Gerhard Wagner (Mediziner)
Gerhard Wagner (* 18. August 1888 in Neu-Heiduk, Oberschlesien; † 25. März 1939 in München) war ein deutscher Mediziner und Politiker (NSDAP). Im NS-Staat war er erster Reichsärzteführer.
Leben
BearbeitenGerhard Wagner war Sohn des Arztes Wilhelm Wagner. Er studierte Medizin in München und diente 1914–1918 als Feldhilfsarzt an der Ostfront (Erster Weltkrieg). Er erhielt das Eiserne Kreuz 1. Klasse. Nach dem Krieg war er Mitglied des Freikorps Epp.[1] Er war nach Kriegsende bis 1920 Assistenzarzt an der Münchener Frauenklinik und betrieb danach in München eine eigene Arztpraxis. Gleichzeitig war er 1921–1923 Mitglied des Freikorps Oberland. Bis 1924 war Wagner Leiter der Deutschtumsverbände Oberschlesiens. Er leitete den Landesverband Bayern der vereinigten Verbände heimattreuer Oberschlesier.
Am 17. Mai 1929 trat Wagner in die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (Mitgliedsnummer 129.008) ein. Er war im selben Jahr Mitbegründer und ab 1932 Leiter des Nationalsozialistischen Deutschen Ärztebundes (NSDÄB). Im März 1933 wurde er Reichskommissar für die gleichgeschalteten ärztlichen Spitzenverbände. Am 21. März unterstellten sich der Deutsche Ärztevereinsbund und der Hartmannbund dem Reichskommissar.[2] Er leitete ab August 1933 die neu gegründete Kassenärztliche Vereinigung und wurde Vertrauensmann für Volksgesundheit beim Stab des Stellvertreters des Führers. 1934 wurde er zum Leiter des neu gegründeten Hauptamtes für Volksgesundheit ernannt, wo er 1935 Hauptamtsleiter und 1936 Hauptdienstleister wurde. Seit 1934 war Wagner darüber hinaus Beauftragter für Hochschulfragen im Stab von Rudolf Heß, dessen Hausarzt er war.[3] Er saß in der Hochschulkommission der NSDAP. Im Dezember 1935 wurde Wagner außerdem Leiter der Reichsärztekammer und 1936 Reichsärzteführer der NSDAP.[1] Er leitete das Sanitätswesen auf dem Reichsparteitag und gehörte der Reichsarbeitskammer an. Zudem war er Mitglied des Sachverständigenbeirats für Bevölkerungs- und Rassenpolitik des Reichsministeriums des Inneren, ab Januar 1936 des Reichsausschusses zum Schutze des deutschen Blutes und ab 1937 des Arbeitskreises für Gesundheitsführung des Deutschen Volkes.
Von der Reichstagswahl November 1933 bis zu seinem Tode war Wagner Abgeordneter im Reichstag (Zeit des Nationalsozialismus). Seit 1929 Mitglied der Sturmabteilung (SA), wurde er 1937 zum SA-Sanitätsobergruppenführer befördert. Wagner starb im Alter von 50 Jahren an Krebs. Sein Nachfolger als Reichsärzteführer wurde der Berliner Stadtmedizinalrat Leonardo Conti. Wagner war mitverantwortlich für Krankenmorde in der Zeit des Nationalsozialismus und Zwangssterilisationen von Juden und Behinderten. Auf dem Reichsparteitag von 1935 zeigte er sich als entschiedener Befürworter der Nürnberger Gesetze.
Siehe auch
BearbeitenLiteratur
Bearbeiten- Michael Grüttner: Biographisches Lexikon zur nationalsozialistischen Wissenschaftspolitik (= Studien zur Wissenschafts- und Universitätsgeschichte. Band 6). Synchron, Heidelberg 2004, ISBN 3-935025-68-8, S. 179.
- Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 2005, ISBN 3-596-16048-0.
- Hans-Peter Kröner: Wagner, Gerhard. In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin / New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 1463.
- Wagner, Gerhard, Dr. med. In: Alfons Labisch, Florian Tennstedt: Der Weg zum „Gesetz über die Vereinheitlichung des Gesundheitswesens“ vom 3. Juli 1934. Entwicklungslinien und -momente des staatlichen und kommunalen Gesundheitswesens in Deutschland, Teil 2. Akademie für öffentliches Gesundheitswesen in Düsseldorf, 1985, ISSN 0172-2131, S. 508–509.
- Joachim Lilla, Martin Döring, Andreas Schulz: Statisten in Uniform: Die Mitglieder des Reichstags 1933–1945. Ein biographisches Handbuch. Unter Einbeziehung der völkischen und nationalsozialistischen Reichstagsabgeordneten ab Mai 1924. Droste, Düsseldorf 2004, ISBN 3-7700-5254-4, S. 699 f.
- Robert Wistrich: Wer war wer im Dritten Reich? Ein biographisches Lexikon. Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main, 1987, ISBN 3-596-24373-4.
- Ernst B. Zunke: Der erste Reichsärzteführer Dr. med. Gerhard Wagner. Medizinische Dissertation Universität Kiel 1972.
- Wolfgang U. Eckart: Wagner, Gerhard. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 27, Duncker & Humblot, Berlin 2020, ISBN 978-3-428-11208-1, S. 234 f. (Digitalisat).
Weblinks
Bearbeiten- Gerhard Wagner in der Datenbank der Reichstagsabgeordneten
- Zeitungsartikel über Gerhard Wagner in den Historischen Pressearchiven der ZBW
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ a b Ernst Klee: Deutsche Medizin im Dritten Reich. Karrieren vor und nach 1945. S. Fischer, Frankfurt am Main 2001, ISBN 3-10-039310-4, S. 48.
- ↑ Ernst Klee: Deutsche Medizin im Dritten Reich. Karrieren vor und nach 1945. S. Fischer, Frankfurt am Main 2001, ISBN 3-10-039310-4, S. 43.
- ↑ Alfons Labisch, Florian Tennstedt: Gesundheitsamt oder Amt für Volksgesundheit? Zur Entwicklung des öffentlichen Gesundheitsdienstes seit 1933. In: Norbert Frei (Hrsg.): Medizin und Gesundheitspolitik in der NS-Zeit. R. Oldenbourg Verlag, München 1991 (= Schriften der Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte. Sondernummer), ISBN 3-486-64534-X, S. 35–66, hier: S. 43.
Personendaten | |
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NAME | Wagner, Gerhard |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Politiker (NSDAP), MdR, Reichsärzteführer |
GEBURTSDATUM | 18. August 1888 |
GEBURTSORT | Neu-Heiduk, Oberschlesien |
STERBEDATUM | 25. März 1939 |
STERBEORT | München |