Giovanni Bindi

deutsch-italienischer Kastrat

Giovanni Bindi (genannt Porporino, * unbekannt; † 1750 in Dresden) war ein italienischer Opernsänger (Soprankastrat). Er ist nicht zu verwechseln mit dem ebenfalls „Porporino“ genannten Antonio Uberti. Bindi galt als ein herausragender Sänger seiner Zeit mit großem technischen Können und großem Stimmumfang. Nach seiner Ausbildung in Italien auf Kosten des sächsischen Hofes wirkte er von 1730 bis 1750 – von kurzen, zum Teil erzwungenen Gastspielen wie einem in Berlin abgesehen – in Dresden, wo er auch starb. Bindi sang besonders die weniger tragenden Rollen des secondo uomo. Sein Nachfolger als secondo uomo wurde der Soprankastrat Giuseppe Belli.

Der Kastrat Giovanni Bindi als Learco in der Aufführung der Oper Antigono von Johann Adolph Hasse (Dresdner Hoftheater 1744). Kostümfigurine von Francesco Ponte

Ausbildung in Italien

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Giovanni Bindi war einer von vier Kastraten, die ebenso wie drei Sängerinnen[1] auf Veranlassung des sächsischen Kurprinzen und späteren Kurfürsten Friedrich August I. auf Kosten des sächsischen Hofes in Italien ausgewählt und ausgebildet wurden, um sie dann an die neu zu begründende sächsische Hofoper zu berufen. Nach Abrechnungsunterlagen des sächsischen Gesandten in Venedig, Graf Emilio de Villio, wurde Bindi ab Mai 1724[2] zunächst in Bologna, dann in Venedig ausgebildet. Den Großteil ihrer Ausbildung erhielten die vier ausgewählten Kastraten bei dem Altisten Antonio Campioli, nur Bindi erhielt während dieser Zeit auch Gesangsunterricht bei Nicola Porpora[3], den der sächsische Gesandte ursprünglich vorgeschlagen hatte[4]. In Venedig und in Opernproduktionen von Porpora in Rom sammelte Bindi auch erste Erfahrungen auf der Bühne, u. a. in Frauenrollen:

Tätigkeit am Dresdner Hoftheater

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Im Jahre 1730 wurde Bindi, wie alle sechs weiteren in Italien auf Kosten des sächsischen Hofes ausgebildeten Sänger, Ensemblemitglied am kurfürstlichen Hoftheater in Dresden. Sein Einstiegsgehalt betrug 792 Taler. Für 1738 sind 1100 Taler, 1740 – 1500 und ab 1743 schließlich 2000 Taler als Entlohnung in den Akten des Hoftheaters überliefert.[7] Nachdem 1734 Johann Adolph Hasse offiziell sein Amt als Hofkapellmeister angetreten hatte, gehörte die Mitwirkung in den Dresdner Hofopern und Oratorien des Komponisten zu den Glanzlichtern in Bindis Karriere. Bindi wirkte in folgenden Opern Hasses mit:

  • Cajo fabrizio (UA Dresden 8. Juli 1734) – Volusio[8]
  • Senocrita (UA Dresden 27. Februar 1737) – Timotele[9]
  • Atalanta (UA Dresden 26. Juli 1737, WA Hubertusburg 5. Oktober 1737) – Ceneo[10]
  • Asteria (UA Dresden 3. August 1737, WA Hubertusburg 7. Oktober 1737) – Amore/Elpino[11]
  • La clemenza di Tito (überarbeitete Fassung von Pesaro 1735; Dresden 17. Januar 1738) – Annio[12]
  • Irene (Dresden 8. Februar 1738) – Eudossa[13]
  • Alfonso (Dresden 11. Mai 1738) – Fernando[14]
  • Demetrio (Dresden 8. Februar 1740) – Mitrane[15]
  • Numa (UA Dresden 7. Oktober 1741) – Silvio[16]
  • Artaserse (überarbeitete Fassung von Venedig 1730; Dresden 9. September 1741) – Megabise[17]
  • Lucio Papirio (UA Dresden 18. Januar 1742) – Cominio[18]
  • Didone abbandonata (UA Hubertusburg 7. Oktober 1742, Dresden 1743) – Araspe[19]
  • Antigono (UA Dresden 20. Januar 1744) – Alessandro[20]
  • Arminio (UA Dresden 7. Oktober 1745)
  • Semiramide riconosciuta (überarbeitete Fassung Neapel, Teatro San Carlo 4. November 1744; Dresden 11. Januar 1747) – Sibari[21]
  • La spartana generosa (UA Dresden 17. Juni 1746, WA Dresden Karneval 1748) – Damagete[22]
  • Demofoonte (UA Dresden 9. Februar 1748) – Cherinto[23]
  • Il natal di Giove (UA Hubertusburg 7. Oktober 1749) – Rolle nicht ermittelbar

Während eines Aufenthaltes des gesamten Dresdner Hofstaates in Warschau vom 22. September 1738 bis 11. April 1739 gingen so gut wie alle Sänger sowie auch Hasse nach Italien. Zusammen mit Domenico Annibali trat Bindi so in der Karnevalssaison 1739 am Teatro delle Dame in Rom in der Vertonung der Oper Astarto von Domènech Terradellas auf, Annibali in der Titelrolle und Bindi als secondo uomo Nino.[24] In Dresden im Palast des Grafen Richelieu sang Bindi am 7. Januar 1747 die Rolle der Venus in Ristoris Amore insuperabile.[25]

Würdigungen der Gesangs- und schauspielerischen Leistung

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Bindi war auf die Rollen des secondo uomo, also die weniger wichtigen Männerrollen festgeschrieben,[26] in keiner Oper in Dresden sang er die des primo uomo oder Titelhelden.[27] Dennoch wurde er „der Liebling der Dresdner“, was Fürstenau neben der „außerordentlichen Gesangesvirtuosität“ v. a. auch auf sein „angenehmes Aeußeres“ zurückführt.[28] In der Stadt schrieb Hasse für Bindi Arien mit einem Tonumfang von h bis c’’’. In diesen finden sich häufig große Intervallsprünge bis zu einer None, häufige Registerwechsel und längere Koloraturpassagen, was auf ausgebaute gesangstechnische Fertigkeiten schließen lässt.[29] Auch Friedrich der Große von Preußen war von Bindis Stimme angetan, wie er in einem Brief an Francesco Algarotti vom 17. April 1742 schrieb, in dem er diesen bat, doch diskret zu versuchen, Bindi für den Hof in Berlin abzuwerben.[30] Deshalb wohl war Bindi neben Faustina Bordoni während der 9-tägigen Besetzung Dresdens durch die Preußen im Jahre 1745 Friedrich des Großen Stammbegleitung bei seinen abendlichen Kammerkonzerten. Bereits für die Spielzeit 1733/34 hatte auch Georg Friedrich Händel versucht, Bindi für sein Opernunternunternehmen nach London zu verpflichten, sein Ansuchen wurde jedoch vom sächsischen Hof abschlägig beantwortet.[31]

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Einzelnachweise

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  1. Zwischen 1724 und 1729 wurden auf Kosten des sächsischen Hofes in Italien ausgebildet: die Sängerinnen Maria Rosa Negri, ihre Schwester Anna Negri sowie Maria Santina Catanea bei der Sängerin Angela Bianchi, die beiden Altkastraten Domenico Annibali und Casimiro Pignotti sowie die beiden Soprankastraten Ventura Rocchetti und Giovanni Bindi bei dem Altkastraten Antonio Campioli. Im Jahre 1730 wurden alle sieben Sänger sowie der Ausbilder der Kastraten, Antonio Campioli, an die Dresdner Hofoper berufen und dort angestellt, die Damen mit einem Einstiegsgehalt von 750 Talern, die Kastraten mit einem Einstiegsgehalt von je 792 Talern. Vgl. Moritz Fürstenau: Zur Geschichte der Musik und des Theaters am Hofe zu Dresden: Theil II. Am Hofe der Kurfürsten von Sachsen und Könige von Polen, Friedrich August I. (August II.) und Friedrich August II. (August III.). Dresden: Kuntze 1862, S. 166
  2. Gabi Maria Volkmann: Bindi, Giovanni (gen. Porporino). In: Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde (Hrsg.): Sächsische Biografie. .
  3. Moritz Fürstenau: Zur Geschichte der Musik und des Theaters am Hofe zu Dresden: Theil II. Am Hofe der Kurfürsten von Sachsen und Könige von Polen, Friedrich August I. (August II.) und Friedrich August II. (August III.). Dresden: Kutze 1862, S. 166
  4. Moritz Fürstenau: Zur Geschichte der Musik und des Theaters am Hofe zu Dresden: Theil II. Am Hofe der Kurfürsten von Sachsen und Könige von Polen, Friedrich August I. (August II.) und Friedrich August II. (August III.). Dresden: Kuntze 1862, S. 166
  5. Dokumentation der Oper in der CORAGO-Datenbank, zusammen mit Angelo Maria Monticelli als Laodice, Angelo Amorevoli als Mitridate und Caffarelli als Tigrane; Libretto Mitridate (Italienisch)
  6. Dokumentation der Oper in der CORAGO-Datenbank, zusammen mit Angelo Maria Monticelli als Viriate, Angelo Amorevoli als Orcano und Caffarelli als Siface
  7. Moritz Fürstenau: Zur Geschichte der Musik und des Theaters am Hofe zu Dresden: Theil II. Am Hofe der Kurfürsten von Sachsen und Könige von Polen, Friedrich August I. (August II.) und Friedrich August II. (August III.). Dresden: Kuntze 1862, S. 166 und 239
  8. Roland Dieter Schmidt-Hensel: »La musica è del Signor Hasse detto il Sassone…« Johann Adolf Hasses ›Opere serie‹ der Jahre 1730 bis 1745. Quellen, Fassungen, Aufführungen. Teil II: Werk-, Quellen- und Aufführungsverzeichnis. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2009, S. 67
  9. Nach den Partituren ermittelt in Roland Dieter Schmidt-Hensel: »La musica è del Signor Hasse detto il Sassone…« Johann Adolf Hasses ›Opere serie‹ der Jahre 1730 bis 1745. Quellen, Fassungen, Aufführungen. Teil II: Werk-, Quellen- und Aufführungsverzeichnis. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2009, S. 467; im Libretto Dresden 1737 (nur Italienisch) sind die Besetzungen nicht angegeben.
  10. Libretto Atalanta
  11. Libretto Asteria Italienisch-Deutsch
  12. Libretto La clemenza di Tito Italienisch-Deutsch
  13. Libretto Irene Italienisch
  14. Corago
  15. Dokumentation der Produktion bei Corago, Libretto Dresden 1740
  16. Libretto Numa
  17. Libretto Artaserse (Italienisch und Deutsch)
  18. Nach den Partituren ermittelt in Roland Dieter Schmidt-Hensel: »La musica è del Signor Hasse detto il Sassone…« Johann Adolf Hasses ›Opere serie‹ der Jahre 1730 bis 1745. Quellen, Fassungen, Aufführungen. Teil II: Werk-, Quellen- und Aufführungsverzeichnis. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2009, S. 567
  19. Dokumentation bei Corago
  20. Dokumentation bei CORAGO
  21. Nach den Partituren ermittelt in Roland Dieter Schmidt-Hensel: »La musica è del Signor Hasse detto il Sassone…« Johann Adolf Hasses ›Opere serie‹ der Jahre 1730 bis 1745. Quellen, Fassungen, Aufführungen. Teil II: Werk-, Quellen- und Aufführungsverzeichnis. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2009, S. 681. Im Libretto der Aufführung in Dresden ist keine Besetzung notiert.
  22. Libretto La spartana generosa (Italienisch)
  23. Libretto Demofoonte (Italienisch)
  24. Dokumentation der Oper im CORAGO
  25. Libretto Dresden 1747; Datum nachgewiesen in Maurice, comte de Saxe, et Marie Josèphe de Saxe, dauphine de … Saxe, Maurice, comte de, 1696–1750. S. 241
  26. die andererseits nicht verwechselt werden dürfen mit den ganz kleinen Nebenrollen.
  27. Wobei die Titelrollen aber nicht immer von einem primo uomo gesungen wurden.
  28. Moritz Fürstenau: Zur Geschichte der Musik und des Theaters am Hofe zu Dresden: Theil II. Am Hofe der Kurfürsten von Sachsen und Könige von Polen, Friedrich August I. (August II.) und Friedrich August II. (August III.). Dresden: Kuntze 1862, S. 168
  29. Biografie Bindis im Rahmen der Sächsischen Biografie
  30. Moritz Fürstenau: Zur Geschichte der Musik und des Theaters am Hofe zu Dresden: Theil II. Am Hofe der Kurfürsten von Sachsen und Könige von Polen, Friedrich August I. (August II.) und Friedrich August II. (August III.). Dresden: Kuntze 1862, S. 168
  31. Winton Dean: Handel’s Operas 1726–1741. Boydell, Woodbridge 2006, ISBN 978-1-84383-268-3, S. 133: „3.1 During the summer Handel had tried to engage the castrato Porporino (Giovanni Bindi), possibly as an antidote to Porpora; but the king of Poland would not release him.“