Rademacherfunktionen

mathematische Funktion

Die Rademacherfunktionen, benannt nach Hans Rademacher, sind für jede natürliche Zahl auf dem (halboffenen) Einheitsintervall [0,1) definierte Funktionen, die nur die Werte −1 und 1 annehmen.

Die ersten drei Rademacherfunktionen

Definition

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Die  -te Rademacherfunktion wird definiert durch:

 , falls   gilt (für ein   mit  ).

Alternativ kann man die  -te Rademacherfunktion durch

 

definieren. Diese Definition ist äquivalent zur ersten Definition für alle Zahlen  , die nicht von der Form   sind. Wenn   diese Form hat, so ist   und daher verschwindet auch das Vorzeichen (sgn). Der Unterschied betrifft jedoch für jedes   nur endlich viele   und spielt daher z. B. in Funktionenräumen wie   keine Rolle (da hier die Funktionen auf Nullmengen beliebig verändert werden können).

In der Literatur werden gelegentlich die Rademacherfunktionenen auch außerhalb des Basisintervalls periodisch fortgesetzt und die Definition der Rademacherfunktionen erfolgt mit Bezug zu den Walsh-Kaczmarz-Funktionen „Walsh-Sinus“   und „Walsh-Cosinus“   als:[1]

 
 

Die Rademacherfunktionen sind dann in diesem Zusammenhang als Paar definiert als:

 
 

Mit obiger Festlegung lassen sich leichter Beziehungen aufstellen – ähnlich wie bei den trigonometrischen Funktionen – wie beispielsweise:

 

Beispiele

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Für die Funktion   gilt also:

 

und für die Funktion  :

 

Allgemein ordnet die  -te Rademacher-Funktion einer Zahl   im Einheitsintervall eine −1 zu, wenn die  -te Ziffer in der Binärdarstellung von   eine 1 ist, und eine 1, falls diese Ziffer 0 ist.[2] Zum Beispiel gilt

 

und

 .

Rademachersystem

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Die Rademacherfunktionen bilden ein Orthonormalsystem des Raums der quadratintegrierbaren Funktionen  . Das heißt, es gilt

 ,

wobei   das Kronecker-Delta ist. Dieses Orthonormalsystem trägt den Namen Rademachersystem, es ist jedoch keine Orthonormalbasis von  .

Normale Zahlen

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Die Zahl   heißt einfach normal zur Basis 2 (siehe auch normale Zahl), wenn die beiden Ziffern 0 und 1 in ihrer Binärdarstellung gleich häufig vorkommen. Die Tatsache, dass fast alle Zahlen einfach normal sind, kann man mit Hilfe der Rademacherfunktionen so beschreiben:

Es gilt für fast alle   in  

 

Interpretiert man die Binärdarstellung jeder der Zahlen im Einheitsintervall als unendliche Folge von Münzwürfen (Bernoulli-Prozess mit  ), so ist das gerade die Aussage des starken Gesetzes der großen Zahlen.

Chintschin-Ungleichung

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Eine einfache Version dieser Ungleichung, die nach Alexander Jakowlewitsch Chintschin benannt ist und in der die Rademacherfunktionen   vorkommen, lautet wie folgt.[3]

Ist   eine Folge reeller Zahlen, so gilt für jede natürliche Zahl  

 

Rademacher-Mittelung

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Sind   und   Vektorräume, so können die Rademacherfunktionen eingesetzt werden, um alternative Darstellungen von Elementen aus dem Tensorprodukt   zu finden. Es gilt für alle   und  :

 .

Diese Formel nennt man Rademacher-Mittelung. Sie kann verwendet werden, um Normen des projektiven Tensorproduktes normierter Räume abzuschätzen.[4]

Siehe auch

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Literatur

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  • Hans Rademacher: Einige Sätze über Reihen von allgemeinen Orthogonalfunktionen. In: Mathematische Annalen. Band 87, Nr. 1/2, 1922, ISSN 0025-5831, S. 112–138 (Online).
  • Mark Kac: Statistical independence in probability, analysis and number theory. Hrsg.: Mathematical Association of America (= The Carus Mathematical Monographs. Band 12). Ithaca NY 1959, ISBN 0-88385-012-5 (Kapitel 1 und 2: Anwendung auf Münzwurf).
  • Stefan Kaczmarz, Hugo Steinhaus: Theorie der Orthogonalreihen (= Monografie Matematyczne. Band 6). Z Subwencji Funduszu Kultury Narodowej, 1935, ISSN 0077-0507 (matwbn.icm.edu.pl – Insbesondere Kapitel 4).
  • Donald E. Knuth: The Art of Computer Programming. Volume 4, A: Combinatorial algorithms. Part 1. Addison-Wesley, Upper Saddle River NJ u. a. 2011, ISBN 978-0-201-03804-0, besonders S. 287–288.
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Einzelnachweise

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  1. Eugen Gauß: Walsh-Funktionen für Ingenieure und Naturwissenschaftler. Teubner, Stuttgart 1994, ISBN 3-519-02099-8 (Kapitel 3.1).
  2. Diese Beschreibung ist allerdings mehrdeutig für Zahlen der Form   (die auch dyadische Rationalzahlen genannt werden). Diese Zahlen haben zwei Binärdarstellungen (Bsp.: 1/2 = 0,12 = 0,0111…2).
  3. Peter Karlhuber-Vöckl: Orthonormale Systeme, Singuläre Integrale und Fastdiagonale Matrizen. (PDF; 1,2 MB) Linz, Universität, Diplom-Arbeit, 2004, S. 9.
  4. Raymond A. Ryan: Introduction to Tensor Products of Banach Spaces, Springer-Verlag 2002, ISBN 1-85233-437-1, Lemma 2.22: Rademacher averaging