VDI 2230 Blatt-2 E 2011-11

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ICS 21.060.

10 VDI-RICHTLINIEN November 2011

VEREIN Systematische Berechnung hochbeanspruchter VDI 2230


DEUTSCHER Schraubenverbindungen
Blatt 2
INGENIEURE Mehrschraubenverbindungen Entwurf

Systematic calculation of high duty bolted joints – Einsprüche bis 2012-04-30


Joints with several cylindrical bolts x vorzugsweise in Tabellenform als Datei per E-Mail an
[email protected]
Die Vorlage dieser Tabelle kann abgerufen werden unter
http://www.vdi-richtlinien.de/einsprueche
x in Papierform an
VDI-Gesellschaft Produkt- und Prozessgestaltung
Fachbereich Getriebe und Maschinenelemente
Postfach 10 11 39
40002 Düsseldorf
Inhalt Seite
Vorbemerkung ................................................................................................ 2
Einleitung ........................................................................................................ 2
1 Anwendungsbereich................................................................................ 2
2 Normative Verweise ................................................................................. 3
3 Begriffe ..................................................................................................... 3
3.1 Grundlagen........................................................................................ 3
3.2 Arten von Schraubenfeldern ............................................................. 4
3.3 Belastungsfälle .................................................................................. 4
4 Formelzeichen und Abkürzungen .......................................................... 5
5 Berechnungsverfahren und Lösungsansätze ....................................... 7
5.1 Einführung ........................................................................................ 7
5.2 Verfahren der Starrkörpermechanik/Statik ....................................... 7
5.3 Verfahren der Elastomechanik .......................................................... 8
5.4 Numerische Methoden ...................................................................... 8
6 Analytische Berechnungen..................................................................... 9
6.1 Lastverteilung und Schraubenbelastung ........................................... 9
6.2 Vorgehensweise ................................................................................ 9
6.3 Starrkörpermechanik ........................................................................10
6.4 Elastomechanik ................................................................................17
6.5 Herauslösen einer einzelnen Verbindung.........................................21
6.6 Schraubenreihe unter momentenfreier Querbelastung .....................22
7 FEM-Anwendung.....................................................................................28
7.1 Grundlegende Vorgehensweise........................................................28
7.2 Modellierung....................................................................................29
7.3 Ableitung der Berechnungsgrößen aus der FE-Rechnung ...............38
7.4 Tragfähigkeitsnachweis von Ein- und Mehrschraubenverbindungen
in Anlehnung an die Richtlinie VDI 2230 Blatt 1............................43
Anhang Hinweise bei der Durchführung von FEM Berechnungen für
Mehrschraubenverbindungen .....................................................46
A1 Allgemeines .....................................................................................46
A2 Modellierung der MV ......................................................................47
A3 Belastung der Konstruktion .............................................................49
A4 Berechnung und Auswertung der Ergebnisse ..................................50
Schrifttum ......................................................................................................51

VDI-Gesellschaft Produkt- und Prozessgestaltung (GPP)


Fachbereich Getriebe und Maschinenelemente

VDI-Handbuch Produktentwicklung und Konstruktion


–2– VDI 2230 Blatt 2 Entwurf

Vorbemerkung ren für die Berechnung von Schraubenverbindun-


Der Inhalt dieser Richtlinie ist entstanden unter gen behandelt, mit Konzentration auf die Finite-
Beachtung der Vorgaben und Empfehlungen der Elemente-Methode (FEM). Für alle Verfahren zur
Richtlinie VDI 1000. Bewertung von Mehrschraubenverbindungen wer-
den die Anknüpfungspunkte für den Nachweis
nach VDI 2230 Blatt 1 beschrieben. Dabei können
insbesondere bei der Verwendung der FEM Re-
chenschritte ersetzt oder erweitert und die Qualität
der Berechnungsergebnisse verbessert werden.
Der grundlegende Anwendungsbereich von
VDI 2230 Blatt 1 wird mit dem Blatt 2 nicht erwei-
tert. Es werden lediglich Hinweise gegeben, wel-
che weiterführenden Nachweise mit den beschrie-
An der Erarbeitung dieser VDI-Richtlinie waren benen Berechnungsverfahren möglich sind.
beteiligt:
Prof. Dr.-Ing. Hugo Bubenhagen, Darmstadt 1 Anwendungsbereich
Dipl.-Ing. (FH) Jens Holloch, Gremsdorf Die Richtlinie gilt analog VDI 2230 Blatt 1 für
Prof. Dr.-Ing. Christian Krä, Ingolstadt hochfeste Schraubenverbindungen aus Stahl mit
Dr.-Ing. Harald Lange, Augsburg Befestigungsgewinde, das heißt für Festigkeits-
klassen 8.8 bis 12.9 bzw. 70 und 80 und einer
Prof. Dr.-Ing. Willfried Lori, Zwickau
kraftschlüssigen Übertragung der Betriebsbelas-
(Vorsitzender)
tung, die grundsätzlich an den verspannten Bautei-
Dipl.-Ing. Fabio Pollicino, Hamburg len bzw. der Struktur angreift. Für Schrauben aus
Dipl.-Ing. Norbert Schneider, St. Gallenkappel anderen Werkstoffen, bei niedrigeren Festigkeits-
Dipl.-Ing. Gerhard Turlach, Osterode klassen oder bei von DIN ISO 898-1 abweichen-
den Festigkeiten kann die Richtlinie sinngemäß
Dr.-Ing. Ulrich Wuttke, Darmstadt
angewendet werden.
Dipl.-Ing. Dieter Moll MBM, Düsseldorf
Grundsätzlich befreit die Richtlinie nicht von expe-
Allen, die ehrenamtlich an der Erarbeitung dieser rimentellen sowie bei Anwendung analytischer
VDI-Richtlinie mitgewirkt haben, sei gedankt. Methoden gegebenenfalls numerischen Untersu-
Eine Liste der aktuell verfügbaren Blätter dieser chungen zur Verifizierung der Berechnungsergeb-
Richtlinienreihe ist im Internet abrufbar unter nisse. Dies ist insbesondere bei kritischen Mehr-
www.vdi.de/2230. schraubenverbindungen und bei Berechnungsan-
sätzen, die das System sehr stark vereinfacht be-
Einleitung trachten (z. B. das Starrkörpermodell) anzuraten.
Die Richtlinie VDI 2230 Blatt 1 ist national und Das Hauptziel der Richtlinie besteht darin dem
international als Standardwerk zur Berechnung Konstrukteur oder Berechnungsingenieur Hilfestel-
hochfester Schraubenverbindungen anerkannt. Sie lung bei der Ermittlung und Separation der höchst-
setzt dabei die Kenntnis der Belastungsgrößen belasteten Einschraubenverbindung innerhalb eines
voraus und gilt für Einschraubenverbindungen. Schraubenfelds (Mehrschraubenverbindung) zu
Dies bedeutet, dass vor der eigentlichen Berech- geben. Dies erfolgt durch die Beschreibung unter-
nung im Regelfall aus mehreren Schrauben inner- schiedlicher Berechnungsansätze sowie deren sys-
halb eines Verbindungsbereichs (Mehrschrauben- tematischer Darstellung in Bezug auf die Vorge-
verbindung) die höchstbelastete Schraubenverbin- hensweise und den Möglichkeiten und Grenzen.
dung mit ihren Belastungsgrößen zu ermitteln und Mit den dabei errechneten Belastungs- und Be-
virtuell herauszulösen ist. rechnungsgrößen wird die Qualität der sich an-
schließenden funktions- und betriebssicheren Aus-
Diese Aufgabe behandelt die vorliegende Richtli-
legung nach VDI 2230 Blatt 1 verbessert.
nie. Es werden darin zum einen Möglichkeiten der
analytischen Berechnung von Mehrschraubenver- Bei den analytischen Näherungsberechnungen
bindungen (Starrkörpermechanik, Elastomechanik) liefern Verfahren der Starrkörpermechanik bei
zur Ermittlung der Lastverteilung und der Belas- vergleichsweise geringem Aufwand Ergebnisse,
tungsgrößen aufgezeigt, ohne dass ein Anspruch die für eine Reihe von Fällen der Praxis ausrei-
auf Vollständigkeit erhoben werden kann. Zum chend genau sein können. Allerdings können keine
anderen wird die Anwendung numerischer Verfah- allgemeingültigen Kriterien dafür angegeben wer-
Entwurf VDI 2230 Blatt 2 –3–

den. Letztendlich liegt es in der Verantwortung des 3.1 Grundlagen


Konstrukteurs oder Berechnungsingenieurs, seine Belastung
Ergebnisse zu verifizieren. Unter Beachtung prak- Mechanischen oder thermischen Lasten, die von
tischer Erfahrungen wurden bei einigen Fällen außen auf die Struktur und weiter auf das Schrau-
Korrekturen zur besseren Annäherung an die rea- benfeld wirken und innere Reaktionskräfte oder
len Verhältnisse vorgenommen. -momente zur Einstellung eines Gleichgewichtszu-
In den Fällen, wo eine genauere Berechnung erfor- stands bewirken.
derlich ist (und FEM-Ergebnisse nicht vorliegen),
Anmerkung: Je nach Angriffsort und -richtung der Belastung
wie bei sicherheitsrelevanten Verschraubungen, an der Struktur sowie der Art der Belastung treten Unterschie-
konstruktiven und/oder wirtschaftlichen Erforder- de zwischen der Belastung an der Struktur und den Kräften
nissen, bieten sich die analytischen Verfahren der bzw. Momenten im Schraubenfeld auf.
Elastomechanik an. Allerdings sind diese aufwen-
diger und nicht in bei allen Berechnungsproblemen Einschraubenverbindung (EV)
anwendbar. Schraubenverbindung mit einer Schraube.
Mit den softwareunabhängigen Hinweisen zur Anmerkung: Es handelt sich hierbei entweder um eine an
einer Verbindungsstelle angeordnete einzelne Schraube oder
FEM-Anwendung wird zum einen das Ziel ver- um eine aus einer ĺMehrschraubenverbindung virtuell her-
folgt, dem Konstrukteur oder Berechnungsingeni- ausgelöste einzelne Schraubenverbindung.
eur in Abhängigkeit vom Ziel der FEM-Be-
rechnung, sinnvolle Modellierungsvarianten vorzu- Last
schlagen. Zur Reduzierung der Variantenvielfalt Sammelbezeichnung für alle Größen, die mit der
wurden unterschiedliche Modellklassen definiert, Wirkung von Kräften und Momenten auf die
die die Entwicklung eines realitätsnahen und trotz- Struktur oder das Schraubenfeld zusammenhängen.
dem im Aufwand vertretbaren Berechnungsmo- Mechanische Last
dells ermöglichen. Hierzu gehören:
Zum anderen sollen durch Vorgaben zur Auswer- x Punktlast: Kraft, die an einem Punkt angreift
tung der FE-Ergebnisse hinsichtlich der höchstbe- bzw. vereinfacht so angenommen wird.
lasteten Schraube und zur Ermittlung der für die
Berechnung nach VDI 2230 Blatt 1 benötigten x Linienlast: Auf eine Linie verteilte Kraft, die
Belastungs- und Berechnungsgrößen die Realitäts- gegebenenfalls vereinfachend durch eine Kraft
nähe der Ergebnisse abgesichert werden. Somit ersetzt werden.
ergänzen sich VDI 2230 Blatt 1 und Blatt 2. x Flächenlast: Auf eine Fläche verteilte Kraft,
z. B. Druck, die gegebenenfalls vereinfachend
2 Normative Verweise durch eine Kraft ersetzt wird.
Die folgenden zitierten Dokumente sind für die x Moment: Vektor um eine Achse, die aus einem
Anwendung dieser Richtlinie erforderlich: Kräftepaar entsteht. Es ist zu unterscheiden
DIN 15018-1:1984-11 Krane; Grundsätze für zwischen äußeren und inneren Momenten. Äu-
Stahltragwerke; Berechnung ßere (oder „reine“) Momente greifen an der
Struktur an, innere Momente ergeben sich aus
DIN EN 1591-1:2011-08 Flansche und Flansch- dem Kraftfluss vom Angriff an der Struktur
verbindungen; Regeln für die Auslegung von zum Schraubenfeld und aus Verformungen der
Flanschverbindungen mit runden Flanschen und Struktur.
Dichtung; Teil 1: Berechnungsmethode; Deut-
sche Fassung EN 1591-1:2001+A1:2009+AC:2011 Mehrschraubenverbindung (MV)
DIN EN 13445-3:2010-12 Unbefeuerte Druckbe- Schraubenverbindungen, mit mehreren Schrauben.
hälter; Teil 3: Konstruktion; Deutsche Fassung Anmerkung: Es ist mehr als eine Schraube an der Übertra-
EN 13445-3:2009 gung einer Belastung bzw. an der Funktionserfüllung beteiligt.
Die einzelnen Schrauben können einer stark unterschiedlichen
VDI 2230 Blatt 1:2003-02 Systematische Berech- Belastung unterliegen.
nung hochbeanspruchter Schraubenverbindun-
gen; Zylindrische Einschraubenverbindungen Platte
Synonym für die verspannten Bauteile, gekenn-
3 Begriffe zeichnet durch ihre abstrakte Hauptform bzw. ih-
ren Grundriss in der Trennfugenebene und der
Für die Anwendung dieser Richtlinie gelten die Begrenzung auf den Verbindungsbereich.
folgenden Begriffe:
–4– VDI 2230 Blatt 2 Entwurf

Schraubenfeld Balkenverbindung
Die Gesamtheit der ĺEinschraubenverbindungen Alle Schraubenachsen befinden sich senkrecht zu
in einem Verbindungsbereich, die gekennzeichnet einer Ebene und der Abstand zwischen den
ist durch die Anzahl der Schrauben (mindestens Schrauben ist deutlich größer als die größte Ab-
zwei), deren Anordnung zueinander sowie deren messung des in der Regel konstanten Querschnitts.
Lage zur Belastungsrichtung.
Flansch
Anmerkung: Im Regelfall weisen aus Kosten- und Ferti- Rotationssymmetrische Kreisringplatte mit in der
gungsgründen alle Schrauben innerhalb eines Felds den glei- Regel auf einem Teilkreis gleichmäßig verteilten
chen Nenndurchmesser auf und die Klemmlänge ist konstant.
Schrauben.
Schnittlasten (Schnittgrößen) Anmerkung: Sind zwischen den Platten im Hauptschluss
Reaktionskräfte und/oder -momente in einer virtu- Dichtungen angeordnet, so ist die Berechnung nicht nach
ellen Schnittebene der Struktur oder des Schrau- VDI 2230, sondern nach EN 1591 und DIN EN 13445 durch-
zuführen.
benfelds.
Statisch unbestimmte Systeme/Strukturen Kreisplatte
Reaktions- bzw. Schnittlasten lassen sich nicht Im Bereich des Randes verschraubte rotations-
alleine aus den Gleichgewichtsbedingungen mit symmetrische Platte mit auf einem oder mehreren
der äußeren Belastung berechnen. Es ist das Ge- Teilkreisen angeordneten Schrauben bei in der
samtverformungsverhalten der Struktur und des Regel gleichmäßiger Verteilung auf dem Teilkreis.
Schraubenfelds zu ermitteln, um die Schnittlasten Rechteckflansch (symmetrisches Schraubenfeld)
berechnen zu können. Die Schrauben sind auf einer in der Regel recht-
Trennfuge eckigen Platte doppelt symmetrisch, das heißt in
Kontaktfläche zwischen den zu verbindenden bzw. Form eines Rechtecks oder Quadrats mit in der
verschraubten Bauteilen die an der Kraftübertra- Regel gleichen Abständen verteilt.
gung beteiligt ist. Anmerkung: Hierzu zählt auch der Fall einfach symmetrisch
angeordneter Schrauben, wenn sich die Symmetrie auf die
Anmerkung 1: Es wird von einer flächenhaften Auflage
Kraftrichtungs- bzw. Momentenachse bezieht.
ausgegangen, die in der Regel keine Absätze aufweist und in
erster Näherung ideal eben ist. Die Trennfuge kann verschie-
dene Grundrissformen haben. Die Schrauben sind senkrecht 3.3 Belastungsfälle
zu ihr angeordnet. Kontaktsteifigkeiten sind gegebenenfalls Belastungen können statisch, periodisch oder sto-
bei einer elastomechanischen Berechnung zu berücksichtigen.
chastisch auftreten, gegebenenfalls sind zusätzliche
Anmerkung 2: Die Verteilung des Drucks/der Pressung in der Massenkräfte zu berücksichtigen.
Trennfuge wird hauptsächlich bestimmt von der Geometrie
Anmerkung 1: Äußere Belastungen (an der Struktur) können
der Struktur im Bereich der Verbindungsstelle, von der An-
bezogen auf die Hauptachsen des Schraubenfelds vorliegen
ordnung der Schrauben und den Abständen zwischen ihnen,
(auch überlagernd) als:
von der Art, Größe und dem Angriffsort der äußeren Belas-
x Biegemomente
tung, den Exzentrizitäten der Verspannung und Belastung und
den Nachgiebigkeiten der Grundkörper und der Anziehtechno- x Torsionsmomente
logie. x Zug- oder Druck-Längskräfte
x Querkräfte
Verbindungsbereich x Thermisch induzierte Kräfte
Geometrisch abgegrenzter Bereich, über den Be- Anmerkung 2: Bezüglich der Trennfuge des Schraubenfelds
lastungen von einem Bauteil zum anderen mittels ist zwischen folgenden Belastungen zu unterscheiden:
Schraubenverbindung übertragen werden. x Normalkräfte (Zug/Druck)
x äußeres Biegemoment
Anmerkung: Die Abstände zwischen benachbarten
x Querkräfte
ĺEinschraubverbindungen innerhalb des Verbindungsbe-
reichs überschreiten nicht die Grenzabmessung nach x Torsionsmomente
VDI 2230 Blatt 1.
Anmerkung 3: Bezogen auf eine einzelne Schraube des
Schraubenfelds wirken infolge der Feldbelastung und des
3.2 Arten von Schraubenfeldern Verformungsverhaltens der Struktur:
x Normalkräfte
Gemäß VDI 2230 Blatt 1, Bild 3.1/1 ist zu unter- x Querkräfte
scheiden: x inneres Biegemoment
Asymmetrisches Schraubenfeld
Auf einer Platte beliebiger Geometrie sind Schrau-
ben weder kreisförmig noch doppelt symmetrisch
verteilt.
Entwurf VDI 2230 Blatt 2 –5–

4 Formelzeichen und Abkürzungen Formel- Benennung


zeichen
Formelzeichen
FA(B) aus einer Betriebskrafteinwirkung (FB) sich
In dieser Richtlinie werden die nachfolgend aufge- ergebende Axialkraft an einer Schraube
führten Formelzeichen verwendet:
FAM aus einer Momentenwirkung (MB) sich er-
Formel- Benennung gebende Axialkraft an einem Schrauben-
zeichen reihe (parallel zur Biegeachse)
A Querschnitt bzw. Fläche, allgemein
FA(M) aus einer Momentenwirkung (MB) sich er-
A0 zutreffende kleinste Querschnittsfläche der gebende Axialkraft an einer Schraube
Schraube
FB beliebig gerichtete Betriebskraft an einer
ABz Bezugsquerschnitt Verbindungsstelle
Aers Ersatzquerschnitt
FG Gaskraft
AP Fläche der Schraubenkopf- bzw. Mutterauf-
lage FK Klemmkraft
AI durch Innendruck beaufschlagte Fläche FKab Klemmkraft an der Abhebegrenze
AS Spannungsquerschnitt des Schraubenge- FKQ Mindestklemmkraft zur Übertragung einer
windes Querkraft und/oder Drehmoments durch
a Abstand der Ersatzwirkungslinie der Axial- Reibschluss
kraft FA von der Achse des gedachten sei- FM Montagevorspannkraft
tensymmetrischen Verformungskörpers
FMzul zulässige Montagevorspannkraft
ai Koeffizient
FQ Querkraft allgemein; senkrecht zu den
cS Querbiegesteifigkeit der Schraube Schraubenachsen eines Schraubenfelds wir-
DA Ersatzaußendurchmesser des Grundkörpers kend
in der Trennfuge FQB Betriebsquerkraft; senkrecht zu den Schrau-
Ersatzaußendurchmesser des Grundkörpers benachsen eines Schraubenfelds wirkend,
DA'
resultierend aus einer Betriebskraft FB
Da Außendurchmesser FQGr Grenzquerkraft
DI Innendurchmesser FQS an einer Verschraubungsstelle in der Trenn-
d Schraubendurchmesser = Gewindeaußen- fuge wirkende Querkraft
durchmesser (Nenndurchmesser); Durch- FQVer Versagensquerkraft
messer allgemein
Fq an einer Verschraubungsstelle bzw. auf eine
dBz Bezugsdurchmesser Schraube wirkende Querkraft
dh Bohrungsdurchmesser FqB an einer Verschraubungsstelle bzw. auf eine
dm mittlerer Durchmesser Schraube wirkende Querkraft infolge einer
Betriebskraft FB
dt Teilkreisdurchmesser
FqM an einer Verschraubungsstelle bzw. auf eine
E Elastizitätsmodul allgemein Schraube wirkende Querkraft infolge eines
EP Elastizitätsmodul der verspannten Teile Betriebsmoments My
ES Elastizitätsmodul des Schraubenwerkstoffs Fqres an einer Verschraubungsstelle bzw. auf eine
Schraube wirkende resultierende Querkraft
F Kraft, allgemein
FS Schraubenkraft
FA Axialkraft; eine in Schraubenachse gerich-
tete und anteilig auf eine Schraube bezoge- FSA axiale Schraubenzusatzkraft
ne Komponente einer beliebig gerichteten FU Umfangskraft
Betriebskraft FB und/oder eines Moments M
FV Vorspannkraft
FAD Axialkraft auf der Druckseite
'FVT Änderung der Vorspannkraft infolge
FAZ Axialkraft auf der Zugseite Temperaturbeanspruchung
FZ Setzkraftverlust
FAB aus einer Betriebskrafteinwirkung (FB) sich
ergebende Axialkraft des Schraubenfelds fi Funktion zur Berechnung der Durchbiegung
–6– VDI 2230 Blatt 2 Entwurf

Formel- Benennung Formel- Benennung


zeichen zeichen
fPo Verschiebung am oberen Auflagepunkt eventuell Gleiten in der Verbindung und/
oder einer Scherbelastung der Schraube
fPu Verschiebung am unteren Auflagepunkt beteiligt sind
fS Verschiebung der gesamten Schraube r Radius; Abstand
G Grenzabmessung für die Abmessungen an re Exzentrizität der Krafteinleitung an Kreis-
der Trennfugenfläche bei Durchsteck- flanschen
schraubverbindungen
rS Radius einer kreisförmigen MV, Radius
G' Grenzabmessung für die Abmessungen an eines Schraubenteilkreises
der Trennfugenfläche bei EV
ssym Abstand der Schraubenachse von der Achse
h Höhe, allgemein des gedachten seitensymmetrischen Ver-
I Flächenträgheitsmoment, allgemein formungskörpers
iR Anzahl von Gruppen mit Schrauben glei- sq Querverschiebung
chen Abstands (gleicher Radius) zum T Temperatur
Schwerpunkt eines Schraubenfelds
t Schraubenteilung
l Länge, allgemein
WBz Bezugswiderstandsmoment
lA Länge zwischen Grundkörper und Kraftein-
leitungspunkt WS Widerstandsmoment des Spannungsquer-
schnitts des Schraubengewindes
M Moment, allgemein
w Verformung, Verschiebung
MB an einer Verschraubungsstelle angreifendes
Betriebsmoment (Biegemoment) w Näherung für die Durchbiegung
ME Eckmoment, Einspannmoment D Flankenwinkel Gewinde; Winkel allgemein
MKl resultierendes Moment in der Trennfugen- DP linearer Wärmeausdehnungskoeffizient der
fläche Platte
MS Biegemoment in der Schraube DS linearer Wärmeausdehnungskoeffizient der
Schraube
MSA Schraubenzusatzmoment (entspricht MSb in
VDI 2230 Blatt 1) EP elastische Biegenachgiebigkeit der ver-
spannten Teile
MV Biegemoment in der Schraube infolge der
Vorspannkraft ES elastische Biegenachgiebigkeit der
Schraube
My Drehmoment um die Schraubenachse oder
das Schraubenfeld Ȗ Neigungswinkel/Verformungswinkel
meff effektive Einschraubtiefe GP elastische Nachgiebigkeit der verspannten
Teile (Platten) bei zentrischer Verspannung
n Krafteinleitungsfaktor
und zentrischer Belastung
nS Schraubenanzahl
GP* elastische Nachgiebigkeit der verspannten
nSB Anzahl der be- oder entlasteten Schrauben Teile (Platten) bei exzentrischer Verspan-
einer MV unter Biegebelastung nung
nSR Anzahl Schrauben in einer Reihe GP** elastische Nachgiebigkeit der verspannten
Teile (Platten) bei exzentrischer Verspan-
nT Anzahl unterschiedlicher Teilkreise bzw. Ab-
nung und exzentrischer Belastung
stände zur Drehachse bei Wirkung von My
GS elastische Nachgiebigkeit der Schraube
p Flächenpressung; Druck
pB Flächenpressung im Betriebszustand N Quersteifigkeitsverhältnis

qF Anzahl der kraftübertragenden (FQB) inne- µT Reibungszahl in der Trennfuge


ren Trennfugen, die an einem eventuell V Spannung allgemein
Gleiten in der Verbindung und/oder einer
Scherbelastung der Schraube beteiligt sind VSAb Spannung in der Biegezugfaser des
Schraubengewindes, verursacht durch FSA
qM Anzahl der drehmomentübertragenden (My, und ein Biegemoment Mb bei exzentrischem
FQM) inneren Trennfugen, die an einem Kraftangriff
Entwurf VDI 2230 Blatt 2 –7–

Formel- Benennung x sehr kleine Verformungen (Ebenbleiben der


zeichen Querschnitte)
VSAbo maximaler (oberer) Wert von VSAb x Einhaltung des Grenzabstands G bzw. G'/G''
VSAbu minimaler (unterer) Wert von VSAb (siehe VDI 2230 Blatt 1, Schritt R0)
Generell gilt, dass es kein universelles Berech-
VZ Zugspannung in der Schraube im Betriebs-
zustand
nungsverfahren gibt, mit dem für alle denkbaren
Fälle von MV das Kraft- und Verformungsverhal-
)en* Kraftverhältnis bei exzentrischer Verspan- ten der Gesamtstruktur und davon abgeleitet die
nung und exzentrischer Krafteinleitung über Belastungsverteilung auf die Einzelschrauben be-
die verspannten Teile
rechenbar ist. Vielmehr stellt jede MV ein originä-
MS Biegewinkel der Schraube res Problem dar, das einer eigenen Lösung bedarf.
Allerdings lassen sich gewisse Gruppen von MV
Abkürzungen bilden und hierzu grundsätzliche theoretische Lö-
In dieser Richtlinie werden die nachfolgend aufge- sungsansätze feststellen.
führten Abkürzungen verwendet: Vielfach werden in der Praxis analytische Berech-
Abkürzung Benennung nungen umgangen, indem die ohnehin im Rahmen
CAE Computer Aided Engineering
des CAE-Prozesses vorhandenen digitalisierten
Konstruktionen als Basis von Modellen für nume-
DSV Durchsteckschraubverbindung rische Berechnungen genutzt werden (siehe Ab-
EBS Ebene Betriebskrafteinleitung- schnitt 5.4 und Abschnitt 7). Zur Überprüfung der
Schraubenachse Plausibilität sind analytische Berechnungen jedoch
ESV Einschraubverbindung weiterhin hilfreich.
EV Einschraubenverbindung
Für alle Berechnungsansätze ist das Gesamtsystem
zunächst unter Ausnutzung von Symmetrie- und
FE Finite Elemente Antimetriebedingungen so weit wie möglich zu
FEM Finite-Elemente-Methode reduzieren, um den Berechnungsaufwand zu mi-
nimieren.
MV Mehrschraubenverbindung
SV Schraubenverbindung 5.2 Verfahren der Starrkörpermechanik/
Statik
5 Berechnungsverfahren und Unter der Annahme, dass die verspannten Bauteile
Lösungsansätze eine deutlich größere Biegesteifigkeit (im theoreti-
5.1 Einführung schen Grenzfall E · I o ’, das heißt biegestarr) als
Die Kraft- und Verformungsverhältnisse bei MV die Schrauben aufweisen, werden in Näherung mit
sind rechnerisch häufig schwierig beschreibbar. In Kraft- und Momentengleichgewichtsbeziehungen
der Regel liegen mehrfach statisch unbestimmte die anteiligen Betriebsbelastungen der Schrauben
Systeme vor, zu deren analytischen Lösung verein- ermittelt. Ausgangspunkt ist dabei der Schwer-
fachende Systemannahmen zu treffen sind. Wäh- punkt des Schraubenfelds, insbesondere wenn die
rend bei EV bauteilseitig nur der verspannte Be- Belastung innerhalb dessen angreift (siehe Ab-
reich und die Auflageflächen in die Betrachtungen schnitt 6.3).
eingehen, sind bei MV das Verformungsverhalten Die Schrauben werden hierbei als nicht vorge-
der Gesamtstruktur und das Zusammenwirken aller spannt betrachtet. Vereinfachend wird im Berech-
Schrauben zu berücksichtigen. nungsmodell an Stelle der Schraube ein punktför-
Um den Aufwand zu minimieren ist häufig die miges Lager in der Trennfuge angeordnet (siehe
Anwendung vereinfachter analytischer Verfahren Bild 1). Weder der Verspannungskörper noch
(siehe Abschnitt 5.2 und Abschnitt 5.3) geboten, weitere elastische Verformungen der Bauteile wer-
die in vielen Fällen zu hinreichend genauen Ergeb- den beachtet.
nissen führen können. Im Zweifelsfall oder bei Durch die Annahme der Bauteile als ideal starr
sicherheitsrelevanten Verbindungen ist eine expe- lassen sich auch die mehrfach statisch unbestimm-
rimentelle Ermittlung bzw. Überprüfung anzuraten. ten MV berechnen. Die Bauteile verformen sich
Allen analytischen Verfahren liegen folgende Be- nicht und die Lastverteilung der äußeren Bean-
dingungen zugrunde: spruchung auf die als Punktlager abgebildeten
Schrauben erfolgt alleine in Abhängigkeit des Ab-
x linear-elastisches Werkstoffverhalten stands vom Schwerpunkt des Schraubenfelds.
–8– VDI 2230 Blatt 2 Entwurf

Mithilfe des Starrkörpermodells sind nur axiale gen. Hinweise enthalten Abschnitt 6.3 und Ab-
Kräfte in den Schraubenachsen und senkrecht dazu schnitt 6.6.
berechenbar, das heißt Biegemomente in den
Schrauben und Trennfugen infolge exzentrischer 5.3 Verfahren der Elastomechanik
Krafteinleitung werden vernachlässigt. In diesen Die im Allgemeinen mehrfach statisch unbestimm-
Fällen kann kein Abstand a ermittelt werden. In ten MV können generell mit den Methoden der
der Folge kann diese Betrachtung zu deutlich grö- Elastomechanik berechnet werden (im Prinzip
ßeren, aber auch kleineren Schrauben- und Rest- basieren die Berechnungsformeln der VDI 2230
klemmkräften, als sie in der Realität auftreten, Blatt 1 auch auf elastomechanischen Betrachtun-
führen. Da die Biegebeanspruchung bei einer gen der statisch unbestimmten EV). Dies kann zum
Schwingbeanspruchung sich maßgeblich auf die einen durch Reduzierung des Systems auf ein sta-
Dauerhaltbarkeit auswirken kann, ist das Starrkör- tisch bestimmtes System bei Berücksichtigung der
permodell für den Nachweis bei schwingender geometrischen Randbedingungen und der Verfor-
Belastung nur eingeschränkt nutzbar. mungen (Kraftgrößenverfahren) oder durch das
Konzept der virtuellen Formänderungsarbeit erfol-
gen [1].
Aus der Literatur sind nur für wenige Standardfälle
Lösungen in Abhängigkeit von den geometrischen
Parametern und den Einspannbedingungen bekannt
[2; 3]. Mit dem Grad der Unbestimmtheit wird die
Berechnung aufwendiger.
Ziel ist es, die Beanspruchung der Einzelschraube
durch Ersatzkräfte und -momente in der Trennfuge
näherungsweise zu ermitteln und daraus den Ab-
stand a der exzentrischen Krafteinleitung zu be-
rechnen. Hierzu wird der konkrete Verschrau-
bungsfall meist durch ein relativ einfach berechen-
bares Biegebalkensystem beschrieben. Es gilt die
geometrischen Größen möglichst realitätsnah fest-
zulegen, um sinnvolle Werte für die Flächenträg-
heitsmomente zu erhalten. Besonders schwierig
Bild 1. Berechnungsmodell für Starrkörper stellt sich die Modellbildung im Bereich der
a) Hauptlagerdeckel einer Kurbelwelle Schrauben selbst und ihrer unmittelbaren Umge-
(statisch bestimmt) bung dar.
b) Ersatzmodell
Den Berechnungen (siehe Abschnitt 6.4) liegen,
Allgemeingültige Ansätze können höchstens für neben denen laut Abschnitt 5.1, folgende weitere
bestimmte Gruppen von MV mit geometrisch re- Bedingungen zugrunde:
gelmäßiger Schraubenanordnung, z. B. Ring- x Ein Abheben oder partielles Klaffen der Ver-
flanschverbindungen, definiert werden. Für viele bindungen ist ausgeschlossen, da die Schrauben
andere MV-Varianten müssen spezifische Lösun- definiert vorgespannt sind und eine ausreichen-
gen gefunden werden. Der Lösungsansatz wird de Anzahl der Schrauben angeordnet sind
dabei wesentlich sowohl von der Art der vorlie- (Grenzabmessungen sind eingehalten).
genden Belastung, also ob Längs- oder Querkräfte x Es wird von ideal ebenen Trennfugen und voll-
und/oder Momente vorhanden sind, als auch von flächigem Kontakt der Bauteile, vor allem im
der Anordnung und den Abständen der Schrauben Verbindungsbereich um die Schraube ausge-
beeinflusst. gangen.
Querbelastungen sind grundsätzlich, ausgenommen x Schubverformungen werden vernachlässigt.
Passschrauben, über die Reibung in den Trennfu-
gen zu übertragen. Die notwendige Normalkraft ist 5.4 Numerische Methoden
vom gesamten Schraubenfeld aufzubringen. In Ein weit verbreitetes Näherungsverfahren zur me-
welchem Anteil die einzelnen Schrauben an der chanischen Analyse von Bauteilen und damit auch
Übertragung der Querkraft beteiligt sind, hängt Schraubenverbindungen ist die Finite-Elemente-
vom konkreten Fall ab. Verläuft die Querkraft Methode (FEM). Dabei wird ein beliebig geform-
nicht durch den Schwerpunkt des Schraubenfelds, ter und belasteter Körper, der geschlossen nicht
so ist ein zusätzliches Moment My zu berücksichti- analytisch beschreibbar ist, in viele kleine analy-
Entwurf VDI 2230 Blatt 2 –9–

tisch näherungsweise beschreibbare Teilkörper – ßig von allen Schrauben aufgenommen werden,
die Elemente – zerlegt, die über Knotenpunkte in während dies gleichzeitig bei anderen (z. B.
ihrer Lage bestimmt und verknüpft sind. Biegemoment) nicht der Fall ist.
Bei entsprechend genauer Modellierung, Diskreti- x Angriffspunkt bzw. -fläche und Richtung der
sierung und Festlegung der Randbedingungen Belastungen. Exzentrizitäten können sich ver-
werden an MV bei Umgehung analytischer Be- stärkend auswirken, die Lage (Höhe) des Kraft-
rechnungen die Schraubenkräfte FS oder Schrau- einleitungspunkts beeinflusst das Kraftverhält-
benzusatzkräfte FSA und die Restklemmkräfte FKR nis )en*.
ermittelt. Damit ist die Ermittlung des Abstands a Aus der Sicht des Zusammenspiels der Belastungs-
ebenso nicht erforderlich wie die der Exzentrizität zeit und der Größe der Last muss zwischen stati-
ssym und des Krafteinleitungsfaktors n, meist auch scher, periodischer und stochastischer Belastung
nicht die der anteiligen Betriebskraft FA. Detaillier- unterschieden werden. Wie in allen technischen
te Hinweise zum Einsatz der FEM enthält Ab- Systemen können die letzten Beiden als wechseln-
schnitt 7. de Belastung mit konstanter oder variabler Ampli-
tude bei variabler Mittellast beschrieben werden.
6 Analytische Berechnungen Darauf wird aber nicht weiter eingegangen.
6.1 Lastverteilung und Schraubenbelastung 6.2 Vorgehensweise
Die auf eine MV einwirkenden Belastungen führen Gesucht wird zum Nachweis der Funktions- und
nur im Ausnahmefall zu einer gleichmäßigen Be- Tragfähigkeit die anteilige Belastung der Schrau-
anspruchung aller Schrauben eines Schraubenfelds. ben im Schraubenfeld oder der MV. Hierzu sind
In der Regel wird die Schraubenbelastung infolge die für die MV bekannten bzw. ermittelten Belas-
der Lage des Lastangriffs, der Anordnung der tungen anteilig auf die einzelnen Schraubenverbin-
Schrauben und der spezifischen Strukturmerkmale dungen umzurechnen. Anschließend ist aus dem
unterschiedlich sein. Schraubenfeld die kritische EV virtuell herauszu-
Beeinflusst wird die Lastverteilung insbesondere lösen und diese einer Berechnung nach VDI 2230
durch folgende Faktoren, die im Zusammenhang Blatt 1 zu unterziehen. Als kritische EV ist diejeni-
zu betrachten sind: ge Verbindung anzusehen, bei der zuerst mit einem
x Gesamtkonstruktion der umgebenden Struktur Versagen infolge überschreiten der zulässigen Be-
(Anschlusssteifigkeiten) und die Geometrie der triebsbeanspruchung, der zulässigen Schwing-
verschraubten Bauteile. Die Verformungsfähig- festigkeit oder Klaffen zu rechnen ist. Eventuell sind
keit des Schraubenfelds und der Struktur weist deshalb mehrere Schrauben zu untersuchen.
dabei einen großen Einfluss auf, in der Praxis Für typische und häufig vorkommende Arten von
ist bzgl. der Struktur zwischen folgenden Fällen MV lassen sich unter bestimmten Annahmen und/
zu unterscheiden: oder bestimmten Voraussetzungen analytische
 Biegeschlaffe Strukturen (mit E · I = 0) Näherungsberechnungen anwenden. Diese bauen
im Wesentlichen auf den in Abschnitt 5 dargestell-
 Biegeweiche Strukturen (mit E · I > 0) ten grundsätzlichen Verfahren auf.
 Starre Platten/Bauteile (unendlich biegesteif, Welches Verfahren angewendet werden sollte oder
siehe Abschnitt 6.2) kann, hängt wesentlich ab
Von Bedeutung ist das Verhältnis der Steifig- x von den Anforderungen an die Genauigkeit des
keit der Struktur zu jener der Schrauben, was zu Ergebnisses,
folgenden relevanten Fällen führt:
x von der Anordnung der Schrauben im Zusam-
 Vergleichsweise weiche Verbindung: die menhang mit der Belastungseinleitung,
Steifigkeit der Struktur nähert sich jener der
Schrauben an. Einfache Näherungsverfahren x vom Grad der statischen Unbestimmtheit,
sind nur in Sonderfällen möglich. x von den Steifigkeitsverhältnissen,
 Hinreichend steife Verbindung: Die Struktur x von der Möglichkeit ein verwendbares Ersatz-
ist um ein Mehrfaches steifer als die Schrau- Modell zu finden, und
ben (Regelfall). x vom zu erwartenden Berechnungsaufwand.
x Art, Größe und eventuell Kombination ver- Die Verfahren der Starrkörpermechanik dienen zur
schiedener Belastungen. Hierzu zählen auch näherungsweisen Ermittlung der Schraubenbelas-
thermische Zusatzkräfte. Einzelne Komponen- tung, das heißt der anteiligen Betriebskraft FA. Die
ten (z. B. eine Querlast) können auch gleichmä- Güte des Berechnungsergebnisses hängt allerdings
– 10 – VDI 2230 Blatt 2 Entwurf

in besonderem Maß von dem Verhältnis der Stei- Beanspruchung der Schrauben wesentlich beein-
figkeiten (oder Nachgiebigkeiten) ab. flussen. Dabei ist prinzipiell wie folgt vorzugehen:
Die ermittelten Reaktionskräfte können auch in 1) Ermittlung des Schwerpunkts des Schrauben-
eine nachfolgende elastomechanische Berechnung felds S
einfließen, um den Hebelarm a der exzentrischen 2) Bestimmung der Hauptachsen x und z
Belastung zu ermitteln. Ist eine elastomechanische
3) Ermittlung der Flächenträgheitsmomente bezo-
Berechnung möglich, so sollte diese auch vorge-
gen auf das Hauptachsensystem
nommen werden (siehe Bild 2). Dem hat ein Her-
auslösen eines definierten Abschnitts (Ausschnitt, 4) Transformation aller Belastungsgrößen in S als
Segment und dergleichen) mit der oder den Drehmomente um die Hauptachsen
höchstbelasteten SV vorauszugehen, wobei die 5) Berechnung der Belastung jeder SV
Anschlussstrukturen zu beachten sind. Letztlich ist Für die Schwerpunkte im x*-z*-Koordinaten-
das Einspannmoment ME oder der Biegemomen- system, Bild 3, gelten bei nS Schrauben:
tenverlauf zu ermitteln, um daraus den Hebelarm a
x MV mit einem Schraubennenndurchmesser
zu erhalten.
nS

¦z
1
zS* ˜ *
i (1)
nS i 1
nS

¦x
1
xS* ˜ *
i (2)
nS i 1

x Sonderfall: unterschiedliche Schraubennenn-


durchmesser
nS

¦A ˜z i
*
i
zS* i 1
nS
(3)
¦A i 1
i

nS

¦A ˜x i
*
i
xS* i 1
nS
(4)
¦A i 1
i

Bild 2. Grundlegende Vorgehensweise zur analy-


tischen Berechnung von MV und Herauslösen
einer EV
1)
Bei Starrkörpermodellen ergibt sich a = 0 und
n = 1, was zu erheblichen Unsicherheiten in der
Berechnung führen kann. Bezüglich der Rest-
klemmkraft sollte daher mit n = 0 gerechnet wer-
den.
Bild 3. Schwerpunkt des Schraubenfelds
6.3 Starrkörpermechanik
Für die Flächenträgheitsmomente, bezogen auf die
6.3.1 Nicht rotationssymmetrische Hauptachsen x und z, gilt bei gleichem Schrauben-
Schraubenfelder nenndurchmesser:
6.3.1.1 Geometrisch-mechanische Kenngrößen nS
§ d2 2·
Bei der Ermittlung der höchstbelasteten Schraube
I xx A˜ ¦ ¨¨© 16  z
i 1
¸
i ¸
¹
(5)
eines Schraubenfelds werden häufig einige Kenn-
nS
§ d2 2·
¦
größen benötigt, die die Größe und Verteilung der
I yy A˜ ¨  x ¸ (6)
¨ i ¸
i 1 © 16 ¹
Entwurf VDI 2230 Blatt 2 – 11 –

Vereinfacht kann wegen des überwiegenden Ein-


flusses des Abstands von der Achse auch nur mit
dem „Steineranteil“ gerechnet werden
nS
§ ʌ˜d2 2·
I xx ¦ i
¨

¸
¨ 4  zi ¸
¹
(7)

§ ʌ˜d2 2·
nS
I yy ¨
i 1 ©
¦ ¸
¨ 4  xi ¸
¹
(8)

Für den Sonderfall unterschiedliche Schrauben-


nenndurchmesser gilt z. B.: Bild 4. Lastfälle durch Querkraft belasteter MV
nS
§ ʌ ˜ di2 ʌ ˜ di2·
I xx ¦ ¨¨©
i 1 64
 zi2 ˜ ¸
4 ¸¹
(9)

oder vereinfacht:

¦ z
nS
I xx 2
i ˜ Ai (10)
i 1

Im Folgenden wird immer von gleichen Schrauben-


nenndurchmessern innerhalb eines Schraubenfelds
ausgegangen.
Bild 5. Belastung einer Schraubenreihe durch
6.3.1.2 Querkraft- und torsionsbelastete Querkräfte
Schraubenfelder Verläuft die Schraubenreihe parallel zur Kraftrich-
Treten Querkräfte in der z-x-Ebene auf, so sind tung (FQBz) werden die Schrauben real ungleich-
diese kraftschlüssig, das heißt über die Reibung in mäßig belastet. Hier tragen die beiden äußeren
den Kontaktflächen der verspannten Teile zu über- Schrauben die größte Belastung, Bild 6. Ein
tragen. Die Schraube ist im Gegensatz zum Stahl- Starrkörperansatz bezüglich der verspannten Teile
bau (SL-Verbindung) grundsätzlich von einer führt bei FQBz zu einem gleichmäßigen Anteil aller
Scherbelastung (ausgenommen Passschrauben) frei Schrauben an der Übertragung der Querkraft. Ein
zu halten. Im Betrieb dürfen somit keine oder nur solcher Zustand stellt sich für die reale Verbindung
geringe Verschiebungen (Schlupf) zwischen den erst nach einer plastischen Verformung beispiels-
Verbindungselementen und/oder den verspannten weise im Bereich der Bohrung ein. Insbesondere
Teilen selbst auftreten. bei wechselnden Belastungen kann hiervon nicht
Je nach Anordnung der Schrauben zur Richtung ausgegangen werden, weshalb bei der Berechnung
der Querkraft oder der Auswirkung eines Momen- der Beanspruchung die elastischen Verformungen
tes um die y-Achse ergeben sich die in Bild 4 der Platten und Schrauben zu berücksichtigen sind.
dargestellten Fälle. Der Sonderfall kreisförmige Im Abschnitt 6.6 wird weiter und vertiefend auf
Verschraubung wird im Abschnitt 6.3.2 behandelt. die Belastungsfälle an einer Schraubenreihe einge-
Bei kombinierten Belastungen gilt für starre Kör- gangen.
per das Superpositionsprinzip. Für jeden Belas- Solange eine Anlage der Schrauben an der Boh-
tungsfall können die anteiligen Belastungen sepa- rungswand (Lochleibung) ausgeschlossen werden
rat ermittelt und anschliessend für jede EV addiert kann (grundlegende Forderung), gilt in Näherung
werden. mit der Anzahl der kraftübertragenden inneren
Von einer gleichmäßigen Belastung aller Ver- Trennfugen qF:
schraubungsstellen in einer Reihe durch eine ¦ FV
˜ qF ! FQBmax (11)
Querkraft kann in der Regel ausgegangen werden, PTmin
wenn die Schraubenreihe senkrecht zur Kraftrich-
tung (FQBx in Bild 5) verläuft und die Belastung Bei Schraubenfeldern, die durch ein an der senk-
zentrisch angreift. recht zur Trennfuge stehenden Achse y wirkendes
Torsionsmoment Mges = My belastet werden, dreht
dieses um den Schwerpunkt S und belastet die
Schraubenverbindungen auf Schub, Bild 7.
– 12 – VDI 2230 Blatt 2 Entwurf

Bild 6. Querlastverteilung (schematisch) innerhalb einer Schraubenreihe an einer zweischnittigen Verbin-


dung (a) bei zunehmender Querlast (von b nach d) – theoretische Verteilung bei größeren Verformungs-
fähigkeiten

M y ˜ rmax M y ˜ §¨ x 2  z 2 ·¸
© ¹ max
FqM max (12)
¦
nS nS

¦r
i 1
i
2

i 1
xi2  zi2

Treten zudem Querkräfte FQB auf, so ergibt sich


bei gleichmäßiger Aufnahme dieser durch alle
Schrauben und Zusammenfassung mit den an der
höchstbelasteten Schraube (Abstand rmax mit den
Koordinaten xmax und zmax) in x- und z-Richtung
wirkenden Komponenten.
z
Fq x ,max FqBx  FqM max ˜ max
rmax
FQBx M y ˜ z max (13)
Bild 7. Momentenbelastung um die vertikale 
¦ x
nS
nS
y-Achse und Querkräfte an einer doppelt- 2
i  zi2
symmetrischen MV i 1

Unter der Annahme, dass sich die Reaktionskräfte und analog


der Verschraubungsstellen proportional zu ihrem FQBz M y ˜ xmax
Abstand vom Schwerpunkt aufteilen, gilt bei einer Fq z ,max  (14)
¦
nS
Einleitung des Moments über eine Struktur (Bal- nS
xi2  zi2
ken, Flansch etc.) außerhalb des Schraubenfelds i 1
(Bild 8a) für die äußerste(n) Schraube(n) (Ab-
Wird das Moment über eine Struktur (Welle, Profil
stand rmax) die maximale Querkraft 1) aus dem Mo-
etc.) innerhalb des Schraubenfelds eingeleitet
ment:
(Bild 8b), so sind entsprechend des Kraftflusses
die inneren Schrauben (Abstand rmin mit den Koor-
dinaten xmin und zmin) höher belastet. Mit der An-
nahme einer gleichmäßigen Momentenverteilung
—————
1)
gilt:
In Abweichung vom klassischen Starrkörpermodell wird
hier ein dem realen Verhalten besser entsprechender An-
satz verwendet, bei dem die höchstbelasteten Schrauben
den geringsten Abstand zur Momenteneinleitung aufwei-
sen.
Entwurf VDI 2230 Blatt 2 – 13 –

Bild 8. Momenteneinleitung außerhalb (a) und innerhalb (b) des Schraubenfelds


My My Fällt der Angriffspunkt bzw. die Wirkungslinie der
FqM max
n S ˜r min
nS ˜ xi2  zi2
min
(15) Betriebskraft nicht mit S zusammen, liegt also eine
exzentrische Belastung vor (Bild 10) so wird die
Bei gleichzeitig wirkenden Querkräften FQB folgt MV zusätzlich durch ein Biegemoment MB be-
analog (vgl. Abschnitt 6.3 Gleichung (13)): lastet.
FQBx M y ˜ z min
Fq x ,max  (16)
nS n S ˜rmin
2

oder unter Verwendung der Koordinaten der durch


die Momentenwirkung höchstbelasteten Schraube:
FQBz M y ˜ xmin
Fq z ,max 
nS n S ˜rmin
2
(17)
FQBz M y ˜ xmin

nS
nS ˜ xmin
2
 z min
2

Letztlich folgt in beiden Fällen für die resultieren-
de maximale Querbelastung einer Schraube:
Fqres,max Fq2x ,max  Fq2z ,max (18) Bild 10. Schraubenfeld aus je zwei Reihen und
Spalten mit exzentrischer reiner Zug-Belastung
6.3.1.3 Reine Zugbelastung Allgemein gilt analog der Spannungsverteilung an
Bei der Übertragung von senkrecht zur MV angrei- einem Biegeträger für die axiale Belastung einer
fenden Betriebskräften sind nach Möglichkeit die Schraube infolge der Wirkung eines Moments z. B.
nS Schrauben so anzuordnen, dass der Angriffs- um die x-Achse (MB = Mx) mit dem Schrauben-
punkt bzw. die Wirkungslinie mit dem Schwer- querschnitt A:
punkt S des Schraubenfelds zusammenfällt, M x ˜ A ˜ zi
Bild 9. Für sehr steife Verbindungen gilt dann in FA M x i (20)
I xx
Näherung:
FB,Zug FB Und zusammengefasst für beide Biegeachsen:
FA i
nS nS M x ˜ A ˜ zi M z ˜ A ˜ xi
(19) FA M i  (21)
I xx I zz
Vereinfacht kann auch verwendet werden:

M x ˜ zi M z ˜ xi
FA M i nS
 nS
(22)
¦
i 1
zi2 ¦i 1
xi2

Für Bild 10 gilt dann:

FB ˜ zS ˜ l zi FB ˜ xS ˜ l xi
Bild 9. Angriff einer axialen Zugbelastung im FA M i nS 2
 nS 2
(23)
§l · §l ·
Schwerpunkt einer MV ¦
2 ˜ ¨ zi ¸
i 1© 2 ¹
¦
2 ˜ ¨ xi ¸
i 1© 2 ¹
– 14 – VDI 2230 Blatt 2 Entwurf

Unter Beachtung der Zuglast folgt bei nS Schrauben: Bei frei angreifenden Momenten an axialsymmet-
rischen Schraubenfeldern (Bild 12) ergibt sich
FA,max FA M  FB / nS (24) eine gleichmäßige Belastung innerhalb einer
i
Schraubenreihe. Auf der Momentenachse liegende
Welche Schraube am höchsten durch das Moment Schrauben werden nicht belastet. Für die anteilige
belastet wird, ist anhand der Abmessungsverhält- Betriebskraft je Schraube gilt analog Glei-
nisse zu untersuchen. Im Regelfall wird die chung (20).
Schraube mit der geringsten Entfernung zur Kraft-
einleitung am höchsten belastet. Im Schraubenfeld
nach Bild 10 betrifft die Schraube R1/S1:
§1 z x ·
FA,max FB ˜ ¨¨  S  S ¸¸
© 4 2 ˜ lz 2 ˜ lx ¹ (25)
6.3.1.4 Momentenbelastung in der x-z-Ebene
Wirken Momente um eine x- oder z-Achse in ei-
nem Schraubenfeld, so sollten die Schraubenreihen
parallel zur Drehachse verlaufen, um die Belastung
Bild 12. Rechteckige MV unter Momentbelastung
zu verringern und zu vergleichmäßigen.
(hier nSB = 4)
Indem für das Flächenträgheitsmoment nur der
dominierende Einfluss des Steiner-Anteils beachtet
werden braucht, gilt für nur eine Schraubenreihe je
Seite gemäß Bild 10 mit der Anzahl der be- oder
entlasteten Schrauben nSB:
2˜ MB MB
FA (27)
nSB ˜ l x nSB ˜ xS
Die gleiche Beziehung ergibt sich in diesem Fall
auch bei einer Herleitung über das Momenten-
gleichgewicht.
6.3.1.5 Kombinierte Belastungen
Die Belastungen sind unter Beachtung der Rich-
tung und der zeitlichen Abhängigkeiten vektoriell
zusammenzufassen. Bei Unklarheiten und Belas-
tungsvarianten ist vom Fall der größten möglichen
Bild 11. Momentenbelastetes Schraubenfeld mit Schraubenbelastung auszugehen.
fixer Drehachse
Für eine Zugbelastung im Schwerpunkt und
Für ein Moment MBges = Mx ergibt sich mit Glei- gleichzeitige Momentenbelastung (Bild 13) gilt
chung (20) bei maximalem Abstand zmax die größte z. B. bei ns Schrauben unter Verwendung von (Ab-
Zug-Kraft an der am weitesten entfernten Schrau- schnitt 6.3, Gleichung (22)):
benreihe: FA i FA B  FA M
˜ A zmax˜ M Bges / I xx
i
FA max
(26) FB,Zug M x ˜ zi M z ˜ xi
 
Wegen des Einflusses des Flächenträgheitsmomen- nS nSB
2
nSB
2
tes (primär des „Steiner-Anteils“) wird die Schrau- ¦ zi ¦ xi
i 1 i 1
(28)
benbelastung umso kleiner, je weiter die fixe
Drehachse vom Schraubenfeld entfernt ist. Im Bei Schrägzug (Bild 14) ist die Kraft FB in Kom-
Fall 1 gemäß Bild 11 ergibt sich für die Reihe I ponenten zu zerlegen
eine 2,5-fach höhere Schraubenbelastung als im FAB FB ˜ sinD
Fall 2. Gleiches trifft für den Fall zu, dass das
Moment in der Reihe II angreift [5]. Weiterhin und
wird die Reihe II entweder nicht auf Zug (Fall 1) FQB FB ˜ cosD (29)
oder geringer als Reihe I (Fall 2) belastet.
Entwurf VDI 2230 Blatt 2 – 15 –

Bei nur einer Schraubenreihe (in z-Richtung) gilt


für den momenteninduzierten Anteil der Betriebs-
kraft analog (Gleichung (20)):
Mz ˜ x Mz
FA M ˜A| (32)
I zz nS ˜ x
Bei mehreren belasteten Reihen gilt:
M z ˜ xi
FA M (33)
i nSB
2
¦ xi
i 1
oder
M z ˜ xmax
FA M nSB
(34)
Bild 13. Rechteckige MV unter Momenten- und max

Zugbelastung ¦ xi2
i 1
Verläuft die Wirkungslinie der Belastung durch FAB
den Schwerpunkt, so gilt für eine Verbindungsstel- Mit FA B i (35)
nS
le:
FAB folgt für die äußersten Schrauben:
FA i
nS FA,max FA B i  FA M (36)
(30) max

6.3.2 Rotationssymmetrische
Schraubenfelder: Kreisflansch
Bei der Sonderform einer MV, dem Kreisflansch,
liegen in der Regel axiale zentrische Belastungen
(durch den Schwerpunkt verlaufend) und/oder ein
an der Hauptachse angreifendes Moment My vor,
sodass in diesen Fällen von einer gleichmäßigen
Belastung aller Schrauben ausgegangen werden
kann. Dies ändert sich bei Beaufschlagung durch
ein Biegemoment MB.
Bild 14. MV unter Schrägzug und mit Wirkungsli-
nie der Betriebskraft durch den Schwerpunkt des 6.3.2.1 Belastung durch Querkräfte
Schraubenfelds
Es wird vereinfachend von einer gleichmäßigen
Wird das Schraubenfeld exzentrisch belastet Belastung aller Schrauben ausgegangen, wenn die
(Bild 15) ergibt sich ein um S drehendes Mo- Querkraft FQB durch den Schwerpunkt des Schrau-
ment: benfelds verläuft (Bild 16) und über die Struktur
Mz FQB ˜ h  FAB ˜ xS (z. B. Welle, Rohranschluss) eingeleitet wird:
(31)
Fq FQB / nS (37)

Bild 15. MV unter Schrägzug und mit Wirkungsli-


nie der Betriebskraft außerhalb des Schwerpunkts
des Schraubenfelds
Bild 16. Einleitung von Querkräften am Kreis-
flansch
– 16 – VDI 2230 Blatt 2 Entwurf

Wird die Querkraft nicht zentrisch, sondern als Bei der klassischen Einleitung des Momentes in-
Umfangskraft FQB,exz eingeleitet (Bild 16), entsteht nerhalb des Schraubenfelds folgt gemäß Glei-
ein Moment um die y-Achse, das zu einer zusätzli- chung (15) für Bild 17:
chen Schraubenbelastung analog Gleichung (38) My
mit My = FQB,exz ˜ re , siehe unten, führt. Fqmax (42)
nS ˜ rS,min
Der exzentrische Angriff bewirkt bezüglich der
Querkraftkomponente eine ungleichmäßige Last- 6.3.2.3 Belastung durch Betriebsmoment und
verteilung, siehe auch Abschnitt 6.3.1. Axialkraft
6.3.2.2 Belastung durch ein Torsionsmoment Bei Belastung durch ein (reines äußeres) Betriebs-
My bzw. Biegemoment berechnet sich die größte Be-
Die aus dem Moment resultierenden Umfangskräf- triebskraft analog Gleichung (34).
te FU bewirken eine Querbeanspruchung in der Wirkt zusätzlich noch zentrisch eine Längskraft,
Trennfuge. Bei gleichmäßiger Teilung und einem gilt unter der Voraussetzung, dass es nicht zum
Schraubenkreis liegt als Gesamtbeanspruchung partiellen Klaffen kommt, bei steifen Anschlüssen
vor: in Näherung [4] für die maximale Zug-
My Betriebskraft an der äußeren Schraube (1) bei An-
FQM FU (38) ordnung auf der Achse x-x mit MB = Mz:
rS
Mz § F ˜d ·
Vereinfacht kann von einer identischen Belastung FA,z max ˜ ¨¨ B t  4 ¸¸ (43)
nS ˜ d t © Mz ¹
aller Verschraubungsstellen ausgegangen werden,
sodass je Schraube gilt: Für die maximale Druckbetriebskraft gilt (Schrau-
My be 2):
Fq FQM nS (39) § F ˜d ·
rS ˜ nS FA,Dmax
Mz
˜ ¨¨ B t  4 ¸¸ (44)
nS ˜ d t © Mz ¹
Bei mehr als einem Schraubenkreis (nT > 1)
(Bild 17), gelten die Annahmen in Ab-
schnitt 6.3.1. Wird ein Moment außerhalb des
Schraubenfelds (siehe auch Bild 8a) eingeleitet,
gilt für die höchstbelasteten Verschraubungsstellen
auf dem größten Radius analog (Gleichung (12)):
M y ˜ rS, max
Fq max n

¦r
S
2
Si
i 1 (40)
Im Fall der gleichen Anzahl Schrauben je Teilkreis
gilt bei nT Radien:
M y ˜ rS,max
Fq max n

¦r
T

nS ˜ 2
Si
i 1 (41)

Bild 18. Flanschverbindung, zentrisch belastet


durch ein Betriebsmoment und eine Längskraft

Bild 17. Kreisflansch unter Drehmoment


Entwurf VDI 2230 Blatt 2 – 17 –

Bei symmetrischer Anordnung um die Achse x-x


(Bild 19) gilt für die Zugseite (Schraube 1 und
Schraube 8)
M z § FB ˜ d t D·
FAz z ,max ˜¨  4 ˜ cos ¸ (45)
nS ˜ d t © M z 2¹
und die Druckseite (Schraube 4 und Schraube 5)
Mz § F ˜d D·
FAD z ,max ˜ ¨ B t  4 ˜ cos ¸ (46)
nS ˜ d t © Mz 2¹
Bild 20. Kreisplatte unter Innendruck

6.3.2.5 Kombinierte Belastungen


Analog Abschnitt 6.3.1 sind bei Vorliegen mehre-
rer Belastungen diese unter Beachtung der Rich-
tung und der zeitlichen Abhängigkeiten vektoriell
zusammenzufassen. Bei Unklarheiten und Belas-
tungsvarianten ist vom Fall der größten möglichen
Schraubenbelastung auszugehen.
Bei gleichzeitig wirkendem Drehmoment My und
Schubbelastung FQB ist analog Abschnitt 6.3.1,
gemäß der Gleichungen (13), (14), (16), (17) und
(18) vorzugehen.
Bild 19. Flanschverbindung gemäß Bild 17, 6.4 Elastomechanik
Schraubenlage symmetrisch zur Achse x-x Die grundlegende Vorgehensweise besteht darin,
Anmerkung: Bei gleichzeitig wirkendem Moment und axialer aus den Belastungen der Struktur die Lagerreaktio-
Betriebskraft verschiebt sich die Biegenulllinie, je nachdem ob nen zu ermitteln. Die Lagerungen der Struktur sind
eine Druck- oder Zugbetriebskraft wirkt, hin zur Zug- oder häufig linien- oder flächenförmig, während eine
Druckseite des Flansches. Eine genauere Berechnung unter
einzelne SV eher einer punktförmigen Lagerung
Beachtung der Kontaktsteifigkeiten würde schon bei alleinig
wirkendem Moment zu einer Verschiebung der Nulllinie entspricht. Somit müssen die aus diesen Lösungen
führen [7]. ermittelten Lagerlasten noch auf die einzelnen SV
aufgeteilt werden.
6.3.2.4 Belastung durch Innendruck p Wegen der Vielfalt in der Geometrie der MV und
Das auf die Verschraubungsstelle wirkende Mo- der Belastungsfälle können hier nur allgemeine
ment berechnet sich für eine allseitig eingespannte Hinweise gegeben werden. Für einige wenige
Kreisplatte (Bild 20) mit der druckbelasteten Problemstellungen sind in der Literatur, z. B. [3],
Fläche AI zu [13] Lösungen beschrieben, die meist auf das Verhalten
DI ˜ p ˜ AI der Struktur ausgerichtet und deshalb nur be-
M (47) schränkt für SV anwendbar sind.
8 ˜ nS
Damit wird: 6.4.1 Grundsätzliches Vorgehen
Bild 21 zeigt Beispiele von MV, die für eine
M p ˜ AI
FAM 2˜ (48) elastomechanische Berechnung geeignet sind.
DI 4 ˜ nS
Bei mehreren Verbindungsbereichen hängt die
Für die Wirkung Betriebsdruckkraft gilt: Lastverteilung im Wesentlichen von der Steifigkeit
p ˜ AI der Struktur zwischen ihnen ab. Aus den Verfor-
FA (49) mungen der Struktur lassen sich dann die Schnitt-
nS
lasten berechnen. Enthält ein Verbindungsbereich
und: nur eine SV, kann danach direkt zu VDI 2230
p ˜ AI Blatt 1 gewechselt werden, da die Schnittlasten der
FA max FA  FAM 1,25 ˜ (50) Struktur bereits die gesuchten Schraubenlasten
nS
sind.
– 18 – VDI 2230 Blatt 2 Entwurf

Bild 21. Beispiele für eine MV


Befinden sich in einem Verbindungsbereich meh- verteilt, sodass jede eine Zugbelastung in Höhe der
rere SV, ist also eine MV vorhanden, sind für den äußeren Belastung erfährt. Der Tragfähigkeits-
Verbindungsbereich erst die Schnittlasten an sei- nachweis kann nun direkt nach VDI 2230 Blatt 1
nem Rand bekannt. Sie müssen noch anhand der ausgeführt werden.
Steifigkeiten der verspannten Teile auf die einzel-
nen Schrauben verteilt werden.
Ist nur ein Verbindungsbereich vorhanden, müssen
keine Schnittlasten an der Struktur bestimmt wer-
den, da die äußeren Belastungen direkt auf den
Verbindungsbereich wirken. Bei MV ergibt sich
die Lastverteilung auf die einzelnen Schrauben
wiederum aus den Steifigkeiten der verspannten
Teile.
Eine Allgemeine Beschreibung der Vorgehenswei- Bild 22. Kragarm mit einer Schraube je Verbin-
se ist nur schwer möglich, da für jede Mehrschrau- dungsbereich
benverbindung geeignete Ersatzsysteme zu finden a) Struktur
sind, die auf den jeweiligen Anwendungsfall zuge- b) Biegebalken als elastomechanisches Modell mit
schnitten sein müssen. Daher werden die Möglich- Querkraftverlauf
keiten der unterschiedlichen Berechnungsansätze
6.4.2.2 Mehrere Verbindungsbereiche mit
im folgenden Abschnitt anhand von Beispielen
mehreren SV
beschrieben.
In diesem Beispiel sind die einzelnen SV gegen-
6.4.2 Beispiele über dem vorherigen Beispiel durch jeweils vier
Schrauben ersetzt (Bild 23). Nun wäre es unver-
6.4.2.1 Mehrere Verbindungsbereiche mit je
hältnismäßig aufwendig, die Schraubenbelastungen
einer SV
direkt aus der äußeren Belastung zu berechnen.
Ein Kragarm sei mit vier Schrauben an ange- Daher wird nun in zwei Schritten vorgegangen.
schweißten Laschen auf einem sehr steifen Fun-
dament befestigt. Struktur und Belastung sind be-
züglich der Belastungsebene symmetrisch. Somit
können die beiden Schrauben je Lasche durch je
eine Lagerung ersetzt werden. Da die Laschen im
Verhältnis zum Kragarm sehr dünn sind, können
sie als gelenkig betrachtet werden. Der Kragarm
selbst wird als Biegebalken modelliert (Bild 21).
Der Biegebalken ist statisch bestimmt gelagert. Die
Lagerreaktionen können direkt aus den Gleichge- Bild 23. Kragarm mit mehreren SV je Verbin-
wichtsbedingungen berechnet werden. Das der dungsbereich
Belastung zugewandte Lager wird entlastet, wo-
a) Struktur
durch die Schrauben auf Zug belastet werden. Die
b) Biegebalken als elastomechanisches Modell mit
Zugbelastung in Höhe der doppelten äußeren Be- Querkraftverlauf
lastung wird gleichmäßig auf beide Schrauben
Entwurf VDI 2230 Blatt 2 – 19 –

x Im ersten Schritt werden die Schraubenfelder belastung in der Symmetrieachse, ist direkt zu
durch punktförmige Lagerungen ersetzt. Unter VDI 2230 Blatt 1 zu wechseln. Andernfalls wird
Ausnutzung der Symmetrien entsteht das glei- die äußere Belastung mittels geeigneter elastome-
che elastomechanische Modell wie zuvor. So- chanischer Modelle auf die übrigen Schrauben
mit wirkt auf jeden der der Belastung am nächs- verteilt.
ten liegenden Verbindungsbereiche eine
6.4.3 Lagerungsvarianten
Schnittlast in Höhe der äußeren Belastung.
Die Lagerung hat einen großen Einfluss auf die
x Im zweiten Schritt wird diese Schnittlast auf
Verformungen. Da die Schnittlasten stets aus den
die vier Schrauben des Schraubenfelds verteilt
Verformungen berechnet werden, hängen auch sie
(Bild 24). Wird nur die Kraft FB berücksichtigt,
von der Lagerung ab. Das Beispiel in Bild 25 soll
kann das mittels eines gelenkig gelagerten Bie-
verdeutlichen, wie unterschiedlich die Verformun-
gebalkens geschehen.
gen sein können.

Bild 24. Verteilung der Belastung des Schrauben-


felds auf die einzelnen Schrauben
Für eine genauere Lastverteilung kann noch die
Verdrehung der Struktur am Rand des Schrauben-
felds berücksichtigt werden, wobei davon ausge-
gangen wird, dass die Struktur wesentlich steifer
ist als die Lasche. Andernfalls müsste die Steifig-
keit der Lasche bereits bei der Berechnung der
Verformungen der Struktur berücksichtigt werden. Bild 25. Schematischer Verformungsverlauf eines
Als mechanisches Ersatzmodell für die Lasche verschraubten Balkens bei unterschiedlicher Mo-
eignet sich eine Platte. Idealerweise würde man die dellierung
Schrauben als vier einzelne Gelenke modellieren. a) Kragarm
Für diese Problemstellung existiert jedoch keine b) Einspannungen
exakte Lösung. Daher wird vereinfachend ange- c) gelenkige Lagerungen
nommen, jeweils zwei Schrauben bilden einen d) elastische Lagerung
gelenkig gelagerten Rand. e) elastische Bettung
Aus der Verdrehung der Platte entstehen an den Es kann Variante d als Modell für ein klaffendes
Rändern Linienlasten. Diese werden jeweils System interpretiert werden, die Variante e als
gleichmäßig auf die beiden Schrauben verteilt. Modell für die ideal verspannte MV.
Durch Überlagerung der Belastungen von Biege-
balken und Platte ergibt sich schließlich die Last- 6.4.4 Lagerung der Struktur
verteilung auf die einzelnen Schrauben des Für die Ermittlung der Schnittlasten ist es zweck-
Schraubenfelds. mäßig die Verbindungsbereiche zunächst wegzu-
lassen und durch einfache Randbedingungen in
6.4.2.3 Ein Verbindungsbereich mit mehreren
Form von Lagerungen zu ersetzen. Die nachfol-
Schrauben (Schraubenfeld)
genden Lagerungsvarianten sind für die Modellie-
Bei einem Schraubenfeld sollte zunächst durch rung der Schraubenfelder an der Struktur sinnvoll.
Ausnutzung aller Symmetrien bzw. Antimetrien
versucht werden, die Anzahl verschieden belasteter Einspannung
Schrauben zu reduzieren. Kann das Schraubenfeld Der Berechnung nach VDI 2230 Blatt 1 liegt
auf nur eine Schraube vereinfacht werden, z. B. bei zugrunde, dass die Trennfuge nicht aufklafft. So-
einem rotationssymmetrischen Flansch unter Zug- mit darf ein Schraubenfeld für die Berechnung der
– 20 – VDI 2230 Blatt 2 Entwurf

Struktur als Einspannung betrachtet werden Elastische Bettung


(Bild 26). Bei der elastischen Bettung wird die Lagerreaktion
beim Balken von einer Punktlast auf eine Linien-
last, bei einer Platte von einer Linienlast auf eine
flächige Last verteilt [14]. Die Lagerreaktion ist
dabei proportional zur örtlichen Durchbiegung
Bild 26. Einspannung
(Bild 29).
Als Schnittlasten treten Biegemomente, Längskräf-
te und Querkräfte auf. Diese Betrachtungsweise
entspricht der Modellklasse I bei Berechnung mit-
tels FEM nach Abschnitt 7, bei der die gleichen
Schnittlasten in der Trennfuge ermittelt werden.
Gelenkiges Lager Bild 29. Elastische Bettung
Die gelenkige Lagerung überträgt keine Biegemo- Wird die Steifigkeit der Bettung so gewählt, dass
mente, sondern nur Normal- und Querkräfte sie dem Druckkegel innerhalb der verspannten
(Bild 27). Als Eingangsgrößen für die Berech- Teile entspricht und gleichzeitig die Schraube als
nung des Schraubenfelds treten Verdrehungen, elastisches Lager modelliert, können direkt die
Längs- und Querkräfte auf. Schraubenzusatzkraft und das Schraubenzusatz-
moment bestimmt werden. Die kombinierte Lage-
rung entspricht dann der Modellklasse II bei der
Berechnung mit FEM nach Abschnitt 7.
Bild 27. Gelenkiges Lager Bei der Bettung gilt es zu beachten, dass sie auch
Zugkräfte übertragen kann, während die reale SV
6.4.5 Lagerung der EV des Schraubenfelds aufklaffen würde. Somit erhält man auch ein Krite-
rium für die Mindestmontagevorspannung, die so
Einspannung
groß gewählt werden muss, dass in der Bettung
Für die Modellierung der einzelnen Schraubenver- keine Zugkräfte auftreten.
bindungen ist die Einspannung ungeeignet, da
keine Schnittlasten durch sie hindurch geleitet 6.4.6 Elastomechanische Modelle für Struktur
werden können (Bild 26). und Schraubenfeld
Zur Ermittlung der Schnittlasten an jeder Schrau-
Gelenkiges Lager benverbindung muss ein geeignetes elasto-
Diese Lagerung (Bild 27) ist für SV geeignet, bei mechanisches Modell des Schraubenfelds gewählt
denen die verspannten Teile wesentlich steifer als werden. Es bieten sich Balken, Scheiben, Platten
die Schrauben sind und nur zwei Schrauben vor- und Plattenstreifen an. Hierzu finden sich Beispiele
handen sind. Bei mehr als zwei Schrauben entste- in der Literatur [14; 15; 16]. Eine grundlegende
hen wellenartige Verformungen (Bild 25c), die Beschreibung befindet sich in [18].
wechselnde axiale Schraubenlasten bewirken.
Balken
Elastisches Lager Balken sind eindimensionale Träger, deren Länge
SV werden idealerweise als linear-elastische Lager bedeutend größer als Höhe und Breite ist. Sie kön-
modelliert. Dabei wird deren Längssteifigkeit als nen durch Kräfte und Momente in ihrer Längsach-
Längsfeder und deren Biegesteifigkeit als Torsi- se und durch Kräfte, Linienlasten und Momente
onsfeder beschrieben, Bild 28. Die Schraubenlas- quer dazu belastet werden.
ten werden direkt aus den Verformungen der Fe- In der Literatur sind Berechnungen für Balken
dern berechnet. Diese Betrachtungsweise ent- ausführlich beschrieben. Weiter lassen sich auch
spricht der Modellklasse I bei der Berechnung komplexe Strukturen mit ebensolchen Belastungen
mittels FEM nach Abschnitt 7. und Lagerungen noch einfach berechnen. Auch für
statisch unbestimmte Systeme, wie sie auf MV
häufig zutreffen, sind Lösungsverfahren gut doku-
mentiert, z. B. das Kraftgrößenverfahren.
Scheibe
Bild 28. Elastische Lagerung Scheiben sind ebene Träger (Platten), die nur durch
Kräfte in der Scheibenebene und Momente senk-
Entwurf VDI 2230 Blatt 2 – 21 –

recht dazu belastet werden. Sie eignen sich für oder Polynome zu verwenden, da diese leicht ab-
z. B. zur Beschreibung von zugbelasteten Blechen leitbar sind.
oder torsionsbelasteten Flanschen. Die Koeffizienten ai werden anhand der Gleichge-
Platte
wichtsbedingungen aus dem Prinzip der virtuellen
Verschiebungen bestimmt. Je mehr Funktionen fi
Als Platte bezeichnet man einen ebenen Träger, der mit ihren Koeffizienten ai gewählt werden, desto
ausschließlich durch Kräfte senkrecht zu seiner besser fällt die Näherung aus. Nach Bestimmung
Mittelebene belastet wird und durch Momente um der Koeffizienten ai für die Näherung der Ver-
Achsen, die in der Plattenebene liegen. Die Plat- schiebung werden aus deren Verlauf die Schnittlas-
tendicke muss klein im Vergleich zu den übrigen ten ermittelt.
geometrischen Ausdehnungen sein.
Der Begriff der Platte in der Elastomechanik ist 6.4.8 Höchstbelastete SV
daher von dem Begriff der Platte in der Richtlinie Nachdem die Belastungen auf die MV aus den
VDI 2230 Blatt 1 zu unterscheiden. Schnittlasten oder den Auflagerlasten bestimmt
In [15] und [16] finden sich ausführliche Herlei- sind, gilt es, die höchstbelastete Schraubenverbin-
tungen der Differenzialgleichungen und Lösungen dung, gegebenenfalls unter Beachtung der erfor-
für Kreis-, Kreisring- und Rechteckplatten. derlichen Klemmkraft, zu ermitteln und nach
VDI 2230 Blatt 1 zu berechnen. Dafür liefert die
Plattenstreifen elastomechanische Berechnung folgende Größen:
Ein Plattenstreifen ist eine Platte mit zwei paralle- x maximale Zugbelastung
len Rändern in der einen Richtung und einer un-
x maximale Belastungsamplitude
endlichen Ausdehung in der anderen Richtung. Die
Lasten an den parallelen Rändern müssen entlang Diese Größen können an verschiedenen SV auftre-
dieser Ränder gleichmäßig sein [15]. ten, sodass mehrere SV nach VDI 2230 Blatt 1
berechnet werden müssen. Weiter treten die maxi-
Der Plattenstreifen verhält sich wie ein breiter
male Zugbelastung und die maximale Belastungs-
Biegebalken. Seine Verformungen w lassen sich
amplitude nicht zwingend an derselben SV auf.
auch auf die Verformungen eines Biegebalkens
Schließlich gilt es noch zu beachten, dass die Trag-
zurückführen:
fähigkeit für die höchstbeanspruchte SV nachge-
wPlatte
wBalken 1  v 2 (51) wiesen werden muss. Wenn im Schraubenfeld
Für Stahl mit einer Querkontraktionszahl von unterschiedliche Schraubendurchmesser verwendet
Ȟ = 0,3 nehmen die Verformungen um ca. 10 % ab. werden, kann auch eine geringer belastete SV die
höchstbeanspruchte SV sein.
6.4.7 Näherungsverfahren nach Ritz
6.4.9 Abstand a
Um die Schnittlasten anhand der zuvor beschriebe-
nen mechanischen Modelle zu bestimmen, müssen Anhand der elastomechanischen Berechnung erge-
jeweils die charakteristischen Differenzialglei- ben sich an jeder SV Schnittlasten für die Biege-
chungen gelöst werden. Das kann schon bei ein- momente, Schraubenlängskräfte und Schrauben-
fach anmutenden Geometrien und Belastung sehr querkräfte. Für die Berechnung nach VDI 2230
aufwendig oder gar unmöglich sein. Daher emp- Blatt 1 kann die SV entweder als zentrisch belastet
fehlen sich Näherungsverfahren. mit äußerem Biegemoment MB oder als exzentrisch
belastet betrachtet werden. Der Abstand a wird aus
Das Näherungsverfahren nach Ritz ist auf alle zu- dem Quotient aus Einspannmoment ME und
vor beschriebenen mechanischen Modelle an- Schraubenlängskraft FA berechnet, siehe auch
wendbar [16; 17]. Es basiert darauf, dass das elas- Bild 31:
tische Potenzial aus Formänderungsarbeit und
Arbeit der äußeren Belastungen ein Minimum an- ME
a (53)
nimmt. FA
Für die Verschiebung wird ein Ansatz bestehend
6.5 Herauslösen einer einzelnen Verbindung
aus n Gliedern gewählt:
n
Beim Herauslösen der EV sind alle die Platten-
~
w|w ¦a ˜ f
i 1
i i (52) Bereiche im Umkreis zu beachten, die das Verfor-
mungsverhalten der Verbindung signifikant beein-
Darin sind fi sinnvoll zu wählende Funktionen, die flussen und somit in die Berechnung der Ersatzau-
jede für sich die geometrischen Randbedingungen ßendurchmesser der Trennfuge DA und des Grund-
erfüllen. Am einfachsten ist es, Winkelfunktionen körpers DA' eingehen.
– 22 – VDI 2230 Blatt 2 Entwurf

Bei benachbarten Schrauben ist die EV so heraus- am nächsten liegende Durchgang zu verwenden,
zulösen, dass sich der Verformungskörper in der der die Exzentrizität a repräsentiert. Somit ist im
betrachteten Schnittebene gedanklich bis zum Regelfall ein Anschlusskörper vorhanden, dessen
Rand der benachbarten Bohrungen ausbreiten kann Lage und Größe für die Berechnung des Kraftein-
– wenn es die Abmessungen und der Kegelwinkel leitungsfaktors und gegebenenfalls der Platten-
zulassen. Eine Überlappung zweier Verformungs- nachgiebigkeit benötigt wird.
körper ist dabei wegen der Stützwirkung nicht zu Bezüglich benachbarter Schrauben gelten die
beachten, Bild 30 (VDI 2230 Blatt 1, Bild 5.2/7). gleichen Hinweise wie in Abschnitt 6.4.1.
Damit geht diese Abmessung (2t – dh) in die Be-
rechnung von DA und DA' ein.

Bild 31. Herauslösen einer EV aus einer Rahmen-


konstruktion

6.6 Schraubenreihe unter


momentenfreier Querbelastung
6.6.1 Beschreibung des Belastungsfall
Je nach Anordnung der Schrauben zur Richtung
der Querkraft und der Überlagerung mit einem
Moment um die y-Achse ergeben sich die in
Bild 32 dargestellten Fälle mit dem Sonderfall
Bild 30. Herauslösen aus einer Schraubenreihe
bei engem Schraubenabstand kreisförmiger Verschraubung, (siehe Ab-
schnitt 6.3.2). Nachfolgend wird auf nur durch
Wenn sich die Druckkegel nur gering oder gar Längskräfte FQB quer belastete MV eingegangen,
nicht überlappen, so ist in der Mitte zwischen den die Fälle tangentialer Belastung (FQM) sind in Ab-
Schrauben zu schneiden. Dieser Fall liegt nähe- schnitt 6.3.1 und Abschnitt 6.3.2 behandelt. Zur
rungsweise vor wenn Querbelastung von Schraubenteilkreisen siehe
t t d W  0 ,6 ˜ lK ˜ w (54) Abschnitt 6.3.2.
mit dem Verbindungskoeffizienten w gemäß Wie in Abschnitt 6.3.1 und Abschnitt 6.3.2 be-
VDI 2230 Blatt 1, Abschnitt 5.1.2. merkt, ist die Verteilung der Belastung auf die
vorgespannten Schraubenverbindungen nur bei
Bei rotationssymmetrischen Schraubenfeldern ent- drehmomentbelasteten Kreisflanschen und bei
stehen Kreis(ring)-Segmente, siehe VDI 2230 einer Belastung senkrecht und zentrisch zur
Blatt 1, Bild B5/1. Schraubenreihe (Bild 5) weitgehend gleichmäßig.
Das Herauslösen der ESV ist weiterhin so vorzu- Bei der Anordnung einer Schraubenreihe in Belas-
nehmen, dass bei exzentrisch belasteten SV die tungsrichtung (z. B. Bild 32) ergeben sich unter-
Schnittflächen senkrecht zur EBS momentenfrei schiedliche Belastungen der Verbindungsstellen,
sind, das heißt es ist im Nulldurchgang des Biege- die primär vom elastischen Verhalten der gesamten
momentenverlaufs zu schneiden (Bild 31). Bei Verbindung abhängen. Dieser Fall soll als Quer-
mehreren Nulldurchgängen ist der der Schraube längsbelastung bezeichnet werden.
Entwurf VDI 2230 Blatt 2 – 23 –

aller Verbindungsstellen. Demgegenüber führt die


Betrachtung mit ebenfalls starrer Schraube zu gro-
ßen Belastungen, da nur die äußeren Schrauben-
verbindungen beansprucht würden, Bild 38.
Im praktischen Fall (alle Bestandteile der Verbin-
dung elastisch) liegt besonders bei DSV eine
symmetrische Verteilung der Querbelastung vor,
die äußersten Schraubenverbindungen sind immer
am höchsten belastet. Die Verteilung ist dabei ab-
hängig von der Schraubenanzahl, bei zwei Schrau-
ben sind beide zu 50 % beteiligt.
Bei ESV mit einem gegenüber dem Plattenbereich
Bild 32. Einschnittige Laschenverbindung (DSV) des zu befestigenden Bauteiles in der Regel deut-
mit einer Schraubenreihe in Belastungsrichtung lich steiferen Einschraubbereich ist zu erwarten,
(Querlängsbelastung)
dass nur eine der beiden äußeren Verschraubungs-
stellen den größten Querkraftanteil zu übertragen
6.6.2 Belastungsverteilung bei
Querlängsbelastung hat (siehe Bild 33).
Ein grundlegender Ansatz besteht im Maschinen- Wenn im Sonderfall bleibende signifikante Ver-
bau darin, dass eine plastische Verformung der formungen und Verschiebungen in Kraftrichtung
Struktur und der Schrauben ausgeschlossen wird. zugelassen werden können und möglich sind
Damit ergeben sich je nach Steifigkeit der Platten (Überwindung des Bohrungsspiels, biegeweiche
bei zugrunde gelegter linear-elastischer Verfor- Schrauben, partieller Schlupf in der Trennfuge;
mung der Schrauben die Extremfälle in Bild 33. siehe Bild 34), bzw. wie im Stahlbau die Verfor-
Dies ist Folge des Kraftflusses, der Dehnungsun- mungsfähigkeit der Platten (Bohrungsaufweitung
terschiede zwischen den Plattenabschnitten, der bei Scher-Lochleibungsverbindungen) genutzt
Reibung und eines partiellen Mikro-Schlupfs in der wird, kommt es je nach Belastungshöhe und Typ
Trennfuge. der Verschraubung zu einer Vergleichmäßigung
der Belastung. Damit verringert sich die Belastung
Die Beeinflussung der Verteilung durch unter- der äußeren Verschraubungsstellen.
schiedlich große Vorspannkräfte wird als marginal
betrachtet und nicht berücksichtigt. In der aus dem Stahlbau bekannten Typisierung
entsprechen die gleitfest vorgespannten Verbin-
dungen vom Typ GV und GVP den Verbindungen
im Maschinenbau (Bild 34).

Bild 33. Theoretische Lastverteilung Fqi/FQB der


Laschenverbindung von Bild 32 je nach Modellstei-
figkeit der Platten, Schraube elastisch [12]
Bild 34. Last- Verformungsverhalten quer belaste-
Bei einer rein starren Betrachtung der Platten und ter MV, in Anlehnung an [6]
real-elastischer Schraube ergeben sich zu geringe
maximale, das heißt gleichmäßige Belastungen
– 24 – VDI 2230 Blatt 2 Entwurf

Für die Berechnung der erforderlichen Klemmkraft Hierzu liegen keine wissenschaftlichen Erkenntnis-
wird die Anzahl der kraftübertragenden inneren se vor, sodass gegebenenfalls experimentelle oder
Trennfugen qF benötigt, siehe auch VDI 2230 numerische Untersuchungen notwendig werden.
Blatt 1. Bei genauerer Betrachtung zeigte sich eine Bei einschnittigen Verbindungen mit nur einer
Beeinflussung des Kraftflusses durch das Klemm- Spalte Schrauben kann es bei kleinen Klemmlän-
längenverhältnis, was bei kleinen Klemmlängen- gen (ca. lK/d < 1), einer außerhalb der inneren
verhältnissen von lK/d < 2 zu einer rechnerischen Trennfuge liegenden Kraftwirkungslinie und ent-
Vergrößerung von qF auf qF,eff führt, Bild 35. sprechend entfernter Einspannung zum Kippen
Dieser Effekt kann zur Optimierung derartiger kommen (Bild 36), woraus eine vergrößerte Be-
Verbindungen genutzt werden. Bei DSV ist dieser lastung der Verschraubungsstelle entsteht. Dies ist
Effekt in abgeschwächter Größe vorhanden. mit einer geeigneten Vergrößerung (z. B. 20 %
Zuschlag) von FQB zu beachten.
6.6.3 Berechnungsmodell
6.6.3.2 Querlängsbelastung
6.6.3.1 Belastung senkrecht zur
Schraubenreihe Es liegt eine ungleichmäßige Lastverteilung vor,
die wesentlich von der Quersteifigkeit der Plat-
Wie in Abschnitt 6.3.1 ausgeführt, ist bei senkrech-
te(n), der Biegesteifigkeit der Schraube und von
ter Lage einer Schraubenreihe zur Kraftrichtung
der Schraubenanzahl bestimmt wird.
die Verteilung annähernd gleichmäßig (Bild 5),
wenn die Kraft zentrisch angreift: ESV
Fq FQBx /nSR (55) Als Grenzfall wird in Näherung das Bauteil (Plat-
te) mit dem Einschraubgewinde als in Belastungs-
Wird die Querkraft nicht zentrisch zur Reihe ein-
richtung starr betrachtet (Bild 37). Für die zu über-
geleitet, so ist das entstehende Moment um den
tragende Querkraft an einer Verschraubungsstelle
Schwerpunkt der Schraubenreihe zu beachten; es
gilt, beginnend an der äußersten Schraube 1, mit
ist dann analog Abschnitt 6.3.2 zu verfahren. Bei
der Schraubenanzahl in der Reihe nSR und dem
geringem Abstand der Krafteinleitung von der
Quersteifigkeitsverhältnis N [12]:
Schraubenreihe und deutlich kleinerer Krafteinlei-
tungsbreite (Streckenlast) als Schraubenreihenlän- Fq i 1 1  N ˜ Fqi (56)
ge (Extremfall: punktförmiger Angriff von FQBx)
ist von einer ungleichmäßigen Belastung der Ver- FqnSR Fqmax 1˜ N nSR 1 Fq1 (57)
schraubungsstellen auszugehen, wobei die am
nächsten liegenden am größten belastet werden.

Bild 35. Besonderheit der rechnerischen Anzahl kraftübertragender Trennfugen bei kleinen Klemmlängen-
verhältnissen und ESV [8]

Bild 36. Verhalten einer einschnittigen Verbindung kleiner Klemmlänge mit einer Schraube bzw. einer
Schraubenreihe senkrecht zur Belastung
Entwurf VDI 2230 Blatt 2 – 25 –

Bild 37. Schraubenfeld aus ESV unter Querlängsbelastung


Das Quersteifigkeitsverhältnis berechnet sich unter Krafteinleitung abgewandten Seite, Bild 6), also
der Voraussetzung gleicher Schraubenabstände i t 2:
(Teilung t) mit der Querbiegesteifigkeit der
Schraube cS und dem Laschenquerschnitt AL zu FqESV ˜
1  N i 1 F (61)
i nSR QB
cs ˜ t 1  ¦ 1  N i 1
N (58) i 2
E ˜ AL
Und für die maximale Belastung
Für den Laschenquerschnitt (Abschnitt zwischen
zwei Schrauben) gilt mit der Breite b der Platte: FqESV ˜
1  N nSR 1 F (62)
max nSR QB
AL lK ˜ b (59) 1  ¦ 1  N i 1
i 2
Die Querbiegesteifigkeit der Schraube lässt sich in
Bild 38 zeigt den Einfluss der Steifigkeiten auf
Näherung aus der möglichen Querverbiegung eines
die Verteilung der Querkraft auf die Verbindungs-
einseitig eingespannten Biegeträgers berechnen:
stellen und die maximale Querkraft.
3 ˜ ES ˜ I S
cS (60)
l K3
Mit Gleichung (56) ist keine Aussage zur absolu-
ten Größe von Fq zu erzielen, da Fq1 in der Regel
nicht bekannt ist (siehe unten). Es gilt in Näherung
für alle Verschraubungsstellen außer Pos. 1 (der

Bild 38. Querbelastung der Verbindungsstellen bei in einer Reihe angeordneter ESV (einschnittig) mit
nSR = 5 Schrauben in Abhängigkeit vom Quersteifigkeitsverhältnis N
– 26 – VDI 2230 Blatt 2 Entwurf

DSV 6.6.4 Sonderfall Pass-Schrauben-


Aus der Überlagerung von zwei ESV (starre und Verbindungen
elastische Platte vertauscht, siehe auch Bild 33) Ausgehend von einer idealen spielfreien Lage in
ergibt sich die anteiligen Querkräfte bei DSV Reihe angeordneter Pass-Schrauben ergeben sich
(Bild 32): bei Querlängsbelastung und vollständigem Form-
FqDSV
i

0 ,5 ˜ FqiESV1  FqESV2
nSR 1 i (63)
schluss zwischen Schaft und Bohrung die in
Bild 40 ersichtlichen Extremfälle der Lastvertei-
und lung.
FqDSV
max

max Fq1DSV ; FqDSV
nSR (64)
In der Realität kann nicht von einer völlig starren
SV ausgegangen werden, allerdings liegt primär
Die benötigte anteilige Querkraft der Schraube 1 wegen des partiellen Formschlusses, des größeren
einer ESV [18] berechnet sich zu Passschaftquerschnitts und der eingeschränkten
1 Biegverformungsfähigkeit der Passschraube ein
FqESV
1
˜ n FQB (65) gegenüber der klassischen Schraubenverbindung
1  ¦ 1  N i 1
SR
deutlich größeres Quersteifigkeitsverhältnis N vor.
i 2
Dies führt dazu, dass an den in der Mitte der Reihe
Bild 39 zeigt exemplarisch die Verteilung der angeordneten Passschrauben geringere Querkraft-
Querbelastung bei DSV. anteile zu verzeichnen sind und damit die äußeren
Verschraubungsstellen größer belastet werden.

Bild 39. Querbelastung der Verbindungsstellen bei in einer Reihe angeordneter DSV aus 2 Platten gleicher
Dicke (einschnittig) mit nSR = 5 Schrauben in Abhängigkeit vom Quersteifigkeitsverhältnis N

Bild 40. Theoretische Grenzfälle der Lastverteilung einer Laschenverbindung mit Passschrauben (analog
Bild 32 und Bild 37) je nach Modellsteifigkeit der Platten [12]
Entwurf VDI 2230 Blatt 2 – 27 –

Für ESV können für die maximale Querkraft an tragen werden (siehe oben). In diesem Fall ist die
der Verschraubungsstelle folgende konservative Anzahl von Schrauben in Abhängigkeit von der
Empfehlungen gegeben werden: Verformungsfähigkeit in Analogie zum Kran- und
2 Schrauben (nSR = 2): Stahlbau möglichst auf fünf, maximal aber auf acht
zu begrenzen (siehe DIN 15018-2).
Fqmax =Fq2 = FQB (66)
Ziel muss es sein, alle Verschraubungsstellen
nSR = (3…5):
gleich zu belasten. Bestehen z. B. Schraubenfelder
Fqmax = 0,9 ˜ FQB (67) aus mehreren Reihen in Kraftrichtung, so sollten
Bei DSV gelten folgende Empfehlungen: zur besseren Verteilung der Belastung auf alle
nSR =2: Fqmax = 0,5 ˜ FQB (68) Schrauben die Spalten gegeneinander versetzt
werden (Bild 41). Die Belastung ist zentrisch
nSR = (3…5): Fqmax = 0,45 ˜ FQB (69) einzuleiten bzw. das Schraubenfeld konzentrisch
Der Sicherheitsnachweis geschieht über den zur Krafteinleitung anzuordnen.
Scherquerschnitt (siehe VDI 2230 Blatt 1), das Die Belastung der Verbindungsstellen einer
heißt unter der Annahme, dass die Querkräfte voll- Schraubenreihe längs zur Querkraft kann unter
ständig von den Passschäften aufgenommen wer- Beachtung des Konstruktionsprinzips „geringe
den. Aber auch die Lochleibung ist nachzuweisen. Dehnungsdifferenzen“ durch Angleichung der
Wegen unvermeidlicher Toleranzprobleme ist Bauteilquerschnitte (Minimierung der Dehnungs-
nicht die gesamte Schraubenbohrungskontakt- differenzen zwischen den Platten) vergleichmäßigt
fläche tragend. Soweit nicht anders gefordert, soll- werden (Bild 42).
te die rechnerische Gesamtfläche sinnvoll reduziert
werden, z. B. auf 75 %. Um bei einer Reihe senkrecht zur Kraftrichtung die
in Bild 36 gezeigten Kippeffekte zu verhindern,
6.6.5 Gestaltungshinweise sind Maßnahmen wie eine 2. Spalte und/oder Ver-
Grundsätzlich sind in einer Reihe mindestens zwei größerung der Klemmlänge und/oder das Verlegen
Schrauben anzuordnen. In Kraftrichtung ist dabei der Kraftwirkungslinie in die Trennfuge zu ergrei-
die Anzahl zu begrenzen, da an den inneren Ver- fen (Bild 43).
schraubungsstellen kaum noch Belastungen über-

Bild 41. Optimierung eines Schraubenfelds aus mehreren Reihen und Spalten durch versetzte Anordnung

Bild 42. Vergleichmäßigung durch Querschnittsanpassung


– 28 – VDI 2230 Blatt 2 Entwurf

die Genauigkeit und der Umfang an Rechenergeb-


nissen, die für die analytische Auslegung nach
VDI 2230 Blatt 1 verwendbar sind oder einzelne
Rechenschritte ersetzen und erweitern können
(z. B. das Untersuchen des Klaffens der Verbin-
dung).
Bild 43. Einschnittige Verbindung, verhindern des In den folgenden Abschnitten wird auf ein breites
Kippens Feld der Anwendungsmöglichkeiten der FEM bei
der Bewertung von Schraubenverbindungen einge-
7 FEM-Anwendung gangen. Die Hauptzielrichtung liegt in der Berech-
nung der Lastübertragung bei Mehrschraubenver-
7.1 Grundlegende Vorgehensweise bindungen und in der Ermittlung von Berech-
Die Frage, wann und in welcher Weise die Finite nungsparametern für die Auslegung der Schrau-
Elemente Methode (FEM) für die Auslegung und benverbindung nach VDI 2230 Blatt 1.
den Festigkeitsnachweis von SV einzusetzen ist, Durch die Anwendung der FEM ergibt sich ein
lässt sich nicht eindeutig und allgemeingültig be- größeres Anwendungsfeld als nach VDI 2230
antworten. Bestimmende Faktoren sind: Blatt 1 möglich. Die Anwendungsgrenzen der
x Optionen des zur Verfügung stehenden FE- VDI 2230 Blatt 1 resultieren im Wesentlichen aus
Programms (z. B. zur Modellierung von Kon- dem zugrunde gelegten analytischen Berech-
taktbedingungen, der Vorspannung, der Defini- nungsmodell. Diese sind maßgeblich die Forde-
tion von Makros) rung nach dem Einhalten der Grenzabmessung G
bzw. G', eine ausreichende Einschraubtiefe insbe-
x Kenntnisstand des Bearbeiters oder seine Erfah- sondere bei ESV, die Vermeidung von Schrauben-
rung mit dem FE-Programm und/oder der VDI- verbindungen mit geringer Klemmlänge und das
Richtlinie Vermeiden klaffender Verbindungen.
x Status der Modellierung: Liegt bereits ein FE- Durch den Einsatz der FEM müssen diese Ein-
Modell vor, wird eine FE-Berechnung für ande- schränkungen nur noch bedingt eingehalten wer-
re Fragestellungen (z. B. allgemeinen Festig- den, da über die FEM eine Vielzahl von Einflüssen
keitsnachweis) überhaupt benötigt? abbildbar sind. Weiterführende Möglichkeiten
x Konstruktionsphase (Designfindungsphase, bietet die FEM insbesondere bei der Berücksichti-
Optimierungsphase, Änderung oder Reparatur- gung von
lösung bestehender Bauteile usw.) x nichtlinearem Materialverhalten (z. B. Plastizi-
x Komplexität des Bauteils und der Bean- tät oder Kriechen)
spruchung oder: Kann die Beanspruchung und x nichtlinearen Randbedingungen (z. B. Lastab-
das Verhalten der Schraubenverbindung noch hängigkeit der Kontaktflächen)
(relativ einfach) analytisch erfasst werden?
x geometrischer Nichtlinearität (z. B. große Ver-
x spezifische Anforderungen an die SV (Ausnut- formungen bei der Simulation des Anziehvor-
zungsgrad, Sicherheit, Gewicht, sekundäre gangs)
Funktionen z. B. Wärmeleitung usw.).
Bei der Verwendung von nichtlinearen Materialei-
x Inwieweit wird der vorliegende Verschrau- genschaften in der FE-Analyse ist zu beachten:
bungsfall durch die VDI 2230 Blatt 1 oder an-
dere Regelwerke abgedeckt? x Die Richtigkeit des Werkstoffgesetztes, auch im
Hinblick auf den mehrachsigen Belastungszu-
Der Beitrag, den die FEM bei der Auslegung von stand und von Entlastungsvorgängen (diese
Schraubenverbindungen leisten kann, hängt primär Überlegung gilt insbesondere für Kriechvor-
von der Modellierung ab. Diese umfasst im We- gänge, die im Allgemeinen zeit-, last- und tem-
sentlichen die Idealisierung der Verschraubungs- peraturabhängig sind).
elemente und der Bauteile sowie die Idealisierung
der Trennfugen, die Simulation der Vorspannkräfte x Allgemein die Notwendigkeit einer feineren
und Betriebslasten. Die Anforderungen an das FE- Vernetzung als bei linear elastischen Beanspru-
Modell steigen im Allgemeinen mit dem Detaillie- chungsfällen.
rungsgrad oder in dem Maß, je realistischer die Des Weiteren lässt sich eine Materialschädigung
Schraubenverbindung inklusive ihrer Funktion durch geeignete Modelle abschätzen und so ein
abgebildet werden soll. Umgekehrt steigen mit Versagen infolge statischer oder zyklischer
zunehmendem Aufwand bei der FE-Berechnung Beanspruchung abbilden. Es ist jedoch zu beach-
Entwurf VDI 2230 Blatt 2 – 29 –

ten, dass durch die Berücksichtigung von nichtli- x Modellklasse III bildet die Schraube als Er-
nearem Material oder Systemverhalten der Be- satzvolumenkörper ab. Die Schraube wird dabei
rechnungsaufwand enorm ansteigt. Eine Superpo- ohne Gewinde modelliert. Durch das Anpassen
sition einzelner Lastfälle ist nicht mehr möglich. der Geometrie oder des Werkstoffgesetzes ist
Damit ist jede Last und Lastkombination gesondert sicherzustellen, dass diese Ersatzschraube, ins-
zu untersuchen. Daher ist in der Regel eine lineare besondere im Bezug auf die Gewinde- und
Berechnung anzustreben. Kopfnachgiebigkeit, die gleichen Eigenschaften
Weitere Hinweise für die allgemeine Anwendung wie die reale Schraube besitzt. Die Nachgie-
der FEM sind im Anhang zusammengefasst. bigkeit der Schraube kann aus Versuchen oder
nach der VDI 2230 Blatt 1 angepasst werden.
7.2 Modellierung Neben dem Kontakt in der Trennfuge kann
auch der Kontakt in den Auflageflächen der
7.2.1 Modellklassen
Schraube und der Mutter berücksichtigt werden.
Um die Verknüpfung des Modellierungsaufwands
sowie der Anforderungen an die Modellbildung x Modellklasse IV steht für die detailliert model-
mit dem erzielbaren Beitrag zur Auslegung der SV lierte Schraube und wird inklusive des Gewin-
zu verdeutlichen, werden vier Grundarten von FE- des und der Kontaktbedingungen in allen Kon-
Modellen betrachtet. Diese werden in dem vorlie- taktflächen modelliert. Damit ist mit diesem
genden Abschnitt kurz beschrieben. Die detaillierte Modelltyp eine detailgetreue Abbildung der
Beschreibung der Möglichkeiten der Modellklas- Schraube möglich.
sen erfolgt in Abschnitt 7.2.2. Die Modellklasse IV ist hier nur aufgrund der
In der Praxis ist die Zuordnung zu genau einer der Vollständigkeit aufgeführt. Für die Berechnung
Modellklassen I, II, III und IV in eindeutiger Wei- von Schraubenverbindungen im Sinn der
se nicht immer möglich; vielmehr können in einem VDI 2230 Blatt 1 ist die Verwendung einer solchen
FE-Modell Merkmale verschiedener Grundmodelle detaillierten Modellierung im Allgemeinen nicht
vorhanden sein. Eine Übersicht über die unter- notwendig. Eine Zusammenfassung der Möglich-
schiedlichen Modelltypen zeigt Tabelle 1. Die keiten der unterschiedlichen Modellierungsarten
spezifischen Merkmale der Modellklassen gestal- und eine Einschätzung über den Aufwand zeigt
ten sich wie folgt: Tabelle 2.
x Modellklasse I beschreibt die Möglichkeit der Im Gegensatz zu der in VDI 2230 Blatt 1 verwen-
Schraubenauslegung, wie sie z. B. im Beispiel deten vereinfachten Modellvorstellung, die von
B4 der VDI 2230 Blatt 1 angewendet wird. Bei einer konstanten Beanspruchungsverteilung über
der Modellklasse I wird weder die Schraube an der Schraubenlänge ausgeht, ergibt sich in den FE-
sich noch die Trennfuge berücksichtigt. Es wird Analysen mithilfe der Modelle II bis IV in der
lediglich das Bauteil abgebildet. Die zu ver- Regel ein veränderlicher Verlauf der Beanspru-
schraubenden Bauteile werden im Bereich der chung über der Schraubenlänge. Auf die Bewer-
Verspannung, definiert über die Grenzabmes- tung wird in Abschnitt 7.3.2 näher eingegangen.
sung G bzw. G' aus VDI 2230 Blatt 1, als ein 7.2.2 Spezifische Modelleigenschaften
Kontinuum modelliert. Die Auswertung des
Modells erfolgt über die Schnittlasten (Kräfte 7.2.2.1 Vorbemerkungen
und Momente) am Ort der gedachten Trennfu- Inhalt und Umfang der Auswertung der FE-
ge. Der Tragfähigkeitsnachweis für die SV er- Berechnung als Grundlage für die Schraubenausle-
folgt nach VDI 2230 Blatt 1. gung hängt im Wesentlichen von der Modellklasse
x Modellklasse II bildet die Schraube in der FE- ab. Die maßgeblichen Modellparameter sind:
Berechnung als Linienelement, also als Zug- x Nachgiebigkeiten der Schraube und der ver-
stab, Balken oder Federelement ab. Die Anbin- spannten Teile
dung an das Bauteil erfolgt über eine Kopplung x Schraubenvorspannung
in der Kopf- bzw. Mutternauflagefläche. Er-
gebnis sind die Schnittgrößen in der Schraube, x äußere mechanische und thermische Belastun-
die direkt als Eingangswerte für das in gen
VDI 2230 Blatt 1 enthaltene Nennspannungs- x Kontaktbedingungen in der Trennfuge
konzept dienen. Der Kontakt in der Trennfuge x Modellierung der Mutter- und Schraubenkopf-
kann berücksichtigt werden. auflage
– 30 – VDI 2230 Blatt 2 Entwurf

Tabelle 1. Übersicht über die Modellklassen


Modellklasse I Modellklasse II + III Modellklasse IV

Charakteristikum Schraube und Trennfuge Schraube wird als Ersatzmodell Schraube wird komplett
bleiben unberücksichtigt (Balken oder Ersatzvolumen) modelliert, inklusive Ge-
(Vorspannkraft wird nicht berücksichtigt (Vorspannkraft winde, Vorspannung und
mit abgebildet) und Trennfugenkontakt können Trennfugenkontakt
berücksichtigt werden)
Ziel der Berechnung Schnittgrößen in der Tren- Schnittgrößen (Nenngrößen) Schnittgrößen (Nenngrö-
nfuge als Eingangsgröße der Schraube ßen) der Schraube. Örtli-
in die Berechnung nach che Beanspruchung in der
der VDI 2230 Blatt 1 Schraube und im Ver-
(vgl. Beispiel B4) oder spannungsbereich
Verformungen der Aufla-
geflächen

Tabelle 2. Einteilung der FE-Modelle hinsichtlich der Modellierung und der erforderlichen Parameter
Modellklasse I II/III IV
Modellierung der Schraubenverbindung
Aufwand gering mittel groß
Idealisierung der Schraube nicht modelliert vereinfacht detailliert modelliert
Kontaktbedingungen in der nicht modelliert modelliert modelliert
Trennfuge
Vorspannung ohne mit mit
Erforderliche Parameter aus VDI 2230 Blatt 1 (angegeben ist der jeweilige Abschnitt)
Nachgiebigkeit der Schrau- 5.1.1 5.1.1/im Modell enthalten im Modell enthalten
be GS
1)
Nachgiebigkeit der Platten 5.1.2 im Modell enthalten im Modell enthalten
GP (GP*, GP**)
1)
Krafteinleitungsfaktor n 5.2.2 im Modell enthalten im Modell enthalten
Anziehfaktor DA 5.4.3 5.4.3 5.4.3
Setzbetrag fz 5.4.2.1 5.4.2.1 5.4.2.1
1)
mit Einschränkung, siehe Abschnitt 7.3

x Kontakt zwischen Schraubenschaft und Plat- Bezug auf die Eigenheiten der unterschiedlichen
tenbohrung Modellklassen beschrieben.
x lineares oder nichtlineares Material- und Mo- Innerhalb des Anwendungsgebiets der VDI 2230
dellverhalten Blatt 1 gelten die folgenden Hinweise zum Um-
x Modellierung der Gewindebereiche fang einer FE-Berechnung:
x Setzeffekte x Der Modellvorstellung der VDI 2230 Blatt 1
folgend, die den vereinfachten analytischen Be-
Somit wird bereits bei der Modellerstellung der rechnungsansätzen zugrunde liegt, ist die
spätere Berechnungsweg weitestgehend definiert. Schraube bei ausreichender Klemmlänge als ein
Gesichtspunkte, die bei der Idealisierung dieser Balken anzusehen, der eine axiale Nachgiebig-
Merkmale zu beachten sind, werden im Folgenden keit und eine Biegenachgiebigkeit besitzt. Für
zunächst in allgemeiner Hinsicht und danach mit die Berechnung der Nennbeanspruchung der
Entwurf VDI 2230 Blatt 2 – 31 –

Schraube ist es daher ausreichend, in dem FE- der in unmittelbarer Nähe von zu steif modellierten
Modell die Nachgiebigkeiten der Schraube ge- Lasteinleitungsstrukturen angeordneten Schrauben
eignet wiederzugeben. Der Begriff Nennbean- zu hoch berechnet werden.
spruchung umfasst dabei die Nennzugspan- Für die Nachgiebigkeit der Schraube ist es im All-
nung, Nennbiegespannung und Nennschub- gemeinen ausreichend, die gemäß VDI 2230
spannung im bemessungsrelevanten Querschnitt Blatt 1 bestimmte Schraubennachgiebigkeit in dem
(z. B. Spannungsquerschnitt oder Taillien- FE-Modell zu berücksichtigen. Dabei ist bei der
schaftquerschnitt). Vorgabe der Biegenachgiebigkeit darauf zu achten,
x Die Nachgiebigkeit der Platte wird zwar durch dass diese für die Schraube nicht konstant über die
die Rechenansätze in VDI 2230 Blatt 1 gut Länge verteilt ist. Der Schraubenkopf hat bei-
wiedergegeben, da die Lasteinleitungsbedin- spielsweise eine geringere Nachgiebigkeit als das
gungen (ausgedrückt durch den Krafteinlei- eingeschraubte Gewinde. Daraus resultiert auch
tungsfaktor n) allerdings immer schwierig zu eine ungleichförmige Momentenverteilung entlang
bewerten sind, sollte die Platte (also das zu ver- der Schraubenachse. Unterschiedliche Biegenach-
bindende Bauteil) in der FEM als Volumenkör- giebigkeiten einzelner Teilbereiche lassen sich in
per abgebildet werden. der Berechnung mit Modellklasse II und III abbil-
x Wird ein Klaffen oder Rutschen der Verbin- den. In der Modellklasse IV sind diese ohnehin
dung ausgeschlossen, kann das Modell im Be- enthalten. In der Regel sollte eine Modellierung
reich des Verspannungskegels durchgängig mit der mittleren Nachgiebigkeit nach VDI 2230
vernetzt werden. Wird ein teilweises Abheben, Blatt 1 ausreichend sein. Für die anderen Fälle sei
oder Klaffen oder Rutschen der Verbindung zu- auf [19; 20] verwiesen.
gelassen, ist die Berücksichtigung von Kon- Schraubenvorspannung
taktbedingungen in der Trennfuge notwendig.
Die Berücksichtigung der Schraubenvorspannung
x Durch die Berücksichtigung von elastisch- in der FE-Berechnung ist unabdingbar für die Be-
plastischem Materialverhalten lässt sich mithil- wertung
fe der FEM auch die plastische Verformung in
x der durchgängigen Beurteilung der Schrauben-
der Verbindung analysieren. Vorspannkraftver-
beanspruchung bis in den Bereich des Klaffens
luste aufgrund einer Belastung im Betrieb über
(in Verbindung mit der Modellierung des
die Streckgrenze hinaus können so bestimmt
Trennfugenkontakts),
werden. Alternativ hierzu ist nach VDI 2230
Blatt 1, Abschnitt 5.5.2 zu verfahren. x einer realistischen Abbildung der Pressung in
der Trennfuge und einer detaillierten Analyse
7.2.2.2 Modellübergreifende Merkmale des Klaffens der Verbindung (in Verbindung
mit der Modellierung des Trennfugenkontakts),
Nachgiebigkeiten
Die Nachgiebigkeiten werden im FE-Modell durch x des Rutschens in der Trennfuge bei querbean-
die Zuordnung der Materialparameter (in der Regel spruchten Verbindungen und
Elastizitätsmodul und Querkontraktionszahl) und x der mechanischen Beanspruchung der ver-
die Abbildung der Geometrie (Abmessungen und schraubten Bauteile; insbesondere in der Nähe
Gestaltung) festgelegt. Die erforderliche Netzfein- der Verschraubung (z. B. in Sacklöchern).
heit steigt mit dem Detaillierungsgrad oder mit Falls die Schraubenvorspannung in der FE-
zunehmender Modellklasse. Die Größe der Ele- Modellierung nicht enthalten ist, kann das FE-
mente orientiert sich dabei an den charakteristi- Modell nur die Schraubenzusatzbelastung FSA und
schen Abmessungen der Verschraubungselemente MSA bewerten. Die Überlagerung mit der Vorspan-
(z. B. Schaft- und Kopfdurchmesser der Schraube, nung erfolgt dann wie in VDI 2230 Blatt 1 be-
Klemmlänge, Auflagefläche der Mutter) und der schrieben.
verspannten Komponenten inklusive der An- Um den Einfluss der Schraubenvorspannung auf
schlusskörper. das mechanische Verhalten der Verbindung mithil-
Die Verteilung der äußeren Belastung auf die ein- fe der FE-Analyse realistisch zu erfassen, ist es
zelnen Schrauben einer MV wird wesentlich durch sinnvoll, auch die Möglichkeit des Klaffens in der
die Nachgiebigkeitsverteilung im gesamten Bauteil Trennfuge durch eine geeignete Modellierung der
und insbesondere durch die Steifigkeiten der An- Kontaktbedingungen zuzulassen. Dies gilt insbe-
schlussstrukturen in unmittelbarer Nähe der Ver- sondere dann, wenn die Trennfuge lokal aus der
bindungsstellen bestimmt. In dieser Hinsicht ist zu Überlagerung der Vorspannung und der externen
beachten, dass im Allgemeinen die Belastungen Belastung abheben kann. Der Aufwand in der Be-
– 32 – VDI 2230 Blatt 2 Entwurf

rechnung steigt durch die Berücksichtigung des


Kontakts (nichtlineare Berechnung).
Die Simulation der Vorspannung wird in den ver-
schiedenen kommerziellen FE-Programmen in
unterschiedlicher Weise unterstützt. Sie beruhen
im Allgemeinen auf zwei Methoden:
1) Thermische Vorspannung: Durch Vorgabe
unterschiedlicher thermischer Ausdehnungen
der Platten und der Schraube und in Folge der
elastischen Steifigkeiten wird die gewünschte
Vorspannung erzeugt. Die Vorspannung lässt
sich über die Wahl von unterschiedlichen Aus-
dehnungskoeffizienten der Mutter und Schrau- Bild 44. Prinzipskizze „Thermische Vorspannung“,
be und/oder des Temperaturniveaus in beiden z. B. durch Abkühlung der Schraube
Komponenten steuern. Nachteile des Verfah-
rens ergeben sich, falls die Verbindung auch
für thermische Lastfälle untersucht werden soll
oder falls die induzierten thermischen Verfor-
mungen unrealistische Nebenwirkungen her-
vorrufen, z. B. den Kontakt zwischen Schraube
und Bohrungswand oder Querdehnungen der
Schraube (vgl. Bild 44)
2) Mechanische Vorspannung: Über die Vorgabe
einer relativen Verschiebung zwischen den
Knoten im Schraubenschaft lässt sich die Vor-
spannkraft einstellen. Für den Betriebslastzu-
stand werden die Knoten wieder fest verbun- Bild 45. Prinzipskizze „Mechanische Vorspannung“,
den, wodurch die Schraube im Prinzip verkürzt z. B durch Zusammenziehen des Schraubenschaf-
in dem FE-Modell abgebildet wird. Die Kno- tes
ten zum Aufbringen der Verformung sollten
möglichst in einem gleichmäßig beanspruchten Trennfugenkontakt
Querschnitt liegen, um unrealistische Verzer- Durch Berücksichtigung des Trennfugenkontakts
rungen in der Verbindung zu vermeiden (vgl. in der FE-Modellierung ist es möglich, das partiel-
Bild 45). le Klaffen der Verbindung und die relative Ver-
In beiden Fällen müssen die notwendigen Parame- schiebung der verspannten Komponenten infolge
ter (Temperatur, Relativverschiebung) iterativ einer Querkraftbeanspruchung abzubilden.
ermittelt werden, um die letztendlich gewünschte Für die Modellierung der Kontaktbedingungen in
Vorspannung zu erreichen, da die Nachgiebigkeit der Trennfuge als auch in den sonstigen Auflage-
der Verbindung vorab unbekannt ist. In modernen flächen (z. B. Schraubenkopfauflage, Mutter,
FE-Programmen wird die Iteration automatisch Schraubenbolzen/-bohrung) bieten die kommer-
vorgenommen. ziellen FE-Programme unterschiedliche Möglich-
In der Berechnung ist die Vorspannkraft entspre- keiten an, die sich grob darin unterscheiden lassen,
chend der aus dem Anziehverfahren resultierenden ob die Kontaktbeziehung zwischen den Knoten
Streuung in der ungünstigen Kombination mit der oder zwischen den Elementen der beiden Trennfu-
Betriebsbelastung zu überlagern. Für den Nach- genflächen definiert wird und welche Parameter
weis der Flächenpressung und der maximalen bei der Simulation verwendet werden. Diese die-
Schraubenbeanspruchung im Betrieb ist in der nen z. B. der Beschreibung von Kontaktsteifigkei-
Regel FVmax maßgebend, für den Nachweis der ten, Reibeffekten und der Kinematik. Allgemeine
Schwingbeanspruchung und für die Bestimmung Richtlinien zur Wahl dieser Parameter können in
der Abhebegrenze ist in der Regel FVmin maßge- dieser Richtlinie nicht gegeben werden.
bend. Wird der Trennfugenkontakt in dem FE-Modell
nicht modelliert, ist es notwendig, das dadurch
möglicherweise fehlerhaft berechnete Strukturver-
halten bei der Aufbereitung der Rechenergebnisse
Entwurf VDI 2230 Blatt 2 – 33 –

zu berücksichtigen. Dies ist zumindest immer dann gleichmäßig verteilte Druckspannung definiert ist
der Fall, wenn in der nominellen Trennfuge Zug- (siehe VDI 2230 Blatt 1). Lokale Spannungsspit-
spannungen berechnet werden, die aus physikali- zen werden bei dieser Nachweisführung nicht be-
scher Sicht nicht auftreten können. In der Regel trachtet.
sollte daher die Trennfuge nur in der Grenzabmes-
sung G bzw. G' als verbunden modelliert werden. Gewinde

Die in der Trennfuge zu definierende Reibung ist Die Art und Weise, wie die Gewindebereiche von
in Abhängigkeit der Oberflächengüte in der Trenn- Schraube und Mutter im FE-Modell idealisiert
fuge zu wählen. In der Regel ist es ausreichend, die werden, beeinflusst
coulombsche Reibung zu berücksichtigen. Typi- x die Nachgiebigkeit der Verschraubung und
sche Reibungszahlen sind beispielsweise in somit die Belastung der einzelnen Komponen-
VDI 2230 Blatt 1, Tabelle A6 angegeben. ten und
Setzen
x die Möglichkeit, die lokale Beanspruchung im
Gewindebereich zu erfassen (Modellklasse IV).
Setzeffekte, die beim Vorspannen in der Trennfuge
auftreten, können in der FE-Analyse im Allgemei- Die Nachgiebigkeit des Gewindebereichs kann
nen (Ausnahme: siehe Hinweise zu Modellklasse insbesondere dann relevant werden, wenn bei ab-
IV unten) nicht durch entsprechende Modellie- nehmender Klemmlänge und bei EV der Anteil der
rungsansätze berechnet werden. Sie werden durch Gewindenachgiebigkeit an der Gesamtnachgiebig-
Unebenheiten und mikroplastische Effekte in den keit steigt. Die örtliche Beanspruchungsermittlung
Auflageflächen erzeugt und würden somit eine spielt dann eine Rolle, wenn der Festigkeitsnach-
entsprechend feine Vernetzung sowie die Verwen- weis der Schraube nicht mit Nennspannungen (wie
dung von geeigneten elasto-plastischen Material- in VDI 2230 Blatt 1), sondern mit lokalen Bean-
gesetzen oder spezielle Versuche zur Bestimmung spruchungen durchgeführt werden soll [22; 23; 24].
der Nachgiebigkeit der Oberfläche erfordern. Da- Die mit der Modellklasse IV mögliche realistische
her sind Setzbeträge zur Ermittlung der minimal Berechnung der Steifigkeit der Gewindebereiche
vorliegenden Schraubenvorspannung mithilfe der mithilfe der FEM ist beschränkt durch
Vorgaben in VDI 2230 Blatt 1 zu berechnen. Die x die notwendiger Weise sehr feine Vernetzung
minimale Montagevorspannkraft FMmin aus der Gewindegeometrie,
VDI 2230 Blatt 1 ist für die Berechnung noch um x die Geometrie- und Oberflächentoleranzen, die
den Setzkraftverlust FZ zu vermindern. nicht vollständig in einem FE-Modell darstell-
Möglich ist auch die direkte Vorgabe des Setzbe- bar sind und zu lokal unterschiedlichem Trag-
trags als Lastfall in der FE-Berechnung. Der Vor- verhalten und/oder Setzeffekten führen können,
spannkraftverlust ist dann auch ein Ergebnis der und
FE-Analyse.
x die angenommene Reibung im Gewinde, die die
Kopf- und Mutterauflage Relativverschiebungen und damit prinzipiell
Die Kontaktbedingungen in den Auflageflächen auch die Nachgiebigkeit beeinflusst. Dieser
der Mutter und des Schraubenkopfs sind im All- Einfluss ist allerdings als gering zu bewerten.
gemeinen – und verglichen mit denjenigen in der Kontakt zwischen Schraubenschaft und
Trennfuge – für die Auslegung der Verschraubung Plattenbohrung
von untergeordneter Bedeutung. Ihre Modellierung Die kinematischen Bedingungen zwischen Schrau-
mithilfe von Kontaktbedingungen ist daher in den benschaft und Plattenbohrung sind zu berücksich-
meisten Fällen nicht notwendig. Ausnahmen von tigen, wenn
dieser Vorgehensweise ergeben sich z. B. dann,
wenn Gleitbewegungen der Kontaktflächen be- x eine Passschraube eingesetzt wird,
rechnet werden, um z. B. die Neigung zum selbst- x es auch ohne die Verwendung von Passschrau-
tätigen Losdrehen bewerten zu können [21]. ben aufgrund der Fertigungstoleranzen und der
Eine detaillierte Modellierung der Auflagebereiche Verformungen zu einem Kontakt zwischen bei-
von Schraubenkopf und Mutter – durch eine feine den Komponenten kommen kann und
Vernetzung und Kontaktbedingungen – ist auch für x es zum Rutschen in der Verbindung kommen
die Beurteilung der dort induzierten Druckspan- kann.
nungen unnötig. Der Festigkeitsnachweis erfolgt Das Kontaktmodell muss den Bereich der Passung
üblicherweise mithilfe der werkstoffabhängigen wiedergeben. So kann beispielsweise der Durch-
Grenzflächenpressung, die wiederum als globale, messer der Schraube für die Kontaktdefinition von
– 34 – VDI 2230 Blatt 2 Entwurf

dem Durchmesser abweichen, der für die Nachgie- Schraubenvorspannung


bigkeitsbetrachtungen verwendet wird. Die Schraubenvorspannung wird bei Modellklasse I
in der FE-Berechnung nicht simuliert.
Nichtlineares Materialverhalten
Bei der Auslegung nach VDI 2230 Blatt 1 wird die Trennfugenkontakt
Schraube im Betrieb rein elastisch beansprucht Der Trennfugenkontakt wird bei der Modellierung
(bezogen auf die Schraubennennspannung). Dies nicht berücksichtigt. Die verspannten Bauteile
wird über VDI 2230 Blatt 1, Gleichung (5.5/10) werden in der Trennfuge als ideal fest verbunden
sichergestellt. Nichtlineares Materialverhalten wird angenommen. Falls die Grenzabmessung konstruk-
daher nicht bzw. allenfalls über empirische Ansät- tiv nicht eingehalten wurde, ist nur der Bereich der
ze, z. B. Abschläge bei den Setzeffekten, in der Trennfuge als verbunden zu modellieren, der in-
Berechnung berücksichtigt. Die Berücksichtigung nerhalb der Grenzabmessung G bzw. G' liegt. Ein
von nichtlinearem Materialverhalten empfiehlt sich Klaffen und Rutschen der Verbindung ist ausge-
daher für die Bewertung des Vorspannkraftver- schlossen.
lusts. Für die Auswertung der Schnittkräfte am Ort der
7.2.2.3 Modellklasse I Trennfuge kann es bei Mehrschraubenverbindun-
gen sinnvoll sein, die zu verbindenden Bauteile
Nachgiebigkeiten getrennt zu modellieren und die Teile über starre
Die Nachgiebigkeit der Struktur ist über die Mo- Kopplungen und einen Referenzknoten im Bereich
dellierung der Bauteile im Modell enthalten und der Grenzabmessung starr zu verbinden
damit die Lastverteilung auf die Schrauben. Dabei (Bild 46). Eine Auswertung der Schnittkräfte an
wird die Nachgiebigkeit der Schraube näherungs- den jeweiligen Schraubenpositionen ist dann über
weise dadurch berücksichtigt, dass die Bohrung die Auswertung der Referenzknoten möglich.
nicht abgebildet wird.
Setzen
Für die Ableitung von Schnittgrößen und Verfor-
Das Setzen wird bei der Modellierung nicht be-
mungen für die Ermittlung der Schraubenzusatzbe-
rücksichtigt.
anspruchung sind die in VDI 2230 Blatt 1 definier-
ten Grenzabmessungen G und G' einzuhalten. Der Kopf- und Mutterauflage
Tragfähigkeitsnachweis für die herausgelöste kriti- Die Kopf- und Mutterauflage wird bei der Model-
sche Schraubenverbindung ist mit den nach lierung nicht berücksichtigt.
VDI 2230 Blatt 1 berechneten Nachgiebigkeiten
der Schraube und Platten durchzuführen. Schraubengewinde
Das Schraubengewinde wird bei der Modellierung
nicht berücksichtigt.

Bild 46. Beispiel zur Modellierung der Trennfuge in Modellklasse I bei Nichteinhaltung der Grenzabmessung
G als Kontinuum (a) und über starre Kopplungen (b)
Entwurf VDI 2230 Blatt 2 – 35 –

Kontakt zwischen Schraubenschaft und ordnet werden. Diese lassen sich aus den Nachgie-
Plattenbohrung bigkeiten der Schraube gemäß VDI 2230 Blatt 1,
Der Kontakt zwischen Schraubenschaft und Plat- Abschnitt 5.1.1 berechnen. Wird die Schraube als
tenbohrung wird bei der Modellierung nicht be- ein Balken mit konstantem Querschnitt idealisiert
rücksichtigt. betrachtet, so ergeben sich die Ersatzquerschnitts-
werte Aers und Iers aus den Nachgiebigkeiten GS und
Nichtlineares Materialverhalten
ES der VDI 2230 Blatt 1 zu
Da die Schraube als solches sowie die Vorspan-
lK
nung in FE-Modellen der Modellklasse I nicht Aers
abgebildet werden, kann der unmittelbare Einfluss ES ˜ G S
(70)
von Materialnichtlinearitäten oder von Tempera- lK
I ers
turfeldern auf die Vorspannung der Schraube nicht ES ˜ E S
berechnet werden.
Die Anbindung der Balken- bzw. Federelemente
Andererseits bietet die FE-Analyse die Möglich- an die Bauteile im Bereich der Kopf- und Mutter-
keit auflage bzw. im Bereich des Sacklochs erfolgt wie
x das allgemeine Temperaturniveau an der Stelle in Bild 47, skizziert über eine starre Kopplung.
der Schraubenverbindung und Das Bauteil wird als Volumenkörper modelliert.
x durch nichtlineare (plastische) Verformungen Damit lässt sich die Plattennachgiebigkeit genau
veränderte Steifigkeiten in den Bauteilen erfassen. Die Anbindung des Balkens an das Bau-
zu erfassen und diese Information in der nachfol- teilvolumen muss wie in Bild 47 skizziert flächig
genden Schraubenauslegung einfließen zu lassen. erfolgen, damit die lokale Nachgiebigkeit direkt an
der Anbindung die Gesamtnachgiebigkeit nicht
7.2.2.4 Modellklasse II verfälscht.
Nachgiebigkeiten Schraubenvorspannung
Die Schraube wird mit Balkenelementen oder Fe- Die Schraubenvorspannung kann nach den in Ab-
derelementen mit translatorischen und rotato- schnitt 7.2.2.2 beschriebenen Methoden in der FE-
rischen Freiheitsgraden abschnittsweise idealisiert. Analyse berücksichtigt werden. Die Verteilung der
Um die Nachgiebigkeit realistisch abzubilden, Druckspannungen in der Trennfugenebene wird im
müssen diesen Elementen entsprechende Material- Allgemeinen nur bei größeren Klemmlängen und
und Geometrie- bzw. Steifigkeitsparameter zuge- bei DSV hinreichend realistisch abgebildet.

Bild 47. Anbindung des Balken- oder Federelements an die Gesamtstruktur/Modellierung der Schraube mit
einem (a) und mehreren Querschnitten (b) bei Modellklasse II
– 36 – VDI 2230 Blatt 2 Entwurf

Trennfugenkontakt Kontakt zwischen Bohrung und Schraube ange-


Wird der Trennfugenkontakt vernachlässigt und messen zu beachten.
das Bauteil als ein durchgängiges Volumen model-
Nichtlineares Materialverhalten
liert, so kann aus den Schnittgrößen der als Balken
modellierten Schraube direkt die Schraubenbean- Das elastisch plastische Kraft-Verformungs-Ver-
spruchung ermittelt werden. Bei Berücksichtigung halten der Schraube kann durch ein entsprechendes
der Vorspannkraft ergibt sich die Gesamtbeanspru- Werkstoffgesetz auch bei Balkenelementen be-
chung in der Schraube, bei der Modellierung ohne rücksichtigt werden. Damit lassen sich auch mit
Vorspannkraft die Schraubenzusatzbeanspruchung. dieser Modellklasse Vorspannkraftverluste infolge
Die Anwendungsgrenzen für diese Modellierung in plastischer Verlängerung bewerten.
Bezug auf das Klaffen der Verbindung entsprechen 7.2.2.5 Modellklasse III
den Einschränkungen der Modellklasse I.
Weil die Vorspannung in der Berechnung berück- Nachgiebigkeiten
sichtigt wird, kann auch der Trennfugenkontakt Durch die Abbildung der Schraube als Volumen-
modelliert werden. Mit einem solchen Modell ist körper mit realitätsnaher Geometrie ist die Nach-
das gesamte Tragverhalten der Schraubenverbin- giebigkeit der Schraube – ausgenommen des ein-
dung vom verspannten System bis zum Klaffen geschraubten Gewindebereichs – im Modell ent-
abbildbar. Ergebnis ist die Gesamtbeanspruchung halten. In der Regel ist es in Bezug auf die Nach-
der Schraube. giebigkeit des eingeschraubten Gewindes ausrei-
chend, den Gewindebereich der Schraube mit der
Setzen Mutter (bei DSV) bzw. dem Bauteil (bei ESV)
Das Setzen wird bei der Modellierung nicht expli- direkt zu koppeln (vgl. Bild 48). Die Nachgiebig-
zit beachtet, sondern über die minimale Vorspann- keit des nicht eingeschraubten belasteten Gewindes
kraft berücksichtigt. kann vereinfachend über den Kerndurchmesser
Als Sonderfall kann der Setzbetrag aus der berücksichtigt werden.
VDI 2230 Blatt 1, Tabelle 5.4/1 entnommen wer-
Schraubenvorspannung
den und als Zwangsverschiebung der Schraube in
der FEM aufgebracht werden. Die Schraubenvorspannung wird in der FE-Ana-
lyse berücksichtigt.
Kopf- und Mutterauflage
Trennfugenkontakt
Die Kopf- und Mutterauflage wird bei der Model-
lierung nicht berücksichtigt. Lediglich die Größe Der Kontakt in der Trennfuge wird modelliert. Das
der Auflagefläche wird abgebildet. Modell ermöglicht die Analyse des gesamten
Tragverhaltens der Schraubenverbindung vom
Schraubengewinde verspannten System bis zum Klaffen. Ergebnis ist
Das Schraubengewinde wird – ausgenommen sei- die Gesamtbeanspruchung der Schraube.
ner Nachgiebigkeit – bei der Modellierung nicht
Setzen
berücksichtigt.
Das Setzen wird bei der Modellierung nicht expli-
Kontakt zwischen Schraubenschaft und zit beachtet, sondern über die minimale Vorspann-
Plattenbohrung kraft berücksichtigt.
Der Kontakt zwischen Schraubenschaft und Plat- Als Sonderfall kann der Setzbetrag aus VDI 2230
tenbohrung wird im Allgemeinen bei der Modellie- Blatt 1, Tabelle 5.4/1 entnommen werden und als
rung nicht berücksichtigt. Im Fall von Passschrau- Zwangsverschiebung der Schraube in der FEM
ben oder beim Rutschen der Verbindung ist der aufgebracht werden.

Bild 48. Kontaktflächen des Volumenmodells der Modellklasse III


Entwurf VDI 2230 Blatt 2 – 37 –

Kopf- und Mutterauflage gen im Schraubenschaft und im Schraubenge-


Wird der Kontakt im Bereich der Kopf- und Mut- winde realitätsnah modelliert werden.
terauflage modelliert, so können Querverschiebun-
Schraubenvorspannung
gen in diesem Bereich bewertet werden. Rück-
schlüsse auf eine mögliche Losdrehneigung der Die Schraubenvorspannung wird bei dieser Mo-
Verbindung sind damit möglich. Eine Abschätzung dellklasse berücksichtigt. Prinzipiell ist auch die
der Grenzflächenpressung oder von Setzbeträgen Berechnung des Anziehvorgangs möglich [22].
empfiehlt sich jedoch nicht, da hierfür hohe Anfor- Trennfugenkontakt
derungen an die Modellierung dieser Bereiche
bestehen und gegebenenfalls spezielle Versuche Der Trennfugenkontakt wird bei diesen Modellen
notwendig sind. berücksichtigt.
Setzen
Schraubengewinde
Das Schraubengewinde wird – ausgenommen sei- Das Setzen kann prinzipiell mit dieser Modellklas-
se simuliert werden. Dies kann z. B. durch die
ner Nachgiebigkeit – bei der Modellierung nicht
berücksichtigt. Definition von Kontaktelementen mit Geometrie-
und Materialeigenschaften erfolgen, die an die
Kontakt zwischen Schraubenschaft und Setzvorgänge angepasst sind. Es ist zu beachten,
Plattenbohrung dass in der Regel spezielle Versuche notwendig
Der Kontakt zwischen Schraubenschaft und Plat- sind, um die mechanischen Eigenschaften der O-
tenbohrung wird im Allgemeinen bei der Modellie- berflächen in dem FE-Modell geeignet zu kalibrie-
rung nicht berücksichtigt. Im Fall von Passschrau- ren.
ben oder beim Rutschen der Verbindung ist der
Kopf- und Mutterauflage
Kontakt zwischen Bohrung und Schraube ange-
messen zu beachten. Der Kontakt im Bereich der Kopf- und Mutterauf-
lage wird modelliert. Querverschiebungen in die-
Nichtlineares Materialverhalten sem Bereich lassen sich bewerten. Rückschlüsse
Das elastisch-plastische Kraft- und Verformungs- auf eine mögliche Losdrehneigung der Verbindung
verhalten der Schraube kann durch ein entspre- sind damit möglich. Eine Abschätzung der Grenz-
chendes Werkstoffgesetz berücksichtigt werden. flächenpressung oder von Setzbeträgen empfiehlt
Damit lassen sich auch mit dieser Modellklasse sich jedoch nicht, da hierfür hohe Anforderungen
Vorspannkraftverluste infolge plastischer Verlän- an die Modellierung dieser Bereiche bestehen und
gerung bewerten. gegebenenfalls spezielle Versuche notwendig sind.

7.2.2.6 Modellklasse IV Schraubengewinde


Das Schraubengewinde wird bei dieser Modell-
Nachgiebigkeiten klasse berücksichtigt. Im Gewinde sind entspre-
Die Nachgiebigkeiten sind komplett im FE-Modell chende Kontaktbedingungen zu definieren.
enthalten. Mit wachsender Modellfeinheit und
gleichzeitiger Anpassung an die reale Geometrie Kontakt zwischen Schraubenschaft und
nimmt der Genauigkeitsgrad der Berechnung zu. Plattenbohrung
Hierbei sind zwei Aspekte zu unterscheiden: Der Kontakt zwischen Schraubenschaft und Plat-
1) Um mithilfe der FE-Analyse die Schrauben- tenbohrung wird im Allgemeinen bei der Modellie-
kräfte und das Klaffungsverhalten zu bestim- rung nicht berücksichtigt. Im Fall von Passschrau-
men, reicht es aus, die Steifigkeiten möglichst ben oder beim Rutschen der Verbindung ist der
genau zu modellieren. Die Größe der Elemente Kontakt zwischen Bohrung und Schraube ange-
orientiert sich an den charakteristischen Abma- messen zu modellieren.
ßen der Trennfuge und dem Schraubendurch- Nichtlineares Materialverhalten
messer.
Die Berücksichtigung von nichtlinearem Material-
2) Sollen aus der FE-Analyse lokale Spannungen verhalten und damit die Berechnung des Bauteil-
für den Festigkeitsnachweis bestimmt werden, verhaltens der Schraube aus den Materialeigen-
ergeben sich in der Regel deutlich höhere An- schaften ist mit diesem Modell möglich. Dies
forderungen an die Feinheit der Vernetzung. In bleibt allerdings in Bezug auf die Auslegung von
diesem Fall muss die Geometrie der Kerbradien Schraubenverbindungen eine Sonderanwendung.
in der Schraubenkopfauflage und von Übergän-
– 38 – VDI 2230 Blatt 2 Entwurf

7.3 Ableitung der Berechnungsgrößen aus sen lässt. Formal lässt sich die beschriebene Me-
der FE-Rechnung thodik zwar auch für Mehrschraubenverbindungen
Bei der Berechnung von Schraubenverbindungen anwenden, das Ergebnis ist dann allerdings ein
können zwei grundsätzliche Lastfälle unterschie- Gleichungssystem, das die Interpretation in den
den werden: Schrauben zugeordnete Einzelsteifigkeiten nicht
1) Montagezustand, das Aufbringen der Montage- mehr zulässt.
beanspruchung Für ESV lassen sich die Nachgiebigkeiten aus der
2) Betriebszustand, die Simulation der Betriebsbe- Auswertung von Einheitsbelastungsfällen mithilfe
lastung (z. B. Innendruck, Einzelkräfte, thermi- der FEM berechnen. Die hierfür notwendigen Ein-
sche Belastung usw.) heitsbelastungen ‚1’ und ‚2’ sind in Bild 49 dar-
gestellt. Die Einheitsbelastungen sind im Bereich
Diese Lastfälle sind daher auch bei der FE-Analyse
der Auflageflächen flächig aufzubringen. Für die
zu unterscheiden. In der Berechnung sind diese
Bewertung der Nachgiebigkeiten sind die mittleren
Lastfälle in der ungünstigen Kombination zu über-
Verformungen zu verwenden.
lagern.
Die Ergebnisse der FE-Analyse, die direkt für den
Nachweis der Schraubenverbindung verwendet
werden können, sind Reaktionskräfte und Span-
nungen in der Schraube und in der Platte (zu ver-
bindende Bauteile) sowie das Verformungsverhal-
ten der Kontaktflächen in der Trennfuge. Die Er-
läuterungen im Folgenden beziehen sich im We-
sentlichen auf die Auswertung von FE-Ergebnissen
zur Bestimmung der Eingangsgrößen für die An-
wendung des Nachweises nach VDI 2230 Blatt 1.
Für alternative Auswertungen und Nachweisfüh-
rungen werden lediglich Hinweise gegeben. Die
Nachweisführung ist in Abschnitt 7.4 beschrieben.
7.3.1 Nachgiebigkeiten

7.3.1.1 Modellklasse I

Plattennachgiebigkeit
Für die Berechnung der Plattennachgiebigkeiten ist
zu beachten, dass sich die in VDI 2230 Blatt 1
unterschiedenen Nachgiebigkeiten aus der Herlei- Bild 49. Einheitsbelastungsfälle zur Berechnung
tung der analytischen Beziehungen ergeben. Eine der Plattennachgiebigkeit, Modellklasse I
direkte Ermittlung der einzelnen Größen ist
Für das zentrisch verspannte System (ssym = 0)
schwierig, da hierzu spezielle Berechnungen not-
ergibt sich:
wendig sind, die die vereinfachten Modellannah-
men in VDI 2230 Blatt 1 nachstellen. Dies betrifft f P' 1'
GP (71)
insbesondere die Bestimmung von GP**. Die Tren- ' 1'
nung zwischen n und GP** folgt alleine aus dem Für das exzentrisch verspannte System (ssym  0)
Aufbau des Formelapparats in der VDI 2230 ergibt sich:
Blatt 1. In dem FE-Modell, das die Verschraubung f P' 1'
als Kontinuum abbildet, ist eine Trennung zwi- G P* (72)
schen dem Krafteinleitungsfaktor n und der Nach- ' 1'
giebigkeit GP** nur schwer möglich. Für die Be- Das Produkt {n GP **} ergibt sich zu

^ `
rechnung der Schraubenzusatzkraft ist immer das f P ' 2'
Produkt n und GP** von Interesse. Daher wird im n G P** (73)
' 2'
Folgenden auch nur die Ermittlung von {n GP**}
Für die Modellklasse I resultiert aus dieser Vorge-
beschrieben.
hensweise der Fehler, dass die Bohrung in dem
Für Mehrschraubenverbindungen lassen sich die FE-Modell nicht berücksichtigt wird. Die Platte
Nachgiebigkeiten nur bestimmen, wenn sich aus besitzt damit eine zu geringe Nachgiebigkeit.
der Mehrschraubenverbindung eine ESV herauslö-
Entwurf VDI 2230 Blatt 2 – 39 –

Schraubennachgiebigkeit berücksichtigen, z. B. durch die Anzahl der gekop-


Die Berechnung der Schraubennachgiebigkeit ist pelten Knoten zwischen Schraube und Mutter oder
mit der Modellklasse I nicht möglich. Einschraubgewinde.

7.3.1.2 Modellklasse II 7.3.1.4 Modellklasse IV

Plattennachgiebigkeit Plattennachgiebigkeit
Für die Plattennachgiebigkeit gelten die für die Für die Plattennachgiebigkeit gelten die für die
Modellklasse I formulierten Zusammenhänge. Die Modellklasse II formulierten Zusammenhänge.
Schraube wird in dem FE-Modell nicht mit model-
Schraubennachgiebigkeit
liert. Bei der Berücksichtigung von Kontakt in der
Trennfuge ergeben sich die Abmessungen des Zur Berechnung der Schraubennachgiebigkeit wird
Druckkegels und damit die Grenzabmessungen G empfohlen, die Schraube inklusive der Mutter oder
bzw. G' direkt aus der Berechnung. Ohne Kontakt- des eingeschraubten Gewindes aus dem Gesamt-
bedingungen ist die Trennfuge im Bereich der modell herauszulösen und in einem separaten Mo-
Grenzabmessung G bzw. G' gemäß VDI 2230 dell die Verformungen unter definierten Belastun-
Blatt 1 als fest gekoppelt anzunehmen. Für die gen zu ermitteln. Dies ist in Bild 50 gezeigt.
Bestimmung von GP* kann der Lastfall Vorspan- Die Gesamtnachgiebigkeit ergibt sich über die
nung genutzt werden. Beziehungen
fS' 3'
Schraubennachgiebigkeit GS (74)
Die Berechnung der Schraubennachgiebigkeit ist ' 3'
mit der Modellklasse II nicht möglich, sie ist als IS' 4'
ES (75)
Eingangsgröße im Modell enthalten. ' 4'
7.3.1.3 Modellklasse III Hieraus folgt die gemittelte Nachgiebigkeit für die
Schraube, die mit den Nachgiebigkeiten aus der
Plattennachgiebigkeit VDI 2230 Blatt 1 zu vergleichen sind. Unterschie-
Für die Plattennachgiebigkeit gelten die für die de in der Nachgiebigkeitsverteilung über der
Modellklasse II formulierten Zusammenhänge. Schraubenlänge verschwinden dabei.
Die Ermittlung der einzelnen Teilnachgiebigkeiten
Schraubennachgiebigkeit
aus der FEM ist ebenfalls in Bild 50 am Beispiel
Da die Schraube als Volumenmodell in der FE- der Kopfverdrehung gezeigt (für die anderen Ver-
Berechnung abgebildet wird, ist die Ermittlung der formungsanteile gilt dies analog). Hierfür ist bei
Schraubennachgiebigkeit exklusive des einge- der Berechnung der einzelnen Teilnachgiebig-
schraubten Gewindebereichs möglich (vgl. Be- keiten nur der Verformungsbetrag in Rechnung zu
rechnung der Einzelnachgiebigkeiten bei Modell- stellen, der auf den jeweiligen Abschnitt entfällt.
klasse IV). Die Nachgiebigkeit des eingeschraub- Bei der Ermittlung der Verformung an Kerbstellen
ten Gewindebereichs ist nach VDI 2230 Blatt 1 zu ist darauf zu achten, dass die Verformungen einen
berechnen und durch geeignete Modellierung zu starken Gradienten aufweisen können.

Bild 50. Einheitsbelastungen zur Bestimmung der Schraubennachgiebigkeit


– 40 – VDI 2230 Blatt 2 Entwurf

Daher ist die mittlere Verformung (gemittelt über 7.3.3 Schraubenzusatzbeanspruchung durch
die Flächen) zu betrachten. Für die Teilnachgie- äußere Betriebslasten
bigkeiten gilt: Im Folgenden wird modellklassenabhängig die
'fS' 3',i Ermittlung der Schraubenzusatzbeanspruchung aus
Gi (76) der äußeren Betriebslast beschrieben. Da der Tor-
' 3' sionsanteil aus der Montage in den Modellen nicht
'IS' 4',i berücksichtigt wird, ist die Schraubenbeanspru-
ES (77)
' 4' chung für den Nachweis um den Torsionsanteil aus
Im Allgemeinen treten die Verdrehungen nicht um dem Anziehdrehmoment gemäß VDI 2230 Blatt 1
eine Achse auf, sondern frei im Raum. Daher sind Abschnitt 5.5.2 zu ergänzen.
aus den Verdrehungen die Hauptverdrehungen 7.3.3.1 Modellklasse I
bezogen auf ein Koordinatensystem mit der
Durch die Modellierung gemäß der Modellklasse I
Schraubenlängsachse als Koordinatenachse zu
kann die Schraubenbeanspruchung nicht direkt,
ermitteln.
sondern nur über Hilfsgrößen bestimmt werden.
7.3.2 Schraubennennbeanspruchung Die Auswertung kann auf zwei verschiedene Arten
Montagezustand erfolgen:
Die Montagebeanspruchung setzt sich – außer bei a) Berechnung der Schnittgrößen aus der Normal-
den rein längenden Verfahren – aus der Vorspann- und Schubspannungsverteilung in der Trennfu-
kraft und dem aus dem Anziehdrehmoment resul- ge und eine anschließende Bewertung der Ver-
tierenden Torsionsmoment zusammen. In den Mo- bindung nach der VDI 2230 Blatt 1
dellklassen II bis III kann allerdings nur die Mon- b) Bestimmung der Verschiebungen und Verdre-
tagevorspannkraft mit abgebildet werden. Daher ist hungen am Ort der Schrauben und Mutteraufla-
diese Beanspruchung wie in VDI 2230 Blatt 1, ge und eine anschließende Berechnung der
Abschnitt 5.5.1 beschrieben zu ermitteln. Schraubenbeanspruchung über die Verformung
Die Beeinflussung der Vorspannkraft durch die und die Nachgiebigkeit
Reihenfolge des Anziehens infolge der Überlage- Die unter a genannte Möglichkeit ist bei Mehr-
rung der unterschiedlichen Druckkegel kann in der schraubenverbindungen im Wesentlichen an die
Berechnung durch das schrittweise, rein axiale, Bedingung geknüpft, dass die gekoppelten Knoten
also torsionsmomentenfreie Vorspannen nähe- der Trennfuge eindeutig einer Schraubenposition
rungsweise abgebildet werden. Das Modell ist zugeordnet werden. Ist dies möglich, so lässt sich,
gemäß den Modellklassen II – IV aufzubauen. Im wie in Bild 51 skizziert, die Trennfugenbean-
Allgemeinen sind diese Effekte jedoch zu vernach- spruchung ermitteln und daraus die Größen FA , a
lässigen. und FQ bestimmen (siehe hierzu auch VDI 2230
Für eine detaillierte FE-Analyse der Montagebean- Blatt 1, Beispiel B4).
spruchung aus Torsionsmoment und Axialkraft
wird auf [22] verwiesen.

Bild 51. Auswertung der Trennfugenbeanspruchung und Rückrechnung der Größen a und FA mithilfe der
Modellklasse I
Entwurf VDI 2230 Blatt 2 – 41 –

Der Abstand a ergibt sich aus der Auswertung der 7.3.3.2 Modellklasse II
Schnittgrößen in der Trennfuge zu: Die Schraubenbelastung resultiert direkt aus den
M Kl  FQ ˜ h Schnittkräften FS und MS der als Balken idealisier-
a (78) ten Schraube. Wird die Vorspannung mit berech-
FKl
net, ergibt sich die Schraubenzusatzbelastung aus
mit FA FKl (79) der Differenz des Lastfalls Vorspannung (FV, MV)
mit dem Betriebslastfall (FS, MS). Es gilt:
Dabei ist
h halbe Klemmlänge FSA FS  FV
(81)
Die unter zweitens genannte Möglichkeit ist we- M SA MS  M V
sentlich allgemeiner zu verwenden. Eine explizite Die Umrechnung in Nennspannungen für die
Zuweisung einer Kraft FA und eines Hebelarms a Nachweisführung muss für den bemessungsrele-
zu der jeweiligen Schraube muss nicht erfolgen. vanten Querschnitt (z. B. Spannungsquerschnitt
Die SV wird gemäß der Vorgehensweise der Mo- oder der Taillienquerschnitt) erfolgen. Bei variab-
dellklasse I modelliert und berechnet. Aus dem len Schnittgrößen entlang der Schraubenachse ist
Modell lassen sich die Verformungen an den ge- konservativ die Maximalbeanspruchung anzuset-
dachten Auflageflächen von Schraubenkopf und zen, auch wenn dieses nicht am Ort des ersten tra-
Mutter ablesen (vgl. Bild 52). genden Gewindegangs vorliegt.
Wird vorausgesetzt, dass sich die Auflagepunkte in
7.3.3.3 Modellklasse III
ihrer Projektion nicht relativ zueinander verschie-
ben (ein S-Schlag der Schraube tritt nicht auf), Direkte Ergebnisse der Modellierung mit der Mo-
ergibt sich die Schraubenzusatzbelastung zu: dellklasse III sind die Spannungen und Dehnungen
an der Schraube. Bei der Ermittlung der Schrau-
FSA fo  f u / GS bennennbeanspruchung ist darauf zu achten, dass
(80)
M SA M o  M u / E S die Spannungen, die in der FEM berechnet werden,
in der Regel nicht mit den für das jeweilige Be-
Die grundlegende Modellvorstellung für diesen messungskonzept notwendigen Nennspannungs-
Ansatz ist, dass die Schraube wesentlich nachgie- definitionen übereinstimmen. Daher ist für die
biger ist als die Platte und damit die Verformung Ermittlung der Nennbeanspruchung die folgende
durch das Bauteil aufgezwungen bekommt. Die Vorgehensweise zu wählen (vgl. Bild 53):
Schraubennachgiebigkeit ist dabei näherungsweise
durch die Vernachlässigung der Bohrung in der 1) Auswertung des Spannungsverlaufs entlang
Berechnung der Gesamtverformung berücksichtigt. der Schraubenlängsachse in einem Abschnitt
ohne Querschnittssprünge (keine Kerbstellen)
der Schraube auf der Biegezug- und -druck-
seite
2) Extrapolation des Spannungsverlaufs in die
Ebene des ersten tragenden Gewindegangs und
in die Ebene unterhalb des Schraubenkopfs
3) Berechnung der vorhandenen Schnittkräfte und
-momente aus der extrapolierten maximalen
Spannung und den im Modell abgebildeten
Bezugsquerschnitten (ABz, WBz)
V re  V li
FS ABz
2 (82)
V re  V li
MS WBz
2
Die Schraubenzusatzbelastung ergibt sich aus der
Differenz der Schnittgrößen aus dem Lastfall Vor-
spannung mit dem Betriebslastfall. Es gelten R0
bis R11 in Abschnitt 7.4.

Bild 52. Ermittlung der Verformungsgrößen zur


Abschätzung der Schraubenverformung mithilfe
der Modellklasse I
– 42 – VDI 2230 Blatt 2 Entwurf

Bild 53. Auswertung der Spannungsverteilung zur Rückrechnung der Nennbeanspruchung, Modellklasse III
Aus den so gewonnenen Schnittgrößen lassen sich 1
die Nennbeanspruchungen gemäß der jeweiligen pB max ³ pmax x, y dA
APmin APmin
Nennspannungsdefinition des Nachweiskonzepts (83)
bestimmen. Die hierfür notwendigen Quer- FSmax
schnittswerte unterscheiden sind im Allgemeinen APmin
von denen aus Gleichung (81).
Auch hier kann es, wie in Bild 53 angedeutet, zu 7.3.5 Abheben, Klaffen, Rutschen
einem Gradienten der Beanspruchung über der 7.3.5.1 Modellklasse I
Schraubenlänge kommen. Für einen Nachweis
Mit der Modellklasse I lässt sich das Tragverhalten
sollte hier auf der sicheren Seite liegend die Ma-
nur bis zum Beginn des Abhebens beschreiben.
ximalbeanspruchung angesetzt werden, auch wenn
Die Änderung des Tragverhaltens durch Rutschen
dieses nicht am Ort des ersten tragenden Gewinde-
oder Klaffen kann nicht betrachtet werden. Der
gangs vorliegt.
Beginn des Klaffens kann durch eine Überlagerung
7.3.3.4 Modellklasse IV der Spannungen am Ort der Trennfuge und der
Nach der Modellklasse IV lassen sich die örtlichen Spannungsverteilung aus der Montagevorspann-
Beanspruchungen in jeder Kerbstelle ermitteln und kraft erfolgen. Klaffen tritt dann auf, wenn sich die
über ein entsprechendes örtliches Nachweiskon- Spannungen aus der Montage und dem Betrieb
zept bewerten [20; 22; 23; 24]. gerade aufheben. Für die Abschätzung der Span-
nungsverteilung aus der Montage kann der in
Eine Auswertung der Nennbeanspruchung erfolgt VDI 2230 Blatt 1 definierte Druckkegel herange-
wie für die Modellklasse III beschrieben. zogen werden. Ansonsten ist das Klaffen nach
7.3.4 Flächenpressung VDI 2230 Blatt 1 zu bewerten, wobei GP mithilfe
Mit den Modellklassen III und IV kann die Flä- des FE-Modells ermittelt werden kann.
chenpressung in der Schraubenkopf- und Muttern- 7.3.5.2 Modellklasse II
auflage detailliert analysiert werden. Auf eine aus- Im Gegensatz zu VDI 2230 Blatt 1 kann bei der
reichend feine Diskretisierung ist zu achten. Die Berechnung mithilfe der FEM partielles Klaffen
Geometrie der Kanten sollte abgerundet modelliert
zugelassen werden, wenn die daraus resultierende
werden. Untersuchungen hierzu sind in [25] ent- Zusatzbeanspruchung auf die Schraube bei den
halten. Festigkeitsnachweisen berücksichtigt wird und aus
Der Nachweis der Grenzflächenpressung erfolgt dem Klaffen, insbesondere bei einer zyklisch wir-
allerdings mit der Nennpressung in den Auflage- kenden Beanspruchung, keine Beeinträchtigung in
flächen. Spannungsspitzen werden nicht bewertet. der Nutzung folgt. Der nichtlineare Zusammen-
Eine feine Modellierung der Grenzflächen ist da- hang zwischen der Betriebskraft und der Schrau-
mit im Allgemeinen nicht notwendig. Die Auswer- benzusatzbelastung ist dabei zu beachten.
tung erfolgt wie in VDI 2230 Blatt 1 beschrieben:
Entwurf VDI 2230 Blatt 2 – 43 –

Aus den Berechnungen lassen sich Grenzkräfte für R2 Mindestklemmkraft


ein beginnendes Klaffen (Abhebegrenze der Ver- Die Ermittlung der Mindestklemmkraft FKQ erfolgt
bindung) und für ein Rutschen infolge Querbelas- nach VDI 2230 Blatt 1. Die erforderlichen Ein-
tung ableiten. Indikatoren hierfür ergeben sich gangsgrößen sind die Reaktionskräfte in der Ver-
neben der direkten Auswertung von Knotenver- bindung (vgl. R0).
formungen in der Trennfuge aus Größen, die pro- Ferner ist für die Gewährleistung des Reibschlus-
grammabhängig in der FE-Analyse berechnet wer- ses die Reibungszahl ȝTmin in der Trennfuge vor-
den. Oft wird beispielsweise von den FE-Pro- zugeben (vgl. Abschnitt 7.2). Reibungszahlen ba-
grammen die momentan in Kontakt befindliche sieren auf Messungen und/oder Erfahrungen, An-
Fläche berechnet, aus deren Änderung Rückschlüs- haltswerte können VDI 2230 Blatt 1 entnommen
se auf den Beginn des Abhebens oder Rutschens werden.
gezogen werden können.
Die notwendige Restklemmkraft FKP um Dichtig-
7.3.5.3 Modellklasse III und IV keit zu gewährleisten, kann prinzipiell mit einer
Bei den Modellklassen III und IV kann die Aus- FE-Berechnung ermittelt werden. Dies ist dann
wertung analog zu der Modellklasse II erfolgen. sinnvoll, wenn sehr komplexe Druckzustände
(z. B. in Form von Gradienten) und sehr große
Zusätzlich ergibt sich bei diesen Modellklassen die
Trennfugenflächen (mit DA > G bzw. G') vorlie-
Möglichkeit, durch eine Bewertung der Relativver-
gen. In diesem Fall muss das FE- Modell mindes-
schiebungen in der Schraubenkopf- und Mutterauf-
tens der Modellklasse II entsprechen. Die Vor-
lage Rückschlüsse auf die Neigung zum selbsttäti-
spannkraft ist im ersten Rechenschritt aufzubrin-
gen Lösen zu ziehen [21].
gen, um die Druckverteilung über der Trennfuge
7.4 Tragfähigkeitsnachweis von Ein- und zu ermitteln.
Mehrschraubenverbindungen in Zur Verhinderung des Aufklaffens müssen nach
Anlehnung an die Richtlinie VDI 2230 Blatt 1 die Abstände a und ssym sowie
VDI 2230 Blatt 1
das Flächenträgheitsmoment der Trennfugenfläche
Mithilfe der FE-Analyse des Mehrschraubenmo- IBT bekannt sein. Wird die Abhebekraft FKab mit
dells werden die Schraubenverbindungen identifi- FEM berechnet (Abschnitt 7.3.5), sind diese Para-
ziert, für die der Tragfähigkeitsnachweis erfolgen meter implizit im Rechenergebnis beinhaltet. FKab
soll. Dies werden im Allgemeinen die höchstbelas- kann direkt ermittelt werden, wenn die Vorspan-
teten Schrauben in der MV sein. Es können aber nung simuliert und ein Abheben der Trennfugen-
auch Schrauben sein, an die besondere Anforde- flächen über Kontaktbedingungen zugelassen wird.
rungen hinsichtlich einer bestimmten Funktion Das heißt das FE-Modell muss mindestens der
gestellt werden (z. B. Abdichtung). Modellklasse II entsprechen. Die Möglichkeit des
Der Nachweis der kritischen Schraubenverbindung Abhebens ist für den Fall der minimalen Montage-
erfolgt gemäß den Rechenschritten R0 bis R13 aus vorspannung (siehe R1) und der maximalen Vor-
VDI 2230 Blatt 1. Die Vorgehensweise im Zu- spannkraftminderung (siehe R4) zu berechnen. Der
sammenhang mit den Berechnungsergebnissen Berechnung liegt damit die minimal im Betrieb
(Abschnitt 7.3) wird im Folgenden beschrieben. auftretende Vorspannkraft FVmin zugrunde. Ferner
sind die minimalen Reibungszahlen zu verwenden
R0 Nenndurchmesser, Grenzabmessungen und ein möglicher Innendruck unter Umständen als
Eine Vordimensionierung des Nennndurchmessers gesonderter Lastfall zu berücksichtigen.
ergibt sich aus der VDI 2230 Blatt 1. Die Ermitt- Bei einfacheren Modellen (z. B. Modellklasse I), in
lung der erforderlichen Eingangsgrößen FA, FQ denen die Kontaktflächen vollständig verbunden
können mithilfe der Modellklasse I erfolgen (Ab- sind, kann die notwendige Vorspannkraft aus der
schnitt 7.3.3). Spannungsverteilung in der Trennfuge abgeleitet
R1 Anziehfaktor werden (Abschnitt 7.3.3).
Der Anziehfaktor DA beruht auf Messungen und R3 Aufteilung der Betriebskraft/Kraftverhältnis
Erfahrungen und ist eine unverzichtbare Größe bei Die Aufteilung der Betriebskraft auf die Schrauben
der Auslegung der Schraubenverbindung. Werte wird durch das FE-Modell ermittelt. Daher ist das
für den Anziehfaktor sind der VDI 2230 Blatt 1 zu Ergebnis der FE-Berechnung direkt die Schrau-
entnehmen. benbelastung.
– 44 – VDI 2230 Blatt 2 Entwurf

Alternativ kann die Aufteilung der Betriebskraft sprechend der jeweiligen Auswertung der Modell-
und die Bestimmung des Kraftverhältnisses wie in klasse (vgl. Abschnitt 7.3.3).
der VDI 2230 Blatt 1 beschrieben erfolgen, wobei Bei FE-Analysen ab Modellklasse II kann die Be-
die Nachgiebigkeiten, die anteilige Betriebskraft wertung der Beanspruchung mit der auf den rele-
FA und der Hebelarm a mithilfe der FEM bestimmt vanten Querschnitt bezogenen Nennspannung er-
werden (Abschnitt 7.3.3). folgen. Da bei der Simulation der Vorspannung die
R4 Vorspannkraftänderung
Verdrehung der Schraube im Allgemeinen nicht
erfasst wird, ist die dadurch erzeugte Torsions-
Die Ermittlung der Vorspannkraftänderung infolge spannung nach VDI 2230 Blatt 1, Gleichung
von Setzbeträgen kann nach der VDI 2230 Blatt 1 (R8/3) zu berechnen und mit der mithilfe der FEM
erfolgen, wobei die Nachgiebigkeit der verspann- ermittelten Schubspannung zu überlagern. Bei der
ten Teile der FE-Berechnung entnommen werden Überlagerung der verschieden Spannungsanteile
sollte. Vorspannkraftänderungen, hervorgerufen können – um eine allzu konservative Auslegung
durch unterschiedliche Wärmeausdehnungen oder zu vermeiden – die entsprechenden Verteilungen
Plastifizierungen in der Schraube aufgrund einer der verschiedenen Spannungsanteile über der
Überbeanspruchung, können durch entsprechende Querschnittsfläche berücksichtigt werden.
Werkstoffgesetze in der FE-Berechnung berück-
sichtigt werden. Für die Berechnung von VZ werden nach VDI 2230
Blatt 1, Gleichung (R8/2) für ein verspanntes Sys-
Bei komplexeren Temperaturfeldern und Material-
tem die Biegeanteile vernachlässigt. Es gilt:
eigenschaften (z. B. Temperaturgradienten, tran-
sienten Vorgängen, Į ausgeprägt von T abhängig) VZ
FS,max
(84)
ist durch FE eine deutlich genauere Berechnung A0
von 'FVT als mit VDI 2230 Blatt 1 zu erwarten. Ob diese Annahme für den jeweiligen Anwen-
dungsfall zutrifft, ist zu prüfen.
R5/R6 Mindest-/Maximalmontagevorspannkraft
Bei der Modellklasse I wird die Mindest- und Ma- R9 Schwingbeanspruchung
ximalmontagevorspannkraft mithilfe der VDI 2230 Der Nachweis der Schwingfestigkeit erfolgt nach
Blatt 1 ermittelt. VDI 2230 Blatt 1, Gleichung (R9/2). Die Schrau-
Bei den Modellklassen II bis IV kann die Mindest- bennennbeanspruchung ergibt sich aus den mit der
vorspannkraft iterativ bestimmt werden. Die Min- jeweiligen Modellklasse (vgl. Abschnitt 7.3.3)
dest- und Maximalmontagevorspannkraft ergibt bestimmten Schraubenzusatzkraft und der zusätzli-
sich gemäß VDI 2230 Blatt 1, R5 und R6. chen Momentenbeanspruchung auf die Schraube
zu
R7 Montagebeanspruchung FSA,o M SA,o
Die Beanspruchung im Montagefall ist stark von V SAbo  ;
AS WS
der Reibung im Gewinde und unter Kopf sowie (85)
von dem Montageverfahren abhängig. Hierfür FSA,u M SA,u
V SAbu 
existiert eine Reihe von Berechnungsverfahren, die AS WS
in der Praxis Anwendung finden. Eine Berechnung
der Montagebeanspruchung mit der FEM ist zwar R10 Flächenpressung
möglich, empfiehlt sich jedoch aufgrund des ex- Eine detaillierte Berechnung der lokalen Flächen-
trem hohen numerischen Aufwands nicht (Ab- pressung mit FEM ist nicht notwendig, da der Fes-
schnitt 7.3.2). Daher sollte die Berechnung der tigkeitsnachweis gemäß R10/1 auf Ap min bezogene
Montagebeanspruchung nach der VDI 2230 Blatt 1, Druckspannungen beruht und daher aus FMzul abzu-
Abschnitt 5.5.1 erfolgen. leiten ist. Nur für den Sonderfall, dass z. B. keine
Kennwerte für die zulässige Flächenpressung pG
R8 Betriebsbeanspruchung
vorliegen und ausgeprägte Biegeeffekte zu erwar-
Die Ermittlung der in diesem Rechenschritt benö- ten sind, kann eine direkte Berechnung über FEM
tigten Größen ist mit Modellklasse I nicht möglich, sinnvoll sein.
das heißt die Rechenergebnisse (Reaktionskräfte)
In der Regel ist der Nachweis der Flächenpressung
sind mithilfe der Gleichungen (R8/1) bis (R8/6-2)
über VDI 2230 Blatt 1, Gleichung (5.5/39) zu füh-
in VDI 2230 Blatt 1 vollständig aufzubereiten. Die
ren, wobei pB max direkt der FE-Berechnung ent-
Ergebnisse bzgl. der Gesamtkraft in der Schraube
nommen werden kann (Abschnitt 7.3.4).
oder der Schraubenzusatzkraft ergeben sich ent-
Entwurf VDI 2230 Blatt 2 – 45 –

R11 Mindesteinschraubtiefe tivverschiebung zwischen den Trennfugenflä-


Im allgemeinen Fall (Modellklassen I bis III) wird chen bei Betriebsbelastung zu ermitteln
der eingeschraubte Gewindebereich nicht realis- 2) bei Vorgabe der Vorspannung, indem die Be-
tisch abgebildet. Daher ist die zulässige Abstreif- triebslast so lange erhöht wird, bis die Kontakt-
kraft mithilfe der Beziehungen in VDI 2230 flächen in der Trennfuge sich gegeneinander
Blatt 1; Abschnitt 5.5.5 zu bestimmen. verschieben
Die Darstellung von meff min in der VDI 2230 Alternativ kann auch hier der Nachweis nach
Blatt 1 beruht auf Versuchen und daraus abgeleite- VDI 2230 Blatt 1 erfolgen, wobei die notwendigen
ten analytisch berechneten Kennwerten. Sie ist Berechnungsgrößen mithilfe der FEM bestimmt
daher nur schwer durch FEM zugänglich und er- werden können.
fordert eine aufwendige Modellierung (Modell- Das Abscheren wird wie in VDI 2230 Blatt 1 be-
klasse IV) und die Berücksichtigung von elastisch- schrieben bewertet, wobei die Querkräfte aus der
plastischem Materialverhalten. FE-Berechnung entnommen werden können. Die
R12 Gleiten, Abscheren Querbelastung der Schraube ergibt sich dabei aus
den nominalen Schubspannungen im Scherquer-
Um das Gleiten in der Trennfuge in der FE-
schnitt.
Analyse direkt zu erfassen, müssen die Vorspan-
nung simuliert und minimale Reibungszahlen in R13 Anziehdrehmoment
der Trennfuge angenommen werden (Modellklas- Das Anziehdrehmoment ist – soweit anwendbar –
se II und höher, mit Modellierung des Trennfugen- unter Berücksichtigung der in der FE-Analyse
kontakts, Abschnitt 7.3.5). Die Sicherheit gegen gemachten Annahmen sowie des Montageverfah-
Gleiten lässt sich dann in zweierlei Weise darstel- rens festzulegen. Das gewählte Drehmoment muss
len: mit der in der FE-Analyse verwendeten Vorspann-
1) analog zu VDI 2230 Blatt 1 – über Variation kraft und der in R7 ermittelten zulässigen Monta-
der Vorspannung, um das Einsetzen der Rela- gevorspannkraft kompatibel sein.
– 46 – VDI 2230 Blatt 2 Entwurf

Anhang Hinweise bei der Durchführung Berechnungsumfang bestimmt werden und sich
von FEM-Berechnungen für mit zunehmendem Erkenntnisstand ändern können,
Mehrschraubenverbindungen sind die nachfolgenden Ausführungen notwendi-
A1 Allgemeines gerweise allgemein gehalten, damit sie in vielen
Im Folgenden werden die Anforderungen und Fällen anwendbar bleiben. Zusätzlich zu einer
Empfehlungen hinsichtlich der Festlegung von kurzen Darstellung derzeit üblicher Vorgehenswei-
Ziel, Art und Umfang einer Festigkeitsanalyse, der sen werden Hinweise gegeben, die bei der Model-
Berechnung sowie Einzelheiten zur Auswertung lierung, Analyse und Bewertung zu beachten sind.
beschrieben. Der erforderliche Umfang ist von der Weitere Angaben und Hinweise sind gegebenen-
Aufgabenstellung abhängig und kann von den hier falls der weiterführenden Fachliteratur sowie den
beschriebenen Forderungen abweichen. Programmbeschreibungen zu entnehmen.
A1.1 Einleitung (4) Art und Umfang der Berechnung hängen in
erster Linie vom Aufbau der SV ab. In der Regel
(1) Das Ziel dieser Hinweise besteht darin,
stehen bei Festigkeitsanalysen die folgenden Ver-
Informationen und Hinweise für Festigkeitsanaly-
bindungsverhalten im Vordergrund:
sen der Mehrschraubenverbindungen (MV) mithil-
fe der Methode der Finiten Elemente (FEM) auf x Spannungen und Verformungen bei vorgegebe-
der Basis der in den Richtlinien spezifizierten For- nen Belastungszuständen
derungen zu geben. Dadurch sollen Fehler bei der x Versagensverhalten sowie Höhe der Versagens-
Wahl der Verfahren, bei der Modellierung und last
Durchführung der Analyse und bei der Interpreta- Die Berechnungsergebnisse werden entweder un-
tion der Ergebnisse vermieden und eine Bewertung mittelbar bewertet oder in weiterführenden Be-
der Resultate ermöglicht werden, die unabhängig rechnungen verwendet.
vom Bearbeiter und der verwendeten Programme
(5) Als Belastungen werden äußere Lasten und
zu zutreffenden und sinnvollen konstruktiven
gegebenenfalls zusätzlich Kräfte aus Eigengewicht
Schlussfolgerungen führen. Die Hinweise dienen
und beschleunigten Massen berücksichtigt. Bei
als anwendungsbezogene Ergänzung der allgemei-
zeitlich veränderlicher Belastung ist gegebenen-
nen Richtlinien und Empfehlungen, die zur Quali-
falls das dynamische Verhalten der MV in Form
tätssicherung von Finite-Elemente-Analysen bei-
von dynamisch überhöhten Belastungen zu berück-
tragen. In diesem Zusammenhang sei auf die wei-
sichtigen oder es sind dynamische Analysen
terführende Fachliteratur verwiesen, u. a. auf die
durchzuführen, die hier nicht weiter behandelt
Publikationen der NAFEMS (International Associ-
werden.
ation for the Engineering Analysis Community).
Die nachfolgenden Ausführungen beziehen sich (6) Es ist zu beachten, dass die Verbindungs-
primär auf Metallstrukturen. Für Strukturen aus verhalten linear oder nichtlinear von der Belas-
faserverstärkten Kunststoffen gelten die nachfol- tungshöhe abhängen kann. Nichtlineare Effekte
genden Ausführungen sinngemäß. können in folgenden Fällen von Bedeutung sein:
(2) Im Allgemeinen besteht die Festigkeitsana- x generell bei einer Analyse des Versagensver-
lyse aus folgenden Teilschritten, die in den nach- haltens der Verbindung
folgenden Abschnitten detaillierter beschrieben x geometrische Nichtlinearität: bei relativ flexib-
werden: len Strukturen mit großen Verformungen
x Modellierung der Struktur und der Randbedin- x strukturelle Nichtlinearität: bei Kontaktproble-
gungen men bzw. veränderlichen Randbedingungen,
x Ermittlung und Modellierung der maßgebenden zum Beispiel klaffende Schraubverbindungen
Belastungen bzw. Belastungsfälle x werkstoffbedingte Nichtlinearität: nichtlineares
x Durchführung der Berechnung Werkstoffverhalten durch Plastifizierung von
Strukturbereichen
x Überprüfung des Modells
(7) Aufgrund der konstruktiven Gegebenhei-
x Auswertung und Bewertung der Ergebnisse
ten lassen sich die Verformungen und Spannungen
(3) Bei der Modellierung der Struktur sowie im Allgemeinen in folgende Kategorien aufteilen:
der Randbedingungen und Belastungen sind je
x globale Verformungen und Spannungen der
nach Berechnungsziel und Art der Struktur be-
Hauptkomponenten (Nabe, Maschinenträger,
stimmte Vereinfachungen möglich oder notwen-
Turm etc.)
dig. Da diese von den Möglichkeiten der verfügba-
ren Programme und Rechner sowie vom geplanten
Entwurf VDI 2230 Blatt 2 – 47 –

x lokale Verformungen und Spannungen der Die resultierenden lokalen Spannungen sind eben-
Hauptkomponenten und deren Konstruktionsde- falls Nennspannungen (siehe Abschnitt A1.3, Ab-
tails (z. B. Schrauben) satz 2), die sich den globalen Spannungen überla-
x örtlich erhöhte Beanspruchungen an Konstruk- gert haben. Diese Überlagerung kann z. B. durch
tionsdetails Außermittigkeiten oder andere Umlenkungen im
Kraftfluss entstehen, die lokale Zusatzmomente
Das Ziel der Festigkeitsanalyse und die Modellie- oder -kräfte erzeugen. Zusätzlich können örtliche
rung, Belastung und Auswertung kann sich auf Spannungserhöhungen an Konstruktionsdetails
eine dieser Kategorien beziehen. auftreten.
A1.2 Festlegung von Ziel, Art und Umfang
A1.5 Örtlich erhöhte Beanspruchungen
der Festigkeitsanalyse
An konstruktiven Details und Unstetigkeiten kön-
Ziel, Art und Umfang einer Festigkeitsanalyse
nen örtlich erhöhte Beanspruchungen auftreten, die
müssen eindeutig festgelegt werden, da diese die
besonders im Hinblick auf die Ermüdungsfestig-
Modellierung der Struktur und der Belastung ent-
keit zu bewerten sind.
scheidend beeinflussen.
Die maximale Beanspruchung gekerbter Bauteile
Das Berechnungsziel ergibt sich aus den unter
(Schraube) kann die Elastizitätsgrenze des Werk-
Abschnitt A1.1, Absatz 4 beschriebenen Alternati-
stoffs überschreiten. Anstelle der nichtlinearen
ven, wobei die in der Analyse zu betrachtende
Kerbspannung und -dehnung darf im Normalfall
Kategorie der Spannungen und Verformungen
die Kerbspannung unter Annahme linear-
festzulegen ist, siehe auch Abschnitt A1.1, Ab-
elastischen Werkstoffverhaltens ermittelt und be-
satz 7 und Abschnitt A1.3 bis Abschnitt A1.5.
wertet werden. Bei scharfen Kerben kann die örtli-
Die Berechnungsart beinhaltet entweder eine linea- che Stützwirkung des (duktilen) Werkstoffs be-
re oder eine geometrisch, strukturell und/oder rücksichtigt werden.
werkstoffbedingt nichtlineare Analyse, siehe Ab-
Neben einer direkten Berechnung der örtlich er-
schnitt A1.1, Absatz 6.
höhten Beanspruchungen bieten sich fallweise
Der Berechnungsumfang richtet sich in erster Linie katalogisierte Formzahlen oder Kerbfälle an. Bei
nach dem gewählten Modellumfang und der not- der Verwendung von Formzahlen und Kerbfällen
wendigen Elementeinteilung, siehe hierzu auch sind die zugehörigen Nennspannungen entspre-
Abschnitt A2.1 bis Abschnitt A2.3. chend ihrer Definition genügend genau zu ermit-
A1.3 Globale Verformungen und teln. Außerdem sind die Anwendungs- und Gültig-
Spannungen keitsbereiche der katalogisierten Daten zu beach-
(1) Das Strukturverhalten unter Zug-, Schub-, ten.
Biege- und Torsionsbelastung besteht aus globalen, A2 Modellierung der MV
das heißt großräumigen Verformungen und Span- A2.1 Modellumfang
nungen. Vor allem bei komplexen Geometrien
FE-Modelle für MV werden in der Regel kompo-
(z. B. Maschinenträger) oder Belastungen (z. B.
nentenweise erstellt. Bei diesen Modellen ist dar-
Nabe) sind Strukturverhalten zu erwarten, die nicht
auf zu achten, dass sinnvolle Randbedingungen
durch die Gesetze der Balken oder Plattentheorie
eingeführt werden, die die Interaktion mit den be-
erfasst werden können.
nachbarten Bauteilbereichen in geeigneter Weise
(2) Die resultierenden Spannungen sind Nenn- repräsentieren. Gegebenenfalls sind weitere an-
spannungen, das heißt Spannungen, die sich auch grenzende Komponenten im Modell zu berücksich-
aus integralen Größen der Schnittlasten und Quer- tigen. Nichtlineare Effekte sind gegebenenfalls zu
schnittswerte ergeben würden. Globale Nennspan- berücksichtigen oder durch geeignete Vereinfa-
nungen beinhalten keine örtlichen Spannungserhö- chungen zu linearisieren. Wenn die Gefahr besteht,
hungen. Diese müssen zusätzlich überlagert wer- dass Ergebnisse durch idealisierte Randbedingun-
den, siehe Abschnitt A1.4 und Abschnitt A1.5. gen verfälscht werden, sollte ein entsprechend
A1.4 Lokale Verformungen und Spannungen vergrößerter Abstand zwischen Modellrand und
In Konstruktionsdetails von MV wie Schrauben dem betrachteten Bauteilbereich vorgesehen wer-
und Flansche können infolge der örtlichen Bean- den.
spruchung zusätzliche lokale Verformungen und Teil- oder Submodelle dienen der lokalen Festig-
Spannungen auftreten. keitsanalyse von Teilen der Konstruktion. Wie
Zu den Konstruktionsdetails von Bauteilen können 3-D-Gesamtmodelle werden Teil- oder Submodelle
unter anderem Radien und Übergänge gehören. zur Analyse des komplexen, dreidimensionalen
Festigkeitsverhaltens verwendet.
– 48 – VDI 2230 Blatt 2 Entwurf

Lokale Modelle dienen der Festigkeitsanalyse von den Elementtypen genutzt werden. Bei Verwen-
untergeordneten oder speziellen Bauteilen sowie dung eines Volumenelements über die Dicke muss
von Konstruktionsdetails. Im Vordergrund der ein höherwertiger Verformungsansatz (z. B. mit
Untersuchungen steht die Analyse des lokalen zusätzlichen Kantenzwischenknoten) oder eine
Verbindungsverhaltens und/oder der örtlich erhöh- feinere Elementteilung gewählt werden, wenn ein
ten Spannungen an Konstruktionsdetails und Un- entsprechendes Biegeverhalten ermöglicht werden
stetigkeiten, die an einem groben Modell mitmo- soll.
delliert werden können, aber keinen oder nur ge- Bei lokalen Modellen sind alle Steifigkeitsanteile,
ringen Einfluss auf das derzeitige Ziel der Festig- auch von Konstruktionsdetails, von Bedeutung,
keitsanalyse haben (vergleiche Abschnitt A1.1, sodass sich hier Platten-, Schalen- oder Volumen-
Absatz 3). elemente anbieten.
A2.2 Elementwahl Im Hinblick auf die Auswertung der Ergebnisse
Die Wahl der Elementtypen hängt in erster Linie kann die Anordnung von Schalenelementen auf der
von dem Berechnungsziel ab. Die Elementierung Modelloberfläche zur Anzeige der Oberflächen-
muss die Steifigkeitsverhältnisse der Konstruktion spannung sinnvoll sein, da hier ein zweiachsiger
und die zu analysierenden Spannungen ausrei- Spannungszustand vorliegt. Dabei ist zu beachten,
chend genau wiedergeben können. Bei der Durch- dass die Schalenelemente keinen Einfluss auf die
führung einer Festigkeitsanalyse ist die Kenntnis lokale Steifigkeit nehmen dürfen.
der Eigenschaften der verwendeten Elemente aus A2.3 Elementeinteilung
den Programmbeschreibungen und der weiterfüh-
Die Elementeinteilung ist unter Beachtung der
renden Fachliteratur Voraussetzung.
Elementeigenschaften so vorzunehmen, dass die
Üblicherweise werden bei Festigkeitsberechnun- Steifigkeitsverhältnisse der Konstruktion, die zu
gen von MV die folgenden Elementtypen verwen- analysierenden Spannungsarten und gegebenen-
det: falls das Versagensverhalten ausreichend genau
x Stabelemente (1-D-Elemente mit Axialsteifig- wiedergegeben werden. Die Wahl des Elementtyps
keit, jedoch ohne Biegesteifigkeit) und die Feinheit des Netzes üben besonders großen
x Balkenelemente (1-D-Elemente mit Axial-, Einfluss auf die Berechnung örtlich erhöhter Bean-
Schub-, Biege- und Torsionssteifigkeit) spruchungen sowie der Versagenslast aus. Nicht
ausreichend feine Netzteilungen führen häufig zu
x Schalenelemente (2-D-Elemente mit Membran-,
einer deutlichen Unterschätzung örtlicher Span-
Biege- und Torsionssteifigkeit)
nungsspitzen und Überschätzung der Versagens-
x Volumenelemente (3-D-Elemente) last.
x Kopplungselemente Bei der Elementeinteilung sind die konstruktions-
x Federelemente bedingte Geometrie sowie die Lage von Lasteinlei-
x Kontaktelemente tungen oder Lagerungen zu berücksichtigen.
Bei Verwendung verschiedener Elementtypen ist Die Elementproportionen sind unter Beachtung der
auf die Verträglichkeit der Verformungsansätze Elementeigenschaften so zu wählen, dass die Stei-
sowie auf die Übertragbarkeit der Randlasten und - figkeiten und die resultierenden Verformungen und
spannungen zu achten, insbesondere bei der Kopp- Spannungen nicht verfälscht werden. Bei einfachen
lung von Elementen mit und ohne Biegesteifigkeit Verformungsansätzen sollte das Verhältnis der
an den Knoten. Elementkantenlängen nicht größer als 3 : 1 sein.
Die gewählten Elementtypen müssen die Verfor- Bei der Berechnung örtlich erhöhter Spannungen
mungen und Spannungen bei den zu analysieren- ist die Elementteilung entsprechend dem Span-
den Belastungszuständen bzw. das Versagens- nungsanstieg graduell zu verfeinern. Weitere Hin-
verhalten bei Ermittlung der Höhe der Versagens- weise zur Elementeinteilung bei der Berechnung
last darstellen können. Fallweise können bestimm- örtlich erhöhter Beanspruchungen können der ein-
te Effekte, die von untergeordneter Bedeutung schlägigen Literatur entnommen werden (z. B.
sind, durch die Wahl der Elemente ausgeklammert NAFEMS).
werden. A2.4 Vereinfachungen
Generell ist festzulegen, inwieweit und auf welche Aufgrund der Komplexität der Konstruktion sind
Weise die Biegung von Bauteilen bei der Festig- Vereinfachungen bei der Modellierung in der Re-
keitsanalyse zu berücksichtigen ist. In Fällen mit gel notwendig, insbesondere bei globalen Festig-
reinem Biegeverhalten können die Gesetze der keitsanalysen. Vereinfachungen sind zulässig, so-
Balken- oder Schalentheorie mit den entsprechen-
Entwurf VDI 2230 Blatt 2 – 49 –

lange davon die Ergebnisse nur unwesentlich be- ment) ergeben. Nichtlineare Randbedingungen
einflusst werden. sind zu berücksichtigen und können gegebenen-
Kleine, untergeordnete Bauteile oder Details, die falls linearisiert werden (z. B. klaffende Fugen bei
die Steifigkeit des globalen Modells nur gering Flanschverbindungen, Lastübertragung bei Wälz-
beeinflussen, können bei der Modellierung ver- und Gleitlagern nur über Drucklasten).
nachlässigt werden. Beispiele hierfür sind kleine A2.6 Kontrolle der Eingabedaten
Ausschnitte, Bohrungen und Radien; deren lokale Die Eingabedaten zur Modellierung der Struktur-
spannungserhöhende Wirkung ist jedoch in geeig- geometrie und für die Werkstoffeigenschaften sind
neter Form zu berücksichtigen (z. B. durch An- sorgfältig auf Fehlerfreiheit zu prüfen. Die Effekti-
wendung von Kerbfaktoren). vität der Datenkontrolle kann durch Visualisierung
Größere Ausschnitte beeinflussen die Steifigkeit der Daten erheblich gesteigert werden.
des globalen Modells und haben somit einen Ein- Die Geometrie des FE-Netzes sollte generell auf
fluss in den lokalen Bauteilen. Sie müssen in je- visuelle Art überprüft werden. Dabei ist auch die
dem Fall berücksichtigt werden. Möglichkeit zu berücksichtigen, dass einzelne
Änderungen der Plattendicke oder Profilabmes- Elemente versehentlich doppelt eingegeben sind
sungen sollten möglichst an den Elementgrenzen oder angrenzende Elemente nicht miteinander ver-
liegen. Sofern sie nicht an den Elementgrenzen bunden sind. Außerdem sind nicht unmittelbar
liegen, sind zur Erzielung einer äquivalenten Stei- sichtbare Geometriedaten wie die Dicken von 2-D-
figkeit entsprechend angepasste Elementdaten oder Elementen oder die Querschnittsdaten von 1-D-
-eigenschaften zu berücksichtigen. Elementen zu kontrollieren.
Flächenelemente sollen generell in der Mittelfläche Neben den Geometriedaten müssen auch die
der entsprechenden Bauteile angeordnet werden. Werkstoffdaten sowie die eingeführten Randbe-
A2.5 Randbedingungen und Lagerung dingungen und Lager sorgfältig überprüft werden.
Es sei angemerkt, dass diese generell einen großen
Die Lagerung des Modells durch Unterdrückung
Einfluss auf die Ergebnisse ausüben.
oder Vorgabe von Verschiebungen oder Verdre-
hungen dient zu mehreren Zwecken: Die durchgeführten Prüfungen sollten protokolliert
werden.
x zur Unterdrückung von Starrkörperverschie-
bungen und -verdrehungen des Modells A3 Belastung der Struktur
A3.1 Allgemeines
x zur Modellierung physikalisch vorhandener
Die relevanten Lasten für Festigkeitsanalysen von
Lagerstellen
MV sind entsprechend zu verwenden.
x zur Modellierung der Interaktion an den Mo- A3.2 Modellierung der Belastung
dellrändern mit den benachbarten Strukturbe-
Die Belastung ist realistisch zu modellieren.
reichen
Verteilte Lasten (z. B. Linien- oder Flächenlasten)
Es ist darauf zu achten, dass durch die Lagerung
sind gegebenenfalls in äquivalente Knotenkräfte
keine unrealistischen Behinderungen der Verschie-
und -momente unter Beachtung des Verformungs-
bungen oder Verdrehungen verursacht werden.
ansatzes der Elemente umzurechnen.
Physikalisch vorhandene Lagerstellen, die Kräfte
Werden an lokalen Modellen die Randverformun-
und Momente aufnehmen, sollen möglichst reali-
gen aus grob eingeteilten Modellen größerer Struk-
tätsnah mit der tatsächlich vorhandenen Lastbreite
turbereiche vorgegeben, sind an den Zwischenkno-
oder Federsteifigkeit modelliert werden.
ten entsprechend interpolierte Werte vorzugeben.
Bei der Festigkeitsanalyse von Teilbereichen der
A3.3 Kontrolle der Lasteingabe
Bauteile sollte die Interaktion an den Modellrän-
dern mit benachbarten Konstruktionsbereichen Die Eingabedaten zur Belastung sind sorgfältig auf
ebenfalls möglichst realitätsnah modelliert werden. Fehlerfreiheit zu prüfen. Wie bei der Strukturgeo-
Diese kann an Symmetrieebenen durch Symmet- metrie kann auch hier die Effektivität der Kontrolle
rie- oder Antimetriebedingungen erfolgen, sofern durch geeignete Prüfprogramme und Visualisie-
die Belastung und die Struktur jeweils symmet- rung der Daten erheblich gesteigert werden.
risch oder antimetrisch sind. Fallweise kann die Besonders wichtig ist die Prüfung der Summen der
Interaktion auch durch vorgegebene Spannungen, Kräfte und Momente. Bei ausgeglichenen Lastfäl-
Kräfte oder Verformungen am Rand dargestellt len ist darauf zu achten, dass die Restkräfte und -
werden. Diese können sich beispielsweise aus momente vernachlässigbar klein sind und die Re-
Strukturanalysen größerer Bereiche (Submodell- aktionskräfte und -momente den eingeprägten Las-
technik) oder aus Balkenschnittlasten (z. B. Seg- ten entsprechen.
– 50 – VDI 2230 Blatt 2 Entwurf

Die durchgeführten Prüfungen sollten protokolliert Die Spannungen sind hinsichtlich der in Ab-
werden. schnitt 5 definierten zulässigen Werte zu überprü-
A4 Berechnung und Auswertung der fen. Dabei ist die vorliegende Spannungskategorie
Ergebnisse zu beachten (vgl. Abschnitt A1.1, Absatz 7).
A4.1 Plausibilität der Ergebnisse Bei der Spannungsauswertung sind die Verände-
Bei der Auswertung sind die Ergebnisse auf ihre rungen der Spannungen zwischen Elementmitte
Plausibilität zu prüfen. Hierzu gehören insbesonde- und Elementrand bzw. -ecke zu beachten. Verein-
re die visuelle Darstellung und die Überprüfung fachungen im Modell gegenüber der realen Kon-
der Verformungen darauf, ob ihre Größenordnung struktion sind in die Bewertung einzubeziehen.
im erwarteten Bereich liegt und ihre Verteilung mit Werden Ausschnitte in Modellen mit grober Ele-
Blick auf die Belastungen und Randbedingungen mentteilung auf vereinfachte Weise berücksichtigt,
oder Lager sinnvoll ist. sind die Spannungen auf den Restquerschnitt ne-
ben dem Ausschnitt zu beziehen.
Außerdem ist zu prüfen, ob die Kräfte und Mo-
mente in den Lagern in der erwarteten Größenord- Bei Modellen mit relativ grober Elementteilung
nung liegen oder vernachlässigbar klein sind. sind örtliche Spannungserhöhungen an vorhande-
nen Bauteildetails und Unstetigkeiten bei der Be-
Bei lokalen Modellen mit vorgegebenen Randver-
wertung zu beachten, sofern deren Wirkung nicht
formungen aus Modellen größerer Strukturbereiche
gesondert betrachtet wird.
ist zu überprüfen, ob die Spannungen in der Nähe
der Ränder in beiden Modellen übereinstimmen Bei werkstofflich nichtlinearen Analysen ist neben
(Verifizierung des Submodells). der örtlichen elastisch-plastischen Spannung im
Allgemeinen auch die örtliche Dehnung zu ermit-
Spannungsspitzen sind hinsichtlich Ort, Verteilung
teln und zu bewerten.
und Höhe der Spannungen mit Blick auf die Belas-
tungen und Randbedingungen auf Plausibilität zu Beim Betriebsfestigkeitsnachweis von Schrauben-
überprüfen. Sofern die Definition von Nennspan- verbindungen sind die Randspannungen aus der
nungen möglich ist, können anhand der Span- Zug- und Biegebeanspruchung zu berücksichtigen.
nungsverteilung Formzahlen ermittelt und mit A4.4 Ermüdungsfestigkeit
tabellierten Formzahlen verglichen werden. Betriebsfestigkeitsaspekte sind generell bei dyna-
Bei nichtlinearen Rechnungen ist außerdem zu mischen Beanspruchungen zu berücksichtigen.
prüfen, ob die Lösung im nichtlinearen Bereich mit Bei der Bewertung der Beanspruchungen hinsicht-
ausreichender Genauigkeit gefunden wurde. lich Ermüdungsfestigkeit ist die Spannungsart zu
A4.2 Verformungen beachten, das heißt, ob mit dem gewählten Modell
Die Verformungen der MV sollen generell der Nennspannungen oder örtlich erhöhte Kerb- oder
Plausibilitätskontrolle dienen. Strukturspannungen berechnet werden, siehe auch
A4.3 Spannungen Abschnitt A1.1, Absatz 7.
Bei Festigkeitsanalysen für bestimmte Belastungs-
zustände (z. B. Extremwertlasten) sind generell die
Spannungen des gesamten Bauteils zu überprüfen.
Entwurf VDI 2230 Blatt 2 – 51 –

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