Brocchinia
Brocchinia ist die einzige Pflanzengattung der Unterfamilie Brocchinioideae innerhalb der Familie der Bromeliengewächse (Bromeliaceae). Die etwa 20 Arten sind im nördlichen Südamerika verbreitet. Brocchinia-Arten befinden sich nur selten in Kultur, am verbreitetsten ist Brocchinia reducta.
Brocchinia | ||||||||||||
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Brocchinia cf. reducta am Naturstandort: Roraima-Tepui, Venezuela | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name der Unterfamilie | ||||||||||||
Brocchinioideae | ||||||||||||
(G.S.Varad. & Gilmartin) Givnish | ||||||||||||
Wissenschaftlicher Name der Gattung | ||||||||||||
Brocchinia | ||||||||||||
Schult. & Schult. f. |
Beschreibung
BearbeitenBrocchinia-Arten wachsen als ausdauernde krautige Pflanzen. Die Laubblätter stehen in einer Blattrosette zusammen. Die einfachen Laubblätter sind glattrandig und besitzen nur einen Endstachel.
Der Blütenstand (Infloreszenz) wächst aufrecht und besitzt grüne Hochblätter (Brakteen). Die kleinen, unauffälligen Blüten sind radiärsymmetrisch und dreizählig. Die drei Kronblätter sind weiß bis grün.
Sie bilden Kapselfrüchte mit vielen kleinen flugfähigen Samen.
Besonderheiten
BearbeitenKarnivorie und Präkarnivorie
BearbeitenBrocchinia reducta und Brocchinia hechtioides unterscheiden sich von den anderen Brocchinia-Arten. Bei ihnen ist die Oberfläche der Blätter rutschig, so dass mögliche Beutetiere hier in den Blatttrichter hineinrutschen und ertrinken.
Bisher ist man davon ausgegangen, das bei beiden Arten keine Verdauung mit selbstproduzierten Enzymen (im Gegensatz zu den fleischfressenden Pflanzen, den Karnivoren) vorliegt, die Pflanzen würden also Bakterien als Verdauungshilfe benötigen. Daher wurden diese Arten nur als präkarnivor bezeichnet. 2005 wies jedoch Bartek Plachno von der Universität Krakau in Polen Phosphatase-Aktivität in den Verdauungsdrüsen von Brocchinia reducta nach, wodurch diese Art als karnivor im strengen Sinne anzusehen ist. Für die sehr nah verwandte Brocchinia hechtioides existieren noch keine derartigen Untersuchungen, daher ist derzeit für diese Art noch von einer Präkarnivorie auszugehen.
„Ameisenpflanze“
BearbeitenDie Art Brocchinia acuminata lebt mit Kolonien von Ameisen zusammen. Die Blätter besitzen eine geschwollene Blattbasis, in der sich die Ameisen einnisten. Ähnliche Lebensgemeinschaften gibt es auch bei anderen tropischen Pflanzenarten. Solche Pflanzenarten nennt man Ameisenpflanzen (Myrmecophyten). Der Kot der Ameisen dient der Brocchinia acuminata als zusätzliche Nährstoffquelle. Es handelt sich also um eine Symbiose, weil beide Organismen einen Nutzen davon haben.
Standorte
BearbeitenDie meisten Arten der Gattung Brocchinia wachsen epiphytisch oder lithophytisch. Wenige Brocchinia-Arten wachsen terrestrisch. Einige Arten, die auf den Tepuis leben, wachsen auf blanken Felsen.
Systematik und Verbreitung
BearbeitenDie Gattung Brocchinia wurde 1830 durch Josef August Schultes und Julius Hermann Schultes in Johann Jacob Roemer & Josef August Schultes: Systema Vegetabilium, Band 7, 2, LXX, S. 1250[1] aufgestellt. Der Gattungsname Brocchinia ehrt den italienischen Naturwissenschaftler Giambattista Brocchi (1772–1826); in der Erstbeschreibung steht dazu: „Diximus in honorem divi G.B. Brocchi, Italiae splendidi decoris, qui amore scientiae naturalius deperiit in Nubia.“ (übersetzt: „Gewidmet G. B. Brocchi, der herrlichsten Berühmtheit Italiens, der die Naturwissenschaften liebte und in Nubien (Ägypten) starb.“)[2] Typusart ist Brocchinia paniculata Schult. f.
Die Gattung Brocchinia ist früher der Unterfamilie Pitcairnioideae zugeordnet worden. Nach molekulargenetischen Untersuchungen bildet sie alleine die Unterfamilie Brocchinioideae. Gemeinsam mit einigen anderen Gattungen ist sie als basale Gruppe der Bromeliaceae eingestuft worden.[3] Ein Synonym für Brocchinia Schult. & Schult. f. ist Ayensua L.B.Sm.[4]
Die Gattung Brocchinia ist in Brasilien, Guayana, Kolumbien und Venezuela verbreitet.
Zur Gattung Brocchinia gehören etwa 20 Arten:[5][6][4] |
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Quellen
Bearbeiten- Die Familie der Bromeliaceae bei der APWebsite. (Abschnitt Systematik)
- Werner Rauh: Bromelien – Tillandsien und andere kulturwürdige Bromelien, Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart 1990, ISBN 3-8001-6371-3
- Thomas J. Givnish, J. C. Pires, S. W. Graham, M. A. McPherson, L. M. Prince, T. B. Patterson: Phylogeny, biogeography, and ecological evolution in Bromeliaceae: Insights from ndhF sequences. In: J. T. Columbus, E. A. Friar, J. M. Porter, L. M. Prince, M. G. Simpson: Monocots: Comparative Biology and Evolution. Poales, Rancho Santa Ana Botanical Garden, Claremont, 2006, 23, Seite 3–26.
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Erstveröffentlichung eingescannt bei biodiversitylibrary.org.
- ↑ Jason R. Grant: An Annotated Catalogue of the Generic Names of the Bromeliaceae. In: The Marie Selby Botanical Gardens, 1998. (Herkunft der Gattungsnamen in der Familie der Bromeliaceae in englischer Sprache) online.
- ↑ Die Familie der Bromeliaceae – basale Stellung der Gattung. bei der APWebsite.
- ↑ a b c d e f g h i j k l m n o p q r s t u Eric J. Gouda, Derek Butcher, Kees Gouda: Encyclopaedia of Bromeliads, Version 4, 2018. In „Species Index“ oder „synonyms“ auf Brocchinia klicken zuletzt eingesehen am 4. April 2021
- ↑ Harry E. Luther: An Alphabetical List of Bromeliad Binomials, XIV - 2014 in The Marie Selby Botanical Gardens, Sarasota, Florida, USA. Veröffentlicht durch The Bromeliad Society International.
- ↑ Eric J. Gouda, Derek Butcher (fortlaufend updated): A List of Accepted Bromeliaceae Names. online, University Botanic Gardens, Utrecht. zuletzt eingesehen am 4. April 2021