Der Satz von Dirichlet, gelegentlich auch Dirichletscher Primzahlsatz (nach P. G. L. Dirichlet), ist eine Aussage aus dem mathematischen Teilgebiet der Zahlentheorie, der besagt, dass eine arithmetische Folge unendlich viele Primzahlen enthält, wenn dies nicht aus trivialen Gründen unmöglich ist.
In der einfachsten Fassung lautet der Satz: Es sei eine natürliche Zahl und eine zu teilerfremde natürliche Zahl. Dann enthält die arithmetische Folge
unendlich viele Primzahlen. Anders formuliert: Es gibt unendlich viele Primzahlen, die kongruent zu modulo sind.
Wären und nicht teilerfremd und ein gemeinsamer Teiler, so wäre jedes Folgenglied durch teilbar; zwei verschiedene Primzahlen können aber nicht beide durch teilbar sein. Deshalb ist die Bedingung der Teilerfremdheit von und notwendig.
Jede ungerade natürliche Zahl hat die Form oder mit einer nichtnegativen ganzen Zahl . Der dirichletsche Primzahlsatz sagt in diesem Spezialfall aus, dass es von beiden Formen jeweils unendlich viele Primzahlen gibt.
Bezogen auf das Dezimalsystem sagt der Satz aus, dass es jeweils unendlich viele Primzahlen gibt, die im Dezimalsystem auf eine 1, auf eine 3, auf eine 7 und auf eine 9 enden. Allgemeiner kann man sagen: Gibt es zwei verschiedene Primzahlen, die in einem Zahlensystem auf die gleiche Ziffernfolge enden, so gibt es unendlich viele weitere Primzahlen, die in diesem Zahlensystem auf diese Ziffernfolge enden.
In einer quantitativen Fassung, die beispielsweise aus dem tschebotarjowschen Dichtigkeitssatz folgt, lautet der dirichletsche Primzahlsatz:
mit der eulerschen φ-Funktion. Diese Aussage bedeutet, dass es in jeder der primen Restklassen modulo in einem gewissen Sinne gleich viele Primzahlen gibt.
Dirichlets Beweis (1837, ausführlicher 1839) war ein wichtiger Schritt zur Begründung der analytischen Zahlentheorie (Dirichlet L-Reihen, Dirichlet-Charaktere, analytische Klassenzahlformel für quadratische Zahlkörper). Die Einführung der L-Funktion geschah in Analogie zu Eulers Einführung der Zetafunktion bei der Primzahlverteilung. Dirichlet zeigte dann das Nicht-Verschwinden der L-Funktion an der Stelle 1. Die Vermutung über Primzahlen in arithmetischen Folgen stammt von Adrien-Marie Legendre, der in seinem Lehrbuch der Zahlentheorie einen fehlerhaften Beweis gab, wie Dirichlet darlegte.
Der Fehlerterm in der vom Satz von Dirichlet beschriebenen Primzahlverteilung ist Gegenstand des Satzes von Siegel-Walfisz, des Satzes von Bombieri und Winogradow und der Vermutung von Elliott und Halberstam.
Aussage des Satzes
BearbeitenPrimzahlen
BearbeitenIm Zentrum der Zahlentheorie, jenes Zweiges der Mathematik, der sich mit den Eigenschaften der natürlichen Zahlen 1, 2, 3, 4 … beschäftigt, stehen die Primzahlen 2, 3, 5, 7, 11 …. Diese sind ausgezeichnet durch die Eigenschaft, genau zwei Teiler zu haben, nämlich die 1 und sich selbst. Die 1 ist keine Primzahl. Primzahlen bilden gewissermaßen die Atome der ganzen Zahlen, da sich jede positive ganze Zahl eindeutig multiplikativ in solche zerlegen lässt. Dieses Resultat wird auch als Fundamentalsatz der Arithmetik bezeichnet. Zum Beispiel gilt 21 = 3 · 7 und 110 = 2 · 5 · 11.
Trotz ihrer einfachen Definition ist nach mehreren Jahrtausenden Mathematikgeschichte bis heute kein Muster bekannt, dem sich die Primzahlen in ihrer Folge unterwerfen. Ihre Natur ist eine der bedeutendsten offenen Fragen der Mathematik. In der modernen Mathematik gibt es jedoch tiefliegende Vermutung, die das Verhalten der Primzahlen als pseudozufällig einordnen und Verbindungen zur Quantenphysik sehen. All diese Aussagen liegen im Themenbereich der Riemannschen Vermutung.
Der Satz von Dirichlet
BearbeitenEine arithmetische Progression ist eine Folge von ganzen Zahlen, wobei die Differenz zweier aufeinanderfolgender Zahlen konstant ist. Beispiele sind
oder auch
Der Satz von Dirichlet besagt, dass eine arithmetische Progression stets unendlich viele Primzahlen beinhaltet, es sei denn, dies ist aus trivialen Gründen unmöglich. Formaler lautet er:
- Es seien und natürliche Zahlen, die zueinander teilerfremd sind. Dann enthält die Folge bereits unendlich viele Primzahlen.
Beispiele
BearbeitenAus dem Satz von Dirichlet folgt zum Beispiel, dass unendlich viele Primzahlen auf die Ziffern 1, 3, 7 oder 9 enden. Noch allgemeiner gibt es unendlich viele Primzahlen, deren letzte Ziffern auf 37, 113 oder 567241 enden.
Triviale Gründe, wann der Satz nicht gilt, liegen vor, wenn und nicht teilerfremd sind. Dann gibt es eine ganze Zahl , die sowohl und teilt. Damit teilt jede der Zahlen mit natürlichen , und somit enthält diese Folge höchstens (einmal) die Primzahl , falls überhaupt prim ist. Etwa sind und nicht teilerfremd. In der Tat sind alle Zahlen der Progression
alle durch 4 teilbar. Damit enthält sie keine einzige Primzahl.
Trivialerweise impliziert der Satz von Dirichlet den Satz des Euklid, der besagt, dass es unendlich viele Primzahlen gibt. Setzt man etwa , so besagt er, dass die Progression
unendlich viele Primzahlen enthält.
Geschichte
BearbeitenDie mathematische Entdeckungsgeschichte über die Verteilung der Primzahlen reicht bis in die Antike zurück. Schon Euklid erkannte, dass es unendlich viele Primzahlen gibt. Sein Resultat wird als der Satz des Euklid bezeichnet. Ab dem 18. Jahrhundert wurde begonnen, dieses qualitative Resultat quantitativ zu vertiefen. Dabei spielten zunehmend Methoden aus der Analysis eine Rolle, die den alten Griechen noch nicht zur Verfügung standen.
Eine Entdeckung Eulers
BearbeitenLeonhard Eulers Entdeckungen zu den Primzahlen waren ein Wegweiser für die kommende Entwicklung von einer elementaren, in der Tradition der alten Griechen stehenden, hin zu einer modernen Form der Zahlentheorie. Im Jahr 1737, während seiner ersten Zeit in Sankt Petersburg, untersuchte Euler einen neuartigen Zugang zu den Primzahlen und fand heraus, dass sie „verhältnismäßig dicht“ unter den natürlichen Zahlen verstreut sind. Genauer bewies er
Summiert man also nacheinander die Kehrwerte der Primzahlen zusammen, wird auf Dauer jede noch so große obere Schranke durchbrochen. Dies zeigt auf, dass Primzahlen eher „dicht“ unter den natürlichen Zahlen verstreut sind; zum Beispiel „dichter“ als die Quadratzahlen,[1] denn ebenfalls Euler zeigte
Quadratzahlen wachsen also langfristig schnell genug an, dass die Summe ihrer Kehrwerte den endlichen Wert 1,645 nicht überschreitet. Euler stand seiner Zeit nicht die mathematische Sprache zur Verfügung, diese Verschärfung des Euklidischen Satzes präzise zu interpretieren, und es gibt keinen Nachweis, dass er sich mit exakten Aussagen zur Verteilung von Primzahlen beschäftigte.[2]
Eulers Beweisstrategie für nutzt das sog. Euler-Produkt. Dabei spielt die eindeutige Zerlegbarkeit natürlicher Zahlen in Primfaktoren eine Schlüsselrolle. Das Euler-Produkt steht in Zusammenhang zu einem Objekt, das bis heute in der Primzahlforschung benutzt wird, und in der modernen Mathematik als Riemannsche Zeta-Funktion bekannt ist. Die Zeta-Funktion spielt ebenfalls für die Riemannsche Vermutung eine zentrale Rolle. Die neuartige Leistung bestand darin, Fragen zu Primzahlen systematisch durch funktionale Zusammenhänge zwischen Zahlen zu attackieren. Euler gilt deswegen als Initiator der analytischen Zahlentheorie.[3]
Auch Euler hatte sich bereits Gedanken über Primzahlen in arithmetischen Progressionen gemacht. So behauptete er 1785, dass es zu jeder Zahl unendlich viele Primzahlen mit gibt.[4]
Erste vollständige Formulierungen und Beweisversuche
BearbeitenZur Gänze wurde das Problem erstmals von Adrien-Marie Legendre im Jahre 1798 formuliert. Dies war verbunden mit dem ersten Beweisversuch, der ebenfalls von Legendre unternommen wurde. In der zweiten Auflage seines Buchs Essai sur la théorie des nombres (publiziert 1808) gab er 1798 einen fehlerhaften Beweis. In der dritten Auflage von 1830 wiederholte er den selben Fehler. Legendre's Irrtum verbarg sich hinter den Worten „Wie man einfach sieht, ...“, die am Ende des 409. Abschnittes der dritten Auflage auftauchten. Dort skizzierte er den Beweis eines für seinen Beweis zentralen Lemmas, das er in Abschnitt 410 formulierte:
- Es seien paarweise verschiedene, ungerade Primzahlen, und es bezeichne die -te Primzahl, dann gibt es stets innerhalb aufeinanderfolgender Terme in der arithmetischen Progression mit eine Zahl, die durch keinen der Werte teilbar ist.
Die Unzulänglichkeit des Beweises von Legendre wurde bereits von Dirichlet hervorgehoben:
„Dieser Beweis, dessen Prinzip sehr genial ist, scheint unvollständig zu sein; wenn man ihn mit großer Aufmerksamkeit betrachtet, sieht man, dass der Autor ein Theorem verwendet, das er nur auf Induktion stützt und das möglicherweise ebenso schwer zu beweisen ist wie die Aussage, die der Autor daraus ableitet. Auf jeden Fall waren meine Bemühungen, das Studium von Legendre zu vervollständigen, nicht erfolgreich, und ich musste ganz andere Mittel finden.“
Das Lemma von Legendre, das nach A. Desboves (1855) sogar die bis heute unbewiesene Legendre-Vermutung als Konsequenz gehabt hätte, stellte sich schließlich als falsch heraus. Der Fehler wurde zuerst von A. Dupré in einer bei der Paris Academy eingereichten Schrift benannt.[6] Dupré zeigte, dass es berets bei und mit der Wahl als die ersten Primzahlen mit oder scheitert. Dass das Lemma in dieser Konstellation sogar für alle scheitert, wurde 1930 von A. Brauer und H. Zeitz gezeigt.[6]
Alte Ideen, neuer Zugang: Dirichlet führt Eulers Überlegungen weiter aus
BearbeitenObwohl Euler das Problem über die Unendlichkeit von Primzahlen in geeigneten arithmetischen Progressionen nicht löste, lieferte er bedeutende Vorarbeit.
Beweis
BearbeitenBenötigte Grundlagen
BearbeitenDer Satz von Dirichlet wird mit analytischen Mitteln bewiesen. Unumgänglich für ein Verständnis des Beweises ist daher der Begriff der Funktion. Auch eine sichere Beherrschung der aus der Mittelstufe bekannten Potenzgesetze ist unabdingbar.
Rechnen mit Resten
BearbeitenGeht eine ganzzahlige Division nicht auf, kann dies durch die Angabe eines Restes ausgedrückt werden. Etwa ist 17 geteilt durch 4 gleich 4 (Rest 1). Man sagt auch, dass 17 kongruent zu 1 ist modulo 4, kurz . Nach diesem Prinzip lassen sich sämtliche ganze Zahlen durch die Angabe der entsprechenden Restklasse unterteilen. Bleibt man bei der Division durch 4, ergeben sich für 0, 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, ... die Reste 0, 1, 2, 3, 0, 1, 2, 3, ..., usw. Dieses Muster setzt sich auch in die negativen Zahlen fort, etwa hat -1 bei Division durch 4 den Rest 3. Auffallend ist das periodische Muster der Reste. Zudem kann man mit Resten rechnen. Haben zwei Zahlen und die Reste und , so hat (bis auf nichtige Vielfache der Zahl 4) den Rest . Etwa ist 7 kongruent 3 modulo 4 und 5 kongruent 1 modulo 4, und die Summe 7+5 = 12 ist kongruent 3+1 = 4 modulo 4, was aber wieder dem Rest 0 entspricht. Ähnliches gilt für Produkte von Restklassen. Somit kann gesagt werden, dass Reste „stabil“ unter Addition und Multiplikation: so ist es unerheblich, ob zuerst zwei Zahlen addiert/multipliziert werden, und anschließend mit Rest dividiert wird, oder die bereits ermittelten Einzelreste addiert/multipliziert werden.
Dirichlet-Reihen
BearbeitenUnter einer Reihe versteht man, veranschaulicht, eine niemals endende Summe von Zahlen. Dies können reelle, aber auch komplexe Zahlen sein. Die Dezimalschreibweise einer reellen Zahl kann als Reihe aufgefasst werden, etwa
oder auch
mit der Kreiszahl . Die durch die Punkte angedeuteten Summen enden niemals, da die Dezimalentwicklung von periodisch und die Kreiszahl irrational ist. Es gibt Reihen, deren Wert nicht als Zahl darstellbar ist,
aber auch solche, die gegen einen Grenzwert konvergieren (wie die oberen Beispiele mit Grenzwerten bzw. ). Reihen wie , die nicht konvergieren, nennt man divergent. Veranschaulichend gesagt kann eine Reihe nur dann konvergieren, falls die Glieder „schnell genug gegen 0 streben“. Aber nicht jede Reihe, deren Glieder gegen 0 streben, konvergiert, wie man an der harmonischen Reihe
sieht. Eine ganz besondere Form der Konvergenz ist die absolute Konvergenz, bei der gefordert wird, dass die Summe der Absolutbeträge der Reihenglieder konvergiert. In diesem Fall lassen sich auch die Summanden in der Reihe nach Belieben umordnen, ohne den Grenzwert zu verändern.
Es ist auch möglich, Funktionen durch Reihen zu definieren. Ein für den Satz von Dirichlet zentrales Beispiel ist die sog. Riemannsche Zeta-Funktion:
Für konvergiert diese Reihe immer gegen eine Zahl, die den Funktionswert an der Stelle Darstellt. Daher kann man die Zeta-Funktion damit auf dem Intervall definieren. Wegen der Divergenz der harmonischen Reihe gilt aber
Allgemeiner kann man einer Folge von Zahlen eine Dirichlet-Reihe zuordnen, via
Wächst nicht zu stark an, so gibt es eine Zahl , so dass die Reihe für alle Werte konvergiert. Für den Fall, dass sogar beschränkt ist, kann stets gewählt werden, da dann wegen und der Konvergenz der Reihe für erst recht jene über folgt. Dieses Prinzip spielt eine wichtige Rolle beim Beweis des Satzes von Dirichlet.
Euler-Produkte
BearbeitenDer Eckpfeiler zwischen Analysis und Zahlentheorie liegt im Euler-Produkt. Dieses ist eine Identität zwischen einem unendlichen Produkt und einer Reihe, und gilt dann, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind.
Haben die Koeffizienten einer Dirichlet-Reihe untereinander eine multiplikative Relation, gilt also für alle ohne gemeinsame Teiler, so findet man im Bereich der absoluten Konvergenz der Dirichlet-Reihe
Auf der linken Seite ist allgemein für jede Primzahl die Reihe
als Faktor vertreten. Die Formel lässt sich mittels des Prinzips, dass sich jede Zahl eindeutig als Produkt von Primzahlpotenzen schreiben lässt, und gewöhnliches Ausmultiplizieren von Klammern, erklären. Etwa ergibt sich für den Faktor auf der rechten Seite wegen :
Dabei wurde die von geforderte Multiplikativität ausgenutzt - es sind naturgemäß Potenzen verschiedener Primzahlen ohne gemeinsame (nichttriviale) Teiler. Der Term zur linken kann nun durch die entsprechende Auswahl an Summanden in den Klammern beim Ausmultiplizieren gewonnen werden.
Eine noch stärkere Version des Euler-Produktes erhält man dann, wenn die Koeffizienten sogar vollständig multiplikativ sind, also für ausnahmslos alle ganzen Zahlen erfüllt ist. Dann gilt insbesondere für alle Primzahlen , und man erhält mit der geometrischen Reihe
Logarithmen
BearbeitenVon entscheidender Bedeutung für den Beweis sind Logarithmen. Mit diesen wird ermöglicht, das Euler-Produkt (mit Primzahlfaktoren) auf eine Summe mit Primzahltermen zurückzuführen. Dabei wird die für Logarithmen eigentümliche Beziehung
mit ausgenutzt, die sich unter gewissen Bedingungen aber auch auf komplexe Zahlen ausdehnt. Man erhält für vollständig multiplikative zusammen mit im absoluten Konvergenzbereich:
Es wird stets der natürliche Logarithmus betrachtet. Dies hat den Grund, dass dieser eine besonders einfache Ableitung besitzt, nämlich
Wegen und ist die Ursprungsgerade für kleine Werte eine sehr gute Annäherung an , siehe Bild. Der Fehler ist hierbei quadratisch, es gilt also
in Termen der Landau-O-Notation. Diese Annäherung, die erst durch die Differentialrechnung ermöglicht wird, ist von großer Bedeutung, da sie hilft, die auftretenden Logarithmen durch deutlich leichtere lineare Funktionen zu ersetzen, wobei der Fehler vernachlässigt werden kann. Zusammen mit erhält man
Ist beschränkt, so ist diese Funktion nach dem oberen Prinzip auf definiert, und der Fehler für beschränkt, da immer noch beschränkt ist und der Exponent nicht unterboten wird.
Erläuterung der Strategie an einem Beispiel
BearbeitenDie Erläuterung der Beweisstrategie von Dirichlet wird mit einem Beispielfall begleitet. Es wird der Fall und betrachtet, d.h., es wird exemplarisch gezeigt, dass die Progression
unendlich viele Primzahlen
enthält. Es wird sogar noch eine stärkere Aussage gezeigt: Dirichlet konnte nachweisen, dass die Summe über alle Kehrwerte der Primzahlen divergiert, also Definiert man auf den ganzen Zahlen eine Funktion , die nur an den „passenden“ Zahlen ..., -1, 3, 7, 11, 15, 19, 23, ... den Wert 1 annimmt, und sonst nur 0, so kann man die zu untersuchende Reihe auch als Reihe über alle Primzahlen schreiben.
Die Strategie sieht vor, die Divergenz der Eulerschen Primzahlreihe zu nutzen, um daraus die Divergenz der oberen Primzahlreihe zu erzwingen. Dafür führt man die Variable ein, und beweist
Die Schlüsselidee ist, geeignete Abbildungen und auf den Restklassen zu definieren. Diese erweitern sich durch 4-Periodizität auf Abbildungen auf den ganzen Zahlen, und sollen die folgende Eigenschaften haben:
- Ausschluss der trivialen Restklassen: Es nehmen beide Funktionen auf 0 und 2 den Wert 0 an.
- Möglichkeit, nur Primzahlen in der passenden Restklasse zu betrachten: Es lässt sich jede 4-periodische Funktion auf 1 und 3, also insgesamt den Zahlen ... -3, -1, 1, 3, 5, ..., durch und durch geeignete Linearkombination erzeugen.
- Multiplikativität bzw. Euler-Produkt Eigenschaft: Es gilt für alle und , also sind die Erzeuger und vollständig multiplikativ.
Durch die oberen Bedingungen lassen sich tatsächlich genau zwei solche Funktionen finden:
… | -3 | -2 | -1 | 0 | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 | 6 | 7 | 8 | 9 | 10 | 11 | 12 | … | |
… | 1 | 0 | 1 | 0 | 1 | 0 | 1 | 0 | 1 | 0 | 1 | 0 | 1 | 0 | 1 | 0 | … | |
… | 1 | 0 | -1 | 0 | 1 | 0 | -1 | 0 | 1 | 0 | -1 | 0 | 1 | 0 | -1 | 0 | … |
Da die Vektoren und linear unabhängig sind, gilt Eigenschaft 2., und man kann aus diesen beiden Funktionen jede 4-periodische Funktion auf den ganzen Zahlen kombinieren, die auf geraden Zahlen verschwindet. Von Interesse ist die Abbildung für alle , und sonst, da man sich im Beispiel nur für Primzahlen in der Progression interessiert. Es gilt
Also gilt
Offensichtlich gilt nach Euler
da stets für alle ist. Kann man außerdem zeigen, dass die Funktion
für beschränkt ist, folgt insgesamt . Für diesen Schluss wird das logarithmierte Euler-Produkt verwendet. Es ist offenbar beschränkt, und wegen der absoluten Multiplikativität von folgt mit
mit einem für beschränkten Fehler . Es ist aber auch
denn die alternierende Reihe gegen eine positive Zahl konvergiert nach dem Leibniz-Kriterium. Es muss also für beschränkt sein.
Der allgemeine Fall
BearbeitenIm allgemeinen Fall ist es von entscheidender Bedeutung, Funktionen auf den nichttrivialen Restklassen modulo zu finden, die dort sämtliche Kombinationsfreiheit lassen und darüber hinaus vollständig multiplikativ sind. Dass dies immer möglich ist, ist nicht trivial. Solche Funktionen bezeichnet man auch als Dirichlet-Charaktere.
Zu einem beliebigen Dirichlet-Charakter kann eine Dirichlet-Reihe zugeordnet werden:
Diese wird auch als Dirichletsche L-Funktion zu bezeichnet. Es gilt für komplexe Zahlen mit
Der Charakter, der auf allen Restklassen mit den Wert 1 annimmt (und ansonsten 0), heißt auch Hauptcharakter. Dieser korrespondiert zur Reihe von Euler über die Kehrwerte der Primzahlen, die bekanntermaßen divergiert. Alle anderen Charaktere nehmen auch Werte außer 0 und 1 an, im allgemeinen Fall komplexe Einheitswurzeln. Die oben demonstrierte Beweisidee ist im Allgemeinen die Gleiche. Es wird die Identität
genutzt, und die hinteren Summen verhalten sich für wegen des Euler-Produktes im Wesentlichen wie . Es kann mit einer Verallgemeinerung des Leibniz-Kriteriums, der Ableschen partiellen Summation, gezeigt werden, dass existiert. Damit beschränkt bleibt, muss daher nur der Fall ausgeschlossen werden. Der Beweis dieses Schlüssellemmas bildet das Herzstück des Beweises des Satzes von Dirichlet.
Beweis des Schlüssellemmas
BearbeitenVerallgemeinerungen
BearbeitenPrimzahlsatz in arithmetischen Progressionen
BearbeitenPrimzahlen als Darstellung anderer Polynome
BearbeitenZahlkörper
BearbeitenLiteratur
Bearbeiten- P. G. L. Dirichlet: Beweis des Satzes, dass jede unbegrenzte arithmetische Progression, deren erstes Glied und Differenz ganze Zahlen ohne gemeinschaftlichen Factor sind, unendlich viele Primzahlen enthält. In: Abhand. Ak. Wiss. Berlin, 48, 1837(bbaw.de)
- Recherches sur diverses applications de l’analyse à la théorie des nombres. In: Journal für Reine und Angewandte Mathematik, Band 19, 1839, S. 324–369, Band 21, 1840, S. 1–12, 134–155 (und Dirichlet, Werke, Band 1)
- Winfried Scharlau, Hans Opolka: From Fermat to Minkowski. Springer, 1985
- Władysław Narkiewicz: The development of prime number theory. Springer, 2000
Weblinks
Bearbeiten- Eric W. Weisstein: Dirichlet’s Theorem. In: MathWorld (englisch).
- A. Granville, G. Martin: Prime Number Races. 2004, arxiv:math/0408319
- Dirichlet’s Theorem on Primes in Arithmetic Progressions
Kategorie:Satz (Mathematik) Kategorie:Primzahl
- ↑ Harold M. Edwards: Riemann’s Zeta Function. Dover, S. 1.
- ↑ Harold M. Edwards: Riemann’s Zeta Function. Dover, S. 2.
- ↑ Jörg Brüdern: Einführung in die analytische Zahlentheorie. Springer Verlag, S. 4.
- ↑ Władysław Narkiewicz: The Development in Prime Number Theory, Springer Monographs in Mathematics, S. 49.
- ↑ Władysław Narkiewicz: The Development in Prime Number Theory, Springer Monographs in Mathematics, S. 49–50.
- ↑ a b Władysław Narkiewicz: The Development in Prime Number Theory, Springer Monographs in Mathematics, S. 49–50.