John Scofield

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Johannes-Gutenberg-Universität Mainz Steffen Rosskopf

Fachbereich 25 Musik [email protected]


Matrikel-Nr. 250 83 02

Der Stil des Gitarristen John Scofield

Diplomarbeit im Studiengang Diplom-Musiklehrer (Jazz)

Hauptfach Gitarre

Dozent: Norbert Scholly

Mainz im Juli 2004


Inhalt

1. Einleitung ………………………………………………………… S.1

1.1. Vorwort ………………………………………………………… S.1


1.2. Hinweise zur Notation ……………………………….………… S.2

2. Zur Person ………………………………………………………… S.5

2.1. Biographie ………………………………………………… S.5


2.2. Einflüsse und musikalische Entwicklung .………………………… S.9

3. Equipment ………………………………………………………… S.11

3.1. Allgemeines ………………………………………………………… S.11


3.2. Instrumente ………………………………………………………… S.11
3.3. Effekte ………………………………………………………… S.12

4. Solospiel ………………………………………………………… S.15

4.1. Tonmaterial ………………………………………………………… S.15


4.1.1. Arpeggien und das Ausspielen von Akkordfortschreitungen …. S.15
4.1.2. Chromatik ………………………………………………………… S.16
4.1.3. Alteriert und Mixolydisch #11 ………………………………… S.17
4.1.4. Halbton-Ganzton ………………………………………………… S.18
4.1.5. H.M.5 und übermäßiger Dreiklang …………………….…… S.20
4.1.6. Pentatonik ………………………………………………………… S.22
4.1.7. ‘outside’-Spiel ………………………………………………… S.26
4.1.8. Substitute ………………………………………………………… S.27
4.2. Umgang mit dem Material ………………………………………… S.30
4.3. Spieltechnik ………………………………………………………… S.31
4.4. Rhythmik ………………………………………………………… S.35
5. Zusammenfassung ………………………………………………… S.36

6. Dank ………………………………………………………………… S.37

7. Diskographie ………………………………………………………… S.38

8. Quellenverzeichnis ………………………………………………… S.40

9. Erklärung ………………………………………………………… S.42

10. Anhang ………………………………………………………… S.43

10.1. Interview mit John Scofield ………………………………… S.43


10.2. Transkriptionen ………………………………………………… S.45
1. Einleitung

1.1. Vorwort

Seit ich vor etwa zehn Jahren anfing, mich mit dem Gitarrenspiel im Jazz zu
beschäftigen, kam ich immer wieder mit dem Namen John Scofield und zuneh-
mend auch mit dessen Musik in Berührung. Allerdings gelang es mir lange Zeit
nicht, Zugang zu dieser Musik zu finden. Dies änderte sich erst, als ich vor etwa
drei Jahren die CD „Out Like a Light“ des ersten John Scofield Trios mit Steve
Swallow und Adam Nussbaum zu hören bekam. Hieran faszinierten mich bald
der für mein damaliges Dafürhalten ungewöhnliche Sound einer aus renom-
mierten Jazzmusikern bestehenden Band und vor allem das intensive Zusam-
menspiel der drei Musiker.
Bei der weiteren Auseinandersetzung mit Scofields Musik fiel mir vor allem des-
sen in beinahe jeder Situation identifizierbarer Personalstil auf, sowie die Tatsa-
che, dass er den Kontext, in dem er mit diesem Stil auftritt, in den letzten knapp
30 Jahren konsequent weiterentwickelt hat.

Im November vergangenen Jahres hatte ich zudem die Gelegenheit, ihn bei
einem Konzert mit seinem aktuellen Trio (mit Steve Swallow und Bill Steward)
im Rahmen des Enjoy Jazz Festivals in Ludwigshafen zu sehen und nach dem
Konzert ein kurzes Gespräch mit ihm zu führen. Auf den Inhalt dieses Gesprä-
ches möchte ich später noch näher eingehen.
Was mich an diesem Konzert am meisten beeindruckte war, dass hier drei of-
fensichtlich technisch überaus versierte Musiker ihre Virtuosität nie Selbstzweck
sein lassen, sondern diese immer in den Dienst der Musik stellen, was ich
gleichzeitig für den wichtigsten Aspekt des Musizierens generell halte.
Sowohl Scofields eigenständiger Stil als auch sein Zusammenspiel mit anderen
Musikern erscheinen mir als überaus geeigneter und interessanter Gegenstand
einer genaueren Untersuchung. Da ich es zudem bisher versäumt habe, mich
näher mit Scofields Spiel auseinanderzusetzen, halte ich es für eine gute Idee,
dies im Rahmen meiner Diplomarbeit nachzuholen.

-1-
Im Laufe meiner Beschäftigung mit dem Thema kam ich jedoch zu dem Ent-
schluss, meine anfängliche Zielsetzung, über eine Stilanalyse im herkömmli-
chen Sinne hinauszugehen und die bereits angesprochene Unterordnung tech-
nischer Fähigkeiten in den Mittelpunkt der Arbeit zu stellen, aufzugeben. Statt-
dessen möchte ich mich völlig auf Scofields Solospiel und die Frage, was des-
sen Wiedererkennungswert, ausmacht konzentrieren.
Der Grund hierfür ist, dass die Bearbeitung des Themas erheblich durch die
Tatsache erschwert wurde, dass in der musikwissenschaftlichen Literatur bisher
keine nennenswerte Auseinandersetzung mit Scofield stattgefunden hat und
man so als Verfasser einer solchen Arbeit weitestgehend auf sich selbst gestellt
ist. Zur Verfügung stehen in diesem Zusammenhang hauptsächlich Zeitschrif-
teninterviews, die sich aber meist auf Fragen zu Scofields Biographie und sei-
nen jeweils aktuellen Veröffentlichungen beschränken.
Gerade unter dieser Voraussetzung und unter Berücksichtigung der Tatsache,
dass ich im Bezug auf wissenschaftliches Arbeiten bisher nur auf wenig Erfah-
rung zurückgreifen kann, erscheint es mir sinnvoll, einen so schwer greifbaren
Sachverhalt als Gegenstand dieser Arbeit aufzugeben, da dessen umfassende
Bearbeitung jeden zeitlichen Rahmen gesprengt hätte.
Zudem erscheint mir auch die ausschließliche Beschäftigung mit Scofields So-
lospiel in höchste Masse reizvoll, da ich mir seit ich seine Musik höre immer
wieder gewünscht habe, während des Spiels ‚in seinen Kopf sehen zu können’
um zu verstehen, welche Denkweise diesem Spiel zugrunde liegt, wozu ich jetzt
im Rahmen dieser Arbeit Gelegenheit habe.

Des Weiteren erscheint mir dies auch ein geeigneter Ausgangspunkt für eine
mögliche weitere und tiefer reichende Beschäftigung mit Scofields Spiel zu sein.

1.2. Hinweise zur Notation

Bei den Notenbeispielen im Text handelt es sich soweit nicht anders angege-
ben durchweg um Ausschnitte aus Scofields Solo über das angegebene Stück.
Die kompletten Soli bzw. deren relevante Teile finden sich im Anhang. Außer-

-2-
dem liegt der Arbeit eine CD bei, auf der die im Anhang zu findenden Musikbei-
spiele gehört werden können.

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit habe ich bei den meisten Soli auf eine
genaue Wiedergabe der Phrasierung verzichtet. In den Fällen, in denen sich
diese in der Transkription findet, um genau diesen Aspekt in Scofields Spiel zu
veranschaulichen, habe ich sie wie folgt notiert:

a) Hammer On b) Pull Off c) Slide d) Bending e) Release Bend

Beispiel a) zeigt ein Hammer On, also einen Aufschlagen, bei dem die zweite
Note durch Aufschlagen des Fingers der linken Hand auf die schwingende Saite
erzeugt wird. b) zeigt die umgekehrte Bewegung, hier wird der Finger der linken
Hand von der Saite abgezogen und erzeugt so den nächsten Ton. Im Beispiel
c) wird der zweite Ton durch verschieben des greifenden Fingers erzeugt, d)
zeigt ein Ziehen der Saite mit dem Greiffinger, um die gewünschte Tonhöhe zu
erreichen. e) zeigt schließlich einen so genannten “release bend”. Dabei wird
der zweite Ton gegriffen und auf die Höhe des ersten gezogen, der zweite Ton
wird dann durch Entspannen der Saite erreicht, wobei die Saite allerdings wei-
ter schwingt und nicht noch einmal angeschlagen wird.

Hammer On, Slide und Bending werden auch häufig bei Vorschlägen verwen-
det und sind dann wie unten zu sehen notiert.

Vorschläge:
a) Hammer On b) Slide c) Bending

-3-
Weitere spieltechnische Besonderheiten habe ich wie folgt gekennzeichnet:

a) b) c) d) e) f)
a) zeigt einen Abwärts-Slide auf eine nicht genau definierte Tonhöhe, b) einen
so genannten „small bend“, bei dem der Ton um weniger als einen Halbton
nach oben gezogen wird, in Beispiel c) wurde eine „dead note“ notiert, also ein
Ton, bei dem die Saite mit der linke Hand nicht vollständig auf den Bund ge-
drückt wird und der somit eher als perkussives Geräusch zu hören ist. In d) ist
zu sehen, wie „harmonics“, also Töne mit durch die Anschlagtechnik der rech-
ten Hand hervorgehobenem Obertonanteil notiert wurden, e) zeigt einen Ton,
der beim Anschlag mit dem Ballen der rechten Hand gedämpft wurde („palm
mute“) und e) schließlich ein Unisonobending, bei dem zu einem klingenden
Ton ein (meist um einen Ganzton) tieferer auf einer anderen Saite liegender
Ton auf die gleiche Tonhöhe gezogen wird.

Bei einigen Notenbeispielen erschien es mir sinnvoll, zum Notentext eine Tabu-
latur hinzuzufügen, um zusätzlich den Fingersatz auf der Gitarre zu veran-
schaulichen. Die sechs Notenzeilen stehen hierbei für die Saiten der Gitarre,
wobei die oberste die hohe, die unterste die tiefe E-Saite darstellt. Die Zahlen
geben an, in welchem Bund die Saite zu greifen ist. Das Notenbeispiel zeigt
eine C-Dur-Tonleiter in der II.Lage.

Die Notenbeispiele habe ich folgendermaßen beschriftet:


„Titel“ (Chorus: Takte)
Die Beschriftung “Not you again“ (1: Takt 12-16) bedeutet also beispielsweise,
dass im zugehörigen Notenbeispiel die Takte 12 bis 16 des ersten Chorus aus
dem Solo über das Stück “Not You Again” zu sehen sind.

-4-
2. Zur Person

2.1. Biographie

John Leavitt Scofield wurde am 26.Dezember 1951 in Dayton (Ohio) als Sohn
von Anne Fay und Leavitt Scofield geboren und wuchs in Wilton (Connecticut)
auf.1
Begeistert von der Musik der Beatles und anderer Popstars der Zeit, die er aus
dem Radio und dem Fernsehen kannte, begann er im Alter von elf Jahren auf
einer Gitarre zu spielen, die seine Mutter für ihn gemietet hatte.
Über Stücke von Rhythm & Blues-Musikern, die er auf Platten der Beatles fand,
kam John auf Bluesmusiker wie B.B. King und Otis Rush und entwickelte sich
im Alter von 14, wie er selbst sagt, zu einem wahren Blues-Puristen. Inzwischen
spielte er auf der High School in Rock-, Soul- und R&B-Bands.2, angeblich soll
er zu dieser Zeit auch in der Backingband des Soulsängers Wilson Pickett ge-
spielt haben.3
Der erste Kontakt zum Jazz ergab sich ein Jahr später, als er anfing, bei einem
lokalen Jazzgitarristen Unterricht zu nehmen.
Nachdem ihm schon sehr früh klar geworden war, dass er Musiker werden woll-
te, zog Scofield 1970 nach Boston und begann, an der Berklee School of Music
zu studieren. Nach eigener Aussage verhalf ihm sein Studium vor allem zu ei-
ner fundierten theoretischen Ausbildung4, ein mindestens ebenso wichtiger As-
pekt war jedoch, dass er so von der eher provinziellen Gegend in der er auf-
wuchs in eine Großstadt mit einer regen Jazzszene und vielen aktiven Musikern
umziehen konnte. So kam er schnell in Kontakt mit dem von ihm gerne als sein
Mentor bezeichneten Bassisten Steve Swallow, der zur gleichen Zeit anfing, am
Berklee College zu unterrichten und mit dem er bis heute in unterschiedlichen
Besetzungen zusammenspielt. Auch ergab sich in Scofields Wohngemeinschaft
mit einem Bassisten und einem Schlagzeuger die Gelegenheit zu regelmäßigen

1
Barry Kernfeld (Hrsg.) The New Grove Dictionary of Jazz, 2nd Edition, S. 531-532
2
http://www.digitalinterviews.com/digitalinterviews/views/scofield.shtml
3
Liner Notes zu John Scofield Trio – “Out like a light”
4
„At the beginning Berklee was very good, because they have a very organized system of
teaching harmony, arranging and things like that. As far as improvisation and stylistic stuff, you
have to do that on your own.” Lee Jeske: Profile. John Scofield, S. 51
-5-
Jamsessions mit dem Vibraphonisten Gary Burton, der damals in Berklee unter-
richtete und die Zeit bis zum Ende der Rushhour gerne für diese Jamsessions
nutzte.5 Hier wurde wohl der auch der Grundstein dafür gelegt, dass Scofield
1977 in Burtons Band spielten.
Nach Beendigung seines Studiums 1973 blieb Scofield in Boston und kam 1974
auf Empfehlung von Mick Goodrick, der während des Studiums sein Gitarren-
lehrer war, in die Band von Chet Baker und Gerry Mulligan, mit denen er auch
seine erste Schallplatte aufnahm.6
Ende 1974 begann er verstärkt, Kontakte nach New York zu knüpfen, und lern-
te dort bei Demoaufnahmen den Schlagzeuger Billy Cobham kennen, in dessen
Band7 er 1975 John Abercrombie ersetzte. Nachdem er mit ihm zwei Jahre fast
ohne Unterbrechung auf Tour durch Europa und Asien war, verließ er 1977 die
Band und spielte zunächst mit verschiedenen Musikern, unter ihnen Charles
Mingus, Terumasa Hino, Jay McShann, ein weiteres Mal Chet Baker oder wie
oben schon erwähnt Gary Burton.
Ende 1977 folgte er einer Einladung aus Deutschland, die ihm zu ersten Mal die
Möglichkeit bot, mit einem eigenen Quartett in Europa zu spielen. Während die-
ser Tour entstand bei einem Konzert in München auch seine erste Plattenauf-
nahme unter eigenem Namen.8
Danach spielte er regelmäßig mit Trio- und Quartett-Besetzungen in Europa,
wobei ebenfalls verschiedene Aufnahmen entstanden.9
Nachdem er 1979 und 1980 mit dem Saxophonisten Dave Liebman gespielt
hatte, kam er 1982 auf Empfehlung des Saxophonisten Bill Evans in die Band
von Miles Davis, mit dem er bis 1985 zusammenspielte und mehrere Platten
veröffentlichte.
Die Entscheidung, diese Band 1985 zu verlassen traf er in erster Linie, da er
nach drei Jahren als Sideman wieder Leader eines eigenen und entwicklungs-
fähigen Quartetts sein wollte. Da Davis von seinen Mitmusikern jedoch verlang-
te, dass sie zu nahezu jeder Zeit zur Verfügung standen, war dies parallel nicht
möglich.

5
http://www.jazzreview.com/articledetails.cfm?ID=679
6
Baker/Mulligan – “Reunion” (Live at Carnagie Hall)
7
später auch die Billy Cobham/ George Duke-Band
8
John Scofield – “Live“ mit Richie Beirach (Klavier), George Mraz (Bass) und Joe LeBarbara
(Schlagzeug)
9
John Scofield Trio – “Shinola” und “Out like a light”
-6-
So arbeitete er von 1985 bis 1988 mit einer Band unter eigenem Namen, in der
u.a. der Schlagzeuger Dennis Chambers spielte. Mit dieser Band entwickelte er
sich auch stärker als zuvor in Richtung Jazz-Rock und Fusion.10
Ende der achtziger Jahre unterschrieb Scofield einen Vertrag mit der Platten-
firma ‚Blue Note’ und kam mit einem neuen Quartett wieder mehr zum akusti-
schen Jazz zurück. Festes Mitglied dieser Band war der Saxophonist Joe Lova-
no, mit dem Scofield in Berklee studiert hatte, an Schlagzeug und Bass waren
auf den Aufnahmen11 Mark Johnson, Charlie Haden, Dennis Irwin, Jack DeJoh-
nette und Bill Steward zu hören. Stilistisch war diese Band jedoch kein Jazz-
Quartett im traditionellen Sinn, viel mehr vermischte sich in dieser traditionellen
Besetzung Bebop mit New Orleans-Funk, Rhythm & Blues und Countryeinflüs-
sen, was die Basis für ein harmonisch sehr offenes Spiel bot, das oftmals an
Musiker wie Ornette Coleman erinnert.
In der Zeit zwischen 1993 und 1995 orientierte sich Scofield immer stärker zu-
rück in Richtung seiner Funk-Blues-Wurzeln und nahm Alben mit Eddie Harris,
Larry Goldings und Idris Muhammad auf.12
Nachdem er bereits 1983 eine Platte mit John Abercrombie aufgenommen hat-
te13, setzte er Anfang der neunziger Jahre seine Arbeit in Besetzungen mit zwei
Gitarren fort. So veröffentlichte er 1991 eine Platte mit Bill Frisell, in Jahren
1993 und 94 entstanden Aufnahmen mit Pat Metheny.14 Grade bei der Zusam-
menarbeit mit Metheny kam Scofield, der bis zu diesem Zeitpunkt praktisch
ausschließlich elektrische Gitarre gespielt hatte auch zum ersten Mal stärker mit
akustischen Gitarren in Kontakt. Hieraus entwickelte sich wohl auch die Idee
zur Platte “Quiet”, die er 1996 aufnahm und bei der er ausschließlich eine Ny-
lonsaiten-Akustikgitarre spielt.
1998 veröffentlichte Scofield die Platte “A Go Go” mit dem Trio Medeski, Martin
& Wood. Diese klingt wie eine logische Fortführung dessen, was er einige Jahre
zuvor mit Alben wie “Hand Jive” begonnen hatte. Der einerseits stark von New
Orleans-Funk, andererseits aber auch von Free Jazz-Musikern beeinflusste Stil

10
http://www.christianrover.de/Deutsche Seiten/JohnScofield.html
11
“Time on my hands”, “What we do”, u.a., s. 7. Diskographie
12
‚Hand Jive’, ‚Groove Elation’ u.a., s. 7. Diskographie
13
John Scofield & John Abercrombie – ‘Solar’
14
‚Grace under pressure’ mit Bill Frisell, ‚I can see your house form here’ und ‚Summertime’ mit
Pat Metheny
-7-
von MMW15 bot Scofield die besten Voraussetzungen dafür, diese Musik weiter
zu entwickeln. Gleichzeitig kam er nun durch seine neuen Mitmusiker mit einer
jüngeren Hörer- wie Musikergeneration in Kontakt16.
Im Jahr 2000 setzte er mit dem Album “Bump” die Arbeit in dieser Richtung fort.
Diese noch stärker Funkbeeinflusste Platte, die er mit unterschiedlichen Musi-
kern junger amerikanischer Bands aufnahm, bildet das Bindeglied zur neusten
John Scofield Band, mit der er seit dem Jahr 2000 zusammenarbeitet. Diese
Band 17, in der Scofield wieder mit einem zweiten Gitarristen, der hier jedoch
überwiegend die Funktion des Rhythmus-Gitarristen übernimmt, spielt, ver-
mischt verschiedenste Stile in der Tradition amerikanischer Jambands, verar-
beitet aber gleichzeitig auch Einflüsse elektronischer Musik und verwendet zu-
nehmend Samples und Loops als festen Bestandteil der Musik.18
Parallel zur Arbeit mit diesem Projekt nahm Scofield 2000 mit einem Quintett
um den kurz darauf verstorbenen Billy Higgins19, einem der ‚großen, alten’
Schlagzeuger der Hard Bop-Zeit “Works For Me”, seine bislang traditionellste
Jazzplatte auf.
Außerdem arbeitet er derzeit mit einem Trio unter eigenem Namen zusammen
mit Steve Swallow und Bill Steward, von dem Ende April diesen Jahres eine
Live-CD erschienen ist, und mit der Band ScoLoHoFo mit Joe Lovano, Dave
Holland und Al Foster.
An dieser Stelle erwähnenswert ist auch die Zusammenarbeit mit dem briti-
schen Komponisten Mark-Anthony Turnage, der Kompositionen von Scofield für
klassisches Orchester arrangierte, was auf der im Januar 2004 veröffentlichten
CD “Scorched” zu hören ist, die zusammen mit dem Frankfurter-Radio-
Symphonie-Orchester und der Big Band des Hessischen Rundfunks aufge-
nommen wurde.

15
Scofield in http://www.digitalinterviews.com/digitalinterviews/views/scofield.shtml: “They play
a kind of “jazz-rock”.for a lack of better word. It’s really more like funk and New Orleans stuff,
combined with free jazz aspects.”
16
Die ‚MMW’-Musiker sind alle etwa zwanzig Jahre jünger als Scofield und haben gerade in
College-Kreisen eine ausgesprochen große Hörerschaft.
17
Avi Bortnick (Rhythmus-Gitarre, Samples, Loops), Jesse Murphy, seit Juni 2002 Andy Hess,
seit Herbst 2003 Mark Kelly (Bass) und Adam Deitch (Schlagzeug)
18
http://www.jazzreview.com/articledetails.cfm?ID=679
19
mit Kenny Garrett (Alt-Saxophon), Brad Mehldau (Klavier) und Christian McBride (Bass)
-8-
2.2. Einflüsse und musikalische Entwicklung

Wie bereits erwähnt kam Scofield früh mit R&B in Berührung, weshalb er auch
bald begann, sich mit Bluesmusikern wie Howlin’ Wolf, B.B. King, Otis Rush,
Little Walter, Muddy Waters, Freddy King und Albert King zu beschäftigen .
Dieser Blues- und R&B-Background ist bis heute deutlich in seinem Spiel zu
erkennen, und hat in nahezu allen Phasen seines Schaffens eine wichtige Rolle
gespielt.
Nachdem er bis zu diesem Zeitpunkt ausschließlich autodidaktisch gelernt hat-
te, begann er im Alter von 15 Jahren bei einem Gitarristen aus der lokalen Sze-
ne Unterricht zu nehmen, und kam über ihn das erste Mal intensiver mit Jazz in
Kontakt. Bei ihm konnte er nicht nur Plattenaufnahmen von Jazzmusikern hö-
ren, wozu er sonst nicht die Möglichkeit hatte, auch hatte er mit ihm jemand
gefunden, der ihn gelegentlich nach Boston auf Konzerte mitnahm, was umso
wichtiger war, da in der Gegend von Wilton praktisch keine Konzerte von be-
kannteren Jazzmusikern zu hören waren.
Bald stellte sich Jim Hall als Scofields erster wichtiger Einfluss unter den da-
mals bekannten Jazzgitarristen heraus. Er sagt selbst, dass er George Benson,
Wes Montgomery oder Pat Martino zwar immer bewundert hat, ihr Spiel für ihn
aber zu wenig greifbar gewesen wäre, um wirklich einen Einfluss darzustellen.20
Halls Stil hingegen war für ihn so verständlich, dass es ihm bald gelang, man-
che seiner Phrasen nach Gehör zu kopieren und in sein eigenes Spiel zu integ-
rieren.21 Scofield sagt auch, er wäre im Altern von 21 oder 22 Jahren eine regel-
rechte Jim Hall-Kopie gewesen.22
Nach seinem Umzug nach Berklee kam er noch stärker als zuvor mit Bebop in
Berührung, was diesen zum einem weiteren entscheidenden und bis heute in
Scofields Spiel deutlich hörbaren Einfluss werden ließ. Nach wie vor prägen
viele typische Beboplicks und –klischees sein Solospiel, worauf ich an anderer
Stelle in dieser Arbeit noch umfassend eingehen werde.

20
http://www.jazzreview.com/articledetails.cfm?ID=679 „.[...] there are a lot of great guitarists
that I admire, but I wouldn’t say they were influences. […] I guess my biggest influence at that
point was Jim Hall. And, I certainly admire Wes Montgomery and George Benson. I love their
work. I couldn’t copy them though. It was too hard. Same with Pat Martino. ”
21
Gerade Halls Platten ‚Djangology’ und ‚Intermodulation’ trugen viel zu Scofields grundlegen-
dem Jazzvokabular bei
22
Sam Freedman: John Scofield. Music for the Connoisseur, S. 18-20
-9-
Mit einem weiteren musikalischen Vorbild und langjährigen Mitmusiker kam er
ebenfalls in Berklee in Kontakt, dem Bassisten Steve Swallow. Er beeinflusste
ihn vor allem zu Beginn sehr stark, was speziell auf den gemeinsamen Trio-
Aufnahmen gut zu hören ist.23
Nach seinen Einflüssen gefragt betont er aber auch immer wieder, dass es
nicht nur Gitarristen (oder im Falle von Swallow Bassisten) waren, die ihn maß-
geblich beeinflussten, sondern in zunehmendem Maße auch Musiker, die ande-
re Instrumente wie Klavier oder Saxophon spielten. So beschäftigte er sich z.B.
lange mit John Coltranes Spiel, und gerade in diesem Zusammenhang war die
Zeit in der Band von Dave Liebman, der sich intensiv mit Coltrane auseinander
gesetzt hatte außerordentlich lehrreich für ihn.24
Im Gegensatz dazu wirkte sich der intensive Kontakt zu Miles Davis in der Zeit,
in der er in dessen Band spielt weniger direkt auf sein Gitarrenspiel als mehr
auf seine allgemeine musikalische Herangehensweise und stilistische Entwick-
lung aus. Bei Davis erkannte er, dass Musik gleichzeitig funkorientiert und trotz-
dem improvisiert sein kann, was sich als musikalischer Rahmen auf vielen
Platten wieder findet, die Scofield in den achtziger Jahren aufgenommen hat.25
Er betont jedoch auch immer wieder, dass diese Musik zwar immer ‚in ihm’ ge-
wesen sei, er jedoch ohne die Zeit in Miles’ Band möglicherweise nicht das
Selbstvertrauen gehabt hätte, diesem Interesse zu folgen.
Nicht zu letzt wirkte sich die Zeit mit Miles Davis ausgesprochen positiv auf
Scofields Bekanntheitsgrad aus. Gab es vorher mitunter das Problem, dass ei-
ne Band, in der er mitspielte keine Gigs bekommen konnte, wie es etwa mit Da-
ve Liebman der Fall gewesen war, so hatte sich nun diesbezüglich die Situation
deutlich verbessert.26

23
vgl. 10.1. Interview mit John Scofield
24
http://www.jazzreview.com/articledetails.cfm?ID=679
25
http://www.johnscofield.com/bio.html
26
http://www.christianrover.de/Deutsche Seiten/JohnScofield.html
- 10 -
3. Equipment

3.1. Allgemeines

Scofield ist einer der wenigen Jazzgitarristen, denen es gelungen ist, einen ab-
solut eigenständigen Sound zu finden. Dies ist wohl darauf zurückzuführen,
dass es für ihn in jeder Hinsicht von Beginn an selbstverständlich war, neue
Wege zu suchen und sich von bisher da Gewesenem abzuheben.27 War das
Ideal des Jazzgitarrensounds bis dahin immer noch stark geprägt von Gitarris-
ten wie Wes Montgomery, George Benson oder Jim Hall, die einen bassigen,
warmen und im Falle von Hall in den Höhen stark beschnittenen Sound ver-
wendeten, entschied sich Scofield, die entgegen gesetzte Richtung einzuschla-
gen und hatte schon bei seiner ersten Plattenaufnahme mit Chet Baker und
Gerry Mulligan einen sehr höhenreichen Ton. Erschien dieser im traditionellen
Zusammenhang der Baker/Mulligan-Band zuerst noch etwas fehl am Platze, so
gelang es ihm mit der Zeit immer besser, diesen in den Jazzkontext zu integrie-
ren.

3.2. Instrumente

Den höhenreicheren und dünneren Sound erzeugt Scofield, indem er den Steg-
tonabnehmer der Gitarre verwendet, der durch seine Positionierung mehr Hö-
henanteile überträgt, als der in der Nähe des Griffbrettansatzes befindliche
Halstonabnehmer.
Spielte er während seines Studiums noch eine Gibson ES175, eine elektrische
Vollresonanzgitarre, die eigentlich für den oben angesprochenen typischen
Jazzsound steht, allerdings auch über zwei Tonabnehmer verfügt und somit
schon bei den Baker/Mulligan-Aufnahmen seinen ‚neuen’ Sound ermöglichte,
wechselte er bald danach zu einer Gibson ES335, einer Halbresonanzgitarre,
die man eher von Bluesmusikern kennt und die einerseits über einen ‚elektri-
scheren’ und durchsetzungskräftigerer Grundsound verfügt und andererseits

27
vgl. 10.1. Interview mit John Scofield
- 11 -
eine einfachere Handhabung bei lautem oder verzerrtem Spiel mit sich bringt,
da sie aufgrund ihrer Bauweise nicht so stark zu Rückkopplungen neigt wie die
ES175.
Diese Gitarre ersetzte er Anfang der achtziger Jahre durch eine Ibanez AS200,
einen Nachbau der ES335, die er seit dem von akustischen Gitarren abgesehen
ausschließlich spielt.

3.3. Effekte

Sehr früh begann Scofield auch, mit angezerrten Gitarrensounds zu arbeiten,


um seinen Sound fetter zu machen.28 So entsteht einen komprimierter Ton, der
durch die Verzerrung auch mehr Sustain erhält, wobei Scofield meist die Höhen
mithilfe des Tonreglers der Gitarre absenkt, um dem Ton etwas an Schärfe zu
nehmen. Die Stellung des Reglers verändert er häufig während des Spiels, um
den Klang an die entsprechende musikalische Situation anzupassen.29
Mit diesem Sound ist er z.B. schon auf seiner ersten Platte ‚John Scofield Quar-
tet Live’ zu hören.
Anfang der achtziger Jahre begann Scofield, wie viele Jazz- und Fusiongitar-
risten zu dieser Zeit einen Stereo-Choruseffekt einzusetzen, der für die nächs-
ten fünfzehn Jahre fester Bestandteil seines Sounds werden sollte.
Mithilfe eines anderen speziellen Chorus-Pedals30 erzeugt Scofield einen
Sound, der inzwischen zu seinem Markenzeichen geworden ist. Es handelt sich
dabei um einen wirbelnden, gelegentlich einem Vibrato ähnlichen Effekt, der
stark an ein Leslie31 erinnert. Er setzt diesen Sound besonders häufig in Solos
ein, um einzelne Passagen hervorzuheben, was im nachfolgenden Notenbei-
spiel gut zu erkennen ist.

28
Amendola / Chipkin: John Scofield Guitar Transcriptions, S. 26
29
Lothar Trampert: John Scofield. In and Out. S.84
30
Ibanez Stereo Chorus CS9
31
Dieser Effekt, der mithilfe einer speziellen Lautsprecherbox erzeugt wird, in der eine Art
Schalltrichter um die Lautsprecher rotiert und so einen „schwebenden“ Sound erzeugen, wurde
ursprünglich von Organisten eingesetzt und in den sechziger Jahren von Gitarristen wie Eric
Clapton oder Jimi Hendrix für die Gitarre entdeckt. Vgl. Barry Kernfeld (Hrsg.): The New Grove
Dictionary of Jazz, 1st Edition, S. 690
- 12 -
Hier benutzt er den Effekt, um mit dem schnellen B-halbvermindert-Arpeggio
eine Fläche zu erzeugen, die er mit einem rhythmischen Single-Note-Fill unter-
bricht, so dass eine Art Frage-Antwort-Spiel entsteht.

„Chank“ (Takt 40-46)

Das besondere an der Art, wie Scofield diese Effekte einsetzt ist, dass er den
Effekt nicht einfach nur auf sein „normales“ Spiel aufsetzt. Vielmehr passt er
seine Spielweise an den neuen Sound an und integriert den Effekt auf diese
Weise vollständig in sein Spiel. So entstanden mit der Zeit typische Scofield-
Licks, die nur im Zusammenhang mit bestimmten Effekten möglich sind.
Im Takt 44 des vorangegangenen Notenbeispiels ist ein solches ‚Effekt-Lick’ zu
finden, das durch die sehr kurz gespielten Töne, die fast alle Ausgangs- oder
Endpunkt eines Slides sind, in Verbindung mit dem Effekt einen sehr unge-
wöhnlichen Klang erzeugt, bei dem die Grenze zwischen Ton und Geräusch zu
verschwimmen beginnt. Solche Passagen, bei denen er bewusst auch eigent-
lich unerwünschte Geräusche in sein Spiel integriert und überaus musikalisch
einsetzt, finden sich in Scofields Spiel immer wieder.
Auffällig ist auch der kreative Umgang mit Effektgeräten. So verwendet Scofield
in letzter Zeit häufig einen eigentlich nicht vorgesehenen Effekt, den er mit ei-
nem Pedal erzeugt, dass die Möglichkeit bietet, mehrere Modulationseffekte
abzuspeichern und über einen Fußtaster abzurufen. Während er einen Ton o-
der häufiger einen Akkord verklingen lässt, wechselt er im Rhythmus von einem
Soundpreset zum nächsten, was eine Art Tremolo- oder Echoeffekt erzeugt,
wobei die Gitarre aber auf jedem Schlag mit einem anderen Modulationseffekt
zu hören ist.32

32
z.B. beim Schlussakkord von “Hammock Soliloquy“ auf “John Scofield Trio Live EnRoute”
- 13 -
Seit den Aufnahmen zur CD “Bump” und gerade mit der aktuellen John Scofield
Band verwendet Scofield eine Vielzahl von anderen Modulations- und Echoef-
fekten und benutzt auch häufig Loopsampler, also Geräte, mit denen sich wäh-
rend des Spiels kurze Phrasen aufnehmen und in einer Schleife abspielen.33

Bei all dem darf jedoch keinesfalls vergessen werden, dass der Aspekt, der für
Scofields Sound ausschlaggebend ist und der dessen Wiedererkennungseffekt
ausmacht, seine individuelle Spielweise ist. Dies wird deutlich, wenn man Auf-
nahmen von Platten mit extrem unterschiedlichen Soundkonzepten vergleicht,
wie z.B. von “Bar Talk”, auf der er keinerlei Effekte verwendet34 und von “I can
see your house from here”, bei der er mit einem durch Effekte stark verfremde-
ten Sound zu hören ist. Sogar auf ”Quiet” ist obwohl Scofield hier ausschließlich
akustische Gitarren spielt, sein Ton eindeutig zu erkennen.

33
http://www.johnscofield.com/equip.html
34
Scofield selbst bezeichnet den Sound auf dieser Aufnahme als ‚ein wenig blechern’ „There is
no stereo chorus as on the rest of my tunes and absolutely no distortion to fatten it up, so the
sound is a little bit tinny.” Aus: Amendola / Chipkin: John Scofield Guitar Transcriptions, S. 26
- 14 -
4. Solospiel

4.1. Tonmaterial

Um die Frage, worin die Eigenständigkeit von Scofields Spiel begründet liegt
beantworten zu können, soll in diesem Abschnitt zunächst das von Scofield
verwendete Tonmaterial einer näheren Betrachtung unterzogen werden.
Hierbei konzentriere ich mich auf die Untersuchung von Materialien und Sach-
verhalten, die sich für mich als für Scofield typisch herausgestellt haben. So
werde ich beispielsweise auf den Gebrauch der Durtonleiter und ihrer Modi
nicht näher eingehen (trotzdem Scofield diese selbstverständlich verwendet!),
da ich dies nicht als charakteristisch für sein Solospiel einschätze.

4.1.1. Arpeggien und das Ausspielen von Akkordfortschreitungen


Wie bereits erwähnt, hat sich Scofield neben seinen Blues- Rock- und Funkein-
flüssen immer auch als Bebopmusiker gesehen.35 Dies zeigt sich gerade in sei-
nem Solospiel sehr deutlich. Das wahrscheinlich typischste Merkmal der Impro-
visation im Bebop, das Ausspielen der Harmonien, stellt häufig das Grundge-
rüst für Scofields Soli dar. Man versteht darunter die Bildung von Linien unter
hauptsächlicher Verwendung der entsprechenden Arpeggien.
Im nachfolgenden Beispiel impliziert Scofield im Takt 38 den Akkord F7 als Zwi-
schendominante zum dann folgenden Bb-7 und spielt diesen mit einem Ao-
Vierklang aus.36 Über Bb-7 verwendet er die vier Akkordtöne und die Option 11
und geht über die Septime as zur Terz g des nachfolgenden Eb7-Akkordes und
schließt die Linie mit einer weiteren Dominant-Klischee-Wendung, b9-1-7, ab.

“Not you again“ (2: Takt 5-8)

35
http://www.digitalinterviews.com/digitalinterviews/views/scofield.shtml
36
Der verminderte Vierklang wird gerade über alterierte Dominanten häufig gespielt, da er im
Vergleich zum Arpeggio des Dominantsept-Akkordes statt dem Grundton die Option b9 enthält.
- 15 -
Eine klassische Bebop-Linie zeigt das nächste Beispiel aus dem Stück “Solar”.
Über Ebmaj7 spielt Scofield ein 1-2-3-5-Pattern aufwärts und einen Eb-
Dreiklang abwärts, die II-V-Verbindung nach Dbmaj7 spielt er mit einer Linie
aus Akkordtönen und jeweils der 9, im Falle von Ab7 der b9, aus.

“Solar“ (2: Takt 9-12)

Wie sehr das Ausspielen von Akkorden die Basis für Scofields Soli darstellt
zeigt sich interessanterweise besonders deutlich in seinem Solo aus Stück
“Bass desires” von der gleichnamigen Platte des Bassisten Mark Johnson. Ob-
wohl es sich um ein harmonisch vollkommen freies Solo handelt, kann man an
vielen Stellen Akkorde erkennen, die Scofield seinen Linien zugrunde legt.
In Takt 25 spielt er zunächst Gm und bewegt sich dann im Takt 26 nach D7. In
der ersten Hälfte von Takt 28 impliziert er mit dem Tönen ais, cis und dis einen
D#7-Akkord um einen ‘outside’-Klang zu erzeugen, kehrt dann aber wieder zu
D7 zurück.

“Bass desires“ (Takt 25-28)

4.1.2. Chromatik
Wie viele Bebop-Musiker verwendet auch Scofield gerne den “chromatic
approach“ um bestimmte Töne anzuspielen. Hierbei werden dem Zielton ein
oder mehrere Töne vorangestellt, die sich chromatisch auf ihn zu bewegen. Das
folgende Notenbeispiel zeigt einige Varianten dieser Technik, wobei der Ton c
immer den Zielton darstellt.

Beispiele “chromatic approach”

- 16 -
Die nun folgenden Beispiele zeigen, wie Scofield den “chromatic approach” ein-
setzt. Sie stammen wieder aus dem Solo über “Not you again”.
Im Takt 7 nähert er die Terz der Dominante Eb7 mit drei chromatischen Tönen
an. Geradezu ‚schulmäßig’ endet seine Linie jedoch nicht auf der Terz, sondern
springt eine große Sexte abwärts zur Quinte von Eb7. Dadurch vermeidet er
sowohl die Terz als im Allgemeinen eher schwachen Schlusston einer Linie als
auch das oft spannungslos und banal klingende Enden einer Phrase auf die
Zählzeit ‚eins’ eines Taktes.

“Not you again“ (1: Takt 5-8)

Im Takt 60 des gleichen Solos spielt er die Terz von D7 mit zwei chromatischen
Tönen an.

“Not you again“ (2: Takt 25-28)

4.1.3 Alteriert und Mixolydisch #11


Neben verschiedenen Modi der Durtonleiter verwendet Scofield häufig von me-
lodisch Moll abgeleitete Skalen wie Mixolydisch #11 37 und Alteriert. Hierbei ist
es besonders interessant zu beobachten, wie universell er dieses Material ein-
setzt.
Die folgenden beiden Beispiele zeigen, wie er im einen Fall eine alterierte Do-
minante, im anderen eine Doppeldominante mit #11 mit einer Linie aus fast i-
dentischem Material ausspielt.
Im ersten Fall spielt er F mixo#11 über F7 , das zweite Notenbeispiel zeigt, wie
er im Takt 76 das gleiche Material hier als G alteriert über die Dominante G7
verwendet.

37
Kurz: Mixo#11
- 17 -
“Not you again“ (1: Takt 12-16)

“Softly As In a Morning Sunrise“ (3: Takt 12-15)

Im nächsten Beispiel spielt Scofield in Takt 67 und 68 wieder G alteriert über


die Dominante G7, er beginnt seine Linie allerdings mit den Tönen der alterier-
ten Tonleiter, die im Ganztonabstand zueinander stehen und den besonders
spannungsreichen Klang dieser Skala ausmachen38. Das besondere daran ist
in diesem Fall, dass er diese Tonleiter hier nicht nur wie es sonst überwiegend
geschieht als Materialskala einsetzt, also als Tonvorrat, aus dem dann einzelne
Töne ausgewählt und verwendet werden, sondern bewusst mit dem sehr cha-
rakteristischen Klang der Tonleiter arbeitet.
Zum Abschluss der Linie spielt er einen übermäßigen Dreiklang, auf dessen
Verwendung ich im Kapitel 4.1.5. noch näher eingehe.

“Not you again“ (3: Takt 1-4)

4.1.4. Halbton-Ganzton
Einen wichtigen Bestandteil des von Scofield verwendeten Tonmaterials stellt
die im englischsprachigen Raum als “(symmetrical) diminished scale” bezeich-
nete Skala Halbton-Ganzton (HTGT) dar.

C Halbton-Ganzton

38
John Scofield on Improvisation
- 18 -
Diese symmetrische Tonleiter, die aufgrund der abwechselnden Halb- und
Ganztonschritte mit acht Tönen einen Ton mehr enthält als die meisten anderen
Tonleitern, wird überwiegend als Dominant-Skala eingesetzt, da sie wegen der
enthaltenen alterierten Optionen b9, #9 und #11 in Verbindung mit der ebenfalls
enthaltenen nicht alterierten Sexte sehr spannungsreich klingt. Dabei wird sie
hauptsächlich vor Dur-Akkorden verwendet, da die große Sexte auch die große
Terz des eine Quinte tiefer liegenden Zielakkordes ist. Durch diese vorwegge-
nommene große Terz besteht die Gefahr, dass eine V-I-Bewegung weniger
schlüssig klingt, wenn der Zielakkord ein Mollakkord ist. In dem Fall gebraucht
man häufiger die alterierte Skala, die mit der kleinen Sexte wesentlich klarer
nach Moll leitet.
Abgesehen davon, dass HTGT speziell durch den Einfluss amerikanischer Mu-
siker und Schulen in den letzten knapp 30 Jahren sehr populär geworden ist,
erfreut sich diese Skala gerade unter Gitarristen großer Beliebtheit, da sie sich
wegen ihrer symmetrischen Struktur sehr gut in Patterns zusammenfassen
lässt. Solche Patterns lassen sich auf der Gitarre schnell visuell erfassen und
aufgrund der Konstruktionsweise der Gitarre leicht in alle Tonarten verschieben.
Ein sehr häufig von Scofield verwendetes Pattern ist hier in einem Ausschnitt
aus einem Solo über vereinfachte Rhythm Changes zu finden Dabei ist gut zu
erkennen wie dieses Pattern sowohl für nicht alterierte Dominanten als auch
Dominanten mit alterierten Optionen gut einzusetzen ist. Während er über Bb7
ausschließlich Akkordtöne verwendet, spielt er über die Dominante F7 sowohl
die b9 sowie im Takt 73 die nicht alterierte Option 13.
Anhand der Tabulatur wird auch die auf der Gitarre sehr klare Struktur des Ma-
terials deutlich.

“What they did“ (3: Takt 7-11)

- 19 -
Das nächste Notenbeispiel zeigt eine weitere typische HTGT-Linie, mit der Sco-
field hier im Takt 23 und 24 die Dominante Eb7 ausspielt.

“Not you again“ (1: Takt 21-24)

4.1.5. H.M.5 und übermäßiger Dreiklang


Ein weiteres Indiz für Scofields Bebopwurzeln ist die häufige Verwendung des
übermäßigen Dreiklangs. Diesen kombiniert er beboptypisch gerne mit der Ska-
la H.M.5.
Im ersten Beispiel aus dem Solo des Stücks “Not you again“ spielt er über die
II-V-Verbindung nach C-7 eine aus zwei von ihm häufig verwendeten Klischees
zusammengesetzte Linie. Er beginnt diese in Takt 19 mit der abwärts gespiel-
ten H.M.5-Skala und hängt daran einen ebenfalls abwärts gespielten übermäßi-
gen Dreiklang an.

“Not you again“ (1: Takt 5-8)

Sechzehn Takte später spielt er an der gleichen Stelle eine sehr ähnliche Linie,
wobei diese im Takt 35 bereits auf ‚1und’ beginnt und er den übermäßigen
Dreiklang hier über den Grundton hinaus bis zur übermäßigen Quinte spielt.

“Not you again“ (2: Takt 1-4)

Im Takt 36 des Solos über das Rhythm-Changes-Stück “What they did” ist der
übermäßige Dreiklang in einer Linie über eine II-V-Verbindung zu finden, wobei
Scofield die eigentliche I-VI-II-V-Kadenz zu einer ganztaktigen I-V-Verbindung

- 20 -
vereinfacht, was bei diesem Beispiel aufgrund der Triobesetzung ohne weiteres
Harmonieinstrument problemlos möglich ist.

“What they did“ (2: Takt 3-5)

Von einer kleinen rhythmischen Variation abgesehen findet sich die gleiche Li-
nie im Takt 47 des Solos über das Stück “I’ll catch you”, wo Scofield diese ein-
setzt, um eine Dominate F7 über einen Bb-7-Akkord zu implizieren.

„I’ll catch you“ (2: Takt 13-17)

Im gleichen Stück verwendet Scofield im Takt 26 wieder einen abwärts gespiel-


ten übermäßigen Dreiklang, in diesem Fall spielt er jedoch das Tritonus-
Substitut A übermäßig, da es sich hier bei Eb7 nicht um eine alterierte Domi-
nante, sondern um eine Zwischendonante handelt, die als einzige alterierte Op-
tion die #11 enthält.
Dieses Beispiel zeigt sehr gut, dass Scofield sich nicht darauf beschränkt, vor-
bereitetes Material in den entsprechenden Situationen zu verwenden, sondern
immer versucht, dieses auch auf andere –in diesem Fall harmonische- Gege-
benheiten zu übertragen.

“I’ll catch you“ (1: Takt 25-28)

- 21 -
4.1.6. Pentatonik
Nicht zuletzt aufgrund seiner Blues- und Rockwurzeln spielt die Pentatonik in
Scofields Solospiel eine wichtige Rolle. Allerdings verwendet er die pentatoni-
schen Skalen weitaus differenzierter, als dies häufig im Blues- und Rockkontext
der Fall ist, indem man sich meist auf den Gebrauch der Mollpentatonik mit der
“blue note” b5 als ‚Bluesskala’ beschränkt.
Scofield unterscheidet grundsätzlich drei verschiedene pentatonische Skalen:
Die Durpentatonik, die Mollpentatonik und eine Skala, die er Dominantpentato-
nik nennt. Diese enthalten folgende Töne:

Mollpentatonik 1 b3 11 5 b7

Durpentatonik 1 9 3 5 6

Dominantpentatonik 1 9 3 5 b7

In bestimmten Fällen können pentatonische Skalen von einem anderen Ton als
dem Grundton aus gespielt werden. Hierdurch erhält man ‚neue’ Skalen, die
gewissermaßen einen Ausschnitt aus einer zum Akkord gehörigen Tonleiter
enthalten und aufgrund des starken Zusammenklangs der pentatonischen Ska-
la häufig sehr interessant klingendes Material darstellen.
Durch die Fünftönigkeit ergibt sich außerdem der Vorteil, dass so eingesetzte
Pentatoniken keine “avoid notes“ enthalten, weshalb diese oft leichter zu hand-
haben sind als etwa diatonische Skalen.

- 22 -
Scofield fasst diese erweiterten Einsatzmöglichkeiten der pentatonischen Ska-
len in dem Lehrvideo “John Scofield on Improvisation“ zusammen:

Für Dur-Akkorde:
• Durpentatonik auf der None: 9 3 #11 13 7

Für m7-Akkorde:
• Mollpentatonik auf der Quinte: 1 9 11 5 b7
• Mollpentatonik auf der None: 1 9 11 5 13

Für nicht alterierte Dominantakkorde:


• Mollpentatonik auf der Quinte: 1 9 11 5 b7

Für Dominantakkorde mit #11:


• Dominantpentatonik auf der None: 1 9 3 #11 13

Für alterierte Dominantakkorde:


• Mollpentatonik auf der kleinen Terz: b9 #9 #11 b13 7

Für halbverminderte Akkorde:


• Dominantpentatonik auf der kleine Sexte:1 b3 b5 b13 7

In der Praxis verwendet er hauptsächlich folgende Varianten:

a) Mollpentatonik (mit “blue note“) über Dominantakkorde


Diese ‚klassische’ Art, die Mollpentatonik als „Bluesskala“ einzusetzen ist bei
Scofield besonders häufig auf Aufnahmen von CDs wie “A Go Go“, “Bump“ oder
der aktuellen John Scofield Band, also im eher Funk- als Jazzorientierten Kon-
text zu hören.

- 23 -
Das folgende Notenbeispiel zeigt eine Phrase des Solos aus dem Stück
“Chank“, in dem Scofield die Dm-Pentatonik über einen D7#9-Akkord spielt.
Auffällig ist hier, wie er ‚bluestypisch’ viele Töne durch den Einsatz von Ben-
dings und das Variieren der Tonlängen individuell ‚gestaltet’.
Es fällt bei Analyse von Scofields Spiel immer wieder auf, welch hohen Stellen-
wert die Phrasierung bei ihm einnimmt, worauf ich an anderer Stelle noch näher
eingehen werde.

“Chank“ (Takt 13-16)

b) Mollpentatonik über Mollakkorde


Auch für diese ‚einfache’ Weise, die Mollpentatonik einzusetzen finden sich im-
mer wieder Beispiele in Scofields Spiel. Selten tut er dies aber so klar wie im
hier dargestellten Fall, in dem er sie ausschließlich durch die “blue note“ b5 er-
weitert von der Zählzeit ‚4’ im Takt 35 bis in zur ‚2’ im Takt 37 als geschlossene
Skala spielt.

“I’ll Catch You“ (2: Takt 3-5)

c) Durpentatonik über Tonika- und Subdominantakkorde


Im Takt 57 des nächsten Notenbeispiels ist zu sehen, wie Scofield über einen
Subdominantakkord die entsprechende Durpentatonik einsetzt und hierbei
durch die Verwendung von Quarten und Quinten für einen abwechslungsrei-
chen Sound sorgt.

“Not You Again“ (2: Takt 24-26)

- 24 -
d) Mollpentatonik auf der None über Mollakkorde
Etwas ungewöhnlicher ist die Weise, in der Scofield die Mollpentatonik im fol-
genden Beispiel einsetzt. Hier verwendet er die Cm-Pentatonik über einen
Bbm7-Akkord, wodurch er die in Bb Dorisch enthaltene Option 13 erhält, die
dem Akkord eine neue Klangfarbe gibt und ihn spannungsreicher klingen lässt
als ‚herkömmliche’ Mollseptakkorde.
Auch hier ist gut zu beobachten, wie er der Pentatonik als oft gehörtem Material
einen ungewöhnlichen Sound gibt, indem er sie überwiegend in Quarten spielt.
Auch andere Beispiele zeigen, dass Scofield diatonische Skalen, deren Modi
und wie hier zu sehen pentatonische Skalen gerne in größeren und seltener
gebrauchten Intervallen einsetzt und bewusst Tonsprünge integriert, um diese
Skalen so trotzdem es sich um sehr gebräuchliches Material handelt ‚frischer’
klingen zu lassen.39

“I’ll Catch You“ (1: Takt 5-9)

e) Mollpentatonik auf der kleinen Terz über alterierte Dominanten


Wie oben bereits aufgeführt, enthält die Mollpentatonik auf der kleinen Terz
sämtliche alterierten Optionen und die kleine Septime und eignet sich somit
hervorragend zum Ausspielen alterierter Dominanten.
Nachfolgend zwei Beispiel, die zeigen, wie Scofield Pentatonik in diesem Fall
einsetzt. Beide Male spielt er die Db-Mollpentatonik über einen alterierten Bb7-
Akkord, wodurch enorm spannungsreich klingende und auf eine Auflösung
drängende Linien entstehen.

“Softly As In A Morning Sunrise“ (3: Takt 16-17)

“Not You Again“ (1: Takt 15-16)

39
John Scofield on Improvisation
- 25 -
4.1.7 ‘outside’-Spiel
Von den verschiedenen möglichen Bedeutungen, die ‘outside’ im Zusammen-
hang mit Improvisation haben kann40, bezeichnet dies im Falle von Scofield
meist das Spielen von Tönen, die nicht im Akkord enthalten sind. Bei diesem
‚Aus der Tonart’-Spielen hat der Improvisator die Möglichkeit, durch die Ver-
wendung von Dissonanzen eine Spannung zu erzeugen, die mit den bisher
vorgestellten Mittel nicht zu realisieren wäre, da hier auch ganz bewusst in mu-
siktheoretischer Sicht gesehen ‚falsche’ Töne eingesetzt werden. Diese erhal-
ten jedoch durch den Zusammenhang, in dem sie und nicht zuletzt durch die
Überzeugung, mit der sie gespielt werden, ihre Berechtigung. Entscheidend ist
hierbei auch, dass der ganzen Phrase ein sinnvoller Aufbau zugrunde liegt und
auf das ‚Aus der Tonart’-Spielen eine Auflösung durch eine Bewegung zurück in
die Tonart folgt.
Solche ‘outside’-Linien werden oft realisiert, indem man die ursprünglich ‚richti-
ge’ Tonleiter um ein bestimmtes Intervall verschiebt. Hier findet man häufig die
entsprechende Skala um einen Halbton nach oben oder unten, einen Tritonus
oder gelegentlich auch um eine kleine Terz nach oben verschoben. Speziell bei
Scofield liegt solchen ‘outside’-Linien meist die verschobene Moll-Pentatonik
zugrunde.
Das nachfolgende Notenbeispiel zeigt einen A-Teil aus Scofields Solo über den
Standard “Softly As In a Morning Sunrise“. Darin ist sehr gut zu beobachten,
wie er im Takt 122 beginnt, mithilfe der ‘blue note’ ges Spannung aufzubauen
und ab Takt 123 dann vorwiegend Töne der Ebm-Pentatonik spielt, die wie im
Kapitel über pentatonische Skalen bereits festgestellt auch als Material für ei-
nen alterierten C7-Akkord verwendbar wäre und durch die in dem hier gegebe-
nen Kontext ein außerordentlich spannungsreicher Klang entsteht. Im Takt 127
spielt er eine Linie aus Tönen der Skala C Äolisch und bestätigt die Tonart Cm
im Takt 128 durch ein Lick aus Tönen der Cm-Pentatonik.

40
z.B. das Spielen von Tönen, die nicht im Akkord enthalten sind, das Dehnen der Dauer eines
Akkordes oder das Spielen von Bekanntem in einer anderen Tonart. Vgl. Mark Levine, Das
Jazztheorie-Buch, S.169
- 26 -
“Softly As In a Morning Sunrise“ (4: Takt 25-32, 5: Takt 1)

Eine weitere Passage, die Scofields ‘outside’-Spiel sehr anschaulich darstellt


findet sich in seinem Solo über das Titelstück der Platte “Decoy“ von Miles Da-
vis. In den ersten beiden Takten der Phrase spielt er über das tonale Zentrum
Am ausschließlich Töne aus Bbm Äolisch und geht dann zu Takt 29 zu einem
Motiv aus der Abm-Pentatonik über, dass er für die nächsten vier Takte mit
kleinen Variationen beibehält. Auffällig ist jedoch, dass er die Terz ces nur im
Takt spielt und diese später nicht mehr wiederholt, so dass es sich ebenso um
die Ebm-Pentatonik handeln könnte.
Nach der vierten Wiederholung des Motivs in Takt 32 spielt er auf die Zählzeit
‚3’ c, womit er in die Tonart Am zurückkehrt, die er durch die Am-Pentatonik-
Linie in Takt 33 bestätigt.

“Decoy“ (Takt 27-33)

4.1.8. Substitute
Ein weiteres Gestaltungsmittel, von dem Scofield bei der Improvisation ausgie-
big Gebrauch macht, ist die Verwendung von Substituten. Durch das Ersetzen
einzelner Akkorde oder ganzer harmonischer Wendungen hat er die Möglich-

- 27 -
keit, besonders eingängige oder häufig gehörte Akkordverbindungen abwechs-
lungsreicher und frischer klingen zu lassen.
Geschieht dies in einem Solo ohne vorherige Absprache mit der Rhythmus-
gruppe, ist es natürlich von besonderer Bedeutung, dass der Solist das Substi-
tut klar ausspielt, um dieses eindeutig zu etablieren, um so einen schlüssigen
Gesamtklang zu erhalten.
Eine Vielzahl von Beispielen, bei denen Scofield während der Improvisation
Substitute verwendet, findet sich im Stück “What they did”. Dieses bietet sich
geradezu hierfür an, da für die dem Stück zugrunde liegenden “Rhythm
Changes” viele häufig verwendeten Substitutionen existieren. Aufgrund der
Triobesetzung ohne weiteres Harmonieinstrument hat Scofield in diesem Bei-
spiel außerdem sehr viel Raum für die harmonische Gestaltung seines Solos.
Im ersten Beispiel verwendet er einige für “Rhythm Changes” sehr gebräuchli-
che Substitute. Die Dominante F7 in Takt 58 ersetzt er durch C#o, wodurch ei-
ne chromatische Bewegung zu D-7 entsteht, durch das er den Bb-Akkord zu
Beginn der zweiten I-VI-II-V-Kadenz ersetzt.
Im Takt 60 spielt er die Terz von F7 mit einer “chromatic approach”-Wendung
an, impliziert dann aber sofort mit dem Ton e einen C7-Akkord, mit dem er zum
F-7 im nächsten Takt überleitet.

“What they did“ (2: Takt 25-29)

Das nächste Beispiel zeigt den B-Teil des zweiten Solo-Chorus, in dem Scofield
die Dominanten G7 und F7 durch ihre Tritonussubstitute C#7 und B7 ersetzt.

“What they did“ (2: Takt 17-24)

- 28 -
Eine ungewöhnlichere Reharmonisation ist im Takt 124 zu finden. Hier spielt
Scofield Gb und Cb über die II-V-Verbindung C-7 F7. Cb stellt hierbei ein in F
alteriert enthaltenes “upper structure” dar41. Gb dagegen ist als eine Art Domi-
nante zu Cb zu verstehen und wird mit einem 1-2-3-5 Pattern42 ausgespielt. Da
sowohl der Dreiklang als auch das Pattern in sich sehr schlüssig klingen, ent-
steht hier durch die Verwendung dieses eigentlich ‚falschen’ Materials eine inte-
ressante und keinesfalls falsch klingende neue Klangfarbe.

“What they did“ (4: Takt 25-28)

Im nächsten Beispiel aus “Not you again” fügt Scofield in Takt 5 und 6 mehrere
Harmonien ein, um den zweitaktigen C-7-Akkord interessanter gestalten zu
können. In der ersten Hälfte von Takt 5 spielt er Gm, an das er eine II-V-
Verbindung F-7 Bb7 anhängt, über die er sich zu Bb-7 bewegt. Während er Gm
verwendet, um C-7 auszuspielen43, ist Bb7 als eine Art Doppeldominante zur in
Takt 9 folgenden Subdominante Ab zu verstehen. F-7 stellt dann die ‚eigene’
II.Stufe dieser Doppeldominante dar.

“Not you again“ (1: Takt 5-8)

Im Takt 75 und 76 ersetzt Scofield die Akkorde Ebmaj7 und C-7 durch die Do-
minantkette Db7 C7, mit der zur Doppeldominante F7 hinleitet.

41
F alteriert entstammt der Gb melodisch Moll-Tonleiter. Diese enthält die Dur-Dreiklänge Cb
und Db, die häufig als “upper structures” für alterierte Dominanten verwendet werden,
42
Diese Pattern hat gerade John Coltrane durch das Stück “Giant steps” bekannt gemacht. Es
ermöglicht aufgrund seiner einfachen Struktur und seines schlüssigen Klangs das Spiel über
ungewohnt klingende Harmonien auch bei hohen Tempi.
43
Sowohl das maj7-Arpeggio von der Terz eines m7-Akkordes als auch das m7-Arpeggios von
dessen Quinte werden gerne verwendet, um diesen auszuspielen, da diese statt des Grundto-
nes die Optionen 9 bzw. 9 und 11 enthalten. Im Falle von C-7 sind dies Ebmaj7 und G-7, wobei
beide den hier gespielten Gm-Dreiklang enthalten.
- 29 -
“Not you again“ (3: Takt 9-13)

4.2. Umgang mit dem Material

Die Untersuchungen auf den vorangehenden Seiten haben gezeigt, dass Sco-
field bezüglich des für die Improvisation relevanten Tonmaterials über ein um-
fangreiches Wissen verfügt und sich auch in gitarristischer Hinsicht intensiv mit
dem Material auseinander gesetzt hat, was es ihm erlaubt, dieses ohne große
Beschränkung durch instrumentenspezifische Probleme einzusetzen.
Es zeigt sich jedoch auch, dass das ihm zu Verfügung stehende Tonmaterial
verglichen mit dem von anderen Jazzmusikern der heutigen Zeit verwendeten
von wenigen Ausnahmen abgesehen in keiner Weise ungewöhnlich ist, so dass
sich nach wie vor die Frage stellt, was Scofields individuellen Stil denn tatsäch-
lich ausmacht und für den hohen Wiedererkennungswert seines Spiels verant-
wortlich ist.
Einen wichtigen Aspekt stellt in diesem Zusammenhang sicherlich die Art und
Weise dar, mit der Scofield mit dem Material umgeht. Bereits im letzten Kapitel
hat sich an verschiedenen Stellen gezeigt, dass er diesbezüglich immer auf der
Suche nach neuen Möglichkeiten ist.
Die nächste Abbildung zeigt ein typisches Beispiel: Scofield spielt hier über AØ
ein halbvermindertes Arpeggio vom Grundton abwärts, wobei er jedoch die
Septime g um eine Oktav nach unten transponiert, wodurch die beiden Quart-
sprünge a-es und c-g entstehen, und sich die Septime g dann in einem Halb-
tonschritt zu Terz fis des nachfolgenden Akkordes D7 auflösen kann. Dies gibt
der Phrase trotz des einfachen verwendeten Materials einen sehr abwechs-
lungsreichen Klang.

“Not You Again“ (1: Takt 27-29)

- 30 -
Ein anderes hierfür typisches Lick zeigt das nächste Notenbeispiel. Scofield
beginnt die Linie mit einem klassischen R&B-Lick mit Septime, Grundton, gro-
ßer Sexte und Quinte, und leitet dann über Mollterz, None und Grundton zum
zweiten Teil über, der ausschließlich aus Tönen der Mollpentatonik besteht.
Hier sorgen gerade die in der Phrase enthaltenen großen Tonsprünge für einen
sehr eigenen Klang.

“Chank” (Takt 22-23)

4.3. Spieltechnik

Ein Aspekt, der im Bezug auf die Wiedererkennbarkeit von Scofields Gitarren-
spiel sicherlich eine wichtige, wenn nicht sogar entscheidende Rolle spielt, ist
seine Spieltechnik.
Im technischen Zusammenhang wird der Name Scofield üblicherweise zu alle-
rerst mit dessen Legatospiel assoziiert. Diese Spielweise, die gerade bei Blas-
instrumenten essentieller Bestandteil des Spiels ist, ließ sich lange Zeit auf-
grund technischer Gegebenheiten schlecht auf die Gitarre übertragen44, und
hielt erst mit Aufkommen dünnerer Gitarrensaiten, die solche Spieltechniken
begünstigen, Einzug in das Gitarrenspiel im Jazz.
Im Unterschied zum Staccatospiel wird hier nicht jede klingende Note mit der
rechten Hand angeschlagen, sondern die Töne werden auch durch verschiede-
ne Techniken der linken Hand wie das Aufschlagen des Fingers auf die bereits
schwingende Seite (Hammer On), das Abziehen des Fingers von der schwin-
genden Seite (Pull Off) oder das gegriffene Verschieben eines klingenden Tons
(Slide) erzeugt. Dadurch erhält man im Vergleich zum Staccatospiel, bei dem
jeder Ton mit der rechten Hand angeschlagen wird einen fließenderen und ei-
nem Bläser ähnlicheren Sound.

44
Dies gilt allerdings nur für populäre Musik, in der Klassik ist das Legatospiel seit langem wich-
tiger Bestandteil des Gitarrenspiels, was in der leichteren Bespielbarkeit der dort verwendeten
Nylonsaiten-Gitarren begründet liegt.
- 31 -
Für Scofield hat die Entwicklung dieser Spielweise zu Beginn jedoch eher tech-
nische als musikalische Gründe, da er auf diese Art Linien realisieren kann, die
für ihn sonst aufgrund seiner wie er sagt ‚schwächeren’ rechten Hand nicht
spielbar wären.45
Eine wichtige Rolle hat aber auch in diesem Zusammenhang Jim Hall gespielt,
der wie bereits erwähnt gerade zu Beginn von Scofields musikalischer Entwick-
lung dessen Haupteinfluss war. Hall war gleichzeitig einer der ersten Jazzgitar-
risten, der sich intensiver mit dem Legatospiel auseinander gesetzt und dies zu
einem elementaren Bestandteil seines Stils gemacht hat. Hall tat dies jedoch,
obwohl man auch ihm eine verhältnismäßig ‚schwache’ Technik der rechten
Hand nachsagt in erster Linie, um die Phrasierung eines Bläsers besser imitie-
ren zu können.
Das nachfolgende Notenbeispiel zeigt gut, wie Scofield diese Technik einsetzt.
Es verdeutlicht auch, dass er dieses sehr bewusst tut und nicht etwa an jeder
möglichen Stelle Töne gebunden, also legato spielt. So spielt er im Takt 18 ab
der Zählzeit ‚drei und’ eine Linie, die sich aus technischer Sicht für das Legato-
spiel anböte, da drei aufeinander folgende Töne auf der gleicher Seite liegen
und somit gebunden werden könnten. Durch die Staccatospielweise erzeugt er
jedoch an dieser Stelle einen guten Kontrast zu den voran gegangenen und
nachfolgenden Legatolinien.

“Not You Again“ (1: Takt 17-20)

Ein technischer Aspekt, der Scofields Spiel noch stärker prägt als das Legato-
spiel allein ist sicherlich die extrem individuelle Gestaltung jedes einzelnen To-
nes mithilfe aller ihm zu Verfügung stehenden spieltechnischen Mittel.
Die beiden nachfolgenden Notenbeispiele zeigen deutlich, wie Scofield unter-
schiedlichste Spieltechniken verwendet, um einzelne Töne und Phrasen zu ges-

45
John Scofield on Improvisation
- 32 -
talten und dem Gespielten somit ‚Leben einzuhauchen’. Dies ist umso ein-
drucksvoller, da der musikalische Kontext der beiden Beispiele extrem ver-
schieden ist, im Falle von “Not You Again“ eine Jazzstandard-Akkordfolge, bei
“Chank“ eine modale Rockfunk-Komposition.
So verwendet er nicht nur die bereits angesprochene Legatotechnik, sondern
arbeitet des Weiteren intensiv mit „dead notes“, also Tönen, die mit der rechten
oder linken Hand abgedämpft werden und so einen sehr perkussiven Klang ha-
ben, mit Vorschlägen, die er sowohl mit Slides als auch mit Hammer Ons reali-
siert und mit Trillern.
Sehr vielfältig setzt er auch Bendings ein, also Töne, bei denen eine Seite an-
geschlagen und dann mit der linken Hand so weit gedehnt wird, bis die entspre-
chende Tonhöhe erreicht ist. Dies kann sowohl benutzt werden, um einen Ton
auf eine bestimmte Tonhöhe zu ziehen, oder aber eher als klanglicher Effekt,
wenn der gegriffene Ton durch das Ziehen der Saiten leicht verstimmt wird.
Gerade im Ausschnitt aus dem Solo über das Stück “Chank“ verwendet Sco-
field auch häufig eine Technik, mit deren Hilfe die Obertöne der gespielten Töne
hervorgehoben werden, wodurch diese stärker in den Vordergrund treten und je
nach Obertongehalt sehr höhenbetont klingen können. Hierfür variiert man wäh-
rend des Anschlags mit der rechten Hand den Winkel, indem das Plektrum zu
den Saiten steht. Vereinfacht kann man sagen, dass die Obertöne umso deutli-
cher zu hören sind, je mehr die Saite mit der Kante des Plektrums angeschla-
gen wird.

“Not You Again“ (2: 1-16)

- 33 -
“Chank“ (13-40)

- 34 -
4.4. Rhythmik

“Mrs. Scofield’s Waltz“ (2: Takt 1-16)

Das oben stehende Notenbeispiel soll dazu dienen, den Grad von Scofields
rhythmischer Entwicklung zu verdeutlichen. Zwar handelt es sich bei dem Stück
um eine Ballade46, wodurch das Spielen von Sechzehnteln, Triolensechzehn-
teln und Zweiunddreißigsteln in technischer Hinsicht erleichtert oder auch erst
ermöglich wird. Allerdings ist gerade bei langsamen Tempi ein ausgeprägtes
Rhythmusgefühl und eine starke rhythmische Orientierung von Nöten, um in
dem Maße wie oben gezeigt frei mit dem rhythmischen Vokabular umzugehen.
Auch bei der Betrachtung anderer Transkriptionen fällt auf, dass Scofield im
Allgemeinen zwar auf die Verwendung komplizierterer rhythmischer Untertei-
lungen wie Quintolen, Septolen, etc. verzichtet, er dafür aber die von ihm ge-
brauchten rhythmischen Muster wie Viertel, Achtel, Sechzehntel und die ent-
sprechenden Triolen mit extremer Sicherheit in allen möglichen Kombinationen
einzusetzen weiß. Wie sich immer wieder zeigt, gilt dies auch für das Spiel über
ungrade Metren, so zu hören bei “Toogs“ von “John Scofield Trio Live EnRoute“
(5/4) oder “Last Week“ von “Out Like a Light“ (7/4) , um nur zwei Beispiele zu
nennen.

46
 = 76

- 35 -
5. Zusammenfassung

Wie sich bei der Analyse der unterschiedlichen Elemente von Scofields Spiel
gezeigt hat, beruht dessen Eigenständigkeit und Wiedererkennbarkeit nicht auf
einem einzigen Aspekt, sondern auf dem Zusammenspiel mehrerer einzelner
Bestandteile.

Ein sicher wichtiges, aber für sich allein für die Identifizierbarkeit seines Spiels
nicht ausreichendes Merkmal ist der Sound, der, wie sich gezeigt hat, deutlich
mehr auf spielerischen als auf technischen Aspekten basiert. Er kommt also viel
eher durch die entsprechende Phrasierung als durch die Verwendung eines
besonderen Effektgerätes oder einer bestimmten Gitarre zustande. Dieser spe-
zielle und tatsächlich eigene Scofieldsound kommt jedoch nur die entsprechen-
den Inhalte zum Tragen. Hier finden sich prinzipiell viele traditionelle Elemente
wie Scofields umfangreiches Bebopvokabular oder seine oft deutlich hörbaren
Blues- und Rockwurzeln. Zu Scofields eigener Sprache wird dies erst durch
seinen kreativen und unbefangenen Umgang mit diesem Material, durch den es
ihm gelingt, bestehende Konzepte fortzuführen und so auf der Basis der Tradi-
tion seine eigene moderne Sprache zu entwickeln.

So entscheiden letzten Endes genau die Momente, in denen er aus all diesem
Basiswissen die Essenz herauszieht und diese konsequent weiterentwickelt, bis
die typischen Scofieldlicks und -lines entstehen, die gleichermaßen vom Blues
wie vom Bebop beeinflusst sind, und er dabei die klanglichen Möglichkeiten der
Gitarre gerade mithilfe seiner charakteristischen Spielweise absolut ausschöpft.

- 36 -
6. Dank

Mein besonderer Dank an dieser Stelle gilt dem Jazz-Institut in Darmstadt, des-
sen umfangreiches Zeitschriftenarchiv mir gerade bei der Einarbeitung in die
Thematik und bei den Recherchen zum biographischen Teil eine enorme Hilfe
war.
Weiter möchte ich mich herzlich bei Dr. Wolfram Knauer und Markus Bieder-
mann für die Einweisung in das wissenschaftliche Arbeiten und die geduldige
Beantwortung meiner zahllosen Fragen zu diesem Thema bedanken.

- 37 -
7. Diskographie

In Anbetracht der Menge an Veröffentlichungen, an denen John Scofield betei-


ligt war, beschränke ich mich hier auf eine Auswahl von Aufnahmen, um dem
Leser einen Überblick zu verschaffen. Eine komplette Diskographie mit zusätz-
lichen Informationen zu den entsprechenden Besetzungen ist unter
http://www.johnscofield.com/disco.html
im Internet zu finden.

Als Leader:

Titel Besetzung VÖ
“East Meets West” Quartett August 1977
“Live” Quartett Nov. 1977
“First” Quartett Aug. 1978
“Rough House” Quartett Nov. 1978
“Who’s Who” variiert 1979
“Bar Talk” Trio Nov. 1980
“Out like a Light” Trio Dez. 1981
“Shinola” Trio Dez. 1981
“Electric Outlet” Quintett Mai 1984
“Still Warm” Quartett Juni 1985
“Blue Matter” Sextett Sep. 1986
“Loud Jazz” Quintett Dez. 1987
“Pick Hits Live” Quartett 1987
“Flat Out” Quartett Sep. 1988
“Time on My Hands” Quartett Nov. 1989
“Meant To Be” Quartett Dez. 1990
“John Scofield Quartet Plays Live” 1991
“Grace Under Pressure” Quartett ( mit Bill Frisell) Dez. 1991
“What We Do” Quartett Feb. 1993
“I Can See Your
House From Here” Quartett (mit Pat Metheny) April 1994
“Hand Jive” Sextett Aug. 1994
“Groove Elation” variiert 1995

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“Quiet” variiert Sep. 1996
“A Go Go” Quartett (mit MMW) April 1998
“Bump” variiert April 2000
“Works For Me” Quintett Jan. 2001
“Überjam” J.S. Band Jan. 2002
“Up All Night“ J.S. Band Mai 2003
“John Scofield Trio LIVE EnRoute” Mai 2004

Als Sideman:

Künstler Titel VÖ
Gerry Mulligan & Chet Baker “Live at Carnegie Hall” Nov. 1974
Billy Cobham “A Funky Thide of Sings” 1975
Billy Cobham/George Duke Band “Live in Europe” 1976
Charles Mingus “3 Or 4 Shades of Blues” März 1977
Chet Baker “You Can’t Go Home Again” Mai 1977
Chet Baker “The Best Thing for You” Mai 1977
Dave Liebman “Doin’ It Again” Nov. 1979
John Abercrombie “Solar” 1982/83
Miles Davis “Star People” 1983
Miles Davis “Decoy” Juni 1983
Miles Davis “You’re Under Arrest” 1985
Marc Johnson “Bass Desires” Mai 1985
Gary Burton “Time Like These” 1988
Jim McNeely (WDR Big Band) “East Coast Blow Out” Sep. 1989
McCoy Tyner “Things Ain’t What They Used...” Nov. 1989
Bob Belden Ensemble “Straight To My Heart” Aug. 1990
Knut Riisneas / Jon Christensen Okt. 1991
Joe Henderson “So Far, So Near” Okt. 1992
Herbie Hancock “The New Standard” 1996
Joe Henderson “Quiet Now: Lovesome Thing” Feb. 1999
Chris Potter “Travelling Mercies” Okt. 2002
ScoLoHoFo “Oh!” 2003
Mark-Anthony Turnage “Scorched” Jan. 2004

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8. Quellenverzeichnis

Bücher:

Amendola, Fred /
Chipkin, Ken: John Scofield Guitar Transcriptions, Winona,
Minnesota, U.S.A., 1987 (Hal Leonard Publishing
Co.)

Kernfeld, Barry (Hrsg.): The New Grove Dictionary of Jazz, 1st Edition, New
York, U.S.A., 1988 (Macmillian Publishers Limited)

Kernfeld, Barry (Hrsg.): The New Grove Dictionary of Jazz, 2nd Edition, New
York, U.S.A., 2001 (Macmillian Publishers Limited)

Levine, Mark: Das Jazztheorie-Buch, Petaluma, California, U.S.A.,


1995 (Sher Music Co.)

Artikel in Zeitschriften:

Freedman, Sam: John Scofield. Music for the Connoisseur, in: Down
Beat, 49/9 (Sep. 1982), S. 18-20

Jeske, Lee: Profile. John Scofield, in: Down Beat, 47/2 (Feb.
1980), S.51

Trampert, Lothar: In and Out. John Scofield, in: Gitarre & Bass, 9/2
(Apr. 1994), S.82-90

- 40 -
Video:

John Scofield on Improvisation, New York, U.S.A., 1981 (DCI Music Video)

Internetseiten:

Digital Interviews:
http://www.digitalinterviews.com/digitalinterviews/views/scofield.sh
tml

Homepage von Christian Röver:


http://www.christianrover.de/Deutsche Seiten/JohnScofield.html

Homepage von John Scofield:


http://www.johnscofield.com

Jazzreview:
http://www.jazzreview.com/articledetails.cfm?ID=679

- 41 -
9. Erklärung

Hiermit versichere ich, dass ich die vorliegende Arbeit selbst verfasst und keine
anderen als die im Literaturverzeichnis angegebenen Quellen verwendet habe.
Alle wörtlich oder sinngemäß übernommenen Stellen der Arbeit habe ich unter
Angabe der Quelle als solche gekennzeichnet.

_______________________ _____________________
(Ort, Datum) (Unterschrift)

- 42 -
10. Anhang

10.1. Interview mit John Scofield

Dieses Interview führte ich im November 2003 nach dem Konzert des John
Scofield Trios beim ‚Enjoy Jazz Festival’ in Ludwigshafen.

Steffen Rosskopf: Es ist lange her, dass man von Dir etwas mit einem Trio
gehört hat.

John Scofield: Es gab eigentlich immer ein Trio, mit dem ich gearbeitet habe.
Das hat in den späten Siebzigern angefangen mit einer Band, in der Steve
(Swallow) schon gespielt hat. Es ist phantastisch, im Trio zu spielen, aber natür-
lich auch eine Menge Arbeit.

S.R.: Auf den Trioplatten aus den Achtzigern spielt Adam Nussbaum
Schlagzeug, heute hast Du Bill Steward dabei. Was ist für Dich der Unter-
schied?

J.S.: Beide sind großartige Schlagzeuger und es ist auf keinen Fall eine Frage
von besser oder schlechter, es ist einfach unterschiedlich, mit ihnen zu spielen.
Am Anfang war es Adam, dann wollte ich sehen, wie es ist, mit Bill zu spielen,
und es funktioniert hervorragend.

S.R.: Wie hat sich Deine Art im Trio zu spielen entwickelt?

J.S.: Natürlich ist das das Ergebnis ganz unterschiedlicher Einflüsse. Als ich
anfing, mich mit Jazz zu beschäftigen hatte ich schon einen sehr soliden Blues-
und Rockbackground, Albert King, B.B. King, Hendrix, all diese Gitarristen wa-
ren wichtig. Ein entscheidender Punkt ist, dass ich irgendwann auch viel von
anderen Instrumenten übernommen habe, ich habe viel von Pianisten und Sa-

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xophonisten gelernt. Ein Einfluss den man natürlich auf keinen Fall vergessen
darf ist Steve (Swallow), seine Art Bass zu spielen hat mich gerade am Anfang
stark beeinflusst.
Im Trio spiele ich natürlich anders als sonst, kleinere Voicings, manchmal nur
ein Grundton oder so was.

S.R.: Du gehörst auf jeden Fall zu den wenigen Jazzgitarristen, die einen
eigenen Sound gefunden haben. War das eine bewusste Entwicklung?

J.S.: Klar habe ich bewusst nach meinem eigenen Stil und meinem eigenen
Sound gesucht, schließlich will man sich ja von der Menge abheben und etwas
Eigenständiges tun.

S.R.: Wenn man sieht, wie viel Du mit Deinen Projekten unterwegs bist
und auf wie vielen Platten Du zu hören bist bekommt man schon das Ge-
fühl, dass Du ein ziemlich disziplinierter Arbeiter bist.

J.S.: Es ist richtig, dass ich ziemlich effektiv arbeite. Das hat sicherlich auch
etwas mit ökonomischen Gegebenheiten zu tun, es gibt Plattenverträge, die
erfüllt sein wollen, außerdem habe ich eine Familie zu ernähren. Davon abge-
sehen will man natürlich auch als Künstler weiterkommen. Aber es kann schon
sein, dass ich ohne den finanziellen Druck weniger produktiv wäre.

S.R.: Du hast mal gesagt, „Die Sachen die passieren, passieren eben, und
die anderen macht man einfach nicht.“ Das klingt für mich danach, dass
Du Dich gerne auch auf Deine Intuition verlässt.

J.S.: Klar bin ich ein intuitiver Mensch. Aber es gibt immer Entscheidungen zu
treffen, ständig. Wie beim Improvisieren eben auch.

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10.2. Transkriptionen

Soweit nicht anders angegeben wurden alle Transkriptionen von mir erstellt. Die
transkribierten Soli sind auf der beiliegenden CD in untenstehender Reihenfolge
zu hören.

1) “Bass Desires“ aus: “John Scofield Guitar


Transcriptions”
2) “Chank“
3) “Decoy“ Transkription: Daniel Stelter
4) “I’ll Catch You”
5) “I’ll Take Les”
6) “Mrs. Scofield’s Waltz”
7) “Not You Again”
8) “Softly As In a Morning Sunrise” Transkription: Wolfgang Kehle
9) “Solar”
10) “What They Did”

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