaren Böden ermöglichten es den
Menschen Ägyptens, sich selbst zu versorgen und mit Überschüssen lukrativen Handel zu treiben.“
Lebensader
„Der Nil floss von Süden nach Norden und durchquerte dabei sowohl Ober- als auch Unterägypten.
Alle größeren Städte Ägyptens wurden an den Ufern dieser Lebensader erbaut.
Vor Feinden geschützt durch die umgebenden Gebirgszüge und Wüsten und genährt von den am Nil
gedeihenden Pflanzen und Tieren, erlebte die ägyptische Zivilisation eine über 4.000 Jahre lange Ära
wirtschaftlicher und kultureller Blüte.“
Geografie
„Er fließt durch afrikanische Regenwälder, Sümpfe, Vulkanebenen, Steppen und Wüsten, teilt sich,
nimmt auf seinem Weg zahllose Sedimente aus all diesen Regionen auf und trägt sie schließlich bis
nach Ägypten.
Sein Hauptarm, den man den Weißen Nil nennt, vereinigt sich bei Karthum mit dem Blauen Nil. Dort
nimmt er auch große Mengen an Schlamm und Mineralstoffen auf und trägt sie mit sich fort.“
Wasserquellen
„Das gesamte System der Bewässerung hing im Alten Ägypten vor allem vom Nil ab. Dennoch hatte
man auch Zugang zu anderen Strömen, wie auch zu mehreren großen Seen.
Das Delta m nördlichen Ende des Nils, das man auch Unterägypten nannte, ist ein großes
Feuchtgebiet, in dem sich der Fluss in etliche kleinere Seitenarme aufteilt.“
Seen
„Im Delta lagen in Küstennähe Brackwasserseen, die vom Meer nur durch einen schmalen Streifen
Land getrennt waren.
Mit ihrer Mischung aus flachen und tiefen Gewässern, Salzsümpfen und sandigen Ebenen boten
diese Seen zahlreichen Tier- und Pflanzenarten einen Lebensraum.
Im dichten Schilf lauerte auch so mancher Bandit am Wegesrand auf unvorsichtige Reisende und
Händler.“
Tour 1.3) Die Wüsten Ägyptens
Westliche & östliche Wüsten
„Jenseits der fruchtbaren Uferregionen des Nils erstrecken sich extrem trockene und gebirgige
Wüstenlandschaften. Sie bedecken insgesamt 94% der Fläche Ägyptens.
Jede dieser Wüsten hat ihr eigenes Mikroklima und in jeder findet man wiederum weitere kleine
Wüsten mit unverwechselbarer Flora und Fauna.
In den unendlichen Weiten der Sahara stießen Forscher auf Walskelette. Das Tal der Wale liefert den
eindeutigen Beweis dafür, dass die ganze Region einst unter Wasser stand.“
Weiße Wüste
„Die Weiße Wüste im Nordosten der Sahara verdankt ihren Namen dem weißen Kalksteinboden, der
mit dem gelben Sand kontrastiert.
Die Erosion hat die Felsen der Weißen Wüste zu steinernen Pilzen geformt. Der bekannteste von
ihnen wird der ‚Finger Gottes‘ genannt.“
Oasen
„Die Ägypter des Alten Reiches bezeichneten die Oase wegen ihrer einzigartigen Lage auch als Kessel.
Oasen waren für Nomadenstämme und die Karawanen äußerst wichtig. Ohne sie gab es in dieser
rauen Landschaft keine Überlebenschance.
Deswegen wurden die Oasen schnell zu Handelszentren und Orten politischer Macht.“
Nord-Süd-Orientierung
„Nicht die geringen Niederschlagsmengen sorgten für das Überleben der Oasen. Die natürlichen
Bassins wurden von unterirdischen Flüssen gespeist.
Da viele dieser Flüsse parallel zum Nil verlaufen, glauben manche Geologen, dass es sich um alte
Nebenflüsse des mächtigen Stromes handeln könnte.
Es gibt Beweise dafür, dass die Alten Ägypter versuchten, selbst Oasen anzulegen.“
Libysche Oasen
„Am bekanntesten sind wohl die libyschen Oasen, da sie geographisch und kulturell mit dem Niltal
und dem Nildelta in Verbindung stehen.
Diese Oasen im Westen unterscheiden sich geologisch von anderen Regionen Ägyptens.
Zu den berühmtesten und wichtigsten Oasen zählen Charga, Dachla, Farafra, Bahariyya und Siwa.“
Kleopatras Bad
„Die Sonnenquelle ist nur eine von vielen Thermalquellen Siwas. In dieser aber soll Kleopatra selbst
gebadet und ihr ihren Namen gegeben haben.
Die Existenz der unterirdischen Quelle wurde bereits von Herodot im 5. Jahrhundert v.u.Z. bezeugt,
als die Oase von den Griechen von Kyrene noch Ammoneion genannt wurde.“
Moeris-See
„Die Fayyum-Oase mündet in den Moeris-See, einst ein großer Süßwassersee, der im Laufe der Zeit
jedoch zum Salzsee wurde.
Während der 12. Dynastie lenkten die Alten Ägypter den Strom mit einem Damm um und gruben
einen Versorgungskanal, um den See als Wasserreservoir zu nutzen.
Dank der Bewässerung konnte man nun das ganze Jahr über Feigen, Trauben und Oliven anbauen.“
Transport zu Wasser
„Auf den Binnengewässern Ägyptens zählten Schilfboote, Feluken, Trieren und bestimmte
Segelboote zu den häufigsten Schiffstypen.
Sie wurden für viele Zwecke genutzt, sei es Fischfang, Handel, Krieg oder Reisen, bis hin zum
Transport mächtiger Felsblöcke, die man für den Bau der ägyptischen Monumente benötigte.“
Krokodilopolis
„Die während der 5. Dynastie errichtete Anlage war während der 12. Dynastie unter dem Namen
Schedet bekannt.
Während der Zeit der Ptolemäer nannten die Griechen die Metropole zu Ehren des Gottes Sobek
auch Krokodilopolis.
In der griechisch-römischen Periode ließen sich sogenannte Kleruchen, Soldaten, die ihren Dienst bei
der Armee der Ptolemäer beendet hatten, hier nieder und begannen, das Bewässerungssystem zu
erweitern. Dadurch verdreifachte sich die kultivierbare Fläche und die Stadt wurde zu einem reichen
Gemeinwesen mit bis zu 27.000 Einwohnern.
Die Lage der Stadt ermöglichte die Kontrolle etlicher kleiner Wasserstraßen, die in den Hauptkanal
und schließlich in den Nil mündeten.
Frühe Organisation
„Ein wichtiger erster Schritt zur Bewahrung von Ägyptens Kulturgütern war die Gründung des
Antikendienstes im Jahr 1858.
Die neue Behörde wurde von ausländischen Wissenschaftlern unterstützt und von Auguste Mariette
geleitet. Er überwachte von nun an fast alle größeren Ausgrabungsstätten in Ägypten und sogar
Nubien
Um für den Verbleib der Kunstgegenstände zu sorgen, forderte Mariette 1858 zudem die Einrichtung
eines neuen Museums, dem Vorläufer des heutigen Ägyptischen Museums.“
Heutige Ausgrabungen
„Moderne Archäologie in Ägypten basiert auf der interdisziplinären Zusammenarbeit mit
Wissenschaftlern vieler anderer Fachbereiche und einem breiten Spektrum neuer, nicht invasiver
Techniken.
GPS-Daten, Satellitenbilder und Bodenradartechnik verschaffen den Archäologen bereits vor der
eigentlichen Grabung wichtige Einblicke in das Bodeninnere.“
Tour 1.9) Natron
Ein altes Salz
„Natron ist ein Salz, das von den Alten Ägyptern zur Konservierung von Lebensmitteln, als Putzmittel,
zur Herstellung von Glas und nicht zuletzt zur Mumifizierung verwendet wurde.“
Natronmine
„Das Natron wurde in der Sketischen Wüste abgebaut. Man brach während der Trockenzeit
entweder ganze Platten heraus oder durchsiebte während der Flutzeit das von dem Mineral
gesättigte Wasser.“
Wildtiere
„Im Gebiet Ägyptens gab es eine große Bandbreite an Tieren, darunter Panther, Nashörner, Elefanten
und zahlreiche Antilopenarten.“
Überall Vögel
„Schon in den altägyptischen Hieroglyphen wird auf die zahlreichen Vogelarten des Landes Bezug
genommen, von Raubvögeln über Wasservögel bis hin zu Singvögeln.
Begegnungen mit Insekten und Reptilien wie Kobras, Skorpione und Skarabäen beeinflussten die
Hieroglyphen und die Kunst der Ägypter.“
Löwen
„Alle Tiere hatten heilige Bedeutung. Insbesondere symbolisierten Löwen für die Alten Ägypter
Macht und das Königliche. Sie waren bei Pharaonen so begehrt, dass sie in Ägypten schließlich
ausgerottet waren.“
Papyrus
„Die wohl nützlichste Pflanze war der Papyrus. Dieses lange Sauergras wuchs entlang der Ufer des
Nils in unglaublichen Mengen.
Am bekanntesten dürfte die Verwendung als Papier sein, aber die Ägypter kannten noch weitere
Einsatzmöglichkeiten: für Seile, Sandalen und Matten etwa.
Boote aus Papyrus sind auf Zeichnungen und Reliefs zu sehen. Sie kamen bei rituellen Zeremonien
zum Einsatz.“
Obstbäume
„Entlang des Nils fanden sich auch viele Baumarten: Dattelpalme, Johannisbrotbaum und Tamariske.
Der früheste im Alten Ägypten kultivierte Baum war der Feigenbaum, gefolgt vom Apfel, Granatapfel
und schließlich, während des Neuen Reichs, der Olive.
Die Mangozucht war das Ergebnis des späten Imports aus Asien im Mittelalter.“
Das Totenbuch
„Zu den wohl berühmtesten altägyptischen texten gehört das Totenbuch.
Der in den Hieroglyphen und auf hieratisch verfasste Text beschreibt Zaubersprüche und Rituale.
Die heiligen Formeln sollten für einen sanften Übergang sorgen und den Verstorbenen auf seinem
gefährlichen Weg in die Unterwelt schützen und leiten.“
Hieroglyphen lesen
„Auch nach ihrer Entschlüsselung gestaltete sich das Lesen der Hieroglyphentexte schwierig, da sie
aus mehreren Richtungen gelesen werden können.
Abhängig von der Ausrichtung der Zeichen wurden Texte von links nach rechts, rechts nach links,
oder von oben nach unten gelesen, nie aber von unten nach oben.“
Leserichtung
„Einen Hinweis auf die Lesrichtung [sic!] kann die Ausrichtung der Bildzeichen geben. Weist ein
Piktogramm nach rechts, muss der Leser rechts beginnend in Richtung des Piktogramms lesen.
Textspalten auf Papyri beginnen rechts. Dann wird jede Spalte von oben nach unten gelesen.“
Komplexe Schrift
„Champollion gelangte zu einer entscheidenden Erkenntnis, die das Geheimnis der Hieroglyphen
lüften sollte: nämlich dass es sich nicht nur um Bildzeichen, sondern auch um Lautzeichen handelte.
Hieroglyphen bestehen demnach aus Lautzeichen, Bildzeichen und Deutzeichen, letztlich also aus
einer Kombination aus phonetischen und alphabetischen Zeichen und Symbolen.“
Phonetische Gemeinsamkeiten
„Um seine Theorie zu beweisen, begann Champollion, die Namen ägyptischer Herrscher zu
identifizieren und ihre phonetische Aussprache mit der griechischen Version zu vergleichen.
Der Erbauer der Großen Pyramide hieß mit ägyptischem Namen beispielsweise Chufu, was im
Griechischen zu Cheops wurde.“
Kyrene
„Die Stadt Kyrene wurde von Battos Aristoteles, der vom Orakel von Delphi geleitet wurde,
gegründet.
Überfüllt und von Dürre geplagt, konnte Battos Heimatinsel Thera ihre Bewohner nicht ernähren.
Battos befragte das Orakel, das verlauten ließ, sie sollten auf der Suche nach Ackerland an die
nordafrikanische Küste reisen.
In den ersten zwei Jahrhunderten herrschte eine Reihe von Königen über die Stadt. Eine Rebellion
beendete jedoch schließlich die Monarchie und fortan wurde die Stadt von der Aristokratie regiert.“
Wirtschaftszentrum
„Unter dem römischen Einfluss wurde Kyrene zu einem Wirtschaftszentrum, das im gesamten
Mittelmeerraum an Bedeutung gewann.
Kyrenes Ärzteschule wurde lediglich von der auf der griechischen Insel Kos übertroffen.
Einige Größen der antiken Mathematik, Astronomie und Geographie wurden in der Stadt geboren
und gründeten Schulen in der Stadt wie Aristippos, ein Schüler Sokrates‘, der ein philosophisches
Institut gründete.“
Kyrenes Fall
„Von 115 bis 117 u.Z. kam es im jüdischen Viertel zu einem Aufstand, der die Stadt Kyrene schwer
beschädigte.
Zahlreiche Kämpfe, schlechtes Management der eigenen Silphiumernte und Erdbeben zogen die
Stadt in Mitleidenschaft.
Im Jahre 365 u.Z. wurde sie vollständig aufgegeben.“
Apollonias Schiksal
„Mit seinem Erfolg als Handelshafen übertraf Apollonia Kyrene und wurde schließlich zur Hauptstadt
der Pentapolis.
Eine Reihe von Erdbeben ‚verlagerte‘ die Stadt allmählich, so dass ein Großteil buchstäblich versank.
Einige Ruinen sind immer noch unter Wasser zu sehen.“
Battos feiernd
„Auf der Agora von Kyrene gab es zahlreiche Tempel und Bildwerke, die den Stadtgründer König
Battos und die Stadtgötter ehrten.
Zudem fand man zwei Altäre, die zum Tempel des Apollon gehörten sowie eine Marmorstatue der
Göttin Libya.“
Profanbauten
„Zu den Profanbauten zählten ein Gerichtshof und ein angegliedertes Archiv, in dem Rechtstexte und
andere für die Verwaltung der Stadt wichtige Dokumente verwahrt wurden.
Die Brandspuren an den Überresten des Gebäudes deuten darauf hin, dass es möglicherweise
während der jüdischen Rebellion im Jahr 115 u.Z. zerstört wurde.“
Die Thermalbäder
„Öffentliche Bäder waren für griechische und römische Städte üblich, das galt auch für Kyrene.
In den Ruinen entdeckte man zwei Thermalbäder aus verschiedenen Epochen.
Eine Inschrift über dem Eingang eines dieser Bäder war offenbar dem Besitzer gewidmet und lässt
eine Datierung in die Zeit des Hellenismus zu.“
Mosaike
„Die Mosaikfußböden hatten ursprünglich einen in erster Linie praktischen Nutzen: Sie waren
wasserdicht.
Die von den Griechen nach Ägypten und in die Kyrenaika importierten Bildmotive zeigten vor allem
Alltagsszenen, die Meeresfauna oder mythologische Figuren.
Neben den traditionellen griechischen Motiven wurden auch spezifisch ägyptische Motive wie die
Lotosblume integriert.
Die schönsten und am besten erhaltenen Mosaike fand man jedoch in Alexandria.“
Verzierungen
„Die Bäder von Kyrene wurden in unterirdischen Gewölben errichtet, die man zwischen dem 8. und
6. Jahrhundert v.u.Z. anlegte.
Die Arbeiter schlugen Sitze in den Fels, um die Waschungen bequemer zu gestalten.
Wie viele andere öffentliche Gebäude waren auch die Bäder kunstvoll geschmückt. In ihren Räumen
fand man Statuen der Aphrodite und des Bogenschützen Eros.“
Verschiedene Bäder
„Das Frigidárium, ein Kaltwasserbecken, war der erste Raum, den man als Besucher betrat. Gefolgt
wurde es vom Tepidárium und schließlich vom Heißwasser-Raum, den man das Kaldárium nannte.
Das Wasser der Thermalbäder stammte aus natürlichen Quellen. Man legte heiße Steine ins Wasser,
um den gewünschten Dampfbadeffekt zu erzeugen.
Das Quellwasser floss in eine Zisterne und einen Brunnen, den man die Aqua Augusta nannte.“
Dorische Architektur
„Die Gestaltung der Fassadendekoration folgte den Prinzipien der dorischen Ordnung.
Die Abmessungen der Säulen waren unterschiedlich, je nach Blickwinkel erzeugte das beim Besucher
den Eindruck von Einzigartigkeit.“
Korinthische Säulen
„Nachdem der Tempel während der jüdischen Rebellion zerstört worden war, ließ Kaiser Hadrian ihn
restaurieren. Er baute den äußeren Portikus nicht wieder auf, ließ aber neue korinthische Säulen aus
Marmor fertigen.
Der Tempel wurde später unter Marcus Aurelius fertiggestellt.“
Der Altar
„Der Altar befand sich vor dem Tempel. Beide sind etwa gleich alt, wurden jedoch zu
unterschiedlichen Zeiten restauriert.
Zu Ehren des Apollon wurden jedes Jahr zahlreiche Stiere auf dem Altar geopfert. Die Spuren des
Rings, den man nutzte um die Tiere zu binden, sind bis heute zu sehen.“
Römische Gladiatoren
„Die ersten Gladiatoren in den Arenen waren Kriegsgefangene.
Diese Tradition der blutigen Kämpfe zwischen Menschen oder Menschen und Tieren überdauerte
fast eintausend Jahre.“
Verschiedene Spezialisierungen
„Die Gladiatoren wurden in leicht und schwer bewaffnete Kämpfer eingeteilt. Jeder Typus verfügt
über spezielle Waffen und Rüstung.
Oft trafen im Kampf zwei vom Publikum bevorzugte Gruppen aufeinander.“
Ausrottung
„Hohe Nachfrage, Raubbau und möglicherweise auch eine Klimaveränderung führten schließlich zum
Aussterben der Silphium-Pflanze.
Zum letzten Mal wurde sie im 4. Jahrhundert u.Z. erwähnt und bis heute fanden sich keinerlei Spuren
der einst so populären Pflanze.“
Pyramiden
Tour 2.1) Der Ursprung der Pyramide
Der Lauf der Sonne
„Die Herkunft des Wortes ‚Pyramide‘ ist umstritten. Viele glauben, dass es sich vom griechischen
Wort ‚Puramis‘ ableitet, das ein kegelförmiges Brot beschrieb.
Leben und Tod wurden in der altägyptischen Kultur mit den Zyklen der Sonne verbunden. Die
perfekte Form der glatten Pyramide galt als Metapher gebündelter Sonnenstrahlen, in die der Pharao
nach seinem Tod transformiert wurde.
Die Pyramiden repräsentieren den Benben, den Urhügel des Schöpfungsmythos von Heliopolis. Diese
Geschichten durchdrangen nahezu jeden Aspekt des Lebens im Alten Ägypten.“
Frühe Begräbnispraktiken
„Während der prädynastischen Periode unterschieden sich die Bestattungspraktiken, abhängig
davon, ob man in Ober- oder Unterägypten lebte.
Lange vor den Pyramiden nutzte man Grabgruben.
Den bisher ältesten Grabbezirk Ägyptens fand man in Merimde bei Benisalame in Unterägypten, er
wird auf 5.000 v.u.Z. datiert.
Untersuchungen ergaben, dass die toten in flachen Gräbern in Fötusstellung beigesetzt wurden.
Obwohl man auch einige Objekte in den Gräbern fand, lieferten diese keine Hinweise auf die soziale
Stellung des Verstorbenen.“
Prädynastische Praktiken
„In Oberägypten kann man die prädynastischen Begräbnispraktiken und ihre Riten leichter studieren.
Man unterschied hier zwei kulturelle Epochen: Badari und Naqada.
Die Badari-Kultur erblühte zwischen 4.400 und 3.800 v.u.Z. Die kleinen Nekropolen, die Archäologen
außerhalb von Siedlungen entdeckten, zeugen von der Entwicklung eines Grabkultes.
Der Leichnam wurde in ein ovales Grab gelegt und mit Ziegen- und Gazellenhäuten bedeckt. Dem
Verstorbenen wurden notwendige Gegenstände des täglichen Gebrauchs beigegeben.“
Rechteckige Gräber
„Währen der drei Naqada-Perioden zwischen 4.000 und 3.510 v.u.Z. wurden die Begräbnispraktiken
immer komplexer.
Die Form der Gräber änderte sich von oval hin zu rechteckig. Sie waren so den Häusern der Lebenden
nachempfunden. Die Grabstätten wurden größer und die beigegebenen Objekte zahlreicher und
kostbarer.
Die Gruften wurden komplexer. Mauerwerk, Holzverkleidungen oder rohe Ziegel dienten der
Stabilisierung der Struktur.
Mit der Zeit entwickelten sich Nekropolen, die die soziale Stellung der Verstorbenen reflektierten wie
zum Beispiel in Hierakonpolis, wo Eliten und Volk getrennt lagen.“
Die Stufenpyramide
„Die Stufenpyramide ist das erste aus Stein gebaute Monument. Mit 60 Metern Höhe war sie das
höchste Bauwerk ihrer Zeit.
Ursprünglich war sie als Mastaba gedacht gewesen, also als ein rechteckiges Grab mit flachem Dach.
Der berühmte Architekt Imhotep mag dies für Pharao Djoser als zu bescheiden empfunden haben
und begann, die Stufen beim Bau vor 4.700 Jahren hinzuzufügen.“
Der Kolonnaden-Eingang
„Der einzige richtige Eingang in den Komplex ist am Ende eines langen, engen Ganges.
Er hat ein steinernes Vordach, das Holzscheiten ähnelt.
Am Ende des Ganges befindet sich eine große Öffnung. Sie soll einer tür gleichen, hat gemeißelte
Türen und Bänder, die permanent offen und unbeweglich sind.“
Das Südgrab
„Bewacht von einer Reihe gemeißelter Schlangen, befindet sich dieses Grab am südlichen Ende des
Hofes. Die Grabkammer liegt darunter, in einem 30 Meter tiefen Schacht.
Die niedrige Kammer ähnelt einer Mastaba und ist im Vergleich zur späteren Grabkammer relativ
intakt.
Das Grab besteht aus Rosengranit, obwohl es Hinweise darauf gibt, dass es zuvor polierter Kalkstein
war. Es ist zu klein für einen Körper, und so möglicherweise für das Ka des Königs bestimmt, oder für
die Kanopenkrüge mit den Organen des Königs.
Bei späteren Bestattungstraditionen waren die Kanopenkrüge in derselben Kammer wie der Körper.“
T-Tempel
„In der Ecke befindet sich ein Tempel, genannt ‚T‘. Dieser Tempel gehört zu den geheimnisvollsten
Bauwerken des Komplexes.
Die Außenfassade ist schlicht, während im Inneren aufwändige Djed-Pfeiler und Gemeißeltes
vorherrschen.
Es ist möglich, dass sich an diesem Ort das Ka des Königs materialisieren sollte, indem dieser
symbolisch die Plattform des Sed-Hofes aus dem Jenseits besuchte.“
Das Sedfest
„Das Sedfest ermöglichte es dem Pharao, die universelle Ordnung aufrechtzuerhalten und göttliche
Kräfte zu erneuern.
Durch eine Reihe von Prüfungen und religiösen Riten wie Tanz, Opfergaben und Besichtigungen der
Heiligtümer verschiedener Gottheiten wurde die Lebenskraft und göttliche Natur des Herrschers
bestätigt.
Die Feier sollte das Jubiläumsfest des Herrschers darstellen und alle 30 Jahre stattfinden, auch wenn
der Termin nicht immer eingehalten wurde.
Das früheste bekannte Ritual stammt aus der 1. Dynastie."
Sed-Hof
„Innerhalb des Djoser-Komplexes, südöstliche der Pyramide, befindet sich ein eigener Raum für
dieses lebenswichtige Ritual, das der König auch im Jenseits durchführt.
Der Sed-Hof ist von falschen Kapellen gesäumt und mit einer Plattform mit zwei Treppen, die Ober-
und Unterägypten darstellen sollen, ausgestattet.“
Ewiger Djoser
„Die Nordwand weist zwei Schaulöcher auf.
Eine Statue des Djoser sitzt auf dem Thron und trägt einen Mantel und eine dreiteilige Perücke mit
einem Nemes-Kopftuch.
Diese Statue stellt das Ka des Königs dar und blickt durch die Schaulöcher in den Hof, so dass der
König die Zeremonien beobachten und im Jenseits Opfergaben empfangen kann.“
Die Magazin-Galerie
„Zwei Gänge führten in den Untergrund, gabelten sich in drei Richtungen und führten zu den
Lagerräumen.
In diesen großen unterirdischen Gewölben wurden zeremonielle Grabbeigaben verwahrt.
Eine der Galerien, die an der Ostseite der Pyramide beginnt, enthielt 40.000 Steingefäße, viele von
ihnen gehörten schon den Vorfahren des Königs.“
Die Grabkammer
„Die Grabkammer des Djoser liegt am Grund eines 28 Meter tiefen, zentralen Schachtes.
Der Ägyptologe Jean-Philippe Lauer glaubte, der Raum habe ursprünglich aus polierten
Kalksteinblöcken bestanden und seine Decke sei mit fünfzackigen Sternen verziert gewesen.
Irgendwann wurden die ursprünglichen Kalksteinblöcke jedoch durch Rosengranitblöcke ersetzt,
zurück blieben nur einzelne Fragmente von mit Sternen verzierten Kalksteinblöcken.“
Der Einsturz
„Das glatte Mauerwerk bot jedoch nicht genügend Halt und die Außenverschalung stand auf keinem
sicheren Fundament. Die Basen der vier äußeren Strebemauern gaben daher nach und die Mauern
rutschten schließlich ab und stürzten ein.
Obwohl Meidum wegen statischer Mängel aufgegeben wurde, zeugt die Pyramide von Innovationen,
die den Bau aller weiteren Pyramiden beeinflussen sollte.“
Experimentelle Konstruktion
„Beim Bau der Knickpyramide experimentierten die Architekten mit einer neuen Idee: Die Pyramide
besaß einen Kern aus großen Steinblöcken, die man in horizontalen Schichten verlegte.
So konnte jede Bauphase in einem Arbeitsschritt abgeschlossen werden und der Architekt hatte
mehr Kontrolle über jedes Gestaltungselement.
Leider kam es trotz all dieser Vorkehrungen immer wieder zu Rissen und Einbrüchen in den
Innenräumen der Pyramide. Snofru gab die Baustelle auf und begann mit dem Bau einer weiteren
Pyramide.“
Verlorener Zugang
„Zu den Nebengebäuden der Roten Pyramide zählt ein kleiner Grabtempel im Osten. Vermutlich
existierte einst ein Gehsteig, der nach Osten führte, dieser ist aber noch nicht freigelegt.“
Ein Vermächtnis
„Es sollte bis zur 25. Dynastie der nubischen Könige dauern, bis sich die Pharaonen wieder in
Pyramiden bestatten ließen. Tatsächlich fand man auf dem Gebiet des alten Nubiens, des heutigen
Sudans, 220 Pyramiden, in Ägypten selbst nur 138.
Trotz des Rückgangs in Qualität und Anzahl faszinierten die Pyramiden die Menschen bis zur Zeit der
Römer.
Bis heute gelten sie als Symbol der religiösen Hingabe der Pharaonen und der Erhabenheit des Alten
Ägyptens.“
Chephrens Vermächtnis?
„Eine andere Theorie besagt, dass die Sphinx von Chephren erbaut wurde und ihn selbst darstellen
sollte.
Hauptargument dieser Hypothese ist die Tatsache, dass die Kalksteinfundamente für den Hauptteil
des Tempels der Sphinx geografisch und architektonisch denen vom Taltempel des Chephren ähneln.
Einige gehen davon aus, dass Cheops die Sphinx selbst erbauen ließ, und dass seine Nachfolger
Radjedef und Chephren sie fertigstellten.
Diese Annahme basiert auf dem Stil der Gravuren, der Typologie des Nemes-Kopftuchs und dem
Fehlen eines Barts zum Zeitpunkt des Baus.“
Sphinx-Eingänge
„Seit der Antike wurde davon ausgegangen, dass sich im Inneren der Sphinx ein geheimes Grab
befindet.
Die ersten Versuche, die Sphinx zu plündern, sollen bis zur Ersten Zwischenzeit zurückgehen.
Seitdem wurden zahlreiche Versuche unternommen, die Geheimnisse der Sphinx zu lüften. Das
hinterließ Spuren auf dem Monument.“
Anubis-Thoerie
„Die erste der wichtigsten Theorien zur Bedeutung der Sphinx von Gizeh besagt, dass die Sphinx
ursprünglich eine übergroße Darstellung des Gottes Anubis war. Das Hauptargument ist, dass der
Kopf der Sphinx im Vergleich zum Körper unverhältnismäßig groß ist.
Die zweite Theorie geht davon aus, dass die Darstellung von zwei Sphingen auf der Stele von
Thutmoses IV. darauf hindeutet, dass dort eine weitere Steinsphinx gestanden habe, möglicherweise
sogar in gepaarter Symmetrie auf der anderen Seite des Nils.
Keine der Theorien kann jedoch in irgendeiner Weise verifiziert werden.“
Setepet
„Amenophis II. errichtete der Sphinx als Horus im Horizont einen Tempel, um Cheops und Chephren,
seinen Vorgängern, zu huldigen.
Es wurde zur Gewohnheit dieser Dynastie, mit dem königlichen Hof Zeit an der Sphinx zu verbringen.
Ihr Heiligtum wurde bekannt als Setepet, die Auserwählte.“
Spuren hinterlassen
„Der Ägyptologe Mark Lehner glaubte, Amenophis II. habe eine Statue von sich selbst, die zwischen
den Pfoten der Sphinx verankert war und seine Herrschaft legitimieren sollte, neben einer Stele
errichtet.
Auch viele andere Pharaonen seiner Dynastie, wie Tutanchamun und Ramses II. hinterließen ähnliche
Spuren. Manchmal entfernten sie dafür sogar die Steine von nahe gelegenen Tempeln und
Pyramiden. Insbesondere der Sohn und Nachfolger von Amenophis II., Thotmosis IV., tat sich in
dieser Hinsicht hervor.“
Die Traumstele
„Die 15 Tonnen schwere Traumstele, die Thutmosis IV. zum Gedenken an seinen Traum errichtete,
wurde 1818 vom Italiener Giovanni Battista Caviglia entdeckt, als er die Aufgabe übernahm, die
Sphinx aus dem Sand zu befreien, der sie wieder einmal bedeckt hatte.
Caviglia suchte nach einem Eingang in die Sphinx-Statue, stattdessen aber entdeckte er eine Kapelle
im Freien und Stelen zwischen den Pfoten. Es war noch Asche von einer Zeremonie vorhanden.
Geschützt durch den Sand, stammten sie möglicherweise von den letzten Zeremonien in römischer
Zeit.“
Ein Bildersturm-Akt
„Die plausibelste Hypothese basiert auf der Forschung des deutschen Historikers Ulrich Haarmann.
In den 1980er-Jahren kompilierte Haarmann mittelalterliche Quellen arabischer Autoren. Er
entdeckte, dass die Sphinx einst als gutes Omen galt, als Gottheit, die sedimentreiche
Überschwemmungen und Ernten unterstützte.
Um 1378 konnte ein Sufi mit dem Namen Mohammed Saim el-Dahr diese Vision des Denkmals nicht
ertragen und brach in einem Bildersturm-Akt die Nase der Sphinx ab. Den Texten zufolge wurde er
für sein Verbrechen zwischen die Beine der Sphinx gehängt und verbrannt.“
Tour 2.10) Cheops Grabkomplex
Cheops-Tempel im Tal
„Der Taltempel war das erste architektonische Objekt, auf das man beim Betreten des
Grabkomplexes traf.
Er wurde als offizieller Eingang zum Grabmal betrachtet und vereinte die strukturellen Merkmale von
Tempel und Säulengang.
Der Taltempel des Cheops weist einen Bodenbelag aus Basalt auf, der uns anzeigt, wo der
Säulengang des Bauwerks zu finden war.
Solch eine Trennung soll sowohl die unterirdischen als auch die sonnengewandten Aspekte des
Jenseits symbolisieren.“
Cheops-Damm
„Cheops Aufweg verlief von der Überschwemmungsebene bis zum Plateau und verband den
Taltempel mit dem Totentempel.
Ein traditioneller Aufweg war meist ein gepflasterter Pfad, der von Mauern eingeschlossen und oft
überdacht war.“
Mastaba-Grabstätten
„Die beeindruckendsten privaten Friedhöfe von Gizeh liegen östlich und westlich der Cheops-
Pyramide.
Der östliche Friedhof war den Mitgliedern der Königsfamilie vorbehalten, der westliche vor allem für
diverse höfische Würdenträger reserviert.
In beiden Bereichen waren die Privatgräber oder Mastabas streng angeordnet und als Straßen und
Alleen angelegt. Dieses Arrangement war wohl ein Versuch, den Königshof auch im Jenseits zu
repräsentieren.“
Cheops Schiffsgruben
„Im Umfeld der Cheops-Pyramide haben Ägyptologen sieben Bootsgruben entdeckt.
Die genaue Funktion dieser Gruben in Bootsform ist noch unbekannt, höchstwahrscheinlich sind sie
aber symbolischer Natur.
Da sich die Bootsgruben östlich der Pyramide befinden, also genau da, wo der wiederbelebte König
wieder erscheinen sollte, kann man davon ausgehen, dass diese Annahme der Wahrheit entspricht.“
Cheops‘ Schiff
„Die beiden südlichen Bootsgruben waren von riesigen Kalksteinplatten bedeckt. Sie wurden 1954
von Kamal al-Mallakh, einem ägyptischen Ägyptologen, entdeckt.
Nur eine davon wurde geöffnet. 1.224 Bootsteile aus Zedernholz wurden nach und nach geborgen
und sorgfältig von Meisterrestaurator Ahmed Youssef zusammengesetzt.
Dieser Prozess dauerte 28 Jahre. Youssef orientierte sich dabei an den Fugenlinien und
Zapfenverbindungen und verband die Teile mit Pflanzenseilen, um möglichst authentische Ergebnisse
zu erzielen.“
Das Pyramidion
„Der griechische Begriff Pyramidion bezieht sich auf den Schlussstein einer Pyramide oder die Spitze
eines Obelisken.
Im Alten Ägypten hießen beide Komponenten ‚benben‘. Dies wiederum bezeichnete auch eine
bestimmte Art von Nahrung: ein konisch geformtes Brot als Opfergabe.
Da das Pyramidion eine verkleinerte Version der Pyramide darstellen sollte, war es symbolisch auch
ähnlich aufgeladen.“
Cheops‘ Vermächtnis
„Der Bau der Großen Pyramide war auch ein Zeichen der Macht und der Opulenz auf Seiten Cheops.
Sie ist Teil des riesigen Grabkomplexes des Pharao, zu dem auch zwei Tempel, drei Nebenpyramiden,
ein Damm und eine Nekropole der Baumeister zählen.
Der Bau dieser Monumente diente, so vermutet man heute, Cheops‘ Inszenierung als einem der
mächtigsten Pharaonen, die je über ein vereintes Ägypten herrschten.“
Wertvolle Dokumente
„Selbst 4.500 Jahre später gibt es noch immer neue Einsichten in die Ingenieurskunst und die
altägyptische Kultur.
Beispielsweise zeugt ein kürzlich gemachter Papyrus-Fund vom Leben eines Händlers zu Zeiten des
Pyramidenbaus.
Zudem gibt uns ein Logbuch, das einem Bauleiter gehörte, Aufschluss über die Handwerker, ihre
Arbeitspläne und über die erforderlichen Rohstoffe.“
Einige Zahlen
„Die Seitenlänge der Großen Pyramide beträgt auf Bodenniveau 230 Meter. Ursprünglich war sie 147
Meter hoch, die Ausrichtung verläuft exakt in Nord-Süd-Richtung.
Die Pyramide weicht lediglich 0,05 Prozent von einem perfekten Quadrat ab.“
Der Brunnenschacht
„Der Brunnenschacht war ein 58 Meter langer vertikaler Tunnel, der den absteigenden Tunnel mit
der Großen Galerie darüber verband.
Bei der angrenzenden Grotte könnte es sich um eine natürliche Vertiefung im Fels gehandelt haben,
die durch den Tunnelbau erweitert wurde.
Ob die Grotte einem anderem [sic!] Zweck dienen sollte, ist unbekannt.“
Eine Luftzufuhr?
„Über die Funktion des Brunnenschachtes gibt es viele Spekulationen.
Eine Theorie besagt, dass er die Sauerstoffversorgung der Arbeiter im nach unten führenden Tunnel
sicherstellen sollte.
Vielleicht handelte es sich auch um einen letzten Ausgang, wenn die Arbeiten im Herzen der
Pyramide abgeschlossen waren. Ohne den Schacht wären die Arbeiter nach Versiegelung der Großen
Galerie im Inneren eingeschlossen gewesen.
Die Öffnung am Grund des Schachts wurde wahrscheinlich von Arbeitern verschlossen, um den
Durchgang zu verbergen.“
Glattes Mauerwerk
„Die Wände des aufsteigenden Korridors bestehen aus glattem Mauerwerk mit trapezförmigen
Steinen.
Sowohl Boden als auch Decke deuten darauf hin, dass der Tunnel erweitert wurde. So könnten sich
die Arbeiter Platz zum Verschieben der Blöcke, die den Korridor abschließen sollten, verschafft
haben.“
Die Königinnenkammer
„Obwohl der Raum als Königinnenkammer bezeichnet wird, geht man davon aus, dass dort nie eine
Königin bestattet wurde.
Aufgrund von Vergleichen mit älteren Pyramiden glauben Ägyptologen, dass es sich um den Serdab
des Königs handelte, den Raum in dem die Ka-Statue stand, die die Seele des Königs aufnehmen
sollte.“
Die Vorkammer
„Das hintere Ende der Großen Galerie führt i einen kleinen Vorraum, mehrere Fallsteine versperrten
den Zugang zur Königskammer.
Bei den Fallsteinen handelte es sich um drei Granitplatten. Nach der Beisetzung des Königs wurden
sie an ihren Bestimmungsort herabgelassen, um die Kammer zu versiegeln.
Die Rillen zur Arretierung der Platten sind bis heute sichtbar. Die komplexe Schließanlage bestand
aus einer Abfolge von Rillen für Seile und Flaschenzüge, mit denen die Steinplatten herabgelassen
wurden.“
Die Königskammer
„Die Königskammer besteht komplett aus roten Granitblöcken.
Die Königskammer ist 5,8 Meter hoch. Die imposante Decke besteht aus Granitbalken, die fünf
Ebenen über dem Boden gestapelt sind und je zwischen 25 und 40 Tonnen wiegen.
Die oberste Ebene schließt mit einer Giebeldachkonstruktion ab, was der Verteilung des enormen
Gewichts dienen sollte.“
Zwei Teile
„Üblicherweise wies ein Totentempel zwei Teile auf: einen vorderen Bereich, der aus einem Vorraum
und einem Hof bestand. Und einen hinteren Bereich, in dem sich sämtliche sakralen Elemente
befanden.
Im hinteren Teil des Tempels befanden sich mehrere wichtige Bestandteile, darunter das
Allerheiligste mit einer Scheintür, durch die der Pharao zwischen den Welten der Toten und der
Lebenden reisen konnte.“
Chephrens Ehrgeiz
„Der direkte Nachfolger von Cheops, Radjedef, folgte dem Brauch, wonach jeder König einen neuen
Ort für sein Begräbnis finden musste, und wählte Abu Rawash als letzte Ruhestätte.
Als die Zeit für seinen eigenen Grabkomplex gekommen war, brach Chephren – ebenfalls einer von
Cheops Söhnen und Nachfolger von Radjedef – mit der Tradition und kehrte nach Gizeh zurück.
Und Chephren missachtete nicht nur die Tradition, er tat das auch auf eine Weise, über die er hoffte,
das wichtigste Monument seines Vaters zu überflügeln.“
Die Einfriedungsmauern
„Nekropole von Gizeh wurde als höchst heiliger Bereich angesehen und sowohl geografisch als auch
physisch strikt definiert.
Eine acht Meter dicke Mauer aus Tura-Kalkstein umfasste die Große Pyramide in Gänze. Der einzige
Weg hinein führte durch den Totentempel.“
Das Ka
„Verkürzt wird das Ka oft als die Seele des Verstorbenen definiert.
Die Wahrheit ist ein bisschen komplexer. Im Glaubenssystem des altägyptischen Begräbnisritus war
das Ka Teil einer lebendigen Person, das sich beim Tod vom Körper löste. Es stellte die Lebensessenz
des Verstorbenen dar.
Damit der Verstorbene in ein neues Leben aufsteigen konnte – in dieser Welt oder der nächsten –
musste das Ka in einer Statue verkörpert und über Opfergaben und Rituale aufrechterhalten
werden.“
Zwei Gänge
„Menkaures Pyramide weist zwei verschüttete Gänge auf. Beide sind an der Nordseite des Bauwerks
zu finden.
Der obere Gang wurde schon in der Bauphase aufgegeben, der untere aber, der etwas über dem Fuß
des Monuments liegt, stellt den echten Eingang dar.
Der untere Gang führt zu einem Raum, der zum ersten Mal seit der Herrschaft Djosers mit
eingeritzten Scheintüren dekoriert wurde.“
Der Pyramidenkomplex
„Menkaures Pyramidenkomplex war zum Zeitpunkt seines Todes noch unvollendet und wurde später
von seinem Nachfolger Schepseskaf hastig und auch schlampig vollendet.
Und doch stellt dieses Grab eine Zäsur in der Geschichte dieser Bauwerke dar. Nach ihm schrumpften
die Pyramiden, während die Totentempel sowohl in quantitativer als auch qualitativer Hinsicht an
Bedeutung gewannen.
Eine bemerkenswerte Besonderheit des Totentempels des Menkaure ist der schwerste jemals beim
Pyramidenbau verwendete Kalksteinblock. Er wiegt über 200 Tonnen.“
Menkaures Aufweg
„Menkaures Aufweg wurde mittels Lehmziegeln vom Nachfolger des Königs fertiggestellt, wobei der
untere Teil nicht mehr als eine einfache Rampe war.
Der Taltempel wurde in zwei Phasen gebaut: Das Fundament wurde noch zu Pharao Menkaures
Zeiten gelegt, der Tempel selbst wurde später mit Lehmziegeln fertiggestellt.
Der Taltempel an sich war schon bald beschädigt und musste in der 6. Dynastie komplett neu gebaut
werden."
Die Königinnenpyramiden
„Drei kleinere Bauwerke, bekannt als Pharao Menkaures Königinnenpyramiden, wurden an der
Südseite der Hauptpyramide errichtet. Eine davon war verkleidet, die anderen beiden waren recht
simple Stufenpyramiden.
Ob die Stufenpyramiden absichtlich so gebaut wurden, oder einfach nicht fertiggestellt wurden und
deshalb unverkleidet waren, ist nicht ganz klar.“
Eine Zweckentfremdung
„Die östlichste Pyramide wurde mit den traditionellen Räumen und Korridoren angelegt. Wie in
Nebenpyramiden sollte darin das Ka des Königs Heimat finden.
Allerdings wurde in ihr ein Sarkophag aus Granit gefunden. Ägyptologen nehmen an, dass es sich um
ein echtes Grab und nicht nur ein symbolisches Scheingrab handelte.
Daraus lässt sich der Schluss ziehen, dass diese Pyramide zunächst als Nebenpyramide für das Ka des
Königs konzipiert worden war. Schließlich diente sie dann als das Grab einer Königin.
Welcher Königin ist bis heute nicht bekannt.“
Alexandria
Tour 3.1) Die griechischen Pharaonen
Der göttliche Pharao
„Die Pharaonen galten als lebendige Inkarnationen der Götter. Als göttlicher Stellvertreter auf Erden
war es Aufgabe des Pharao, grundlegende Werte und die universelle Harmonie zu bewahren, indem
er das Chaos, Isfet, bekämpfte und für Gerechtigkeit, Maat, Sorgte.
Der Pharao, legitimiert durch göttliche Abstammung, war das Bindeglied zwischen der Welt der
Menschen und der Welt der Götter. Er garantierte den Erhalt der kosmischen Ordnung.“
Ptolemaios I. Soter
„Auf dem Sterbebett machte Alexander der Große schließlich Ptolemaios Lagos zum Verwalter
Ägyptens.
Ptolemaios war sich des Wertes Ägyptens durchaus bewusst und investierte in den Schutz der
Grenzen und in die wirtschaftliche und militärische Entwicklung des Landes. Gleichzeitig band er die
alten Eliten ein, um so die innere Ordnung im Land zu wahren.
Um 305 v.u.Z. befehligte Ptolemaios, ein in Ägypten und im gesamten Mittelmeerraum respektierter
Mann, die größte Flotte der hellenistischen Welt.
Ptolemaios nahm den Titel eines Pharao im Januar des Jahres 304 v.u.Z. an, an dem Todestag seines
Freundes Alexanders des Großen.“
Kleopatras Schachzug
„Kleopatra wusste um den Groll Caesars Ptolemaios gegenüber und entschied sich, die Situation zu
ihrem Vorteil zu nutzen.
Sie kehrte insgeheim nach Ägypten zurück, um eine Allianz mit einem der mächtigsten Männer der
damaligen Zeit zu schmieden.
Abgesehen von der Legende, wonach sie sich in einen Teppich gehüllt in sein Quartier schmuggelte,
bleiben die Geschehnisse um dieses schicksalhafte Treffen ein Geheimnis. Allerdings schien Caesar
Kleopatra für fähiger gehalten zu haben als ihren beeinflussbaren Bruder.
Dem Willen Ptolemaios XII. folgend, versuchte Caesar zwischen den Geschwistern zu vermitteln.“
Kleopatra in Rom
„Im Juni 47 v.u.Z. gebar Kleopatra einen Sohn, den sie Caesarion nannte. Caesar erkannte ihn nicht
als Erben an und wählte an seiner statt seinen Neffen Octavian.
Trotzdem lud Caesar die Königin und ihren Brudergemahl nach seiner Rückkehr nach Rom dorthin
ein. Ihre Anwesenheit sorgte für große Unzufriedenheit im Senat.
Caesar ließ vier Legionen in Ägypten zurück. Einem Vertrauten überließ er die Angelegenheiten dort
sowie die Kontrolle über die für Rom wichtigen Weizenvorräte.
Kleopatra und ihr Gefolge blieben bis März 44 v.u.Z., als Caesar ermordet wurde, in Rom.“
Kleopatra & Antonius
„Caesars treuester Verbündeter, Marcus Antonius, besuchte die Königin von Ägypten häufig in Rom.
Anders als die meisten erkannte er Caesarion als legitimen Sohn Caesars an.
Antonius benötigte die Reichtümer Ägyptens im Kampf gegen Octavian und für den Anspruch auf das
Römische Reich.
Für Kleopatra war er ein mächtiger Verbündeter. Im Winter 41 v.u.Z. arrangierte sie eine Bootsfahrt
durch Ägypten, um Antonius den Wohlstand ihres Landes und ihre Macht als Herrscherin zu
präsentieren.
Es folgte eine romantische und politische Beziehung. Der römische Senat war wieder einmal äußerst
verärgert. Zur Beruhigung heiratete Antonius Octavia, Octavians Schwester.
Bürgerkrieg
„Die Belagerung von Alexandria schildert die Ereignisse des Bürgerkrieges, der dazu führte, und
beschreibt außerdem, wie Caesar im Palast der Ptolemäer belagert wurde.
Andere antike Autoren haben ähnlich wertvolle und manchmal widersprüchliche Informationen
hinterlassen.“
Gefangen im Palast
„Gefangen im Palast mit etwa 4.000 Soldaten und dem Wissen, dass die Ankunft der feindlichen
Truppen unmittelbar bevorstand, bat Caesar Syrien, Rhodos und Kilikien um Hilfe.
Er befahl, einen Graben um den Palast anzulegen und eine Mauer zum Hafen hin zu errichten. Das
sollte Caesars Zugang zum Meer sicherstellen.
Als der ägyptische General Achillas mit 20.000 Mann die Stadt erreichte, begann die Schlacht um
Alexandria.“
Hafenblockade
„Obwohl der Palast Schutz bot, bedeutete der Verlust des Hafens das Ende von Nachschub und
Versorgung. Caesar wusste, er musste die Flotte schützen.
Es gelang, die Kontrolle über den Hafen wiederzuerlangen, aber es war unmöglich, sie
aufrechtzuerhalten.
Caesar befahl, die Schiffe zu verbrennen. Da der Rückweg zum Palast abgeschnitten war, machte er
sich auf den Weg zum Leuchtturm von Alexandria.“
Verbrannte Manuskripte
„Sicher ist: Die Große Bibliothek wurde nicht vollständig zerstört. Experten weisen darauf hin, dass
sie zu weit vom Hafen entfernt lag, und viele spätere Texte beziehen sich auf eine intakte Große
Bibliothek.
Lagerhäuser in der Nähe des Hafens enthielten Manuskriptkopien, die auf den Export warteten.
Wahrscheinlich verbrannten diese Dokumente und nicht die Große Bibliothek selbst.“
Verlorenes Wissen
„Die Große Bibliothek wurde im Laufe der Jahrhunderte von mehreren Bränden heimgesucht. Ihr
Ende dürfte eher im 4. Jahrhundert u.Z. liegen, als der christliche Theodosius I. die Schließung aller
heidnischer Tempel anordnete.
Während einige Dokumente überlebten, weil man sie weggebracht hatte, bleibt unklar, welches
Wissen verloren gegangen sein könnte.“
Caesar schwimmt
„Caesar versuchte den Rückzug, aber der Eunostos-Hafen wurde von Feinden überrannt, die eine
Flucht verhinderten.
Berichten zufolge raffte Caesar seine Papiere und sprang über Bord, um zu einem Schiff seiner
Verbündeten zu schwimmen.
Der Historiker Cassius Dio behauptete, Caesar wäre ertrunken, hätte er nicht sein purpurnes Gewand
ausgezogen. Irgendwie gelang es ihm, die Strecke zu schwimmen und zu überleben.
Die Alexandriner holten sich den Mantel als Trophäe zum ewigen Gedenken an das römische
Debakel.“
Kleopatras Thron
„Nach Ende der Belagerung heiratete Kleopatra VII. ihren jüngeren Bruder Ptolemaios XIV. So konnte
sie bis 30 v.u.Z. über Ägypten herrschen.
Unter ihrer Herrschaft fügte sich Alexandria in das Römische Reich und übertrumpfte Athen
schließlich als eine der wichtigsten Städte des Römischen Reiches.
Julius Caesar blieb kurze Zeit in Ägypten. Er und Kleopatra bekamen später einen Sohn namens
Caesarion.“
Tour 3.4) Einführung zu Alexandria
Die Stadt Alexanders des Großen
„Nach der Eroberung Ägyptens im Jahr 331 v.u.Z. beschloss Alexander der Große, eine neue Stadt zu
gründen und diese nach sich zu benennen.
Nach seinem Tod wurde Alexandria schnell zur neuen Hauptstadt des Ptolemäer-Reiches und die
bedeutendste Stadt der griechischen Welt.“
Alexandria: Kurzübersicht
„Die Stadt wurde zwischen der Mittelmeerküste und dem Mariut-See errichtet. Dadurch wurde
Alexandria zum kulturellen und wirtschaftlichen Knotenpunkt.“
Obelisken
„Ägyptische Obelisken waren bei römischen Architekten sehr begehrt. Während die römische
Baukunst einzelne Monumente bevorzugt, treten die ägyptischen Obelisken meist paarweise auf,
häufig am Eingang eines Tempels.
Einige altägyptische Obelisken verblieben im Mutterland, viele von ihnen finden sich heute aber in
Städten auf der ganzen Welt wie Paris, Rom, New York und London.
All das zeigt, wie stark Alexandria durch Ägyptens Kultur und Geschichte beeinflusst wurde.“
Gewaltige Proportionen
„Ausgrabungen unter der Führung von Mahmoud El Falaki im 19. Jahrhundert ergaben, dass die
Mauerumfriedung etwa 5,2 Kilometer lang und 2,2 Kilometer breit war. Sie war circa 9 Meter hoch.“
Unüberwindliche Abwehr
„Diese mächtigen Mauern sollten einer Reihe von Angriffen widerstehen, auch denen des Königs von
Syrien im Jahr 169 v.u.Z.
Erst 295 u.Z. fielen sie schließlich, nach 8 Monaten unerbittlicher Angriffe durch die Truppen des
römischen Kaisers Diokletian.“
Stadtplanung
„Alexandrias Hauptarchitekt, Deinokrates, wählte den hippodamischen Rasterplan.
Das Raster maximierte die Funktionalität, mit breiten geraden Straßen und darunter verlaufenden
Kanälen.
Alexander erkannte den militärischen Wert des Stadtdesigns. Die breiten Parallelstraßen
ermöglichten ihm eine optimale Überwachung der Stadt und gleichzeitig den ungehinderten
Truppenfluss.“
Handelszentrum
„Ägypten exportierte Nahrungsmittel und Kunsthandwerk wie Keramik, Glas, Goldschmuck und
Münzen. Die lokalen Keramikwerkstätten mit ihren traditionellen Techniken konkurrierten mit
ausländischen Produkten. Die Textilindustrie florierte.
Was Ägypten nicht selbst herstellen konnte, wurde gegen Rohstoffe wie Weizen oder Papyrus
eingetauscht. Am begehrtesten waren Pinienholz aus Syrien, Eisen und Marmor von den griechischen
Inseln, Gold aus Spanien und exotische Früchte aus Europa.
Der umtriebige Handel vergrößerte den ohnehin schon maßlosen Reichtum der Stadt.“
Schiffswerften
„Das importierte Holz, das in Alexandrias Seehäfen ankam, wurde in die nahegelegenen Werften
gebracht, wo man den Großteil der ägyptischen Schiffe baute.
Die Werften beschäftigten Zehntausende Menschen und trugen dazu bei, Ägypten zu einer der
größten Seemächte dieser Zeit aufsteigen zu lassen.
Alle Hölzer, die nicht beim Schiffsbau zum Einsatz kamen, wurden weiter ins Landesinnere Ägyptens
verschickt."
Hinter den Kulissen: Der Hafen
„Der südliche Hafen des Mariut-Sees war der größte Alexandrias.
Abgesehen von einer Abzweigung nach Westen, maß der See in der ptolemäischen Ära 40 bis 50
Kilometer von Nord nach Süd. Seine Wasser wurden von den stetigen Zuflüssen des Nils gespeist.
Neben dem See gab es auch einen künstlichen Kanal, über den auf Frachkähnen Waren von der Stadt
zum Hafen transportiert wurden. Wegen seiner Größe kommt er im Spiel aber nicht vor.“
Bankwesen
„Eine der Neuerungen, die die Griechen in Ägypten einführten, war das Bankwesen.
Herzstück des Reichtums Alexandrias war das Erheben königlicher Steuern auf nahezu alles. Einfache
Waren wie Salz, Öl, Bier, Weizen oder Leinen wurden hoch besteuert.
Die gut gefüllte Schatzkammer Alexandrias konnte so eine gewisse wirtschaftliche Stabilität in ganz
Ägypten gewährleisten.“
Schulen
„Die großen Gelehrten der Antike waren meist in vielen Disziplinen bewandert, welche wiederum
unterschiedlichen Denkschulen zugeordnet wurden. Zu den berühmtesten Schulen zählten die
Peripatetiker, die Stoiker und die Kyniker.
Alexandria spielte ohne Zweifel eine große Rolle als Stadt der Intellektuellen und Inspirationsort
großer Denker, deren Arbeit unsere moderne Welt bis heute beeinflusst.“
Herophilos
„Der Arzt und Anatom Herophilos verbrachte den Großteil seines Lebens in Alexandria. Wegen der
toleranten Einstellung der Stadt, konnte er im Laufe seiner Karriere zahlreiche Obduktionen
durchführen.
Neben vielen anderen Dingen entdeckte er, dass das Gehirn das Zentrum des menschlichen
Nervensystems bildet. Er fertigte zudem Zeichnungen des Blutkreislaufes an und maß den Puls
mithilfe einer Wasseruhr.
Angetrieben von seinem unstillbaren Wissensdurst soll er über 600 Vivisektionen an Strafgefangenen
durchgeführt haben.“
Ein Heiligtum
„Serapis wurde auch mit anderen Gottheiten assoziiert, wie dem griechischen Gott der Heilkunst,
Asklepios.
Es ist denkbar, dass die Kranken, ähnlich wie im Serapis-Tempel von Kanopos, das Heiligtum
besuchten und dort in der Hoffnung auf Heilung in den geweihten Hallen die Nacht verbrachten.“
Tour 3.12) Die Insel Pharos
Das Heptastadion
„Das Heptastadion war ein brückenähnlicher Damm, der die Insel Pharos mit dem Festland von
Alexandria verband.
Der Name setzt sich zusammen aus dem griechischen Wort hepta für sieben und dem Wort Stadion,
eine Maßeinheit, die etwa 180 Metern entspricht.“
Getrennte Häfen
„Da das Bauwerk den großen Hafen im Osten und den Hafen von Eunostos im Westen trennen
würde, versah man es mit Durchfahrtskanälen an jedem Ende.
Durch die Kanäle konnte man von einem Hafen zum anderen gelangen.“
Griechische Tempel
„Neben dem berühmten und gefeierten Serapeum standen innerhalb der Mauern Alexandrias noch
unzählige andere Tempel.
Die meisten dieser Bauten haben die Zeit nicht überdauert, und es ist unmöglich zu sagen, wie viele
es ursprünglich gab.
In alten Papyri fanden sich jedoch wenigstens zu einigen dieser Tempel wichtige Hinweise auf ihren
damaligen Standort.“
Isis Fortuna
„Sowohl Papyri als auch Münzen erzählen von zahlreichen Götter-Tempeln.
Poseidon, der Gott des Meeres, hatte im Westen dieser Insel und auf dem Festland Tempel zu
seinem Ehren.
Der Tempel neben dir ist der Isis Pharia geweiht, der heiligen Schutzgottheit des Leuchtturms. Dort
fand jedes Jahr im April das Fest der Sacrum Pharia statt, mit der man das wichtige Bauwerk ehrte.
In ihrer Gestalt als Isis Fortuna trägt die Göttin ein Ruder und ein Füllhorn, beides Glückssymbole der
Seefahrer.“
Pharos
„Der Leuchtturm von Alexandria wurde zu den Sieben Weltwundern der Antike gezählt und war
daher der ganze Stolz der Einwohner der Stadt.
Die Arbeiten begannen und Ptolemaios I. Unter der Herrschaft seines Sohnes wurde der Bau 15 Jahre
später vollendet.
Nach Abschluss der Arbeiten weihte man den Leuchtturm den Göttern und bat sie um Beistand für
alle Seefahrer.“
Eine dreistufige Struktur
„Der auf der Insel Pharos stehende Turm bestand aus drei Etagen, die stufenförmig aufeinander
gesetzt wurden.
Die zweite Etage war ein achteckiger Turm, die oberste Etage ein von einer Statue gekrönter Zylinder.
Im Inneren fand sich Platz für Unterkünfte und eine Rampe für den Transport von Brennstoff in die
oberen Etagen.“
Das Tethrippon
„Das wichtigste Wagenrennen war das Tethrippon. Die Wagen waren mit vier Pferden bespannt, das
schnellste von ihnen rechts vorne. Das Rennen ging über zwölf Runden, am Ende des Hippodroms
mussten scharfe Kehren bewältigt werden.
Die Sieger wurden mit Kränzen aus Olivenzweigen gekrönt und erhielten Geldpreise. Die begehrteste
Auszeichnung aber war es, Eingang in die Werke von Dichtern wie Kallimachos oder Pindar zu
finden.“
Osiris
„Bis zum Jahr 3600 v.u.Z. findet sich keinerlei ideologische Erklärung für die Praxis des Mumifizierens.
Erst danach wurde die Überzeugung der Alten Ägypter, der Körper sei das Haus der Seele, schriftlich
festgehalten.
Bis zum Auftauchen von Osiris in der altägyptischen Glaubenswelt während der 5. Dynastie existierte
kein spirituelles Konzept der Mumifizierung. Erst danach fußt diese Praxis sowohl auf religiösen als
auch auf weltanschaulichen Überzeugungen.“
Entstehungsmythos
„Osiris galt als Gottheit des Todes und der Wiederauferstehung.
Der bekannteste Mythos rund um Osiris ist sicherlich der seiner Verstümmelung.“
Waschung
„Der erste Schritt war die Waschung. Am Ort der Mumifizierung wurden die Körper auf geneigten
Tischen platziert, damit die Körperflüssigkeiten ablaufen konnten.
Dann wurden sie von Priestern gewaschen, bis sie als bereit für den Läuterungsprozess erachtet
wurden.“
Läuterung
„Diese Läuterung begann mit einem Trankopfer aus heiligem Wasser. Die Priester räucherten den
Körper dann mit Harz.
Nach der rituellen Reinigung läuterten Priester den Körper weiter mit Ölen, Gewürzen und anderen
Essenzen. Schließlich wurde sämtliche Körperbehaarung sorgfältig entfernt.“
Eviszeration
„Nach Entfernen des Gehirns machten die Einbalsamierer einen Schnitt an der linken Körperseite und
entfernten die Eingeweide.
Das Körperinnere wurde ebenfalls mit Palmwein ausgespült. Dann füllten die Einbalsamierer den
Bauchraum mit Myrrhe, Zimt und anderen Duftstoffen und nähten ihn zu.
Die entnommenen Organe wurden in Palmwein gewaschen und mit zerstoßenen Kräutern in
Kanopenkrüge gelegt.“
Natronsalz
„Natron ist ein natürlich vorkommendes Mineral. Diese Sedimentgesteine setzen sich aus
Mineralsalzen zusammen und wurden üblicherweise an Seeufern abgebaut.“
Masken
„Masken waren ein wichtiger Teil der Mumifizierungskunst. Frühe Versionen aus Holz waren
allerdings sehr teuer und wurden bald von Masken abgelöst, die mit einer Art Kartonagetechnik
hergestellt wurden.
Solche Masken bestanden aus mehreren Schichten Leinen oder Papyrusschnitzeln, die auf eine Basis
aus Lehm oder Stroh appliziert wurden.
Kartonage kam nicht nur bei Begräbnismasken zum Einsatz. Ornamente und die Tiersärge der späten
Periode wurden auf ähnliche Art gefertigt.“
Mumienmode
„In der XXII. Dynastie bedeckte Kartonage dann den gesamten Körper einer Mumie.
Die Mumien wurden auf einem Brett platziert und fest in Kartonage verpackt, die auf der Rückseite
mit einer Schnur festgezurrt wurde.
Diese Technik war kostengünstig sowie visuell ansprechend und daher quer durch alle Schichten sehr
beliebt.“
Das Mundöffnungsritual
„Sobald die Mumie richtig eingewickelt und verziert war, fuhren die Einbalsamierer mit dem Ritual
des Mundöffnens fort.
Diese Zeremonie war ein weiterer bedeutender Teil des Begräbnisses. Sie sollte dem Verstorbenen
oder einem ihn darstellenden Objekt wieder Leben einhauchen.“
Geheime Techniken
„Ihre Techniken waren ein wohl gehütetes Geheimnis der Einbalsamierer und wurden über
Generationen weitergegeben.
Herodot und Diodor konnten ihre Methoden in der Spätantike schließlich doch enthüllen. Historiker
zweifelten aber an der Echtheit dieser Texte.
Die Mumifizierung blieb ein Mysterium bis schließlich zwei Teams von Gerichtsmedizinern 1994 und
2011 die Angaben verifizieren konnten.“
Die Balsamierungshalle
„In der Balsamierungshalle präparierten die Einbalsamierer die Körper der Verstorbenen für die
Ewigkeit.
Bis zum Ende des Mittleren Reiches arbeiteten sie in Zelten am Rande der Stadt, um den
Verwesungsgestank fernzuhalten. Im Neuen Reich wurden die Balsamierungshallen in die Städte
verlegt, allerdings arbeitete man immer noch im Freien.
Mit der Weiterentwicklung der Praktiken und Techniken wuchs möglicherweise auch das Ansehen
der Einbalsamierer in der altägyptischen Gesellschaft.“
Einfachere Methoden
„Die kostengünstigste Methode war die Injektion einer Flüssigkeit namens Surmaia. Der Körper
wurde anschließend ebenfalls in Natron eingelegt und dann der Familie übergeben.
Für alle, die sich keine Einbalsamierung leisten konnten, blieb nur eine Beisetzung in der Wüste, um
den Körper bestmöglich zu erhalten.“
Magische Energie
„Die Priester luden die Amulette durch Zeremonien mit magischer Energie auf und verliehen dem
Träger so einen kraftvollen Schutz gegen die übernatürlichen Mächte.
Die reichsten Ägypter konnten geweihte Anhänger erstehen, die eine auf deinem Stück Papyrus
festgehaltene magische Formel enthielten. Dieser Zauberspruch war speziell auf die Wünsche des
Trägers zugeschnitten.“
Religiöser Kalender
„Es existierte ein Kalender mit allen religiösen Feiertagen, sowohl freudige als auch traurige, der die
dazugehörigen Rituale beschreibt.
Neben Wein, Milch und besonderen Ölen zählten kleine Amulette bis hin zu lebensgroßen Statuen
und Familienschreinen zu den Opfergaben.
Während der griechisch-römischen Periode wurden den Göttern auch mumifizierte Tiere geopfert.
Katzen für Bastet, Hunde für Anubis und Vögel für Thot.“
Orakel
„Die Orakel galten als Botschafter der Götter, unabhängig vom Stand konnte sich jeder Ägypter an sie
wenden.
Ob es um Fragen der Feldbewirtschaftung oder die Entscheidung des Pharao ging, einen Krieg zu
beginnen – das Orakel gab den Ausschlag.
Die Orakel wurden auch häufig bei rechtlichen Problemen befragt. Protestierte der Beschuldigte
gegen das gefällte Urteil der Gottheit, konnte eine weitere Gottheit befragt werden.“
Feste
„Anders als die täglichen Rituale, die in den Tempeln von Priestern durchgeführt wurden, boten
solche Feste allen Menschen Gelegenheit zur Teilhabe.
Die Feste brachten Struktur und Orientierung in den Lauf der Jahreszeiten.
Den Bürgern vermittelten religiöse Feiertage das Gefühl von Beständigkeit. Sie stärkten den Sinn für
eine gesellschaftliche Ordnung, deren Aufrechterhaltung zu den göttlichen Aufgaben eines jeden
ägyptischen Pharao zählte.“
Tempelhierarchie
„Die Hierarchie im Tempel bestand aus Hohepriestern, verschiedenen weiteren Priestern, Schreibern,
und Dienern.
Der Hohepriester wurde als Prophet bezeichnet. Manche Gottheiten hatten bis zu vier Propheten,
diese führten die aufwändigsten und komplexesten Rituale durch.“
Tempelbedienstete
„Ägyptische Priester hatten nicht nur religiöse Aufgaben, viele von ihnen spielten auch in der
Verwaltung Ägyptens eine zentrale Rolle. Ihre Hauptaufgabe bestand dort in der göttlichen
Legitimierung des Pharao.
In den Tempeln fiel ihnen vor allem die Verantwortung für die korrekte Durchführung der Rituale zu.
Sie waren keine Wächter des rechten Glaubens oder Prediger.“
Der Naos
„Im Naos stand das Bildwerk der Gottheit. Für gewöhnlich waren diese Skulpturen aus Stein oder
Holz gefertigt und reich mit Gold, Silber und Edelsteinen verziert.
Kleinere Tempel hatten nur einen Naos, während größere Anlagen wie der Tempel von Karnak in
vielen Kammern Götter wie Amun, Ptah und Osiris beherbergten.
Jeder der Statuen galt als Gefäß für die Präsenz oder die Wesenheit des Ka eines Gottes, was ihm
erlaubte, irdische Gestalt anzunehmen.
Durch die Statue am die Gottheit in den Schrein, um zu essen, zu trinken und mit dem Pharao oder
den ihn vertretenden Priestern zu kommunizieren.“
Allgemeine Struktur
„Mitten im Zentrum von Memphis gelegen, war der Tempel des Ptah das markanteste und
beeindruckendste Bauwerk der Stadt.
Die lange Prozessionsstraße hin zum Tempel, auch als Dromos bekannt, wurde von einer Reihe von
Sphingen gesäumt.
Das gesamte heilige Areal war so angelegt, dass die Gottesstatue tief in den sie umgebenden heiligen
Anlagen geschützt war.“
Beliebte Feste
„Der Dromos mündete in einen Hof, der von Säulenreihen gesäumt war, die Palmengewächsen
nachempfunden waren.
Bei besonderen Festen war es der Allgemeinbevölkerung gestattet, diesen Ort zu betreten. Unter
keinen Umständen aber durften sie in die heiligen Orte, die hinter dem Hof lagen.“
Der Apis-Stier
„In der ägyptischen Kultur wurden einige Tiere mit Göttern assoziiert, andere wurden selbst für
lebende Götter gehalten.
Der Apis-Stier wurde als göttliche Entität betrachtet. Die erste Erwähnung des Apis-Stiers geht
bereits auf die erste ägyptische Dynastie zurück.“
Tägliche Rituale
„An Tempelwänden gefundene Details zu den Zeremonien gewähren uns einen Überblick zu den
Phasen der täglichen Rituale.
Die Zeremonien wurden wie Mahlzeiten dreimal täglich durchgeführt und waren höchst symbolisch.
Sie wurden begleitet von spezifischen Rezitationen, die sich meist auf mythische Ereignisse bezogen.“
Festgelegte Praktiken
„Zunächst weckte der Hohepriester die schlafende Gottheit mit einem Gesang.
Dann wurden die Siegel der Schreintüren gebrochen und die Bolzen entfernt.
Der Akt des Öffnens der Türen war eine symbolische Geste: Der Gottheit wurde freie Sicht gewährt.
Dann verneigte sich der Priester und küsste den Boden.“
Symbolische Prozeduren
„Die Gottheit wurde dann mit Duftwasser gewaschen und der Mund mit Mineralsalzen gespült.
Nach der Waschung wurde die Statue mit Edelsteinen und königlichen Gewändern geschmückt.
Im letzten Ritual musste der Priester etwaige Fußabdrücke beseitigen, damit das Böse nicht an die
Gottheit herantreten konnte.“
Das Priestertum
„Die meisten neuen Rekruten entsprangen der Erbfolge. Außenseiter blieb diese Position meist
verwehrt.
Ganz oben in der Tempelhierarchie stand der Hohepriester. Jeder Tempel, der einem Gott geweiht
war, hatte zumindest einen verantwortlichen Hohepriester.
Während der ptolemäischen Dynastie hielt eine Familie die Position des Hohepriesters in Memphis
fast 300 Jahre lang.“
Der Hohepriester
„Kandidaten für das Amt des Hohepriesters stiegen innerhalb der Tempelhierarchie auf. Der
Auserwählte für diese hohe Position wurde üblicherweise vom Pharao bestätigt.
Mehrere Hohepriester waren zudem hohe Offizielle in der Regierung. Familien, die die höchsten
Priesterämter innehatten, neigten dazu, Allianzen zu schmieden und so Gewinne bei Land und
Reichtum zu verzeichnen.
Machtverschiebungen endeten meist in mehr oder weniger offenen Konflikten zwischen der
Priesterschaft und den Pharaonen.“
Tempelwirtschaft
„Die Wirtschaft der Alten Ägypter fußte auf einem ungleichen System der Güterverteilung.
Der ägyptische Staat sammelte die Ernte ein, die Tempel verteilten diese in den Provinzen.
Da nur gebildete Schreiber in der Lage waren, zu zählen und eine faire Verteilung zu gewährleisten,
spielten die Tempel bei diesem Prozess eine entscheidende Rolle.“
Wohltäter
„Es gibt Aufzeichnungen von Pharaonen, die Tempeln große Stücke Land und viele Tiere anboten, um
deren Gunst zu erwerben. Ramses III. etwa war dem Tempel des Amun in Karnak auf diese Weise
wohlgesonnen.“
Kalkstein
„Kalkstein war verbreitet und leicht aus den Steinbrüchen am Ostufer des Nils zu gewinnen.
Dieser besondere Kalkstein barg jedoch Meeresfossilien, die ein leichtes Dekorieren und Polieren
verhinderten. Als Hauptbaustoff verwendet, wurde das Bauwerk dann mit einem feineren Kalkstein
veredelt, der glatt geschliffen und je nach Bedarf gestaltet wurde.
Kalkstein wurde für den Bau der ersten Pyramiden und der meisten religiösen Bauten des Alten und
Mittleren Reiches verwendet.“
Der Tagebau
„Die Alten Ägypter bevorzugten Sedimentgesteinsbetten oder Schichten wie Sandstein und Kalkstein,
weil sie oft leichter zu extrahieren waren.
Die gebräuchliche Methode zur Gewinnung von Stein war der Tagebau. Steinschleifer suchten nach
Qualitätssteinen und formten und gruben ihn vor Ort aus. Im Tagebau konnten Arbeiter gleichzeitig
an mehreren Blöcken arbeiten, was für eine höhere Produktivität sorgte.“
Schneidetechnik
„Die Arbeiter zeichneten ein großes Gitter direkt auf die Steinoberfläche und sorgten dafür, dass
zwischen den Blöcken etwas Raum blieb. So konnten sie die verschiedenen Blöcke isolieren und
einen Spalt schaffen, der die Extraktion erleichterte.
Steinhauer nutzten Eisenmeißel für Hartgestein und Bronze- oder Kupferwerkzeug für weichere
Gesteine wie Kalkstein.
Durch das Entfernen von Material zwischen den einzelnen Blöcken entstand ein Spalt. In einigen
Steinbrüchen war dieser breit genug, um einen Arbeiter aufzunehmen, der dann den Block trennte.
Bei härteren Gesteinen schnitten die Arbeiter eine Reihe von Löchern ins Gestein und hämmerten
Holzkeile hinein. Dann wurde das Holz befeuchtet, bis es anschwoll und den Fels spaltete.“
Spalttechnik
„Um den Stein zu schneiden, schufen sie einen Längsschnitt oder Schlitz und schnitten den Fels in
einem 90-Grad-Winkel.
Die Unterseite wurde entlang der geologischen Schichten oder durch einen Horizontalschnitt
bestimmt.
Holzkeile wurden in den Fels eingeschlagen. Anschließend wurden Stoßwellen mit Hilfe von
Hämmern erzeugt, die die Blöcke an der Naht zerbrachen.“
Tragende Säulen
„Um die Stabilität dieser ‚Bergwerke‘ beim Abbau zu gewähren, beließen die Arbeiter Bereiche mit
nicht ausgegrabenen Felsblöcken.“
Mehrere Qualifikationen
„Erfahrene Architekten wurden das ganze Jahr über beschäftigt, während die Hilfsarbeiter in den
Steinbrüchen häufig Bauern waren, die sich dort nur während der Nil-Hochwasser verdingten.
Die einfachen Arbeiter schufteten hart. Viele waren Bauern, die während der landwirtschaftlichen
Nebensaison auf der Baustelle arbeiteten.
Hieroglyphen aus den Arbeitersiedlungen listeten verschiedene Aufgaben auf.“
Transport zu Wasser
„Während der Flut-Saison war der Nil besonders breit und tief und man konnte die größten und
schwersten Lasten über Wasser transportieren.
Von den Steinbrüchen in der Nähe des Flusses führten Transport-Rinnen bis zum Ufer.
Häfen und Werften am Ufer ermöglichten den Transport von Material und Versorgungsgütern. In den
Lagerhäusern dieser Häfen wurden zusätzliche Vorräte an Steinblöcken für die Wintersaison
angelegt.“
Der Wadi-al-Jarf-Papyrus
„Im Wadi-al-Jarf-Papyrus finden sich Details zu einer Ladung Kalksteine für die Cheops-Pyramide,
zwischen 70 und 80 Tonnen in 30 Blöcken.
Ein Papyrus-Fragment enthielt Aufzeichnungen eines Vorarbeiters, der an der Großen Pyramide
arbeitete. Sie beschreiben detailliert den Transport der Kalksteine von den Tura-Steinbrüchen bis zur
Baustelle der Pyramide.
In anderen Papyri fand man Schiffsprotokolle mit den Namen der Seeleute, die das Rote Meer und
den Nil befuhren.“
Steinfracht
„Pro Boot konnten etwa 15 Tonnen transportiert werden, jedes Boot hatte 6 oder 7 Blöcke an Bord.
Für schwerere Lasten wie Obelisken, monolithische Säulen oder große Statuen brauchte man größere
Boote. Solche Transporte wurden oft in den Bildwerken der Tempel dargestellt.“
Eine Agrarrevolution
„Die ptolemäische Ära brachte eine landwirtschaftliche Revolution. Es wurden neue fortschrittliche
Anbautechniken und Getreidesorten wie Reis, Hartweizen und Perlhirse eingeführt.
Die steigenden Erträge trugen zu einem erheblichen Wirtschaftsaufschwung im Alten Ägypten bei.
Zudem entwickelten sich Lagerungs- und Transportwesen weiter und erlaubten den Export der Güter
in weit entfernte Regionen.“
Spreu wiederverwenden
„Mit hölzernen Kellen wurde das Getreide schließlich gereinigt. Man war die Ähren in die Luft, die
Spelzen wurden vom Wind davongetragen, die schweren Samen setzten sich ab.
Der Vorgang wurde so lange wiederholt, bis alle Spelzen entfernt waren.
Die Getreideabfälle wurden mit Dung gemischt, um ziegelförmige Laibe herzustellen, die man als
Brennmaterial nutzte.
Dank der standardisierten Form konnten die Ägypter dieses Nebenprodukt massenhaft herstellen
und als Handelsware nutzen.“
Transport
„Für den Transport großer Getreidemengen benötigte man Schiffe, die schwere Lasten
transportieren konnten. Diese Güter wurden während der Flutsaison verschifft, wenn der Nil die
nötige Tiefe hatte.
Die Schiffe hielten an Kontrollpunkten, an denen man Zölle entrichtete, Reparaturen durchführte
oder auf besseres Wetter warten konnte.“
Kornverteilung
„Hatte man den inneren Hafen von Alexandria erreicht, wurde das Getreide unter Aufsicht eines
zuständigen Beamten ausgeladen.
Die Ladung wurde auf den Märkten von Alexandria verteilt. Was übrig blieb, wurde entweder
eingelagert oder exportiert.“
Kornkammern
„Lager für Getreide fanden sich überall in Ägypten
Tempel und öffentliche Institutionen hatten große Silos. Privathaushalte verfügten über
Vorratsschuppen.
In manchen Häusern baute man zusätzlich Kellergewölbe im Fundament ein. In diese wasserdichten
Kammern gelangten die Bewohner durch eine Falltür im Boden.
Die königlichen Getreidespeicher dienten als Lager und Verteilungszentren. Dort wurden auch
Gehälter für Beamte, Soldaten und Polizisten ausgezahlt.
Obwohl von innen verputzt, waren die Speicher nicht hermetisch abgeschlossen. So drohte stets die
Gefahr von Mäuseplagen.“
Getreideverarbeitung
„War das Getreide bereit zur Weiterverarbeitung, füllte man es in Schalen und stampfte es zu
grobem Mehl.
Anschließend wurde das Mehl gesiebt, um eine feinere Qualität zu erhalten, und nochmals zwischen
Steinen zerrieben.
Die alten Ägypter legten keine Mehlvorräte an. Stattdessen verarbeitete man bei Bedarf immer
wieder frisches Getreide zu Mehl.“
Überall Sand
„Die Siebe der Alten Ägypter konnten keine feinen Partikel herausfiltern. Infolgedessen finden sich
durch den permanenten Abrieb quer durch alle Gesellschaftsschichten Zahnschäden.“
Haustiere
„Die Alten Ägypter liebten ihre Haustiere. Auf vielen Darstellungen von Kindern kann man sie
gemeinsam mit Haustieren sehen.“
Leinen
„Wegen der atmungsaktiven und kühlenden Eigenschaften bevorzugte man bei der Produktion von
Bekleidungsstoffen Leinen. Es wurde aus Flachs hergestellt, der in Ägypten üppig wuchs.
Die Fasern selbst wurden für gewöhnlich vor dem Weben gefärbt. Obwohl bei der Produktion von
Textilien auch Färbung zum Einsatz kam, blieben die Bekleidungsstoffe der Alten Ägypter vorwiegend
weiß. Diese Farbe stand für die spirituelle Reinheit, ein Ziel nach dem es sich jeden Tag zu streben
lohnte.“
Färben
„Gern genutzt wurde die Pflanzenfarbe Waid, die man aus den Blättern der Isatis Tinctoria gewann.
Die Pflanze wurde zu diesem Zweck im Nildelta angebaut und ermöglichte die Erzeugung
verschiedenster Farbtöne. Durch unterschiedliche Quellzeiten der Blätter erzielte man beispielsweise
Rot- und Grüntöne, die Zugabe von Kalksteinpulver resultierte in Blautönen.
Während der griechisch-römischen Periode wurde die Zutatenliste länger und die Farbpalette
größer.“
Schmuck
„Schmuck war bei Ägyptern aller Schichten der Gesellschaft äußerst beliebt. Männer und Frauen
trugen Ohrringe, Ringe und Armreife.
Wie viel Schmuck man trug und wie kostbar dieser war, hing vom sozialen Stand ab.
Die einfachen Leute leibten Perlenhalsketten, einfache Armreife und Lederfußbänder. Bunt bemalte
Keramik und Glaspasten waren äußerst populär.“
Mode im Wandel
„Trotz der stilisierten Formensprache verraten die Malereien der Grabkammern viel über modische
Vorlieben im Alten Ägypten und deren Wandel.
Die Alten Ägypter nahmen die äußere Erscheinung sehr ernst und widmeten sich Themen wie Mode,
Haartracht, Schmuck und Körperpflege äußerst gewissenhaft.“
Bekleidung
„Altägyptische Kleidung wurde fast ausschließlich aus diversen Qualitäten von Leinen hergestellt.
Das Leinen war meist weiß. Man schlang sich die Stoffbahnen üblicherweise um den Körper. Es gab
allerdings auch geschneiderte Gewänder.
Reiche Männer trugen lange Tuniken, Lendenschurze oder Röcke, während die ärmeren Männer nur
mit Lendenschurzen bekleidet waren. Die Frauen trugen lange Gewänder. Die Qualität des Stoffes
hing vom sozialen Stand ab.
Die meisten Ägypter gingen barfuß, allerdings gab es auch Sandalen aus Papyrusfasern oder Leder.“
Kosmetik
„Kosmetika, wie Mittel gegen Körpergeruch oder schlechten Atem, waren ein wichtiger Bestandteil
der täglichen Körperpflege der Ägypter.
Die sowohl von Männern als auch von Frauen genutzten Kosmetika dienten neben der
Verschönerung auch der Pflege und dem Sonnenschutz.
Roter Ocker, ein natürliches Mineral, war das einfachste Mittel, um Wangen und Lippen rot zu
färben.
Henna wurde zum Färben von Nägeln, Lippen und Haar eingesetzt. Reichere Frauen schmückten
zudem ihre Handinnenflächen und Fußsohlen mit Henna-Ornamenten.“
Kajal
„Die Alten Ägypter schrieben Kajal magische Kräfte zu. Der damit gezogene Lidstrich diente als
Sonnenschutz und als Schutz vor Augeninfektionen, die bei Kontakt mit Nilwasser drohten.
Ein spezieller grüner Kajal aus Malachit wurde nur bei Zeremonien oder religiösen Ritualen
aufgetragen.“
Haartracht
„Frauen trugen ihr Haar lang und häufig zu Zöpfen geflochten. Reichere Frauen schmückten sich mit
geschnitzten Kämmen oder Haarnadeln.
Das Haar der Männer war meist schulterlang. Während der dynastischen Periode schor man sich
kahl, eine Mode, die von den Eliten eingeführt und bald auch vom einfachen Volk übernommen
wurde.
Die Königin Hatschepsut trug einen Schmuckbart, als sie zur Pharaonin wurde.“
Perücken
„Perücken waren sehr beliebt. Man trug sie an Festtagen oder um graues Haar oder Kahlheit zu
verbergen. Befestigt wurden sie mit Bienenwachs.
Die kostbarsten Perücken waren aus menschlichem Haar und dem Adel vorbehalten. Einfachere
Perücken bestanden aus Leinen, Wolle oder Tierhaar.“
Kinderfrisuren
„Bis zur Pubertät blieben Kinder meist kahl geschoren. Den Mädchen ließ man einige Strähnen, die
Jungen trugen einen geflochtenen Zopf an der Seite.“
Ägyptische Kunsthandwerker
„Die altägyptischen Handwerker schufen Kunst und eine Vielzahl von alltäglichen Werkzeugen. Jedes
Stück hatte einen bestimmten Zweck und wurde von anonymen Handwerkern hergestellt, die allein
oder im Team arbeiteten.
Die meisten Kunsthandwerke kamen für Gebrauchsgegenstände zur Anwendung. Luxusgüter und
Illustrationen dienten Tempelritualen und waren nicht für die Öffentlichkeit bestimmt.
Die Künstler signierten selten ihre Arbeiten, obwohl sie sich bewusst waren, dass sie eine einzigartige
Fähigkeit innehatten.“
Stilistische Konventionen
„Kunst bot nicht nur einen praktischen Einblick in die Lebensweise der Alten Ägypter, sondern auch
in die Art und Weise, wie sie die Welt und ihren Platz darin sahen.
Das Gleichgewicht von Ordnung und Chaos war sowohl im physischen als auch im metaphysischen
Universum entscheidend. Ihre Kunst schein daher stilistischen Konventionen zu folgen, die dieses
Weltbild unterstützten.
Von Haushalten und Palästen über Tempel bis hin zu Gräbern gehörten Töpferwaren, Papyrus und
Textilwaren zum Alltag der Alten Ägypter.“
Skulptur
„Stauten galten als Gefäße für die Seelen Verstorbener oder für Gottheiten. Deshalb hieß ein
Bildhauer auch ‚derjenige, der etwas lebendig macht‘. Diese göttliche Pflicht brachte ihnen höchsten
Respekt ein.
Wie beim Relief stand auch bei der Skulptur zuerst eine Zeichnung.
Die meisten Statuen bestanden aus Steinblöcken, vor allem Kalkstein, aber auch härtere Steine wie
Quarzit wurden verwendet.“
Sozialer Status
„Im Alten Ägypten wurde der Handwerksberuf organisiert und wies eine bestimmte Hierarchie auf.
Die meisten Handwerker waren auf eine Institution angewiesen, die sie mit Rohstoffen versorgte.
Es gab drei Arbeitsebenen für die Handwerkskunst: privat, Großanwesen und in den Palast- und
Tempelwerkstätten.
Die größten königlichen Werkstätten bedeckten eine Fläche von 2,8 Quadratkilometern.“
Begabte Künstler
„Auf häuslicher Ebene waren die meisten Ägypter mehr oder weniger Handwerker. Das Reparieren
von Werkzeugen war tägliche Notwendigkeit. Auf dem lokalen Markt wurden alltägliche
Handwerksprodukte getauscht.
Fähige Handwerker, denen die Ressourcen fehlten, arbeiteten auf großen Gütern, wo die Elite ihnen
Arbeitsfläche und Rohstoffe zur Verfügung stellte.
Die begabtesten Handwerker waren in königlichen oder Tempelprojekten beschäftigt und genossen
einen besonderen Status. Sie waren mit guten Arbeitsplätzen ausgestattet und galten als
hochqualifiziert.“
Deir el-Medina
„Deir el-Medina war eine Siedlung in der Nähe des Tals der Könige, die auf Befehl des Königs zu
Ehren der erfahrensten Handwerker gegründet wurde. Der Name bedeutet übersetzt: „Das Kloster
der Stadt“.
Diesen Handwerkern wurde auf Geheiß des Königs ein Haus zugewiesen. Sie wurden mit Respekt
behandelt und als königliche Handwerker bezeichnet.
Jene, die dort lebten, arbeiteten an den Gräbern im Tal der Könige und den umliegenden Tempeln.“
Wichtige Behältnisse
„Keramiken waren aus dem Alltag nicht wegzudenken. Sie kamen in allen Lebensbereichen zum
Einsatz: von der Lagerung von Getreide und Flüssigkeiten bis hin zu den Kanopen der Grabkammern.
Die gewöhnlichen Töpferwaren für den Alltagsgebrauch wurden aus Nilton gefertigt, das gebrannte
Produkt war rot-braun. Der feinere Mergelton war nur in Oberägypten zu finden.“
Das Töpferrad
„Die Töpferscheibe etablierte sich während des Alten Reiches.
Manche Keramiken erhielten dank einer Politur mit Kieseln eine glänzende Oberfläche. Dekoriert
wurde vorwiegend mit roten Pigmenten, die sich während des Brandes schwarz färbten.
Töpfereien waren häuft Palästen oder Tempeln angegliedert. Während der späten Periode gab es
auch spezialisierte Werkstätten.“
Unterschiedliche Stile
„Zur Zeit des Neuen Reichs kamen Quarzit-Glasuren in Mode, die leuchtende Blau- und Grüntöne
erzeugten.
In der griechisch-römischen Zeit kamen mediterrane Motive und Zinnglasuren auf.“
Ostraka
„Tonscherben fand man nahezu überall. Sie dienten als Unterlage zum Schreiben und Zeichnen und
waren sehr viel preiswerter als Papyrus.
Diese ‚Ostraka‘, deren Name aus dem Griechischen übernommen wurde, enthielten Aufzeichnungen
aus dem alltäglichen Leben, Briefe oder Zeichnungen, die als Skizzen für Gräber und Tempel oder
zum Zeitvertreib angefertigt wurden.“
Berufe
„Manche Berufe standen nur Frauen offen, wie das Weben oder der Beruf des Klageweibes. Arbeiten
als Diener etwa in reichen Haushalten, konnten von Männern und Frauen ausgeübt werden.
Der soziale Stand spielte eine wichtige Rolle. Je höher dieser war, desto leichter erhielt man Zugang
zu Bildung und zu diversen Berufen.“
Haustypen
„Stand und Reichtum hatten großen Einfluss auf die Gestaltung und Größe des Heims eines Ägypters.
Die Häuser der einfachen Leute wurden aus Lehmziegeln gebaut.
Die weiß getünchten Häuser der Reichen waren oft mit verschiedenen Motiven verziert.“
Anwesen
„Die Beamten und sehr reichen Bürger lebten in Anwesen mit vielen Räumen, die luxuriös
ausgestattet waren.
Nur Tempel und Grabmäler, die die Ewigkeit überdauern sollten, bestanden aus Stein.“
Grabsteine
„Bei Grabinschriften stand meist der Haushaltsvorstand im Zentrum. Um diesen Namen herum
gruppierten sich Ehegatten, Eltern, Kinder oder auch Geschwister.
Die Inschriften wurden so strukturiert, weil es in der altägyptischen Kultur keine Nachnamen gab.
Eltern und Kinder bildeten einen Familienstammbaum, der der Identifizierung der Verstorbenen
diente.“
Täglicher Konsum
„Auch bei Zeremonien und Festen war Bier äußerst beliebt. Das Fest der Trunkenheit war ihm sogar
gewidmet.
Als durchaus nährstoffreich angesehen, spielte Bier auch eine bedeutende Rolle im Alltag der Alten
Ägypter.
Ägyptische Erwachsene und Kindern [sic!] tranken Bier zu jeder Mahlzeit. Texte belegen, dass
hunderte von Arzneirezepturen Bier enthielten.
Es blieb bis zum Zeitalter der Römer das beliebteste alkoholische Getränk.“
DIY v.u.Z.
„Die Rezepturen veränderten sich mit der Zeit, auch abhängig von der Qualität der Zutaten.
Bäcker und Brauer arbeiteten üblicherweise im Verbund, also im selben Gebäude.
Viele Familien produzierten eine Menge, die dem Eigenbedarf entsprach. Höherwertige Biere wurden
für Feste und andere besondere Gelegenheiten produziert.
Hauptzutat bei den meisten Grundrezepten war gemalztes Getreide. Auch Früchte wie Datteln sowie
Honig und Gewürze wurden zugesetzt.“
Bier brauen
„Nach dem Backen wurde Brot in das Gebräu gebröselt, um den Fermentierungsprozess einzuleiten.
Durch die Enzyme des Korns wurde Stärke in Zucker umgewandelt, zu einer zähflüssigen Maische.“
Lagerung
„Das fertige Bier wurde in Keramikkrügen gelagert, die mit Ton versiegelt wurden. Es war
wahrscheinlich nicht lange haltbar und dürfte ziemlich zähflüssig gewesen sein.
Viel Abfall wurde nicht produziert. Übriges Getreide wurde für Sauerteigbrot oder die nächste Charge
Bier verwendet.“
Verlorene Rezepte
„Während es an zeitgenössischen Beschreibungen des Brotbackens nicht mangelt, bezieh wir unser
Wissen über die Braukunst aus einem Bericht des Alchemisten Zosimos, geschrieben über 300 Jahre
nach Kleopatras Herrschaft.
Vor nicht allzu langer Zeit verwies Dr. Delwen Samuel, eine Archäobotanikerin, auf alternative
Bierbrautechniken.
Allerdings ist es Experten bislang nicht gelungen, ein in diesem Sinne authentisches Bier zu brauen,
da weder Techniken noch Inhaltsstoffe bekannt sind.“
Brot herstellen
„Nahrung wurde bis zum Mittleren Reich auf dem Boden zubereitet, dann gab es Kochbänke.
Mit dem Aufkommen des Hartweizens wurde das Brot besser, was auch bedeutet, dass Ober- und
Mittelklasse besser aßen.
Die Armen mussten weiter mit einer Schleimsuppe aus Gemüse, weichem Brot oder Gerste
vorliebnehmen.“
Verschiedene Techniken
„Teig wurde per Hand oder Fuß geknetet, dann wurden weitere Zutaten wie Früchte, Nüsse, Honig
und Gewürze beigegeben. Damit das Brot aufging, wurde Sauerteig oder Hefe aus dem Brauprozess
hinzugefügt.
Öfen waren rund oder hatten die Form eines Bienenkorbs und waren aus Ton oder Ziegeln. Gab es
keinen Ofen, wurde der heiße Sand genutzt um Fladenbrote zu backen. Das tun manche Berber bis
heute.“
Weinproduktion
„Weinanbau und Weinproduktion, beides jahrtausendealte Kulturtechniken, wurden durch die
typisch ägyptische Bürokratie streng reglementiert.
Man führte gewissenhaft Buch über alle Winzer. Die mussten ihre Produkte klar kennzeichnen.
Jeder Landbesitzer, der auch nur einen Funken Selbstachtung besaß, hatte einen Weinberg. Dies galt
vor allem für die Region Fayyum und das Nildelta.“
Geschützte Bezeichnung
„Dokumente beweisen, dass nur bestimmte Handwerker die Behältnisse für die Aufbewahrung und
den Transport des Weins herstellen durften.
Dies und die strengen Qualitätskontrollen für jede Phase der Weinproduktion belegen, dass den
Alten Ägyptern bewusst war, dass Qualität und Langlebigkeit des Weins von vielen Faktoren
beeinflusst werden, die alle einer gewissenhaften Überwachung bedurften.“
Rizinusöl
„Die Alten Ägypter verwendeten Rizinusöl als Brennstoff für Lampen, aber auch für Kosmetika wie
Gesichts- oder Haarpflegeprodukte. In einem Papyrus wird Rizinusöl als Arznei gegen Verstopfung
oder Schwangerschaftsbeschwerden verordnet.
Man fand Rizinusbohnen in Gräbern, die etwa um das Jahr 4000 v.u.Z. angelegt wurden.
Rizinusöl wurde aus den Bohnen der gleichnamigen Pflanze durch Pressung gewonnen.“
Olivenbäume
„Zwar wuchsen im Alten Ägypten auch Olivenbäume, diese waren aber äußerst rar. Die meisten
Oliven importierte man aus Syrien und Palästina.
Ihre Kultivierung und Verwendung blieb bis zur massenhaften Einwanderung griechischer Siedler
unter der Herrschaft der Ptolemäer ein Randphänomen.
Die meisten Olivenbäume fand man in der Fayyum-Region und auf den Agrarflächen rund um
Alexandria.“
Römer
Tour 5.1) Römische Militärausrüstung
Die Stärke Roms
„Die Macht Roms hing unmittelbar mit seiner militärischen Überlegenheit und der militäristischen
Gesellschaft des Reiches zusammen.
Zum Schutz ihres Landes und ihrer Familien traten Bürger, zumeist Bauern und Hirten, dem Militär
bei.
Als Gegenleistung für ihren Dienst durften die Mitglieder dieser zivilen Armee wählen.
Die Bürgersoldaten, die gegenüber Vorgesetzten zu Disziplin und Gehorsam erzogen wurden,
entwickelten eine tiefe Loyalität zu ihrer Stadt.“
Fußsoldaten
„Die Qualität der Rüstung eines römischen Fußsoldaten war untrennbar mit seinem sozialen Stand
und Wohlstand verbunden. Das Kettenhemd war die am häufigsten verwendete Rüstung. Die
ikonischen Schuppenpanzer kamen erst nach Caesars Zeit zum Einsatz.
Fußsoldaten trugen große und längliche Schilde, während die Kavallerie kleinere griechischen
Ursprungs benutzte.
Die Soldaten sollten ihre Ausrüstung selbst tragen, auch die für den Bau von Forts und Zelten
erforderlichen Werkzeuge."
Die Befestigungen
„Die Forts waren rechteckig und wurden durch Schutzwälle und ein Grabensystem befestigt.
Die Mauern waren mit Brüstungen verstärkt, im Prinzip einer Verlängerung der Dachlinie, die auch
Schutzwall für patrouillierende Soldaten war.
Je nach Materialverfügbarkeit wurden Forts aus Stein, Holz, Torfstapeln und, insbesondere im
östlichen Teil des Reiches, aus gebrannten Ziegeln gebaut.“
Räumliche Organisation
„Die Zugangstore an allen vier Seiten waren jeweils von Wachtürmen flankiert.
Der kommandierende Offizier befand sich in der Mitte des Lagers und hatte freie Sicht auf die
Truppen und das Haupttor.“
Genaue Planung
„Neben Schlafbaracken für die Soldaten verfügte das Fort auch über einen Getreidespeicher mit
Rationen für ein Jahr oder länger.
Für die Gesundheitspflege der Soldaten war jedes Lager mit medizinischem Personal und einem
Hospital ausgestattet.
Eine saubere Wasserversorgung mit Leitungen für ein Badehaus und Latrinen wurde in den Bau jeder
Festung einbezogen.“
Aquädukte
„Die Möglichkeit, Wasser über längere Strecken zu transportieren, erhöhte die landwirtschaftliche
Produktivität.
Einige Aquädukte sollen über sieben Kilometer lang gewesen sein.
Während sich die Griechen Libyens auf Oliven und Feigen konzentrierten, die weniger Wasser
benötigten, brachten die römischen Aquädukte eine größere Vielfalt im Anbau mit sich. Der
Wasserverbrauch wurde streng reguliert.“
Fortgeschrittene Konstruktionstechniken
„Die Methoden der Ingenieure beim Bau von Aquädukten wurden ständig erweitert, wobei der Fokus
auf der Ausbeutung der örtlichen Umgebung lag. Materialien, Wasserverbrauch,
Säuberungsregularien und ein tiefes Verständnis davon, wie man die Schwerkraft nutzen konnte,
waren wichtige Aspekte.
Mehrere Festungen wurden gebaut, um die Aquädukte, Becken und Zisternen zu schützen.“
Der Verurteilte
„Zum Tod am Kreuz wurden vor allem Sklaven, Verräter und Angehörige der Unterschicht verurteilt.
Deserteuren drohte die Kreuzigung, weil der Verrat eines Soldaten als Gefährdung des Lebens eines
jeden römischen Bürgers angesehen wurde.“
Spartakus
„71 v.u.Z. schlug die römische Armee in Italia einen großen Sklavenaufstand nieder.
In der Folge kreuzigte man 6.000 Männer, unter ihnen auch ihren Anführer, einen Sklaven und
ehemaligen Gladiator namens Spartakus.“