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Drogen als bedenkliche Rezeptursubstanzen
bzw. problematische Arzneimittel
Vortrag im Rahmen des Seminars biogene Arzneistoffe
1 Bedenkliche Rezepturarzneimittel 2 Das Arzneimittelgesetz verbietet es, bedenkliche Arzneimittel in den Verkehr zu bringen oder am Menschen anzuwenden (AMG Paragraf 5 Absatz 1) Bedenklichkeit ist gegeben, wenn der begrndete Verdacht besteht, dass nach bestimmungsgemem Gebrauch schdliche Wirkungen auftreten knnen, die ber ein vertretbares Ma hinausgehen Apotheker/innen sind dazu verpflichtet die Abgabe dieser Arzneimittel zu verweigern! Gerade in der Rezeptur entsteht hufig Unsicherheit bei der Beurteilung des herzustellenden Arzneimittels Einschtzung von bedenklichen Rezepturarzneimitteln 3 Hilfestellung: AMK-Empfehlungen zur Beurteilung von Rezepturarzneimitteln Am Ende ist aber der Apotheker/die Apothekerin selbst verantwortlich: eigene Plausibilittsprfung individuelle Nutzen-Risiko- Abschtzung fr den Patienten
Drogen als bedenkliche Rezeptursubstanzen 4 Im DAC wird eine Liste mit aktuellen als bedenklich eingestuften Rezepturbestandteilen gefhrt Auch mit problematischen Drogen in der Rezeptur Kriterien fr diese Einstufung: Eine magebliche Zulassungsbehrde hat die Droge/Zubereitung als bedenklich eingestuft Die Zulassung entsprechender Fertigarzneimittel wurde widerrufen oder als bedenklich eingestuft Nach dem aktuellen Stand der Erkenntnisse ist die Anwendung auf Grund von Risiken bedenklich bzw. nicht vertretbar
Bedenkliche Drogen als Rezepturbestandteil 5 Arnikablten zum Einnehmen (<D4) Schllkraut Immergrnkraut (<D2) Rauschpfeffer (Kava-Kava) Verschiedene Pyrrolizidinalkaloid-haltige Drogen Aristolochiasure haltige Drogen (<D10) Jaborandibltter (<D3) Bittermandelwasser Und einige andere im berblick Arnica montana L. 6 Arnikablten 7 Stammpflanze: Arnica montana (Echte Arnika, Bergwohlverleih) Familie: Asteraceae Droge: Arnicae flos Getrocknete Bltenkrbchen Habitus: 60 cm hohe Staude, grundstndige, gegenstndige Bltter, gelbe Rhren- und Zungenblten, Pappus in der Bltendroge Mikroskopisch: Zwillingshaare Vorkommen: Bergregion in Sd- und Mitteleuropa Hauptwirkstoffe (Sesquiterpene): Helenalin- und Dihydrohelenalin-Ester Entzndungshemmend, antiseptisch Anwendung 8 Einsatz: nur uerlich an stumpfen Wunden, wie Prellungen, Quetschungen + bei Entzndungen der Haut und Schleimhute, rheumatische Beschwerden Anwendung als wssriger Auszug oder als Salbe, Gele
uerliche Anwendung: Gefahr der Sensibilisierung (Allergie)
Arnikablten zum Einnehmen (ausgenommen Homopathika ab D4) 9 Risiko: Dyspnoe, Tachykardie und Kollaps, Gastroenteritis, Cardiotoxizitt Akute Toxizitt: Todesflle nach Einnahme von 70 g Arnika-Tinktur Helenaline: Gewnschter Effekt Hemmung des NFB- Signaltransduktion und so verminderte proinflammatorische Faktor-Bildung Unerwnschter Effekt Cyclopentenon-Ring und exocyclische Doppelbindung Reaktive Struktur die systemisch in hheren Dosen Schden verursacht
Chelidonium majus L. 10 Schllkraut 11 Stammpflanze Chelidonium majus L. Familie: Papaveraceae Droge: Chelidonii herba (auch Chelidonii radix) Getrocknete, ganze oder geschnittene oberirdische Teile Habitus: Bis 1 m hoch, ausdauernde Ruderalpflanze , gelber Milchsaft in gegliederten Milchrhren, Schote Vorkommen: Europa sowie Mittel- und Nordasien Mindestgehalt an Alkaloiden: 0,6 % (berechnet als Chelidonin) Hauptwirkstoffe (Alkaloide): Benzylisochinolinderivate: Berberin, Coptisin, Chelidonin Chelidonin
Anwendung 12 Bei Leberfunktionsstrungen Zusammensetzung: 10 g Tropfen enthalten: Carduus marianus Urtinktur 5,04 g Chelidonium D3 2,42 g Taraxacum D3 2,54 g Sonstige Bestandteile: Enthlt 57 Vol.-% Alkohol. Dosierung : 1-3x tglich 5-10 Tropfen Unerwnschte Wirkungen: Anstieg der Transaminasen, Bilirubins bis hin zu einer arzneimittelbedingten Gelbsucht (medikaments-toxische Hepatitis)
CAVE: Wenn Tageshchstdosis von > 2,5 mg Gesamtalkaloiden (ber. als Chelidonin) Hepatotoxizitt
Vinca minor
13 Gemeines Immergrn 14 Stammpflanze: Vinca minor Familie: Apocynaceae Droge: Vinca minoris herba Habitus: Halbstrauch, bis 60 cm, Laubbltter ledrig, immergrn, oberseits glnzend. Die mit Vinca minor nahe verwandte Vinca major besitzt grere Bltter und Blten. Vorkommen: Europa, Kaukasuslnder, Iran Hauptwirkstoffe: Indolalkaloide (Vincamin) blutdrucksenkend, beruhigend und frdert die Gehirndurchblutung Vincamin
Anwendung 15 Anwendungsgebiete: nssendes Ekzem, Schleimhautblutung und Gerinnungsstrungen Verwendet werden die frischen, oberirdischen Teile blhender Pflanzen mit anhngenden, faserigen Wurzeln
Immergrnkraut (Vinca minoris herba) ausgenommen Homopathika ab D2 16 Risiko: Verdacht auf Blutbildschden bei nicht belegter Wirksamkeit Bewertung von Vinca-Kraut: Frher: bei Durchblutungsstrungen(insb. des Gehirns), Gedchtnisschwche und zur Verbesserung der geistigen Leistungsfhigkeit Verwendung des Krautes als Heil- oder Arzneipflanze ist jedoch nicht vertretbar Wirksamkeit ist nicht gengend belegt ausreichende Plasmaspiegel an Vincamin werden nicht erreicht Im Tierversuch: Leukozytopenien, Lymphozytopenien, Erniedrigung des Globulingehaltes im Blut beobachtet Begleitstoffe des Vincamins Vertriebsverbot, auer: Vincamin-Fertigprparate und homopathische Prparate Vom BfArM negativ beurteilt
Kava-Kava 17
18 Stammpflanze: Piper methysticum G.FORST. Familie: Piperaceae (Pfeffergewchse) Droge: Piperis methystici rhizoma getrocknetes Rhizom des Rauschpfeffers Vorkommen: Pazifische Inseln (Neu-Guinea) Habitus: immergrner Strauch, bis zu 3m Wuchshhe, Blattgre bis zu 20cm
1.Kavain 2.Dihydrokavain 3.Methysticin 4.Dihydromethysticin 5.Yangonin 6.Desmethoxyangonin Kava-Kava 20 Kava-Getrnk Kultiviert zur Gewinnung von Zubereitungen anlsslich fr rituelle Zwecke (Zeremonialgetrnk) und in der Medizin im westpazifischen Raum Wirkungen (hnlich den Benzodiazepinen): Anxiolytisch Muskelrelaxierend Antikonvulsiv Wirkmechanismus (in Diskussion): GABAA-Rezeptor (Neurotransmitter-Level) Indikation Angststrungen Spannungs- und Unruhezustnde Pharmazeutische Anwendung: als pflanzliche Anxiolytika frher lange Zeit ein Bestandteil von FAM Einzelflle von Leberfunktionsstrungen bei langfristiger Anwendung von relativ hohen Dosen fhrten zum Verbot Kava-haltiger Arzneimittel Ausnahmen: Homopathika ab D4 Pyrrolizidinalkaloid-haltige Drogen 21 Pyrrolizidinalkaloid-haltige Drogen 22 ca. 300 Pyrrolizidin-Alkaloide in ca. 6000 Arten enthalten Verbreitungsschwerpunkt: Asteraceae, Boraginaceae, Fabaceae
Senecionin Tussilagin Pyrrolizidinalkaloid-haltige Drogen 23 Die Mehrzahl der Verbindungen sind Diester und 1,2-ungesttigt Hydroxypyrrolizidinkomponente = Necine [Biosynthese aus L- Arginin] Surekomponente des Esteralkaloids = Necinsure [Biosynthese aus verzweigten Aminosuren] Hufig: Necindiol bildet mit einer Necindicarbonsure einen Diester mit einer Ringgre von ca. 11 - 14 C-Atomen (z.B. Senecionin im Pestwurzwurzelstock) Ausnahmen: Fehlen der OH-Gruppe an C7 und Fehlen der Doppelbindung C1-C2 (z.B. Tussilagin in Huflattichbltter)
Pyrrolizidinalkaloid-haltige Drogen 24 Toxizitt der Pyrrolizidinalkaloide: Umwandlung in der Leber zu hochaktiven Alkylanzien Einfache/Zweifache Substitutionsreaktion mit OH, SH, NH2-Gruppen von Proteinen o. Nukleinsuren Irreversible Vernetzung der DNA-Doppelstrnge Folge: Prozess der Mitose wird gehemmt Endothel- und Leberparenchymzellen gehen zugrunde Leberschaden
Chronische Vergiftung: Nach Latenzzeit von Wochen o. Monate: Appetitlosigkeit / Nausea / Abmagerung / Diarrhe / Schwche / Aszites / deme Starke Lebervernderungen bis zur Leberzirrhose Tod tritt oft erst nach Jahren ein [Problem des Rckschlusses der Ursache der Lebererkrankung ] Huflattich 25 Stammpflanze: Tussilago farfara L. Familie: Asteraceae Droge: Huflattichbltter Inhaltsstoffe: Schleimstoffe, in Spuren Pyrrolidinalkaloide Indikation: Atemwegserkrankung
Hinweis: Eine Verwendung von selbst gesammelten Huflattichblttern ist abzuraten.
Weitere Pyrrolizidinalkaloid-haltige Drogen 26 Beinwellkraut und wurzel Stammpflanze: Symphytum officinale L. Familie: Boraginaceae Indikation: Gelenk- und Rckenschmerzen Prellungen, Quetschungen
Hinweis: (1) Nur zugelassene FAM anwenden, die nahezu Alkaloid-freie Drogenextrakte enthalten. (2) Nicht auf die verletzte Haut auftragen!
Pestwurzbltter Stammpflanze: Petasites hybridus (L.) GAERTN. Familie: Asteraceae Indikation: Harnwegserkrankungen, Kopfschmerz Hinweis: Nur FAM einsetzten, die Pyrrolizidinalkaloid-freie Extrakte enthalten!
Ursache fr Vergiftungen: Verwechslung von Stephania tetranda (Menispermaceae) Akebia quinata (Lardizabalaceae) Clematis armandii (Ranunculaceae) mit Aristolochia-Arten
Toxische Bedeutung: Aristolochiasuren Redution der Nitrogruppe zur Aminogruppe Lactambildung intermedir auftretendes N-Acylnitronium-Ion bildet Addukte mit der DNA Cancerogenes Risiko
O OH O N + O - O O R 1 R 2 O OH NH 2 O O R 1 R 2 O O R 2 R 1 NH O Aristolochiasure I R 1 = OCH 3 R 2 = H Aristolochiasure II R 1 = R 2 = H Aristolochiasure III R 1 = H R 2 = OCH 3 Aristolochiasure-haltige Drogen 29 Bittermandelwasser (Aqua Amydalarum amararum)
30 Stammpflanze: Amygdalus communis var. amara Familie: Rosaceae Inhaltstoffe: Amygdalin, Mandelonitril
Toxische Bedeutung: Blausure-Bildung durch enzymatischen Abbau
Blausurevergiftung: Blockade der Cytochromoxidase durch Komplexbildung des Fe3+-Zentralatoms in der Atmungskette der Mitochondrien Blockade der Atmungskette Symptome: Krmpfe, Erbrechen, Bewusstlosigkeit, Bittermandelgeruch der Ausatemluft
Antidot: 4-Dimethylaminophenol Umwandlung Hmoglobin in Methmoglobin Bindung von Cyanidionen mit hherer Affinitt Natriumthiosulfat Frderung der krpereigenen Entgiftung zu Rhodanid Hydroxycobalamin Bindung von Cyanidionen mit hoher Affinitt Ausscheidung von Cyanocobalamin ber Niere
Jaborandibltter <D3 31 Stammpflanze: Pilocarpus pennatifolius, Pilocarpus jaborandi und andere Pilocarpus-Arten Familie: Rutaceae Inhaltstoffe: Hauptalkaloid Pilocarpin Pilocarpidin, Pilosin Wirkung: parasympathomimetisch, Verwendung: Pilocarpin als Reinsubstanz in Fertigarzneimitteln zur Glaukombehandlung berdosierung: LD = 60mg (Erwachsene), besonders gefhrdet sind Herz- und Gefkranke Symptome einer Vergiftung: starke Speichel- und Schweisekretion, Miosis, Koliken, Bronchiospasmus, Bradikardie, Blutdruckabfall, Kollaps, bis zum Herzstillstand heute teilweise durch 2 -Agonisten (z.B. Clonidin) ersetzt
Weitere Drogen im berblick 32 Brenklau Heracleum, Apiaceae Furanocumarine (Cumarinderivate mit am Benzenring anneliertem Furanring) Einlagerung in die DANN-Doppelhelix tierischer Zellen und unter Einwirkung von UV- Strahlen kovalente Bindung am Pyrimidinbasen Sadebaum Juniperus sabinae, Cupressaceae therisches l (Monoterpene) toxisch: nierenschdigend (Hmaturie) und allg. organtoxisch Frher angewendet als Abtreibungsmittel Echte Frberrte Rubia tinctorum, Rubiaceae (Rubia = rot, Wurzel frben intensiv rot) Enthlt Anthracenderivate; diese bilden mit Ca 2+ wasserlsliche Komplexe und wurden zur Rezidivprophylaxe bei Harnstein eingesetzt Inhaltsstoffe mglicherweise genotoxisch, deshalb keine Anwendung mehr Reinfarnkraut,-blhte und l Tanacetum vulgare, Asteraceae Chemotaxonomisches Merkmal der Asteraceae: Sesquiterpenlactone (vgl. Arnika) Wirkt allergisierend aufgrund der Sesquiterpene (Kontaktallergene)
Biogene Arzneimittel Lehrbuch der Pharmazeutischen Biologie; Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart 7.Auflage 2012; Teuscher, Melzig, Lindequist Arzneidrogen 322 Karteikarten; Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Stuttgart, 2014 ; Melzig, Kummer DAC (Stand 06.2014) Skript zur Ringvorlesung, SS 2014, Prof. Dr. Melzig Skript zur Ringvorlesung, SS 2014, Prof. Dr. Kolodziej
Dr. Hufeland’s Hausapotheke: Eine wohlerprobte Auswahl der besten Hausarzneimittel in lexikalisch-alphabetischer Form unter Angabe ihrer Anwendung gegen viele Krankheiten der Menschen.