Karl-Henning Seemann

deutscher Bildhauer und Zeichner (1934–2023)

Karl-Henning Seemann (* 13. März 1934 in Wismar; † 14. Januar 2023[1] in Löchgau[2]) war ein deutscher Bildhauer und Zeichner, der insbesondere durch seine Skulpturen und Brunnen im öffentlichen Raum bekannt wurde.

Karl-Henning Seemann bei der Arbeit in seinem Atelier (2016)
 
Tierturm Reineke Fuchs in Seemanns Wohnort Löchgau

Von 1953 bis 1955 absolvierte Seemann ein Bildhauerstudium an der Hochschule für Bildende und Angewandte Künste Berlin-Weißensee bei Heinrich Drake, Heinz Worner, Theo Balden und Arno Mohr. 1955 bis 1959 setzte er das Studium an der Hochschule für Bildende Künste Berlin-Charlottenburg bei Alexander Gonda, Bernhard Heiliger und Hans Jaenisch fort. 1958 wurde er in die Studienstiftung des deutschen Volkes aufgenommen. 1959 bis 1960 absolvierte er ein Kunsterzieherexamen an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart bei Christoff Schellenberger, Gerhard Gollwitzer und Rudolf Daudert und war anschließend bis 1961 als Kunsterzieher am Johann-Sebastian-Bach-Gymnasium in Mannheim tätig. Von 1961 bis 1965 war Seemann Assistent am Lehrstuhl für Elementares Formen der TH Braunschweig bei Jürgen Weber.

Seemanns künstlerisches Werk wurde erstmals 1966 mit dem Rudolf-Wilke-Preis der Stadt Braunschweig gewürdigt.

1972 wurde er an die Fachhochschule Aachen berufen und von 1974 bis 1999 war er Professor an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart.

Seemann lebte und arbeitete seit 1975 in Löchgau. Von Juli bis September 2006 waren zahlreiche Werke Seemanns in einer Werkschau im öffentlichen Raum in Möckmühl zu sehen. Auch die 5. Skulpturen.SCHAU! von Mai bis September 2012 war den Werken Karl-Henning Seemanns gewidmet. Seemann war u. a. Mitglied im Bund freischaffender Bildhauer*innen Baden-Württemberg.

  • In Aachen befindet sich der Brunnen Kreislauf des Geldes (1976) an der Ecke Hartmannstraße/Ursulinerstraße. Die sechs Bronzefiguren am Brunnenrand zeigen den Umgang mit Geld, die Kreiselbewegung des Wassers steht für den beständigen Fluss des Geldes. Im gleichen Jahr wurde der Brander Stier auf dem dortigen Marktplatz aufgestellt.
  • In Bietigheim-Bissingen sind die Schwätzweiber (1976/1977) Teil der Skulpturenausstellung Skulptour Bietigheim-Bissingen in der historischen Innenstadt.
  • In Bochum zeigt die Entfaltung der Stadt Schlaglichter der Geschichte Bochums.
  • In Brackenheim wurde am 31. Januar 2009 eine Plastik zu Ehren des Theodor Heuss von Horst Köhler enthüllt.
  • In Braunschweig, Düsseldorf,[3] Stuttgart, Tübingen und Viersen-Süchteln gibt es eine zweiteilige Bronzeskulptur, die an eine Auseinandersetzung (1975–1976) zwischen einem Gôg und einem Professor in einem Gôgen-Witz erinnert.
  • In der Düsseldorfer Altstadt steht seit 1979 die im Jahr 1978 erworbene Bronzeplastik Schuhanzieherin.[4]
  • In Duderstadt schuf Seemann 1994 im Rahmen der Landesausstellung Natur im Städtebau den Wiedervereinigungsbrunnen, ein Symbol für die innerdeutsche Mauer und deren Fall. 1996 wurde der Grenzpfahlbrunnen als Symbol für die deutsche Teilung und den kalten Krieg aufgestellt.
  • In Gießen wurden 1983 seine Drei Schwätzer enthüllt.
  • In Goslar zwei Bronzeskulpturen vor dem Jobcenter Hoffnung und Resignation, 1986[5]
  • In Hamburg Zwei Besucher am Brahms-Kontor[6]
  • In Heilbronn stand die Skulptur Sich umdrehendes Mädchen ab 1978 lange Zeit vor dem Eingang zum städtischen Museum in der Eichgasse, sie wurde inzwischen vor die Villa Faißt versetzt. Der Faßträger-Brunnen von 1982 befand sich bis um 2000 in der Fußgängerzone und erinnerte an die Weinbauern, die bis zur Zerstörung Heilbronns 1944 auch zahlreich in der Innenstadt angesiedelt waren. Der aus Bronze gegossene[7] Brunnen wurde 2006 an den Wein-Panorama-Weg unterhalb des Wartbergturms versetzt,[8] wo er 2018 mutmaßlich von Metalldieben knapp über dem Boden abgesägt oder -gebrochen und gestohlen wurde.[7] Im Heilbronner Ortsteil Kirchhausen ist der Nepomukbrunnen als neuer Dorfbrunnen 1994/1995 entstanden und erinnert an die Verbundenheit des Ortes zum heiligen Johann von Nepomuk, dem zu Ehren bereits 1758 dort eine Nepomukstatue errichtet wurde.
  • In Hilden stürmt an der Ecke Mittelstraße/ Schulstraße die „Eilige Einkäuferin“ in die Einkaufsstraße. Voller Hast, dargestellt durch vier eilende Beine, schwingt sie seit 1992 ihre Taschen, um sie in der Fußgängerzone mit Konsumgütern zu füllen. Am Ende der Einkaufsstraße vor der St.-Jacobus-Kirche erinnert Seemanns „Pandora“ (1996/1997) daran, dass sie jetzt mit dem Konsumrausch aufhören sollte. Aus dem Horn, das Pandora in ihrer Hand hält, ergießt sich ein unüberschaubarer Geldstrom.
  • In Karlsruhe schuf Seemann 1985 den Lamm- oder Jungbrunnen an der Ecke Lamm- und Kaiserstr.
  • In Kempen am Niederrhein sind die „Kappesbauern“ (2000) in der historischen Altstadt zu bewundern.[9]
  • In Kiel wurde 2005 eine Plastik zu Ehren des Stadtgründers Adolf IV. von Schauenburg und Holstein im Klostergarten aufgestellt. Sie symbolisiert die Wandlung vom Ritter zum Mönch.
  • Im Wohnort des Künstlers, in Löchgau, befinden sich mehrere von ihm geschaffene Brunnen und Skulpturen: eine Kreuzigungsgruppe mit Maria und Petrus vor dem Westgiebel der Peterskirche (Zweitguss, Original auf dem Tabernakel der Kirche St. Peter in Aachen), der Rathausbrunnen sowie die Skulptur Der Weinskandal auf dem Rathausplatz, der Lörracher Reiter und die Skulptur Reinecke Fuchs am Ortsausgang nach Besigheim sowie die Treppenplastik im Bürgergarten (Zweitguss, Original vor dem Landratsamt in Schwäbisch Hall) und der Hasenropferbrunnen.
  • In Lauffen am Neckar befindet sich die Skulptur Frau mit Tasche von 1981.
  • In Braunschweig-Melverode schuf Seemann das Kruzifix und das Eingangsportal, das das Leben Dietrich Bonhoeffers darstellt, für die von 1963 bis 1066 erbaute und am 1. Advent 1966 geweihte Dietrich-Bonhoeffer-Gedächtnis-Kirche.[10]
  • In Niederkassel befindet sich die Figurengruppe „Kopernikusgruppe mit Martin Luther“, die um 1978–1980 entstand.
  • In Nordheim thematisiert der Glockenstupferbrunnen von 2001 eine Episode aus dem polnischen Erbfolgekrieg im 18. Jahrhundert, als die Nordheimer ihre Glocke im Neckar versenkten und nach Ende des Krieges (erfolglos) danach gestochert („gestupft“) haben.
  • In Schwäbisch Hall am Landratsamt sind Seemanns Mann mit Bierflasche zu sehen sowie eine unbetitelte Figurengruppe, die störrische Tiere (Gaul und Geiß) an Stricken einen Berg hinaufzuziehen versucht (beide Plastiken von 1981).
  • In Troisdorf befindet sich die Statue Dicker Mann in der Innenstadt.
  • Auf dem Marktplatz von Waiblingen steht die Bronzegruppe Die Taubenhäusler, die den zeitlosen Konflikt zwischen den Privilegierten und den Benachteiligten einer Gesellschaft visualisiert.
  • Eine weitere Figurengruppe befindet sich vor dem Palais Thermal in Bad Wildbad.

Literatur

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  • Karl-Henning Seemann: Das zeichnerische Werk: 1956–2022. Einführung von Marion Vogt. 2022.
  • Oliver Kornhoff (Hrsg.): Karl-Henning Seemann – Aus Bindung Freiheit gewinnen. Die Werke der Jahre 1998 bis 2008. Lindenberg im Allgäu 2009.
  • Karl-Henning Seemann, Helmut Gruber-Ballehr (Mitarbeit): Figurenfontainen. Bietigheim-Bissingen 2001.
  • Karl-Henning Seemann (Hrsg.), Herbert Eichhorn (Mitarb.): Karl-Henning Seemann – Bildhauer und Zeichner 1992–1998. Köln 1999.
  • Karl-Henning Seemann (Hrsg.): Karl-Henning Seemann 1990–1992. Bietigheim-Bissingen 1993.
  • Karl-Henning Seemann: Kunstakademie Stuttgart, Klasse Seemann, Zoozeichnungen. [Staatliche Akademie der Bildenden Künste Stuttgart, Klasse für Allgemeine Künstlerische Ausbildung, Schwerpunkt Bildhauerei, Professor Karl-Henning Seemann]. [Stuttgart circa 1992].
  • Karl-Henning Seemann (Hrsg.); Helmut Gruber-Ballehr (Mitarbeit): Spannungen. Bietigheim-Bissingen 1991.
  • Karl-Henning Seemann: Wilhelm Rösch – eine Würdigung. In: Paul Sauer, Eduard Theiner, Heinz Pfizenmayer, Karl-Henning Seemann: Remsecker Lebensbilder. Remseck 1991, S. 79, 83.
  • Karl-Henning Seemann: Neuere Plastiken 1984–1986. Bietigheim-Bissingen 1986.
  • Karl-Henning Seemann: Kunstakademie Stuttgart, Klasse Prof. Seemann. [Karl-Henning Seemann … Gisela List; vom 20. Sept. bis 5. Okt. 1986 im alten Postgebäude in Eislingen]. Eislingen [ca. 1986].
  • Karl-Henning Seemann; Edgar Hertlein (Mitarbeit): Bildhauer und Zeichner 1984. Stuttgart 1984.
  • Peter Grau (Illustration), Dieter Groß (Illustration), Karl-Henning Seemann (Illustration): Peter Grau, Dieter Gross, Karl-Henning Seemann. Galerie der Stadt Esslingen am Neckar, Villa Merkel, 11. März bis 10. April 1983. Stuttgart 1983.
  • Karl-Henning Seemann: Plastiken und Zeichnungen. [ohne Ort, nach 1977].
  • Akademie-Mitteilungen 8: Staatliche Akademie der Bildenden Künste Stuttgart: Für die Zeit vom 1. Juni 1976 bis 31. Oktober 1977. Hrsg. von Wolfgang Kermer. Staatliche Akademie der Bildenden Künste Stuttgart, Stuttgart März 1978, S. 95–97 (Pressestimmen zur Akademie-Ausstellung des Künstlers im Jahre 1977).
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Commons: Karl-Henning Seemann – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Gabriele Szczegulski: Karl-Henning Seemann ist tot. In: bietigheimerzeitung.de, 17. Januar 2023, abgerufen am 17. Januar 2023.
  2. Traueranzeige der Familie auf trauer.lkz.de
  3. Angaben zur Skulptur Auseinandersetzung auf der Website des Künstlers: Archivierte Kopie (Memento vom 23. Dezember 2015 im Internet Archive) abgerufen am 29. September 2014
  4. Hans Maes, Alfons Houben u. a.: Düsseldorf in Stein und Bronze. Triltsch Verlag, Düsseldorf, 2. Auflage, 1984, ISBN 3-7998-0018-2, S. 22.
  5. Info; Bilder
  6. Ute Liesenfeld: Spaziergänge zur Kunst in Hamburg. Belser, Stuttgart 2022, ISBN 978-3-7630-2879-5, S. 21.
  7. a b Carsten Friese: Zweite Bronzeskulptur am Wartberg gestohlen. In: Heilbronner Stimme, 9. Mai 2018
  8. Franziska Feinäugle: Nackter Bronze-Mann wacht über Heilbronn. In: Heilbronner Stimme, 17. Juli 2006
  9. So haben Sie die Altstadt noch nicht gesehen! – Erlebe Kempen. Abgerufen am 20. Oktober 2022 (deutsch).
  10. Kirchengemeinde-melverode.de, abgerufen am 17. März 2022.