Hülsenfänger
Hülsenfänger (auch Hülsensammler, Hülsensack, Hülsenabweiser, Hülsenableiter oder Hülsenableitschlauch[1]) sind Vorrichtungen um Patronenhülsen nach dem Abschussvorgang aus einer Schusswaffe kontrolliert abzuleiten um diese ggf. zu sammeln.
Seit der Einführung von Munition mit Messinghülsen ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts werden vornehmlich in Friedenszeiten die im Manöver abgefeuerten kostbaren Hülsen in sog. Hülsensäcken gesammelt. Diese Aufgabe war unter den Soldaten nicht sonderlich beliebt.[2][3] Einen tölpelhaften, einfachen Soldaten, der nur dazu taugte die leeren Patronenhülsen aufzusammeln, nannte man daher abwertend Hülsensack.[4]
Normalerweise werden bei Handfeuerwaffen nur in seltenen Fällen Hülsenfänger angebracht. Das ermöglicht der Kriminaltechnik die am Tatort zurückgebliebenen Hülsen zu untersuchen und Rückschlüsse auf die verwendete Waffe zu ziehen.[5] Bei Handfeuerwaffen werden Hülsenfänger vornehmlich von Sportschützen verwendet, wenn die benutzten Hülsen zum Wiederladen benutzt werden sollen.[6]
Im militärischen Bereich werden Hülsenfänger vor allem bei Bordwaffen an Land- und Luftfahrzeugen verwendet. In den Flugzeugen mit offenen Cockpits im Ersten Weltkrieg wurden die Hülsenfänger verwendet, damit die Besatzung nicht durch herausgeschleuderte Hülsen getroffen wurde. Außerdem wurden damals einige Flugzeugtypen in der Pusher-Konfiguration gebaut, wo herausgeschleuderte Hülsen eine Gefahrenquelle für die rückseitigen Motoren und Propeller bildeten.[7]
Innerhalb der beengten Kampfräume von militärischen Land- und Luftfahrzeug werden die Hülsen aufgefangen, damit sie nicht am Boden herumrollen und die Besatzung behindern. Die Hülsensäcke müssen rechtzeitig geleert bzw. ausgetauscht werden.[8] Bei zu vollem Hülsensack tritt irgendwann eine Ladehemmung der Waffe ein.[9] Besonders im Zweiten Weltkrieg wurden Hülsensäcke auch gleichzeitig zum Sammeln der Hülsen für spätere Wiederverwertung als kriegswichtige Ressource verwendet.[10]
Eine weitere mögliche (aber nicht eindeutig belegte) Verwendung fand der Hülsenfänger im Partisanenkampf. Möglicherweise haben Partisanen ihn dort verwendet, um nach einem Angriff keine Spuren zu hinterlassen.[11]
Bei den Maschinengewehren der Doorgunner werden die Hülsen meistens nicht gesammelt, sondern oft durch einen Auswurfkanal (engl. ejection chute) nach unten ausgeworfen.[12]
Weblinks
BearbeitenEinzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Luftwaffe der Wehrmacht: Ju88 A-4 und D-1 / Bedienung und Wartung der Schußwaffenanlage, September 1941, S. 14 Ju88 ( vom 27. Juli 2016 im Internet Archive)
- ↑ Schweizerische Offiziersgesellschaft: Allgemeine Schweizerische Militärzeitschrift, Band 48, Verlag Graphische Anstalt Zofinger Tagblatt, 1902, S. 227 [1]
- ↑ Hans Paar: Dilettanten gegen Hitler: Offiziere im Widerstand : ihre Worte, ihre Taten, Verlag K.W. Schütz, 1985, ISBN 9783877251126, S. 96 [2]
- ↑ Günther Drosdowski (Hrsg.): Brockhaus Enzyklopädie (Ausgabe 19), Deutsches Wörterbuch, Band 28, Verlag Brockhaus, 1995, ISBN 9783765311284, S. 3019 [3]
- ↑ Rudolf Sieverts; Hans J. Schneider: Kriminalpolitik – Rauschmittelmißbrauch, Band 2 : Handwörterbuch der Kriminologie, Verlag Walter de Gruyter, 1977, ISBN 9783110900330, S. 173 [4]
- ↑ Kevin Muramatsu: Gun Digest: Guide to Customizing Your AR-15, Verlag "F+W Media, Inc.", 2014, ISBN 9781440242793, S. 203 [5]
- ↑ Neil Grant: The Lewis Gun, Osprey Publishing, 2014, ISBN 9781782007913, S. 17.
- ↑ Ed Gilbert: US Marine Corps Tank Crewman 1965–70: Vietnam , Osprey Publishing, 2012, ISBN 9781780966335, S. 41 [6]
- ↑ W. A. Bürli: Bewaffnung und Ausrüstung der Schweizer Armee seit 1817, Band 1: Flugzeugbewaffnung, 1994, Verlag Stocker-Schmidt, ISBN 9783727671166, S. 68.
- ↑ Dmitriy Fedorovich Loza: Fighting for the Soviet Motherland: Recollections from the Eastern Front Hero of the Soviet Union, Verlag U of Nebraska Press, 1998, ISBN 9780803229297, S. 159 [7]
- ↑ Ian McCollum: Ukrainian or Russian Partisan Modified MP40. Abgerufen am 17. September 2018 (englisch).
- ↑ Charles Q. Cutshaw: Tactical Small Arms of the 21st Century, Verlag Krause Publications, 2006, ISBN 9780873499149, S. 399 [8]