Institut für wirtschaftswissenschaftliche Forschung

Historische geheimdienstliche Organisation auf dem Gebiet der damaligen DDR

Institut für wirtschaftswissenschaftliche Forschung (IWF) war ein durch die sowjetische Auslandsaufklärung im August 1951 gegründeter Auslandsgeheimdienst, in dem die bisherigen nachrichtendienstlichen Aktivitäten der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) gebündelt werden sollten. Das Institut, das bis Herbst 1953 bestand, hatte etwa 40 Mitarbeiter bei hoher Personalfluktuation. 1955 wurde es in den Staatssicherheitsdienst als Hauptabteilung XV eingegliedert, woraus 1956 die Hauptverwaltung A entstand.[1]

Geschichte

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Die Entscheidung für die Bildung des Instituts wurde am 19. Juli 1951 in Moskau im Informationskomittee (russ. Komitet Informazii, KI) getroffen. Das KI war wie die zeitweise zusammengelegte Organisation der Aufklärung des MGB und der GRU. Die direkte Anleitung wurde dem sowjetischen „Berater“ Oberst Andrej Grigorjewitsch Graur („Akimow“) übertragen. Formal wurde das Institut am 16. August 1951 im Auftrag der SED-Führung in einem konspirativen Objekt in Berlin-Bohnsdorf gegründet. Von 13 Personen waren vier sowjetische „Berater“ anwesend.[2] Es operierte parallel zum Ministerium für Staatssicherheit (MfS) und sollte in der Bundesrepublik und West-Berlin vor allem politische, wissenschaftlich-technische und wirtschaftliche Informationen beschaffen. Dazu übernahm das Institut rund einhundert Quellen des sogenannten Haid-Apparats oder Parteiaufklärung der SED. Diese hatte Bruno Haid ab 1948 aufgebaut. Er kann als Vorgänger des IWF und Vorvorgänger der Hauptverwaltung A gelten.[3][4] Politische Anleiter aus der SED-Führung waren Anton Ackermann (zugleich erster Leiter). Es folgten Walter Ulbricht, Wilhelm Zaisser und ab Juni 1953 wieder Walter Ulbricht.[1]

Im 1953 konstatierte der sowjetische Chef-„Berater“, das IWF habe erst die ersten Stufen der nachrichtendienstlichen Arbeit erklommen. Einzige Quellen des Instituts wurden von westlichen Diensten als Doppelagenten überworben. Das IWF war stärker mit internen Fragen als mit Nachrichtendienstarbeit beschäftigt.[1] Am 4. April 1953 trat der IWF-Abteilungsleiters Gotthold Krauss in den Westen über. Er hatte von Anbeginn mit US-amerikanischen Diensten kooperiert. Dies zwang zu einer Neuorganisation.[1]

Im September 1953 erfolgte die Eingliederung des Instituts als Hauptabteilung XV in das dem Ministeriums des Innern (MdI) nachgeordneten Staatssekretariat für Staatssicherheit (SfS), das bis vor kurzem und wieder ab 1955 selbständigen MfS. Gründe für die Eingliederung waren die internen Krisen und das sowjetische Bestreben, geheimpolizeiliche und nachrichtendienstliche Aktivitäten unter dem Dach des MdI zusammenzuführen.

Das IWF war nicht als Außenpolitischer Nachrichtendienst (APN) dem Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten unterstellt. Die Bezeichnung war erst ab Herbst 1953 bis September 1956 nachweisbar und eine Legende der Hauptabteilung XV des SfS des MdI.[1]

Literatur

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  • Helmut Müller-Enbergs: Die Nachrichtendienstschule. Der I. Kursus der Schule des Instituts für wirtschaftswissenschaftliche Forschung (IWF) (= hefte zur ddr-geschichte 107). Rosa-Luxemburg-Stiftung, Berlin 2006.
  • Helmut Müller-Enbergs: Das Institut für Wirtschaftswissenschaftliche Forschung und die Anfänge der DDR-Spionage. Strukturelle und personelle Weichenstellungen 1951 bis 1956 (= hefte zur ddr-geschichte 122). Rosa-Luxemburg-Stiftung, Berlin 2010.
  • Der Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR (Hrsg.): Hauptverwaltung A (HV A). Aufgaben – Strukturen – Quellen (= Anatomie der Staatssicherheit – MfS-Handbuch). Berlin 2013 (Online; PDF; 3,2 MB; darin Einzelkapitel 2: Institut für Wirtschafts-wissenschaftliche Forschung (1951–1953), S. 23–32).
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Einzelnachweise

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  1. a b c d e Der Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik Abteilung: Bildung und Forschung (Hrsg.): Hauptverwaltung A (HV A): Aufgaben – Strukturen – Quellen (= Anatomie der Staatssicherheit – MfS-Handbuch –). Berlin 2013, S. 23–32 (stasi-unterlagen-archiv.de [PDF]).
  2. Der Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik Abteilung: Bildung und Forschung (Hrsg.): Hauptverwaltung A (HV A): Aufgaben – Strukturen – Quellen (= Anatomie der Staatssicherheit – MfS-Handbuch –). Berlin 2013, S. 23–32, hier S. 24 (stasi-unterlagen-archiv.de [PDF] Dort auch anders: 1. September 1951).
  3. Lars-Broder Keil: Die Säuberungen des Hobby-Kochs. In: welt.de. 11. Mai 2006, abgerufen am 13. Januar 2024.
  4. Jens Gieseke: Die hauptamtlichen Mitarbeiter der Staatssicherheit: Personalstruktur und Lebenswelt 1950–1989/90 (= Analysen und Dokumente. Wissenschaftliche Reihe des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik Band 20. Herausgegeben von der Abteilung Bildung und Forschung). Ch. Links Verlag, 2010, ISBN 978-3-86284-026-7, S. 71 (Google eBook, abgerufen am 12. Februar 2014).