Friedrich von Diergardt
Friedrich Freiherr von Diergardt (* 25. März 1795 in Moers; † 3. Mai 1869 in Morsbroich) war ein rheinischer Industrieller und Seidenfabrikant.
Biografie
BearbeitenHerkunft
BearbeitenFriedrich Diergardt stammt aus einer protestantischen Pfarrerfamilie. Seine Eltern waren der Konsistorialpräsident Johann Heinrich Diergardt und dessen Ehefrau Marie Margarethe Susanne von Rappard (1763–1844).
Unternehmerische Tätigkeit
BearbeitenDiergardt errichtete 1813 mit Theodor Kaentzeler in St. Tönis eine Samt- und Samtbandfabrik, die 1816 nach Viersen verlegt wurde. Nach dem Tod des Geschäftspartners führte Diergardt das Geschäft unter seinen Namen.
Das Unternehmen war sehr bedeutsam für die rheinpreußische Industrie. In über 40 Ortschaften der Regierungsbezirke Düsseldorf und Aachen arbeiteten Hausweber für Diergardts Handelshaus und Fabrik. So wurden seit den 1840er Jahren von Viersen aus über 3000 Hausweber, Wirker und Appreteure beschäftigt. Die Fabrikate wetteiferten bald erfolgreich mit den französischen und englischen und verdrängten sie vielfach im Welthandel vom Markt.
Diergardt förderte auch durch seinen Einfluss den Ausbau des Eisenbahnnetzes, beteiligte sich an vielen industriellen Unternehmungen und war einer der führenden Industriellen bei der Erschließung der Kohlefelder am Niederrhein.
Politische Funktionen
BearbeitenEr fungierte als Abgeordneter der rheinischen Ritterschaft auf den Provinziallandtagen und wurde 1847 Mitglied des ersten vereinigten preußischen Landtags sowie des Preußischen Abgeordnetenhauses bis 1860. 1860 wurde er in den Freiherrenstand erhoben und als lebenslanges Mitglied ins Herrenhaus berufen. 1857 erwarb er Schloss Morsbroich im heutigen Leverkusen als standesgemäßen Wohnsitz.
Sein Grab befindet sich auf dem Friedhof der evangelischen Kreuzkirche in Viersen.[1]
Diergardt als Sozialpolitiker
BearbeitenDiergardt war bemüht, seine Arbeiter auch in absatzschwachen Zeiten weiter zu beschäftigen. Schon 1816 gründete er eine freiwillige Krankenlade zur sozialen Absicherung der arbeitenden Klasse. Er setzte sich persönlich beim König für eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen ein, ergriff die Initiative zum Bau von Krankenhäusern in Viersen,[2] Moers[3] und Brüggen, gründete die Elisabethstiftung für Blindenunterricht in Düren und schließlich die Diergardt-Familienstiftung[4] für bedürftige Fabrikarbeiter.
Familie
BearbeitenDiergardt heiratete 1819 in Süchteln Julie Deußen (1802–1867), eine Tochter des Seidenfabrikanten Wilhelm Deußen († 1857). Das Paar hatte einen Sohn:
- Friedrich (1820–1887) ⚭ Bertha von der Heydt (1828–1902), Nichte des preußischen Ministers August von der Heydt (1801–1874), ihr Sohn: Johannes von Diergardt
Ehrungen und Preise
BearbeitenDiergardt wurde am 25. März 1859 Ehrenbürger von Moers. Nach ihm und seinem Sohn Friedrich Heinrich von Diergardt wurden die Zechen Zeche Friedrich Heinrich und Zeche Diergardt benannt. Verschiedene Straßen der Region und eine Schule tragen heute seinen Namen. Er erhielt zahllose Auszeichnungen und Preise, u. a.
- 1832: Preußischer Roter Adlerorden
- 1842: Diergardt wird zum Königlich Geheimen Kommerzienrat ernannt
- 1851: Erster Preis der Großen Londoner Weltausstellung mit Einladung in den Buckingham-Palast
- 1853: Große Goldene Medaille für die Verdienste um die Gewerbe in Preußen
- 1854: Ritterkreuz des Verdienstordens vom Heiligen Michael
- 1855: Erster Preis sowie Goldmedaille bei der Großen Pariser Weltausstellung
Benennungen
BearbeitenNach Diergardt benannt sind unter anderem die Diergardtstraße in Moers, die Diergardtschule und der Diergardtplatz in Viersen, die Von-Diergardt-Str. in Köln[5] und Leverkusen[6], der Von-Diergardt-See in Köln an der Stadtgrenze zu Leverkusen (wobei dieser See auch Dünnwalder See genannt wird), sowie der Diergardtsche Wald[7] im Naturpark Maas-Schwalm-Nette.
Literatur
Bearbeiten- Gothaisches genealogisches Taschenbuch der freiherrlichen Häuser auf das Jahr 1864 (GGT/F). 14. Jahrgang, Justus Perthes, Gotha Herbst 1863, S. 139 f., ff. GGT/F 1869, 19. Jahrgang, Justus Perthes, Gotha Herbst 1868, S. 156.
- Wilhelm Crecelius: Diergardt, Friedrich Freiherr v. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 5, Duncker & Humblot, Leipzig 1877, S. 140.
- Kurt Apelt: Diergardt, Friedrich Freiherr von. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 3, Duncker & Humblot, Berlin 1957, ISBN 3-428-00184-2, S. 655 (Digitalisat).
- Walter Tillmann:
- Seide, Sammet und Soziales. Friedrich Freiherr von Diergardt (1795-1869). Ein Wegbereiter der wirtschaftlichen Entwicklung im Rheinland. Viersen 2000. ISBN 3-9805339-3-X.
- 2. aktualisierte Neuauflage 2020[8]
- „Friedrich (von) Diergardt: Unternehmer, Politiker, Wohltäter“, in: Paul Eßer/Torsten Eßer: Viersener Köpfe. Bekannte Bürger(innen) unserer Stadt und ihre Geschichte(n), Kater Verlag, Viersen 2023, S. 60–66.
Weblinks
BearbeitenEinzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Diergardt, In: Alter evangelischer Friedhof Viersen., Stadt. Land. Viersen.
- ↑ akh-viersen.de ( vom 16. Juli 2009 im Internet Archive)
- ↑ Denkmaltafel (36) Stiftung Bethanien-Moers. Hrsg. Stadt Moers.
- ↑ Viktor Böhmert, Rudolf (von) Gneist (Hrsg.): Der Arbeiterfreund. Zeitschrift des Central-Vereins für das Wohl der arbeitenden Classen, 17. Jahrgang, Verlag Leonhard Simion, Berlin 1879, S. 126.
- ↑ Koeln.de: Von-Diergardt-Str.
- ↑ Leverkusen.com: Von-Diergardt-Str.
- ↑ Naturpark Maas-Schwalm-Nette ( vom 15. September 2010 im Internet Archive)
- ↑ Auf den Spuren des Textilbarons-Friedrich Freiherr von Diergardt in Viersen., Rheinische Post Online.
Personendaten | |
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NAME | Diergardt, Friedrich von |
ALTERNATIVNAMEN | Diergardt, Friedrich Freiherr von |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Industrieller |
GEBURTSDATUM | 25. März 1795 |
GEBURTSORT | Moers |
STERBEDATUM | 3. Mai 1869 |
STERBEORT | Morsbroich |