DIE KUNST DES LEERVERKAUFES - Digitalversion
DIE KUNST DES LEERVERKAUFES - Digitalversion
DIE KUNST DES LEERVERKAUFES - Digitalversion
Auflage 1
(überarbeitete, digitale Version)
Herausgeber:
Moritz Hessel
Wildstrasse 12
8193 Eglisau
Schweiz
Kapitel 1: Einführung
3
Kapitel 3: Ideenfindung
16 Ideenfindung 71
17 Gesamtmarktanalyse 76
18 Industrieanalyse 84
19 Fundamentalanalyse 89
Kapitel 4: Fallstudien
20 Aktien: Chemours 93
21 Währungen: Yen 97
22 Rohstoffe: Kobalt 100
Nachwort 106
Die Lage in Bildern 118
Über die Autoren 120
Glossar 123
Quellen 129
Abbildungen 133
4
Haftungsausschluss
5
Jede Investition in Wertpapiere ist mit Risiken behaftet, die zum Teil-
oder Totalverlust führen können oder darüber hinaus. Käufe oder Ver-
käufe von Wertpapieren dürfen nicht auf Grundlage dieses Taschen-
buchs gemacht werden. Investitionsentscheidungen sollten stets nach
vorangegangener und eingehender Beratung durch einen zertifizier-
ten und professionellen Anlageberater erfolgen. Grundsätzlich sollten
Wertpapierkäufe nicht kreditfinanziert werden. Jeder Investor/in ist an-
gehalten, vor dem Kauf eines Wertpapiers selbständig zu recherchieren
und fachkundigen Rat einzuholen.
6
Vorwort
Liebe Leserinnen,
liebe Leser,
7
lenden Kursen zu profitieren. Außerdem werden psychologische Hür-
den behandelt, denen ein Leerverkäufer ausgesetzt ist. Aufgrund ihrer
Relevanz wird aufgezeigt, inwieweit sogenannte Black Swan Events
eine Rolle spielen bei der Spekulation auf fallende Kurse.
Abschließend werden dem Leser quasi als Fortsetzung von Kapitel 1
Risikomanagement-Techniken in Kombination mit der Investmentphi-
losophie eines Leerverkäufers präsentiert.
Das letzte Kapitel ist die praktische Umsetzung, die sich auf die zuvor
behandelten Themen stützt und diese umsetzt.
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Wir können Ihnen dazu zwei Links mit Büchern empfehlen, die von
Profis geschrieben wurden. Der erste Link ist eine Auswahl an Büchern
in deutscher und der zweite in englischer Sprache:
http://www.businessinsider.de/diese-16-buecher-muss-jeder-gelesen-haben-
meint-warren-buffett-2016-4
http://www.valuewalk.com/books/my-full-recommended-reading-list
Wir hoffen, es ist uns gelungen, Ihnen die zahlreichen Facetten des
Leerverkaufes näherzubringen und klar verständlich zu erläutern.
Das Autorenteam,
Februar 2017
9
Kapitel 1
Einführung
Lange Zeit war der Leerverkauf nur einer kleinen Minderheit von „eli-
tären“ Marktteilnehmern wie zum Beispiel Hedgefonds zugänglich.
Gewöhnliche Discountbroker boten Leerverkäufe gar nicht oder nur
sehr umständlich an. Heute jedoch kann bereits der Kleinanleger vom
Leerverkauf profitieren, sofern sein Broker ihm oder ihr diese Mög-
lichkeit bietet. Ob Leerverkäufe zu Ihrem Anlagestil passen und sich
das Auseinandersetzen mit dieser Thematik für Sie lohnt, lernen Sie in
den folgenden zwei Kapiteln.
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Was sind Leerverkäufe?
Der Leerverkauf (engl. short sale) ist im Prinzip nichts anderes als ein
Mittel, um von fallenden Kursen zu profitieren. Um die Funktionswei-
se genauer zu verstehen, betrachten Sie folgendes fiktives Beispiel:
Lassen Sie uns das eben genannte Beispiel mit Zahlen durchspielen:
Der Kurs des Unternehmens ist bei 100 Euro pro Aktie. Sie leihen Sich
500 Aktien und verkaufen diese sofort. Somit erhalten Sie 50.000 Euro
auf Ihr Konto. In vielen Fällen können Sie jetzt mit diesem Geld arbei-
ten. Dies hängt jedoch von Ihrem Leihvertrag mit der Depotbank bzw.
dem Broker ab. Auf jeden Fall haben Sie die Verpflichtung, diese Ak-
tien zu einem späteren Zeitpunkt zurückzugeben.
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Was sind Leerverkäufe?
Der Preis sinkt um 20%, also auf 80 Euro. Jetzt hat die Aktie ein Kurs-
niveau erreicht, bei dem Sie ihren Profit realisieren wollen. Sie kaufen
500 Aktien zu einem Stückpreis von 80 Euro, also zu einem Kaufpreis
von insgesamt 40.000 Euro. Die Leihe ist abgeschlossen, der Eigen-
tümer erhält seine Aktien zurück. Verrechnen wir Ihren Profit aus dem
Verkauf mit den Kosten des Rückkaufs, erhalten Sie die Differenz von
(+) 10.000 Euro, Ihren persönlichen Gewinn.¹
Sie leihen sich abermals 500 Aktien und verkaufen Sie zu je 100 Euro.
Aufgrund von Meldungen über Gewinn- und Umsatzsteigerungen er-
höht sich der Kurs auf 120 Euro. Sie müssen Ihre Position „glattstel-
len“, also decken Sie sich ein bei einem Preis von 120 Euro.
Ihr Verlust: 10.000 Euro.
Das Prinzip sollte nun klar sein: Der Leerverkäufer leiht sich bei seiner
Depotbank ein Wertpapier, um es unmittelbar danach zu verkaufen. Zu
einem späteren Zeitpunkt kauft der Short Seller – je nach Verlauf der
Aktie idealerweise mit Gewinn – zurück und gibt sie dem ursprüngli-
chen Verleiher wieder.
13
Was sind Leerverkäufe?
fig auch ein Mittel, um die Volatilität zu minimieren und sein Portfolio
vor Markteinbrüche zu schützen (hedging).
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Warum sollten Leerverkäufe ein
Bestandteil des Investmentstils sein?
Die Mehrheit der Bewertungen waren auf einem absurd hohen Level,
sodass ich kurz vor dem Sturz zahlreiche Positionen abgestoßen und
den Bargeldbestand auf über 40% erhöht habe. Das Resultat für das
Gesamtjahr war immer noch ein Plus von 20%, während die vergleich-
baren Indizes gegen einen Return von 0% tendierten. Damals hätte ich
sehr gerne die vollkommen überteuerten Werte leerverkauft oder zu-
mindest Put-Optionen erworben. Das war damals rechtlich nicht mög-
lich. Die sehr hohe Bargeldquote war meine einzige Alternative, das
Portfolio vor herben Verlusten zu schützen.
Nach dem Crash waren Aktientitel derartig günstig, dass ich kurze Zeit
später voll investiert war. Meine Performance konnte sich sehen lassen:
ein Plus von 35% im Jahr 1988. Zwar war das Resultat zu einem ge-
wissen Grad dem Glück gedankt, allerdings erforderte dieses „Manö-
ver“ auch ein hohes Maß an Geschick und Können. Von mehr als 100
Investmentfonds bei Fidelity gehörte der Broadcast & Media Fund zu
15
Warum sollten Leerverkäufe ein Bestandteil des Investmentstils sein?
den besten und ich erhielt dafür 1988 die Auszeichnung Top US Speci-
alty Fund von Lipper Analytical Services.
Lektion 1
Wer die Kunst des Leerverkaufes meistert, wird sowohl in Bären- als
auch in Bullenmärkten Profite erwirtschaften können.
Ich habe nie verstanden, wie meine Hedgefonds-Manager-Kollegen
rechtfertigen, von ihren Investoren horrende Gebühren zu verlangen,
während sie parallel eine miserable Performance liefern, vor allem in
fallenden Märkten. Ich bin der Meinung, wer das Standard-Gebühren-
Modell 2/20² berechnet, sollte eine absolute Performance aufweisen
und das in jeder Marktlage.
Ein weiterer Grund für das Anwenden von Leerverkäufen ist die Tat-
sache, dass sich die Performance in folgenden Bullenmärkten poten-
ziell vervielfachen kann, da Sie Ihr Kapital in der vorangegangen Bais-
se nicht nur geschützt, sondern idealerweise vermehrt haben.
Der Schlüssel zum langfristigem Anlageerfolg beruht nicht auf aus-
16
Warum sollten Leerverkäufe ein Bestandteil des Investmentstils sein?
Lektion 2
Leerverkäufe ermöglichen dem Anleger Schutz vor Verlusten (Kapi-
talerhaltung). Sehen Sie sich primär als Value Investor, sollten Sie den-
noch das Thema Short Selling nicht komplett abschreiben. Ihr Ziel ist
es, wie Warren Buffett treffend formulierte, einen Dollar zu kaufen,
aber nicht mehr als 50 Cent für ihn auszugeben.
Denken Sie an mein Fidelity-Beispiel. Durch das Erhöhen des Bar-
geldanteils konnte ich einen großen Teil meines Kapitals erhalten und
im Folgejahr auf „Schnäppchenjagd“ gehen, wodurch meine Gesamt-
performance sich nochmals verbesserte.
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Warum sollten Leerverkäufe ein Bestandteil des Investmentstils sein?
Lektion 3
Durch Leerverkäufe steht mehr Kapital zum Investieren zur Verfügung,
sei es durch Kapitalerhalt oder durch das Profitieren von fallenden Kur-
sen. Ein weiterer Vorteil ist die Tatsache, dass ein Kursverfall oder gar
Crash wesentlich schneller von statten geht als ein Kursanstieg. Grund
dafür ist, dass häufig in Fällen von Panik oder Manie die Markt-teilneh-
mer zu überhasteten Entscheidungen tendieren und Aktien aus Angst
verkaufen. Vereinzelt kommt es auch zu Kettenreaktionen, wenn auto-
matisierte Trading Programme ab einem gewissen Verlust – z.B. von
20% – durch sogenannte Stop-Loss-Mechanismen automatisch Sell-
Order abgeben. Dies führt oftmals zu weiteren Kursverlusten.
Lektion 4
Kurseinbrüche oder Marktcrashs arten häufig in Manie und Panik aus
und enden in einem stärkeren Kurssturz – zu Gunsten des Short Sellers.
In unserem Bestseller „Endspiel“ zeigen wir eine Vielzahl an Gründen
auf, warum es mit hoher Wahrscheinlichkeit bis 2020 zu einer mas-
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Warum sollten Leerverkäufe ein Bestandteil des Investmentstils sein?
Lektion 5
Die aktuellen Entwicklungen am Kapitalmarkt machen Leerverkäufe
besonders attraktiv. Die fünf eben genannten Lektionen sollten für Sie
verständlich sein. Wenn Sie jetzt skeptisch sind, können wir Sie verste-
hen. Wenn Leerverkäufe solch einen Mehrwert bieten, warum werden
Sie nicht flächendeckend von Klein- bis Großanleger angewandt?
Nur und immer short sein wäre schwachsinnig, denn langfristig entwi-
ckeln sich die Wirtschaft und der Gesamtmarkt positiv. Dauerskepsis
und permanente Weltuntergangs-Prophetie ist genauso unlogisch wie
blinde Euphorie. Der Baissier leidet zudem unter unbegrenzten Risi-
ken, weil eine Aktie theoretisch endlos steigen kann, aber nur begrenzt
fallen kann. Auch weist die Performance der short-only Fonds keine
sonderlich attraktive langfristige Performance auf.
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Warum sollten Leerverkäufe ein Bestandteil des Investmentstils sein?
erte, extrem riskante Titel wie zum Beispiel die Credit Suisse und die
Deutsche Bank im Jahr 2015, die sich trotz einer Aktienhausse im Fol-
gejahr mehr als halbierten. Wenn der Gesamtmarkt in eine tiefe De-
pression verfallen sollte, dann kollabieren in der Regel mehr als 90%
aller Börsentitel. In so einem Umfeld short zu sein, bedeutet oft sehr
schnell verdientes Geld.
20
Welche Risiken und Defizite weisen Leerverkäufe auf?
Obwohl der Leerverkauf bereits seit weit mehr als 100 Jahren prakti-
ziert wird, sind kaum Experten auf diesem Gebiet zu finden. Einer der
Gründe ist, dass diese Anlagestrategie, auch psychologisch, wesent-
lich mehr Können und Geschick benötigt als klassische buy-and-hold
Strategien. Zudem spielt das Timing (Eintritts- und Austrittspunkt) eine
größere Rolle. Im Folgenden listen wir auf, welche allgemeinen Risi-
ken ein Leerverkäufer kennen muss. Jede Industrie bzw. jeder Markt
weisen zusätzlich Sonderrisiken auf, aber einige dieser Themen wer-
den im späteren Verlauf des Buchs behandelt:
Short squeeze
Das mit Abstand größte und akuteste Risiko für den Shortseller ist ein
short squeeze. Hierbei handelt es sich um eine Marktsituation, bei der
der Kurs einer Aktie explosionsartig ansteigt und vor allem dann auf-
tritt, wenn eine Vielzahl von Spekulanten einen Wert leer verkauft hat.
Grund dafür ist die Angebotsknappheit einer Aktie.
Ein konkretes Beispiel für solch ein Szenario war die Volkswagen-Ak-
tie Ende Oktober 2008. Porsche gab bekannt, dass man samt Optionen
74,1% von VW hielt. Die Leerverkäufer spekulierten auf fallende Kur-
se und shorteten insgesamt ca. 12% aller VW-Aktien. Da der Kurs von
VW stieg, folgte ein Dominoeffekt: Die Leerverkäufer kauften Aktien
zurück, die Kurse stiegen höher und weitere Leerverkäufer mussten
Deckungskäufe tätigen. Das Resultat war fatal, da weniger als 6% der
21
Welche Risiken und Defizite weisen Leerverkäufe auf?
Aktien frei handelbar waren und die VW-Aktie dadurch innerhalb von
wenigen Tagen von ca. 200 Euro auf etwa 1.000 Euro stieg (siehe Ab-
bildung 1).
VW Aktie
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Welche Risiken und Defizite weisen Leerverkäufe auf?
Tagesumsatz
Unendlicher Verlust
Das eben genannte Beispiel resultierte in Milliardenverluste für die
Shortseller. Was ursprünglich als lukrativer Trade angesehen wurde,
endete in hohen Verlusten. Kaufen Sie eine Aktie, können Sie im Nor-
malfall maximal Ihren kompletten Einsatz verlieren. Im Falle des Leer-
verkaufes ist dies nicht der Fall, denn die Aktie könnte – zumindest in
der Theorie – unendlich lang steigen, aber „nur“ 100% an Wert verlie-
ren. Hätten Sie begonnen, die VW-Aktie bei 200 Euro leer zu verkaufen
und beispielsweise bei 1.000 Euro glattgestellt, hätten Sie einen Verlust
von 800 Euro pro Aktie, zuzüglich Gebühren. Daher: Achten Sie be-
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Welche Risiken und Defizite weisen Leerverkäufe auf?
sonders bei Werten, die bei Shortsellern en vogue sind, auf Liquidität.
Dieser Punkt ist vor allem psychologisch wichtig, denn ich habe mehr
Aktien gesehen, die auf null gefallen sind als Aktien, die auf Unend-
lich gestiegen sind.6
Bid-Ask Spread
Es ist essentiell, dass der Shortseller alle Aspekte seines Trades genau
beleuchtet. Dazu gehören auch vermeintlich „geringe“ Kosten, die ggfs.
die Profitabilität verringern. Schauen Sie sich folgende Abbildung 3 an.
Wenn Sie eine Aktie leer verkaufen, verkaufen Sie diese an den Käu-
fer zu einem Bid-Preis von 235,90 EUR für 10.000 Aktien. Da Sie
– sofern der Kurs nicht auf 0 sinkt – die Aktien wieder dem ursprüng-
lichen Besitzer zurückgeben müssen, kaufen Sie 10.000 Aktien zu ei-
nem Ask-Preis von 237,08 EUR. Die Differenz der beiden Werte ist
der Profit des Market Makers, aber ein Kostenpunkt für Sie.
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Welche Risiken und Defizite weisen Leerverkäufe auf?
Margin Call
Je nach Verlauf des Trades kann es dazu kommen, dass der Broker Sie
„bittet“, Kapital nachzuschießen, um Margin-Anforderungen zu erfül-
len oder im Falle eines höheren Verlustes, Ihre Position glattstellt. Für
Details zum Margin-Konto lesen Sie das Kapitel „Was benötige ich
für Leerverkäufe?“
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Welche Risiken und Defizite weisen Leerverkäufe auf?
Zweiter Punkt: Ähnlich wie bei normalen Aktienkäufen zahlen Sie auch
bei Leerverkäufen eine Kommission. Hierbei spielen mehrere Faktoren
eine Rolle: Aktienkurs, Handelsvolumen und Anzahl der frei handel-
baren Aktien. Ist eine Aktie von hohem „Short-Interesse“ oder gering
liquide, sind die Gebühren meistens höher. Abhängig von der Entwick-
lung Ihres Trades, besteht gegebenenfalls eine Nachschusspflicht. Die
Höhe und der Zeitpunkt sind von vielerlei Kriterien abhängig, insbe-
sondere von Ihrem Broker.
Daher: Vergleichen Sie eine Vielzahl an Broker und lassen Sie sich
genauestens beraten. Scheuen Sie sich nicht, unbequeme Fragen zu
stellen. Die Wahl eines geeigneten Brokers ist essentiell und darf nicht
unterschätzt werden, da eine Zwangsliquidierung aufgrund überlese-
ner Fußnoten finanziell äußerst schmerzhaft wäre.
Dividendenzahlung
Vergessen Sie nicht, dass Sie leerverkaufte Aktien nicht besitzen. Sie
haben daher auch keine Ansprüche auf Dividendenzahlungen – die Sie
an den Verleiher zahlen müssen – oder Stimmrechte. Es ist daher von
Vorteil, Aktien mit regelmäßiger Dividende zu vermeiden.
Priorität
Wird ein Unternehmen gemeinhin als angezählt angesehen oder ist das
Short-Interesse hoch (z.B. Tesla oder Netflix), werden Privatanleger
oftmals vernachlässigt. Nicht jeder Titel bietet genug Raum für alle
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Welche Risiken und Defizite weisen Leerverkäufe auf?
Turnaround
Erfolgreiche Restrukturierungen sind zwar selten, kommen aber vor. In
der Regel werden die meisten Unternehmen, die schlecht wirtschaften,
noch einige Zeit künstlich am Leben gehalten. Bevor ein Phönix aus
der Asche steigt, sollte der Short Seller daher schleunigst seine Aktien-
leihe tätigen.
Bullenmarkt
In einem Markt, der langfristig steigt, scheint der Leerverkauf kon-
traintuitiv. Bedenken Sie aber, dass es seit Jahrhunderten regelmäßig
zu Marktkorrekturen oder Crashs kommt, welche die vorangegange-
ne Hausse und damit potenziell Ihr Vermögen in wenigen Tagen ver-
schwinden lässt. Unabhängig davon kommt es in Bullenmärkten auch
zu Ereignissen, die relativ unabhängig vom Marktumfeld sind.
Man denke an einer der größten Unternehmensskandale im Jahre 2001,
die Bilanzfälschung Enrons (ironischerweise als „The World’s Greatest
Company“ tituliert).
Egal wie richtig Ihre Analyse ist, die Dotcom-Blase in den 90er Jahren
ist ein Beweis dafür, dass beim Leerverkauf das Timing im Vergleich
27
Welche Risiken und Defizite weisen Leerverkäufe auf?
28
Welche Risiken und Defizite weisen Leerverkäufe auf?
Vor allem Aktien aus der „New Economy“ sind volatil und reagieren
empfindlich auf Ankündigungen jener Star-CEOs. Für Marketing-Ge-
nies à la Elon Musk sehr vorteilhaft, für Leerverkäufer fatal, da alleine
die Meldung überraschend guter Quartalszahlen – unabhängig von ei-
ner rigorosen Überprüfung ihrer Richtigkeit – Sie aus Ihrem Trade he-
rauswerfen könnten.
Buy-in
Ihr Broker darf Sie zwingen, Ihre Short-Position zu schließen. Dies ge-
schieht häufig dann, wenn der Broker nicht genug Aktien zur Deckung
der Leerverkäufer zur Verfügung hat. Um schwerwiegendere Konflikte
zu vermeiden, werden bevorzugt weniger wichtige Kleinanleger zum
Buy-in gezwungen anstelle von Top-Klienten (z.B. Hedgefonds).
In einer schweren Börsenkrise wie 2008 haben Goldman Sachs und
Morgan Stanley die Margin-Anforderungen (margin requirements)
einseitig für alle Kunden vom einen auf den anderen Tag erhöht.
Viele Kunden hatten nicht das notwendige Kapital, um nachzuschies-
sen und die Anforderungen zu erfüllen. Die Konsequenz war, dass et-
liche Positionen zwangsliquidiert wurden.
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Welche Risiken und Defizite weisen Leerverkäufe auf?
Bandwagon-Effekt
Zeigt ein Sektor bzw. Unternehmen erste Schwächen, erhöht sich oft-
mals die Anzahl der Leerverkäufe gegen ein Unternehmen. Vor allem
wenn Hedgefonds größere Aktienpakete auf den Markt werfen, kommt
der Kurs unter Druck. Da allein das Bekanntwerden solcher Nachrich-
ten sich teilweise signifikant auf den Aktienkurs auswirkt, schließen
Hedgefonds ihre Positionen zügig. Je nach Liquidität und Handelsvolu-
men kann es zu nicht unerheblichen Preisschwankungen kommen.
Seien Sie gewarnt: Was für kurze Zeit als Sieg gefeiert wird, kann rasch
in Verluste umschlagen. Nehmen Sie Gewinne lieber mit, als Verluste
durch ggfs. entstehende Short squeezes zu realisieren.
Nehmen wir den Kurssturz der Deutschen Bank innerhalb eines Jahres
von 30 Euro auf zehn Euro. Bei 10 Euro bekamen wir ein Dutzend An-
fragen von Investoren, ob sie jetzt die Deutsche Bank shorten sollten. Zu
diesem Zeitpunkt gab es bereits eine Flut von schlechten Nachrichten,
die bereits im Kurs enthalten waren. Wo waren diese Zocker bei den viel
höheren Kursen? Wenn der Markt einen Konsens gebildet hat und fast al-
les Schlechte bereits im Kurs abgebildet ist, warum sollte man dann noch
short gehen? Okay, die Deutsche Bank könnte auch zu Lehman Brothers
mutieren, aber wie hoch war diese Chance kurzfristig? Vielleicht 20%.
Andererseits kann sich der Kurs auch auf 15 Euro erholen. Wir fragten
uns eher, ob das Chancen-Risiko-Verhältnis bei einem Kurs von 10 Euro
nicht eher interessant für eine Long-Position wäre. Unseren Investment
Coaching Kunden haben wir gesagt, dass das „smart money“ gerade
ihre Leerverkauf-Positionen eindeckt und dass gewisse Hedgefonds
30
Welche Risiken und Defizite weisen Leerverkäufe auf?
Aktien kaufen. Also entweder Finger weg, weil die Bank für uns zu
undurchsichtig und riskant ist oder spekulativ kaufen.
Ein anderer Fall war KUKA. Die Aktie war bei 80 Euro aus fundamen-
taler Sicht mehr als fair bewertet, aber chinesische Investoren wollten
das Unternehmen wortwörtlich um jeden Preis. Dies war ein Blutbad
für Shortseller, weil die KUKA-Aktien in wenigen Tagen von 85 auf
110 Euro stieg.
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Welche Risiken und Defizite weisen Leerverkäufe auf?
Denken Sie immer daran, dass bei einer Long-Position temporäre Ver-
luste – vor allem beim sogenannten Value Investing – nahezu irrelevant
sind. Bei Leerverkäufen ist dies ein weiterer Risikopunkt: Steigt der
Kurs einer Aktie temporär, erhöht sich die Gefahr eines Margin Calls.
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Welche Risiken und Defizite weisen Leerverkäufe auf?
Rechtskosten
Sollten Sie Ihre Short-Position öffentlich bewerben, könnten Sie ge-
gebenenfalls Opfer von Klagen werden, die Ihnen vorwerfen, Kurse
zu manipulieren. Beachten Sie daraus resultierende Kosten, vor allem
wenn es sich um Positionen mit geringem Profipotenzial handelt.
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Welche Risiken und Defizite weisen Leerverkäufe auf?
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Welche Risiken und Defizite weisen Leerverkäufe auf?
Möglicherweise sind Sie geschockt von der Anzahl der Risiken und
den Hürden, die ein Leerverkäufer überwinden muss. Gewissermaßen
verständlich! Allerdings sollten Sie nun auch besser verstehen, warum
es nur so wenige Investoren gibt, die Leerverkäufe langfristig erfolg-
reich anwenden konnten bzw. können.
Es erfordert vor allem ein Höchstmaß an Disziplin und Präzision, um
einen erfolgreichen Leerverkauf durchzuführen. In einem langfristig
steigenden Markt wird jeder durchschnittliche Gymnasiast Geld ver-
dienen können. Wer dies aber auch in schwachen Wirtschaftsphasen
von sich behaupten kann, ist ein echter Profi.
Verstehen Sie: Sehr viel Übung und Können ist notwendig, um mit
Leerverkäufen erfolgreich zu sein. Der Fleiß wird sich garantiert aus-
zahlen. Wäre ich heute noch aktiv in der Vermögensverwaltung tätig,
würde ich zur Höchstform auflaufen. Die Parallelen zum 1929er Crash
werden immer offensichtlicher. Die Trump-Manie erinnert uns an die
Herbert Hoover-Manie. Alle wesentlichen und verlässlichen Bewer-
tungsparameter stehen auf Orange oder Rot. Es ist auch ziemlich egal,
ob die Short-Positionen zwei oder drei Jahre dauern sollten. Solange
meine Leihkosten nicht zu hoch sind, können Sie Schrottwerte shor-
ten und ein qualitativ hochwertiges Portfolio von Value-Aktien gegen-
überstellen. Wenn die Krise eintritt, fallen die Schrottwerte ohnehin
sehr viel mehr als die Investment-Perlen. Momentan erachten wir ein
Verhältnis zwischen 40% Long und 60% Short für angemessen.
35
Was benötige ich für Leerverkäufe?
Bei der Aktienleihe müssen sie sehr genau auf alle Modalitäten und
Kosten achten.
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Was benötige ich für Leerverkäufe?
• Rechnet sich der Leerverkauf noch, wenn ich alle diese Kosten in
Betracht ziehe?
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Was benötige ich für Leerverkäufe?
und ihre Gewinne größer werden, wenn die Aktie fällt. Falls Sie mit
Leverage arbeiten wollen, müssen Sie wissen, bei welchem Verlust ein
Margin Call eintreten wird.
Ein Margin Call bedeutet, dass die Depotbank bzw. der Broker mehr
Sicherheiten für diese Transaktion einfordert. Dies bedeutet in der Re-
gel, dass Sie der Depotbank bzw. dem Broker mehr Kapital zukommen
lassen müssen. Falls das Unternehmen während der Zeit der Aktien-
leihe eine Dividende zahlt, steht diese dem Eigentümer und nicht dem
Leerverkäufer der Aktien zu. Für diese Dividende sind daher Sie ver-
antwortlich und Sie zahlen! Das kann bei hohen Dividenden sowie bei
Sonderdividenden teuer werden.
Aus heutiger Sicht sind die beiden einzigen Broker, die für den deut-
schen Investor in Frage kommen, CapTrader oder Interactive Brokers.
https://www.captrader.com/de/
https://www.interactivebrokers.com/de/home.php
Wir sprechen hier weder eine Empfehlung aus, noch genießen wir ir-
gendeinen Vorteil dadurch, dass wir diese beiden Broker erwähnen. Wir
empfehlen Ihnen, Ihre eigenen Hausaufgaben zu machen und die Kos-
ten und Dienstleistungen beider Gesellschaften genauestens zu prüfen.
Eines ist klar: Wir kennen viele sehr professionelle Investoren, die mit
diesen Gruppen zusammenarbeiten. Eine praktische Umsetzung von
Leerverkäufen mit den Tools werden wir noch dieses Jahr in einem E-
Paper umsetzen.
38
Sind Leerverkäufe moralisch verwerflich?
39
Sind Leerverkäufe moralisch verwerflich?
Nun ist es aber so, dass die meisten Short-Positionen meist aufgrund
betrügerischer oder hochriskanter Praktiken erfolgreich sind:
40
Sind Leerverkäufe moralisch verwerflich?
41
Kapitel 2
Die Mechanismen des
Leerverkaufes
Ein besonderes Merkmal bei inversen ETFs ist jedoch die sogenann-
te Pfadabhängigkeit. Nehmen wir einen gewöhnlichen Long ETF, der
einen beliebigen Index abbildet, zum Beispiel den DAX und einen in-
versen oder Short ETF. Beide ETFs haben zu Beginn den Wert 500. Am
ersten Handelstag steigt der Index um 5%, also hat der Long ETF nun
einen Wert von 525 und der Short ETF 475. Am zweiten Handelstag
erreicht der Index wieder den Wert 500, also ein Rückgang von rund
4.76%. Der Short ETF wird im Wert steigen (+4.76%), allerdings nicht
auf den Wert 500 kommen, denn er ist zuvor auf 475 reduziert worden.
Ein Anstieg um 4.76% resultiert in einem Wert von rund 497.6.
43
Profitieren von fallenden Kursen - Leerverkäufe, inverse ETFs und Derivate
Bei diesem Beispiel handelt es sich um einen Zeitraum von zwei Han-
delstagen und daher um überschaubare Differenzen. Je länger jedoch
der Zeitraum, desto größer ist die Diskrepanz zwischen eigentlicher
Entwicklung des Index und Entwicklung des Short ETFs.
Der größte „Nachteil“ bei Futures für den Privatanleger sind die sehr
großen Kontraktgrößen. Der Wert eines Terminkontrakts auf den DAX
beträgt zum Beispiel 25 Euro pro Index-Punkt. Bei einem Wert von
10.000 entspricht dies 250.000 Euro. Dadurch, dass Sie auch hier Si-
cherheitsmargen hinterlegen müssen, können schon Kosten im fünf-
stelligen Bereich für einen einzigen Kontrakt entstehen.
Interessant sind die sehr geringen Kosten bei Futures-Kontrakten. Hier
entsteht ein Preis ohne Market Maker, also keine klassische Preisspan-
ne zwischen Geld und Brief. Nicht alle Futures haben einen so hohen
Kontrakt-Gegenwert wie der Bund oder DASX Future. Weil der Kapi-
taleinsatz gelegentlich sehr hoch sein kann, sind Futures eher für den
betuchten, professionellen Privatanleger geeignet.
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Profitieren von fallenden Kursen - Leerverkäufe, inverse ETFs und Derivate
CFDs können mit und ohne Hebel gehandelt werden und haben dadurch
nicht nur ein Totalverlustrisiko, sondern auch eine Nachschusspflicht.
Anders als bei Futures ist die Kontraktgröße geringer und dadurch auch
dem Privatanleger zugänglich.
Beim CFD auf eine Aktie sind Sie nicht der Besitzer einer Aktie, son-
dern Inhaber eine Forderung. Dies hat den Vorteil, dass Sie nicht nur
Long (kaufen Sie einen CFD), sondern auch Short (verkaufen Sie ei-
nen CFD) gehen können. Ein weiterer Vorteil gegenüber Futures ist die
unbegrenzte Laufzeit (Ausnahme: CFDs auf Futures). Dies beinhaltet
dennoch Kosten für Sie, wenn Sie Ihre Positionen zum Beispiel für
einen längeren Zeitraum halten. Auch hier gibt es von Broker zu Bro-
ker Unterschiede. Ein maßgeblicher Grund, warum für einige Anleger
CFDs besonders attraktiv wirken, ist die Hebelwirkung:
45
Profitieren von fallenden Kursen - Leerverkäufe, inverse ETFs und Derivate
Dasselbe Prinzip gilt beim Index-CFD, nur hier ist der Hebel 100 und
der Gewinn hat sich verhundertfacht.
All die bereits erwähnten Produkte setzen einen hohen Grad an Know-
How und eine durchdachte Risikomanagement-Disziplin voraus. Für
Anleger mit „Waffenschein“ könnten vor allem Put-Optionen eine her-
vorragende Möglichkeit sein, um ihr Portfolio gegen sogenannte Tail
Risks zu schützen oder sehr hohe Gewinne einzufahren. Allerdings ent-
sprechen diese Vehikel weder unserem Anlagestil noch -horizont. Wir
schließen Put Optionen nicht kategorisch aus, allerdings sind wir nicht
46
Profitieren von fallenden Kursen - Leerverkäufe, inverse ETFs und Derivate
Die Kurse für Put- und Call-Optionen werden nicht nur durch Ange-
bot und Nachfrage ermittelt, sondern basieren auf relativ komplexen
Bewertungsmethoden wie dem Black-Scholes-Model. Allgemein gilt,
dass das Pricing einer Option auf der aktuellen und historischen Vola-
tilität des unterliegenden Werts basiert. Wenn eine Aktie sehr volatil
ist, wird die Option über den Verlauf seiner Lebensdauer mit starken
inhärenten Kosten belastet. Diese können leicht 40% betragen. Das
bedeutet, dass der Zeitwert Ihrer Option um 40% fällt, wenn der Kurs
sich nicht bewegt.
Allgemein gilt, dass circa 90% der erworbenen Optionen wertlos ver-
fallen. Andererseits ist der Hebeleffekt bei gewissen Optionen und
Optionsscheinen zwanzigmal und höher als bei einem ungehebelten
Leerverkauf. Das bedeutet, wenn Sie ausnahmsweise mal bei ihrer Ein-
schätzung richtig liegen und das Timing perfekt ist, Ihnen vielleicht
sensationelle Gewinne winken. Aber darauf verlassen können Sie sich
nicht, weil der Market Maker Ihnen einfach die notwendige Liquidität
verwehrt oder Preise stellt, die in keiner Weise berechtigt sind.
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Profitieren von fallenden Kursen - Leerverkäufe, inverse ETFs und Derivate
bei Ablauf in eine ähnliche Put-Option um. In der Regel sind die jähr-
lichen Kosten dieser Put-Optionen deutlich geringer als bei längerfris-
tigen out-of-the money Optionen mit hohem Hebel.
Der Profi-Trader vergleicht dann die Kosten dieser Put-Option mit den
Kosten einer vergleichbaren Leerverkauf-Transaktion und entscheidet
sich für die liquideste und kostengünstigste Variante.
Ich war jahrelang als Options- und Derivate-Experte durch die ameri-
kanische Aufsichtsbehörde legitimiert und verstehe einiges von dieser
Thematik. Trotzdem ist dies ein Casino, in dem meistens nur der Be-
treiber verdient. Wollen Sie sich das wirklich antun?
In der Regel sind die jährlichen Kosten für eine gewöhnliche Aktien-
leihe zwischen 2% und 5% und demnach weitaus günstiger als Kosten
von 30% bei Optionen im selben Zeitraum.
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Investmentdisziplin
Ihr Ziel könnte sein, ein Portfolio zu entwickeln, das unabhängig von
der Marktlage sowohl bei steigenden und fallenden Kursen eine posi-
tive und absolute Performance aufweist. Um dies zu erreichen, müssen
Sie einige essentielle Regeln verinnerlichen, die allgemein-gültig sind.
Die erste Regel lautet, dass Sie niemals ein Wertpapier auf Empfeh-
lung kaufen, solange Sie das Chancen-Risiko-Verhältnis nicht eigen-
ständig verifiziert haben. Das minimale Verhältnis sollte 2-1 sein, bes-
ser 3-1 und idealerweise 5-1 oder mehr.
Im ersteren Fall bedeutet dies, Sie riskieren einen Euro, um zwei Euro
zu erwirtschaften. Im zweiten Fall riskieren Sie ebenfalls einen Euro,
allerdings mit der Möglichkeit, drei Euro zu erwirtschaften und so wei-
ter. In anderen Worten bedeutet ein Chancen-Risiko-Verhältnis von 5-1,
dass Sie in 80% der Fälle falsch liegen können und dennoch gewinnen,
wenn Sie in 20% der Fälle im Recht sind.
Es versteht sich daher: Je besser ein Chancen-Risiko-Verhältnis, desto
attraktiver ist ein Investment.
Ich habe im Laufe meiner Karriere eine Strategie entwickelt, die bis
heute leider nur von sehr wenigen Investoren konsequent und diszipli-
niert angewandt wird, die Competitive Verification. Es handelt sich
hierbei – in Anlehnung an Michael Porters Competitive Advantage
– um überlegene Recherche-Methoden, bei der nicht nur Informatio-
nen von Firmenchefs und Investment-Publikationen gesammelt wer-
den, sondern von einer Vielzahl von Marktteilnehmern: Frühere und
49
Investmentdisziplin
Oft stellt sich die Frage, ob man eine Short-Position aufstocken sollte,
die gegen einen läuft. Wenn Sie einen analytischen Vorteil haben und
sich Ihrer Sache sehr sicher sind, kann man das machen. Allerdings
sollten Sie nicht weniger als fünf Positionen halten und dadurch alles
auf eine oder zwei Karten setzen.
Als Mittfünfziger bin ich immer noch ein Fan von konzentrierten Port-
50
Investmentdisziplin
folios mit nicht mehr als zwanzig Kernwerten (core position), bei de-
nen ich wirklich weiß, warum ich long oder short bin. Ergo bin ich mir
sicher, dass ich mehr weiß als der Großteil der Marktteilnehmer. Das
liegt aber auch an meinem Alter und Risikoprofil. Als aufstrebender
junger Investor hielt ich nie mehr als fünf Aktien, am besten nur drei.
Falls meine Ideen nicht absolut überzeugend waren, hielt ich Cash, bis
sich eine vielversprechende Situation ergab.
Generell gilt:
Be disciplined. Do not get greedy. Cut your losses and protect your
capital and let your profits run.
(Seien Sie diszipliniert. Schützen Sie Ihr Kapital (durch Stop Loss) und
lassen Sie Ihre Gewinne laufen.)
Es gibt zwei weitere Hinweise, die wir als enorm wichtig erachten. Si-
cherlich kennen alle die Stop-Loss-Order (SLO). Aber wie wichtig
ist es, bereits bestehende Gewinne sicherzustellen? Das nennen wir die
Lock-in-Profit-Order (LPO).
51
Investmentdisziplin
Ich kaufe Fielmann Aktien bei 50 Euro mit einem Kursziel von 70. Ich
sehe mein Kursrisiko bei 40 Euro. Das ergibt ein Chancen-Risiko-Ver-
hältnis von 2:1. Die Aktie steigt auf 65 Euro und fällt dann wieder auf
50 Euro zurück: nichts gewesen außer Spesen.
Die richtige Strategie wäre eine Lock-in-Profit-Order bei 60 Euro. Das
bedeutet, wenn der Kurs 60 Euro unterschreitet, verkaufen Sie und si-
chern sich circa 10 Euro Gewinn. Übrigens, ist Ihnen aufgefallen, dass
Fielmann Aktien bei einem Kurs von 60 Euro ein unattraktives Chan-
cen-Risiko-Verhältnis haben?
In vielen Fällen ist nichts die richtige Option, vor allem wenn die Chan-
cen-Risiko-Verhältnisse schwammig sind. Ich investiere in der Regel
nur dann, wenn ich mir im Klaren darüber bin, warum ich eine Aktie
kaufe oder eine andere leer verkaufe.
Denken Sie daran, dass einer der Hauptziele die Erhaltung von Kapital
52
Investmentdisziplin
ist und gezwungene Investments nicht zielführend sind. Bei Ihrer Port-
folio Struktur sollten Sie immer darauf achten, wie long oder wie short
Sie positioniert sind und mit welchem Hebel (der Wert ihrer Long und
Short Position geteilt durch Ihr Anlagekapital).
Insgesamt halte ich sehr wenig von stark gehebelten Investment Port-
folios („too much leverage is too risky“). Stetige Gewinne und Divi-
denden, exzellentes Stock-Picking, geringe Transaktionskosten, Ver-
lustvermeidung bzw. die Fähigkeit, in schwachen Märkten Geld zu
verdienen, gehören zu den wichtigsten Faktoren für exzellente, lang-
fristige und risikoadjustierte Performance. Um einen Verlust von 50%
aufzuholen, muss ein Portfolio um 100% steigen.
Deswegen achten Sie bitte auf Ihr Risikoprofil. Achten Sie auf ein Min-
destmaß an Diversifizierung. Sie müssen auch verstehen, dass Ihr Ka-
pital durch Stop-Loss-Disziplin geschützt werden muss, damit Sie wei-
terhin mit dem Rohstoff Geld arbeiten können.
53
Psychologie
Als Leerverkäufer müssen Sie einen starken Magen für Volatilität und
kurzzeitige Verluste haben. Börsen steigen über einen langfristigen
Zeitraum und das Sentiment im Markt ist überwiegend positiv.
Keynes sagte, die Märkte sind länger irrational als Sie solvent bleiben
können. Ein sehr wichtiges Statement, denn selbst wenn Sie einen ver-
meintlich brillanten Short-Kandidaten finden, kann es Monate, wenn
nicht Jahre dauern, bis der Markt dies realisiert. Es ist daher von höchs-
ter Bedeutung, Auslöser oder Events zu identifizieren, die den Prozess
beschleunigen. Es gibt eine Vielzahl von diesen, die entweder das Un-
ternehmen selbst, den Sektor oder den Gesamtmarkt betreffen.
Außer in Bärenmärkten schwimmen Sie stets gegen den Strom und das
ist kontraintuitiv. Sie müssen daher konträr denken und sämtliche Fak-
ten auf den Prüfstand stellen. Die Mehrheit der Anleger vertraut auf
Aussagen des Managements (Agency Problem) oder Analyseberichte.
Das Herdendenken ist ein weiteres Risiko für den Short Seller, da re-
sultierende Kursentwicklungen oftmals fundamental nicht gerechtfer-
tigt, sondern rein markttechnisch basiert sind. Übertreibung, Panik oder
Euphorie sind die Natur der Märkte und führen oftmals zu kurzzeitigen
Kursentwicklungen, die den emotionalen Short Seller an seinen Posi-
tionen verzweifeln lässt. Es ist daher ratsam, sich ausschließlich auf
Unternehmen zu konzentrieren, die von einem fundamentalen Problem
oder gar mehreren bedroht sind.
54
Psychologie
Als Privatanleger ist Ihnen ein Tool fast gänzlich verwehrt: Das akti-
ve Bewerben Ihrer Position. Marketing ist ein hervorragendes Mittel,
das vor allem bei US-amerikanischen Investoren beliebt ist, um auf
Missstände in Unternehmen aufmerksam zu machen. Mir wurde etliche
Male bei großen Short-Positionen wie MLP, WCM und Bremer Vulkan
„aktive Sterbehilfe“ vorgeworfen. Die Unternehmen hatten sich aus-
nahmslos selber heruntergewirtschaftet und in einigen Fällen viel zu
liberal bilanziert. Ich habe „nur“ auf diese Missstände hingewiesen.
55
Black Swans als Chance oder Risiko
Beispiele hierfür sind das Internet, die Terroranschläge vom 11. Sep-
tember 2001 oder das Attentat auf Franz Ferdinand 1914 samt Folgen.
Streng genommen sind Black Swan Events per Definition nicht vor-
hersehbar, allerdings werden Ereignisse wie die Finanzkrise ab 2007
auch als Schwarzer Schwan bezeichnet.
Eine erweiterte Definition ist daher auch: Ereignisse, die von einer gro-
ßen Menge unvorhergesehen waren. Einige nennen solche Gescheh-
nisse „Grauer Schwan“.
Sicherlich fragen Sie sich, warum solche Events in diesem Buch the-
matisiert werden. Schwarze Schwäne tauchen in unregelmäßigen Ab-
ständen immer wieder auf, ob wirtschaftlicher, (geo-)politischer oder
gar biologischer Natur. Ihre Konsequenzen sind so weitreichend, dass
ihr Vorkommen für Short Seller von höchster Relevanz ist.
Hierzu möchten wir zwei Beispiele anführen, zum einen die Wahl von
US-Präsident Donald Trump und den Brexit.
56
Die Wahl des US-Präsidenten
Donald Trump - Risiko
Im Vorfeld der US-Wahlen wurde Donald Trump von der Mehrheit der
Medien dämonisiert und gemeinhin als Außenseiter angesehen. Einen
ernsthaften Wahlerfolg hat ihm kein Mainstreammedium so wirklich
zugetraut. Auch sogenannte „Meinungsforscher“ sahen Hillary Clin-
ton als klare Favoritin, trotz des Brexits als „Warnschuss“ gegen das
Establishment.
Für uns war Trump von Beginn an ein reelles Risiko (siehe „Endspiel“),
wenn auch nicht so schwerwiegend wie der Brexit. Seine populisti-
schen Aussagen sollten kritisch betrachtet werden, denn wie heißt es
so schön: „Es wird nichts so heiß gegessen, wie es gekocht wird.“
Hillary Clinton war bei der Mehrheit der Wall Street die favorisierte
Kandidatin. Der Grund ist simpel, denn ihre Entscheidungen wären
berechenbar gewesen. Trump hingegen ist der Cowboy und seine Ent-
scheidungen wurden als unvorhersehbar bewertet.
In anderen Worten: Trumps Entscheidungen bedeuten Unsicherheit und
Märkte hassen Volatilität.
57
Die Wahl von US-Präsident Donald Trump - Risiko
58
Die Wahl von US-Präsident Donald Trump - Risiko
59
Brexit - Chance
Der Brexit war streng genommen kein Schwarzer Schwan, eher dun-
kelgrau, denn ein Ausstieg aus der EU war durchaus realistisch, wenn
auch unerwartet. Wie im Beispiel Trump gilt auch hier, dass Märkte
Unsicherheit verabscheuen. Von dieser Unsicherheit konnte der Leer-
verkäufer profitieren und das sogar mit besseren Chancen- Risiko-Ver-
hältnissen als bei der Wahl des US-Präsidenten.
60
Brexit - Chance
Aber auch hier sind die Kursveränderungen plausibel: Der Pfund hat
gegenüber dem US-Dollar massiv an Wert verloren, die „Krisenwäh-
rung“ Gold hat ca. 8% zugelegt, ebenso wie der japanische Yen. Ein
erstarkter Yen wirkt sich negativ auf asiatische Exporteure aus, wes-
halb der Nikkei um ca. 8% fiel. Der wichtigste britische Aktienindex
FTSE 100 verlor mehr als 8% an Wert, insbesondere Bankenwerte lit-
ten unter dem Brexit.
Knapp ein Jahr danach befinden sich die meisten Werte auf dem Vor-
krisenniveau und Anleger haben sich vom kurzzeitigen Schreck er-
holt. Wer sich vor dem Brexit richtig positioniert hat und gegen den
allgemein erwarteten Ausgang gewettet hat, dürfte ansehnliche Ge-
winne erwirtschaftet haben. Durch den Brexit ergaben sich aber auch
Opportunitäten für Value-Investoren, insbesondere bei britischen Ak-
tientiteln.
61
Antizipation & Positionierung
Profitieren Sie von diesen. Der Brexit und die Wahl des US-Präsiden-
ten sind gute Beispiele, um kurzfristig von Panik und Übertreibung zu
profitieren. Ereignisse mit solchen Auswirkungen sind manchmal vor-
hersehbar (z.B. Brexit), manchmal jedoch gänzlich überraschend (z.B.
Terroranschläge). Handelt es sich wie beim Brexit um Graue Schwä-
ne, ist es empfehlenswert, sich dementsprechend zu positionieren und
Kursentwicklungen zu antizipieren. Solche Trades sind natürlich nicht
gänzlich ohne Risiko, allerdings ist das Chancen-Risiko-Verhältnis Ih-
nen opportun.
Nach dem EU-Referendum verlor das Pfund gegenüber dem US-Dollar
ca. 11% an Wert. Wie wäre aber die Kursentwicklung beim Verbleib?
Sicherlich nicht eine Steigerung um 11%.
Das Jahr 2017 bringt einige Schwarze Schwäne mit sich. Nur sind diese
schwarzen Schwäne mittlerweile Bestandteile der allgemeinen Wahr-
nehmung geworden und somit ist der negative Überraschungsfaktor si-
gnifikant gefallen. Unerwartete Wahlerfolge von rechten Parteien oder
Referenda ermöglichen überdurchschnittliche Profite für den Short Sel-
ler.
62
Antizipation & Positionierung
Halten Sie Ausschau nach solchen Möglichkeiten, aber denken Sie lie-
ber an das noch Undenkbare wie zum Beispiel einen großen Banken-
Kollaps oder einen Bailout in China, einen Handelskrieg zwischen
China, Mexiko und den USA, eine überraschende Renminbi Abwer-
tung, einen unerwarteten Krieg mit dem Iran, einen Schuldenverzicht
in Griechenland oder einen Banken-Kollaps in der Türkei. Seien Sie
skeptisch gegenüber „Meinungsforschern“, Massenmedien, Politkern,
Marktkommentatoren, Zentralbankern und anderen Mainstream-Mei-
nungsbildnern. Diese Propaganda-Outlets sind oftmals konfliktbehaf-
tet und haben meistens einen schlechten Track Record bei der Früh-
erkennung von Investment-Blasen und bevorstehenden Crashs.
63
Risikomanagement
64
Risikomanagement
30 Euro. Das war immer noch ein Verlust von 6%, aber noch weit von
der Stop-Loss-Marke von 36 Euro (minus 20%) entfernt.
Ein anderer Trader wollte nicht nur short Deutsche Bank sein. Er mein-
te, der Gesamtmarkt könnte steigen und die Deutsche Bank nach oben
mitziehen. Er war sich nicht sicher, ob das Desaster-Szenario bei der
Deutschen Bank wirklich eintreten würde. Deswegen suchte sich dieser
Trader eine vergleichbare große Universalbank, um sein Risiko beim
Deutsche-Bank-Short abzusichern. Die Idee für diesen Trade war, JP
Morgan (JPM)-Aktien zu kaufen; also eine gut geführte, hochprofitable
Bank mit solidem Eigenkapital und die Deutsche Bank leer zu verkau-
fen; eine unprofitable, schlecht geführte Bank mit erheblichen Risiken.
Fakt ist, dass beide Banken in dieser Phase Kursverluste erlitten, ob-
wohl der Gesamtmarkt stabil war. Der reine Leerverkäufer verdiente
zwar mehr als der Pair Trader, aber sein Risiko war höher.
65
Risikomanagement
Deutsche Bank
JP Morgan
9. Drei-Jahres-Performances JP Morgan10
66
Risikomanagement
Nicht alle Pair Trades reduzieren das Risiko. Man kann mit einem
schlechten Hedge auch das Risiko erhöhen, also auf der Long und der
Short Position Geld verlieren. Oft sichern Leerverkäufer ihre Short-
Position auch mit Index Futures ab. In diesem Fall wären auch Futures
auf diverse Bank Indizes geeignet gewesen.
Bei Futures kann man auch short gehen, aber das ist nur bei wenigen
Aktien möglich. Generell ziehen wir vor, bei höchster Qualität long zu
sein und Schrottwerte zu shorten. Mittelfristig und langfristig ist die
Kursperformance der Qualitätsaktien (Wertschöpfer, Value Creators)
wesentlich besser als die der Schrottwerte (Value Zerstörer, Value Des-
troyer). Im Englischen sagt man zwar „every dog has his day“, aber
prinzipiell sollten Sie sich als Long-Investor von den Aktien fern hal-
ten, die nicht nachhaltig Ihre Kapitalkosten (Eigen- und Fremdkapital)
erwirtschaften. Das Timing ist extrem wichtig und man sollte crowded
trades vermeiden, weil zu viele Profis, meistens zu viel besseren Kur-
sen, bereits in diesen Trades positioniert sind.
67
Technische Analyse
Oft erreichen uns Anfragen zur technischen Analyse, gepaart mit der
Frage, ob diese sinnvoll ist oder nicht. Diese Frage lässt sich pauschal
nicht beantworten, da sie von mehreren Faktoren abhängig ist.
Die technische Analyse, auch genannt Chartanalyse, ist eine rein sta-
tistische Analyse, bei der Fundamentaldaten der Unternehmen irrele-
vant sind und ignoriert werden. Basierend auf historischen Kursver-
läufen werden Trading-Entscheidungen gemacht.
Eine Grundannahme bei diesem System ist, dass alle Informationen, die
für den zukünftigen Kursverlauf nötig sind, in den historischen Werten
enthalten sind. Primäres Ziel ist die Ermittlung des idealen Einstiegs-
punktes (entry point, Kauf) und des Ausstiegspunkts (exit point, Ver-
kauf).
Eine weitere Annahme ist, dass sich die Geschichte wiederholt oder
zumindest reimt. Das bedeutet, der Trader wird, wenn er ein Muster
aus der Vergangenheit erkennt, sich in Antizipation dieses Ereignisses
dementsprechend positionieren. Gerade weil eine Vielzahl von Tra-
dern sich dieser Analysetechnik bedient, kann man der Chartanalyse
eine Daseinsberechtigung zusprechen. Das Verhalten der Märkte wird
durch das Verhalten der Menschen beeinflusst und wenn eine Vielzahl
an Tradern den Mustern folgt, dann wird der Trend – zu einem gewis-
sen Grad durch selbsterfüllende Prophezeiung – den Erwartungen fol-
gen. Ein erfolgreicher Hedgefonds-Manager, der diese Analysetechnik
erfolgreich anwendet, ist Paul Tudor Jones.
68
Technische Analyse
Nun ist es so, dass die technische Analyse eigentlich ein weitreichen-
der Begriff ist. Dazu gehören das einfache „Charten“, aber auch hoch-
komplexe mathematische Modelle oder automatisiertes Trading durch
Algorithmen. Einer der erfolgreichsten Hedgefonds dieser Welt hat die-
sen Stil perfektioniert: Renaissance Technologies. Geführt von aus-
schließlich Nicht-Wirtschaftswissenschaftlern, ist der Fonds berühmt-
berüchtigt für seine außerordentlich exzellente Performance, selbst in
Krisenzeiten. Die Kernstrategie ist statistische Arbitrage.
Renaissance sammelt einen unglaublichen Datensatz (Zeitungsartikel,
Analyse- und Wetterberichte, Bilanzen etc.) und versucht, kurzfristige
Preisentwicklungen zu antizipieren und von ihnen zu profitieren. Ge-
nauere Details sind nicht bekannt. Es ist für Sie als Privatanleger je-
doch unmöglich, diesem Stil nachzueifern, da allein die Infrastruktur
für diese Strategie derart komplex ist, dass Sie mit anderen Strategien
besser fahren.
Kurzum: Die technische Analyse kann, wenn Sie mit ihr umgehen kön-
nen, Ihren Investmentstil ergänzen, aber als Ersatz für die Fundamen-
talanalyse ist sie nicht geeignet.
69
Kapitel 3
Ideenfindung
- Peter Lynch
Ideenfindung
71
Ideenfindung
Trash
Das sind für uns marginale Marktteilnehmer. Nehmen wir Bremer Vul-
kan. Dieser Schiffsbauer produzierte Containerschiffe, aus technolo-
gischer Sicht ein Low-Tech-Produkt, das in vielen Schwellenländern
deutlich günstiger produziert werden konnte. Um überleben zu können,
gab es ständig Subventionen. Die Bilanz war hochgradig intransparent
und selbst gute Analysten taten sich schwer, festzustellen, ob das Un-
ternehmen profitabel oder mit Verlust arbeitete. Das Unternehmen war
dramatisch überschuldet und konnte nur mit großer Mühe seine Zinsen
bedienen. Um zu überleben, setzte das Bremer Vulkan-Management
alles auf eine Karte und stieg in die Produktion von Kreuzfahrtschiffen
ein. Der Schwachpunkt war natürlich, dass ein Moped-Bauer nicht un-
bedingt Ferraris herstellen kann.
Die Wette ging nicht auf und Bremer Vulkan rutschte nicht nur in die
Pleite, sondern entpuppte sich als der größte Subventionsbetrug der
deutschen Wirtschaftsgeschichte.
Strukturelle Shorts
Hierbei handelt es sich um Unternehmen mit substantiellen Problemen.
Dazu gehören untragbare Geschäftsmodelle, Finanzierungsrisiken oder
gefälschte Bilanzen.
Meistens besteht hier ein Gewinnpotential von über 80% bis zu 100%
(Insolvenz). Die Dauer der Leerverkaufsposition reicht von wenigen
Monaten bis hin zu über einem Jahr.
72
Ideenfindung
Taktische Shorts
Leerverkäufe diese Art sind oftmals markttechnisch und nicht funda-
mental basiert. Dazu gehören special situations wie Spin-Offs, Insi-
der-Verkäufe oder kurzfristige Entscheidungen mit mittelfristige Fol-
gen für die Wirtschaft (z.B Brexit). Die Dauer dieser Shorts reichen
von wenigen Tagen bis hin zu drei Monaten.
Hedging Shorts
Ein Hedgegeschäft wird eingegangen, um eine parallel laufende Trans-
aktion abzusichern. Ziel ist, Markt- und Industrierisiko bestmöglich zu
eliminieren. Beim sogenannten Pair Trade geht der Fundamentalinves-
tor im selben Sektor eine Long und Short Position ein und erwartet,
dass die Long-Position sich besser entwickelt.
Der Short Seller ähnelt bei der Analyse dem Long-only Investor. Der
Leerverkäufer muss das Geschäftsmodell, die Bilanz, die Treiber hin-
ter dem Wachstum und den Sektor verstehen. Ein Unterschied ist je-
doch die Suche nach red flags, also schwerwiegenden Problemen, die
als Katalysator für eine Kurskorrektur oder gar Insolvenz dienen, die
vom Markt noch nicht realisiert wurden.
73
Ideenfindung
Pump finanziert. Im Crash von 2000 bis 2002 fiel der Commerzbank
Kurs von 250 auf 40 Euro. Auch andere stark finanzierte Wertpapiere
erlitten schwere Kursverluste. Die WCM-Kreditgeber wollten ihr Geld
zurück und der WCM-Kurs implodierte um über 90%. 11
WCM und Bremer Vulkan sind für mich klare Fälle, dass man als Long
Investor die Finger von extrem verschuldeten Firmen lassen sollte.
Commerzbank
74
Ideenfindung
WCM
75
Gesamtmarktanalyse
Buffett-Index
Benannt nach dem Investor Warren Buffett vergleicht dieser Index die
Marktkapitalisierung der größten börsennotierten Unternehmen mit
dem Bruttoinlandsprodukt (BIP). Dieser Index ist für uns einer der,
wenn nicht sogar der wichtigste und zuverlässigste aller Indizes, empi-
risch bewiesen.
76
Gesamtmarktanalyse
77
Gesamtmarktanalyse
Tobin’s Q
Diese Kennzahl, auch genannt Kurs-Substanzwert-Verhältnis, wird
ermittelt, indem der Marktwert eines Unternehmens durch den Wieder-
beschaffungswert aller Vermögensgegenstände geteilt wird. Ist dieser
Wert über 1, gilt das Unternehmen relativ zu seiner Bewertung als über-
bewertet. Ist der Wert unter 1, gilt das Unternehmen als unterbewertet
und könnte daher Opfer einer feindlichen Übernahme oder einer M&A-
Transaktion sein. Für Sie als Short Seller ist diese Kennzahl daher be-
sonders wichtig.
78
Gesamtmarktanalyse
14. Q-Ratio im Februar 201716 (dshort.com, February 2017, Data through January)
Dividendenrendite
Die Dividendenrendite berechnet sich aus der Dividende pro Aktie ge-
teilt durch den Kurs der Aktie. Der Wert schwebt knapp über seinem
Allzeittief und deutet auf eine Vielzahl von Risiken hin. Long sollte der
Investor sein bei hohen Dividendenrenditen und günstigen Kursen und
short vice versa, natürlich in Kombination mit anderen Katalysatoren.
79
Gesamtmarktanalyse
80
Gesamtmarktanalyse
81
Gesamtmarktanalyse
Luxus-Indizes
Hierbei handelt es sich um eine Vielzahl an Indizes, die verschiede-
ne Entwicklungen abbilden: Rekordverkäufe in Auktionshäusern, der
Aktienkurs von Sotheby’s, oder Industrien, in die Abgänger von Elite-
Universitäten in Massen schwärmen (Startup- und Venture-Capital-
Boom).
Skyscraper-Index
Sie werden lachen, aber diesen Index sollten Sie ernst nehmen. Es scheint
einen Zusammenhang zwischen gigantischen Bauprojekten (z.B Jed-
dah Tower, Burj Khalifa, Sky Mile Tower) und Marktkorrekturen zu
geben: Genau in der Phase, in der China plante, zahlreiche Hochhäuser
zu bauen, kam es zu einer Korrektur von 40%.
82
Gesamtmarktanalyse
IQ-Index
Achten Sie auf Investoren, die jahrzehntelang eine hervorragende Per-
formance – vor allem in Bärenmärkten – aufzuweisen haben: George
Soros, Jim Rogers, Stanley Druckenmiller, Carl Icahn, Nassim Taleb
und viele andere. Zwar sind diese Experten keine Propheten, allerdings
ist ihr Wort ein Beitrag zum allgemeinen Sentiment.
83
Industrieanalyse
Phase
Ist der Markt eine Neuheit, wachsend, ausgereift oder gar rückgängig?
Besteht die Chance, dass der Markt in Zukunft gänzlich verschwindet?
Marktkonzentration
Wie viele Unternehmen teilen sich diesen Markt?
84
Industrieanalyse
Wettbewerbssituation
Wie viel Marktmacht haben einzelne Teilnehmer des Marktes? Gibt es
de facto Monopole oder Oligopole? Wie sind Produktdifferenzierung
und Preisunterschiede zu bewerten?
Dynamik
Unterliegt der Markt regulatorischen Restriktionen? Wie verhalten sich
Markteintrittsbarrieren oder Marktaustrittsbarrieren?
Luftfahrt
Belegung der Sitze im Durchschnitt in %, Kosten pro Flugstunde, Ren-
dite pro Sitz, Ölpreiskosten vor allem im Verhältnis zu den Lowest Cost
Producers, Alter der Flotte.
Banken
Kreditausfallquote, Assets Under Management (AUM), Marktpenetra-
tion, Qualität der Vermögenswerte, Kundentreue, Eigenkapitalquote,
Nettozinsmarge. Generell kauft man Bankaktien, wenn das Kreditvo-
85
Industrieanalyse
lumen stark steigt und die Kreditausfälle eine geringe Bedrohung dar-
stellen. Investmentbanken sollte man schleunigst verkaufen, wenn sich
IPO, M&A und Eigenhandelsgeschäft seit längerem auf Höchstständen
befinden, wie zurzeit.
Versicherung
Verhältnis von Forderung und Kosten, gesetzliche Rücklage, Qualität
der Vermögenswerte, Zinsniveau und der Einfluss auf wichtigste Er-
tragsbringer, Vertriebskosten, Performance und Kompetenz im Inves-
titionsbereich (siehe Warren Buffet und GEICO).
86
Industrieanalyse
verhalten zu entziehen.
High-Tech
Produktinnovation und Marktakzeptanz, Reaktionsfähigkeit auf neue
Entwicklungen, Marktanteile. Hier muss man extrem achtsam sein,
denn der Marktführer von heute ist recht oft der Absteiger von morgen.
Apple versus Nokia. Apple und Microsoft versus IBM. Google versus
AOL. A never ending story.
Industrie
Verhältnis von Aufträgen zum Umsatz, Kapazitätsauslastung, Umfang
der Aufträge, unerfüllter Auftragsbestand. Performance dieser Unter-
nehmen im zyklischen Abschwung, vor allem der Gewinnmargen. Die-
se Werte kauft am besten, wenn sie am Boden sind, aber nicht Pleite
gehen werden.
87
Industrieanalyse
Immobilien
Belegung, Miete pro Quadratmeter, Kapitalisierungsrate. Muss man
nicht unbedingt haben, wenn die Zinsen steigen. Affordability ratio:
Wie ist das Verhältnis der Einkommen zum Immobilienpreis? Prämie
oder Abschlag zum Liquidationswert (net asset value), Hochschreibun-
gen, demographische Trends.
Handel
Eröffnung und Schließung von Shops, Bestandsänderungen, erwartete
Rendite pro neuem Shop, Kundenzufriedenheit und Loyalität, Ertrag
pro Quadratmeter, Like-for-Like Umsatzentwicklung (Wachstum), On-
line-Konkurrenz.
88
Fundamentalanalyse
Produkt
Competitive Advantage(s), Investitionen in R&D (bisherig, gegenwär-
tig und zukünftig), Marketing, Skalierbarkeit, Kundentreue, Wechsel-
kosten, Alternativ- und Konkurrenzprodukte, Patente, regulatorische
Restriktionen
Kunden
Kundenkonzentration, internationale und nationale Verkäufe, Position
des Unternehmens in der Wertschöpfungskette
Management
Track Record von Key Men, Vergangenheit von Managemententschei-
dungen, Wertschöpfung für Aktionäre, Allokation von Kapital, Repu-
tation, Ethik, Eigentümerstruktur, Kompensation des Vorstandes, Insi-
dertransaktionen (Käufe und Verkäufe)
Gefahren
Juristische Risiken, Produktzyklus und Alternativen, Wettbewerb, Re-
gulierungsrisiken, strukturelle Änderungen im Geschäftsmodell, aus-
89
Fundamentanalyse
• Geringe Gewinnmargen
90
Fundamentanalyse
• Signifikante Insider-Verkäufe
91
Kapitel 4
Fallstudien
- Warren Buffet
Aktien: Chemours
Andrew Left von Citron Research hat über Chemours einen Research-
Bericht veröffentlicht. Besitzen Sie durchschnittliches Schulenglisch,
lesen Sie sich seinen Bericht zu Chemours durch:
http://www.citronresearch.com/wp-content/uploads/2016/06/cc-final-a.pdf
Die Kernthese der Citron Research Studie war, dass Chemours defini-
tiv Pleite geht. Das wurde mir von allen Marktteilnehmern, außer Uli
Hoeneß, bei der Sanierung von Borussia Dortmund auch mal attestiert.
Aber Totgesagte leben nun einmal länger. Einige sollen sogar aufer-
standen sein. Bei Borussia Dortmund erholte sich der Aktienkurs nach
der erfolgreichen Sanierung von 77 Eurocent auf 5,80.
93
Aktien: Chemours
Chemours
94
Aktien: Chemours
Nicht nur David Einhorn und seine Firma Greenlight Capital haben
massiv Aktien gekauft, sondern auch weitere Insider und das zu sehr
niedrigen Preisen. Da wir davon ausgehen, dass diese Insider wesent-
lich mehr wissen als wir, haben wir uns von einer Short-Position von
Anfang an distanziert.
Einhorn ist kompetent und erfolgreicher als Citron Research, er ist bes-
tens dafür bekannt, dass er seine Hausaufgaben sehr gründlich macht
(man bezeichnet ihn auch als „dean of short selling“).
Generell halten wir nichts von Firmen, die sich wie Citron Research
ausschließlich mit Leerverkäufen beschäftigen. Das führt letztlich zu
einer negativen und einseitigen Betrachtung. Nicht anders sind jedoch
die Leute, die wir als naive Perma-Bullen bezeichnen. Andererseits
interessiert es mich schon, was diese Leute sagen, um die Short-Argu-
mente besser zu verstehen.
95
Aktien: Chemours
diesen zyklischen Wert anzufixen, vor allem wenn die Insider und Da-
vid Einhorn ihre Bestände verkaufen (Einhorn hat seinen Bestand be-
reits reduziert). Auf dieses Signal müssen wir achten. Dann sollten wir
auf Baisse setzen, aber nicht bevor wir unsere Hausaufgaben gemacht
machen und neue Entwicklungen grundlegend analysiert haben.
96
Währung: Yen
In „Endspiel“ haben wir auf die eklatanten Risiken im Yen / USD Ver-
hältnis hingewiesen. Für uns ist der Yen eine reine Ponzi-Währung.
Der durchschnittliche Japaner ist 55 Jahre alt, eine verheerende Alters-
struktur für jedes Land. Schon jetzt müssen drei Arbeiter einen Rentner
bzw. Pflegefall durchfüttern. Zinskosten fressen mehr als die Hälfte der
Steueraufnahmen auf. Die japanische Zentralbank arbeitet mit einem
Hebelfaktor von circa 20.000%. Das bedeutet, die Verbindlichkeiten
übersteigen das Eigenkapital um das Zweihundertfache. Wenn Sie das
nicht verstehen, dann schauen Sie mal auf ihr Bankkonto und Wert-
schriften und multiplizieren diesen Betrag mal 200. Das wären dann
Ihre Schulden, die Sie irgendwie zurückzahlen und bedienen müssen.
Crazy! Das ist sechsmal mehr als Lehman Brothers vor der Pleite.
97
Währung: Yen
98
Währung: Yen
99
Rohstoffe: Kobalt
Wir werden unseren Analysebericht stark verkürzen und nur die we-
sentlichen Punkte nennen, warum ein weiterer Anstieg der Kobaltprei-
se sehr wahrscheinlich ist:
• Kobalt wird zu 97% als Nebenprodukt produziert und ist daher mit
100
Rohstoffe: Kobalt
101
Rohstoffe: Kobalt
Nun ist Kobalt allein zwar ein sehr interessantes Investment mit einem
exzellenten Chancen-Risiko-Verhältnis, aber es bleibt ein zyklisches
Metall, das in der Vergangenheit mit dem Bruttoinlandsprodukt (BIP)
stiegt oder fiel. Ein Investor könnte sich daher dafür entscheiden, das
Downside-Risiko zu minimieren, indem er einen anderen Rohstoff als
Pair Trade leerverkauft. Nun springt ein Rohstoff dabei besonders ins
Auge: Kupfer. Da Kobalt zu 97% als Nebenprodukt von Nickel und
Kupfer entsteht, gibt es einen Zusammenhang zwischen Angebot an
102
Rohstoffe: Kobalt
103
Rohstoffe: Kobalt
104
Rohstoffe: Kobalt
105
Nachwort: Reflexion und Ausblick
2017 bis Ende 2019 (März 2017)
Seitdem wir „Endspiel“ geschrieben haben, hat sich einiges, was wir
als sehr wahrscheinlich präsentiert haben, bewahrheitet.
Donald Trump wurde Präsident der Vereinigten Staaten. Diverse Fi-
nanzinstitute wie zum Beispiel die Deutsche Bank, Credit Suisse und
etliche italienische Banken erlitten massive Kursverluste, der Bloom-
berg Warentermin Index fiel auf ein 30-Jahres-Tief. Selbst der Yen und
der Euro haben deutlich an Wert gegenüber dem US Dollar verloren.
Der Goldpreis stieg zwischenzeitlich um 25% und Goldminenwerte
legten im Schnitt circa 80% zu. Mit Short und Long Empfehlungen in
einem Bullenmarkt durchschnittlich 50% zu erzielen ist ungewöhnlich,
also keine ganz so schlechte Empfehlungsbilanz von unserer Seite.
In den nächsten zwei bis drei Jahren geht es ans Eingemachte, nämlich
um Ihr Vermögen und Ihre wirtschaftliche Freiheit und Unabhängig-
keit. Seit dem Erscheinen von „Endspiel“ wurde beschlossen, den 500
Euro-Schein abzuschaffen. In Indien wurden Banknoten über 7 Euro
als nichtig erklärt. In Schweden wird auf höchster Ebene über die Ab-
schaffung des Bargelds debattiert. In Spanien, Italien, Griechenland
und Frankreich wird es immer schwieriger, größere Summen bar ab-
zuheben. In Portugal und Italien werden zum Teil absurde Steuern er-
hoben, wie zum Beispiel eine Weitblick- und Klimaanlagen-Steuer.
Gehen Sie davon aus, dass Sie immer seltener mit Bargeld bezahlen
können oder noch größere Summen bei Ihrer Bank in Bargeld abheben
können. Das geht, innerhalb der EU nur noch in wenigen Ländern.
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Nachwort: Reflexion und Ausblick 2017 bis Ende 2019 (März 2017)
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Nachwort: Reflexion und Ausblick 2017 bis Ende 2019 (März 2017)
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Nachwort: Reflexion und Ausblick 2017 bis Ende 2019 (März 2017)
Mit Argusaugen achten wir auf Entwicklungen in China. Der rote Rie-
se verschuldet sich mit einem atemberaubenden Tempo, um die Wirt-
schaft wieder auf Wachstumskurs zu halten. Mittlerweile fließen Bil-
lionen ins Ausland. Der Yuan oder Renminbi verliert ständig an Wert
gegenüber dem US Dollar. China befindet sich in einem waghalsigen
Vabanquespiel. Sie müssen die Geldflüsse ins Ausland bremsen, müs-
sen einen Handelskrieg mit den USA vermeiden, ihre Verschuldung in
den Griff bekommen und weiterhin die Wirtschaft ankurbeln. Die chi-
nesische Währung sollte nicht zu viel gegenüber dem US Dollar ver-
lieren, sonst läuft Trump mit Importsteuern Amok.
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Nachwort: Reflexion und Ausblick 2017 bis Ende 2019 (März 2017)
Wie soll das alles gut gehen? In Europa kann die „Sozialisierung“ (Ver-
gemeinwirtschaftung) der Staatsschulden der Mitgliedsländer zu erheb-
lichen latenten Bilanzrisiken führen. Die EU-Schulden sind zumindest
teilweise Bestandteil der deutschen Zahlungsverpflichtungen gewor-
den, auch wenn das kaum einer wahrhaben will. Wie würde sich ein
Schuldenschnitt in Griechenland auf die Marktstimmung auswirken?
Politisch ist ein Rechtsdrall erkennbar, und nicht nur in Italien gewin-
nen die EU- und Euro-Gegner an Macht.
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Nachwort: Reflexion und Ausblick 2017 bis Ende 2019 (März 2017)
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Nachwort: Reflexion und Ausblick 2017 bis Ende 2019 (März 2017)
Insgesamt sehen wir keinen Grund, von unserer negativen Markt- und
Wirtschaftsmeinung abzuweichen. Die Romanze der Börse mit Trump
könnte von relativ kurzer Dauer sein. Demographisch verheerende Ten-
denzen in Großteilen Europas, in Japan und zunehmend in den USA und
China sind wichtiger als das tägliche Techtelmechtel im Wirtschaft und
Politik-Geschehen. Auch die Überschuldung der Firmen, Staaten und
Zentralbanken ist noch eklatanter als vor einem Jahr. Über die Hälf-
te der US-Haushalte verfügt nicht einmal über die Mittel, eine kleine
500 Dollar-Autoreparatur aus vorhandenen Mitteln zu tätigen. Die Ein-
kommen und Vermögen der Top 1% dagegen wachsen nahezu unauf-
haltsam, während der Mittelstand und die Unterschicht den Geldadel
finanziert und zunehmend verarmt. Das ist insgesamt kein gesunder
wirtschaftlicher und politischer Cocktail.
Immer wieder vernehmen wir von unseren Kunden eine spürbare Exis-
tenzangst. Etliche Leser flüchten in Immobilien-Investments, andere
kaufen Aktien, einige stocken ihre Golddepots auf. Ich möchte hier
betonen, dass ein Dach über dem Kopf, exzellentes Wetter, ein Brun-
nen sowie ein Gemüse- und Obstgarten kein teures Investment sein
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Nachwort: Reflexion und Ausblick 2017 bis Ende 2019 (März 2017)
müssen. Bei monatliche Kosten zwischen 200 und 400 Euro kann man
unter gewissen Bedingungen in Teilen Europas recht gut leben. Das
setzt aber den Besitz einer entsprechenden Immobilie voraus, die es
ermöglicht, größtenteils autark und sehr kostengünstig zu leben. So et-
was gibt es in Italien und in Teilen Spaniens. Mittlerweile kennen wir
etliche Leser, die diesen Schritt bereits für Summen zwischen €20.000
und €100.000 umsetzen. Vor circa 15 Jahren lag der Preis dieser länd-
lichen Immobilen drei- bis sechsmal höher. Für uns ist so etwas ein
richtiger Lifestyle und existenzieller Hedge.
Trotzdem spricht wenig dagegen, dass diverse Märkte wie der DAX oder
der Eurostoxx 600 ihre alten Höchstwerte übertreffen. Aber wenn die
peripheren Märkte steigen, die small caps performen und letztlich Otto
Normalverbraucher wieder Aktien kauft, nachdem er eine 300-Pro-
zent-Rally verpasst hat, dann sind wir in der Hausse sehr weit fortge-
schritten. Das Wichtigste ist, dass es beim Investieren prinzipiell um
die Ermittlung von Chancen-Risiko-Verhältnissen geht und diese stim-
men uns negativ. Auch wenn die Märkte weitere 10% steigen sollten,
gibt es mittelfristig ein Kursrisiko zwischen 30% und 60%. Die Paral-
lelen zur Zeit der großen Depression unter der Regie von US-Präsident
Herbert Hoover und die aktuelle Politik von Donald Trump regen zum
Denken an.
Deswegen haben wir zu diesem Thema auch ein Video veröffentlicht,
dass Sie sich anschauen sollten:
https://www.youtube.com/watch?v=QeABcgmSkM8
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Nachwort: Reflexion und Ausblick 2017 bis Ende 2019 (März 2017)
Lehnen Sie sich einfach zurück und beachten Sie das Marktgesche-
hen objektiv. Wenn Sie leerverkaufen, dann fangen sie gemächlich und
überlegt damit an. Circa 40% der US-Börsenvolumina bestehen der-
zeit aus M&A Transaktionen und Aktienrückkauf-Programmen. Falls
Trump eine Steueramnestie für US Unternehmen durchsetzt, die er-
hebliche Barmittel im Ausland halten, dann könnte sich dieses M&A
Fieber und die Share buyback Manie noch länger halten.
Der größte Aktienindex, der S&P 500, boomt, gefolgt durch die ame-
rikanischen Small Cap Werte. Dann streben die europäischen Aktien
ihre alten Höchststände an, obwohl das wirtschaftliche und politische
Umfeld schwer belastet ist. Letztlich ist der Eurostoxx 600 um einiges
günstiger als der S&P 500. Selbst Emerging Markets performen wie-
der sehr gut und Junk Bond Anleihen werden fieberhaft gekauft. Jetzt
fehlen nur noch die Privatanleger, die die 300 Prozent Rally verpasst
haben und in der Krise 2008 /2009 mit schweren Wunden ausgestiegen
sind. Die klassische Rotation an den Börsen ist nahezu perfekt. Das ist
ein erstklassiges Szenario, um bei dieser weit entwickelten Top Forma-
115
tio, selektiv Baisse-Positionen aufzubauen. Dann kommt das Endspiel!
Wie immer.
116
Die Lage in Bildern
25
117
Glossar
26
27
118
Über die Autoren
Florian Homm
Dr. h.c. Florian Homm, MBA (geboren 1959) gehört zu Deutschlands
bekanntesten Fondsmanagern. Er istAbsolvent des Harvard College‚82
Merrill Lynch in den Be-
reichen Investmentbanking, Securities Research und Sales. Nach Ab-
schluss der Harvard Business School ’87 arbeitete er als Analyst und
Fondsmanager bei sowie als Di-
rektor und Leiter des Bereiches Institutionelles Asset Management bei
Bank Julius Bär AG. Bei Tweedy Browne war Homm geschäftsführen-
der Gesellschafter in Europa.
Von 1993 bis 2001 war Homm Gründer und Vorstandsvorsitzender der
(Börse Frankfurt) und von 2002
ACMH Gruppe
(Börse London und Frankfurt).
119
Über die Autoren
-
gen, unter anderem:
Florian Homm ist praktizierender Christ und engagiert sich neben sei-
120
Über die Autoren
Gublan D. Dag
Gublan D. Dag arbeitete mit Florian Homm an einer Vielzahl von Pro-
Florian Müller
-
ler- weile hat er einen eigenen Blog: www.boerseneinmaleins.de und hat
mehrere Einführungsbücher zur Börse für Anfänger geschrieben.
121
Glossar
Anleihe
Unternehmen oder Staaten dient
Baissier
—
innerhalb eines Zeitraums
122
Glossar
Depotbank —
etc.
Haussier —
123
Glossar
Liquidität —
-
men
124
Glossar
Rezession —
-
pression
125
Glossar
Track Record —
tung und Referenz über die Erfolge von getätigten Investitionen eines
Investors, Managers etc.
Verbindlichkeit —
126
Glossar
Volatilität —
anzugeben
127
Quellen
1. Es handelt sich hierbei um ein stark vereinfachtes Beispiel. In der Realität kom-
3 -
schmelze des Finanzsystem sicher überstehen.
6.
7. Nach meinem Weggang von Absolute Capital Management (ACMH) brach der
-
ermöglichen.
8.
-
128
Quellen
9.
10.
12.
13.
AG-Aktie
14. Quelle:https://www.advisorperspectives.com/dshort/updates/2017/02/02/mar-
ket-cap-to- gdp-an-updated-look-at-the-buffett-valuation-indicator
129
Quellen
18.
20.
25. Der Russell 2000 ist ein Small Cap Aktienindex. Dieser wird aktuell bei un-
glaublichen Höchstwerten gehandelt (230 mal (!) dem ausgewiesenen Gewinn).
Das langfristige Verhältnis Unternehmenswert (Enterprise Value) und EBITDA
(Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen) liegt im historischen Vergleich
in noch dramatischeren Worten könnte dies einer der größten Börsencrashs der letz-
ten 100 Jahre werden. Quelle: http://csinvesting.org/2016/12/14/performance-pa-
nic/
130
Quellen
26. -
-
Durchschnitt höher als das ihrer Eltern und Großeltern, ergo mit fatalen Folgen für
-
fel daran bestehen, dass die Babyboomer sich in Zukunft auf ihre Altersvorsorge
27. Wie Sie vermutlich schon wissen, sind Zentralbanken auf der ganzen Welt dazu
in der Lage, beliebig viel Geld zu drucken. In der Fachsprache spricht man von
quantitativer Lockerung (quantitative easing). Zwischen 1995 und 2015 hat die
Geldmenge sich etwa verzehnfacht. Zwischen 1994 und 2014 stieg das Bruttoin-
-
Unter keinen Umständen werden diese Schulden jemals bedient werden können.
Eine Entschuldung durch massive Gelderhöhung hat fatale Auswirkungen auf den
-
rung für Zentralbanker.
Quelle: http://davidstockmanscontracorner.com/wp-content/uploads/2015/09/Cap-
ture20.png und Quelle: http://davidstockmanscontracor-ner.com/wp-content/up-
loads/2015/09/Capture14.png
131
Abbildungen
1.
3.
4.
5.
6.
7.
9. Drei-Jahres-Performance JP Morgan
10.
11.
18.
21.
132
Abbildungen
22.
25. Balance Sheet of Global Central Bank and Global Debt and GDP
133