Zötl - EK - 1957-11-2-03
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NEUE E R G E B N I S S E DER K A R S T H Y D R O L O G I E
Untersuchungen im Dachsteingebiet mit Hilfe der Sporentriftmethode
Josef Ztl
Mit 1 Abbildung
New results in karst hydrology
Summary: Since 1954 the author has been carrying out
karst hydrographic investigations in the south-eastern
Dachstein area (Upper Austrian Styrian Limestone
Alps).
The Dachstein massif is a typical representative of cast
Alpine block shaped mountains; thick layers of Triassic
limestones and dolomites which lie on top of marly
Werfen strata and Paleozoic phyllites rise steeply from the
surrounding valleys. The massif possesses extensive
plateau surfaces with pronounced karst features and lacks
surface drainage.
In order to clarify the catchment areas of the foreland
streams, in the summer of 1956, spores of Lycododium
clavatum were put into five sink holes on the plateau of
the eastern Dachstein area and springs at the foot of the
massif were kept under observation with plancton nets.
This spore drift method, which was introduced in 1953
by A. Mayr for the investigation of a subterranean watercourse in the western Dachstein area, proved its worth
also in this case. This method has the advantage that in
contrast to the usual method of putting chloride or dyes
into karst streams, the amount of material and the number
of people required can be very small, a fact which may be
of decisive importance for investigations in out of the
way and not easily accessible places. This spore drift
method was further developed in the eastern Dachstein
area by using dyed spores.
The results of the five experiments which were carried
out in the eastern Dachstein area lead to the conclusion
that there is an interconnected and water filled network
of cavities, a karst water system, whose culmination lies
in the central part of the Massif.
Practical results of these investigations were that they
allowed conclusions to be reached for the calculation of
the catchment areas of the foreland streams in limestone
mountains and also as regards the problems of preventing
the pollution of springs. In addition conclusions could
be drawn about the subterranean drainage of block
shaped Alpine limestone mountains. In this respect the
concept of A. Grand (1903, 1910) that there is a uniform
karst water table in limestone mountains opposed the
theory of O. Lehmann (1932) according to which the subterranean drainage of a limestone massif takes place by
means of a number of independent karst vessels. The
results of the spore drift experiments in the eastern Dachstein area brought these two contrasting theories into
closer proximity; although it was possible to prove the
existence of an on the whole interconnected karst water
system, the possibility of a complete transfer of the concept of the characteristics of ground water in loose permeable rock to the conditions in limestone mountains
does, however, not exist. The validity of the results gained
by the spore drift experiments in the eastern Dachstein
area must for the time being, of course, be limited to karst
massifs in the eastern Alps, until the results of further
investigations elsewhere become available.
Das Untersucbmgsgebiet
Wie die meisten Kalkstocke der nordlichen
Kalkalpen ostlich der Saalach ragt auch das Dach-
steingebiet jh aus den umliegenden Tallandschaften auf. So fhren von Obertraun (520 m
a. H.) zwei Seilbahnen in den Nordsaum des
Plateaubereiches, das hier von 1700 m a. H. nach
Sden hin ansteigt. Der Wanderer aber, der von
Sden her in das Dachsteinplateau eindringen
will, mu von der Ramsau aus (ca. 1100 m a. H.)
weitere 1100m in steilem Anstieg berwinden,
bis er die Plateauflche in 2200 m a. H. erreicht.
ber das Plateau erheben sich dann erst die
massigen Gipfel, von denen sieben ber 2800 m
a. H. aufragen (Hoher Dachstein 2996 m). Zu
ihren Fen liegen Eisfelder mit einer Gesamtflche von etwa 6,2 km 2 1 ).
Das Kargebirge der Dachsteingipfel liegt einschlielich der Eisfelder bereits auerhalb des
eigenen Arbeitsgebietes. Dieses setzt mit seiner
Westbegrenzung dort an, wo das Plateau mit der
Hochflche Auf dem Stein" (1800 bis 2200 m
a. H.) mit 7 km seine grte Breite erreicht, und
umfat auer der genannten Hochflche die stlich und nordstlich anschlieenden morphologischen Glieder des stlichen Dachsteingebietes,
nmlich das Kammergebirge, den Zug der
Kammspitze, den Koppenstock und die Krippenstein-Speikberggruppe.
Das Plateau dacht gegen Norden und Osten
ab, fllt aber nur im Nordosten in einigermaen
gangbaren Hngen zum Becken von Mitterndorf
ab, whrend der Abbruch gegen Norden zum
Tal der Traun und nach Osten zum Pa Stein
dem Abfall zur Ennstalfurche bzw. zur Ramsau
in keiner Weise an Steilheit und Unnahbarkeit
nachsteht. Das somit nur gegen Westen willkrlich abgegrenzte Untersuchungsgebiet hat eine
Ausdehnung von ca. 284 km 2 .
Der Groteil des Plateaus ist aus Dachsteinkalk aufgebaut, der im Sden in Hauptdolomit
und im Sdosten in Riffkalk bergeht. Kalk und
Dolomit werden von den Werfener Schichten
(Sandstein, Mergel, Werfener Schiefer) unterlagert, und diese ganze triassische Schichtenfolge
liegt wiederum auf den palozoischen Ennstaler
Phylliten. Aber nur im Sden streichen die
wasserstauenden Schichten ber dem Talboden
*) Nach den Messungen von E. Arnberger und E. Wilthum (1953) hatte das grte geschlossene Gletscherfeld
der Dachsteingruppe, der Hallsttter Gletscher, 1951 eine
Ausdehnung von 3,36 km2 gegen mehr als 5 km2 1856.
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schaft im alpinen Karst auf weitem Raum zu verfolgen, Studien, wie sie derzeit F. Bauer und
G. Wendeiberger
durchfhren (Bauer 1956). Wirtschaftliche Folgerungen aus diesen Untersuchungen ergeben sich fr die Alm- und Forstwirtschaft, wobei als erwiesen gelten kann, da der
Rckgang von einst 51 Almen (um 1825) auf derzeit 41 im Arbeitsgebiet, nicht nur auf wirtschaftliche Rentabilittsfragen, sondern ebenso auf eine
naturbedingte Minderung des Nutzwertes zurckzufhren ist.
Bezglich der gegenwrtigen hydrographischen Verhltnisse bietet sich das Bild einer fr
Kalkmassive typischen Entwsserung, der Wassernot der Hochflchen steht ein berflu in den
tiefgelegenen Randgebieten gegenber. Daraus
ergibt sich, da neben die grundstzliche wissenschaftliche Frage nach dem Mechanismus der
Karsthydrographie die praktischen Fragen der
Wasserversorgung der Hochflchen bzw. der
Wasserdarbietung des Kalkstockes fr Wassernutzungsanlagen in den Talbereichen treten.
Zur Ermittlung der Abfluspende des Gebietes
sollte im Sommer 1956 durch die Beschickung
von fnf Schwinden im Plateaubereich und die
Beobachtung von Quellen und Vorflutern in den
Talgebieten eine grozgige bersicht ber die
unterirdische Wasserbewegung in diesem Kalkstock gewonnen werden 2 ).
Die Arbeitsmethode
Zum Nachweis des Zusammenhanges von
Schwinden und wiederaustretenden Gewssern
bedient man sich verschiedener Methoden, deren,
unter Auerachtlassung verschiedener, meist erfolgloser Triftversuche und der noch wenig gehandhabten Verwendung radioaktiver Stoffe,
drei unterschieden werden knnen:
1. Die Chlorierung unter Verwendung von
Gewerbesalz,
2. der Einsatz von Farbstoffen (heute meist
Uranin) und
3. die Sporenfrbung oder besser Sporentrift.
Eine kurze Gegenberstellung des Sach- und
Personalaufwandes verschiedener Untersuchungen jngeren Datums erlutert die Vorzge der
letztgenannten Methode.
2 ) Die eigenen, im folgenden beschriebenen Arbeiten
wurden im Rahmen der alpinen Karstuntersuchungen
durch das Spelologische Institut Wien durchgefhrt. Auf
Grund der Ergebnisse scheint es gerechtfertigt, diese und
die angewandte Untcrsuchungsmethode weiteren Kreisen
der wissenschaftlichen Geographie darzulegen.
Das uerst reichhaltige Schrifttum ber das Dachsteingebict fand eine sorgsame Sichtung bei N. Krebs (1915)
und eine zusammenlassende Behandlung in den Dissertationen von W. Krieg (1953) und A. Mayr (1954).
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Zinken
1654
Beobachtungsstelle
an offenen
Gerinnen
Quelle
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Mitterndorf'
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Katasternummer
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J. Z otl IS56
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Erdkunde
Band XI
J. Ztl:
Der Erfolg war nicht zuletzt den gnstigen Witterungsverhltnissen zu verdanken, die erst am Abend des 10. 8.
durch schwere Gewitterregen unterbrochen wurden, die
im Ennstal zum Teil starke Vermurungen zur Folge
hatten. So fielen denn auch in diesem Gebiet, besonders
dort, wo aus arbeitstechnischen Grnden die Netze nicht
am Quellmund, sondern nur an den schneller zu erreichenden Bchen eingehngt werden konnten (Luserbach,
Feisterbach), am 1 1 . 8 . mehrere Proben aus, was jedoch
nicht mehr ins Gewicht fiel, da der Versuch bereits vor
dem erfolgreichen Abschlu stand.
Am 12. 8. 1956 wurden die letzten Proben eingeholt.
Am 14. und 15. 8. wurden im Salza-Kraftwerk 7 kg
Lycopodiumsporen rot gefrbt und am 16. 8. das Behelfslabor in Unterlengdorf eingerichtet.
Die Ergebnisse fr
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die Praxis
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Band XI
wurde mit Sicherheit" ausgesagt und als zuverlssig betrachtet, bis V. Mattrin (1952) das Gegenteil nachwies.
Wie bei Frbe- und Chlorierungsversuchen ist
auch beim Sporentriftverfahren der Einsatz einer
ausreichenden Menge des Beschickungsmaterials
entscheidend. Soweit fr das Sporentriftverfahren
Mengenangaben mglich sind, scheint mir fr
Durchgangsentfernungen bis zu 5 km der Einsatz von 3 bis 5 kg Lycopodiumsporen auszureichen. Mit zunehmender Entfernung ist eine
Steigerung der Sporenmenge notwendig, wobei
ich fr einen Weg von 10 km Luftlinie 10 kg
Sporen als hinreichend erachte. Es handelt sich
hier um Rahmenzahlen, gewonnen aus einer vorsichtigen Taxierung der bisher durchgefhrten
Versuche.
Allgemeine Schlufolgerungen
fr die Hydrographie alpiner Kalkstcke
Die Versuche, das Wesen der Karsthydrographie in allgemein gltige Lehrstze zu kleiden,
zeitigten ausfhrlich dargelegte Theorien, die
einander zum Teil schroff gegenberstehen.
So wandte sich A. Grund (1903, 1910) gegen
die bertragung obertgiger fluviatiler Verhltnisse auf die Karsthydrographie und O. Lehmann
(1932) stellte sich energisch gegen Grund, der das
Karstwassersystem als einen Bestandteil des
Grundwassers" betrachtete (Grund 1903, p. 172).
O. Lehmann setzte sich mit den wesentlichsten der
vor ihm entwickelten Theorien kritisch auseinander.
Verschieden sind auch die vorwiegenden Gesichtspunkte, von denen aus das Problem der
Karsthydrographie einer Betrachtung unterzogen
wurde. J. Cvijic (1893) blieb bei einer geographischen Fragestellung, whrend andere nach geologischen Gesichtspunkten (F. Kaiser 1909) oder
von der hydromechanischen Seite her das Thema
behandelten. Zu letzteren zhlt vor allem O. Lehmann (1932), der wohl zu sehr dem Bann der Formel unterlag und dabei vielfach bersah, da die
natrlichen Verhltnisse meist die Resultierende
einer Reihe von Krften darstellen, deren einzelne
Faktoren gerade im Karst oft kaum noch zu erkennen sind.
Die Annahme eines zusammenhngenden Karstwassersystems nach den Ergebnissen der Sporentriftversuche im stlichen Dachsteingebiet steht
zunchst im Gegensatz zu O. Lehmanns Ablehnung eines Zusammenhanges der karsthydrographisch wirksamen Wasserbahnen und seiner
Betonung der Urhohlrume tektonischen Ursprungs. Wir nhern uns damit wieder den Auf-
. Ztl:
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Band XI
Erdkunde
system in Verbindung stehen, was darauf hinweist, da die Genese der Dachsteinhhlen im
Zusammenhang mit der Gesamtentwicklung des
Karstwassersystems im Dachsteinstock zu verstehen ist. Auch die Beziehung der Hhlen zum
ehemaligen Vorflutniveau ist durch O. Schauberger (1956) exakt geklrt, und die Tatsache einer
verschiedenen Hhenlage einzelner Quellaustritte gengt nicht, um den Einflu des Vorflutniveaus auf die Entwicklung der Karstsysteme
abzulehnen. Es sei in diesem Zusammenhang
darauf hingewiesen, da J. Stini auf Grund seines
Reichtums an praktischen Erfahrungen wertvolle Hinweise auf die Grundfragen der Karsthydrographie gegeben hat (1932, p. 37, 45, 148;
1950, p. 78ff. u. a. m.), ohne jedoch bei jngeren
Arbeiten immer Bercksichtigung zu finden,
wie man sich andererseits begngte, an das Werk
O. Lehmanns (1932) anzuknpfen und sich mit
dessen Kritik an lteren Auffassungen zu bescheiden.
Wichtig erscheint mir, abschlieend zu betonen, da die Schlufolgerungen aus den eigenen
Untersuchungen so lange nur fr ostalpine Kalkmassive gltig sein knnen, bis hnliche Untersuchungsergebnisse aus anderen Gebieten bekannt sind. Abgesehen von dem eindeutig festgestellten Einflu der klimatischen Verhltnisse
auf die Ausbildung der Karstphnomene durch
H. Lehmann (1954, 1956) und andere sowie der
Bedeutung von tektonischen und petrographischen Bedingungen, scheint mir das Austtia der
Kalkgebirge auch von wesentlichem Einflu auf
die Entwicklung der Karsthydrographie zu sein,
wobei es zuknftigen Untersuchungen vorbehalten bleibt, diese Frage zu klren.
Literatur
Arnberger, E.: Neue Ergebnisse morphotektonischer
Untersuchungen in der Dachstein-Mammuthhle. Mitt.
Hhlenkomm. 1953 (1), 1954.
Arnberger, E. u. Wilthum, E. : Die Gletscher des Dachsteinstockes in Vergangenheit und Gegenwart. Jb. Oberst. Musealverein, 98, 1953.
Bauer, F. : Die Karstuntersuchungendes Spelologischen
Institutes. Beitr. z. alpinen Karstforschung, 4, 1956.
Bock, H. : Der Karst und seine Gewsser. Mitt. f. Hhlenkunde 6 (3), 1913.
Cvijic, J. : Das Karstphnomen. Geogr. Abh. Penck 5
(3), 1893.
Dosch, F. : Frbeversuch Hochschneeberg 1955. Gas/
Wasser/Wrme 10 (1 u. 2), 1956.
Ganss, O. : Tektonik und alte Landoberflchen der
Dachsteingruppe. Jber. Zweigst. Wien Reichsst. Bodenforschung (Geol. B. A.) 89, 1939.
Grund, A. : Die Karsthydrographie. Geogr. Abh.
Penck 7 (3), 1903.
: Zur Frage des Grundwassers im Karst. Mitt.
Georgr. Ges. Wien 53, 1910.
Kotier, F. : Karst und Karsthydrographie. Zur Kunde
der Balkanhalbinsel 8, 1909.
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PFINZING,
EIN V E R G E S S E N E R
KARTOGRAPH
Ernst Gagel
Mit 9 Abbildungen und 1 Karte
Paul Pfinzing a forgotten cartographer
Summary : The purpose of the paper is to draw attention
to an important German cartographer of the 16 th century,
the Nuremberg senator Paul Pfiwyng (15541599). PfinZ'ng's importance lies in the field of topographic (medium
scale) maps and further in the fact that he developed the
system of surveying by means of a compass traverse. He
wrote about his experiences as a cartographer in a book
which was published in 1598. In it he explains in German
all the fields of practical cartography from the making of
the necessary instruments and the surveying in the field,
to the construction of the map on the drawing board.