ZVPG 3 1 13-21

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Zeitschrift des Verbandes Polnischer Germanisten

Czasopismo Stowarzyszenia Germanistów Polskich


3 (2014), 1: 13–21
doi:10.4467/23534893ZG.14.002.2283
www.ejournals.eu/ZVPG

Barbara Duda
Uniwersytet Jagielloński w Krakowie

Bemerkungen zum Wandel des deutschen


Wortschatzes

„Daß die Sprache in einem beständigen Wandel begriffen ist, ist


etwas von ihrem Wesen Unzertrennliches.“ (Hermann Paul)
„Im heutigen Deutsch findet sich jede vorangegangene Epoche
wieder.“ (Hans Ulrich Schmid)

Abstract
Each natural language is constantly developing as long as it is used. But the development
clearly shows that not everything from the language disappears completely. Many words
cease to be independent and start existing as elements of compounds, as prefixes or suf-
fixes without their independent meaning. The lost vocabulary, however, leaves traces
in the language. Where can we find them? They can be found in compounds, proper
nouns, names of professions, job, places etc. as well as fixed idioms.

Key words: changes in the language, changes in the vocabulary, loses of the language,
fossil of the language, recovery of the lost words

Jede natürliche Sprache, solange sie gebraucht wird, entwickelt sich ständig.
Aber die Entwicklung hindert nicht daran, dass manches als Versteinerung
fortdauert.
Die sprachlichen Innovationen treten auf allen Sprachebenen auf, aber
sie sind am offensichtlichsten im Bereich des Wortschatzes, da der Wort-
schatz mit dem Leben der Menschen, die sich seiner bedienen, aufs engste
verbunden ist. Die Wörter passen sich immer den Bedürfnissen der Sprach-
gemeinschaft an. Da sich die Bedürfnisse der Menschen ändern, muss sich
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auch notwendigerweise der Wortschatz ändern (vgl. Polenz 1991: 38; Clé-
ment 1996: 25).
Der deutsche Wortschatz der Gegenwart ist das Ergebnis eines langen
historischen Prozesses. Der Wortschatz, den das Deutsche aus dem Indo-
europäischen und Germanischen ererbt hat, ist im Laufe der Entwicklung
der deutschen Sprache mannigfaltigen Veränderungen unterlegen, bis er
schließlich den heutigen Stand erreicht hat.
Mit den Arten des Wortschatzwandels hat sich eingehend Horst Muns-
ke befasst. Er unterscheidet 3 Hauptarten des Wortschatzwandels: Verän-
derung der Zahl von Lexemen, Veränderung der morphologischen Gestalt
von Lexemen, Veränderung der Bedeutung von Lexemen (Munske 1985: 37
angegeben nach Polenz 1991: 39).

1. Veränderung der Zahl von Lexemen

Jedes Sprachsystem unterliegt im Laufe seiner Entwicklung quantitativen


Veränderungen, die Zahl von Lexemen vermindert oder vermehrt sich. Die
schriftliche Verwendung lässt es dazu kommen, dass die „Zuwachsrate“ im-
mer größer gegenüber der viel geringeren „Abgangsrate durch aussterbende
Wörter“ (Polenz 1991: 85f.) ist.
Die Zahl von Lexemen vermindert sich infolge des Wortuntergangs. Die
Wörter kommen außer Gebrauch, veralten und schließlich sterben sie aus,
wenn kein Bedürfnis mehr besteht, sie zu gebrauchen.
Der Prozess führt jedoch nicht dazu, dass die Zahl von Lexemen immer
kleiner wird, denn in den Sprachen ist ein anderer Prozess wirksam, die
Vermehrung der Zahl von Lexemen. Sie erfolgt auf zweifache Weise: durch
Wortbildung und Wortentlehnung, wobei bei der ersteren zwei Möglichkei-
ten in Frage kommen: Wortbildung ohne fremdes Vorbild und Wortbildung
nach fremdem Vorbild. Bei Wortentlehnung unterscheidet man zwischen
Wortübernahme oder Wortersetzung (Lehnprägung).

2. Veränderung der morphologischen Gestalt


von Lexemen

Die Veränderung der morpholgischen Gestalt von Lexemen erfolgt durch


zwei quantitative Veränderungen: morphologische Kürzung und morpholo-
gische Dehnung und einen qualitativen Prozess: morphologische Substituti-
on. Zu den Faktoren, die die Veränderung der Sprache bedingen, gehört u.a.
die sprachliche Ökonomie.
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Die Sprachteilhaber können bei Bedarf (aus Bequemlichkeit, aus Zeitnot, zur Ma-
terialersparnis usw.) viel vom expliziten Ausdruck einsparen, da sie damit rechnen
können, dass die Rezipienten das Nichtausgedrückte aus den nichtsprachlichen
Kommununikationshandlungen (Gestik, Mimik), aus der Situation, aus dem ge-
meinsamen Vorwissen usw. ergänzen können (Polenz 1991: 29).

Deshalb scheint es, dass die morphologische Kürzung häufiger als mor-
phologische Dehnung vorkommt. „Kurze Wortformen werden eher ange-
nommen und finden sich schneller Verbreitung als längere Äquivalente. Sie
sind im Sprachgebrauch ökonomischer“ (Heusinger 2004: 42). Der Ge-
brauch von Kurzwörtern statt langer Zusammensetzungen kann ein Beweis
dafür sein, vgl. Beispiele aus der sozialen Varietät der deutschen Studenten:
Uni < Universität, Prof <Professor, Bib <Bibliothek, Assi <Asssistent, Hiwi <
wissenschaftliche Hilkfskraft (Polenz 1991: 64). Es kommt auch vor, dass bei
Ableitungen die Suffixe ausgelassen oder mehrgliedrige Zusammensetzun-
gen zweigliedrig werden: Beweggrund < Bewegungsgrund, Bindemittel < Bin-
dungsmittel, Schnittsverdienst < Durchschnittsverdienst.
Was die morphologische Substitution anbelangt, ist sie öfters festzustellen.
Die Veränderungen auf der lautlichen Ebene führen dazu, dass sich die
Gestalt der Morpheme verändert. Die älteren Morpheme werden durch
neue ersetzt, z. B. das mhd. lîb durch das neue Leib infolge der Diphthongie-
rung des langen î.

3. Veränderung der Bedeutung von Lexemen


Zur Veränderung der Bedeutunng von Lexemen kommt es infolge der Ver-
mehrung oder Verminderung der Sememe, d.h. die Zahl der Bedeutungs-
varianten der Lexeme kann größer oder kleiner werden, z.B. das Wort Horn
wird heute auf mehr Gegenstände bezogen als früher, was strukturalseman-
tisch als Reduzierung distinktiver Merkmale erklärt wird. Heute bezieht
sich das Wort nicht nur auf den Körperteil, sondern auch auf nichtorgani-
sche Gegenstände wie ‚Trinkgefäss‘ oder ‚Musikinstrument‘ und somit muss
das Merkmal ‚organisch‘ als plus und minus markiert werden. Die Zahl der
Sememe hat sich also vemehrt.
Das Wort Hochzeit hat seine Bedeutung verengt, es bezeichnet nicht
mehr alle kirchlichen und weltlichen Feste, sondern nur eine bestimmte Art
des Festes, was strukturalsemantisch als Erhöhung distinktiver Merkmale
erklärt wird. Das Wort bekam das zusätzliche Merkmal ‚Eheschließung‘ und
somit hat sich die Zahl der Sememe vermindert.
Die Vermehrung der Sememe kann erfolgen
• entweder durch Bedeutungsentlehnung,
• oder durch Bedeutungswandel, bedingt durch Sachwandel,
16 Barbara Duda

• oder Bedeutungsbildung, die metaphorische oder metonymische


Übertragung und Ellipse umfasst (vgl. Munske 1985: 37 angegeben
nach Polenz 1991: 38–39)
Im weiteren Teil des vorliegenden Aufsatzes wird man sich vor allem auf
den Wortuntergang konzentrieren, der meiner Ansicht nach von großem
Interesse ist. Die Entwicklung von Sprachen zeigt deutlich, dass nicht al-
les völlig aus der Sprache verschwindet. Viele Wörter, die selbständig nicht
mehr vorkommen, leben als Bestandteile von Zusammensetzungen, als blo-
ße Vorsilben oder Nachsilben ohne eigenständige Bedeutung fort.
Mit Recht bezeichnet Franz Stark „die Sprache“, insbesondere ihren
Wortschatz, „als Gedächtnis des Volkes“, das sich seiner bedient (Stark
1993: 31–33).
Die Sprache, besonders der Wortschatz, dient als wichtige Geschichts-
quelle. Sie ermöglicht einen Einblick in das Leben der Menschen in älteren
Zeiten. „Hinter vielen zusammengesetzten Begriffen stecken oft unerwar-
tete und kulturgeschichtlich recht erhellende Bilder“ (Stark 1993: 31). Aber
auch in einfachen Wörtern leben Vorstellungen fort, die den Deutschen
nicht mehr bewusst sind, z.B. das Wort Vormund der Gegenwartssprache
hat nichts mit dem gleichlautenden Wort Mund zu tun. Es steckt darin das
alte germanische Rechtswort mit der Bedeutung ‚Schutz‘ (verwandt mit lat.
manus ‚Hand‘), das wahrscheinlich wegen der Ähnlichkeit mit dem Namen
des Körperteils untergegangen ist. Erhalten geblieben ist es nur im oben-
genannten Wort Vormund, aber auch in Wörtern mündig, unmündig. Man
könnte noch viele solche Beispiele anführen.
Ein interessantes Beispiel gibt Stark an. Er erklärt nämlich, wie die
Wörter elf und zwölf zu interpretieren sind. Sie gehen nämlich auf die ahd.
Formen ein-lif, zwei-lif zurück, die das Wort lif erkennen lassen, was ur-
sprünglich ‚übriggelassen‘ bedeutete. Elf, zwölf bedeuten also „,eins übrigge-
lassen‘ bzw. ‚zwei übriggelassen‘, wenn man zehn abgezogen hat oder bis zehn
gezählt hat“ (Stark 1993: 31).
Das verschollene Wortgut hinterlässt also Spuren in der Sprache. Wo
sind sie zu finden?
Die Zusammensetzungen, die Personennamen, Berufsnamen, Ortsna-
men und andere Namen, aber auch feste Wendungen sind diejenigen Ele-
mente der Sprache, in denen die untergegangenen Wörter am häufigsten an-
zutreffen sind. Im Folgenden werden konkrete Beispiele angeführt, in denen
das verschollene Wortgut bewahrt worden ist.
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Meineid
Es ist eine gemeingermanische Zusammensetzung. Der erste Teil geht auf
das noch im Mhd. selbständig vorkommende Adj. mein ‚falsch, frevelhaft‘
zurück.

Raufbold, Witzbold, Trunkenbold


Der zweite Teil der Zusammensetzungen ist das ahd. Adj. baldo, dessen ur-
sprüngliche Bedeutung ‚kühn‘ war. Es steckt auch in deutschen Personenna-
men, dann aber ist das Wort Paul zufolge zum leeren Wortbildungselement
errstarrt worden, wovon die oben genannten Belege aus der deutschen Ge-
genwartssprache zeugen (vgl. auch engl. bold ‚kühn, tapfer, mutig‘, schwed.
bald).
In manchen Zusammensetzungen beobachtet man auch, dass die Wörter
semantischen Wandlungen unterlegen sind.

Schlüsselbein, Elfenbein, Eisbein


Der zweite Bestandteil der Zusammensetzungen war das gemeingerm. Wort
mit der Grdb. ‚Knochen‘ (mhd. ahd. bein, vgl. auch engl. bone ‚Knochen‘,
schwed. ben ‚Knochen, Bein‘). Die urspr. Bdtg. lebt in den obengenannten
Beispielen und auch im Wort (die) Gebeine nach.

Geizkragen
Das Wort lässt die alte Bdtg. des Wortes Kragen erkennen. Es bezeichnete
nämlich ‚Hals von Tier und Mensch, Nacken‘. Infolge der Bedeutungsbil-
dung (metonymische Übetragung) entwickelte das Wort die heutige Be-
deutung. Die ursprüngliche Bedeutung steckt ebenfalls in manchen festen
Wortverbindungen mit dem Bestandteil Kragen wie: j-m den Kragen umdre-
hen (ugs.), Kopf und Kragen riskieren/wagen/aufs Spiel setzen/verlieren.

Weihnachten
Zugrunde liegt das Adjektiv ahd. wîh mhd. wîch. Es war das gemeingerma-
nische Adjektiv mit der Bdtg. ‚heilig‘. Es konkurrierte mit dem ahd. Wort
heilag, das sich schließlich durchsetzte. Aber das mhd.Wort wîch lebt als
Versteinerung in Weihnahten fort, das sich aus der ursprünglichen Dativ-
form (mhd. ze (den) wichen nachten ‚in den heiligen Nächten‘) entwickelt
hat. Vgl. auch Fastnacht, Zwölfnächte‚ die Zeit vom 24. Dezember (Abend-
mahlsfeier) bis zum 6. Januar (Dreikönigstag). Es sind Zeugnisse des-
sen, dass die Germanen die Tage nach den Nächten gezählt haben (vgl.
Tschirch 1971: 31).
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Fronleichnamsfest
Der erste Teil bezieht sich auf das ahd. Wort frô ‚Herr, Gebieter, Machtha-
ber‘, das schon im Ahd. außer Gebrauch gekommen ist. Es ist nur in erstarr-
ten Resten im Nhd. noch vorhanden, im religiösen Bereich als Fronleichnam
‚Leib des Herrn‘ in der Benennung des kirchlichen Festes, im weltlichen
dagegen nur noch als Historismen, die sich auf die Feudalzeit beziehen wie
Frondienst, Fronarbeit, Fronvogt, Fronhof.

Michelstadt, nd. Mecklenburg


Zugrunde liegt das untergegangene ahd. mihhil, mhd. michel ‚groß‘, nd. mi-
kel. Die Namen sind also als ‚große Stadt‘ und ‚große Burg‘ zu deuten. Ne-
benbei ist zu bemerken, das das Wort nhd. Burg <mhd. burc < ahd. bur(u)
g im Ablautverhältnis mit Berg und bergen zusammenhängt und seine ur-
sprüngliche Bdtg ‚befestigte Höhe‘ war. Anfangs wurde das Wort als allge-
meine Bezeichnung für ‚Stadt‘ gebraucht, „indem die Befestigung ursprüng-
lich das war, was die Stadt kennzeichnete“ (Paul 1961: 112).

Eschenlohe, Hohenlohe, Waterloo


In den Ortsnamen steckt das ahd. Wort loh (mhd. loch), mit der Bedeu-
tung ‚heiliger Hain‘ das aus dem Germ. ererbt wurde. Als heidnisches Wort
musste es untergehen. Es lebt noch mundartlich in der Bedeutung ‚Gehölz‘
und als Versteinerung in den Ortsnamen fort.

Fulda, Salzach, Steinach, Rottach


Viele Bach-/Flussnamen lassen im Auslaut den Teil -a oder -ach erkennen.
Dieser Teil geht auf das untergegangene ahd. Wort aha mit der Bdtg. ‚Was-
ser‘ zurück (verwandt mit dem lat. aqua). Darüber hinaus ist das Wort in
selbständigen Formen wie Ache und Oche zu erkennen (vgl. Schmid 2010:
114). Es steckt auch im Stadtnamen Aachen.
Familiennamen, die noch heute geläufig sind, enthalten Bezeichnunn-
gen der Handwerker, die heute nicht mehr bekannt sind. Als Beispiele sind
Grosse zufolge zu nennen: Meier, Schäffler, Schröter, Seiler, Spengler, Stellma-
cher, Zwirner (Grosse 1985: 1537).
Das veraltete Wortgut ist auch in den festen Verbindungen, also in den
Phraseologismen, relikthaft erhalten geblieben. Da die Phraseologie jeder
Sprache die semantisch-syntaktische Stabilität kennzeichnet (vgl. Flei-
scher 1982: 41), eignen sich die festen Wortverbindungen hervorragend
dazu, archaische Elemente zu erhalten. In Phraseologismen kann man ei-
nerseits das veraltete lexikalische Wortgut und andererseits die veralteten
Bemerkungen zum Wandel des deutschen Wortschatzes 19

grammatischen (morphologischen und syntaktischen) Strukturen finden.


Besonders interessant sind die Phraseologismen mit unikalen Komponen-
ten, d.h „Wörtern, deren Formativ außerhalb des Phraseologismus überhaupt
nicht vorkommt“ (Fleischer 1982: 42).1
Im Folgenden wird auf die konkreten festen Wortverbindungen einge-
gangen, wo veraltetes deutsches Wortgut bis heute aufbewahrt wird.

aus dem Stegreif


ahd. stegareif eigtl. ‚Ring zum Steigen‘ ist die ältere Bezeichnung für ‚Steig-
bügel‘ (vgl. engl. stirrup). Der Ausdruck bedeutet also ‚ohne Vorbereitung‘,
eigtl. ‚ehe man völlig abgestiegen ist‘.

auf dem Holzweg sein


Wie Paul erklärt, bezeichnet der Holzweg ‚den Weg, der nur den Zwecken der
Waldwirtschaft dient und keine bewohnten Orte verbindet‘ (Paul, 1961 300).
Daher bedeutet der oben angeführte Ausdruck eigtl. ‚auf falschem Weg
sein‘, d.h. ‚sich irren‘.

den Fehdehandschuh hinwerfen/ Fehdehandschuh aufnehmen


In den Ausdrücken hat sich das Wort Fehde erhalten, das Volkert zufolge
in frühmittelalterlicher Zeit „ein durch die Rechtsordnung anerkanntes Ver-
fahren“ bezeichnete, „mit dem ein Verletzter oder seine Familie am Täter
einer den Frieden brechenden Gewalttat Rache nehmen konnte“ (Volkert
1991,16).
„Die Zunahme der Beschleunigung, mit der sich der Wortschatz verändert“
(Grosse 1985: 1534) ist ein besonderes Charakteristikum der Gegenwart.
Im Kontext dieser Arbeit ist es von Bedeutung, dass die Neubildungen mit
Hilfe der Wiederbelebung alter heimischer Wörter entstehen, z.B. mit dem
alten Wort hort ist die neue Zusammensetzung Kinderhort entstanden. Das
ahd. Wort hort, das gemeingermanisch war, hatte die älteste Bdtg. ‚Schatz‘,
die schon im 16. Jahrhundert erloschen ist. In neuerer Zeit ist das Wort
wiederbelebt worden, wozu die Bekanntschaft des „Nibelungenliedes“ bei-
getragen hat. Im übertragenen Sinne wird damit etwas besonders Hochge-
schätztes bezeichnet, woran sich der Nebensinn angeschlossen hat, nämlich
‚etwas, worauf man seinen Trost, seine Hoffnug setzt‘ (vgl. Paul 1961: 302).

1
 Eine umfangreiche Zusammenstellung von substantivischen, adjektivischen, adverbialen
und verbalen unikalen Komponenten ist bei Fleischer,1982: 42–45 zu finden.
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Ein anderes Beispiel, das das oben Gesagte bestätigt, ist das Wort Ampel,
das in der Zusammensetzung Verkehrsampel in den neuesten Zeiten seine
Wiederbelebung erlebt hat.
Die Geschichte des aus dem Lateinischen entlehnten Wortes Ampel
(mhd. ampel, ahd. ampulla) ist folgende: bis ins 14. Jh. bezeichnete das Wort
ausschließlich das ‚Ewige Licht‘ über dem Altar in der Kirche. Erst später
wurden auch die Beleuchtungskörper in den Häusern so bezeichnet. Seit
dem 16. Jahrhundert wurde es durch das Lehnwort Lampe ersetzt.
Grosse zufolge erinnern neue Erfindungen an alte Dinge und deshalb
kommt es „mit dem Auftauchen der Sache zur Belebung und Erneuerung
der Bezeichnungen. Obwohl Unterschiede zwischen einst und jetzt beträcht-
lich sind, reichen die semantischen Gemeinsamkeiten zur Übernahme der Be-
nennung aus“ (Grosse 1985: 1536). Als Beispiele führt er an: Turnier (ur-
sprünglich ‚ritterliches Kampfspiel‘, heute z.B. Tennisturnier als ein „Kampf “
mit Ball und Schlägern), Visier (dies gab es ursprünglich am Helm des Rit-
ters, heute ist das Visier am Helm des Motorradfahres gemeint) (vgl. Gros-
se 1985: 1537).
Aus den oben angeführten Beispielen geht deutlich hervor, dass manche
Wörter nicht für immer verschwinden, sondern sie in späteren Zeiten wie-
der belebt werden können.
An dieser Stelle sind v.a. deutsche Dichter und Schriftsteller zu nennen,
die zur Wiederbelebung vieler alter Wörter beigetragen haben (Wieland,
Lessing, Klopstock, Bodmer, Tieck, Arnim, Freitag).
Das im vorliegenden Aufsatz besprochene Wortmaterial bestätigt ein-
deutig die Worte des Begründers der germanistischen Sprachwissenschaft,
die in der Vorrede zu seiner „Deutschen Grammatik“ stehen und mit denen
wir unsere Erwägungen über den Wortschatzwandel im Allgemeinen und
über den Wortuntergang im Besonderen abschließen möchten:
Ihr [d.h. der Sprache] Gang ist langsam, aber unaufhaltbar, wie der Natur. Stillste-
hen kann sie eigentlich niemals, noch weniger zurückschreiten. Doch hindert die
Richtung, welche das Ganze genommen hat, einzelne Theile, Wörter und Formen
nicht gleichsam am Wege hinten bleiben und noch eine Zeitlang fort zu währen. Die
Nachwelt schont solche Versteinerungen, die sie nicht mehr begreift, bis sie endlich
auch zerfallen. (GRIMM, zit. nach DEBUS, 1984: 13)

Literaturverzeichnis

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Bemerkungen zum Wandel des deutschen Wortschatzes 21

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Wörterbücher

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Dudenverlag.
Duden Bd.11 (2002): Redewendungen. Das Wörterbuch der deutschen Idiomatik. Mannheim/
Leipzig/Wien/Zürich: Dudenverlag.
Kluge, Ferdinand (1989): Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. Berlin/New
York: Walter de Gruyter.
Paul, Hermann (1961): Deutsches Wörterbuch, 8. Auflage, bearbeitet von Alfred Schirmer
Halle (Saale): VEB Max Niemeyer Verlag.
Paul, Hermann (1992): Deutsches Wörterbuch, 9. vollständig neu bearbeitete Auflage von
Helmut Henne und Georg Objartel unter Mitarbeit von Heidrun Kamper-Jensen. Tübin-
gen: Max Niemeyer Verlag.

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