Zötl - EK - 1957-11-2-03

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J.

Ztl:

Neue Ergebnisse der Karsthydrologie

107

NEUE E R G E B N I S S E DER K A R S T H Y D R O L O G I E
Untersuchungen im Dachsteingebiet mit Hilfe der Sporentriftmethode
Josef Ztl
Mit 1 Abbildung
New results in karst hydrology
Summary: Since 1954 the author has been carrying out
karst hydrographic investigations in the south-eastern
Dachstein area (Upper Austrian Styrian Limestone
Alps).
The Dachstein massif is a typical representative of cast
Alpine block shaped mountains; thick layers of Triassic
limestones and dolomites which lie on top of marly
Werfen strata and Paleozoic phyllites rise steeply from the
surrounding valleys. The massif possesses extensive
plateau surfaces with pronounced karst features and lacks
surface drainage.
In order to clarify the catchment areas of the foreland
streams, in the summer of 1956, spores of Lycododium
clavatum were put into five sink holes on the plateau of
the eastern Dachstein area and springs at the foot of the
massif were kept under observation with plancton nets.
This spore drift method, which was introduced in 1953
by A. Mayr for the investigation of a subterranean watercourse in the western Dachstein area, proved its worth
also in this case. This method has the advantage that in
contrast to the usual method of putting chloride or dyes
into karst streams, the amount of material and the number
of people required can be very small, a fact which may be
of decisive importance for investigations in out of the
way and not easily accessible places. This spore drift
method was further developed in the eastern Dachstein
area by using dyed spores.
The results of the five experiments which were carried
out in the eastern Dachstein area lead to the conclusion
that there is an interconnected and water filled network
of cavities, a karst water system, whose culmination lies
in the central part of the Massif.
Practical results of these investigations were that they
allowed conclusions to be reached for the calculation of
the catchment areas of the foreland streams in limestone
mountains and also as regards the problems of preventing
the pollution of springs. In addition conclusions could
be drawn about the subterranean drainage of block
shaped Alpine limestone mountains. In this respect the
concept of A. Grand (1903, 1910) that there is a uniform
karst water table in limestone mountains opposed the
theory of O. Lehmann (1932) according to which the subterranean drainage of a limestone massif takes place by
means of a number of independent karst vessels. The
results of the spore drift experiments in the eastern Dachstein area brought these two contrasting theories into
closer proximity; although it was possible to prove the
existence of an on the whole interconnected karst water
system, the possibility of a complete transfer of the concept of the characteristics of ground water in loose permeable rock to the conditions in limestone mountains
does, however, not exist. The validity of the results gained
by the spore drift experiments in the eastern Dachstein
area must for the time being, of course, be limited to karst
massifs in the eastern Alps, until the results of further
investigations elsewhere become available.

Das Untersucbmgsgebiet
Wie die meisten Kalkstocke der nordlichen
Kalkalpen ostlich der Saalach ragt auch das Dach-

steingebiet jh aus den umliegenden Tallandschaften auf. So fhren von Obertraun (520 m
a. H.) zwei Seilbahnen in den Nordsaum des
Plateaubereiches, das hier von 1700 m a. H. nach
Sden hin ansteigt. Der Wanderer aber, der von
Sden her in das Dachsteinplateau eindringen
will, mu von der Ramsau aus (ca. 1100 m a. H.)
weitere 1100m in steilem Anstieg berwinden,
bis er die Plateauflche in 2200 m a. H. erreicht.
ber das Plateau erheben sich dann erst die
massigen Gipfel, von denen sieben ber 2800 m
a. H. aufragen (Hoher Dachstein 2996 m). Zu
ihren Fen liegen Eisfelder mit einer Gesamtflche von etwa 6,2 km 2 1 ).
Das Kargebirge der Dachsteingipfel liegt einschlielich der Eisfelder bereits auerhalb des
eigenen Arbeitsgebietes. Dieses setzt mit seiner
Westbegrenzung dort an, wo das Plateau mit der
Hochflche Auf dem Stein" (1800 bis 2200 m
a. H.) mit 7 km seine grte Breite erreicht, und
umfat auer der genannten Hochflche die stlich und nordstlich anschlieenden morphologischen Glieder des stlichen Dachsteingebietes,
nmlich das Kammergebirge, den Zug der
Kammspitze, den Koppenstock und die Krippenstein-Speikberggruppe.
Das Plateau dacht gegen Norden und Osten
ab, fllt aber nur im Nordosten in einigermaen
gangbaren Hngen zum Becken von Mitterndorf
ab, whrend der Abbruch gegen Norden zum
Tal der Traun und nach Osten zum Pa Stein
dem Abfall zur Ennstalfurche bzw. zur Ramsau
in keiner Weise an Steilheit und Unnahbarkeit
nachsteht. Das somit nur gegen Westen willkrlich abgegrenzte Untersuchungsgebiet hat eine
Ausdehnung von ca. 284 km 2 .
Der Groteil des Plateaus ist aus Dachsteinkalk aufgebaut, der im Sden in Hauptdolomit
und im Sdosten in Riffkalk bergeht. Kalk und
Dolomit werden von den Werfener Schichten
(Sandstein, Mergel, Werfener Schiefer) unterlagert, und diese ganze triassische Schichtenfolge
liegt wiederum auf den palozoischen Ennstaler
Phylliten. Aber nur im Sden streichen die
wasserstauenden Schichten ber dem Talboden
*) Nach den Messungen von E. Arnberger und E. Wilthum (1953) hatte das grte geschlossene Gletscherfeld
der Dachsteingruppe, der Hallsttter Gletscher, 1951 eine
Ausdehnung von 3,36 km2 gegen mehr als 5 km2 1856.

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Erdkunde

aus. Sie stehen hier an den Hngen zur Ramsau


in 1700 m a. H. an, gegen Osten verlieren sie an
Hhe. Im Norden reicht der Dachsteinkalk unter
den Spiegel des Hallsttter Sees (510 m a. H.)
hinab, entlang von Lngsbrchen sind die nordseitigen Schichtpakete abgesunken.
Das Plateau des Dachsteingebietes erfuhr in
bereinstimmung mit den brigen obersterreichisch-salzburgischen Kalkalpen durch die
Geomorphologen eine Gliederung in mindestens
zwei Niveaus (Abtragungsflchen) verschiedenen
Alters, an die eine Reihe alter Talsysteme anschliet. Die Plateauflchen tragen das Geprge
eiszeitlicher berformung (Rundhckerlandschaft, Mornenreste), die die Hnge gliedernden
Tlchen sind Hochtrge mit typisch unterschliffenen Seitenwnden und Stufenmndungen zum
Enns- bzw. Trauntal.
Trotz der charakteristischen Ausbildung von
Formen eiszeitlicher Gletscherarbeit sind es aber
vor allem die Karstphnomene, die dem Plateaubereich den augenflligsten Stempel aufdrcken.
Dohnen, Wannen und Karstgassen begrnden
die auerordentliche Ungangbarkeit des Gebietes
schon in den bewaldeten Plateaubezirken, dem
Tourismus widrige Umstnde, die sich in der
Hauptregion der Karrenfelder (zwischen 1700
und 2400 m a. H.) noch verschrfen. Im Verein
mit ungnstigen Witterungsverhltnissen das
Plateau hat ca. 2000 mm Jahresniederschlag ,
die in Form von Nebeleinfllen, pltzlichen Unwettern und sommerlichen Schneefllen hufig
auftreten, ergibt sich jene sprichwrtliche Unbersichtlichkeit des Plateaugelndes mit den fr
den Unerfahrenen oft katastrophalen Auswirkungen.
Die noch heute in Gang befindliche Verkarstung liegt in ihren Anfngen weit zurck.
O. Ganss (1939) fhrt interessante berlegungen
ber eine schon vorgosauische Verkarstung.
Sicher ist, da schon im Tertir die ursprnglich
mehr flchenhaften vertikalen Wasserwege entlang von Klften und Schichtfugen im Dachsteingebirge in zahllose linienhafte, schlauchfrmige
Wasserwege gewandelt wurden. Ebenso fehlt es
nicht an Dolinen und Wannen prdiluvialer Ausbildung. Heute gleichen die Plateauflchen einem
sehr engmaschigen Sieb, unzhlige Wasserwege
vom Haarrhrchen bis zum Schacht fhren in die
Tiefe, und zum berwiegenden Teil wird das
obere System nur zur Zeit der Schneeschmelze
und nach strkeren Regenfllen vom Wasser
durchfahren.
Durch die Tatsache, da die Plateauflchen
vom nackten Karst bis in die Waldregion absinken, ergibt sich die Mglichkeit, das Phnomen der Kampfregion von Vegetation und Wirt-

Band XI

schaft im alpinen Karst auf weitem Raum zu verfolgen, Studien, wie sie derzeit F. Bauer und
G. Wendeiberger
durchfhren (Bauer 1956). Wirtschaftliche Folgerungen aus diesen Untersuchungen ergeben sich fr die Alm- und Forstwirtschaft, wobei als erwiesen gelten kann, da der
Rckgang von einst 51 Almen (um 1825) auf derzeit 41 im Arbeitsgebiet, nicht nur auf wirtschaftliche Rentabilittsfragen, sondern ebenso auf eine
naturbedingte Minderung des Nutzwertes zurckzufhren ist.
Bezglich der gegenwrtigen hydrographischen Verhltnisse bietet sich das Bild einer fr
Kalkmassive typischen Entwsserung, der Wassernot der Hochflchen steht ein berflu in den
tiefgelegenen Randgebieten gegenber. Daraus
ergibt sich, da neben die grundstzliche wissenschaftliche Frage nach dem Mechanismus der
Karsthydrographie die praktischen Fragen der
Wasserversorgung der Hochflchen bzw. der
Wasserdarbietung des Kalkstockes fr Wassernutzungsanlagen in den Talbereichen treten.
Zur Ermittlung der Abfluspende des Gebietes
sollte im Sommer 1956 durch die Beschickung
von fnf Schwinden im Plateaubereich und die
Beobachtung von Quellen und Vorflutern in den
Talgebieten eine grozgige bersicht ber die
unterirdische Wasserbewegung in diesem Kalkstock gewonnen werden 2 ).
Die Arbeitsmethode
Zum Nachweis des Zusammenhanges von
Schwinden und wiederaustretenden Gewssern
bedient man sich verschiedener Methoden, deren,
unter Auerachtlassung verschiedener, meist erfolgloser Triftversuche und der noch wenig gehandhabten Verwendung radioaktiver Stoffe,
drei unterschieden werden knnen:
1. Die Chlorierung unter Verwendung von
Gewerbesalz,
2. der Einsatz von Farbstoffen (heute meist
Uranin) und
3. die Sporenfrbung oder besser Sporentrift.
Eine kurze Gegenberstellung des Sach- und
Personalaufwandes verschiedener Untersuchungen jngeren Datums erlutert die Vorzge der
letztgenannten Methode.
2 ) Die eigenen, im folgenden beschriebenen Arbeiten
wurden im Rahmen der alpinen Karstuntersuchungen
durch das Spelologische Institut Wien durchgefhrt. Auf
Grund der Ergebnisse scheint es gerechtfertigt, diese und
die angewandte Untcrsuchungsmethode weiteren Kreisen
der wissenschaftlichen Geographie darzulegen.
Das uerst reichhaltige Schrifttum ber das Dachsteingebict fand eine sorgsame Sichtung bei N. Krebs (1915)
und eine zusammenlassende Behandlung in den Dissertationen von W. Krieg (1953) und A. Mayr (1954).

J. Ztl:

Neue Ergebnisse der Karsthydrologie

Bei einer Chlorierung im Bereiche des Lurbaches


durch V. Maurin (1952) wurden 800 kg verglltes Gewerbesalz eingesetzt. An dem Versuch waren nicht weniger als 124 Mitarbeiter beteiligt, von denen jeder mindestens eine Achtstundenschicht, viele fters und einige
whrend der ganzen Dauer des Versuches im Einsatz
waren (Maurin 1952, p. 169). Die auerordentlich hohe
Zahl der Mitarbeiter lag vor allem im Versuchsziel begrndet, das nicht nur einen Nachweis des Zusammenhanges von Schwinde und Quelle, sondern ebenso eine
genaue Erfassung der Durchgangskurve erstrebte. Die
Beobachtung kann bei der Chlorierung durch chemische
Bestimmung des Chlorgehaltes entnommener Wasserproben oder mit Hilfe der physikalischen Methode elektrischer Widerstandsmessungen an Quellen oder Gerinnen durchgefhrt werden. Letztere ist bei der Untersuchung ausgedehnter Gebiete mit Beobachtung zahlreicher Quellen kaum anwendbar, da die erforderliche
Anzahl von Apparaten und deren stndige Betreuung
auerordentlich hohen Sach- und Personalaufwand erfordern wrde. Aber auch die Notwendigkeit, groe
Mengen von Einspeisungsmaterial zu entlegenen und
hochgelegenen Einspeisungspunkten zu befrdern, schlo
fr das Dachsteingebiet von vornherein die Anwendung
der Chlorierungsmethode aus3).
Bei einer Frbung im Schneeberggebiet 1955 durch
F. Dosch wurden 9 kg Uranin konz." der Bayer-Werke
eingespeist. Die Entnahmen der Wasserproben wurden
von 15 Personen durchgefhrt, die 23 Tage schichtweise
arbeiteten, dazu waren mehrere Personen an der Farbeinspeisung und an den Laborarbeiten beteiligt (Dosch 1956
p. 3). Bei dem Versuch von F. Dosch konnte der verwendete Farbstoff noch bei einer Konzentration von 10~7 im
Hochquellwasser mit freiem Auge erkannt werden. In
einer Konzentration von 10 "8 war der Farbstoff mit freiem
Auge noch in den 80 cm langen Schaurhren bei schrger
Beleuchtung einwandfrei zu sehen. Das heit, da bei
unserer Untersuchung bei einem Verzicht auf die Verwendung der UV-Lampe fr jeden ausgedehnteren Versuch
je 10 kg Uranin eingesetzt htten werden mssen. Abgesehen davon, da sich im Vergleich zur Sporentrift damit
die reinen Materialkosten auf mehr als das Siebenfache
erhht htten, lieen Personalmangel und der Umstand,
da es ntig gewesen wre, grere Zeitrume zwischen
den einzelnen Versuchen verstreichen zu lassen, von der
Verwendung der Frbemethode Abstand nehmen4).

Die genannten Umstnde gaben den Anla, die


Mglichkeit der Anwendung der Sporentriftmethode fr die eigenen Untersuchungen ein3 ) Im Verlauf von 24 Stunden entstrmten dem Arbeitsgebiet zur Zeit der Untersuchungen ber 1 Mill. m 3
Wasser. Nahezu 8500 kg Salz htten bei jedem einzelnen
der drei greren Versuche im stlichen Dachsteingebiet
zur Einspeisung gelangen mssen, um den Chlorgehalt
dieser Wassermenge um 5 mg/1 zu heben. Das htte fr
jeden Transport einer Karawane von 100 Tragtieren bedurft.
4 ) Die angefhrten Berechnungen bezglich der ntigen Materialmengen fr eine Chlorierung oder Frbung
im eigenen Untersuchungsgebiet beziehen sich auf die
tgliche Abflumenge und tragen hauptschlich einen
Illustrationscharakter. Gerade im Frhsommer ist die tatschlich im Gebirgskrper gespeicherte Wassermenge
viel grer. Letzten Endes mu darauf hingewiesen werden, da schon ein einziger krftiger Sturzregen die ganze
Berechnung illusorisch macht. Daraus aber mag ersehen
werden, welche Schwierigkeiten einer Einspeisung im
zentralen Plateaubereich eines greren Karstmassivs bisher im Wege standen.

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gehend zu prfen. Diese Methode wurde 1953


durch A. Mayr (1954) eingefhrt und zum Nachweis des Zusammenhanges einer Schwinde im
Hinteren Gosau-See mit dem Waldbach mit Erfolg angewandt. Verwendet wurden Brlappsporen (Lycopodium clavatum, Sporendurchmesser ca. 30 Mikren). Das Lycopodiumpulver
ist im pharmazeutischen Handel in greren
Mengen erhltlich. Die Beobachtung erfolgt
durch Einhngen von Planktonnetzen aus feinster Schweizer Mllergaze in Quellen oder Gerinne. A. Mayr setzte bei seinem Versuch 8 kg
Lycopodiumpulver ein, die Beobachtung fhrte
er allein durch6).
Die Einspeisung von Lycopodiumpulver in Schwinden
verlangt eine vorbereitende Behandlung. Gefrbte Sporen
lsen sich ohne weiteres im Wasser, da sie bereits benetzt
sind. Die ungefrbten Lycopodiumsporen wurden in
Plastikeimern mit Hilfe von Presto mit Wasser zu einem
Brei verrhrt6). Aus Grnden des leichteren Transportes
wurde der Sporenbrei erst am Einspeisungsort angerhrt.
Die Benetzung der Sporen kann brigens auch mit
Spiritus erfolgen, was zum Teil beim Frben der Sporen
praktiziert wurde. Dabei wurden 300 ccm Spiritus fr die
Benetzung von 500 Gramm Sporen verwendet.
Mayr macht keine Angaben ber die Verdnnungsfhigkeit eingespeister Sporenmengen. Die Schtzung
nach Gewicht und Volumen fhrte zu dem Schlu, da
zwei Kilogramm Lycopodiumpulver rund eine Billion
Sporen darstellen. Bei einer angenommenen Wassermenge
von 1 Mill. m 3 entfallen dabei, eine Einspeisung von 10 kg
Sporen im zentralen Teil des Massivs vorausgesetzt, selbst
bei einem Verlust von 99% noch immer 50 Sporen auf
einen Liter Wasser7).
Beim Einhngen der Planktonnetze in die zu beobachtenden Gewsser empfiehlt es sich, mglichst an den
Quellmund heranzurcken, da hier das Wasser am reinsten ist. Vielfach war dies allerdings nicht mglich. Groe
Fliegeschwindigkeiten sind der Beobachtung sehr ungnstig, weil in diesem Fall die geringe Maschenweite
des Netzes stauend wirkt und das Wasser zurckgestoen
wird. Ein probeweises Einhngen des Netzes an verschiedenen Stellen des Gerinnes zeigt, wo die Grenzen der
5) Mayr
nannte seinen Versuch Sporenfrbung"
(1954, p. 93f.). Es ist m. E. aber berechtigt vorzuschlagen,
von Sporentrift" zu sprechen, um Unklarheiten zu vermeiden. Mayr hat ungefrbte Sporen verwendet, whrend
bei den eigenen Versuchen im stlichen Dachsteingebiet
zum Teil gefrbte Sporen eingesetzt wurden. Die Technik des Frbens (also die eigentliche Sporenfrbung")
erforderte spezielle Entwicklungsarbeiten, die noch nicht
abgeschlossen sind.
6 ) Im Laufe der verschiedenen Einstze stellte sich heraus, da man am besten eine geringe Menge Sporen
(ca. 250 Gramm) mit ungefhr zwei Liter Wasser unter
Beifgung einer Handvoll Presto vermengt. Nun werden
immer wieder Mengen von 250 bis 500 Gramm trockenen
Sporenpulvers in die bereits benetzte Menge nachgeschttet. Mit der Hand durchgeknetet, erfolgt jetzt eine
sehr rasche Benetzung der neu zugefhrten Sporenmenge.
') Da diese Zahlen tatschlich eine brauchbaren
Rahmenwert darstellen, ist im folgenden aus den praktischen Ergebnissen zu ersehen, wobei nochmals darauf
hingewiesen sei, da die tatschlich im Massiv gespeicherte
Wassermenge ein Mehrfaches des tglichen Abflusses war.

110

Erdkunde

Fliegeschwindigkeit liegen, innerhalb deren man noch


eine verlliche Beobachtung erwarten kann. Ist das
Netz verschmutzt, so ist es notwendig, es nach jeder
Probenahme gut durchzuwaschen. Von den im Dachsteingebiet eingesetzten Planktonnetzen hatten zwlf
einen oberen Durchmesser von 12 cm und eine Tiefe von
2830 cm, drei einen Durchmesser von 30 cm und eine
Tiefe von 60 cm. Das feinmaschige Netz (Maschenweite
ca. 50 Mikren) mndet in einen Glas- oder Metalltrichter,
an dem ein Gummischlauch befestigt wird, der durch
einen Quetschhahn geschlossen werden kann8).
Die Prfung der Vorproben ergab, da nach jedem
Versuch eine hinreichende Reinigung der Netze mglich
war. Die Netze wurden nach den einzelnen Versuchen in
Lauge gewaschen und anschlieend mehrmals durchgeschwemmt. Bei der Durchfhrung der Versuche
wurden alle Vorsichtsmanahmen getroffen, da eine Verschleppung von Sporen in das Behelfslabor ausgeschlossen
wurde. Wer am Mikroskop arbeitete, war an den Einspeisungen und am Frben der Sporen nicht beteiligt. Die
Frbungen erfolgten in Rumen, die sonst nicht benutzt
wurden, ebenso wurde die Arbeitskleidung gewechselt.
Die Wasserproben aus den Planktonnetzen wurden in
Medizinflschchen mit 30 ccm Fassungsvermgen abgefllt, die sich fr den Transport geeigneter erwiesen als
Eprouvetten. Jedes Flschchen wurde am Quellort
etikettiert und mit Datum, Uhrzeit, Quellenbezeichnung,
Probenummer und Wassertemperatur beschriftet. Die
gleichen Angaben wurden noch am Quellort in das Beobachtungsbuch eingetragen, wo auch die Ergebnisse aus
den Untersuchungen am Mikroskop verzeichnet wurden.
Neben den Beobachtungsbchern wurden Tagebcher
gefhrt, in denenhauptschlichder Gang der Untersuchungen im Tagesverlauf und die Witterungsverhltnisse festgehalten wurden9).

Band XI

fhrt. Der Bericht wird in den Beitrgen zur


Hydrographie der Steiermark verffentlicht10).
Die Sporentrijtversuche
Dachstein 1956
Dem Ziel entsprechend, die untertgigen Entwsserungsverhltnisse im stlichen Dachsteingebiet in groben Zgen zu erfassen, wurden fnf
Einspeisungspunkte gewhlt, von denen einer im
zentralen Teil des Plateaubereiches liegt, whrend die anderen vier auf die randlichen Bezirke
verteilt wurden (vgl. Karte).
1. Die Beschickung einer Schwinde in den
Riesen-Eishhlen:
Der Versuch ist der einzige, dessen Einspeisungsort
nicht direkt am Plateau liegt, die Hhleneingnge befinden sich in den oberen Hangbereichen. Mit der Hauptaufgabe wurde damit der Versuch verbunden, den Weg
der Schmelzwsser aus den bekannten Hhlen zu klren.
Am 13. Juli 1956 wurden von 17.00 bis 17.45 Uhr einem
kleinen Schmelzwassergerinne nahe Punkt 1455 (Tristandom) 2,5 kg rotgefrbte Lycopodiumsporen zugefhrt.
Der Abflu in den Spalt betrug 0,1 1/sec. Planktonnetze
wurden in 9 Quellen am Fue des Nordhanges eingehngt,
eine Quelle (Nr. 721) liegt am Hang u ) . Die Fallhhe
(Hhenunterschied Schwinde-Quelle) zu dieser Quelle
betrug nur 370 m, zu den anderen Quellen durchschnittlich 900 m. Vier Beobachtungsstellen ergaben positive
Proben, aus denen zu ersehen war, da der Groteil des
in der Hhle anfallenden Schmelzwassers bei Quelle
Nr. 721 zutage tritt. Ein Teil des Wassers aus den Eishhlen aber sinkt durch die Klfte zu dem allgemeinen
unterirdischen Entwsserungsnetz des Gebirgsstockes ab
und tritt mit diesem im Koppen Winkel aus (Quelle
Nr. 713, 716). Dort wiesen zur Zeit der Untersuchung
alle Quellen eine Schttung von ber 100 1/sec auf,
Quelle Nr. 713 schttete 1 m3/sec. Diese ungeheure Verdnnung des Schmelzwasserrinnsales (s. o.!) sowie der
Umstand, da in dem reienden Gerinne von Quelle
Nr. 713 wie in den stark verteilten Quellhorizonten der
Quellen Nr. 714718 die Anbringung der Netze sehr
schwierig war, erschwerten die Beobachtung.
Soweit die Durchgangsgeschwindigkeit des Triftkrpers bei einer tglich einmaligen Probenahme grob
ermittelt werden konnte, ergab sich eine durchschnittliche
Geschwindigkeit von 1 km pro Tag. Die Entfernung von
der Schwinde zur entlegendsten Quelle betrug 2,5 km.

Den Versuchen im stlichen Dachsteingebiet


ging ein kombinierter Frbe-Chlorierungs-Sporentriftversuch am Rande des Stadtgebietes von
Graz voraus. Dieser Versuch hatte den Zweck,
uns mit der bisher erst einmal von A. Majr
durchgefhrten Sporentrift vertraut zu machen.
Weiter sollte der Versuch einen quantitativen
und qualitativen Vergleich der drei gleichzeitig
angewandten Methoden gestatten und schlielich
zur Klrung eines offenen karsthydrographischen Problems, der Frage des Zusammenhanges
der Schwinden westlich des Buchkogelzuges und
der Brndlquelle stlich des genannten Berg1 0 ) Die im folgenden beschriebenen Versuche im stzuges fhren. Dieser kombinierte Versuch wurde
Dachsteingebiet wurden in Zusammenarbeit mit
in Zusammenarbeit mit V. Maurin und zahlrei- lichen
Hauptschuloberlehrer A. Hofer durchgefhrt, dem vor
chen Mitarbeitern mit vollem Erfolg durchge- allem die Arbeit am Mikroskop unterlag. Durch die teil8)

Die Maschenweite der Netze ist an sich grer als der


Durchmesser der Sporen, doch verhindern die kleinen
Fasern des Gewebes ein Durchschlpfen der Sporen.
Ein probeweiser Einsatz von Perlongeweben derselben
Maschenweite ergab, da sie nicht brauchbar waren, weil
dem Kunststoff die feine Faserung fehlt. Die groen
Netze wurden mit Erfolg in Bchen und starken Quellen
eingesetzt. Die Netze wurden in Holzgestelle gebunden,
die vorne ein feinmaschiges Drahtnetz trugen, das grbere
Unreinigkeiten abfing.
9 ) Die Technik des Mikroskopicrens beschrieb A.Mayr
(Diss. 1954, p. 28 f.), sie kann zudem jedem Lehrbuch fr
Pollenanalyse entnommen werden.

weise Verwendung von gefrbtem Lycopodiumpulver


war es mglich, die vorgesehenen fnf Versuche im stlichen Dachsteingebiet in der kurzen Zeit zwischen
10. Juli und 29. August 1956 durchzufhren, ohne da
die Zuverlssigkeit der Untersuchungsergebnisse dadurch
in Frage gestellt wurde.
Der Einsatz gefrbter Sporen stellt eine Weiterentwicklung der Methode Mayrs dar, der mndliche Anregungen
des jugoslawischen Karstforschers F. Bar zugrunde liegen.
u ) Die Bezeichnung (Nr.) der Quellen folgt einem
Quellenkataster, in dem als Ergebnis einer 1954 und 1955
durchgefhrten hydrogeologischen Aufnahme 721 Quellen des stlichen Dachsteingebietes mit Angabe von
Schttung, Temperatur, Hhenlage und Quellentypus
verzeichnet sind.

Sporentriftversuche Dachstein 1956


Einspeisungsstelle

Zinken
1654

Beobachtungsstelle
an offenen
Gerinnen
Quelle

Obertraun

Wege

Mitterndorf'

Herren A.
\Eishhlen,

mit

Katasternummer

blaugefrbter

Sporen

rotgefrbter

"

ungefrbter

"

H Kr ipp en s{
2109 fr-

NI
O:

Ol

I.Gjoidstein
2716

Maisenberg

Grctrnbrrg

K oppenkarstein
2171
Scheichenspitz

^j g W v

Q.

BerilltnA.

av

Kamm,

A.

engdorf
Stoderzinken

Si nobel
23*3 f

<> / j
20*7
Crbming

Ramsou

J. Z otl IS56

112

Erdkunde

Nach der 6. Probe (gezogen am 18. 7.) traten keine roten


Sporen mehr auf.
2. Die Beschickung der Schwinde Herren-Alm:
stlich der Jagdhtte Herren-Alm liegt in 1426 m a. II.
eine kleine Quelle, deren periodischer Abflu (zur Zeit
der Einspeisung 0,0125 1/sec) nach einem Lauf von 12 m
Lnge in ein Ponor versinkt, das nach einigem Bemhen
vom angeschwemmten Material freigemacht werden konnte. Am 14. Juli 1956 wurden in der Zeit von 18,00 bis
19,00 Uhr 5 kg ungefrbte Lycopodiumsporen eingespeist und 200 Liter Wasser aus dem nahen Quelltmpel mittels Kbeln nachgegossen. 14 Quellen wurden
mit Planktonnetzen versehen, 5 ergaben positive Proben.
Es ist wesentlich, da sich die Quellen mit negativem
Befund auf den Raum westlich vom Koppen Winkel beschrnkten (Quellen Nr. 713718), alle um den Koppenstock beobachteten Quellen lieferten positive Befunde.
Es ist aus diesem Grunde bedauerlich, da aus arbeitstechnischen Grnden am Koppen Nordhang nicht mehrere
Quellen besetzt werden konnten.
Der Hauptdurchgang erfolgte zu Quelle Nr. 627, wo die
Spitze des Durchzuges bereits nach 15 Stunden berberschritten war 12 ). Gnstig fr den raschen Durchgang
(ca. 250 m pro Stunde) waren zweifellos die in diesen
Tagen reichlich anfallenden Niederschlge, die andererseits die Probennahme in der Koppenbrller Hhle und
am Traunufer durch den in ihrem Gefolge auftretenden
Wasseranstieg erheblich erschwerten. Aus der Koppenbrller Hhle (Quelle Nr. 707) mute am 16. 7. das Netz
entfernt werden, weil ein starkes Hochwasser die Hhle
durchtoste. hnliche Schwierigkeiten ergaben sich am
Traunufer (Quelle Nr. 710).
Die Ergebnisse dieses Versuches deuteten bereits die
Besonderheiten der Karstentwsserung an, die Triftkrper durchfuhren ungeachtet der orographischen Verhltnisse den Koppenstock nach allen Richtungen.
Die beiden beschriebenen Versuche wurden am 19. Juli
1956 abgeschlossen. Das Behelfslabor war whrend der
Zeit dieser Versuche in Obertraun. Am 20. 7. erfolgte die
bersiedlung an die Sdseite des Arbeitsgebietes, das
Behelfslabor wurde im Hause Ramsau Nr. 115 errichtet.
3. Die Beschickung einer Doline im Landfried
Tal:
Im Landfried Tal, nrdlich des Hhenzuges Sinabel
(2343 m) Scheichen Spitz (2662 m) liegt im Hauptdolomit eine Reihe von Dolinen, die bei Schnwetter
starke Schmelzbche von Schneeflecken verschlucken,
1 2 ) Strkster und schwchster Sporendurchgang beim
2. Versuch (Einspeisung Herren-Alm):
Quelle Nr. 627:
Entfernung Schwinde-Quelle 3 km, Fallhhe 390 m.
1. Probe am 14. 7. (Vorprobe) . . . 0 Sporen
2. Probe am 15.7. 10.45 Uhr . . . 120 Sporen
3. Probe am 16. 7. 9.45 Uhr . . . 24 Sporen
4. Probe am 17. 7. 10.45 Uhr . . . lOSporen
5. Probe am 18. 7. 10.50 Uhr . . . 4 Sporen
Quelle Nr. 710:
Entfernung Schwinde-Quelle 4,5 km, Fallhhe 900 m.
1. Probe am 13. 7. (Vorprobe) . . . 0 Sporen
2. Probe am 15. 7. 15.30 Uhr . . . 0 Sporen
3. Probe am 16. 7. 12.15 Uhr . . . 4 Sporen
4. Probe am 17.7. 12.45 Uhr . . .
1 Spore
Am 17. 7. mute das Netz wegen Beschdigung
durch Hochwasser eingeholt werden.
Diese Beispiele fr den Sporendurchgang beim 2. Versuch entsprechen auch den Sporenzahlen, wie sie beim
1. Versuch auftraten.

Band XI

die hier zum Teil den Sommer berdauern. Infolge der


Gesteinsbeschaffenheit, der Dolomit neigt zu grusigem
Zerfall, - sind die Schluckstellen vllig verschlmmt.
Erst an der Grenze des Dolomites zum Dachsteinkalk
konnte in 2200 m a. H. ein kleines Ponor freigemacht werden, das jedoch das eingefhrte Wasser ebenfalls nur langsam in die Tiefe entlie. Hier wurden am 22. 7. 1956
zwischen 17.00 und 19.00 Uhr 5 kg ungefrbte Lycopodiumsporen eingespeist und mittels Kbeln ca. 300
Liter Wasser aus einem nahegelegenen Schmelzwassertmpel nachgegossen. Natrlicher Abflu war keiner vorhanden. Von 10 Quellen wurden Proben entnommen,
davon lieferten nur 3 positive Befunde. Die Entfernungen
von der Schwinde zu den Quellen lagen zwischen 2,7 und
3,4 km, die Fallhhen schwankten zwischen 870 und 950 m.
Durchschnittlich ergaben sich pro positive Quelle drei
positive Proben, die Sporenanzahl pro Probe lag unter
10 Sporen.
Ein Vergleich mit den vorausgegangenen Versuchen
zeigt, da die Beschaffenheit des Dolomites Versuchen
mit Sporentrift nicht so gnstig ist wie die Verhltnisse
im Kalk. Trotzdem kann das Ergebnis als zufriedenstellend bezeichnet werden, denn es wurde damit erwiesen, da auch im Dolomit die orographische Wasserscheide vom Wasser durchfahren wird und das Einzugsgebiet des Ramsau Baches (und damit der Enns!) in das
Plateau hineingreift. Die Untersuchungen waren zudem
durch eine ungnstige Witterung behindert. So gingen
am 24. 7. abends in diesem Gebiet schwere Gewitterregen
nieder, wodurch einige Netze derart verschottert wurden,
da sie ausgegraben werden muten.
Der Versuch wurde am 29. 7. abgebrochen. In den
folgenden Tagen wurden im Salza-Kraftwerk 12 kg
Sporen blau gefrbt und am 3. 8. gemeinsam mit den
Gertschaften mittels eines Tragtieres auf die Grafenberg-Alm transportiert. Fr den nchsten Versuch wurde
das Behelfslabor wieder nach Obertraun verlegt.
4. Die Beschickung der zentral im Plateau
gelegenen Schwinde Maisenberg:
Am 4. 8. wurde das Material zur Halterhtte Maisenberg getragen. 500 m SSO von der Halterhtte fliet eine
kleine, aber bestndige Quelle, deren Abflu im kleinen
Ponor einer Doline versinkt (1860 m a. H.). Der dauernde
Abflu betrug zur Zeit der Einspeisung 0,18 1/sec. Hier
wurden am 4. 8. zwischen 11.30 und 13.30 Uhr 12 kg
blaugefrbte Sporen eingespeist. Von 14 um das ganze
Massiv verteilten beobachteten Quellen blieben nur 2 negativ, beide zeichnen sich durch eine sehr selbstndige orographische Stellung aus. Ein Netzfiel aus.
Durch die Ausdehnung des zu beobachtenden Raumes
konnten die Proben mit Ausnahme der Quellen im
Koppen Winkel, wo durch Hofer eine tgliche Probennahme erfolgte, zumeist nur an jedem zweiten Tag gezogen werden. Zur Bewltigung der groen Entfernungen
zwischen den einzelnen Beobachtungsstationen standen
keine Motorfahrzeuge zur Verfgung.
Die krzeste Entfernung Schwinde-Quelle (Nr. 221)
betrug 5,5 km (Luftlinie), die grte 13 km (zu Quelle
Nr. 648). Die Fallhhen bewegten sich zwischen 700 und
1330 m. Die aufgefangene Sporenzahl bei den positiven
Proben blieb bei 6 Quellen unter 10 Sporen pro Probe.
Quellen, die 5 bis 7 km Luftlinie von der Schwinde entfernt sind, fhrten bereits drei Tage nach der Einspeisung
Sporen. Aber selbst in 13 km Entfernung war schon
4 Tage nach der Beschickung die erste positive Probe zu
verzeichnen (Quelle Nr. 648), die Spitze des Sporendurchganges liegt allerdings bei der nchsten Probe. Im Durchschnitt kann eine Durchgangsgeschwindigkeit von 100 m
pro Stunde angenommen werden.

J. Ztl:

Neue Ergebnisse der Karsthydrologie

Der Erfolg war nicht zuletzt den gnstigen Witterungsverhltnissen zu verdanken, die erst am Abend des 10. 8.
durch schwere Gewitterregen unterbrochen wurden, die
im Ennstal zum Teil starke Vermurungen zur Folge
hatten. So fielen denn auch in diesem Gebiet, besonders
dort, wo aus arbeitstechnischen Grnden die Netze nicht
am Quellmund, sondern nur an den schneller zu erreichenden Bchen eingehngt werden konnten (Luserbach,
Feisterbach), am 1 1 . 8 . mehrere Proben aus, was jedoch
nicht mehr ins Gewicht fiel, da der Versuch bereits vor
dem erfolgreichen Abschlu stand.
Am 12. 8. 1956 wurden die letzten Proben eingeholt.
Am 14. und 15. 8. wurden im Salza-Kraftwerk 7 kg
Lycopodiumsporen rot gefrbt und am 16. 8. das Behelfslabor in Unterlengdorf eingerichtet.

Die Ergebnisse fr

113

die Praxis

Bei den beschriebenen Versuchen wurde auf


die Ermittlung einer Kurve des Sporendurchganges bei den einzelnen positiven Quellen verzichtet. Der Vergleichsversuch im Gebiet von
Graz ergab, da sich der Lycopodiumdurchgang,
der sich bezglich der Durchgangsspitze nicht mit
jenem der Farbe bzw. des Chlors deckt, nur durch
Probenziehung in Abstnden von Stunden ermitteln lt. Daran war bei den gegebenen Verhltnissen nicht zu denken.
Die Versuche lassen erkennen, da der gesamte
Kalkstock von einem zusammenhngenden was5. Die Beschickung der Schwinde
serfhrenden Kluftnetz durchzogen wird, ber
im Miesboden:
dessen Gestalt, Gre der eingeschalteten Stauer
Am 16. 8. 1956 wurden Sporen und Gerte von Leng- und Dichte des wasserfhrenden Spaltennetzes
dorf ber die Beriilen Alm in das Miesbodengebiet ge- man allerdings schwerlich zu einer Vorstellung
tragen. Als Einspeisungsstelle wurde eine Schwinde gelangt. Der Vergleich der einzelnen Versuche
200 m stlich der Jagdhtte in 1415 m a. H. gewhlt, da
fhrt zur Vorstellung, da das wasserfhrende
der Miesboden See zu dieser Zeit keinen Abflu aufwies.
Diese Schwinde nahm in den regenreichen Sommern 1954 Kluftnetz den Begriff eines zusammenhngenden
und 1955 durchschnittlich 3 1/sec auf. Am 16. 8. 1956 lief Karstwassersystems gestattet, dessen Kulminaaber nur die kaum nennenswerte Menge von 0,02 1/sec der tion im zentralen Teil des Massivs liegt. Wie der
Schwinde zu, die zudem stark verstrzt war. Nach Freilegung der Schwinde erfolgte in der Zeit von 12.00 bis Versuch bewies, besteht von hier aus ein Geflle
nach allen Richtungen.
14.00 Uhr die Einspeisung der 7 kg rotgefrbtenSporen,
ca. 200 Liter Wasser wurden mittels Kbeln nachgegossen.
Die Ergebnisse des ersten und des dritten VerBei diesem Versuch war es mglich, alle zur Verfgung
suches
mit ihrer geringen Anzahl von positiven
stehenden 15 Netze in einem verhltnismig kleinen
Quellen stehen keineswegs im Widerspruch zur
Raum einzusetzen, und zwar mit wenigen Ausnahmen
Annahme eines zusammenhngenden Karstwasdirekt beim Quellmund. Bei den meisten Netzen konnten
die Proben tglich entnommen werden.
sersystems, das die anderen Versuchsergebnisse
Mit Ausnahme des Netzes in den fen, das nach drei
belegen. Es ist erklrlich, da der eingespeiste
Tagen durch Insektenbisse derartige Beschdigungen aufTriftkrper an desto weniger ste des allgewies, da es als unbrauchbar eingezogen werden mute, meinen Systems Anschlu findet, je weiter die
lieferten smtliche Netze positive Proben, obwohl starke
Einspeisung an den Rand des Plateaus verlegt
Gewitterregen Probenverluste verursachten.
Die Entfernungen Schwinde-Quellen hielten sich zwi- wird. Beim dritten Versuch beeinflute zudem
schen 3,2 und 6,5 km, die Fallhhen zwischen 150 die Gesteinsbeschaffenheit das Versuchsergebnis.
(Quelle Nr. 34) und 720 m (Salza, Quellen Nr. 440455).
Aus den Versuchen geht klar hervor, da die
Durchschnittlich ergaben sich pro Quelle 3 positive Proben, die Sporenzahl pro Probe lag meist unter 10. Zwei- Abgrenzung der E i n z u g s g e b i e t e der einzelmal (beim Abflu der Quellen Nr. 919 und bei Quelle nen Vorfluter nicht nach den rtlichen orographiNr. 648) wurden auch noch 1 bzw. 3 blaue Sporen ge- schen Wasserscheiden erfolgen darf. Da auch die
frdert, Nachzgler des 4. Versuches, bedingt durch die
reichlichen Niederschlge in dieser Zeit, die ein ge- Gestalt des unterirdischen Gewssernetzes vllig
waltiges Ansteigen der Schttung einzelner Quellen ver- unbekannt ist, kann nur durch sorgfltige, langfristige Niederschlags- und Abflumessungen auf
ursachten13).
Der letzte Versuch weist bezglich der Lage und der die Einzugsgebiete der einzelnen Bche rckgeErgebnisse mit dem zweiten Versuch im Koppengebiet
schlossen werden. Das heit, da bei Planungen
Parallelen auf. Auch die Schwinde im Miesboden liegt fr
von
Wasserbauten jeder Art im Kalkgebirge von
das Gesamtgebiet peripher, fr das Gebiet des Grbminger Kammes (Kammspitz 2141 m a. H.) aber zentral. langfristigen Abflubeobachtungen auszugehen
Auch hier wird der ganze Hhenzug ohne Rcksicht auf ist und nicht wie bisher von Wahrscheinlichkeitsdie morphologische Gestalt vom Wasser durchfahren.
berechnungen ber Niederschlagszahlen und aus
Am 24. 8. 1956 wurden die letzten Netze eingeholt und der Karte ermittelte (scheinbare) Einzugsgebiete.
am 29. 8. 1956 konnten die Sporentriftversuche im stMit unmiverstndlicher Deutlichkeit wird
lichen Dachsteingebiet abgeschlossen werden.
auch das Problem des Q u e l l s c h u t z e s beleuchtet. Die Frage der Ausdehnung des Schutz1 3 ) So stieg die Schttung von Quelle Nr. 648 auf das
gebietes einer Quelle hngt mit ihrem EinzugsDoppelte der normalen Wasserfhrung, d. h. auf 1,5 gebiet zusammen. Dazu kommt eine spezielle
3
m /sec. Wegen der starken Schttungsschwankungen
wurde auch darauf verzichtet, fr die einzelnen Quellen Folgerung aus den Sporentriftversuchen. Wenn
detaillierte Angaben ber die Wasserfhrung zu machen. nmlich die Lycopodiumsporen mit einer Gre

114

Erdkunde

von ca. 30 Mikren im Durchmesser in relativ


kurzer Zeit u n g e h i n d e r t den Gebirgskrper
passieren knnen, so ist dies Bakterien um so eher
mglich (Typhusbazillen sind ca. 7 Mikren lang).
Es fehlt die seihende Wirkung des feinkrnigen
Lockergesteins. Besteht schon eine gewisse Gefhrdung durch den Umstand, da nahezu das
gesamte Plateaubereich als Alm- und Galtviehweide genutzt wird, so ist von noch grerer
Wichtigkeit, da die Klranlagen der Schutzhtten berprft werden.
Eine kurze kritische Zusammenfassung der
durch die Versuche gewonnenen praktischen Erfahrungen besttigt die eingangs erwhnten Vorzge des Sporentriftverfahrens im Vergleich zur
Frbung und Chlorierung. Am bestechendsten
sind wohl die geringen personellen Anforderungen, die gerade in entlegenen Gebieten fr die
Frage, ob ein Versuch berhaupt durchgefhrt
werden kann, entscheidend sind. Bezglich der
Z u v e r l s s i g k e i t der Versuchsergebnisse ist zu
sagen, da bei Einhaltung der ntigen Vorsichtsmanahmen (s. o.!) an der Richtigkeit der positiven Ergebnisse nicht zu zweifeln ist, da Lycopodium clavatum im Untersuchungsgebiet nicht
vorkommt und zudem gerade bei den schwierigsten Versuchen gefrbte Sporen eingesetzt wurden. Die n e g a t i v e n Ergebnisse bleiben dann
fraglich, wenn eine starke Schwebfhrung des
Wassers, starke Quellschttung und breite Gerinne, groe Fliegeschwindigkeiten und flchenhaft austretendes Wasser die Beobachtung mittels
Planktonnetzen erschweren. Auerdem kann im
Gebirgskrper das Wasser in einzelnen Spalten
durch eingelagertes Lockermaterial abgeseiht
werden oder der Triftstoff der Einschwemmung
in tote Nebenrume zum Opfer fallen. Zweifellos
wird auch ein groer Teil der eingespeisten
Sporenmenge in Staurumen sedimentiert. Bei
gengender Einsatzmenge knnen jedoch selbst
an Quellen, die ber 1 m3/sec ausstoen, noch
einwandfreie positive Beobachtungen erzielt werden, was fr eine gute Durchmischung von Wasser und Sporen im Berginnern spricht. Letzten
Endes knnen ungnstige Witterungsverhltnisse (Wolkenbrche) die Richtigkeit eines negativen Untersuchungsergebnisses in Frage stellen.
Die befriedigenden Ergebnisse mit einer groen
Anzahl positiver Beobachtungen ergeben aber,
da dem Verfahren eine relativ hohe Sicherheit
innewohnt. Es mag in diesem Zusammenhang
daran erinnert werden, da auch der Frbungsund Chlorierungsversuch G. Kyrles im Bereich
des Lurbaches (1928), dem O. Lehmann (1932, p.
125) eine uerst positive Kritik schrieb und ihn
als Vorbild fr alle Unternehmungen dieser Art
hinstellte, ein negatives Ergebnis lieferte. Dieses

Band XI

wurde mit Sicherheit" ausgesagt und als zuverlssig betrachtet, bis V. Mattrin (1952) das Gegenteil nachwies.
Wie bei Frbe- und Chlorierungsversuchen ist
auch beim Sporentriftverfahren der Einsatz einer
ausreichenden Menge des Beschickungsmaterials
entscheidend. Soweit fr das Sporentriftverfahren
Mengenangaben mglich sind, scheint mir fr
Durchgangsentfernungen bis zu 5 km der Einsatz von 3 bis 5 kg Lycopodiumsporen auszureichen. Mit zunehmender Entfernung ist eine
Steigerung der Sporenmenge notwendig, wobei
ich fr einen Weg von 10 km Luftlinie 10 kg
Sporen als hinreichend erachte. Es handelt sich
hier um Rahmenzahlen, gewonnen aus einer vorsichtigen Taxierung der bisher durchgefhrten
Versuche.
Allgemeine Schlufolgerungen
fr die Hydrographie alpiner Kalkstcke
Die Versuche, das Wesen der Karsthydrographie in allgemein gltige Lehrstze zu kleiden,
zeitigten ausfhrlich dargelegte Theorien, die
einander zum Teil schroff gegenberstehen.
So wandte sich A. Grund (1903, 1910) gegen
die bertragung obertgiger fluviatiler Verhltnisse auf die Karsthydrographie und O. Lehmann
(1932) stellte sich energisch gegen Grund, der das
Karstwassersystem als einen Bestandteil des
Grundwassers" betrachtete (Grund 1903, p. 172).
O. Lehmann setzte sich mit den wesentlichsten der
vor ihm entwickelten Theorien kritisch auseinander.
Verschieden sind auch die vorwiegenden Gesichtspunkte, von denen aus das Problem der
Karsthydrographie einer Betrachtung unterzogen
wurde. J. Cvijic (1893) blieb bei einer geographischen Fragestellung, whrend andere nach geologischen Gesichtspunkten (F. Kaiser 1909) oder
von der hydromechanischen Seite her das Thema
behandelten. Zu letzteren zhlt vor allem O. Lehmann (1932), der wohl zu sehr dem Bann der Formel unterlag und dabei vielfach bersah, da die
natrlichen Verhltnisse meist die Resultierende
einer Reihe von Krften darstellen, deren einzelne
Faktoren gerade im Karst oft kaum noch zu erkennen sind.
Die Annahme eines zusammenhngenden Karstwassersystems nach den Ergebnissen der Sporentriftversuche im stlichen Dachsteingebiet steht
zunchst im Gegensatz zu O. Lehmanns Ablehnung eines Zusammenhanges der karsthydrographisch wirksamen Wasserbahnen und seiner
Betonung der Urhohlrume tektonischen Ursprungs. Wir nhern uns damit wieder den Auf-

. Ztl:

Neue Ergebnisse der Karsthydrologie

fassungen Grunds, allerdings mit wesentlichen


Einschrnkungen. Die Wege des Karstwassersystems sind so mannigfach im Querschnitt,
wechselnder Fliegeschwindigkeit, Richtung und
Geflle (Siphone!), da sie einen Vergleich mit
dem Grundwasser im Lockergestein nur im
weitesten Sinne erlauben. Diese Mannigfaltigkeit schliet die Mglichkeit aus, mit dem heutigen Stand der technischen Mittel sichere Bohrungen nach Wasser im Karstgebiet abzuteufen,
wie Grund (1903, p. 177) vorschlgt. Vllig abzulehnen ist die Annahme Grunds, da sich unter
dem Karstwasser stndig Grundwasser (eine
stagnierende Wassermenge") befinden mte
(1903, p. 174), und O. Lebmann wendet sich mit
Recht dagegen (1932, p. 22 f). Es sei hier nur
kurz Stint zitiert, der darauf hinweist, da die
Wegigkeit des Kalkes in einer gewissen Tiefe zu
Ende sein kann, ohne da ein Gesteinswechsel
eintritt (1933, p. 109). Es fehlt im stlichen Dachsteingebiet nicht an prchtigen Beispielen zu
dieser uerung Stinis. In Klammen und Tlern
ist die obertgige Erosion nicht selten der Tieferlegung des Karstwassersystems vorausgeeilt, und
so treten am Hang ber dem Talboden Spaltenquellen aus dem Kalk, die durch keinerlei Gesteinswechsel begrndet sind. Es ist interessant,
da ber diesen Spaltenquellen meist hhergelegene starke Quellen oder Speilcher liegen,
die zur Zeit der Schneeschmelze oder nach starken Niederschlgen als berfallsquellen in Ttigkeit treten (Silberkarklamm = Quelle Nr. 221,
Salza-Quellen Nr. 448455, Koppenbrller
Hhle = Quelle Nr. 707). Auch diese Verhltnisse sprechen gegen die Theorie Lehmanns von
den Lirhohlrumen. Ist die obertgige Erosion
nicht der Entwicklung des Karstsystems vorausgeeilt, so lie sich bei den Begehungen im stlichen Dachsteingebiet eine Gebundenheit der
starken Quellen an das Niveau der Vorflut bzw.
an den Stauhorizont im Sden des Gebietes erkennen. Auch der Einflu der Vorflut steht der
Auffassung O. Lehmanns entgegen, der auf Grund
seiner Theorie vom Urhohlraum jeden Einflu
des Vorflutniveaus auf die Entwicklung des
Karstsystems ablehnen mute und dabei H. Bock
(1913) mit Unrecht angriff (O. Lehmann 1932,
p. 21). In diesem Zusammenhang darf auch die
interessante Arbeit von O. Schauberger
(1956)
nicht bersehen werden, dessen Untersuchungen
ber die Niveauverhltnisse alter Hhlensysteme
das Gesagte trefflich untersttzen.
Die Folgerungen aus den eigenen Untersuchungen mit den im Plateaubereich gelegenen Einspeisungsorten scheinen mit den Ergebnissen des
Frbungstypes an starken Hhlengerinnen im
Widerspruch zu stehen. Eine Reihe lterer Ver-

115

suche dieser Art beschreibt O. Lehmann (1932,


p. 122 ff), jngere Untersuchungen dieser Art
sind der Nachweis des Zusammenhanges zwischen dem am Rand des Semriacher Beckens versinkenden Lurbach mit der Hammerbachquelle
im Murtal durch V. Maurin (1952), der Nachweis
des Zusammenhanges eines Abflusses des Hinteren Gosausees mit dem Waldbach durchs. Mayr
(1954) und die Erforschung des unterirdischen
Zusammenhanges einer Schwinde westlich des
Buchkogelzuges und Brndlquelle am Ostfu des
Bergzuges durch Maurin und Ztl (im Druck).
Diese Frbeversuche (im weiteren Sinne) zeigen im wesentlichen gemeinsame Grundzge.
Es besteht bereits ein Gerinne, dessen Wasser in
eine geringe Anzahl von Schwinden sehr oft
besteht nur ein Schluckloch versinkt. Ebenso
ist die Zahl der Wiederaustritte des versunkenen
Wassers beschrnkt. Die Ergebnisse erweisen
eine bei Normalwasser mehr oder weniger
lineare, wenig verzweigte Verbindung, wobei der
Begriff linear" nicht zu streng aufzufassen ist.
Diese Form des unterirdischen Wasserweges lt
am ehesten den Vergleich mit der alten Auffassung
des Hhlenflusses" zu. Dennoch sind diese
Karstgerinne kein Beweis, da sich die Karstentwsserung allgemein in Form von Hhlenflssen abspielt! Andererseits aber drfen diese
und hnliche Untersuchungsergebnisse auch
nicht als Argumente dafr betrachtet werden, da
kein zusammenhngendes Karstwassersystem bestehe, was O. Lehmann beweisen will, der alle seine
umfangreichen hydromechanischen Berechnungen letzten Endes seiner Theorie von den Urhohlrumen und selbstndigen hydrographisch
wegsamen Klften, die nicht miteinander in Verbindung stehen, widmet (1932, p. 15 ff.).
Der Widerspruch zwischen den Ergebnissen
der letztgenannten Untersuchungen mit jenen,
deren Einspeisungsort im Plateaubereich liegt
und deren Ergebnisse ein zusammenhngendes
Karstwassersystem erkennen lassen, ist nur ein
scheinbarer. Der Hhlenflu steht mit dem brigen Karstwassersystem in hnlicher Beziehung,
wie ein Obertaggerinne zum Grundwasserkrper
im Lockergestein stehen kann. Er senkt im allgemeinen den Karstwasserspiegel ab und erhlt
vom allgemeinen Karstwassersystem Zuzug.
Wird dem Hhlenbach Farbstoff zugefhrt, so
bleibt die Frbung auf ihn und seine etwaigen
Nebenarme beschrnkt. Trifft die Einspeisung
hingegen vom Plateau her das allgemeine
Karstwassersystem, so wird der Hhlenbach
dann im Verein mit anderen Quellen Farbstoff
fhren, wenn der Einspeisungsort in jenem Sektor des Karstwassersystems liegt, dem der Hhlenbach angehrt.

116

Band XI

Erdkunde

Wenn die vorangegangenen Darlegungen


hauptschlich den Auffassungen 0. Lebmanns
entgegentreten, so soll damit keineswegs die Bedeutung der Forschungen 0. Lehmanns verkannt
werden. Seine mathematischen und hydromechanischen Untersuchungen rumten manche irrige
Auffassung aus dem Weg. Selbst in bezug auf die
Existenz selbstndiger Karstgefe kann 0. Lehmann fr Einzelflle beigepflichtet werden. Es
gibt verschlmmte oder versinterte Klfte, die
sich ein bescheidenes Einzugsgebiet sichern
konnten, ebenso, wie die Entwicklung neuer
Wasserwege von oben her frs erste selbstndige
Wege gehen kann. Darauf fut schlielich das
Auftreten einzelner Spaltenquellen im Plateaubereich und im Gebiet der obersten Hangbezirke.
Aber der Abflu der selbstndigen Karstwassereinheiten im Plateaubereich fliet wiederum dem
allgemeinen Karstwassersystem zu, und diesem
gebhrt daher das Prdikat, da es die Regel darstellt. In den Randgebieten des Kalkmassivs
knnen sich am ehesten selbstndige Karstgefe
lnger behaupten, obwohl die Entwicklung dahin
geht, da auch sie Anschlu an das allgemeine
System finden. Eine einigermaen tolerante Auslegung der eigenen Versuchsergebnisse ergibt
eine verbindende Mittelstellung zwischen den
profilierten Theorien von O. Lehmann und Grund,
womit letzten Endes dem lebendigen Naturgeschehen am ehesten Rechnung getragen wird,
weil es sich einer Einfgung in engbegrenzte
Schemata nur in den wenigsten Fllen beugt.
Schlielich entspricht es dem Fortschreiten der
wissenschaftlichen Forschungen, da die Behandlung eines Themas in Flu bleibt, solange
aus neuen Untersuchungsmethoden neue Gesichtspunkte erwachsen. In diesem Sinne sollen
auch die eigenen Ausfhrungen nur eine Anregung zur Diskussion darstellen, ohne Anspruch
auf eine erschpfende Behandlung des Themas.
Abschlieend sei noch auf zwei jngere Arbeiten hingewiesen, die eine extreme Weiterentwicklung des Gedankengutes von O. Lehmann
verfolgen. E. Arnberger versucht an Beispielen
aus dem Dachsteingebiet (Mammuthhle) die
Bildung untertgiger tektonischer Grorume
(Urhohlrume im Sinne O. Lehmanns) durch
lokales Zerreien von Schichtpaketen nachzuweisen (1954, p. 71), eine Auffassung, die der Beantwortung durch den Fachmann auf dem Gebiete der tektonischen Geologie harrt. Wenn aber
im Gefolge von Arnbergers Darlegungen E. Wilthum versucht, die Dachsteinhhlen als selbstndige Karstgefe" zu bezeichnen (1954,
p. 88, 89), so ist das unbegrndet. Durch den
Sporentriftversuch wurde bewiesen, da die
Hhlen auch mit dem derzeitigen Karstwasser-

system in Verbindung stehen, was darauf hinweist, da die Genese der Dachsteinhhlen im
Zusammenhang mit der Gesamtentwicklung des
Karstwassersystems im Dachsteinstock zu verstehen ist. Auch die Beziehung der Hhlen zum
ehemaligen Vorflutniveau ist durch O. Schauberger (1956) exakt geklrt, und die Tatsache einer
verschiedenen Hhenlage einzelner Quellaustritte gengt nicht, um den Einflu des Vorflutniveaus auf die Entwicklung der Karstsysteme
abzulehnen. Es sei in diesem Zusammenhang
darauf hingewiesen, da J. Stini auf Grund seines
Reichtums an praktischen Erfahrungen wertvolle Hinweise auf die Grundfragen der Karsthydrographie gegeben hat (1932, p. 37, 45, 148;
1950, p. 78ff. u. a. m.), ohne jedoch bei jngeren
Arbeiten immer Bercksichtigung zu finden,
wie man sich andererseits begngte, an das Werk
O. Lehmanns (1932) anzuknpfen und sich mit
dessen Kritik an lteren Auffassungen zu bescheiden.
Wichtig erscheint mir, abschlieend zu betonen, da die Schlufolgerungen aus den eigenen
Untersuchungen so lange nur fr ostalpine Kalkmassive gltig sein knnen, bis hnliche Untersuchungsergebnisse aus anderen Gebieten bekannt sind. Abgesehen von dem eindeutig festgestellten Einflu der klimatischen Verhltnisse
auf die Ausbildung der Karstphnomene durch
H. Lehmann (1954, 1956) und andere sowie der
Bedeutung von tektonischen und petrographischen Bedingungen, scheint mir das Austtia der
Kalkgebirge auch von wesentlichem Einflu auf
die Entwicklung der Karsthydrographie zu sein,
wobei es zuknftigen Untersuchungen vorbehalten bleibt, diese Frage zu klren.
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PFINZING,

EIN V E R G E S S E N E R

KARTOGRAPH

Ernst Gagel
Mit 9 Abbildungen und 1 Karte
Paul Pfinzing a forgotten cartographer
Summary : The purpose of the paper is to draw attention
to an important German cartographer of the 16 th century,
the Nuremberg senator Paul Pfiwyng (15541599). PfinZ'ng's importance lies in the field of topographic (medium
scale) maps and further in the fact that he developed the
system of surveying by means of a compass traverse. He
wrote about his experiences as a cartographer in a book
which was published in 1598. In it he explains in German
all the fields of practical cartography from the making of
the necessary instruments and the surveying in the field,
to the construction of the map on the drawing board.

barg. Ist es da ein Wunder, da Leo Bagrow in


seiner Geschichte der Kartographie", die 1951
erschien, nicht einmal mehr den Namen Pfln%}ngs erwhnt?

Die Rolle Nrnbergs


Es ist um so seltsamer, da Pfinzing vergessen
wurde, als er in einer Stadt wirkte, in der kartographisch Bedeutsames geleistet wurde. Wir
denken an Martin Behaim, der im Jahr 1491 der
Alles fliet. Auch in der kartographischen For- Welt den ersten berlieferten Erdglobus lieferte,
schung verlagern sich die Akzente, langsam und an Johann Schner, der drei Jahrzehnte spter
zwar, aber doch sprbar. Immer neue Karto- in Nrnberg eine richtige Globenindustrie ins
graphen tauchen aus dem Dunkel anonymer Ver- Leben rief, denn wir kennen gedruckte Globengangenheit, andere Mnner rcken dafr wieder segmente aus den Jahren 1515, 1520, 1523 und
in den Hintergrund. Zu denen, die heute fast ver- 1533. Wir denken weiterhin an Erhard Et^laub,
gessen sind, gehrt der Nrnberger Kartograph dessen neuartige Straenkarten mit ihrer MeilenPaul Pfinzing,
dessen Geburtstag sich vor kur- markierung insgesamt fnf Auflagen erlebten,
und an Johann B. Homann, der in Nrnberg den
zem zum 400. Male jhrte.
ersten groen Kartenverlag Deutschlands grnNoch im Jahr 1921 hat ihm Max Eckert in dem dete und bis zu seinem Tode mehr als 200 vermonumentalen Werk Die Kartenwissenschaft" schiedene Karten, Weltkarten, Lnderkarten und
ein schnes Denkmal gesetzt und festgestellt, da Stadtplne, herausbrachte und als Kupferstiche
Pfindings Karten turmhoch ber den Erzeugnissen in alle Welt schickte. Wir weisen auf Johann
seiner Zeit stnden. Vierzehn Jahre vorher hatte Praetorius
hin, der als Mathematikprofessor an
sich eine lokale Arbeit erstmals mit Pfinzing be- der Nrnberger Universitt zu Altdorf um das
fat; das war, als der 16. deutsche Geographentag Jahr 1590 den Metisch erfand und eine ausfhrin Nrnberg tagte und eine Ausstellung histo- liche, allerdings ungedruckt liegengebliebene Errischer Karten veranstaltete, fr die die genannte luterung zu dieser Art der Landesvermessung
Arbeit als Fhrer dienen sollte 1 ). Seitdem wartete schrieb, und mssen hier Pfinzing erwhnen, der
man vergebens auf eine eingehendere Unter- die Methode der Routenaufnahme in ein wohlsuchung. Niemand kmmerte sich um diesen durchdachtes System brachte und in einem DruckMann, obwohl Anzeichen genug vorlagen, da werk der Nachwelt berlieferte.
sich hinter Pfinzing ein Kartograph von Rang verDie groe Handelsstadt an der Pegnitz bot
damals mehr als alle andern auch alle kunstgewerb') Mller, Job. : Die Entwicklung der Nrnberger Kartographie vom Ausgang des 15. bis zum Anfang des lichen und technischen Voraussetzungen zu erfolgreicher kartographischer Arbeit. Hier, und
19. Jahrhunderts. Nrnberg 1907.

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